Zum Inhalt der Seite

Vampire Kiss

Vermouth x Jodie, (Curaçao x Kir)
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Zwei Wochen vergingen. Einerseits hatte Jodie das Gefühl, in einem nicht enden wollenden Alptraum gefangen zu sein, andererseits verwirrte ihre aktuelle Situation sie inzwischen mehr, als dass sie sie verängstigte.

Die Blondine verstand nicht, was hier eigentlich gespielt wurde. Es wollte ihr wirklich nicht in den Kopf. Ursprünglich hatte die Daywalkerin sie behalten, um sie als ihre private Blutbank zu missbrauchen. Doch nach den beiden Bissen am ersten Tag, hatte Chris nie wieder Interesse an ihrem Blut gezeigt. Ein oder zwei Missverständnisse hatte es noch gegeben, doch jedes Mal hatte die Schauspielerin sie lediglich weggeschoben. Aber was war dann der Zweck ihrer Entführung, wenn es scheinbar nichts mit ihrer seltenen Blutgruppe zu tun hatte?

War es, weil die andere Blondine Mondnebels Jägerin verhöhnen wollte, indem sie sie zu ihrem Dienstmädchen degradierte? Aber auch diesen Job hatte Jodie sich deutlich stressiger vorgestellt.

In der Tat schickte Chris sie herum, aber nicht einmal annähernd so oft, wie sie es befürchtet hatte.

Es lief eher darauf hinaus, dass sie der Schauspielerin die Tasche oder die Einkäufe hinterhertragen musste, oder aber dass sie hin und wieder zu Hausarbeiten verdonnert wurde, welche jedoch schnell erledigt waren.

Auch wenn es sie störte, überhaupt etwas für dieses verzogene Sternchen tun zu müssen, so war Jodie dennoch in erster Linie erstaunt darüber, dass die Aufgaben, die man ihr übertrug, äußerst übersichtlich waren.

Niemand in diesem Haus machte wirkliche Anstalten ihr schaden zu wollen, was daran lag, dass sie unter dem Schutz von Amerikas Nummer Zwei stand.

Die Schauspielerin hatte es sich nicht nehmen lassen, sie in den letzten zwei Wochen täglich mit zur Arbeit zu schleifen. Dennoch, ihren Alltag hatte Jodie sich eindeutig anders vorgestellt. Inzwischen kaufte sie der anderen Blondine nicht mehr ab, dass sie sie wirklich nur gefangen hielt, weil sie ihre Blutgruppe schätzte und ein Dienstmädchen brauchte. Dafür, dass die Daywalkerin sie am Leben gelassen hatte und hier festhielt, musste es eindeutig einen anderen Grund geben. Bloß das Chris ihr bislang eine Antwort schuldig geblieben war.

Die Ältere erlaubte ihr zwar, alle drei Tage einen kurzen Blick auf die Überwachungskamera des Ortes zu riskieren, an dem Andre gefangen gehalten wurde, damit Jodie sich davon überzeugen konnte, dass es ihrem Kollegen noch den Umständen entsprechend gut ging, doch Fragen beantwortete Chris ihr nicht.

Sie ließ sie im Unklaren darüber, warum sie sie wirklich hier festhielt. Auch, was es mit den japanischen Gästen und den ständigen Streitereien auf sich hatte, war ihr weiterhin ein Rätsel.

Chris schien sie mit voller Absicht im Unklaren zu lassen und sich über Jodies wachsende Frustration diesbezüglich zu amüsieren.

Ganz allgemein stellte die Daywalkerin ihre Nerven ständig auf eine wahre Zerreißprobe. Diese verdammte Diva war arrogant, launisch und schwierig. Und sie schien besonderen Spaß daran zu haben, Jodie im Bezug auf Mondnebel aufzuziehen.

Chris schnitt dieses Thema regelmäßig an, um sich über sie lustig zu machen. Leider nur hatte sie jedes Mal Erfolg damit, denn das jemand Mondnebel in den Dreck zog, war und blieb für Jodie ein rotes Tuch.
 

Es war später Nachmittag, als die beiden Blondinen durch die Stadt liefen. Zwei Mal waren sie von Fans der Schauspielerin aufgehalten worden, die um ein Foto und Autogramme gebeten hatten. Bitten, auf die Chris mit mäßiger Freude reagiert hatte.

