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The Legend of Marodu

von

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Ein langer Weg

Als Jan erwachte, fand er sich auf dem Boden in einer für sich fremden Umgebung wieder. Er erinnerte sich an das Gespräch mit der Wächterin. Amina.

"Es ist so dunkel hier, ich dachte sie hätte gesagt, ihre Welt wäre die der Träume und der Magie.", Jan war vollkommen verwirrt, doch plötzlich kam ihm ein fürchterlicher Gedanke. "Aber ich weiß ja gar nicht, wie viel Zeit vergangen ist, seit dem sie ihre Welt verlassen hat. Was ist, wenn dieser, dieser Schattenmagier diese Welt schon vernichtet und eingenommen hat."

Vorsichtig richtete er sich auf und sah sich um. Er war in einem Wald, wenn man das Gebiet Wald nennen konnte, dachte sich Jan. Überall waren vertrocknete und abgestorbene Bäume. Jan stand auf und ging einfach los, in der Hoffnung irgendwo jemanden zu treffen, der ihm weiterhelfen und alles erklären konnte.

Nachdem er fast den ganzen Tag marschiert war und hier und da vor ein paar sehr verdächtigen Wesen, die manchmal lange Klauen an den Händen und Füßen hatten oder von oben bis unten mit kleinen giftig aussehenden Stacheln bedeckt waren, fliehen musste, war die Nacht schon hereingebrochen. Als auch seine Hoffnung auf Leben in irgendeiner menschlichen oder wenigstens freundlichen Art, allmählich immer mehr nachgelassen hatte, sah er in weiter Ferne auf einem Hügel ein großes Haus.

"Ich hoffe, da hinten leben Menschen, oder andere Lebewesen, die nett sind, sprechen und mir diese Situation erklären können.", voller Hoffnung ging er auf das Haus zu. Mit jedem Schritt, dem er sich dem Haus näherte sah er, wie verfallen es war. Doch seine Hoffnung blieb bestehen. Es dauerte noch einige Minuten, bis er das Haus erreicht hatte. Mit jedem seiner Schritte wurde es immer dunkler und kälter um ihn herum. Bald war es so dunkel, dass er nicht einmal die eigene Hand vor Augen gesehen hätte, geschweige denn ein Haus. Doch er hatte Glück, einer der hellen, silbernen Lichtstrahlen des Mondes viel auf das dunkle Haus auf der Lichtung. Jan bibberte vor Kälte, als er endlich die Tür des kleinen Hauses erreicht hatte. Er trug ja nur seine Jeans und ein T-Shirt. Es brannte kein Licht, doch Jan gab die Hoffnung nicht auf.

Er klopfte.

Nichts.

Er klopfte noch einmal.

Wieder nichts.

"Hallo!", Jan rief so laut er konnte, "Ist hier jemand? Wohnt hier irgendjemand?"

Nachdem Jan mehrmals versucht hatte jemanden, der geschlafen hätte zu wecken, verlor er langsam den Mut und die Hoffnung auf ein Lebenszeichen. "Bitte, lass hier jemanden wohnen.", flehte Jan zum Himmel. "Bitte." Er war der Verzweiflung nahe und schon heiser vom Schreien und rufen, konnte er nur noch leise rufen. Er hatte sich auf die Knie fallen lassen und saß auf der kalten Steintreppe, die hoch zur Tür des Hauses führte. "Es kann doch nicht sein, dass hier niemand in der Nähe wohnt."

Und dann geschah das, was Jan schon fast für unmöglich gehalten hatte. Knarrend öffnete sich die Tür hinter ihm und ein großer, dunkler Schatten in einer schwarzen, glänzenden Rüstung, die mit einem komischen Zeichen versehen war, stand im Türrahmen.

"Was machst du hier Junge? Diese Gegend ist viel zu gefährlich für dich. Aber tritt doch erst einmal herein.", die Stimme des Mannes klang tief und böse.

