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Der Untergang der Isekai

von

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Neuer Meister

„Hast du einen Tipp für mich?“ Yugi rutschte nervös auf seinem Stuhl herum, musterte mich angespannt.

„Keine Ahnung“ erwiderte ich. Seufzte. „Ich wurde zwar oft angegriffen, aber König Haou meinte, das läge daran, dass auch die Geister den Menschen noch nicht verziehen hätten. Also musst du dir darum wohl weniger Sorgen machen. Was sagt denn Mana?“

Er stöhnte verzweifelt und ließ den Kopf hängen. Als er wieder aufsah, erschien er mir etwas grün im Gesicht. „Sie meinte nur, dass ich schon gut genug vorbereitet wäre. Aber mal ehrlich, ich bin viel schlechter als sie damals! Und du hattest immerhin dein Schwert, mit dem du dich verteidigen konntest.“

„Ich finde du machst dich kleiner als du bist. Wenn Madame Tredwell und Meister Mahad nicht sicher wären, dass du das schaffst, würden sie deiner Reise zum Nebelberg doch nicht zustimmen, oder? Außerdem bewerten dich die Geister nicht nach deiner körperlichen oder magischen Stärke.“

„Ja, ich weiß“ seufzte er, mied meinen Blick. „Es ist fast wie bei einer Seelenbindung. Aber genau das macht mir ja Angst. Ich bin weder mutig noch stark. Keine Ahnung, ob ich das schaffe. Hey, warum lachst du?“

„Entschuldige“ sagte ich noch immer amüsiert. Ein kleines Lachen hatte ich mir einfach nicht verkneifen können. „Aber du bist einer der mutigsten Dämonen, die ich kenne. Immerhin bist du in den Palast eingebrochen und hast dich sogar Yubel und König Haou entgegengestellt. Und das nur, um mir zu helfen. Die wenigsten würden sich das trauen.“ Da fiel mir etwas ein und ich grinste verschmitzt. „Mana hat mir übrigens gesagt, dass sie an dem Tag wirklich beeindruckt von dir war.“

Ein leichter Rotschimmer bildete sich auf seinen Wangen, perplex sah er mich an. „Was?“

Ich nickte. „Sie sagte so eine Entschlossenheit hätte sie selten gesehen, und sie war tief beeindruckt von dir, weil sie sich das selbst nie getraut hätte. Und du hast auch bei König Haou Eindruck hinterlassen, sonst wäre deine Strafe für den Aufruhr nie so milde ausgefallen.“

Immer röter wurde er bei meiner Ansprache und er sah verlegen zur Seite. „Eindruck schinden würde ich das nicht unbedingt nennen.“

„Warum?“

„Weil…“ Er seufzte, wirkte niedergeschlagen. „Weil ich die ganze Zeit Angst hatte.“

„Na und?“

Überrascht sah er auf. „Wie ‚Na und?‘ Das war doch nicht mutig, wenn ich die ganze Zeit Angst gehabt habe!“

Ich schmunzelte. „Glaubst du ich hätte keine Angst? Oder Mana? Oder irgendjemand? Meister Damian hat mal gesagt es wäre die Angst, die uns mutig werden lässt.“

Im ersten Moment schien er verwirrt, doch dann schien er zu überlegen. „Stimmt… mein Großvater hat sowas auch mal gesagt.“

„Siehst du?“ sagte ich zufrieden.
 

Die Tür wurde geöffnet und wir sahen zum Eingang. Ich hatte mit Fonda gerechnet, oder Haou, doch unser Besucher überraschte mich. „Raus hier!“ Die Strenge in der Stimme von Meister Ares ließ Yugi verwirrt zu mir sehen, doch er gehorchte und verließ den Raum.

Mein Herz schlug schneller. Dass Meister Ares hier war, konnte nur eins bedeuten.

