Titel: "Unausgesprochen: Frodo"
Titel des Englischen Originals: "Frodo Unspoken"
Autorin: Amanda
E-mail: amandas@ukonline.co.uk
Website: http://members.aol.com/AmandaLouise1605/
Übersetzerin: Sailor Sirius
E-Mail: seirios@web.de
Website: http://www.sirius-system.de
Charaktere oder Pairing: Frodo Sam
Rating: R
Slash: ja
Zusammenfassung: Dies *könnten* Frodos Gedanken gewesen sein, nachdem er Sam
gesagt hat, dass er und Rose nach ihrer Hochzeit mit ihm in Beutelsend leben
könnten.
Disclaimer: Die Charakter und Orte, die in dieser Fiktion vorkommen, sind
Schöpfungen von J.R.R. Tolkien und gehören zu seinem Vermächtnis. Ich mache kein
Geld hier mit.
Story Anmerkung: Zusammen mit "Unausgesprochen: Sam" zu lesen
Übersetzerin Anmerkungen: Habe die deutschen Begriffe benutzt, also Bag End =
Beutelsend etc. Allerdings hab ich die deutsche Version das letzte Mal vor 10
Jahren oder so gelesen... um Himmels Willen, wie heißt Brandy Hall auf Deutsch??
Brandyschloss? Hab gegoogelt, aber keine eindeutige Antwort gefunden...
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Es ist später Nachmittag in Beutelsend und ich sitze an meinem Schreibtisch im
Arbeitszimmer. Meine Augen sind auf ein unidentifizierbares Objekt in einiger
Entfernung gerichtet, sehen aber nichts. Das Rote Buch liegt vor mir, aber ich
bin zu erschöpft, um meine Aufgabe fortzuführen. Meine Hand schmerzt vor
Anstrengung beim Versuch meinen Stift zu halten. Der Verlust meines Fingers ist
nie größer, als wenn ich schreibe.
Ich versuche mich zu beruhigen und die kranken, verworrenen Gedanken und Gefühle
los zu werden, die schwindelerregend schnell durch meinen Kopf rasen.
Gestern.
Es passierte gestern. Ein Tag, an dem das bisschen Leben, das ich noch in mir
hatte, für immer zerbrach.
Sam wird heiraten. Sam. Mein Sam. Mein Sam wird heiraten.
_Mein_ Sam. Welches Recht habe ich, ihn so zu nennen? Er war niemals _mein_ Sam;
ich hab nur gerne so von ihm gedacht. Bald ist er jemand anderes' Sam. Er wird
Roses Sam sein. Roses Ehemann.
Schmerz.
Ich habe noch nie solchen Schmerz gefühlt. Ich würde lieber all den Schmerz
ertragen, den ich auf meiner Reise erlitten habe, als wieder den Schmerz zu
erleiden, der in meinem Herz wächst. Dies ist die Art von Schmerz, die nicht von
Kräutern oder Pflanzen oder den Händen eines Heilers geheilt werden kann. Selbst
die geschickten Hände König Elessars wären mir jetzt nicht von Nutzen. Es tut
weh. Jede Faser meines Seins pocht mit dem Wissen, dass die einzige Person, die
ich je geliebt habe, bald für immer von mir weg gerissen sein wird.
Liebe.
Was weiß ich von Liebe? Wer hat mich je wirklich geliebt? Bilbo hatte mich sehr
gern, ja, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er mich jemals wirklich
geliebt hat. Er ist weggegangen und hat mich zurückgelassen, ohne sich auch nur
zu verabschieden. Wie lange das schon her scheint. Wie wäre mein Leben gewesen,
wenn meine Eltern weiter gelebt hätten? Hätte ich weiter in Brandyschloss gelebt
und Sam niemals getroffen? Ich wäre nicht von Bilbo adoptiert worden und wäre
niemals der Ringträger geworden.
Ich hab es längst aufgegeben, zu fragen "Warum ich?" Ich hinterfrage die Rolle
nicht mehr, die mir für mein Leben gegeben wurde. Es ist passiert, also
akzeptiere ich es. Der Ring ist zerstört. Unser Land wurde gerettet. Freude
überall für jeden außer mir. Niemand, zu dem ich heimkommen kann, niemand, der
mich willkommen heißt, niemand, der mich in die Arme nimmt und mir sagt, es sei
schön, mich wieder zu sehen.
Sam.
Ich hab ihn heute Morgen wieder gesehen. Ganz kurz. Er ist jetzt beschäftigt,
natürlich, hat eine ganze Menge Arbeit zu tun. Ich sitze herum und starre in die
Gegend, wenn ich nicht schreibe, aber meine Gedanken driften immer wieder zu
derselben Sache. Sam. Immer wieder Sam.
Ich liebe ihn. Ich gebe offen zu, dass ich ihn liebe. Ich weiß nicht, wann ich
anfing ihn zu lieben, aber ich weiß, dass es keinen Sinn macht, meine Gefühle
weiter zu verleugnen. Gegenüber wem verleugnen? Wen interessiert es denn? Außer
Sam selbst, aber er ist beschäftigt. Er hat Dinge zu erledigen. Ich kann mich da
nicht einmischen.