Jan konnte seine Augen nicht erkennen, da diese hinter dem Visier des Helms waren und es auch viel zu dunkel war, um irgend etwas als umrisse zu sehen.

Als sich die Tür geöffnet hatte, fühlte sich Jan gerettet, doch jetzt als er diesen Riesen von einem Mann gesehen hatte, hatte er Angst. Vielleicht hat er diese Rüstung ja nur zur Verteidigung gegen die Bösen und war in Wirklichkeit ganz nett, ich weiß ja nicht, was hier passiert ist, als Amina in unserer Welt war, dachte Jan mehr um sich zu beruhigen, als daran zu glauben, denn als er an die Stimme des Mannes dachte lief ihm ein eisiger Schauer über den Rücken. Er hoffte nicht allzu lange bei ihm bleiben zu müssen. Der Krieger war nicht besonders gesprächig, wie Jan sehr schnell feststellte. Denn immer, wenn Jan mit einem Gespräch anfangen wollte, hatte er ihm gesagt er solle still sein.

"Du sprichst zu viel, Junge. Unsere Zeit erlaubt es nicht, sie mit vielem Reden zu vergeuden. Sie ist zu kostbar.", der Mann hatte sich in einen Sessel gesetzt und sprach seit zwei Stunden das erste Mal mit Jan. "Du musst jetzt schlafen. Wir haben Morgen einen langen Weg vor uns."

"Ja, klar, aber - Was? Wo gehen wir denn hin?"

"Nun du willst doch unserem Herren helfen, unsere Welt zu retten.", entgegnete der Alte.

"J - Ja, aber ... woher?", Jan war vollkommen von der Rolle. Er verstand nun überhaupt nichts mehr. Aber da sprach der Mann schon weiter.

"Unser Volk wartet schon lange auf dich, seit dem jemand gesandt worden ist, um dich zu holen. Aber nun musst du ruhen, damit ich dich Morgen zu unserem Herren bringen kann."

"Ja, ist gut." Jan drehte sich herum. Als ihm mit einem Schlag etwas klar wurde, blieb er ruckartig stehen. "Wo soll ich denn schlafen?"

Er stieg aus seinem Sessel, ging mit Jan eine Treppe hinauf und öffnete die erste Tür auf der linken Seite. "Hier ist dein Zimmer. Ach übrigens, mein Name ist Zasch.", stellte er sich nebenbei vor.

Jan ging hinein und hinter ihm schloss sich die Tür. Ihm gefiel sein neues Zimmer. Denn es wurde von der Flamme einer kleinen Kerze erleuchtet, die eine müde und ruhige Atmosphäre verbreitete. Ein großes, einladendes Bett, neben dem ein kleiner Nachttisch aufgestellt war, stand an der rechten Wand. An der Wand gegenüber war ein kleines Fenster, in das die kalte Schwärze der Nacht herein schwebte. Sogar ein kleines Waschbecken mit einem Spiegel war an der linken Wand und direkt daneben stand ein Schrank in dem großen Zimmer. Jan war schon immer sehr neugierig gewesen und heute kam seine Neugier seit langem mal wieder zum Vorschein. Er konnte nicht anders, er musste in den Schrank sehen. Auch wenn er wusste, dass es sich nicht gehörte, in Schränke oder Zimmer von anderen Leuten zu sehen, ohne, dass es erlaubt war. Er bekam ein schlechtes Gewissen und redete sich ein, Zasch hatte ihm dieses Zimmer gegeben und gewusst, er würde neugierig sein und sich alles ansehen wollen. Also ging auf den Schrank zu. Als er vor ihm stand, musterte er den Schrank zuerst ganz genau. Der Schrank war so hoch, dass er die Decke des Zimmers berührte. Er war aus dunkelbraunem Holz geschnitzt und seine Griffe waren Rund und waren aus Gold. Eine Schranktür war zweimal so breit wie er selbst und es war etwas seltsames eingeschnitzt. Ein Zeichen oder Symbol, dachte Jan. Es war ein Schlangenkopf, einer Kobra und im Hintergrund ein Stab, mit einem großen Stein am oberen Ende, irgendwo hatte er den schon mal gesehen. Der bloße Anblick des Symbols lies Jan schaudern und er konnte den Schrank nicht mehr öffnen. Aber nachdem er sich seinen Spruch wieder eingeredet hatte, hob er die Hände, griff nach den runden Knöpfen an den Schranktüren und atmete einmal tief ein. Dann riss er mit einem Ruck die Türen auf.