"Eine Verkleidung für den Weg durch New York wäre gar nicht so falsch.", seufzte die Schauspielerin derweil.

"Wer wollte denn unbedingt noch zur Reinigung?", stichelte Jodie. Über ihrem Arm trug sie einen Mantel und ein Kleid. Beide Kleidungsstücke waren noch durch die Plastikhüllen der Reinigung geschützt und rochen leicht nach dem Waschmittel der Reinigungsfirma.

"Würdest du Gins Schützling charakterlich auch nur ansatzweise ähneln, hättest du den Botengang auch allein übernehmen können.", murrte Chris vor sich hin.

Jodie beobachtete ihre Begleiterin aus dem Augenwinkel, als diese sich eine Zigarette anzündete.

"Auch wenn wir uns gut verstehen, charakterlich sind Rena und ich grundverschieden. Ich will nicht wissen, was der Grund dafür ist, dass sie so eine Angst vor diesem Gin hat."

"Das willst du in der Tat nicht, richtig.", bestätigte Chris nur.

Jodie stutzte und blickte ihre Begleiterin an. "Heißt das, du weißt etwas darüber?"

Angesprochene nickte. "Tue ich. Aber das tut rein gar nichts zur Sache, immerhin ändert sich dadurch nichts."

"Wenn ihr Vampire nicht solche Monster wärt, würde ich dich jetzt fragen, wie du einfach wegsehen kannst, wenn du weißt, was hier gespielt wird." Die Stimme der Jägerin klang verärgert.

Gleichgültig zuckte Chris mit den Schultern. Sie kannte Jodies Meinung im Bezug auf die Vampirgesellschaften inzwischen zu Genüge, jedoch scherte sie sich kaum darum, was die Jüngere dachte. "Kein normal denkender Vampir würde sich für einen Menschen mit dem Oberhaupt eines anderen Landes anlegen. Die außenpolitischen Wirkungen wären fatal.", konterte die Schauspielerin lediglich gelassen.

"Das ist doch nicht der eigentliche Grund, warum du nichts unternimmst. Sie ist dir schlicht und ergreifend vollkommen egal. Eurer Spezies ist jegliches Mitgefühl fremd."

Während die junge Frau der Daywalkerin einen finsteren Blick zuwarf, schmunzelte diese auf Jodies Worte hin leicht amüsiert. "Du musst es ja wissen."

Gerade als die Jägerin etwas darauf erwidern wollte, blieb sie mit der Spitze ihres Schuhs an einer Unebenheit im Kopfsteinpflaster hängen und stolperte nach vorne.

Die junge Frau geriet ins Straucheln, schaffte es jedoch gerade noch so eine Bruchlandung zu verhindern. Auch die von der Reinigung abgeholte Kleidung war ihr bei dem Missgeschick nicht runtergefallen.

Für einen Moment schlug ihr Herz dank dem plötzlichen Schreck noch schneller. Na das war ja gerade noch einmal gut gegangen! Jodie musste sich nicht extra zu ihr umdrehen, um sich Chris Gesichtsausdruck vorstellen zu können. Sie meinte den spöttischen Blick förmlich in ihrem Rücken spüren zu können.

"Vorsicht, Kätzchen. Eine Bodenunebenheit.", zog die Schauspielerin sie auf. Als wenn sie das nicht bereits selbst gemerkt hätte!

"Sehr lustig.", murrte Jodie wenig erfreut vor sich hin.

"Nein wirklich, du hättest dir den Hals brechen können.", amüsierte die andere Blondine sich weiter über ihr Missgeschick. "Du machst es einem wirklich nicht leicht dir zu glauben, dass du wirklich ein Teil von Mondnebel sein sollst."

Augenblicklich verfinsterte sich die Mimik der Jüngeren nur noch ein wenig mehr. "Fängst du schon wieder damit an?"

"Nun, was soll ich denn machen? Du hast mir immer noch nicht beantwortet, ob diese angeblich ach so legendäre Gruppe wirklich nur aus Stümpern und Grünschnäbeln wie dir besteht."

Gereizt drehte Jodie sich zu Chris um und wedelte mit einer Hand erst einmal die Wolke aus Zigarettenrauch fort, in der sie sich plötzlich wiederfand.