Ich will nicht mit ihm und seiner Frau hier leben. Ich fürchte mich vor dem Tag,
an dem er sie hierher nach Hause bringt. Sie wird glücklich sein, lächeln,
erröten, sicher in Sams Armen. Mein Sam. Mein Sam. Ja, er wird immer noch mein
Sam sein, bis er heiratet. Aber dann? Ich schaudere. Ich kann das nicht ertragen,
es wird mich zerreißen.
Aber ich muss tapfer sein, ich muss stark sein. Stark wie ich gestern war, als
Sam mir sagte, dass Rose erwartet, dass er sie heiratet. Stark wie ich war, als
ich sagte, er könne sie mit sich hierher bringen, um hier zu leben. Irgendwie
muss ich weiter tapfer sein, obwohl es jedes Bisschen meiner Kraft brauchen wird,
so wenig Kraft ich auch übrig habe.
Meine Gesundheit lässt rapide nach. In gewisser Weise ist das ein Trost, es
lässt mich Sams Heirat leichter ertragen. Wie könnte ich zulassen, dass er sein
Leben einem alternden Krüppel wie mir widmet? Krüppel, ja, das bin ich, das bin
ich geworden, denn ich fühle mich nicht mehr wie eine vollständige Person.
Soviel ist mir genommen worden.
Und jetzt geht Sam weg.
Ich muss einen Weg finden, es ihm leicht zu machen. Ich will, dass er ein
Zuhause hat und wenn ich weg bin wird es ihm leichter fallen, wenn er schon hier
lebt. Das ist das Mindeste, was er verdient, er hat mir so viel gegeben. Ich
kann ohne ihn nicht leben, weiß aber, dass ich muss. So nah und doch so fern.
Er hat die Träne in meinem Auge nicht gesehen, als ich mich gestern von ihm
weggedreht habe. Sam, lieber Sam, wie es mein Herz zerrissen hat, ihn da stehen
zu sehen, so viel Sorge in seinen Augen, Sorge um mich. Liebe. Ja, ich habe sie
dort gesehen, ich habe sie in seinen Augen gesehen. Es ist nicht das erste Mal,
dass ich Liebe in seinen Augen gesehen habe. Er sorgt sich um mich, sorgt sich
um mich wie niemand sonst. Er gibt mir Stärke, aber diesmal lässt meine Stärke
nach.
Ich hätte meinen Gefühlen so einfach nachgeben können. Wie leicht es gewesen
wäre, zusammen zu brechen, ihn seine Arme um mich legen zu lassen, um mich zu
halten, wie ich noch nie gehalten worden bin. Wie schön das gewesen wäre. Zu
fühlen, wie Sam mich in die Arme nimmt und sie um mich legt, zu hören, wie er
süße Worte in mein Ohr flüstert und meine Haare streichelt. So viel Schmerz, so
viel Sehnsucht nach etwas, dass ich niemals haben kann. Böse, böser Schmerz, oh
wie ich mir wünsche, ich könnte mein Herz herausschneiden und diesen Schmerz
weit, weit weg von mir zurücklassen.
Es tut mehr weh, als ich für möglich gehalten hätte. Der Schmerz ist immer da,
er geht niemals wirklich weg. Und er wird schlimmer, während die Zeit vergeht.
Sam ist überall, er ist um mich herum, er ist in mir, er lebt in meinem Herz.
Ich liebe ihn mehr, als alle je erschaffenen Worte sagen können. Er ist Leben,
er ist Liebe, er ist mein Überlebenswille.
Und überleben muss ich noch eine Weile. Ich muss meine Angelegenheiten ordnen.
Ich muss zu Ende schreiben. Und ich muss sicherstellen, dass Sam alles hat, weil
ich will, dass er glücklich ist. Er hat mir das Geschenk gemacht, zu erkennen,
dass ich fähig bin zu lieben, denn ohne ihn hätte ich das nie erkannt. Ich habe
niemals jemand anderes geliebt, denn das konnte ich nicht. Ich konnte mit
niemand anderes die Dinge tun, von denen ich träume, sie mit Sam zu tun, das
wäre schrecklich. Niemand darf mich berühren außer Sam und Sam ist jemand
anderem versprochen.
Er wird zu seinem Hochzeitsbett gehen und Rose wird in seinen Armen liegen. Wie
es wohl ist, in seinen Armen zu liegen. Aber natürlich habe ich eine Ahnung. Wir
haben auf unserer Reise immer beieinander geschlafen. Nicht so wie ich es gern
hätte, natürlich, aber wenigstens waren wir einander nah. Nah und fern zugleich.
Er war immer um mich besorgt, liebster Sam, wie hätte ich das ohne ihn
durchstehen können?