"Was zum -", er bekam einen solchen Schreck, dass er einen Schritt nach hinten stolperte. Er prallte so hart auf dem Boden auf, dass sogar sein Kopf mit aufprallte.

"Au!", sagte er, während er sich mit einem Schmerz verzerrtem Gesicht an seinen Hinterkopf fasste und versuchte sich wieder aufzurichten. Vor ihm war eine große Wendeltreppe, in dem Schrank. Jan konnte sich so etwas nicht einmal vorstellen und jetzt war es da, genau vor seinen Augen und in Wirklichkeit. Er konnte sich nicht erklären, was das für eine Treppe sein könnte und wo sie hinführte. Von außen war das Haus nicht so groß gewesen, dass eine Treppe von solcher Größe da hinein gepasst hätte und nun hat er eine solche Treppe in einem Schrank gefunden.

"Na toll.", sagte Jan genervt, als das laute Klingeln und Piepen in seinem Kopf verschwand und sein Herz nicht mehr wie wild pochte. "Wo bin ich hier nur gelandet?"

Jan stand auf und rieb sich noch immer den Kopf an der Stelle, mit der er aufgekommen war. Dann ging er langsam auf den Schrank zu und schloss die Schranktüren wieder. Mit noch immer schmerzendem Kopf sah er in den Spiegel um zu sehen, ob mit seinem Kopf alles in Ordnung sei, doch er sah bloß in ein sehr verzerrtes und undeutliches Spiegelbild. Müde und erschöpft legte er sich auf das Bett. Als er den Kopf drehte, um aus dem Fenster sehen zu können, sah er seinen eigenen riesigen Schatten an der Wand, sofort drehte er den Kopf in Richtung Decke. Wie geht es den anderen bloß und was ist mit Amina? Wir wollten uns doch in dieser Welt treffen, dachte Jan besorgt, vielleicht ist ihr etwas passiert. Durch das Fenster hörte er ein leises pfeifen, der Wind wehte sehr stark in dieser Nacht. Jan stand auf und sah noch einmal aus dem Fenster.

"So stark hat der Wind bei uns noch nie geweht.", sagte Jan, er dachte wiederum an seine Familie und sah hinaus. Dort war nichts außer den Bäumen, die im Wind schaukelten. Schwarze Äste ohne ein einziges Blatt, viel von den kleineren waren schon abgebrochen. Dann entdeckte er ein kleines Licht. Es musste eine Laterne oder etwas Ähnliches sein. Daran hing ein winzig kleiner Schatten, der hatte schwer mit dem Sturm zu tun. Zögernd öffnete Jan das Fenster. Eine kleine, aber sehr starke, Böe wirbelte in seinem Zimmer und Jan musste einen großen Sprung machen, damit der Wind seine Decke nicht nach draußen wehte. Jan hatte kein leichtes Spiel, vor allem da es jetzt plötzlich dunkel war. Die Böe hatte die kleine Kerze ausgeblasen.

"Man, was für ein Sturm, so was hab ich ja noch nie gesehen.", ächzte er, nach Luft ringend, da die Decke ihn eingewickelt hatte, musste er nun auch sehr gut aufpassen, dass er nicht selbst mit ihr wegflog. Einmal hatte er sich gefährlich weit über den Fensterrahmen gebeugt, aber er konnte sich noch im allerletzten Moment hochziehen. Nach einer Ewigkeit, so kam es ihm vor, hatte er sich endlich von der Umklammerung seiner Decke befreien können und das Fenster geschlossen. Nun musste er sich schlafen legen, denn die Kerze war aus und er konnte sie nicht wieder anzünden. Jan hatte zwar auch die Treppe im Schrank untersuchen wollen, ehe er am nächsten Morgen mit Zasch zu seinem Herren geht, aber im Dunkeln etwas zu untersuchen, das er nicht kannte, wollte er auch nicht. Was wäre, wenn ein paar Stufen fehlten und er einfach läuft, ohne das Geringste zu sehen. Er könnte auch über etwas stolpern oder mit dem Kopf gegen einen Stein, der von der Decke herab hängt laufen.

"Ich könnte mich in einem Irrgarten aus Treppen verirren und dann wäre alles für die Menschen, die hier leben einfach ...", flüsterte Jan und machte eine kleine Pause. "Aus. Sie glauben schließlich, dass nur ich ihnen helfen kann und das werde ich auch tun."

Es wurde immer später und Jan begann zu dösen, als er plötzlich eine Stimme hörte.

" ... natürlich werde ich ihn morgen zum Meister bringen.", erschrocken fuhr Jan aus dem Bett und sah sich um, als er Zaschs Stimme hörte. Vom Türspalt her floss etwas Licht in sein Zimmer. Sein Bett quietschte, als Jan sich bemühte ganz leise aufzustehen.

"Du bist dir sicher, dass er nichts gemerkt hat?", begann eine andere Stimme, die ihm seltsam bekannt vorkam. Es war die Stimme eines Mädchens, aber er konnte in diesem Augenblick nicht genau sagen woher er sie kannte. "Er ist sicher nicht misstrauisch? Und schläft er denn auch ganz bestimmt?"

"Nein, nein. Es ist alles in Ordnung, keine Gefahr für uns.", entgegnete Zasch.

"Das hoffe ich für dich, du weist was dir blüht, wenn du morgen nicht mit ihm in der Festung aufkreuzt.", entgegnete das Mädchen drohend und ernst.

"J - Ja natürlich, Ihr könnt Euch auf mich verlassen.", Jan hörte deutlich Furcht aus Zaschs Antwort. Dann hörte er die Schritte zweier Fußpaare, sie gingen die Treppe hinunter. Die Haustür öffnete und schloss sich gleich wieder. Jemand kam zurück, den schweren Schritten nach zu urteilen, muss es wohl Zasch gewesen sein. Er ging an Jans Zimmer vorbei und etwas weiter schloss sich leise eine Tür. Jan setzte sich an die Kante seines Bettes. Worüber hatten die beiden geredet? Über ihn selbst? Und was hat das Mädchen mit misstrauisch gemeint? Jan hatte viele Fragen, aber noch konnte er sich nicht Eine beantworten. Ohne ein Geräusch von sich zu geben schlich sich Jan zu Tür, öffnete sie einen Spalt breit und lugte hinaus. Niemand, er hatte richtig gehört. Doch Jan schloss die Tür nicht. Von irgendwo her kam Licht, also spähte er umher. Als er auf die Treppe blickte, sah er eine große brennende Kerze. Einen Augenblick lang zögerte Jan und lauschte angespannt in die Stille, die das Haus umgab. Er hörte nicht das Geringste, bis auf das heulen des Windes, der mit den Ästen der Bäume spielte. Jan ging zurück zu seinem Bett und nahm die kleine Kerze vom kleinen Nachttisch. Dann schlich er sich wieder zur Tür und ging so leise er konnte zu Treppe, um seine Kerze anzuzünden. Dann ging er wieder in sein Zimmer und schloss vorsichtig die Tür. Behutsam stellte Jan die Kerze auf den kleinen Tisch, ging zum Schrank und öffnete ihn. Die Kerze war noch nicht weit heruntergebrannt, wahrscheinlich heute zum ersten Mal angezündet. Also konnte er noch mindestens drei bis vier Stunden damit leuchten, so entschied sich Jan es zu wagen und die Treppe zu erforschen. Jan stellte sich vor den Schrank und sah einmal Treppauf und einmal Treppab. Da beide Wege gleich aussahen, entschied sich Jan nach oben zu gehen.

