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Sherlock Holmes

das unheilvolle Familienerbstück
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Das Kapitel hier habe ich sehr stark überarbeitet, ich hoffe es macht Sinn und gefällt trotzdem. Viel Spaß beim Lesen. Hier noch einen imaginären Blumenstrauß für meine fleißigste Kommi Schreiberin White-Orchidee und vielen Dank für die Empfehlung, freut mich sehr, dass dir die Geschichte bisher in meiner Version auch gefällt. *imaginären Blumenstrauß übergeb =-)* Komplett anzeigen

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Geständnisse der Dunkelheit

„Was???“ war das Einzige und wenig Geistreiche, was der Detektiv, vollkommen aus dem Konzept gebracht, erwidern konnte. Ließ dabei, völlig perplex, die ausgestreckte Hand langsam sinken. Gerade hatte er noch einen Plan, ein klares Ziel gehabt, doch Johns plötzliche Entschuldigung aus heiterem Himmel, hatte dieses mit einem Schlag zu Nichte gemacht, verwirrte ihn über alle Maße. Warum zum Teufel entschuldigte sich der ehemalige Militärarzt bei ihm und vor allem für was? John währenddessen spürte die Verwirrung des Größeren sehr deutlich und setzte deshalb schon zu einer Erklärung an, wurde aber durch die etwas zu laute und, für seine Ohren beinahe emotionale Stimme Sherlocks, zumindest vorerst, daran gehindert. „Für was entschuldigst du dich denn jetzt bitte?“ dass der Detektiv ihn dabei gerade duzte, fiel diesem, mal wieder, überhaupt nicht auf, viel zu aufgewühlt war er durch Johns Aktion, die seinen letzten Versuch, den er doch so mutig hatte tätigen wollen, schon im Vorfeld abschmetterte, wahrscheinlich unabsichtlich, aber trotzdem. Der Angesprochene wollte ein weiteres Mal zu einer Erklärung ansetzten, doch auch dieses Mal sollte er dazu (noch) keine Gelegenheit bekommen, denn schon setzte der Detektiv, schärfer als eigentlich beabsichtigt, nach: „Das wir hier drin fest sitzen ist nicht deine Schuld. Das mit der Taschenlampe auch nicht und meine Verletzungen hast du auch nicht zu verantworten, also was soll dir bitte Leid tun? Du bist immer viel zu gutmütig, gibst dir ständig die Schuld an Sachen, die du überhaupt nicht verursacht, ja noch nicht mal beeinflusst hast! Das ist vollkommen unlogisch!“
 

Der Angesprochene schluckte trocken, räusperte sich und setzte dann ein drittes Mal zu einer Erklärung an, griff dabei mit seiner freien rechten Hand blind nach vorne, um Sherlock davon abzuhalten, ihn erneut nicht zu Wort kommen zu lassen, da er das harsche Luftholen des Detektivs als neuen Anlauf zur Unterbrechung interpretierte. Glücklicher oder unglücklicherweise erwischte er ihn am Handgelenk der ebenfalls Handschellen freien Hand, welches er kurz, zwar mit Nachdruck, aber nicht grob, drückte. Darauf hörte er, wie der Ergriffene mit einem genervten Ton die vorbereitete Luft wieder ausstieß. Ok, jetzt oder nie... „Sherlock, es geht nicht um heute... zumindest nicht nur... ich möchte mich bei dir entschuldigen, weil...“ Der Doktor hielt inne und wenn es an diesem Ort auch nur einen Hauch Helligkeit gegeben hätte, hätte der Größere nun mal wieder beobachten können, wie dieser sich nervös die trockenen Lippen mit der Zunge befeuchtete. Dieser war allerdings, sagen wir mal, abgelenkt. Das Geräusch, dass der Kleinere von beiden als Protest Ausruf gedeutet hatte, war eher der Tatsache geschuldet gewesen, dass Sherlock nicht mit einer Berührung Johns gerechnet hatte, nachdem er seinen Plan gedanklich in Scherben hatte vor sich liegen sehen. Ihm war bewusst wie emotional er gerade geklungen haben musste, aber Herr Gott nochmal, musste er wirklich immer den Unnahbaren markieren, der über allem und jedem stand und dem die Welt am sprichwörtlichen Arsch vorbei ging?
 

Nein, er hatte sich letzte Nacht einfach beschissen gefühlt und John stand nun hier vor ihm in diesem Loch und teilte ihm mit, dass es ihm Leid täte. Schon heute Mittag nach ihrer gemeinsamen Küchenputzaktion hatte der Doktor den Eindruck gemacht, belastet zu sein und sich ihm mitteilen zu wollen, aber zu diesem Zeitpunkt hatte Sherlock sich voll und ganz auf den Fall konzentrieren wollen und vielleicht, aber nur vielleicht, auch den Kleineren ein bisschen schmoren lassen wollen, so eingeschnapptes Kleinkind mäßig das auch gewesen sein konnte. Natürlich wusste der Detektiv, rein analytisch betrachtet, weder heute Mittag noch jetzt wirklich nicht, warum der Veteran das starke Bedürfnis zu haben schien, sich bei ihm zu entschuldigen, ihm, Sherlock gegenüber, offenbar tatsächlich Schuld empfand, hatte der Größere von beiden doch die ganze Nacht und auch den Morgen über, bis zur „heimlichen“ Rückkehr seines Mitbewohners, beinahe krampfhaft versucht, sich selbst und diesem dummen Gefühl, Eifersucht, klar zu machen, dass er keinerlei Anspruch auf John hatte, rein nüchtern betrachtet, weder auf seine Freundschaft, seine Loyalität noch auf...
 

Weiter wollte der Detektiv hier und jetzt gar nicht denken, das war hier vollkommen fehl am Platz. Er versuchte Geduld zu haben, bemühte sich wirklich, aber als, nach einer geschlagenen Minute, der Doktor immer noch keine Anstalten machte, seinen angefangenen Satz zu Ende zu bringen, sprach nun eben doch Sherlock wieder, dieses Mal allerdings weniger, um dem anderen erneut die Möglichkeit zur Rechtfertigung zu nehmen, sondern viel mehr um sich selbst abzulenken. Johns Hand lag nämlich immer noch locker auf seinem Handgelenk und war so unangenehm warm im Vergleich zu dem eiskalten Wasser in dem sie beide immer noch Hüft- bzw. Tailentief standen. „Also, ich bin ganz Ohr. Sprich dich endlich aus! Heute morgen bist du in die Wohnung geschlichen, als hättest du ein Verbrechen begangen und bevor ich nochmal los bin, den Butler zu evakuieren, hast du auch schon so schuldbewusst rumgedruckst. Also was ist verdammt nochmal los, was meinst du so Schlimmes verbrochen zu haben, dass es dir jetzt so schwer fällt, es einfach auszusprechen... Gott verdammt, du hattest gestern Nacht Sex, da müsste man doch eigentlich, schon alleine von der biologischen hormonellen Seite wegen, danach gute Laune haben. Also?!“
 

John hatte Sherlock schon öfter fluchen hören, was allerdings normalerweise nicht der Natur beziehungsweise wohl eher dem Intellekt seines Freundes entsprach, sprich eigentlich weit unter dessen Würde war und deshalb, wenn sich der Detektiv denn doch mal dazu herabließ, recht kreative verbale Formen annehmen konnte, sobald Sherlock sich dann erst einmal in Rage geredet hatte. Doch dieses Mal war es anders. Dieser deutlich hörbare Unterton war gefährlicher, wie bereits festgestellt, ungewöhnlich emotionsgeladen, was Johns schlechtem Gewissen nicht gerade zuträglich war. Konnte es tatsächlich sein, dass der Größere, da dieser, wie John peinlich berührt, aber nicht wirklich überrascht, gerade von diesem zu hören bekommen hatte, offenbar sehr genau wusste, wo der ehemalige Militär Arzt die letzte Nacht war und was er dort getan hatte, sich davon mehr betroffen fühlte, als es John zuvor vermutet oder auch nur geahnt hatte. Allerdings... wenn der Doktor es sich recht überlegte... schon seit John heute morgen wieder nach Hause gekommen, war, hatte sich der Andere so komisch, eher… untypisch verhalten, sogar für seine im Allgemeinen schon normabweichende Persönlichkeit und Verhaltensweisen. Sprach aus Sherlocks Taten und Worten des heutigen Tages etwa eben so ein emotionales Unwohlsein, vielleicht sogar gepaart mit Eifersu-…
 

Nein. Oder doch?
 