"Irgendwann vergeht dir das Lachen schon noch.", grummelte sie angesäuert. "Es mag schon sein, dass du aktuell am längeren Hebel sitzt, was mich betrifft, aber du solltest Mondnebel nicht unterschätzen."

"Dann ist es also wirklich wahr, dass es ein Mitglied eurer Gruppe war, das Rum getötet hat?", hakte die Vampirin nach.

Skeptisch und fragend zugleich zog Jodie eine Augenbraue hoch. "Mag sein, allerdings haben die Vampire, die wir erledigt haben, sich uns nicht vorher namentlich vorgestellt. Von daher weiß ich nicht, auf welches dieser Monster du anspielst."

"Es würde mich nicht wundern, wenn ihr Probleme mit ihm gehabt haben solltet. Er war immerhin Amerikas vorherige Nummer Zwei."

Einen Moment lang dachte Jodie darüber nach. "Vor einem halben Jahr hatten wir es in der Tat mit einem sehr starken Vampir zu tun. Es war Zufall, dass wir ihm begegnet sind und Mondnebel hat durch dieses Monster starke Verluste erlitten, aber dann ist es unserer Trumpfkarte gelungen ihn auszuschalten.", erklärte sie schließlich.

Während Chris die aufgerauchte Zigarette wegschnippte, veränderte sich Jodies Mimik plötzlich und sie wandte sich ruckartig der Älteren zu. "Warte mal, ist dieser Rum der Grund dafür, dass ihr Andre und mich gefangen haltet? Aus Rache?"

Chris jedoch lachte nur. Eigentlich hatte sie ein schönes Lachen, doch mit ihrer arroganten Art kam die eigentliche Vampirjägerin einfach nicht klar. "Rache?", wiederholte die Schauspielerin. "Nein, Süße. Rächen will ich mich bestimmt nicht. Was die Beseitigung Rums betrifft, sollte ich mich eher bei Mondnebel bedanken. Immerhin bin ich es, die seinen Platz eingenommen hat."

Jodie blinzelte sie an und wartete fast darauf, das Chris das Gesagte letztlich als Scherz auflöste. Doch sie schien sich in der Tat nicht daran zu stören, dass Mondnebel den vorherigen Vize-Anführer der amerikanischen Vampirgesellschaft getötet hatte. Waren Vampire wirklich so unsolidarisch, dass ein Karrieresprung für sie mehr zählte, als das Leben eines Kameraden?

"Das ist widerlich, wirklich.", stellte Jodie daher unverblümt fest.

Die Schauspielerin wirkte unbeeindruckt. "Was widerlich ist, ist die Tatsache, dass es angefangen hat zu regnen." Sie spannte den Regenschirm auf, den sie bei sich trug und drückte ihn schließlich Jodie in die noch freie Hand.

Zwar hielt die Blondine den Schirm und achtete darauf, ihn über sich und die Daywalkerin zu halten, jedoch warf sie ihrer Begleiterin einen genervten Blick zu. "Als wenn du den Schirm nicht selbst tragen könntest! Ich schleppe immerhin schon deine Klamotten durch die Gegend."

"Immerhin machst du dich nützlich.", erwiderte Chris unbeeindruckt.

Die beiden Frauen liefen durch eine recht unbelebte Straße. Schließlich hielt die Schauspielerin inne und nickte in Richtung einer schmalen Gasse, welche dunkel und verlassen zwischen mehreren Hochhäusern lag. "Gehen wir hier durch und kürzen ab. So sind wir schneller zurück beim Auto.", stellte sie fest. "Ich habe heute noch genug im Anwesen zu tun."
 

Während sie durch die Gasse liefen, fragte Jodie sich, was genau ihre Begleiterin heute noch in diesem elenden Vampiranwesen zu tun hatte. Sie hoffte darauf, dass sie sich nur auf eine Rolle vorbereiten wollte, doch dagegen sprach das Gespräch, welches sie vergangene Nacht in der Bar aufgeschnappt hatte. Einige Vampire waren losgeschickt worden, um den 'Getränkevorrat' aufzufüllen. Wieder würden diese Monster nichtsahnende Zivilisten fangen und lebend zurück zum Anwesen bringen, wo sie sie in Zellen sperrten und erst wieder herausholten, wenn sie auf der Getränkekarte auftauchen sollten. Eine grässliche Vorstellung.