Es war ein sehr kalter Weg. Die Treppe hatte kein Geländer und nirgends waren Kerzen zum anzünden. Als Jan die Wand berührte, durchfloss ihn ein eisiges Gefühl, sofort zog er seine Hand zurück. Auch von den Steinstufen kroch die Kälte langsam seine Beine hoch und breitete sich in seinem Körper ganz langsam aus. Er hatte das Gefühl, je weiter er lief, desto kälter wurde es. Er wusste nicht, wie lange er schon gelaufen war, und er noch laufen musste, bis die Stufen aufhörten. Aber das alles hält einen Jan nicht auf! Dachte er zumindest.

"Das wär doch gelacht, wenn ich diesen Weg nicht bis ans Ende gehen würde.", während Jan sprach, fror sein Atem und hing als weißer Nebel vor ihm in der Luft. "Ich hab noch nie aufgegeben, und ich werde g - ganz bestimmt nicht jetzt damit anfangen!"

Zitternd und mit abgefrorenen Händen und Füssen stieg er noch weitere Stufen hinauf und wunderte sich, dass ein Haus von der Größe eine solche Treppe im Schrank haben kann. Seit über einer Stunde, so kam es ihm vor, lief er jetzt schon die Treppen hinauf, sie schienen unendlich.

"A - also, langsam ha - hab ich keine Lust mehr. Hört das h - hier denn nie auf?", Jan zitterte und ihm war kalt. "Ich g - geh jetzt w - wieder."

Kaum hatte er den Satz beendet und sich umgedreht, hörte er einen lauten Knall. Erschrocken wandte er sich noch einmal herum, diesmal zitterte er nicht, weil ihm kalt war, sondern, weil sein Herz so schnell und schmerzhaft pochte, dass er dachte, es würde jeden Moment zerspringen. Vor ihm stand plötzlich eine große schwarze Tür. Jan streckte seine Hand nach dem Türgriff aus und öffnete die Tür.
 

Jan schlug die Augen auf, setzte sich aufrecht hin und sah sich hastig um. Er war in dem Zimmer, das ihm Zasch gegeben hatte. Er sah aus dem Fenster, Jan hatte fast gedacht, dass es noch tiefste Nacht war, hätten sich nicht ein Paar Sonnenstrahlen in sein Zimmer verirrt. Er fragte sich, wie er gestern Nacht aus dem Turm kam, doch nicht sehr lange, denn schon öffnete sich die Zimmertür und Zaschs großes, markantes Gesicht erschien im Türrahmen.

"Steh endlich auf, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!", befahl Zasch mit grausamer Stimme. "Du wolltest doch zu unserem Herren, oder? Dann beeil dich gefälligst."

Mit diesen Worten ließ er die Tür hinter sich wieder ins Schloss fallen. In wenigen Minuten war Jan bereit um aufzubrechen, als wiederum die Tür geöffnet wurde. Zasch kam herein und gab ihm ein wenig zu essen, von dem Jan gerade so satt wurde. Es schmeckte nicht besonders, doch Jan aß, als ob er seit Tagen nichts gegessen hätte, den ganzen Teller leer. Schließlich wusste er ja nicht, wann er wieder etwas bekommen würde. Als er fertig war, nahm ihm Zasch den Teller aus den Händen und brachte ihn nach unten in die Küche. Als er wieder kam, hatte Zasch einen dicken Umhang um und ein kleines Bündel trug er unter dem Arm. Er warf Jan das Bündel zu und Jan öffnete es. Eine alte kleine Rüstung - die etwas zu groß für ihn war - und ein kleines Schwert, das ihn eher an ein Messer erinnerte, waren in dem Bündel. Als Jan die Rüstung angelegt und sich den Gurt mit dem Messer daran umgeschnallt hatte ging Zasch zum Schrank und öffnete die Türen.

"Ich schätze, du kennst diesen Geheimweg bereits? Folge mir.", er forderte Jan mit einer Handbewegung auf ihm zu folgen. Jan folgte ihm gehorsam und stieg, wie am vorigen Abend, die Treppen hinauf. Nach einem weiteren endlosen Marsch tauchte die Tür ganz plötzlich vor ihnen auf, doch Jan hatte das Gefühl, dass sie nicht so lange gelaufen waren, wie er in der letzten Nacht. Sie hatten den ganzen Weg bis hierher nicht ein Wort miteinander gesprochen. Jan hatte Zasch auf das Gespräch von gestern Abend ansprechen wollen, doch traute er sich nicht. Ab und zu drehte sich Zasch mit einem seltsamen Gesichtsausdruck zu Jan um, als hätte er Angst vor ihm.

"Komm schon", sagte Zasch gerade aus, ohne sich umzudrehen, "Es ist sehr weit, in die Festung des Herrschers zu gelangen. Es ist eine schwerer und vor allem anstrengender Weg."

"Was? Wo ist denn diese Festung? Haben wir denn Essen für eine so lange Reise dabei? Und wann machen wir mal eine Pause?", entgegnete Jan atemlos. "Wie lange laufen wir denn schon? Ich hab das Gefühl, dass wir schon eine Ewigkeit laufen. Immer nur den gleichen Weg."

"Draußen werden allerhöchstens wenige Minuten - nach der Zeitrechnung der freien Völker von Guildor - vergangen sein.", er lief weiter ohne sich umzudrehen. "Hier allerdings mindestens schon mehrere Stunden."

"Ein, ein Tag? Und was soll das heißen, draußen werden allerhöchstens vier Minuten vergangen sein'?", Jan war vollkommen aus der Fassung. "Das kann doch gar nicht sein! Ich will nicht so lange hier herum laufen, es ist viel zu dunkel, davon könnten meine Augen schaden nehmen und stickig und feucht ist die Luft hier, ich kann kaum mehr atmen in diesem Gang."

"Doch kann es, denn wir sind in einer anderen Zeitdimension. Davon gibt es einige in dieser Welt. Du solltest dich also daran gewöhnen. Und auch an diese Umgebung solltest du langsam deine Sinne einstellen. Es kann gefährlich werden hier in diesem Dunkel. Denn es lebt vieles übel, seit der dunkle Herrscher seinen Thron eingenommen hat. Also nimm dich in acht, denn du willst doch nicht als Fressen irgendeines Wesens werden, nur weil deine Sinne zu leicht zu beeinflussen sind oder?"

Jan nickte, doch wohl war ihm bei dieser Sache nicht ganz. Sie stiegen treppauf und mussten treppab. Manch mal war der Weg so eng, dass Jan noch gemütlich durchlaufen konnte. Zasch dagegen musste sich bücken und ganz klein machen. Einmal war die Treppe sogar so breit, dass Jan dachte hier mussten locker zehn bis fünfzehn Mann von Zasch in einer Reihe durch passen. Wieder schwiegen sie Stunden lang. Manchmal, wenn seltsame Statuen auftauchten oder seltsame Zeichen an den Wänden geschrieben standen, wollte Jan die gedrückte Stimmung auflockern indem er Fragen stellte. Doch er musste immer wieder an das seltsame Gespräch zwischen Zasch und dem Mädchen von gestern Abend denken und dass sie über ihn gesprochen hatten. Irgendwas an dieser Sache war faul, er wusste zwar noch nicht was, aber er wusste, dass es da war.

Diese Sache beschäftigte Jan über mehrere Tage, wenn sie nicht sogar schon mehrere Wochen gelaufen waren, denn seit wie vielen Tagen sie unterwegs waren, hatte er seit dem zehnten nicht mehr gezählt. Und seit dem sind schon viele Tage vergangen.