Er griff unter seinen Umhang und kam auf mich zu. Hervor holte er einen festen, schwarzen Lederstreifen mit einer seltsamen Verschlussvorrichtung. „Ein Halsband?“ fragte ich verwirrt. Im Innenteil des Leders waren komplizierte Runen eingraviert. Doch ehe ich sie genauer betrachten konnte, war Meister Ares dabei es mir anzulegen. Ich wollte zurückweichen, hielt jedoch inne. Wenn er die Abstimmung gewonnen hatte, und das war meine einzige Erklärung für sein Handeln, durfte ich mich nicht gegen ihn zur Wehr setzen.

„Leg deine Rüstung an und pack alles, was du für einen dreitägigen Ritt brauchst. In zehn Minuten findest du dich bei den Stallungen ein.“

„Wohin gehen wir?“ Sein strenger Blick ließ mich schlucken. „Hat… König Haou die Abstimmung verloren?“

Er sah mich missbilligend an. „Vielleicht mag es ihm im Moment so vorkommen, aber jeder von uns zieht aus dem Ergebnis der heutigen Abstimmung seinen Gewinn. So auch der König. Und jetzt beeil dich, deine Zeit läuft.“ Mit diesen Worten war er aus dem Raum verschwunden.

Einen Augenblick stand ich da wie erstarrt. Ich hatte es geahnt, aber es jetzt von ihm zu hören, traf mich wie ein Schlag. Haou hatte verloren…
 

„Vertraust du mir?“

„Ja“ antwortete ich konfus. Wie kommt er darauf?

Er sah mich ernst an. „Sollte morgen etwas schieflaufen, sollte Ares gewinnen und dich mir wegnehmen, habe ich vielleicht eine Idee, die uns helfen könnte. Aber es ist sehr riskant und dafür brauche ich Zeit und noch wichtiger: dein volles Vertrauen, sonst funktioniert mein Vorhaben nicht.“

Ich nickte. Dass er mir von seinen Sorgen erzählte, bestärkte mein Vertrauen in ihn. „Wie schlecht steht es?“ fragte ich.

Er seufzte, legte seine Hand an meine Wange. „Ich weiß es nicht. Aber sollte der schlimmste Fall eintreffen, mach ihn dir bitte nicht zum Feind. Und halte durch, versprichst du mir das?“

„Ich verspreche es.“

Ein trauriges Lächeln schlich sich in sein Gesicht. Zärtlich strich sein Daumen über meine Haut, ehe er seine Lippen auf meine legte.
 

Ich seufzte, fuhr mir mit der Hand durchs Gesicht. Atmete tief durch. Durchhalten. Nur was? Und wie lange? Meine Finger glitten über das Leder an meinem Hals. Langsam tastete ich mich vor bis zu meinem Nacken. An die Stelle, an der er es eigentlich verschlossen haben sollte. Doch es war absolut ebenmäßig. Die Runen im Inneren hatten eine Bedeutung, da war ich mir sicher. Nur welche? Ich schüttelte den Gedanken ab und machte mich fertig. Wenn ich zu spät bei den Stallungen eintreffen sollte, konnte ich mir nur schwer vorstellen, was mir blühen würde.
 

Wenig später war ich fertig und auf dem Weg zu den Stallungen. Von weitem erkannte ich Meister Ares und den Hauptmann, sie unterhielten sich neben zwei bereits gesattelten Pferden. Doch ehe ich etwas von der Unterhaltung mitbekommen konnte, sahen sie zu mir und verstummten. Der Hauptmann nickte knapp, lief auf mich zu. Als er an mir vorbeiging, musterte er mich prüfend, doch schwieg. „Du bist spät.“

„Entschuldigt“ antwortete ich, auch wenn ich mir sicher war, noch in der Zeit zu sein.

„Lass dir das eine Warnung sein. Solltest du nicht nach meinen Anweisungen handeln, mir widersprechen, oder einen Fehler mehrmals machen, wird deine Strafe schmerzhaft werden. Dasselbe gilt auch, wenn du deinen Drachen erscheinen lässt. Hast du das verstanden?“

Ich nickte, spürte die Wut meines Drachen, doch ermahnte ihn zur Ruhe. Haou sagte, er würde uns da rausholen, so lange mussten wir durchhalten und folgen. Sternenstaubdrache war nicht begeistert, beugte sich aber. „Ja ‚Meister‘ ist die korrekte Antwort. Hat man dir keine Manieren beigebracht?“

„Ja, Meister“ verbesserte ich mich, versuchte dabei das letzte Wort nicht sarkastisch zu betonen. Sein Verhalten erinnerte mich an Meister Zero, aber ihn hatte ich die letzten zehn Jahre auch ausgehalten.