Von Chianti wusste sie, dass die Blondine es war, die Listen über die aktuellen Bestände führte und die stets darauf achtete, das von jeder gängigen Blutgruppe ein gewisser Vorrat vorhanden war.

Dank ihrer feinen Nase wusste die Daywalkerin, welche Blutgruppe der Mensch vor ihr hatte, auch ohne ihn vorher zu verletzten.

Die japanische Vampirin hatte ihr dies neulich erzählt. Nicht, dass Jodie freiwillig den Kontakt zu dieser überaus leicht reizbaren Frau gesucht hätte, Chianti hatte sich vor ein paar Tagen viel mehr in der Bar zu Kir und ihr an den Tisch gesellt, um sich vor der Brünetten über die amerikanische Vampirgesellschaft aufzuregen. Rena hatte die Andere ganz einfach reden lassen, auch wenn Jodie ihr angesehen hatte, dass sie sich ihren Teil dachte.

Schließlich hatte Chianti sich ihr zugewandt und damit begonnen über Chris zu lästern und darüber, dass die Schauspielerin stets Andere die Arbeit für sich erledigen ließ.

Allein durchs Zuhören hatte Jodie einige nicht ganz uninteressante Dinge über das Vampirhaus erfahren, in welchem sie derweil gefangen war.

Die Jägerin blinzelte sich zurück ins Hier und Jetzt. Dadurch, dass die Gasse, die sie als Abkürzung zur nächsten Straße nutzen wollten, so eng war, konnten sie den Weg nicht nebeneinander fortsetzen.

Nachdenklich betrachtete Jodie den Rücken der anderen Blondine. Sie hoffte wirklich, dass heute keine neuen Gefangenen in die Bar geschleppt wurden.

Mit dem Regenschirm in der einen Hand und den frisch von der Reinigung abgeholten Kleidungsstücken über dem anderen Arm, folgte sie Amerikas Nummer Zwei und fröstelte aufgrund des Wetters. In den letzten zwei Wochen war es nur noch kühler und ungemütlicher geworden.

Der Herbst neigte sich inzwischen wirklich dem Ende zu. Die Tatsache, dass es regnete und der Wind durch die Häuserschluchten pfiff, machte es nicht gerade besser.

Auch wenn sie nach dem heutigen Arbeitstag und dem kurzen Umweg zur Reinigung, nun wieder auf dem Weg zum Anwesen waren, Jodie konnte nicht leugnen, dass sie fast schon froh wäre, wenn sie das Auto erreicht hätten. Immerhin hätten sie dort ein Dach über dem Kopf, wären geschützt vor dem Wind und eine Heizung besaß der Wagen ebenfalls.

//Nicht mehr lange. In spätestens fünf Minuten sollten wir den Parkplatz eigentlich erreicht haben.//, erinnerte sie sich in Gedanken selbst.

Die Blondine zog die Schultern höher und vergrub das Gesicht ein wenig mehr in dem Schal, den sie um den Hals trug. Zwar war die Kleidung, die Chris ihr geliehen hatte, warm, doch gegen einen dickeren Mantel hätte sie auch nichts einzuwenden gehabt.

"Leg mir ab Morgen wärmere Kleidung raus.", sprach sie das Problem ganz einfach direkt an. "Das Wetter ist in den letzten Tagen nicht besser geworden."

Doch anstelle einer Antwort, blieb die Daywalkerin vor ihr plötzlich ruckartig stehen und blickte in eine weitere Gasse, welche den Weg, auf dem sie unterwegs waren, kreuzte.

Jodie schaffte es gegen ihre Begleiterin zu laufen, doch als diese sich nicht darüber beschwerte und stattdessen starr weiter in die Gasse blickte, sah sie Chris fragend an.

"Was ist los?", wollte sie wissen. Nun spähte die eigentliche Jägerin selbst in die verlassene Gasse, konnte bis auf einige Mülltonnen und einen großen Container jedoch nichts ungewöhnliches entdecken.

"Wir kriegen Besuch.", lautete die schlichte Antwort.