"Es würde bestimmt Verdacht erwecken, wenn ich ihm zu viele Fragen stelle.", flüsterte er jede Nacht zu sich selbst so leise, dass er seine eigene Stimme fast nicht hörte. "Also frage ich lieber gar nichts."

Jan war so in seine Gedanken vertieft, dass er nicht mitbekam, dass Zasch abrupt stehen blieb. So lief er geradewegs gegen Zasch, der wütend herumfuhr, und ihn anschrie und aus allen Wolken fallen lies: "Kannst du nicht aufpassen? Ich hab dir doch gerade gesagt, dass du deine Sinne schärfen musst! Hörst du denn nie zu, wenn man dir etwas erklärt?"

Bei dem Aufprall warf es Jan so kräftig zurück, dass er nach hinten fiel, über einen Stein stolperte und zu Boden plumpste. Er zuckte vor Schreck zusammen, doch sah er erstaunt auf.

Sie standen in einer riesigen Halle aus Stein. Von der Decke hingen riesige Felsen herunter, wie in einer Tropfsteinhöhle. Die Wände glänzten von dem Schein eines gewaltigen Sees, der sich vor ihnen erstreckte, dessen Ende Jan nicht zu sehen vermochte, doch er war wunderschön. Es war sehr hell, denn das Licht, das von den Fackeln kam, spiegelte sich in dem Wasser wieder und die Steinwände schienen geschliffen zu sein wie Edelsteine, denn auch von dort schien es sich zu spiegeln. Hätte er nicht gewusst, wie ernst die Lage war, hätte er sich wahrscheinlich gefreut, wie ein kleines Kind. Denn er hatte in der Freien Natur nie etwas Größeres gesehen, als den Teich, den sie zu Hause im Garten hatten. Schon immer sehnte er sich nach dem Meer, mit seinem schönen Strand und den großen Wellen. Die Klippen, von denen er schon immer einmal springen wollte, das klare türkiesblaue Wasser und am Abend einen Sonnenuntergang zu sehen, wie die Sonne hinter einem orangeroten Himmel im Meer versinkt.

Doch schnell verdrängte er diese Gedanken, sie erinnerten ihn an seine Familie und an die Gedanken, und dachte an den schrecklichen Geruch der Höhlen, das blasse leuchten der Fackeln und die engen Gänge.

"Wir müssen über den See.", sagte Zasch. Dann zeigte er mit der rechten Hand in Richtung Osten. "Dort hinten sind Boote. Kannst du ein Ruderboot bedienen?"



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2005-02-19T12:34:39+00:00 19.02.2005 13:34
Uaaaaah!!!
Warum lädst du immer so wenig? Das war wieder total gut! Schreib schnell weiter ja? Ich freu mich schon auf die Fortsetzung^^.
Ciaoi Ciaoi Shihna
Von: abgemeldet
2005-02-07T12:40:57+00:00 07.02.2005 13:40
Juhu ich bins wieder. Hab mal weitergelesen. Super! Du hast echt gute Ideen. Schreib bitte schnell weiter ja?
Von: abgemeldet
2005-01-31T14:58:34+00:00 31.01.2005 15:58
Hey gut!
N bisschen kurz zwar aber gut. Schreib weiter ich warte gespannt auf die Fortsetzung^^
Von: abgemeldet
2005-01-27T18:43:49+00:00 27.01.2005 19:43
so ich bins wieder^^
ist echt cool wie das weiter geht und der erzählstil ist echt super
aber eine kleine ungereimtheit ist mir aufgefallen..
die stürzen da einen 1000 meter hohen(!!) wasserfall herunter und dann geht der fluss in eine andere richtung weil zash gegen die strömung ankämpfen muss?? und dann auf den gleichen fluss wieder einen wasserfall rauf?
schon etwas merkwürdig aber ansonsten klasse^^
mach weiter so


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