Konnte es tatsächlich sein, dass nicht nur er, John, eine Last auf seiner Seele/seinem Herzen herum trug? Und war die andere Gefühlsregung, die der Doktor aus den Worten des Detektivs erneut heraus zu hören meinte, wirklich Eifersucht? Oder noch schlimmer, die Tatsache, dass John bei jemand anderem gewesen war und mit dieser etwas getan hatte, was Sherlocks Meinung nach ihm vorbehalten sein sollte… als besitzergreifend hatte er seinen Mitbewohner schließlich schon des Öfteren erlebt, aber diese Ausmaße nahm die Situation heute das erste Mal an. Aber lag es wirklich daran, war tatsächlich genau das der Grund?… John musste es heraus finden, weshalb er nun all seinen Mut zusammen nahm und seine Entschuldigung endlich erläuterte “Sherlock, ich möchte mich für mein Verhalten dir gegenüber entschuldigen. Dafür, dass ich auf diese bescheuerten neuen Regeln bestanden habe und dafür, dass ich letzte Nacht nicht Zuhause war.” Sherlock horchte auf. “Wie darf ich das jetzt bitte verstehen, hast du etwa ein schlechtes Gewissen mir gegenüber, weil du...” Der Detektiv stoppte, als er Johns Beweggrund endlich erkannte, konnte nicht verhindern einmal fragend zu blinzeln, ehe er gereizter als gewollt antwortete. “John, du weist schon, dass das überhaupt keinen Sinn ergibt oder? Ich meine, ich freue mich tatsächlich darüber, dass auch du offenbar nun eingesehen zu haben scheinst, wie unsinnig diese Regeln waren und wie sehr sie unser Zusammenleben nachhaltig negativ beeinflusst hätten, wenn wir das jetzt nicht beide zugegeben hätten, aber nochmal, warum zum Teufel hast du mir gegenüber ein schlechtes Gewissen bezüglich letzter Nacht. Dazu gibt es wie gesagt keinen logische Erklärung, schließlich ist es ja nicht so, als...”
 

Die pure Unverständnis war aus diesen Worten, diesem unvollständigen Satz, herauszuhören, für dessen logische Ergänzung der Doktor kein deduktives Denken besitzen musste, doch ließ John sich davon nicht beirren. Nicht mehr. Die Zeit schien mit einem Mal still zu stehen. Ohne es zu wissen wurde den beiden Männern zur gleichen Zeit bewusst, dass sich hier unten eine eigene Welt abspielte, ohne Einfluss von Außen. Abgeschirmt und in Dunkelheit gehüllt. Faszinierender Weise konnte man, dafür, dass man rein gar nichts sehen konnte, sehr gut hören, alles besser spüren, intensiver wahrnehmen. Sich voll und ganz auf das was man tat konzentrieren und genau dieser Umstand, vor allem die, vollkommen irrational Sicherheit und Mut spendende, Schwärze um sie herum war es, die der Doktor nun für sich nutzen wollte, genauer den Umstand, dass er Sherlock bei seinen nächsten Worten nicht in die Augen schauen musste beziehungsweise konnte. “Ich habe letzte Nacht während... die ganze Zeit an dich denken müssen. Dabei kam ich mir vor als hätte ich dich... betrogen und Sarah... nur benutzt um... mir selbst etwas zu beweisen. Ich fühlte mich wie ein... mieser Verräter!”
 

Sherlock brauchte einen Augenblick das Gesagte erst richtig realisieren, während er mit weit geöffneten Augen geradeaus starrte. Ihm war voll und ganz bewusst, dass der Doktor nur deshalb jetzt so offen mit ihm sprach, weil er dabei seinen Blick, seine Reaktion, seinen Gesichtsausdruck nicht sehen musste, wären sie in der Baker Street würde dieses Gespräch mit Sicherheit nicht so ablaufen oder dieses Thema, so wie alle bisherigen, die mit dem was zwischen ihnen passiert war oder mit „Gefühlen“ zu tun hatte, zumindest schnell abgehandelt werden. Doch hier… in diesem verfluchten Brunnen, im Dunkeln…. Gewährte ihm John Einblicke in seine Gedankenwelt, die ihm ganz anderes zu Mute werden ließen. Es war so verdammt still hier, dass der Detektiv laut und deutlich den Atem seines Gegenübers und seinen eigenen im gleichen Takt hören konnte. Er war ihm jetzt schon viel zu nahe. Doch, vordergründig natürlich hauptsächlich angesichts der unerbittlichen Kälte, die sich durch ihre Körper zog, wäre es Recht angenehm gewesen, ein wenig weiter zusammen rutschen zu können. Nur ein bisschen wenigstens. Doch das würde Sherlock momentan nicht über die Lippen bringen. Viel zu sehr war er nun damit beschäftigt Johns Geständnis zu analysieren, zumindest ansatzweise zu versuchen, es zu verstehen, mit Logik, dass war ihm mittlerweile vollkommen klar, hatte dies rein gar nichts zu tun.
 