Jodie fiel auf, dass Chris plötzlich angespannt wirkte, doch trotz allem schlich sich bereits wieder dieses überhebliche und selbstsichere Lächeln auf ihre Lippen.
 

Besuch? Noch ehe Jodie sich fragen konnte, was die Ältere damit meinte, löste sich plötzlich ein Schatten aus dem Schutz der Dunkelheit.

Die Person musste sich hinter dem Container verborgen haben, gab diese Tarnung nun jedoch auf.

"Hände hoch und das Gesicht zur Wand.", befahl die Person, welche sich den beiden Frauen mit gezogener Waffe näherte.

Diese Stimme! Das Herz der jungen Frau machte einen Satz. Freude und Fassungslosigkeit stiegen zeitgleich in ihr auf. Diese Stimme, diese Person... sie kannte ihn. "Shu!", rief sie aus.

"Geh weg von ihr und stell dich hinter mich, Jodie.", wies eine andere Stimme sie an.

Die Blondine wirbelte herum, nur um ihren Vorgesetzten James Black zu entdecken, der hinter ihnen in der Gasse aufgetaucht war. Auch er hatte seine Dienstwaffe gezogen.

"James!", rief sie aus. "Oh Gott! Wie habt ihr mich... ich meine...", begann sie, brach dann jedoch ab.

Einerseits war da diese unbändige Freude in ihr, ihre Teamkameraden zu sehen. Hoffnung, diesem Alptraum endlich zu entkommen, stieg in ihr auf. Dennoch gab es eine Sache, die sie zögern ließ und sie zurückhielt wie unsichtbare Ketten.

"Hände hoch und das Gesicht zur Wand.", wiederholte Akai noch einmal nachdrücklich an die blonde Schauspielerin gewandt.

Diese tat ihm den Gefallen und hob in der Tat die Hände ein Stück weit, bewegte sich ansonsten jedoch nicht von der Stelle und blickte dem Jäger selbstsicher entgegen.

"Und was, wenn ich es nicht tue?", hakte sie beinahe provokant nach. Ohne den Blick von ihrem Gegenüber zu wenden, wandte Chris sich an die andere Blondine. "Kätzchen, warum erklärst du deinen Freunden nicht einfach selbst, warum das hier gerade nicht ihre beste Idee ist?", forderte sie.

Jodie erstarrte. Dieses verdammte Biest! Wie gelassen und überheblich sie selbst jetzt noch blieb!

Und wie skrupellos sie ihr Ass im Ärmel ausspielte. Leider wusste sie nur zu gut, worauf Chris anspielte.

So froh sie auch war ihre Kameraden zu sehen, nun mischte sich Sorge wie bittere Galle zu der neu aufgekeimten Hoffnung.

"Sie sitzt trotz allem am längeren Hebel.", begann Jodie stockend zu erklären. "Diese elenden Monster halten Andre nach wie vor gefangen. Wenn ihr ihr etwas tut, oder mich befreit, schaufelt ihr damit sein Grab." Das auszusprechen war so grausam. Die Freiheit und das Ende des Schreckens waren so nah und gleichzeitig doch so fern. Die junge Frau hatte das Gefühl an ihren eigenen Worten zu ersticken.

Doch anstatt inne zu halten, tat James einen Schritt auf sie zu, legte ihr eine Hand auf die Schulter und schob sie schließlich hinter sich.

Zeitgleich hatte Akai sich in Bewegung gesetzt. In einer Hand hielt er weiterhin die Waffe, doch war es seine freie Hand, die er vorschnellen ließ. Blitzartig griff er nach dem Arm der Daywalkerin, riss sie daran herum und drückte sie im nächsten Moment gegen die Wand.

Die Blondine, die mit dem Gesicht geradewegs gegen die Backsteinmauer geprallt war, sog scharf die Luft ein. "Ihr solltet euch gut überlegen, was ihr hier tut. Die Kleine hat euch die Lage gerade bereits erklärt.", fauchte sie verärgert. Jodie bemerkte, dass die Nase der anderen Frau durch den Zusammenstoß mit der Wand blutete.

"Nicht! Andre wird am Ende wirklich noch...!", begann Jodie entsetzt, während Akai die Handgelenke der Daywalkerin nach hinten zerrte und die Handschellen mit einem Klicken zuschnappen ließ.