„Weißt du wie man einen Steva reitet?“

Einen kurzen Blick warf ich in die Stallungen. Im hinteren Teil standen drei der muskulösen Tiere. Die Zweibeiner hatten kurzes, matschbraunes Fell, einen langen Hals und einen Kopf, der zu einem großen Teil aus dem messerscharfen, langen Schnabel bestand. Die krallenbesetzten, kräftigen Beine ermöglichten eine wahnsinnige Geschwindigkeit über so gut wie jedes Terrain, was sie zu den vielfältigsten und schnellsten Reittieren machte. Allerdings war es sehr schwer sie zu reiten. Selbst ausgebildete Tiere warfen ihren Reiter gern ab, wenn er es nicht richtig führte. Nicht selten gab es gab es schwere Verletzungen oder sogar Todesfolgen. Aus diesem Grund hatte ich keinerlei Erfahrung mit ihnen. „Nein, Meister“ antwortete ich deshalb.

„Wie enttäuschend, aber ich bin nicht überrascht. Dann werden wir die Pferde nehmen. Los.“

Ich band mein Gepäck hinter den Sattel und stieg auf. Meister Ares gab seinem Pferd bereits die Sporen.
 

Spät am Abend, wir hatten gerade die weitläufigen Wiesen hinter uns gelassen, drosselte Meister Ares endlich das Tempo. Seit wir die Stadt verlassen hatten, gönnte er den Pferden nur eine kurze Pause, und so langsam schienen sie am Ende ihrer Kräfte. Zielsicher steuerte er sein Tier durch das Dickicht des Waldes, bis wir zu einer kleinen Lichtung kamen. Von hier hatte man einen guten Einblick auf die Felder, über die wir geritten waren, doch durch das Dickicht blieben wir gut verborgen.

„Wir schlagen hier das Lager für die Nacht auf.“

Für die Pause war ich dankbar. Meine Beine schmerzten, mein Körper fühlte sich steif an. Keine Ahnung, ob ich so einen Ritt morgen wieder überstehen würde. Meister Ares hingegen sah aus, als wäre er gerade von einem kurzen Ausflug wiedergekommen. Dass ihm so eine Reise nichts auszumachen schien, erstaunte mich. Ich band die Zügel an einen nahegelegenen Baum und wollte Feuerholz sammeln. Doch ich kam nur wenige Schritte weit, da hielt er mich auf. „Was tust du da?“

Verwirrt drehte ich mich zu ihm. „Feuerholz sammeln.“

Kaum merklich schüttelte er den Kopf. „Hast du jemals ein Lager aufgestellt?“

„Ja“ erwiderte ich konfus. Plötzlich wurde mein Körper von einem unglaublichen Schmerz durchzogen. Ich sackte in die Knie, rang nach Luft. Doch so schnell wie er gekommen war, ebbte er wieder ab. Nur mein rasendes Herz beruhigte sich kaum. Was war das?

„Ja, Meister“ verbesserte er mich. „Das war das zweite Mal. Ich habe dir gesagt, dass dein Handeln ab sofort Konsequenzen nach sich zieht.“

„Was war das?“ keuchte ich, versuchte mich wieder auf die Beine zu kämpfen.