Um sich zu sammeln und weil er es auch wirklich richtig verstehen wollte, bevor er entscheiden konnte, wie er darauf reagieren sollte, setzte er zu einer Zusammenfassung an “Ok John, du willst mir also sagen, dass du letzte Nacht, während du mit dieser Frau intim warst, praktisch die ganze Zeit an mich denken musstest. Wie darf ich das verstehen? Und was soll das heißen „mich betrogen“ und Sarah Swayer „benutzt“ und letztendlich was soll das mit „Verräter“ bedeuten?“ „Sherlock ich... kannst du meine Entschuldigung nicht einfach...?“ John, plötzlich ganz und gar nicht mehr sicher und mutig, klang wenig hoffnungsvoll und bekam auch prompt die Antwort, die er befürchtet hatte. „Nein kann ich nicht!”, unterbrach Sherlock nun nämlich etwas lauter die Worte des Doktors. Dieser konnte sich in diesem Moment nicht mehr rühren. Als sich auch noch plötzlich eine warme Hand auf seine Wange legte, zuckte er erschrocken zusammen. Sherlock hatte sich weiter nach vorne gebeugt, ließ seine linke Hand, auf die zuvor noch von John ergriffen und nun los gelassen worden war, federleicht auf der kalten Wange des Kleineren ruhen und wiederholte seine Frage noch einmal direkt neben Johns Ohr. “Was meintest du mit alle dem?” Er wusste, dass er den Kleineren gerade quälte, aber er musste alle Informationen haben, um sicher zu gehen, dass er nicht wieder alles missverstand, weshalb er, wenn auch nun deutlich ruhiger und sanfte, nachhakten musste.
 

John erschauderte, kniff die Augen zusammen und musste zunächst tief einatmen, dabei ganz den brennenden Gestank in der Nase vergessend. Ohne es zu wollen… machte sich sein Mund selbstständig, öffnete sich langsam und begann mit einem so leisen Ton zu sprechen, dass sogar Sherlock, der ja immer noch direkt vor ihm stand, die Ohren spitzen musste, um seinen Gegenüber auch verstehen zu können. “Gestern Abend... ich weiß auch nicht... ich kam mir so blöd vor... die Situation in der Küche war so... seltsam.” ...kam nun wie von selbst, als hätten seine Gedanken für ihn aus dem Kopf heraus einfach selbst geantwortet. Der blonde Mann konnte fühlen wie sich die warme Hand von seiner Wange entfernte nur um sich anschließend auf seiner Brust zu platzieren, direkt auf seinem wild schlagenden Herzen. Von dort aus strich sie nun langsam einmal von oben nach unten und danach ebenso langsam wieder rauf. John konnte es nicht fassen. Es war wie gestern Nacht. Der Größere war so präsent, verursachte bei dem Kleineren eine Gänsehaut, die rein gar nichts mit der Kälte um sie beide herum zu tun hatte. Und genau so wie die letzten Male, in denen Sherlock in so berührt hatte, konnte John sich nicht rühren, nicht wehren, wollte es, wenn er ehrlich zu sich selbst war auch gar nicht. Der Detektiv konnte so sanft sein, wenn er es wollte und mit dem Doktor wollte er es offensichtlich sein. Bei Tageslicht hätte John sich sicherlich gewehrt, geglaubt Sherlock dürfe ihn doch nicht einfach wieder so anfassen.
 

Wieder befanden sie sich, wie schon mehr als einmal letzte Woche, in solch einer Lage, mit genau den selben Gedankengänge, den gleichen Bedenken. Und trotz all dem…. Heute war es schon wieder ganz anders. ‘Sherlock’ war anders. Natürlich immer noch genauso egozentrisch, eigensinnig und anmaßend wie immer... Und doch… gefühlstechnisch war es dieses Mal ganz anders, scheinbar nicht nur für den Doktor sondern auch für den Detektiv. Er konnte es nicht genau beschreiben. Aber Moment… Gefühle? Holmes und Gefühle?… Der Arzt wusste nicht, was er von dieser Behauptung, die in gewisser Sicht auf die Realität doch so ziemlich der Wahrheit entsprach, halten sollte… Heute war wirklich alles anders und John wusste nicht, ob das an seinem Vergehen letzte Nacht, ihrer gemeinsamen Putzaktion, dem Gespräch vor zwei Tagen oder an der jetzigen Situation hier in diesem Brunnen lag, vielleicht alles zusammen?!
 

Zur selben Zeit wiederholte Sherlock sein Spiel mit der Hand. Strich vorsichtig über den Oberkörper seines Gegenübers. Dieser zitterte unaufhörlich, spürbar mehr als Sherlock selbst. Vermutlich waren ihre beiden Unterkörper schon komplett unterkühlt, glaubten ihre Füße schon gar nicht mehr spüren zu können. Unbewusst und damit beschäftigt dem tadelnden Unterbewusstsein zu entkommen, hob der Arzt seine rechte Hand, führte sie zu Sherlocks Mantel und hielt sich dort am trockenen Teil des Stoffes fest, brauchte Halt... und Nähe. Wusste, dass der Wissensdurst des Größeren noch lange nicht gestillt war und glaubte auch nicht daran, dass ihn noch irgendein Wunder vor einem vollständigen Geständnis retten würde, war aber wahrscheinlich auch besser so. Sherlock ließ es geschehen, widmete sich lieber weiter dem frierenden Mann vor sich, wollte die ganze Wahrheit, vollständig Klarheit haben. “John, erzähl weiter.” Durch seinen ausgehauchten Namen gepaart mit der befürchteten Aufforderung wieder aus der Verwirrung gerissen, spürte er jene Hand nun auf seinem Brustkorb ruhen. Der Doktor hielt sich weiter am Mantel fest, horchte stillschweigend auf. “Beantworte meine Fragen!” Wieder nur ein Flüstern. „Ich, ich bin zu Sarah gefahren und wir haben... Ich wollte mir beweisen, dass es so richtig ist, aber...” John schluckte hart. “aber?”, wollte Sherlock mit ruhiger Stimme weiter wissen.
 

“...immer wenn ich meine Augen schloss fühlte es sich an, als wären es nicht ihre Hände auf meinem Körper sondern... deine!” Dem Doktor fiel es sichtlich und hörbar immer schwerer überhaupt noch ein Wort herauszubekommen. Es war ihm so unendlich peinlich und er war in diesem Moment unsagbar froh, dass es um sie herum stockfinster war, da er sein Gesicht vor Schamesröte förmlich glühen fühlte, weshalb er sein Geständnis auch nur stotternd hervor brachte, mehr oder weniger nur irgendetwas vor sich hin stammelte. Es ging nicht darum, was er letzte Nacht getan hatte, er war sich darüber bewusst, dass es natürlich war. Vielmehr ging es hier um die Tatsache, dass er dabei, zumindest hatte er das zu Anfang noch gedacht, das völlig Flasche gefühlt und gedacht hatte und das Schlimmste war, dass er seine Gedanken und Gefühle Sherlock offenbaren, erläutern musste. Hätte er nur, um Himmels Willen, die Klappe gehalten, wäre nicht dem Bedürfnis nachgekommen, sich zu entschuldigen. Nun saß er in der Patsche, hätte er sich doch einfach weg gedreht und in Schweigen gehüllt auf ihre Befreiung gewartet.
 

Nun war er beinahe überfordert mit dieser Situation, spürte sein eigenes Herz gegen seinen Brustkorb hämmern - war sich sogar sicher, dass sein Gegenüber das unregelmäßige, beschleunigte Pochen unter seiner Hand spüren konnte. Eben jene setzte gerade schon ihren Weg wieder nach oben fort, strich über das Schlüsselbein hinweg rauf zu Johns Hals, blieb letztendlich im Nacken des Arztes liegen. John bekam eine Gänsehaut, hatte mittlerweile seine Augen halbgeschlossen, blickte ratlos und unfähig sich zu rühren ins Nichts. Schon im nächsten Augenblick fühlte er Sherlocks lockigen Haaren an seiner Wange entlang streifen, wie sie dort sachte über die Haut kitzelten. Sofort zog er die Luft scharf ein. Sherlock war ihm so nahe, er konnte den Größeren spüren, riechen, dessen Atem auf seiner kalten Haut. Dieser nahm leise und tief seufzend Johns Geruch wahr, welchen er trotz dem Gestank in diesem Brunnen gut wahrnehmen konnte. Dem Detektiv war im Moment so ziemlich alles egal, was nicht mit seinem Doktor direkt vor ihm zu tun hatte. Er war so eifersüchtig gewesen, aber nun zu erfahren, dass Johns Gedanken praktisch die ganze Nacht ihm gegolten hatte, streichelte sein Ego und reichte ihm völlig um dem Kleineren zu vergeben.
 

Letztgenannter erzitterte, verstärkte den Griff an Sherlocks Mantel und biss sich leicht auf die Unterlippe. “Und weiter?” Dieses Frage wurde begleitet von heißem Atem an seiner Hals Beuge. Der Veteran kämpfte mit sich, keinen leidenden Laut von sich zu geben, versuchte gleichzeitig seine Stimme einigermaßen normal klingen zu lassen. “Ich... das gemeinsame Frühstück mit Sarah heute morgen war entsprechend... unangenehm. Ich habe mich gefühlt als ob... ich sie nur benutzt hätte... und ich... ich hatte... dein enttäuschtes Gesicht vor Augen... die ganze Zeit...” Nein, das hatte er gerade nicht wirklich laut gesagt, oder?! Er wusste, dass er Sherlock gerade praktisch seine blanke, ungeschützte Seele zum Fraß vorwarf. Aber... hatte der Größere im Laufe dieser Unterhaltung nicht schon längst bewiesen, dass er den Doktor sein Geständnis nicht büßen lassen würde, oder zumindest nicht in Form einer Standpauke, ihm nicht (mehr) böse war. Gott verdammt,… in was hatte er sich da nur mal wieder hinein manövriert? “Und das mit dem Verräter?”, hakte der Detektiv leise nach.
 

Er konnte es nicht sagen, es durfte einfach nicht, Sherlock würde-…. “Ich... Ich... Ich... nachdem wir... und du... deine Eifersucht... Ich wusste... dass ich dir... sehr weh getan habe... es tut mir Leid... ich habe mich gefühlt... als hätte ich dich... verraten... du... du hast... Sherlock... ich kann nicht... bitte...” Auch wenn er nun hier stoppte, den Detektiv darum bat, ihn nicht zum weiter sprechen zu zwingen, es war sowieso schon längst zu spät, er hatte zu viel offenbart, was er nicht mehr zurück nehmen konnte. Sein Gedankenchaos nicht mehr unter Kontrolle halten könnend, schloss Watson ergeben seine Augen, hielt es einfach nicht mehr aus, zitterte vor Kälte, hatte angestrengt die Augenbrauen tiefer ins Gesicht gezogen, den Mund etwas geöffnet. Er flehte geradezu um Nähe, um Wärme, um Berührungen. Sherlock wollte dem Kleineren nun tatsächlich gnädig sein, denn mehr Informationen brauchte er auch gar nicht mehr um sich seiner Sache sicherer denn je zu sein, endgültig seine Chance zu ergreifen. Die Hand im Nacken verschwand. John zuckte leicht zusammen. Sie fuhr geradewegs wieder nach vorne, über die kalte Brust des Doktors und weiter nach unten, direkt ins Wasser. Das Klappern der Handschellen war zu hören, als der Consulting Detective seine langen schlanken Finger über Johns Bauch gleiten ließ... jedoch kurz vor dessen Körpermitte stoppte.
 

Er näherte sich wieder dem Gesicht seines kleineren Kollegen, holte noch seine zweite Hand hinzu, die auch John seine, wegen der Handschellen, mit sich zog. Sofort griff der blonde Mann nach dem angeketteten Handgelenk seines Handschellen Partners. Brauchte inzwischen sehr viel mehr Halt. Ein dezentes Schmunzeln huschte über Sherlocks Mund, kam dabei den zitternden Lippen immer näher. Legte bedacht seine zweite Hand erneut auf die kalte Wange des Arztes und konnte deutlich spüren wie nah er dem Anderen schon war. Auch den Detektiv durchströmte ein elektrisierendes Kribbeln, ließ ihn die ganze Umgebung beinahe vergessen, blendete die Kälte, die Dunkelheit und überhaupt die ganze Atmosphäre in diesem Brunnen mit Erfolg komplett aus. “John…”, flüsterte er gegen die warmen bebenden Lippen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  White-Orchidee
2023-12-16T19:27:43+00:00 16.12.2023 20:27
Ich sterbe! So romantisch 😍 und ich wurde erwähnt! Vielen Dank 😭😭😭 das ist besser als beim Original. Ich bin eine Pfütze mit Augen *schnief*


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