Erneut war James es, der ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter legte. "Mach dir keine Sorgen um Andre. Er ist außer Gefahr.", informierte er sie.

"Ganz richtig. Dank der Informationen, die wir erhalten haben, konnten wir ihn befreien. Er sitzt inzwischen in Mondnebels Büro.", erklärte Akai weiter.
 

Jodie glaubte sich verhört zu haben. Andre war in Sicherheit?! Ihr fiel ein Stein vom Herzen.

Und dann noch die Tatsache, dass ihre Kameraden sie gefunden hatten. Der Alptraum war überstanden!

Freude und Erleichterung spülten wie eine Welle über sie hinweg. Die Blondine bemerkte, wie Freudentränen in ihren Augen aufstiegen.

"Es... es ist wirklich vorbei?", hakte sie noch einmal nach.

James nickte ihr zu. "Das ist es. Du bist jetzt in Sicherheit."

Bereits im nächsten Moment war sie ihrem Vorgesetzten um den Hals gefallen und umarmte ihn stürmisch. Auf die Lippen des Jägers legte sich ein gutmütiges Lächeln, ehe er Jodie nun seinerseits in eine Umarmung zog.

Als die junge Frau ihn schließlich wieder losgelassen hatte und sich Akai zuwandte, fiel ihr Blick gleichzeitig auch auf Chris. Der arrogante, überhebliche Ausdruck war aus ihrem Gesicht verschwunden, wie Jodie mit Genugtuung feststellte. Nun war es die Daywalkerin, in deren Augen Ärger und Fassungslosigkeit lag. Langsam aber sicher schien sie zu realisieren, in welchen Schwierigkeiten sie steckte.

Überraschend wehrte sie sich nicht gegen den Griff, mit dem der dunkelhaarige Jäger sie hielt. Sie versuchte noch nicht einmal zu fliehen.

//Vermutlich weiß sie, dass es sinnlos ist.//, kam es Jodie in den Sinn.

"Gehen wir. Das Auto steht direkt vor der Gasse.", ergriff James Black erneut das Wort und schob Jodie sanft vor sich her.

Die junge Frau setzte sich in Bewegung und trottete Shuichi hinterher, der die Vampirin mit sich zog.

Kurz bevor sie die Gasse verließen, warf der Jäger der Daywalkerin ein Tuch über den Kopf, welches einerseits ihre Sicht behinderte, andererseits aber auch verhinderte, dass jemand sie am Ende noch erkannte. "Damit dein berühmtes Gesicht nicht morgen auf der Titelseite einer jeden Zeitung erscheint.", sagte er nur dazu.

Wie James es bereits angekündigt hatte, hatten sie Mondnebels Auto bereits nach wenigen Schritten, nachdem sie die Gasse verlassen hatten, erreicht.

Nachdem Black auf dem Fahrersitz Platz genommen und Jodie sich für den Beifahrersitz entschieden hatte, zog Akai die Vampirin ohne große Probleme auf die Rückbank, schloss die Tür auf ihrer Seite und nahm schließlich auf der anderen Seite neben ihr Platz, die Dienstwaffe weiterhin griffbereit, um jede Flucht im Keim zu ersticken.
 

James startete den Motor und fuhr los. Sofort erkannte Jodie, dass er den Weg zu Mondnebels Hauptquartier eingeschlagen hatte.

Sie war unglaublich erleichtert über ihre Befreiung, auch wenn sie es noch kaum fassen konnte.

Auch wenn sie mit ihren Kameraden über so viele Dinge reden wollte, erst einmal brauchte sie einen Moment um ihre Gedanken zu ordnen.

"Also lagen wir mit unserer Vermutung richtig.", durchbrach Black die Stille. "Trotzdem muss ich zugeben, dass es mich erstaunt, dass ausgerechnet ein Mensch gemeinsame Sache mit den hier ansässigen Vampiren macht. Und dann auch noch eine Prominente."

"Damit, dass sie mit den Vampiren unter einer Decke steckt, hatten wir in der Tat Recht.", bestätigte Jodie. "Allerdings haben wir uns alle in einer Sache gewaltig geirrt. Sie ist kein Mensch, wie man vielleicht meinen sollte, sie ist eine Vampirin, wie die Anderen auch."