Er hob seinen Arm, dabei glitt der Stoff seines Gewandes zurück und legte eine Manschette an seinem Handgelenk frei. Sie schien aus demselben Material zu sein wie das Halsband, das er mir umgelegt hatte. „Eine nützliche Spielerei, wie ich finde. Wann immer ich es für nötig erachte, aktivieren sich die Insignien im Inneren des Leders und lassen dich diesen Schmerz fühlen, bis ich es beende. Des Weiteren hat er einen Schutzmechanismus gegen deinen Drachen. Solltest du versuchen ihn zu rufen, oder sollte er sich selbst materialisieren wollen, wird dich das gleiche Schicksal ereilen. Nur etwas… intensiver. Das gleiche passiert, wenn du dich zu weit von mir entfernst. Und die einzige Möglichkeit es wieder abzulegen ist, wenn ich es so will. Hast du das verstanden?“

Ich biss die Zähne zusammen, sah ihn scharf an. Er will meinen Drachen einsperren? Hat er so große Angst vor ihm? Er hat noch nie jemandem etwas getan! Diese ganzen Sicherheitsvorkehrungen sind absurd! Plötzlich durchzog eine weitere Welle von Schmerz meinen Körper, schien mich innerlich zu verbrennen. Ich sackte zu Boden und schrie auf. Meine Muskeln verkrampften, ich war wie gelähmt. Rang nach Atem. Der Schmerz ebbte einfach nicht ab.

Sternenstaubdrache war rasend vor Zorn. Ich spürte einen Druck in meinem Körper. Als würde er versuchen auszubrechen, aber etwas hinderte ihn. Bitte beruhige dich! Zu den höllischen Schmerzen gesellte sich ein Brennen in meinem rechten Arm. Das Atmen wurde immer schwerer. Ich konnte die Schmerzensschreie nicht kontrollieren, zwang mich meine Augen zu öffnen und lugte zu meinem Arm. Das Drachenmal glühte. Aber das war nichts im Vergleich zu den Qualen, die meinen Körper lähmten.

Vorsichtig sah ich auf. Ares stand vor mir. Verschwommen meinte ich Unglaube in seinen Augen zu lesen.

Eine weitere Welle von Schmerz durchzuckte meinen Körper, ich schrie auf. Verdammt. Bitte, Sternenstaubdrache, beruhige dich!

Eines der Pferde schnaubte nervös.

„Wenn du so weitermachst, bringst du dich selbst um“ hörte ich Ares‘ Stimme.

Das war eine einzige Qual. Ich konnte mich nicht rühren, lag nur zuckend am Boden und versuchte verzweifelt zu atmen.

Hör auf. Hör auf! HÖR AUF!

Erneut zwang ich mich die Augen zu öffnen. Alles war verschwommen. An der Seite des Meisters meinte ich zwei Gestalten zu sehen. Panisch rannten sie auf mich zu, doch wieder schrie ich auf, konnte den Schmerz kaum ertragen. Zwang mich zu atmen. Vage hörte ich vertraute Stimmen, die meinen Namen riefen. Ich versuchte mich darauf zu konzentrieren, was sie mir sagen wollten, doch ich scheiterte.

„Selbst eine niedere Kreatur wie du sollte sich darauf verstehen aufzugeben, wenn der Kampf aussichtslos ist“ sagte Meister Ares kalt. Ich versuchte ihn auszublenden, versuchte Sternenstaubdrache zu beruhigen, doch seine Worte waren wie Dolche, die sich in mich hineinbohrten. Erneut schrie ich auf. „Ich sehne mich nach dem Tag, an dem deinesgleichen vernichtet wird. Aber bis es so weit ist, solltest du am Leben bleiben, verstanden? Also nimm dich zusammen und kontrolliere deinen Schutzgeist.“

Wieder schrie ich meinen Schmerz hinaus, doch das linderte ihn nicht.

Die Pferde wieherten aufgeregt, Hufe scharrten über den Boden.

Sternenstaubdrache! Haou wird uns hier rausholen, aber wir müssen durchhalten… Bitte! Plötzlich erschlaffte mein Körper, der Schmerz war nicht mehr allgegenwärtig. Nur das Brennen meines Arms und meiner Muskeln blieb. Verzweifelt rang ich nach Luft, kämpfte gegen die Ohnmacht. Sternenstaubdrache hatte sich endlich beruhigt.

Mühsam öffnete ich meine Augen, blinzelte. Meister Ares hatte seine Hände hinter dem Rücken verschränkt und betrachtete mich missbilligend. „Versuche nie wieder dich gegen mich aufzulehnen, sonst endet dein kümmerliches Leben schneller, als du denkst. Ob du es glaubst oder nicht, aber das wollen wir beide nicht. Schließlich bist du uns noch von nutzen.“ Ich konnte nichts erwidern, schloss nur meine Augen. Kein Muskel in meinem Körper gehorchte mir mehr. Mein Herz raste noch immer. Die Geräusche um mich herum kamen zum Erliegen. Nichts wollte ich mehr, als mich der verführerischen Ruhe hinzugeben.

„Wenn ich Holz gesammelt habe, wirst du aufstehen und lernen, wie man als Späher ein Lager in feindlichem Gebiet errichtet. Jeder hat seine Aufgaben und dein kleines Unwohlsein ist keine Ausrede.“

Innerlich seufzte ich. Ich kann mich wohl glücklich schätzen, dass ich nicht sofort wieder aufstehen muss. Auch wenn ich dazu nicht einmal fähig wäre. Noch immer konnte ich kaum einen Muskel bewegen. Schritte entfernten sich, und ich versuchte mein noch immer schnell schlagendes Herz zu beruhigen. Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter. „Wir holen dich hier raus“ flüsterte eine sanfte Stimme. Irritiert hob ich meine Lider. Für einen kurzen Augenblick sah ich traurige, graue Augen, doch schnell verblassten sie wieder. Auch das Drachenmal hörte endlich auf zu brennen und ich versuchte mich durch tiefe Atemzüge zu entspannen und schloss meine Augen. Jetzt hatte ich durch diese Tortour auch noch Halluzinationen. Großartig.
 

Als ich irgendwann Schritte aus der Ferne hörte, versuchte ich meinen Arm auf den Boden zu stemmen und aufzustehen. Meine Muskeln brannten höllisch, aber ich konnte sie wieder bewegen, wenn auch sehr steif. Außerdem war ich mir sicher, dass ich, wenn ich jetzt nicht aufstehen würde, wieder Schmerzen auszuhalten hätte, und darauf wollte ich verzichten.

„Du bist doch lernfähig“ sagte Ares abschätzend.

Ich verkniff mir einen Kommentar und stand endgültig auf, stützte mich an einem nahestehenden Baum ab, um meine zitternden Beine etwas zu entlasten. Tief atmete ich durch.

„Die Nacht bricht bald an“ sagte er, während er einen Stapel Holz fein säuberlich in die Mitte des Platzes legte. „Was muss als erstes errichtet werden?“

„Das Lagerfeuer.“

„Und wie gehst du vor?“

„Ich errichte mit Steinen eine Feuerstelle und entzünde dann das Holz.“

„Falsch.“ Kurz zuckte ich in Erwartung des Schmerzes zusammen, doch er sprach weiter. „Du bist in feindlicher Umgebung. Entzündest du das Feuer, machen sie deinen Standpunkt aus und töten dich. Also, zweiter Versuch.“

„Ich… ich weiß es nicht.“

Er schnaufte, schnappte sich junge Äste, die im Unterholz lagen und errichtete um eine kahle Stelle im Gras eine kleine Mauer. „Ein Sichtschutz?“ fragte ich zögerlich.

„Ganz recht. Jetzt bau den Feuerplatz auf, während ich das Zelt aufschlage.“

Ungelenk ging ich zum Feuerplatz, legte einige Steine im Kreis in den Sichtschutz und nahm mir das Holz, das Ares gesammelt hatte. Doch stutzte. Einige Stücke waren feucht, es würde furchtbar qualmen, wenn wir es entzünden würden. Ob das ein Test war? Ich griff mir nur das trockene Holz und stapelte es auf. Aus meiner Tasche holte ich anschließend mein Feuersalz, um die Flammen zu entfachen, aber wieder hielt Ares mich auf. „Was hast du jetzt wieder vor?“ fragte er misstrauisch.

„Ich will das Feuer entzünden.“

„Womit? Mir wurde berichtet, du könntest Magie anwenden. Einen einfachen Feuerzauber wirst du doch wohl beherrschen.“

Ich seufzte lautlos, festigte meinen Griff um die Phiole mit dem Feuersalz. Bei meinem letzten Versuch hatte ich beinahe meinen Behandlungsraum in Brand gesteckt. „Es wurde mir noch nicht gelehrt, seit ich Magie anwenden kann. Und ein Selbststudium wurde mir verboten.“

Er knurrte genervt und winkte mich zu sich. Hockte sich vor die Feuerstelle. Aus seinem Gewand zog er ein Stück Pergament. „Beherrschst du wenigstens die Insignien?“

„Ja“ antwortete ich, korrigierte meine Aussage aber schnell, als mich sein stechender Blick traf. „Ja, Meister.“

„Dann schreib sie auf.“

Ich folgte seinem Befehl und zeichnete mit dem dazu gereichten Stück Kohle die Insignien. Als ich es ihm reichte, nickte er. „Den Zauber auszuführen, lernst du an unserem Zielort. Im Moment reicht es mir, dass du zumindest die Zeichen beherrschst.“ Im nächsten Moment loderte eine kleine Flamme in seiner Hand, die er behutsam in die Feuerstelle setzte. „Zumindest das richtige Holz hast du gewählt“ fügte er widerwillig hinzu und stand auf. „Jetzt zur Lage: Warum habe ich diesen Ort ausgewählt?“

Also war es doch nur ein Test? Ich sah in den Wald. Das Dichte grün der Bäume ließ kaum noch Lichtstrahlen durch, sodass es bald finster sein würde. Auf der anderen Seite lagen die Felder, über die wir hergekommen waren. „Von hier hat man einen guten Ausblick über die Wiesen, ist aber gleichzeitig durch das Dickicht geschützt, sodass wir nicht gesehen werden können.“

Er deutete mit einem Kopfschwenk auf einen anderen Teil des Waldes. „Das hätten wir dort auch gehabt. Warum hier?“

Kurz sah ich zu dem Waldstück, dass er meinte. Das Unterholz schien genauso dicht wie hier, daran konnte es also nicht liegen. „Ich weiß es nicht“ gestand ich erneut.

„Der Wind“ sagte er schlicht.

Was? Ich versuchte zu verstehen, was er meinte, aber der Wind war so schwach, dass ich kaum ausmachen konnte aus welcher Richtung er wehte. Schon gar nicht im Schutz der Bäume.

Wieder schnaubte er. „Der Wind kommt aus südöstlicher Richtung, unsere einsehbare Fläche liegt im Norden. Der Geruch des Feuers, der Pferde und unser eigener wird also über freie Fläche geweht, die wir einsehen können.“

Endlich fiel der Groschen. „Also würde der Angriff aus gut sichtbarem Gebiet kommen.“

„Na endlich. Morgen wirst du ein geeignetes Lager ausfindig machen und aufbauen, und das fehlerfrei. Ich übernehme die erste Wache. Leg dein Schwert aber in greifbare Nähe.“

Er schritt an mir vorbei und setzte sich neben einem Baum, den Blick stur auf die Felder gerichtet. Verständnislos schüttelte ich den Kopf und zog mich zurück. Er benahm sich, als würde er tatsächlich jeden Moment einen Angriff erwarten.

Ich kroch ins Zelt und machte mir nicht einmal die Mühe meine Rüstung abzulegen. Noch immer schmerzte mein gesamter Körper und ich sehnte mich nur nach Schlaf. Es war sicher nur Glück, dass er nicht wieder das Halsband eingesetzt hatte, als ich keine Antwort auf seine Fragen gewusst hatte. Morgen würde ich sicher nicht so viel Glück haben. Schon gar nicht, wenn Sternenstaubdrache wieder rebellieren will. Ich spürte sein Bedauern, doch übelnehmen konnte ich es ihm nicht. Ares war ein Mistkerl, aber Haou sagte ich solle durchhalten. Mein Schwert legte ich wie befohlen neben mir ab und seufzte dabei. Legte mich auf die überraschend weiche Unterlage. Was Haou wohl gerade macht? Doch lange konnte ich nicht darüber nachdenken und driftete schnell in einen traumlosen Schlaf.



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