Selbst in dem Schmutz und Gestank dieses schrecklichen schwarzen Turmes gab es
einen Moment der Schönheit für mich wegen Sam. An diesem Morgen, als ich mit
meinem Kopf in seinem Schoß aufwachte, war der schönste Moment meines Lebens.
Nur diesen kurzen Moment lang vergaß ich, wo ich war, vergaß, dass ich im land
der Schatten war, und vergaß, dass ich eine Aufgabe zu erfüllen hatte. Oh Sam,
ich war in deinem Armen, lag in deinen Armen und öffnete meine Augen, um dich zu
sehen, wie du mich ansahst, und du hattest Liebe in deinen Augen. Beschützende
Liebe, umsorgende Liebe, Liebe, als wolltest du mich dort für immer halten. Es
war schön, so schön, deine Hand auf meiner Stirn zu spüren, als ob du sanft mein
Haar gestreichelt hättest, bevor du mich aufgeweckt hast. Gollum war da, aber es
war egal, denn du warst da und ich liebte dich. Ich liebte dich und du liebtest
mich und diesen kostbaren Moment lang war das alles, was wichtig war. Ich liebte
es, es war ein Aufflackern dessen, was hätte sein können, was hätte sein mögen.
Aber jetzt kann es niemals sein. Du musst heiraten, liebster Sam, obwohl es mich
zerreißen wird. Du musst deine Frau bekommen und dann deine Kinder, denn die
werden sicherlich kommen. Und ich werde das Wissen haben, dass ich dich vor dem
Leiden bewahrt habe, zu sehen, wie ich verschrumple und sterbe. Das wird mein
Trost sein müssen. Irgendwie werde ich die Kraft aufbringen, zu glauben, dass
das alles ist, was ich brauche.
Sams Glück steht an erster Stelle, er muss jetzt immer an erster Stelle stehen,
darüber bin ich mir sicher. Ich bin nicht mehr wichtig, ich habe meinen Sinn
erfüllt. Ich bin verbraucht und meine Zeit in dieser Welt ist begrenzt.
Oh Sam, ich versuche stark zu sein, aber ich weiß, dass das nicht das Ende
meiner Träume sein wird. Ich werde immer noch an dich denken, ich werde an uns
denken. Ich werde an uns denken, wie wir zusammen sind und unser Leben teilen,
so wie ich es, vor langer Zeit und weit weg, träumte. Wir spazieren zusammen in
der Sonne, liegen zusammen im weichen Gras. Wir sind eins, liebster Sam, wen
auch immer du heiratest. Sie kann dich nicht lieben wie ich, das wäre unmöglich.
Du weißt es und ich weiß es. Wir wissen es beide, aber wir sprechen nicht davon.
Im selben Raum zu sein wie du schmerzt mich jetzt. Es tut so weh, so sehr, dir
so nah und doch so fern zu sein. Die unsichtbare Barriere, die uns trennt und
uns voneinander fernhält, die Barriere der Worte, der unausgesprochenen
Wahrheiten. Es tut weh, dich da stehen zu sehen, so voller Energie und Kraft, so
viel, für das es sich zu leben lohnt. Wie kann ich das ertragen? Deine Arme sind
so stark, dein Haar ist so voll und deine Augen... deine Augen sind, was ich am
meisten an dir liebe, denn sie zeigen mir deine Liebe. Die Liebe, nach der ich
mich schon immer sehne und von der ich träume.
Träume.
Träume sind alles, was ich noch habe und selbst die sind nicht viel wert. Ich
habe mein Schicksal erfüllt, aber du, Sam, hast deines noch zu erfüllen. Du
wirst mich niemals halten, wie ich es träume, oder mich berühren, wie ich gerne
berührt werden würde.
Berührung.
Ich weiß, dass du in Bruchtal für mich gesorgt hast. Du hast mich ausgezogen und
gebadet. Du hast nie davon gesprochen, aber ich weiß, dass du es warst, ich weiß,
dass du es nie erlaubt hättest, dass jemand anderes mich berührt. Ich zittere.
Ich fühle mich schwach und schwindlig. Ich stelle mir deine starken, starken
Hände vor, wie sie mich überall berühren, mich sanft und vorsichtig baden, ohne
mich je zu verletzen. So sanft, so viel Zärtlichkeit für mich. Diese Gedanken
erregen meinen Körper jedes Mal. Aber es ist die Ironie, die mich am meisten
verkrüppelt; das Wissen, dass ich dort war, nackt unter deinen Händen, aber ohne
das Bewusstsein, die Erfahrung zu würdigen oder zu genießen. Manchmal werde ich
schwach, schließe meine Augen und erlaube meiner Vorstellungskraft, mich an Orte
zu führen, wo sie nicht sein dürfte.
Ich glaube nicht, dass ich jetzt weiter denken kann. Ich bin müde vom Nachdenken
und von der Anstrengung, aber vor allem müde durch das Wissen, dass das, wonach
ich mich am meisten sehne, niemals mein sein wird, jedenfalls nicht in diesem
Leben.
Nicht in diesem Leben.
- E N D E -