"Bitte was?! Aber das ist unmöglich.", kam es verwirrt von James. "Ich meine, wir haben euch gerade bei Tag draußen angetroffen. In Filmen und bei Veranstaltungen hält sie sich auch oftmals im Tageslicht auf...", fügte er hinzu.

"Daywalker stören sich nicht am Tageslicht. Vineyard könnte ein gemütliches Sonnenbad nehmen und es würde ihr nichts ausmachen.", erklärte Jodie ihrem Team nun das, was sie selbst vor etwa zwei Wochen noch kaum hatte glauben können.

Alarmiert blickte Akai derweil zu der Frau, neben der er saß. Zwar trug sie Handschellen, doch ein Vampir sollte keine Probleme damit haben, die Kette ganz einfach zu zerreißen.

Da er die eben erhaltene Information nicht recht glauben konnte, zumal die Festnahme sich absolut unproblematisch gestaltet hatte, griff er kurzerhand nach seiner Sitznachbarin und schob ihre Oberlippe ein Stück weit hoch.

Kaum das die perlweißen Vampirfänge sichtbar wurden, wandte die Blondine ihm verärgert das Gesicht zu und hätte ihn beinahe in die Hand gebissen, hätte Shuichi diese nicht noch rechtzeitig zurückgezogen.

"Verdammt!", fluchte James vom Fahrersitz aus. Er hatte die Szene im Rückspiegel beobachtet und war vor Schreck einen Schlenker gefahren.

"Nimm die Pfoten aus meinem Gesicht! Widerlich!", fauchte die Vampirin ihren Sitznachbarn verärgert an.

Als Akai reflexartig die Dienstwaffe auf die Schauspielerin richtete, funkelte diese ihn wütend an und wandte sich schließlich eingeschnappt ab, was den Jäger viel mehr verblüfft blinzeln ließ.

"Jetzt beruhigt euch wieder!", versuchte Jodie vom Beifahrersitz aus das plötzliche Chaos zu beenden. "Es mag schon sein, dass sie eine Vampirin ist, aber sie wird weder uns, noch das Auto auseinandernehmen. Das ist die Schattenseite an Daywalkern. Sie scheuen zwar das Tageslicht nicht, aber sie sind kräftemäßig mit uns Menschen auf einem Niveau. Und dieses verzogene Sternchen dort, legt mehr Wert auf ihr Äußeres, als auf Krafttraining."

Langsam entspannten die beiden Männer sich wieder, während Chris durch den Spiegel Blickkontakt mit Jodie aufnahm. In ihren Augen lag etwas ironisches, resigniertes. "Payback-Time, nicht wahr, Kätzchen?"

Die junge Frau antwortete nur mit einem undefinierbaren Murren.

"Wenn sie kein Mensch, sondern eine Vampirin ist, macht es keinen Sinn, sie wirklich gefangen zu nehmen. Wir sollten das in einer unbelebten Straße lieber gleich beenden.", äußerte schließlich Akai.

Obwohl es hier gerade um ihr Leben ging, reagierte die Daywalkerin nicht auf seine Worte. Nichts in ihrem Blick veränderte sich, noch nicht einmal Nervosität stahl sich auf ihre Mimik.

"Nein, nicht!", widersprach Jodie entschieden und zog einmal mehr die Blicke ihrer Teamkameraden auf sich.

Noch ehe jemand eine Erklärung fordern konnte, fuhr sie bereits von allein fort: "Diese Frau ist Amerikas aktuelle Nummer Zwei. Lebend nutzt sie uns folglich mehr. Ihr Wissen ist Gold wert."

Erneut blickten die beiden anderen Jäger die Gefangene verblüfft an, welche es jedoch vorzog zu schweigen.

Während James den Wagen weiter in Richtung von Mondnebels Hauptquartier lenkte, realisierte Jodie erst wirklich, dass der Alptraum für sie hiermit vorbei war. Andre und sie waren in Sicherheit. Nicht nur das, es war ihnen sogar gelungen, die zweiteinflussreichste Vampirin des Landes zu fangen. Die Karten hatten sich gewendet. Ein guter Gedanke, der sie mit neuer Hoffnung füllte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück