Dunkelheit
Titel : Dunkelheit
Autor : Shirokko
Disclaimer : nicht unsers, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J.K.Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^
... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist!
Kommentare : Diese Geschicht spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten...
Vergebt mir meine Schwafelei!
Warnungen : Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits...
Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen...
Aber jetzt gehts los. Viel Spaß beim Lesen.
Widmung:
Diese Geschichte ist ganz allein Viebie_Lucifer gewidmet, meiner kleinen, süßen, wenn auch verrückten Schwester!
Kapitel 1:
Dunkelheit
Es war stockdunkel in dem kleinen Zimmer, das er nun seit beinahe dreieinhalb Sommern bewohnte, und mit offenen Augen starrte er zur Decke. Es war still, nur das leise Schnarchen von Dudley nebenan war zu hören. Irgendwo im Haus schlug die große Standuhr Zwölf und ein leises Lächeln erschien auf seinen Lippen. Sein Geburtstag war soeben angebrochen. Jetzt war er also Fünfzehn. Ganze fünfzehn Jahre alt!
Ob er wohl Post bekommen würde? Ob seine Freunde an ihn denken würden? Und ob er Geschenke bekommen würde? Vielleicht brachte Hedwig eines von Sirius, seinem Paten… Von den Dursleys erwartete er keine. Er bezweifelte sogar, dass sie freiwillig daran dachten, sich erinnerten, konnte sich vorstellen, dass sie ihn bewusst ignorieren würden, seinen Geburtstag über. Es war ihm egal. Sie waren ihm eh nichts wert, da würde er Dankbarkeit heucheln müssen. Sie waren lediglich die Familie, bei der er unterkam, wenn sein wirkliches Zuhause die Sommerferien über schloss. Was kümmerte es ihn also, wo er ihnen doch eh egal war?
Zufrieden und innerlich aufgeregt wegen des morgigen Tages schloss er die Augen, kuschelte sich tiefer in Dudleys altes Federbett.
Fünfzehn! Was für ein schönes Alter. Soviel besser als Vierzehn. Nun waren es nur noch zwei Jahre, bis er erwachsen war… zwei nichtige Jahre, dann war er die Dursleys und alles, was dieses niedere, nicht zu ertragende Leben mit sich brachte, los. Nur noch zwei Jahre…
Und mit diesem wundervollen Gedanken und mit der Vorfreude auf den kommenden Morgen schlief er ein. Geburtstag haben war ein tolles Gefühl.
Das dachte er zumindest, bis es am nächsten Morgen laut und unfreundlich an der Tür klopfte. Missmutig, weil aus seinen Träumen gerissen, wälzte sich Harry auf den Rücken und öffnete schläfrig die Augen.
Es war noch immer finstere Nacht.
„Was soll das?“, brummte er verstimmt. „Es ist mitten in der Nacht!“
Er drehte sich zurück, zog sich die Decke über den Kopf, um weiterzuschlafen, doch die kurze, erstaunte Pause, die Tante Petunia angesichts dieser unerwarteten Unverschämtheit ihres Neffen eingelegt hatte, war schnell vorbei. „Von wegen Nacht!“, keifte sie und öffnete kurzerhand lautstark die Tür.
Harry fuhr hoch, die Augen weit aufgerissen. Das hatte sie doch schon ewig nicht mehr getan!
„Es ist sieben Uhr!“
Das war eine Lüge. Es musste einfach eine sein, denn seine Augen vermittelten ihm tiefste Dunkelheit. Nirgends war ein Licht, kein Schimmer, alles war schwarz.
Er hörte, wie Petunia die hässliche, altmodische Lampe an der Decke anschaltete und kniff in Erwartung blendender Helligkeit vorsorglich die Augen zusammen, doch es kam nichts. Es blieb dunkel. Die Birne musste kaputt sein! Sie leuchtete schließlich nicht. Nur, warum sagte seine Tante nichts in dieser Richtung? Sie meckerte doch sonst immer, wenn er etwas kaputt machte…
Doch von Petunia kam nichts. Jedenfalls nichts zum Thema kaputte Birne. „Was hast du denn, du fauler Bengel?!“, schimpfte sie schrill und kam mit schlurfenden Hausschuhen ins Zimmer gestampft. „Schau mich nicht an, als wäre ich ein totes Pferd!“
Harry hätte ob der Wahrheit in der Aussage darüber lachen können, wenn da nicht diese Dunkelheit um ihn herum wäre. Er verstand es nicht. Und es machte ihm Angst. Er konnte hören, wie Petunia auf ihn zukam, und das mit einer fast unheimlichen Zielstrebigkeit. Das konnte doch gar nicht sein! Es war doch alles stockduster hier! Er konnte nichts sehen, er…
Seine Augen weiteten sich in stiller Erkenntnis. Wenn er nichts sah und seine Tante konnte sehr wohl alles erkennen, dann gab es genau drei Möglichkeiten: Erstens, es war ein böser Traum und er konnte nicht daraus aufwachen. Zweitens, man hatte ihn verhext, ein übler Streich also, nichts weiter dabei, es würde wieder alles in Ordnung kommen. Und drittens, er war… Er wagte gar nicht, den Gedanken zu beenden. Das durfte nicht sein. Das war unmöglich!
In diesem Moment zog ihm Petunia rigoros die Decke weg und Kälte erfasste seinen Körper, die Kälte, die er durch das offen gelassene Fenster hereingelassen hatte. Unter normalen Umständen hätte er es zugemacht über Nacht, aber er hatte den erwarteten Posteulen nicht den Weg versperren wollen. Und diese Kälte trotzte jedem Traum. Sie war einfach zu realistisch, zu grausam. Also blieb noch Möglichkeit Zwei und die Frage, wer ihm einen solchen Zauber angehängt haben könnte.
„Was hast du?“, motzte Tante Petunia ihn von der Seite her an, da er immer noch nicht antwortete. „Sitz hier nicht so rum wie die Ölgötzen! Wenn du etwas essen willst, dann komm runter!“ Sie entfernte sich Richtung Tür. „Und kämm dir die Haare. Die sehen furchtbar aus!“, fügte sie noch pikiert mit spitzer Stimme an, spielte dabei auf Harrys Idee sich die Haare wachsen zu lassen an, dann verließ sie das Zimmer und knallte dabei demonstrativ die Tür hinter sich zu.
Harry blieb allein zurück. Alleingelassen mit seinem Problem.
So wie er das sah, würde das Frühstück heute für ihn ausfallen. Die Dursleys würden ihn doch nur auslachen, wenn er ihnen sagte, dass er… nichts mehr sehen konnte --- immer noch wagte er nicht, das Wort ‚blind’ zu verwenden, aus Angst, dass es dann erst recht eintreten könnte --- und helfen würden sie ihm auch nicht, sich eher noch an seiner Hilflosigkeit laben. Nein, das war keine wirkliche Option. Er musste sich etwas anderes einfallen lassen. Vielleicht half ja warten? Er fröstelte, ohne es zu merken.
Etwas raschelte, ein leises Schuhu war zu hören. Hedwig! Harry begann zu lächeln. Sie war tatsächlich zurück. Pünktlich an seinem Geburtstag!
Vorsichtig rutschte er ein wenig nach vorne zur Bettkante, tastete mit den Füßen nach dem kalten Dielenboden und stand auf. Zum Glück kannte er das Zimmer in- und auswendig und wusste in etwa, wo was stand, da konnte nicht allzu viel schief gehen. Immer noch vorsichtig tastend bewegte er sich auf die Schneeeule zu, die ihn erfreut begrüßte und ungeduldig mit den Federn raschelte. Im Hintergrund waren noch andere Eulen zu hören, also hatte er mehr als einen Brief bekommen, freute er sich… Als er sie endlich erreichte und die Hand nach Hedwig ausstreckte, hätte er beinahe Bekanntschaft mit ihrem scharfen Schnabel gemacht, als sie sich erschrocken zur Wehr setzte. Hatte er etwa versehentlich ihr Auge erwischt?
„Sorry, Hedwig.“, flüsterte er entschuldigend. „Tut mir wirklich leid, aber ich kann dich nicht sehen.“
Sie gab ein versöhnliches Geräusch von sich und stieg dann auf seinen dargebotenen Arm, ließ sich von ihm am Hals und am Bauch kraulen. Es war erstaunlich, welch beruhigende Wirkung sie auf ihn hatte. Der Knoten aus Angst in seinem Bauch zog sich zurück.
„Und, was hast du mir mitgebracht?“, wollte er leise lächelnd von ihr wissen und spürte im nächsten Moment, wie sie ihr Bein von seinem Arm hob und es ausstreckte. Zwei Anläufe benötigte er, um ihr die kleine Pergamentrolle abzunehmen, nur um im nächsten Moment mit verzweifeltem Schrecken festzustellen, dass er den Brief gar nicht würde lesen können.
Zum ersten Mal erfasste ihn wirkliche Panik, als ihm das volle Ausmaß seiner morgendlichen Entdeckung bewusst wurde. Was sollte er denn jetzt machen? Er konnte doch überhaupt nichts tun, ohne etwas sehen zu können. Er konnte nicht lesen, nicht schreiben, nicht sehen, wohin er ging, nicht… gar nichts! Im Grunde konnte er gar nichts mehr tun, was er sonst als Selbstverständlichkeit hingenommen hatte. Er war gefangen! In sich selbst gefesselt!
Hilflose Angst machte sich in ihm breit. Er begann zu laufen, stieß gegen den Tisch und taumelte zurück, wollte prompt in die andere Richtung. Hedwig schrie empört auf und flatterte in ihren Käfig; die anderen Eulen wurden ungeduldig, gaben dies mit lautem Gegurre kund; von unten kam Onkel Vernons ärgerliche Stimme, er solle die vermaledeiten Eulen zum Schweigen bringen, bevor er rauf käme und ihnen den Hals umdrehte. Harry hörte ihn kaum. Er hatte begonnen, wild und konfus alles abzutasten, etwas zu suchen, was ihm helfen konnte. Er suchte seine Brille. Doch als er sie endlich fand und aufsetzte, musste er mit Schrecken erkennen, dass sie rein gar nichts brachte. Sie half nicht! Es blieb alles schwarz!
Seine Angst wuchs.
Er ließ sich zu Boden fallen, suchte hektisch nach der losen Bodendiele, indem er tastend und auf Knien über den Boden rutschte. Er fand sie, öffnete sie und holte seinen Zauberstab heraus. Seine Finger zitterten so heftig, dass er ihn kaum halten konnte.
„Oculus Reparo!“, flüsterte er, ohne überhaupt daran zu denken, dass er Zauberverbot in den Ferien hatte. Es wirkte nicht. Alles um ihn herum blieb schwarz. Was jetzt?
„Hilfe!“, hauchte er panisch. „Irgendjemand. Bitte!“
Doch Hedwig krächzte nur beleidigt vor sich hin, die anderen Eulen blieben still und beäugten ihn neugierig, erwarteten ihre Belohnung und sonst war niemand da. Harry wünschte sich, Sirius wäre bei ihm. Oder Hermione, vielleicht konnte sie ihm ja erklären, was mit ihm vor sich ging. Oder Dumbledore, der konnte ihm ganz sicher helfen oder zumindest Hilfe finden! Oder die Weasleys, die wussten auch immer Rat!
Mit aller Macht wünschte sich Harry, er sei dort, im Fuchsbau, bei seinen Freunden, bei Ron und Mrs Weasley, die fast so was wie eine Mutter für ihn war. All sein Denken, jede Faser seines Körpers war auf diesen seinen Wunsch fixiert und ganz plötzlich wurde ihm heiß, er bekam Schweißausbrüche, während seine Hände vor Kälte erstarrten, er fühlte sich zusammengepresst, bekam keine Luft mehr! Und dann war plötzlich alles wieder vorbei.
Harry kauerte sich in eine Ecke und zog die Knie an den Leib. Was brachte es ihm, sich irgendwo hin zu wünschen? Er konnte ja doch nichts tun. Niemand konnte ihn hören, niemand ihm helfen, solange er sich nicht irgendwie bemerkbar machen konnte. Aber wie? Schreiben konnte er nicht; die Dursleys würden ihm nicht helfen, würden niemals jemanden aus der Zaubererwelt kontaktieren, nur um ihm zu helfen; in der Nähe gab es niemanden, der seinen Hilferuf hören und verstehen würde, zumal er wahrscheinlich nicht mal aus dem Haus kam... Er war verloren. Schlicht und einfach verloren!
Kälte überflutete seinen Körper, als er in seinen Ängsten versank. Er fühlte sich verlassen, völlig allein gelassen. Entfernte Stimmen wurden laut, doch Harry nahm sie nicht wahr. Was kümmerten ihn die miesen Dursleys? Wahrscheinlich kamen sie eh nur, um ihn auszuschimpfen oder zu lachen. Sollten sie doch, ihm war es gleich.