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Das Schicksal nimmt seinen Lauf...

von

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Wiedersehen im Regen

Die Tür öffnete sich leise und eine kleine Gestalt betrat das Gasthaus.

Es war angenehm warm im Raum und es war verständlich weshalb so viele Menschen bei dem Wetter hier Zuflucht suchten und sich einen Tee oder etwas Ähnliches gönnten.

Der Junge zog die triefende Jacke aus und versuchte sie in der Garderobe aufzuhängen. Als dieses Unterfangen nicht gelang, legte er sein Kleidungsstück resignierend an den Stuhl seines Stammplatzes und setzte sich.

Für seine 6 oder 7 Jahre war er erstaunlich ruhig und sprach nicht viel. Seine Gesichtszüge waren eindeutig asiatisch, aber nie hatte er etwas über seine Herkunft verloren.

Das Einzige, was die Wirtin aus dem Jungen herausgebracht hatte, war, das seine Eltern im Ausland lebten.

Eines Tages war er aufgetaucht und seitdem kam er regelmässig hier her. Meistens beobachtete er mit klugem Blick die anderen Gäste und ass gleichzeitig etwas. Aber was der Grundschüler wirklich dachte, blieb verborgen.
 

"Entschuldigen Sie bitte, aber gibt es hier einen freien Tisch?"

Eine hübsche Frau mit fremdländischem Aussehen hatte den Raum betreten und ihr in gutem, aber etwas seltsam anmutendem Englisch diese Frage gestellt.

Schnell versuchte die Wirtin ihre Gedanken an den Jungen wegzuscheuchen. Es gab Kundschaft.

"Marie, weisst du, ob irgendwo noch ein freier Tisch ist?"

"Nein, alle Tische sind vollkommen besetzt, bis auf den Jasons Tisch..."

Schnell wandte sie sich wieder dem Gast zu.

"Tut mir Leid, aber alle Plätze sind besetzt. Wollen Sie alleine essen oder reservieren?"

"Wie bitte? Könnten Sie etwas langsamer sprechen bitte, mein Englisch ist noch nicht so gut..." fragte sie die Asiatin.

"Entschuldigen Sie, es kommen so selten Ausländer hier her, so dass man leicht vergisst, dass nicht jeder unsere Sprache gut versteht." Ihr Gegenüber nickte und die Wirtin wiederholte ihre Frage von vorhin nochmals, nun in einem Tempo, dem die Kundin folgen konnte.

"Ich würde gerne alleine essen, aber ich kann auch noch ein bisschen warten..."

"Sonst kann ich Ihnen hier an der Bar ein warmes Getränk offerieren, bis ein Platz frei wird."

Sie nickte und so bracht Mrs. Smith eine warme Schokolade.

"Was machen Sie hier in...?"

"Ich suche nach jemandem, den ich vor Jahren aus den Augen verloren habe."

"Könnten Sie mir diese Person beschreiben? Ich kenne eigentlich alle hier aus der Stadt und vielleicht kenne ich sie auch?"

Ihr Gegenüber blickte sie nachdenklich an, dann nickte sie.

"Es handelt sich um einen Mann, der wie ich in Japan aufgewachsen ist."

"Sie sind Japanerin?"

"Ja, wieso fragen Sie?"

"Ach, ich dachte nur, dass es vielleicht Jason sein könnte, aber er kommt soweit ich weiss aus China. Ausserdem ist er ja noch -."

"Joan! Ich habe den Kleinen gefragt, ob vielleicht jemand an seinem Tisch sitzen könne. Er hat nichts dagegen."

"OK, danke! Marie!" und an den Gast gewandt: "Kommen Sie mit, ich stelle ihnen unseren ,Chinesen' vor!"
 

Seit sie in dieser Stadt war, hatte sie ein seltsames Gefühl, das sie sich nicht erklären konnte. Es war, als käme sie seit vielen Jahren endlich wieder nach Hause. Dabei war sie zuvor doch noch nie in dieser Gegend gewesen.

Die beleibte Frau aus dem Gasthof führte sie zu einem der Tische am Fenster.

Ob ihr dieser Chinese vielleicht sagen konnte, wo Shinichi sich aufhielt? Wohl eher nicht. Sie hatte die Hoffnung langsam aufgegeben und doch reiste sie immer weiter, suchte den Freund, den sie einst verloren hatte.

Es war doch damals alles perfekt gewesen...

Währenddem sie der Wirtin folgte, liess sie ihren Blick über die Gäste schweifen. Es handelte sich fast ausschliesslich um Einheimische oder zumindest Amerikaner. Hier war er nirgends zu sehen.

Dann war sie am Tisch und die freundliche Frau gab ihr eine Speisekarte, nachdem sie sich gesetzt hatte.

Schnell bestellte sie etwas, dann begab sich die nette Frau zurück zum Tresen.

Erst jetzt konnte sie sich ihr Gegenüber genauer ansehen.

Blonde Haare konnte sie erkennen, der Rest verschwamm vor ihren Augen.

Das schwarze Loch frass sich in ihr immer weiter, löschte glückliche Momente aus.
 

Eine junge Frau setzte sich am Tisch nieder. Sie schien in seinem Alter zu sein.

In seinem Alter... wenn er altern würde, wenn er seinen alten Körper zurück hätte.

Sie erinnerte ihn in gewisser Weise an Ran, doch das waren Wunschvorstellungen.

Ausserdem hatte diese Dame anscheinend viel Leid ertragen müssen, er erkannte das am traurigen Glitzern ihrer Augen, der leichten Neigung ihres Mundes oder wie sie leicht nach vorne gebeugt da sass.

Ran hatte jedoch oft gelacht.

Er sollte aufhören, sich in der Vergangenheit zu verirren und alten Träumen nachzuhängen.

Dieser Zug war abgefahren, und das war die Wahrheit.
 

Nachdem sie sich etwas gefangen hatte, blickte sie erneut zu dem Grundschüler hinüber.

Sie hatte zu früh geurteilt, dieser Junge hatte zwar keine blauen Augen und nicht seine Haarfarbe, aber die Gesichtszüge waren den seinen sehr ähnlich.

Aber er war doch kein Kind mehr!

Oder etwa doch?

Warum hatte er ihr dann nichts davon erzählt?

Bevor sie jedoch ein vorschnelles Urteil zog, wollte sie sich Klarheit verschaffen, ob er es wirklich sei.

Genau in diesem Moment, huschte sein Blick vom regnerischen Treibe draussen weg und sie sah, wie sie sich in seinen braunen Augen spiegelte.
 

Und da war dieser melancholische Ausdruck.
 

"Shinichi?"

Er blickte sie verwirrt an und fragte auf Englisch was sie zu ihm gesagt hätte.

Ein weiterer Schwall der kalten, dunklen Hoffnungslosigkeit strömte in Ran aus wie ein Schwarm Heuschrecken.

"Äh, entschuldige, ich habe dich mit jemandem verwechselt."
 

Es war wirklich Ran.

Aber was wollte sie hier? Ihn leiden sehen?

Selbst nach über zehn Jahren hatte er die Gedanken an sie nicht ganz verdrängen können, geschweige denn die Sehnsucht.

Doch er hatte es geschafft, seine Gefühle zu unterdrücken, seine Trauer zu verbergen.

Wollte sie ihn erneut im Stich lassen?

Wollte sie seine Wunden erneut öffnen?

Er verbarg sich hinter seiner Lüge. Einer Lüge, die er angenommen hatte, um sein altes Ich, seinen alten Schmerz zu vergessen.

Noch nie hatte es ihn so viel Überwindung gekostet, ein Kind zu spielen.

Der japanische Klang seines Namens hatte in ihm Heimweh ausgelöst.

Lange würde seine Maskerade nicht ohne Risse bleiben.

Schnell erhob er sich, zog die Jacke an und ging davon mit einem Wort des Abschieds.

Bei Mrs. Smith legte er das Geld hin, dann verschwand er durch die Tür.

Draussen regnete es immer noch in Strömen.
 

Sie hörte seine Schritte irgendwo vor ihr. Vernahm, wie er durch Pfützen rannte.

Ruckartig hatte sie seine Verfolgung aufgenommen.

Dann blieb er plötzlich stehen, das leise Tapsen verklang.

Nur noch das Prasseln des Regens war zu hören.
 

"Warum rennst du weg?"

Sanft waren die Worte gewesen und doch zuckte er zusammen. Langsam drehte er sich zu ihr um, blickte hinüber.

Nach einer Weile antwortete er: " Weil es keinen Ausweg gibt, Ran. Für uns beide gibt es keine Möglichkeit zusammenzuleben." Er machte eine kurze Pause, dann flüsterte er weiter: " Ich verschwinde lieber gleich und halte dich nicht lange auf. Deshalb bin ich auch gleich verschwunden."

"Wie kommst du auf die Idee, dass du mich aufhalten könntest?" erwiderte sich ebenso leise.

"Ran, ich habe dich damals freigegeben, weil dieses ..., weil dieses verdammte Gift mich in ein ewiges Kind verwandelt hat! Du solltest glücklich werden und dein altes, normales Leben führen, dass du vor der Schrumpfung hattest.

Es hat mich geschmerzt, sehr sogar.

Sein Jahren bin ich ein ruheloser Wanderer, ein Verfluchter. Verdammt, immer nach einiger Zeit weiter zu ziehen, weil sich die Leute über einen Knaben wundern würden, der nicht älter wird.

Dazu gezwungen, keine Heimat zu finden, weil diese Männer einem immer noch auf den Fersen sind. Deshalb musste ich auch andauernd meine Erscheinung verändern.

Warum kommst du jetzt? Warum?"

"Shinichi, als Ai damals nach langer Zeit endlich das Gegengift zu APTX4869 entdeckt hatte, war es mir egal, ob ich nun als Ran Môri oder als Keiko Mawashita weiterleben würde. Ich wollte einfach nur mit dir zusammenbleiben!

Doch dann kam der Tag, an welchem wir das Gegengift einnehmen sollten, und plötzlich war alles anders.

Wie du vielleicht noch weißt, schluckten wir die Kapseln in verschiedenen Gebäuden, du bei dir zu Hause und ich bei mir. Doch als ich am nächsten Tag fröhlich und in alter Grösse bei dir klingeln wollte, öffneten deine Eltern die Tür. Sie teilten mir traurig mit, dass du den Folgen des Giftes erlegen wärst.

Ich war zutiefst erschüttert, fühlte mich leer und leblos.

Mein Hass auf die Organisation stieg und ich begann selbst nach ihnen zu forschen. Dabei verbarg ich mich aber immer gut.

Und trotzdem habe ich versucht, ein neues Leben ohne dich zu beginnen. Leider ist es mir nie ganz gelungen, dich aus meinen Gedanken zu verbannen.

Und dann fand ich die Wahrheit heraus."

Sie stoppte, beobachtete die Reaktion in Gesicht ihres Freundes.
 

Sein ganzer Körper war wie erstarrt und er blickte sie fassungslos an. Nur schrittweise schien er sich von dem Schock zu erholen. .

"Sie, sie haben dir was gesagt?" Seine Stimme war zu einem ungläubigen Krächzen geworden.

"Dass du tot wärst." Ran weinte seit langem wieder. Wieso wurden sie beiden immer Opfer von Missverständnissen?

"Aber warum bist du nicht zu mir gekommen und hast mir gesagt, was geschehen ist? Ich hätte doch das Gift ein weiteres Mal einnehmen können?", fragte sie stockend. Die Tränen konnte sie nicht zurückhalten.
 

"Weil ich nicht konnte.", sagte er bedauernd. Als ich aufwachte, fand ich mich nach wie vor im Körper eines Kindes vor und deshalb rannte ich zornig und auch verzweifelt zu Ai rüber. Sie hat Versuche gemacht und es hat sich gezeigt, dass ich einfach zu lange Conan gewesen bin. Das Gegengift zeigte keinerlei Wirkung.

Völlig am Ende bin ich dann nochmals eingenickt." Ein Ausdruck von tiefster Verachtung erschien auf seinem jungen Gesicht.

"Erst jetzt wird mir bewusst, was meine Eltern damals gemacht haben. Als ich nämlich zu mir kam, sassen sie neben mir und sagten mit traurigem Gesicht, dass du auf das Gift nicht reagieren würdest. Daraufhin hättest du eingewilligt, mich zu vergessen und über die letzten Wochen und Monate zu schweigen."

"Und du hast das einfach geglaubt?" Ran konnte nicht glauben, was sie da hörte.

"Nein. Sogleich bin ich abgehauen um mit dir zu reden und um zu erfahren, ob das wirklich der Wahrheit entspricht was meine Eltern da von sich gegeben hatten. Doch als ich ankam, sah ich dich mit einem anderen Mann sprechen. Ich kannte ihn nicht."

"Und dann nahmst du an, dass ich dich aufgegeben hatte?"

Stumm nickte er und wandte seinen Kopf ein bisschen zur Seite. "Das war das letzte, was meine Eltern und all die anderen von mir sahen. Nach diesem Anblick bin ich getürmt.

Weisst du, auch ich kann nicht unendlich viel Last ertragen..."

Er blickte auf.
 

Da stand Ran, umgeben von den Schneeflocken, die leicht vom Himmel flogen und zitterte. Als sie ihm gefolgt war, hatte sie wohl ihre Jacke vergessen. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. Langsam schritt er auf sie zu und nahm ihre Hand.

"Komm!", sprach er. "Lass uns deine Sachen holen, sonst erkältest du dich noch."

Nun lächelte auch sie und nickte.

Dann marschierten sie zurück in den Gasthof.
 

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So, da wär ich wieder, diesmal mit DC. ^^

Zu dieser Geschichte gibt es einen Vorspann, den ich eventuell auch einmal hochladen werde.

Dieses Kapitel widme ich ShinichiKudo, die mir immer so nette Kommentare schreibt und die ich wirklich als Freundin nicht missen möchte. Vielen Dank dir!

Und all den anderen Lesern selbstverständlich auch!

Erschreckende Geheimnisse & eine neue Heimat

Silbern glitzerte das Wasser des Sees und die nahen Bäume spendeten Schutz vor den starken Regenfällen. Eine junge Frau und ein kleiner Junge sassen unter einer Weide. Die Blätter und Äste rauschten leicht im Wind.

"Du, Shinichi..."

"Hm?"

"Ich, ..." Sie stockte und sah ihn unsicher an.

"Was ist los?" Besorgt schaute er sie an. Bei dem Anblick musste Ran ein wenig schmunzeln, denn Shinichis Kindergesicht sah einfach nur süss aus. Doch sofort wurde sie wieder ernst.

"Wie fändest du es, wenn ich in der selben Lage stecken würde wie du?"

Eine seiner Augenbrauen rutschte fragend nach oben. "Du meinst, so wie damals?"

Die junge Frau beantwortete seine Frage mit einem Nicken und ein nachdenklicher Ausdruck erschien auf seinem Gesicht.

"Nun ja, die Zeit, als wir beide wieder Grundschüler waren, war zwar schön, aber..." sein Blick wanderte über den kleinen See. "Aber ich möchte nicht, dass du dir das wegen mir antust."
 

Einen Moment später stockte er und sah sie überrascht an. "Du, du hast doch nicht etwa....?" Das war doch unmöglich!

Ihr Lächeln zeigte ihm jedoch, dass sein Gedanke nicht falsch gewesen war. Ran holte aus ihrer Handtasche eine kleine Dose hervor und hielt diese ihm geöffnet hin. Shinichi erkannte eine Kapsel und sein Herz begann rasen.

"Als ich die Wahrheit erfuhr, bin ich sogleich zu Ai gegangen und habe ihr das Gift abgeluchst. Sie hat die tödlichen Bestandteile entfernt und nun handelt es sich um ein Schrumpfgift. Da ich aber noch ohne Probleme in die Staaten fliegen wollte, habe ich mit der Einnahme bisher gewartet."

"Und du bist dir ganz sicher, dass du die Sache durchziehen willst?"

"Ja." Um ihre Aussage zu bekräftigen, fügte sie hinzu: "Die Kinderkleider stecken in meiner Tasche."

Shinichi schien immer noch unsicher zu sein. Ran konnte den Kampf in seinem Innern praktisch mitverfolgen.

Die Einsamkeit in seinem Herzen kämpfte gegen seinen Wunsch an, ihr Leben nicht von ihm abhängig zu machen.

Mit einem Zwinkern strahlte sie ihn an und nahm dann das Gift ein.

Conan wusste, dass er jetzt nichts mehr dagegen tun konnte.

Ran begann bereits zu schwitzen. Schnell nahm er sie in den Arm um ihr wenigstens ein bisschen das Gefühl von Geborgenheit zu geben.

Nach wenigen Minuten war die Verwandlung vorbei und Shinichi hielt wieder das kleine Mädchen in den Armen, das sich Keiko genannt hatte. Sie spürte seine Umarmung und genoss es. Endlich waren sie wieder auf gleicher Höhe.

Der Regen hörte auf und die graue Wolkendecke zeigte erste Risse, in denen man den blauen Himmel leuchten sah.
 

Schweigend gingen sie nebeneinander her durch die Strassen der Stadt. Shinichi half ihr, die nun schwere Tasche mit Rans Habseligkeiten zu tragen. Neugierig sah sich Keiko um, fasste so viele Einzelheiten wie möglich auf.

"Weisst du, Shinichi, ich wusste zwar, dass bei dir das Gegengift keine Wirkung gezeigt hatte, aber dass du nicht mehr altern kannst, war mir nicht bewusst."

"Ach deshalb die Verblüffung und Enttäuschung in deinen Augen, als du einen kleinen blonden Jungen am Tisch sitzen sahst. Wie bist du überhaupt auf die Wahrheit gestossen?"

"Ich wollte dein Grab besuchen und fragte deshalb bei deinen Eltern nach. Ich habe sie in L.A. angerufen und wollte wissen, wo dein Grab zu finden sei, denn obwohl ich alles Mögliche versucht hatte, war es mir nicht gelungen dich zu vergessen Shinichi. Ich wollte noch ein letztes Mal von dir Abschied nehmen und deshalb rief ich an."

Shinichi grinste hämisch: "Und meine Eltern hatten nun ein Problem..."

"Auch wenn sie damals Fehler gemacht haben, solltest du ihnen verzeihen. Deine Mutter wollte mir anfangs nicht sagen, wo dein Grab sei und hat gezittert und rumgedruckst. Doch schlussendlich hat sie mir reinen Wein eingeschenkt."
 

"Ok, Ran, wir geben es zu.

Wir haben euch damals angelogen. Shinichi ist damals nicht den Folgen des Giftes erlegen."

Sie konnte es nicht glauben und hielt krampfhaft den Hörer fest. Eigentlich wollte sie etwas fragen, aber der Schock sass zu tief. Yukiko antwortete auf Rans Schweigen: "Wir waren damals zufällig zu Hause und bekamen mit, dass Shinichis Körper leider nicht in seine alte Form zurückverwandelt werden konnte. Ai erzählte uns dann, dass die Gefahr, dass du bei einer erneuten Einnahme des Schrumpfgiftes sterben würdest, sehr gross sei. Wir wussten, wie sehr ihr euch beide liebtet, aber eine Beziehung zwischen einem 6-jährigen Knaben und einer 17-jährigen Frau war einfach nicht möglich.

Wir beschlossen deshalb, euch beiden eine Lüge aufzutischen und Shinichi mit uns nach Amerika zu nehmen, doch er..." Ihre Stimme stockte kurz, bis sie dann fortfuhr: "Doch er ist losgerannt um mit dir zu sprechen. Seit dem haben wir ihn nicht mehr gesehen."

"Wie, er ist abgehauen?", fragte Ran. Sie konnte sich das überhaupt nicht vorstellen. Dann fiel ihr ein, dass am selben Tag Sonoko mit einem jungen Mann zu ihr gekommen war. Ihre Freundin hatte wieder einmal Verkupplungspläne gestartet und Ran hatte ihre liebe Mühe gehabt, die beiden Leute aus der Wohnung zu scheuchen ohne unhöflich zu erscheinen. Zu sehr musste sie noch an ihren Detektiven denken, den sie gerade durch den Tod verloren hatte. Was war, wenn Shinichi genau in diesem Moment gesehen hatte, wie dieser Typ sie anzumachen versuchte? Diese Erkenntnis traf Ran mit voller Wucht.

"Ja, wir wissen aber nicht, weshalb und er hat sich auch nie bei uns gemeldet."

,Verständlich', dachte Ran. Sie hätte an seiner Stelle wohl ähnlich reagiert. Einfach alles, was noch mit dem alten Leben zusammenhing hinter sich lassen.

Sie spürte, wie Yukiko litt. Dieses Geheimnis, das sie jetzt schon Jahre mit sich herumgetragen hatte, schien der ehemaligen Schauspielerin sehr zugesetzt zu haben. Dass sie es sich nun von der Seele reden konnte, schien sie zu befreien.

"Wisst ihr, wo er hingegangen ist?"

"Nun ja, das einzige, was Yusaku herausfinden konnte, war, dass Shinichi einen Flug nach Amerika gebucht hat. Mehr haben wir aber nicht herausbekommen." Tiefe Trauer lag in ihrer Stimme, denn sie hatte ihren einzigen Sohn verloren.
 

"Auch wenn es den beiden Leid tut, so kann ich ihnen trotzdem nicht einfach verzeihen. Mit ihren eigensinnigen Überlegungen haben sie mein ganzes Leben zerstört. Gott sei Dank, dass es nicht für immer so war." Er zwinkerte ihr zu. "Möchtest du meine neuen "Eltern" kennen lernen? Du kannst vielleicht auch dort ein Zimmer bekommen."

Keiko nickte. "Ich bin so froh, dass ich doch noch die Wahrheit herausbekommen habe und mich auf die Suche nach dir gemacht habe. Erst jetzt fühle ich mich wieder wirklich glücklich, wenn du bei mir bist." Und mit einem rötlichen Schimmer auf den Wangen gab sie ihm einen kindlichen Kuss auf seine Wange, worauf er stehen blieb und sie überrascht ansah. Sie kicherte und sagte: "Ich freue mich schon auf deine ,Familie'!"

Shinichi war aus allen Wolken gefallen. So eine Handlung hatte er nicht erwartet und er brauchte eine ganze Weile um überhaupt zu realisieren, was geschehen war.

Seine Freundin musste bei seinem verdatterten Gesichtsausdruck noch mehr lachen. Langsam erholte er sich von dem Schock, seine Wange verfärbte sich leicht und er küsste sie ebenfalls schüchtern.

So lange hatte er niemanden mehr gehabt, dem er seine Liebe schenken konnte, sodass es eine Weile dauerte. Doch Ran liess ihm Zeit.
 

Jason blieb vor einem kleinen Haus stehen und Keiko folgte seinem Beispiel.

Es war ein weiss gestrichenes Haus, das zwar seine besten Tage schon hinter sich hatte, aber einem dennoch das Gefühl von Heimat gab. Ein kleiner Garten musste durchquert werden bis man bei der Haustür angelangt war.

"Du wartest am besten hier, ich muss Tante Sei zuerst sagen, dass ich Besuch dabei habe." Schnell huschte er ins Haus während Ran auf dem Weg stand und den Garten inspizierte. Nach einer Weile kam Conan mit einer beleibten Frau hinaus, die Ran schon von weitem anstrahlte.

Das Mädchen erkannte, dass diese Tante Sei anscheinend Chinesin war, denn Shinichi sprach ein paar Worte mit ihr in einer Sprache, die sie zwar am Klang erkannte, aber die sie nicht verstand.

"Also Ran, das ist Tante Sei, meine Ersatzmutter, sozusagen."

Sei kam auf sie zu und umarmte sie mit einem herzlichen Lachen. "Freundin von Klein Yong ist sehr willkommen hier!" Dann sagte sie ein paar Worte zu Shinichi und er übersetzte: "Sie entschuldigt sich dafür, dass ihr Englisch nicht so gut ist und hofft, dass du es ihr nicht übel nimmst, wenn ich dir jeweils mitteile, was sie zu sagen hat."

Die freundliche Frau verschwand wieder im Haus und die beiden Kinder folgten ihr langsam.
 

"Du sprichst Chinesisch?", fragte Keiko erstaunt.

"Nicht perfekt, aber es reicht um sich einigermassen verständlich zu machen."

"Ach ja, ich muss dir noch ein paar Dinge sagen. Erstens einmal solltest du Japan in Gegenwart des Grossvaters Lao nicht unbedingt erwähnen, weil er uns Japaner hasst. Mich akzeptiert er, weil ich gesagt habe, dass nur mein Vater Japaner war und ich schon lange in Amerika lebe. Ausserdem scheint die Tatsache, dass ich zuminderst versuche Chinesisch zu sprechen, meinem Eindruck bei ihm verbessert zu haben.

Tante Sei habe ich erklärt, dass du in den USA geboren wurdest, aber kurz nach deiner Geburt mit deinen Eltern nach Japan gezogen wärst. Unter allen Umständen musste ich verhindern, dass Lao dich für eine ,reine' Japanerin hält, was du ja eigentlich bist."

"Sind alle in der Familie so?" Ihr war es mulmig zu Mute, dass sie sich nicht so geben konnte, wie sie ist.

Doch Jason schüttelte den Kopf. "Alle anderen aus der Familie haben nichts gegen Japaner und die drei Kinder sprechen auch gut Englisch, so dass die Verständigung meistens kein Problem ist."

"Wie bist du denn auf diese Familie gestossen?"

"Durch Zufall. Ich suchte eine Unterkunft und bin an diesem Haus vorbeigekommen. Da kam ein kleiner Junge, also eigentlich ist er ja im gleichen Alter wie ich momentan, auf mich zugerannt und wollte mit mir Fussball spielen. Nach einer Weile kam unser Gespräch auf den Punkt, dass ich ein Zimmer brauchte und er brachte mich zu sich nach Hause. Seither lebe ich hier."

"Und wieso hält man dich für einen Chinesen? Und was sollen die Namen Jason und Yong?"

Bei ihren vielen Fragen musste er grinsen. "In der Stadt bin ich Chinese, weil ich bei der einzigen chinesischen Familie wohne. Ich hatte keine Lust, den Unterschied zwischen uns Japanern und den Leuten aus dem Reich der Mitte zu erläutern und habe diesen Irrtum so belassen. Ausserdem kann es nicht schaden, dass man nicht wirklich weiss, wer ich bin.

Den Namen Jason habe ich mir einfach so zugelegt, als ich einen Identitätswechsel nötig hatte.

Und den Namen Yong..." Er schmunzelte. "Tante Sei nennt mich so, weil sie Jason nicht aussprechen kann. Nach einer Weile nannte mich die ganze Familie schliesslich so."

"Und wieso ausgerechnet Yong?"

"Yong bedeutet ,mutig' und ich heisse so, weil ich mal einen Einbrecher gestellt habe. Was Tante Sei aber so mutig daran findet, weiss ich nicht. Meistens nennt sie mich aber Yonyong, was eine chinesische Art der Verniedlichung ist."

Er seufzte. "Können wir nachher mit der Fragestunde weitermachen? Ich zeige dir dein Zimmer und dann muss ich kurz weg."
 

Keiko nickte, sie brauchte ein bisschen Zeit, um über ihre neue Lage nach zu denken. Auch wenn ihr noch unheimlich viele Fragen auf der Zunge lagen, wartete sie. Später hätten sie genug Zeit, um alle Unklarheiten zu beantworten.
 

Der Junge führte das Mädchen eine schmale Treppe hinauf in den dritten Stock.

"Wenn es dir nicht ausmacht, kannst du in meinem Zimmer schlafen. Es ist gross genug um noch ein zweites Bett reinzustellen. Leider sind alle anderen Räume besetzt, hat mir zumindest Sei gesagt."

"Ist schon in Ordnung", meinte Ran und betrat ihr neues Zimmer.

Es war kein grosses Zimmer, reichte aber dennoch vollkommen aus um zwei Kindern genügend Platz zu schenken. Durch ein Giebelfenster konnte Ran über die kleine Stadt blicken. Die Wolkendecke hatte weiter aufgerissen und der Sonne die Möglichkeit gegeben ihre leuchtenden Strahlen auf die Erde fallen zu lassen.

Shinichi stellte ihre Tasche neben das Bett und verschwand kurz. Dann hörte sie ein Poltern und warf einen Blick in den schmalen Gang. Ihr Freund und ein junger Chinese von etwa 16 Jahren versuchten ein Bett zu ihr ins Zimmer zu tragen.

Schnell huschte sie zu ihnen und half so gut es ging mit.
 

Endlich hatten sie das Möbelstück an den Ort gehievt, wo es hingehörte und alle seufzten erleichtert auf.

Ihr Helfer stellte sich in Englisch als Pao vor. Er war der älteste Sohn der Familie und lebte schon seit seiner Geburt in den Staaten.

An Yong gewandt machte er eine kurze Bemerkung in Chinesisch, grinste als der Kleine ein beleidigtes Gesicht machte und verabschiedete sich dann mit den Worten, dass er noch etwas erledigen müsse.

"Von wegen, der Typ ist selber ein Casanova..." grummelte Shinichi.

Dann machte er sich daran, Ran beim Beziehen des Bettes zu Hand zu gehen, bevor er sie für eine Weile alleine liess, weil er einer Verpflichtung nachkommen musste.
 

Da sass sie, auf ihrem Bett in ihrem neuen Zimmer. Endlich hatte sie ihn gefunden und jetzt lebte sie sogar mit zusammen im gleichen Raum. Glücklich packte sie die Kleider aus ihrer Tasche und verstaute sie im Schrank. Ihr fielen einige Kisten auf, die im untersten Fach lagen. Neugierig nahm sie eine heraus und legte sie auf ihr Bett. Dann öffnete sie den Deckel.

In der Kiste lagen einige technische Dinge, bei denen Ran nicht ganz durchblickte. Wozu benötigte Shinichi solche Dinge?

Sie packte einen handlichen Gegenstand und hob ihn auf. Es erstaunte sie, wie leicht er war und wie angenehm es sich anfühlte diesen in der Hand zu halten.

Bei näherem Betrachten könnte man glauben, es handle sich um eine Pistole, aber sie hatte keine Ahnung welche Art von Patronen für diese Waffe benötigt wurden.

Vorsichtig legte sie es wieder zurück und schob den Deckel wieder auf die Kiste.
 

Leise ging sie die Treppe hinunter bis sie im zweituntersten Geschoss angelang war. Hier befand sich die Küche und das Wohnzimmer. Tante Sei war mit Kochen beschäftig und Ran bot sich an ihr zu helfen. Die dicke Chinesin lächelte und zeigte ihr, wie sie das Gemüse schneiden musste.

Auch wenn Keiko diese Frau noch nicht lange kannte, so fühlte sie sich doch hier zu Hause.

Nebenbei plauderte sie mit ihr und lernte einige chinesische Ausdrücke. Die Aussprache war gar nicht so einfach, aber sie gab sich alle erdenkliche Mühe.
 

Als Shinichi nach Hause kam, traf er die beiden schwatzend und lachend in der Küche an. Er freute sich, dass sich seine Ran so schnell hier wie zu Hause fühlte.

Doch lange grübeln konnte er nicht, denn kaum hatte seine vermeintliche Tante ihn erspäht, wurde er zum Kochdienst abkommandiert. Grinsend ergab er sich und half den beiden Frauen beim Kochen.
 

Am Abend gab es ein grosses Willkommensessen für Keiko im Kreise der ganzen Familie Lin, sodass sie noch den kleinen Liang, der damals mit Shinichi hatte Fussball spielen wollen, die 14-jährige Anchee und den misstrauischen Grossvater Lao kennen.

Es war eine fröhliche Familie und als die beiden aus Japan danach müde in ihren Betten lagen, dachte Ran, dass sie verstehen konnte, weshalb Shinichi bei ihnen blieb.
 

"So, willst du jetzt noch weitere Fragen stellen?", kam die Frage aus der anderen Ecke des Raumes.

Ran bejahte, hopste aus ihrem Bett und hüpfte zu Shinichi unter die Decke. Ferngespräche durchs die ganze Kammer fand sie blöd.
 

"Also, wo bist du heute gewesen, als ich Tante Sei beim Kochen geholfen habe?"

"Ich war im Selbstverteidigungskurs."

"Und warum?"

"Es ist eine Mischung aus Karate, Kendo, Judo und anderen Arten des Kampfes, die ich trainieren möchte, weil die Organisation mir immer noch auf den Fersen ist."

"Sie jagen dich also immer noch?", fragte sie ihn besorgt und kuschelte sich näher an ihn. Er fuhr ihr beruhigend durch Haar und fuhr fort zu erklären: "Als ich damals die Zentrale der Organisation fand, wusste ich leider nicht, dass es noch weitere Orte gibt, wo sich die Männer in Schwarz verschanzt hatten. Dieses Firmengebäude in der Nähe des Dayu-Kaufhauses war zwar ein wichtiger Sitz der Verbrecherbande, aber längst nicht alle Mitglieder wurden bei der Razzia gefasst.

Die übrigen Leute wissen, dass ich mich in Amerika aufhalte, aber von meiner kindlichen Gestalt wissen sie nichts.

Deshalb ist es aber noch wichtiger, dass ich ihnen kein Grund gebe misstrauisch zu werden."

Er fuhr sich durch die blonden Haare und Ran verstand.

"Zwischendurch hätte ich mich fast selbst umgebracht. Die ständige Angst ist unerträglich und die Einsamkeit erdrückte mich beinahe..." Seine Worte gingen in ein Flüstern über. "Es gab Augenblicke, da war ich nicht mehr ich selbst, doch kurz vor dem Suizid kam ich glücklicherweise immer zu mir."

"Wäre es dann nicht langsam Zeit, die restlichen Leute dieser Organisation auszuschalten?" sagte Ran mit fester Stimme.

"Ich habe oft daran gedacht, aber wieso sollte ich das tun, Ran?" Sie erstarrte, als sie die Hoffungslosigkeit und Verzweiflung in seinem Blick erkannte. "Die Organisation war die einzige, die sich um mich scherte. Was war, wenn die plötzlich alle verschwanden? Dann stände ich alleine da und hätte in meinem Leben überhaupt kein Ziel mehr."

Ran hielt es nicht mehr aus. Sanft umarmte sie ihn und drückte ihn an sich. Sie hauchte ihm ins Ohr: "Aber jetzt bist du ja nicht mehr allein. Keine Angst, ich bleibe bei dir!"

Ein leichtes Zittern war zu spüren und er legte seinen Kopf auf ihre Schulter. Eng umschlungen lagen sie einige Zeit da. Niemand sagte ein Wort.

Als sie einen Blick auf sein Gesicht warf, erkannte sie, dass er die Augen geschlossen hatte. Er schlief.

Keiko beschloss, es ihm gleich zu tun und bald darauf war auch sie in die Welt der Träume übergegangen.
 

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Hier wäre die Fortsetzung. Ich arbeite gerade am Prolog weiter. Jemand wollte doch wissen, wie Keiko Mawashita und Conan Edogawa ihr Leben zu zweit erleben? ^^
 

Ich hoffe, es hat euch gefallen und bis zum nächsen Mal!

bai-bai

xXx Taipan

P.S. Falls ihr Schreibfehler oder ähnliches entdeckt, macht mich bitte darauf aufmerksam, ok?

Es ist an der Zeit...

Am nächsten Tag ging Shinichi mit ihr und Liang in die Grundschule des Ortes. Nach wie vor verbrachte der kleine Japaner den grössten Teil der Schulstunden damit aus dem Fenster zu blicken und zu grübeln.

Egal ob der Schulstoff nun in Englisch oder Japanisch abgehalten wurde - es war stinklangweilig.

Für Ran war es schon anstrengender, da sie noch nicht so fliessend Englisch sprach wie ihr Freund. Doch nach einigen Wochen hatte sie die Sprache wieder etwas im Griff und sie begann während der Stunden mit Shinichi Chinesisch zu lernen, so gut es jedenfalls ging.

Im Gegenzug dazu lehrte sie ihn, was sie während ihres Jura- und Medizinstudiums gelernt hatte. Die Lehrerin beklagte sich zwar immer wieder darüber, dass die beiden dem Unterricht nicht folgten, aber wegen der guten Noten blieb es bei kleinen Anmerkungen.
 

Um sich lautlos miteinander unterhalten zu können, brachten sie sich selbst die Gebärdensprache bei. Mit kurzen Handbewegungen konnten sie dem anderen mitteilen, was sie wollten, wenn niemand den Inhalt ihrer Gespräche erfahren sollte.
 

So spazierten sie durch die Strassen und unterhielten sich in Japanisch, aber auch in Chinesisch, Englisch und mit Hilfe der Gebärdensprache. Dass die anderen Leute manchmal ihnen mit ihren neugierigen Blicken folgten und sie beobachteten, interessierte sie nicht.

Bei einem dieser Ausflüge entdeckten sie ein kleines Geschäft in einer Seitengasse, das so allerhand verkaufte. Neugierig betraten sie den kleinen Raum und sahen sich um. Zwischen Lampen und Kleiderständern hingen Kuscheltiere und unzählige Regale enthielten Kleinigkeiten, die noch einen Käufer suchten.

Ran entdeckte in einem Glaskasten etwas und zeigte es Shinichi freudenstrahlend. Dieser hob skeptisch eine Augenbraue und betrachtete die Ketten, Armbänder und Ringe darin. Schmuck für Frauen fand er in Ordnung, solang dieser nicht zu pompös wirkte. Bei reichen Frauen, die fast ihren ganzen Körper mit teuren Edelsteinen und Gold bedeckten, fand er es hässlich.

Aber bei Männern fand er Dinge wie Ketten unpassend, sofern es sich nicht um den Ehering handelte.

"Gefällt dir eine Kette?", fragte er unsicher. Die meisten Stücke im Kasten entsprachen nicht gerade seinem Geschmack und er war ein bisschen verwirrt, weil Ran normalerweise solchen Dingen nicht zusagte.

Das Mädchen schüttelte den Kopf und wies auf etwas, das Shinichi bisher noch nicht gesehen hatte.

"Siehst du diese beiden Armbänder?"

Jetzt fielen ihm die silbernen Schmuckstücke auf und er musste zugeben, dass diese nun schon eher seinen Geschmack trafen.

Jedes der zwei Armbänder hatte einen kleinen Anhänger, der mit dem des Gegenstücks zusammenpasste und so eine Einheit mit diesem bildete. Setzte man beide Teile zusammen, erhielt man eine ovale Form.

"Kann ich euch helfen?" Der Verkäufer blickte freundlich auf die beiden Kinder hinab.

Ran sah auf und schüttelte dann den Kopf. "Nein, danke. Wir sehen uns nur ein wenig um..."

Fast ein wenig enttäuscht wollte sich der alte Mann verabschieden, als eine zweite Stimme ihn unterbrach.

"Wie viel würden sie für diese Armbänder verlangen?"

Zuerst wirke er ein weniger verblüfft, aber als der Grundschüler seine Anfrage nicht zurückzog, nannte er einen Betrag, der auch noch den Preis für eine Gravur enthielt.

"Jason, das ist viel zu teuer. Komm, es ist nur eine blöde Idee von mir gewesen, ich weiss auch so, dass wir zusammengehören.." Sie klammerte sich um seinen Arm, aber er kratze sich verlegen am Kopf und legte ihr dann den Zeigefinger auf die Lippen.

Er wies den Geschäftsbesitzer daraufhin, dass er leider als Grundschüler nicht so viel Geld hätte und nach einer kleinen Diskussion erliess ihnen der Mann einen Teil des Preises.
 

Eine halbe Stunde später verliessen zwei Kinder Hand in Hand einen Laden, an ihren linken Handgelenken baumelte etwas, das im Schein der untergehenden Sonne silbern aufglitzerte.

Das Mädchen besah sich den Anhänger schon zum x-ten Mal genauer, ertastete mit ihrem Finger das feine geschwungene Schriftzeichen.

"Danke, aber was das wirklich nötig, ich meine..", sagte sie und wurde dabei leicht rot.

Er grinste und blickte nun auf seinen eigenen Anhänger, auf dem ein R eingraviert war.

"Zwischendurch darf man sich auch etwas Luxus leisten. Ausserdem glänzt ein Stern nur noch schöner, wenn er von kleinen Sternen umgeben ist." Nach diesen Worten wurde er leicht rot und dann verfiel er wieder seinen alten Gewohnheiten.

"Mensch, ich frage mich, wie lange ich dieses blöde Anhängsel am Arm tragen kann. Da bleibt man ja überall hängen. Wahrscheinlich ziehe ich es in Kürze ab." Er setzte seinen arroganten Gesichtsausdruck auf und bedachte das Armband an seinem Handgelenk mit einem genervt abschätzigen Blick.

Keiko kniff die Augen zusammen und sah ihn drohend an: "Wehe dir, Shinichi Kudo, wenn du das tust. Dann werde ich wohl oder übel einige meiner alten Karatetricks hervorholen müssen...das ,blöde Anhängsel' bleibt dran!"

Dann begannen beide zu lachen und gingen händchenhaltend durch die Kleinstadt.
 

Eines Tages kam Shinichi mit einem todernsten Gesicht nach Hause und Ran wusste sogleich, dass irgendetwas überhaupt nicht in Ordnung war. Sogleich kam er auch zu Sache und zeigte ihr eine Zeitung.

Als sie den Titel las, erstarrte sie.
 

"Unschuldiger Junge von Unbekannten auf Strasse angeschossen!"
 

"Aber, das kann doch nicht sein?!" sagte sie und schaute ihn entgeistert an.

"Lies zuerst den Artikel und ich mach in dieser Zeit ein paar Nachforschungen."

Mit diesen Worten verschwand er wieder aus dem Haus und sie begann den Artikel zu lesen.
 

Gestern Abend wurde mitten in der Stadt New York ein japanischer Junge von einem schwarz gekleideten Mann mit einer Waffe bedroht und danach angeschossen. Der schwarzhaarige Junge im Alter von sechs Jahren wurde mit schweren Verletzungen ins Hyde Park Hospital eingewiesen. Sein Zustand ist kritisch.

Weshalb der unschuldige Knabe Opfer dieser Attacke geworden ist, war zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Die Polizei vermutet jedoch, dass es sich um eine Verwechslung gehandelt hat. Die Ermittlungen laufen noch."
 

Verängstigt senkte sie die Zeitung.

Sie waren wieder da und verfolgten sie. Weshalb konnten sie nie Frieden finden? Diese Teufel der Organisation waren ihnen wieder auf den Fersen.
 

Genau in diesem Moment kehrte ihr Freund zurück. Nach Luft schnappend stand er im Türrahmen und Ran erkannte, dass er keine gute Nachrichten hatte.

"Der junge Japaner, der angeschossen wurde, trug eine Brille, hatte blaue Augen und schwarze Haare." Er zeigte ihr ein Foto mit einem Grundschulkind, welches Shinichi wie ein Ei dem anderen glich, wären da nicht Jasons gefärbte blonde Haare und die Kontaktlinsen gewesen.

"Er ist heute morgen den Verletzungen erlegen, die er von den Schüssen davon getragen hatte", flüsterte er. Dann fügte er hinzu: "Sie sind wieder da."
 

"In diesem Haus wird nicht Japanisch gesprochen!"

Sie wandten sich erschrocken um. Lin Lao hatte das Zimmer betreten und blickte sie zornig an. Das Mädchen wusste zwar nicht, was er gesprochen hatte, aber es klang auf keinen Fall freundlich. Sie versteckte sich unsicher hinter ihrem Freund.

Kurz war der alte Chinese einen abschätzigen Blick auf sie, dann sprach er mit Shinichi und kurz darauf verschwanden die beiden in einem anderen Zimmer.
 

"Was möchte der ehrwürdige Vater von mir?" Conan hatte Mühe, seinen Zorn zu unterdrücken. Der missfallende Blick auf Ran vorhin war ihm nicht entgangen.

"Der ehrwürdige Sohn soll die Wahrheit sprechen."

"Die weiss der edle Vater bereits."

Lao sah ihn böse an. Das silberweisse Haar gab ihm einen Ausdruck von höchster Würde und Erhabenheit.

"Ich dachte mein Sohn suche stets die eine Wahrheit?"

"W-Wie?" Jason blickte verdattert drein. Nie hatte er erwähnt, dass er einmal Detektiv gewesen war oder was seine wahre Identität war.

"Er hat richtig gehört. Ich möchte wissen, wer er wirklich ist und weshalb er seine Heimat verlassen hat."

Shinichi seufzte. Vielleicht war es besser dem alten Mann zu vertrauen. Bei den Dingen, die er in Zukunft machen musste, konnte er jede helfende Hand brauchen.

"Wenn er mir verspricht, niemandem ohne meine Erlaubnis davon zu erzählen, werde ich ihm meine Geschichte zeigen."

Lao nickte. Er hatte gefühlt, dass dieser Junge ein Geheimnis hatte, doch stets hatte sich Jason dagegen gewehrt etwas zuzugeben. Bei dem alten Mann dauerte es lange, bis er jemandem vertraute und bei dem Kleinen hatte es noch länger gedauert. Dafür mochte er ihn jetzt umso mehr, sodass er ihm auch unbedingt helfen wollte. Auch wenn er es ihm lange nicht gezeigt hatte.

Shinichi erzählte ihm kurz von den Geschehnissen, die ihn in die momentane Lage verfrachtet hatten und das Oberhaupt der Lin Familie hörte ihm aufmerksam zu.

"Darf ich meinen ehrwürdigen Vater darum bitten, mir zu sagen, wie er hinter mein Geheimnis gekommen ist?"

"Ein Blick in sein Herz genügte um seinen Schmerz zu erkennen."

,Schon wieder so ein Spruch. Immer wenn ich wirklich etwas von ihm wissen will, spricht er in Rätseln...' murrte Shinichi.

Langsam wurde er unruhig. "Kann mir mein Vater sagen, was ich nun tun soll?"

"Laufe nicht mehr davon..."

Conan wurde hellhörig. Das war das erste Mal überhaupt, dass der alte Mann in direkt ansprach und nicht immer die dritte Person benutzte.

Er dankte ihm für den Ratschlag und begab sich wieder zu seiner Freundin, die neugierig draussen wartete.
 

Als er die Tür öffnete, sprang sie ihm besorgt entgegen.

"Ist alles in Ordnung?"

Er nickte nur leicht und begab sich zum Hauseingang. Dort schlüpfte er in seine Turnschuhe und wollte gerade mit dem Anorak los, als ihn jemand von hinten packte.

"Shinichi, was ist los?"

Er riss sich los und schüttelte mit dem Kopf.

"Hör auf, ich weiss, dass etwas nicht stimmt!"

Ein gequältes Lächeln erschien auf Shinichis Gesicht. "Klar stimmt etwas nicht. Irgendjemand ist hinter mir her."
 

Sein Gesicht war eingefallen, die Haut bleich und die Augen glänzten trüb. Ran sah wieder den Jungen vor sich, den sie vor mehreren Monaten angetroffen hatte. Ein Grundschüler, der aber vor lauter Sorgen und Problemen aussah wie ein alter Mann.
 

"Komm mit, Shinichi." Er liess sich willenlos mitziehen. Zielstrebig führte sie ihn durch die Stadt bis zum kleinen See, an dem sie schon so viele ernste Gespräche, aber auch schöne Momente verbracht hatten.

Er schwieg während dem kurzen Marsch, sein Blick stumpf und ins Leere gerichtet.
 

Die lange Zeit der Einsamkeit und des Versteckens waren nicht spurlos an ihrem Freund vorübergegangen und Ran hatte einige Male bereits miterlebt, dass Shinichi beinahe wahnsinnig geworden wäre.

Als sie einmal für einen halben Tag fortgefahren war um etwas in einer grösseren Stadt zu besorgen, hatte sie ihn am Abend völlig verstört im Zimmer entdeckt, auf dem Bett hockend mit unendlicher Trauer auf dem Gesicht.

Ihr Verschwinden, auch wenn es noch so kurz gewesen war, hatte in ihm das Gefühl von Alleinsein wieder hervorgeholt und ihn in eine tiefe Krise gebracht. Eine ganze Weile hatte sie gebraucht um ihn wieder zur Vernunft zu bringen.

Alles was ihn irgendwie an ein Leben ohne sie erinnerte, brachte ihn aus dem Gleichgewicht.
 

Im Laufe der Zeit mit ihr waren solche Anfälle immer weniger geworden und dann schliesslich ganz ausgeblieben, so dass sie bereits auf ein glückliches Leben mit ihm gehofft hatte.

Er lachte die ganze Zeit und wirkte rundum gesund.
 

Aber das Schicksal machte nun einmal nie das, was die Menschen wollten und brachte immer wieder Veränderungen hervor.

Die Menschheit mochte noch so sehr die Welt beherrschen, das Schicksal konnten sie nicht unterjochen, so sehr sie es auch versuchten.

,Vielleicht ist das auch gut so...', dachte Ran. ,Sonst gäbe es noch mehr Verrückte wie diese Organisation von damals, die den Tod besiegen wollten?'
 

,Irgendetwas muss Shinichi aus dem Gleichgewicht gebracht haben.', dachte Ran und blickte auf den Jungen, den sie immer noch hinter sich herzog.

Unter einer Weide setzten sie sich hin, der Wind liess auf der Seeoberfläche kleine Wellen erscheinen.

"Shinichi, was hat dir Lao gesagt?"

Er beruhigte sich langsam, das leise Plätschern des nahen Gewässers liess das Toben in seiner Seele schwächer werden.

"Er wollte wissen, weshalb ich ihn anlüge und meine wahre Identität verberge."

"Und du hast ihm reinen Wein eingeschenkt?"

"Ja."

Ran wartete ein Weilchen, denn er würde das Thema, das ihn bekümmerte schon selbst anschneiden.

"Ran, ich will nicht..." Im lauten Rauschen des Windes waren seine Worte fast nicht zu hören gewesen und trotzdem hatte sie das Wispern verstanden.

"Ich will nicht, dass alles wieder von vorne anfängt und ich wieder alleine bin."

"Aber das bist du doch nicht...", sagte sie mitfühlend und rückte näher an ihn heran. Das waren die einzigen Momente, in denen der verletzliche Shinichi sich zeigte und sie für ihn stark sein musste. Er brauchte sie dringend und sollte spüren, dass er nicht alleine war.

"Aber um weitere Unschuldige vor Unglück zu bewahren, muss ich mich den Männern in Schwarz wieder stellen. Doch jeder Kontakt hat bisher nur Opfer gefordert und mein Leben zerstört. Ich fürchte, es könnte nun wieder so kommen."

Sie schwieg. Jetzt durfte sie nicht zu viel sagen, sonst würde er wieder verstummen und sich seinen Schmerz nicht von der Seele reden.

"Ich habe Angst, Ran..."

Sie seufzte. "Hör mir zu Shinichi.

Ich habe Nachforschungen betrieben, nachdem du geflüchtet bist. Diese Organisation existiert nach wie vor, hat jetzt allerdings einen anderen Aufbau und andere Ziele.

Die Suche nach dir haben sie am Anfang ihrer Existenz fast aufgegeben, aber danach wurde plötzlich wie wild nach dir geforscht, weil ich einen Fehler gemacht habe.'"

Shinichi reagierte nicht, sondern sah sie nur aufmerksam an.

"Ich habe die Nachforschungen unter deinem Namen gemacht. Dadurch wollte ich einerseits dich rächen, der du ja, wie ich dachte, dem Gift erlegen warst. Andererseits verschaffte mir dieser Name auch einen grossen Schutz und grosse Möglichkeiten an Informationen zu gelangen."

"Du hast unter meinem Namen...?"

Er erhielt ein Nicken als Antwort.

"Dann hast du also dafür gesorgt, dass die Angriffe an Orten, wo ich Inserate unter meinem wahren Namen veröffentlicht hatte, mit der Zeit immer zahlreicher auftraten. Die wollten mich loswerden!"

Keiko nickte schuldbewusst. "Ich wusste ja nicht, dass du noch lebst."

Ein Lachen erklang: "Du hast mir damit in gewisser Weise das Leben gerettet, Ran. So dachte ich nämlich, dass wenigstens die Organisation noch an mir Interesse hatte. Diese Erkenntnis hat mich immer wieder aus der Dunkelheit des Wahnsinns befreit."

"Shinichi, du kannst nicht für immer davon laufen. Irgendwann muss man seinen Ängsten und seinen Feinden in die Augen sehen, selbst wenn es dich das Leben kostet.

Ich begleite dich auf jeden Fall, du bist also nie mehr allein! Wenn du stirbst, sterbe ich mit dir!"
 

Der Junge hatte ein nachdenkliches Gesicht aufgesetzt.

Ran sah, wie er sich quälte. Seine Angst, dass nach dem Kampf gegen die Entführer wieder etwas Schlimmes geschehen würde, liess ihn vor dem letzten Schritt gegen die Organisation zurückschrecken.
 

Dann seufzte er und ein resignierendes, aber auch glückliches Lächeln machte dem unbeschreiblichen Starren Platz.

"Vielleicht ist es wirklich Zeit..."

Dann zog er Ran dankend an sich und gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Wange. "Was würde ich nur ohne dich machen...", murmelte er ihr ins Ohr. Erleichtert schmiegte sie sich an ihn, froh, dass sich ihr Freund wieder beruhigt hatte.
 

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Es geht weiter! ^^

Weiterhin gilt, dass ich froh wäre, wenn ihr mir bei seltsam konstruierten Sätzen etc. eine Meldung machen könntet. Ich habe den Text schon so oft auseinandergenommen, sodass ich bald nicht mehr weiss was richtig und was falsch ist. ^^
 

Viel Spass beim Lesen!

xXx Taipan

Verbündete aus alten Tagen

Shinichi kaute auf dem Toast herum und las mit gerunzelter Stirn die Zeitung.

Sie beobachtete ihn, ein lange vermisstes Kribbeln machte sich in ihrer Magengegend breit.

Diesen Blick hatte sie schon so lange nicht mehr bei ihm gesehen.

Die Augenbrauen hingen tief ins Gesicht, ein stechender Blick und eine Krümmung des Mundes, die nur so von Arroganz und Selbstbewusstsein strotze.

Diese Mimik, die sie manchmal fast zur Weissglut gebracht, aber auch so geliebt hatte, war auf Shinichis Züge zurückgekehrt.

Ihr wahr nicht klar, woran er gerade dachte, aber wen er auch immer ins Visier genommen hatte, sollte sich in Acht nehmen.

Das war der Detektiv, den sie kannte.
 

"Ich scheine ein ausgezeichnet gutes Objekt zu sein, wenn ich es wert bin einige Minuten lang beobachtet zu werden..." Grinsend lugte er hinter der Zeitung hervor und genehmigte sich einen Schluck Kaffee.

Ran schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Kein Wunder, dass ihm das auffiel, schliesslich hatte sie ihn unverhohlen angestarrt und wenn er seine Sinne geschärft hatte, blieb ihm nichts verborgen.

"War nicht meine Absicht", sagte sie trocken und rührte ihn ihrem Müeslibrei herum, der schon eine ganze Weile vor ihr stand, unangerührt.

"Nicht?", fragte er enttäuscht und nahm einen grossen Bissen Toast. Ran erkannte jedoch ein kleines Schmunzeln und wusste somit, dass er nur den Beleidigten spielte.

Nach einer Weile fügte er hinzu: "Ich werde heute aufbrechen, weil ich dringend mit Black und Shiho reden muss. Sie arbeitet beim FBI und ich werde einige Zeit brauchen."

Erstaunt frage Keiko: "Du willst das FBI einschalten?"

Ein Nicken am anderen Ende des Tisches reichte als Antwort.

Und was kann ich unternehmen, währenddem du dich im FBI aufhaltest?"

"Rede mit den Lins und teile ihnen die Wahrheit mit"

"OK, das kann ich machen. Wann wirst du zurück sein?" In ihrer Stimme klang Sehnsucht, sie wollte nicht lange von ihm getrennt sein.

Als er ihre verborgene Angst erkannte, wurde er ganz sanft. "Keine Angst, ich bin morgen Abend wieder hier."

Er erhob sich und gab ihr zum Abschied einen langen Kuss und nahm sie zärtlich in den Arm.

Dann verschwand er mit einem Lächeln in der Türe.
 

"James Black, jemand möchte mit Ihnen sprechen."

"Ich sagte doch, dass ich äusserst beschäftigt bin und Störungen nicht ausstehen kann!"

"Aber er sagte, es sei dringend."

Die Sekretärin erhielt einen zornigen Blick vom Chef des FBIs und wurde daraufhin um ein paar Zentimeter kleiner als sie sonst schon war.

"Verdammt noch mal, alle Leute meinen, dass die Dinge, die sie zu erledigen hätten am dringendsten wären. Aber ich habe nun einmal auch meine Pflichten zu erfüllen!"

Wütend nahm er einen Schluck von dem Kaffee, der vor sich hindampfend auf seinem Tisch stand.

"So? Und dabei dachte ich, ich könnte bei Ihnen immer vorbei kommen, wenn ich etwas auf dem Herzen hätte..."

Black spie vor Überraschung den Kaffee wieder aus und besudelte mit dem heissen Getränk seinen ganzen Arbeitsplatz. Diese Stimme würde er unter Tausenden wieder erkennen. Es gab niemanden, der solch einen Sarkasmus und solch eine Erwachsenheit in eine Kinderstimme legen konnte wie diese Person. Aber wie war das überhaupt möglich? Die Organisation wurde doch zerschlagen, das Gegengift wiederbeschafft und somit alle Probleme beseitigt?

Er wandte sich um und erkannte tatsächlich Shinichi Kudô alias Conan Edogawa, der sich gerade mit einem Grinsen dagegen wehrte von Frau Brooks aus dem Büro geworfen zu werden.

"Halt, der Junge kann bleiben."

Sie starrte ihn verdattert an.

"Aber ich dachte, Sie wollten von nie-"

"Dies scheint ein Notfall zu sein, also lassen Sie ihn zu mir."

Die Sekretärin hörte damit auf Conan aus dem Zimmer ziehen zu wollen und blieb resignierend im Türrahmen stehen."

"Dürfte ich Sie darum bitten, das Büro zu verlassen?"

"Aber i-"

"Sie verschwinden jetzt sofort! Und zwar für die nächsten drei Stunden!"

Beleidigt schloss die Blondine mit einem Knall die Tür nicht ohne noch einmal einen bitterbösen Blick auf die beiden männlichen Wesen im Raum zu werfen.

"Ich weiss schon lange, dass sie ein Abhörgerät installiert hat und sich heimlich meine Gespräche mit Besuchern anhört. Aber ist ja egal...Was führt dich zu mir, Shinichi? Und vor allem, wieso bist du wieder geschrumpft?"

"Sie meinen wohl, weshalb ich immer noch als Kind rumlaufe?"

"Wie bitte?"

Shinichi ging nicht darauf ein.

"Ich bin zu Ihnen gekommen, weil ich die Hilfe des FBI dringend brauche. Die Organisation wurde damals nicht restlos ausser Gefecht gesetzt und die verbliebenen Mitglieder haben im Laufe der Jahre wieder an Macht gewonnen. Nun haben sie bereits einen Jungen attackiert und es könnte weitere Opfer geben."

"Ich habe davon gehört. Woher willst du wissen, dass es sich um Mitglieder der Organisation handelt, die den Knaben angeschossen haben?"

"Der Junge aus New York glich mir, als ich noch als Conan unterwegs war, unglaublich und in allen Zeitungsberichten ist eindeutig von schwarz gekleideten Leuten die Rede."

Black nickte. "Was hast du eigentlich in den letzten Jahren gemacht? Ich habe nie etwas über dich gelesen oder gehört."

Shinichi seufzte. "Das ist eine lange Geschichte..."
 

Nachdem der Chef des FBI alle Einzelheiten des Falles wusste, lehnte er sich nachdenklich in seinem Sessel zurück und blickte auf den ernsten Jungen, der vor ihm in einem Besucherstuhl sass.

Nach einer Weile sagte er: "Dass diese Organisation nun wieder aktiv ist, verlangt natürlich nach unserem Mitwirken in diesem Fall. Ich frage mich allerdings, weshalb die Verbrecher so lange benötigten um sich auf die Suche nach dir zu machen."

"Ich denke, anfangs war die Bande einfach zu schwach um auch in Übersee tätig zu sein, doch als sie auch in Amerika ihre Mitglieder stationiert hatten, begann die Suche nach Shinichi Kudo. Seltsamerweise tauchten sowohl in Amerika, als auch in Japan Mitteilungen von mir auf, weil Ran unter meinem Namen gearbeitet hat.

Da Rans Nachforschungen in Tokyo aufgehört haben, vermuten sie mich in den Staaten und begannen mit Attacken auf unschuldige Menschen, die mir ähneln." Seine Stimme klang verbittert und Black erkannte, dass ihm der Tod des Jungen sehr nahe ging.

"Am besten ist es wohl, wenn wir zuerst den Killer dingfest machen, der dir auf den Fersen ist. Dadurch kriegen wir vielleicht einen Anhaltspunkt, wo der Rest steckt." James Black nahm einen Füller und schrieb sich einige Notizen auf ein Blatt. Als Shinichi etwas sagte, herrschte auf dem weissen Untergrund ein Durcheinander von blauen Tintenflecken.

"Nehmen sie mich als Köder..."

Black sah entsetzt auf. "Spinnst du, das kann ich nicht verantworten.."

Der Junge erhob sich und blickte ernst, beide Hände fest auf den Tisch gepresst, zu dem Mann mit Schnauz hinüber. In seinen Augen funkelte es.

"Mr. Black, ich will nicht, dass noch mehr Kinder verletzt werden, nur weil sie Gesichtszüge haben, die den meinen ähnlich sind. Ich bitte Sie nicht darum, weil ich mich beweisen will oder um an Ruhm zu gelangen. Es geht mir allein darum weitere Todesfälle zu vermeiden und nicht mehr in Angst leben zu müssen."

Danach stand er heftig atmend da, liess aber Black nicht aus den Augen.

Dieser gab nach einigen Minuten schliesslich auf und stimmte seufzend zu. Er fügte aber noch warnend hinzu, dass Shinichi als Lockvogel nicht zu vorwitzig sein sollte, da sonst die ganze Aktion ins Wasser falle.

Der Junge nickte und danach unterhielten sie sich ein wenig über andere Dinge, bevor er sich schliesslich verabschieden musste.
 

"Ich muss gleich los und noch einige Dinge erledigen. Ach ja, kann ich noch kurz bei Shiho vorbeischauen?"

"Klar, mach das."

Conan gab ihm die Hand zum Dank und verliess das Büro. In der Tür wurde er nochmals kurz von Black aufgehalten.

"Ach ja, Shinichi?"

Der Angesprochene drehte sich um. "Ja?"

"Ich wünsche dir viel Glück!"

"Danke!", rief der Kleine und wollte gerade weitergehen, als er noch einmal aufgehalten wurde.

"Hm?"

Der Amerikaner grinste. "Das Blond steht dir nicht..."

Shinichi verzog das Gesicht und streckte ihm dann die Zunge raus. Dann verschwand er.
 

Ran war gerade dabei ihrer chinesischen Gastfamilie ihre Geschichte zu erzählen. Das Erstaunen auf den Gesichtern der Lins war riesig, als sie ihnen sagte, sie sei in Wirklichkeit kein Kind.

Nur Lao schmunzelte vor sich hin.

,Endlich hat der kleine Yong erkannt, dass die Flucht nicht immer der beste Weg ist.'

"Lanlan, du bist wirklich schon soo alt?" Liang stand vor ihr und betrachtete sie skeptisch. "Dabei siehst du doch genau so alt aus wie ich!"

"Mein Sohn, es gibt Dinge auf dieser Welt, die sich nicht immer so leicht erklären lassen", meinte daraufhin Lao und der Junge sah beeindruckt auf.

"Und ich habe Yong immer damit aufgezogen, dass er noch nicht so gut rechnen kann wie ich", meinte Pao. Sein Gesicht hatte den Ausdruck von tiefster Verwirrtheit angenommen. Ran kicherte: "Stimmt, Jason hat mir immer gesagt, er hätte dich am Abend am Küchentisch angetroffen, mit Bergen von Aufgabenblättern über Wurzelrechnungen und solchen Dingen und du hast dabei gestöhnt, weshalb du der älteste Sohn wärst und niemanden hättest, der dir solche Dinge erklären könnte."

Paos Gesicht wurde augenblicklich rot und die ganze Familie begann zu lachen.

Tante Sei blickte nur besorgt zu Ran hinunter und sie erkannte in ihren Augen Tränen.

"Yongyong war die ganze Zeit allein und wir haben das nicht einmal bemerkt. Ich mache mir riesige Vorwürfe!"

"Mutter, sei nicht traurig, er weiss ja, dass wir nichts davon wussten. Und seit Ran hier ist, ist er viel gelassener!" Anchee kam mit einigen Tassen Tee auf einem Tablett ins Wohnzimmer und so sprachen sie noch eine Weile.
 

,So, jetzt fehlt noch diese Substanz und dann...'

"Mixt du schon wieder ein Gift?"

Shiho zuckte bei dieser frechen Stimme kurz zusammen, fasste sich aber schnell wieder.

"Was machst du denn hier, Kudo?" Ihre Verblüffung hatte sie aber doch nicht ganz aus ihrer Stimme verbannen können.

"Und woher weisst du überhaupt, dass ich im Labor des FBIs arbeite?"

Er antwortete mit einem Schmunzeln: "Ich wollte dich einmal besuchen... Ist das so schwer zu verstehen?"

"Rück schon raus mit der Sprache. Du meldest dich nicht nach über zehn Jahren bei mir, nur um ein Plauderstündchen zu halten. Also?"

"Ich wollte dich fragen, ob du mir bei einer meiner Maschinen behilflich sein könntest. Es geht um die Munition."

Die rotblonde Frau blickte mit erhobenen Augenbrauen auf ihn herab. "Du braucht Munition? Aber dir ist doch klar, dass ich nicht Sprengstoffexpertin bin..."

"Klar, ich brauche für die Patronen eine bestimme Füllung und da kannst du mir sicher am besten weiterhelfen."

Er erklärte ihr, was er benötigte und wofür er dieses Mittel einsetzen wollte. Wenige Minuten später nickte sie.

"Das Mittel kann ich dir in wenigen Minuten herstellen, kein Problem." Sogleich erhob sie sich von ihrem Hocker, wo sie sich zwischenzeitlich hingesetzt hatte um mit dem Kind zu reden und begann Pülverchen, Lösungen und Mixturen verschiedener Farben miteinander reagieren zu lassen.

"Sag mal, Kudo...

"Was ist?"

"Gehörst du jetzt auch schon zu diesen verrückten Japanern, die sich ihre Haarfarbe blond färben, weil sie finden, dass das so modern aussieht?" Sie grinste, denn seine neue Haarfarbe sah einfach nur komisch aus..

Er stöhnte auf: "Du bist nicht die erste, die sich heute darüber lustig gemacht hat..."

Ein Kichern war aus dem Rauch heraus zu hören. "Und wie läuft's mit Ran? Hat sie das Schrumpfmittel bereits eingenommen?"

"Ja, schon vor einigen Monaten."

Die Wissenschaftlerin nickte erfreut: "Bin ich froh, dass das Schicksal es für euch beiden doch noch gut gemeint hat. Ich wäre deinen Eltern damals am liebsten an die Gurgel gesprungen als ich von ihren Ideen erfahren hatte, aber da war es bereits zu spät. Du warst unauffindbar und Ran wollte mir nicht zuhören." Sie zuckte traurig mit den Schultern. Dann hörte man ein leises Zischen. Glücklich kam Shiho mit einem grossen Behälter voll Flüssigkeit auf ihn zu.

"So, da hast du deine Munition. Ich wünsche dir viel Glück bei deinem Kampf gegen die Organisation! Mach diese elenden Kerle nieder und pass auf dich auf!"

"Danke! Pass aber auch auf dich auf, klar?"

"Sicher!"

Dann grinste sich fies. "Warte, ich hab noch etwas für dich..."

Sie huschte zu einem Schrank, fischte etwas heraus, schloss die Tür wieder und kam zurück. Mit einem Zwinkern drückte sie dem Jungen ein Beutelchen in die Hand.

"Anwendung liegt bei..."

Jetzt musste auch Shinichi lachen. Dann verabschiedete er sich von seiner alten Leidensgenossin und verschwand.

Shiho sah ihm noch kurz nach, dann machte sie sich wieder an die Arbeit.

"So ein Mist! Kudo, wegen dir muss ich den ganzen Versuch jetzt noch mal machen!", fluchte sie, als sie bei ihrem Arbeitsplatz angelangt war. Doch dann schlich sich wieder ein Lächeln auf ihre Lippen, als sie an die blonden Haare denken musste.

Summend machte sich die Wissenschaftlerin daran Substanzen abzufüllen.
 

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Die Szenen mit Shiho und James Black gehören zu den Ursprungsteilen meiner FF. Meine Geschichten entstehen aus einzelnen Sequenzen, die ich ausbaue. Die Zwischenstücke kenne ich, wenn ich zu schreiben beginne, meistens noch nicht, sondern ich hoffe einfach, dass mir etwas einfallen wird. ^^ Wie ich hoffe, ist mir das bis her gelungen. XD

Ich danke allen lieben Kommischreibern und hoffe, ich hattet auch diesmal ein wenig euren Spass beim Lesen. *zwinker*

Bai bai und bis zum nächsten Mal!

Taipan

Telefongespräche

Glücklich, aber auch irgendwie nervös und ängstlich, suchte Ran ihr Handy hervor und tippte eine lange Nummer ein.

Ein Läuten war zu hören, dann hob jemand ab.

"Hallo? Hier spricht Jason Bourne", meldete sich jemand in Englisch.

"Ich bin's, mein Romeo." Ran kicherte. Ihr Shinichi hatte sich den Namen einer Romanfigur zugelegt, was sie immer dazu anstiftete ihn am Telefon zu necken.

Seine Stimme wurde sogleich sanfter.

"Und ist bei meiner kleinen Julia alles in Ordnung?"

Sie erzählte ihm von dem Gespräch mit den Lins und er hörte aufmerksam zu. Dann erzählte er ihr von Black, wobei er den Lockvogel wegliess um Keiko nicht zu sehr zu verängstigen. Sie hörte ebenfalls interessiert zu, erfreut darüber, dass sie auf die Hilfe des FBIs zählen konnten.

Fröhlich unterhielten sie sich weiter, als sie plötzlich stutzig wurde. "Bist du gerade am Duschen?"

"Wieso meinst du?"

"Ich höre das Rauschen von Wasser im Hintergrund."

"Ach das..." Ran konnte praktisch sehen, wie er am anderen Ende begann sein typisches Grinsen aufzusetzen. "Weisst du, ich surfe gerade ne Runde in Hawaii und da gibt es so einen grossen Wasserfall in der Nähe."

"Idiot."

Es lachte nur und dachte an ein bestimmtes Mittel von Shiho.

"Also was machst du da?" Ran konnte ihre Neugier nicht zügeln.

Shinichi beruhigte sich wieder und sagte: "Du hattest Recht, es ist die Dusche, aber ich wasche damit nur meine Kleider aus, die ganz dreckig geworden sind. Befriedigt diese Antwort Miss Marple?"

"Denkst du etwa, ich sei eine alte Frau?", fragte Ran ihn mit einem aufgesetzten beleidigten Ton in der Stimme.

"Ich denke überhaupt nichts!"

"Das ist bei euch Männern noch öfters der Fall..."

"Hey!"

So ging das weiter, bis Shinichi sich nach einiger Zeit verabschiedete, weil er noch etwas erledigen musste.
 

Sie war gerade mit der ganzen Familie Lin beim Abendessen, als Ran das Geräusch der Haustür vernahm wie sie leise geöffnet wurde.

Sofort sprang sie von ihrem Stuhl, an dessen Höhe sie sich langsam gewöhnt hatte und stürzte aus dem Esszimmer. Die anderen blickten ihr verblüfft nach.

Im Gang traf sie auf Shinichi, der gerade dabei war seine Jacke auszuziehen. Übermütig lief sie auf ihn zu und umarmte ihn so stürmisch, dass beide sogleich zu Boden fielen und lachend liegen blieben.

"Was für eine Begrüssung!", sagte er und strahlte sie fröhlich an.

"Du warst auch lange genug weg!", erwiderte Ran und gab ihm ein Küsschen auf die Wange.

Es kicherte und die beiden sahen auf.

In der Tür, die zum Esszimmer hinüberführte, stand die ganze Familie Lin und grinste.

Pao machte eine Bemerkung in Chinesisch und Conan verdrehte die Augen.

"Was hat er gesagt?", fragte Ran, die dieser Sprache noch nicht mächtig war oder zumindest noch nicht viel verstand.

"Er hat mich wieder einmal einen Casanova und Playboy genannt," murrte Shinichi, dann erhoben sich die beiden und folgten der Familie um mit dem Abendessen fortzufahren oder wie in Conans Fall damit zu beginnen.
 

"Sag einmal, Shinchi..."

"Hm?", antwortete dieser und schluckte gerade einen Bissen Nudeln hinunter. "Was ist?"

"Seit wann hast du deine alte Haarfarbe eigentlich wieder?", fragte Ran und sah ihn skeptisch an.

"Gefällt es dir nicht?"

"Doch. Jetzt siehst du wieder so aus, wie ich dich kennengerlernt habe."

Er nickte und zog die Stirn kraus. "Ich wollte wieder so aussehen wie früher, weil..." Eigentlich hatte er sagen wollen, dass er sonst nicht als Köder auftreten konnte, doch rechtzeitig konnte er seine Antwort noch abändern.

"Mir hat Schwarz besser gefallen..." Diese Aussage war schliesslich auch keine Lüge.
 

Plötzlich fuhr ihm Ran durch die Haare. Ihre Augen glänzten vor Freude und sie lachte.

"Jetzt bist du wirklich wieder da..."

Er spielte den Beleidigten. "War ich das vorhin nicht? Nur wegen dem Blond..."

"Das übrigens grauenhaft aussah, verglichen mit deiner neuen Haarfarbe", fügte Pao hinzu und wieder kicherte die ganze Familie.

Conan beschloss darauf nichts zu antworten, dachte aber bei sich: ,Danke, dass mir das jemand sagt. Ich höre es ja schon selten genug.'

Doch dann lachte er fröhlich mit den anderen mit und es wurde über andere Dinge gesprochen.

Ran versuchte zwar in Chinesisch zu antworten und zu verstehen, was die anderen sagten, aber sie war bei weitem noch nicht so gut wie Shinichi, der sich fliessend mit den anderen unterhalten konnte.

Er half ihr immer, erklärte ihr wie sie es sagen musste und Tante Sei, ihre Kinder und Lao redeten extra langsam damit Keiko etwas verstand.
 

"Sag Shinichi, wann beginnt der Kampf gegen die Organisation?", fragte sie ihn, als die anderen gerade über einen chinesischen Lebensmittelverkäufer sprachen, der wieder einmal zuviel für ein bestimmtes Gewürz verlangte.

"In drei Tagen fangen wir an in New York, da der Killer dort das letzte Mal gesichtet worden ist."

"Schade, dass zweite Mal, dass ich in New York bin und auch diesmal werde ich meinen Aufenthalt nicht restlos geniessen können..."

"Du meinst, wegen dem Golden Apple - Mord damals?", fragte er und blickte sie lieb an. Dann fügte er hinzu: "Wäre es nicht besser, wenn du hier blieben würdest, bis ich wieder zurück bin? Ich möchte nicht, dass dir noch etwas geschieht."

Sie starrte ihn an und sagte mit gefährlichem Unterton in der Stimme: "Shinichi, was verheimlichst du mir? Warum sollte dir oder mir etwas zustossen, wenn das FBI dabei ist?"
 

Da war es wieder, Rans Kampfgesicht, das er schon lange nicht mehr gesehen hatte. Diesen Blick hatte sie immer aufgesetzt, wenn sie im Begriff war sehr wütend zu werden. Andererseits erkannte er auch hinter der Fassade, dass sie besorgt um ihn war. Er verschwieg ihr etwas und das machte ihr zu schaffen, liess sie am Vertrauen zweifeln, dass sie schon so lange zwischen sich spürten.

Aber was war, wenn er sie wieder durch einen Vorfall verlor?

Eine Erinnerung in ihm flammte auf. Es war eine stürmische Nacht gewesen und er am Boden zerstört. "Friss nicht alles in dich hinein, sondern vertrau mir...", sprach der Engel und er gehorchte.

Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er an Rans Aufforderung dachte.
 

"Ich werde als Lockvogel arbeiten...", flüsterte er und beobachtete die Reaktion Keikos. Ihr Gesicht wurde bleich, aber sie behielt sich unter Kontrolle. "Du, ... du wirst was?" Ungläubigkeit klang in ihrer Frage mit.

Er nahm einen Schluck Wasser und erklärte ihr dann, dass es wahr sei, worauf sie ebenfalls zum Glas griff.

Nach einer Weile sagte sie leise: "Ich danke dir, dass du mir die Wahrheit gesagt hast." Sie schenkte ihm ein zartes Lächeln. "Dass du mir jetzt sagst, was los ist, ermöglicht mir, mich darauf vorzubereiten."

Sie seufzte und fragte, ob es wirklich nötig sei, dass er persönlich als Köder dabei sein würde. Shinichi nickte und sagte ihr dasselbe, was er zuvor auch Black erklärt hatte.

Traurig hob sie den Kopf und meinte dann: "Ich komme trotzdem mit, für alle Fälle!"

Jason wollte auffahren und sie von ihrem Plan abbringen, doch das Mädchen wusste ihren Kopf durchzusetzen und der Meisterdetektiv musste schliesslich klein beigeben.
 

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Ein kleines Kapitel, aber ich wollte euch nach langer Zeit auch mal wieder etwas gönnen. ^^ Es passiert nicht sehr viel, im nächsten geht's dann heiss zu und her...*evilgrin*

Ich hoffe es hat euch gut gefallen!

Bai-bai

xXx Taipan

Show-Down in New York

"Mein Gott, der Park ist einfach unglaublich!", rief Keiko und rannte fröhlich auf dem Rasen herum.

Conan folge ihr in einigem Abstand, beobachtete sie von Weitem und genoss ebenfalls die grüne Zone mitten in der riesigen Stadt an der Ostküste der USA.

,Seltsam, wie schnell Ran verstanden hatte sich wie ein Kind zu benehmen...', dachte er. ,Kein Wunder, dass meine chinesischen Freunde nicht dahinter gekommen sind, dass sie eigentlich schon viel älter wäre.'

Grinsend verabschiedete er sich von seinen Gedanken und lief zu Ran, die gerade mit einem Eichhörnchen spielte. Gemeinsam fütterten sie es mit Nüssen, die sie mitgebracht hatten.

"Ob es wohl das gleiche ist wie damals?", fragte Ran ihn und strahlte, obwohl es ab morgen mit ihrem Kurzurlaub vorbei war und Shinichi nach dem Mörder des kleinen Jungen forschte.

"Vielleicht ein Ur-ur-Urgrossenkel, wer weiss....", antwortete er grinsend und streichelte dem kleinen Tier über den Kopf, was es zu geniessen schien, denn es schloss die Augen und legte den Kopf schief, als wollte es mehr.
 

Jason hatte plötzlich ein schlechtes Gefühl, er fühlte sich beobachtet.

Ein eisiger Wind wehte und rauschte in den nahen Bäumen. Der Grasteppich zu seinen Füssen bewegte sich leicht hin und her.

Vorsichtig sah er sich um, all seine Sinne waren bis zum Zerreissen gespannt.

Ran erkannte anhand seiner ganzen Haltung, dass irgendetwas nicht stimmte und liess das Eichhörnchen wieder frei.

Dieses schien ebenfalls die nahende Gefahr zu spüren und verschwand sofort.

Sie schmiegte sich an ihren Freund und tat es ihm gleich, suchte nach auffälligen Personen.

Shinichi atmete mit ruhigen, kräftigen Zügen. Seine innere Nervosität überspielte er mit äusserster Kälte. Jetzt in Panik zu geraten war nicht angebracht.

"Hör zu, wir gehen jetzt ganz langsam weiter zu dieser Baumgruppe", hauchte er ihr ins Ohr und sie marschierten los.

Plötzlich packte er ihre Hand und rannte los, zog sie hinter sich her. Sie lief so schnell wie sie konnte, dann warfen sie sich hinter einem Busch auf den Boden.

Völlig verstört blickte sie an die Stelle, an der sie zuvor noch gestanden hatten. Kleine Löcher von Schüssen konnte sie erkennten und Rauch, der von den Einschusslöchern aufstieg.

"Verdammt, die haben Gaspatronen..", knurrte Shinichi und tippte eine Nummer auf seinem Handy ein.
 

Müde hob James Black den Kopf und blickte auf das piepende und trillernde Mobiltelefon, das auf dem Sitz neben ihm lag.

"Warum müssen mich die Leute immer aufwecken, wenn ich ausnahmsweise im Auto schlafen könnte?", grummelte er und packte das nervende Gerät.

"Hier Black!"

"Wir brauchen dringend Hilfe, der Scharfschütze ist bereits aufgetaucht!"

"Shinichi?!" Black war sogleich hellwach, sein Fahrer spitzte neugierig die Ohren.

"Verdammt, wo bist du denn?"

Leise erklang es aus dem Kopfhörer: "Ich bin mit Ran im Park..."

"Wisst ihr denn nicht, dass es gefährlich ist? Wir haben noch gar keine Truppen postiert um euch schützen zu können und den Täter festzunehmen!"

"Wie, aber als ich Sie heute morgen anrief, sagten Sie, es sei kein Problem, weil Sie bereits das ganze Gebiet gesichert hätten!"

"Wann war das?"

"Etwa um halb Neun, wieso?"

Black erstarrte und warf einen ungläubigen Blick zu dem Fahrer nach vorne. Dieser hatte nämlich eine Waffe gezückt und war an den Strassenrand gefahren.

"Black, sind Sie noch da?", erklang es aus dem Handy.

,Nur er kann es gewesen sein, schliesslich sind wir seit gestern Abend unterwegs und ich habe zwischendurch geschlafen. Wenn er mit einem Stimmverzerrer gearbeitet hat, sollte es kein Problem gewesen sein einen Anruf unter meinen Namen anzunehmen', dachte Black niedergeschlagen. Ausgerechnet einer seiner Leute war ein Verräter.

"Tut mir Leid Mister, aber die Reise endet für sie hier", sagte der vermeintliche Chauffeur und drückte ab.
 

Ein Schuss ertönte und die beiden Kinder starrten entsetzt auf das Handy, aus welchem das Geräusch der abgefeuerten Pistole gekommen war.

Conan versuchte verzweifelt mit Black zu reden, aber der Mann antwortete nicht.

Das Keuchen eines Schwerverletzten war zu hören, dann wurde die Verbindung unterbrochen. Fluchend sah er sich um. Er musste nachher so schnell wie möglich einen Krankenwagen rufen, aber zuerst war es nötig diesen Scharfschützen der Organisation ausser Gefecht zu setzen.
 

Am anderen Ende des Parks trat eine schwarz gekleidete Gestalt durch das grosse, schmiedeiserne Tor.

Er trug eine Sonnenbrille und einen Hut, den er tief ins Gesicht gezogen hatte.

Ein hämisches Lachen umspielte seine Lippen.

Gleich würde es ein Feuerwerk der besten Qualität geben und seine Lieblingsfarbe würde eine entscheidende Rolle bei dem Fest spielen.

Blutrot herrschte in seiner Vorstellung vor und er marschierte langsam über den Rasen, zerdrückte mit seinen riesigen Schuhen das junge Grün unter seiner Sohle.

,Kleiner Kudo, bald bist du Geschichte und ich kann mich wichtigeren Dingen widmen.'

Grinsend schritt er weiter.
 

Hastig, aber mit geübten Bewegungen setzte Shinichi seine Waffe zusammen. An dieser Waffe hatte er lange Zeit gearbeitet, die Technik verbessert und verändert. Jedoch hätte er nie gedacht, dass er seine "Star" auch einmal gebrauchen müsste.

Sie war ein Produkt seiner Einsamkeit gewesen, eine Art Freund, an dem er tüfteln konnte, wenn ihm langweilig war und wenn der Verdruss am Leben wieder einmal stark zugenommen hatte. Ihm war klar gewesen, dass diese kleine silberne Pistole ihm sein altes Leben nicht wieder herstellen konnte, aber sie hatte ihm wenigstens Hoffnung gegeben und es hatte Spass gemacht sie zu bauen.

Klick.

Seine "Star" war nun zusammengebaut, der Vorgang hatte nur wenige Sekunden gedauert.

Shinichi erhob sich leicht und ging hinter einem Stamm in Deckung. Den Feind hatte er fest im Visier.
 

Ran versuchte unterdessen mit Shinichis Handy einen Krankenwagen zu rufen.

"Und wie willst du ihnen erklären, wo sich der Angeschossene befindet?", fragte sie Shinichi. Dabei liess er keinen Moment die Wiese aus dem Augen.

Das Mädchen antwortete nicht und er sprach weiter. "Ruf beim FBI an, ich habe die Nummer gespeichert. Eine Ms Brooks wird sich melden, sie ist die Sekretärin von Black."

"Und was sollte das bringen?", sagte Keiko. "Woher will die wissen, wo sich das Auto gerade befindet?"

Jason grinste: "Jedes Auto des FBI ist mit mindestens fünf verschiedenen Transmittern versehen und in einem Notfall wie diesen hat Frau Brooks die Möglichkeit, sich die Position vom Wagen ihres Chefs auf einer digitalen Karte exakt anzeigen zu lassen. Also beeil dich und melde ihr die Gefahr." Er zog schnell seine Fliege aus und hielt sie Ran hin. Diese verstand, einem Kind würde man nicht glauben, aber einer erwachsenen Person schon.

Ms Brooks verstand zwar zuerst nicht, reagierte dann aber sofort, als sie den Ernst der Lage erkannte.

Sie rief gleich selbst den Krankenwagen und teilte dem die betreffenden Koordinaten des Autos mit. Ausserdem benachrichtigte sie einige in New York stationierte Agenten, um Ran und Shinichi zu helfen, andererseits um den gefährlichen Chauffeur zu fassen.

Die Jagd hatte begonnen.
 

Da sah er ihn, einen grossen, schlanken Mann mit schwarzem Mantel. Der Kerl trug eine Sonnenbrille und verbarg sein Gesicht unter einem Hut mit weiter Krempe.

Conan biss sich auf die Lippe. Das war nicht der Scharfschütze, sondern ein Mitglied, das auf Nahkämpfe spezialisiert zu sein schien. So musste er alles geben, denn dieser Mann kannte sein Handwerk.

Er entsicherte die Waffe und sagte leise zu Ran: "Verschwinde von hier, sobald der Schwarze da vorne mit mir zu tun hat und nicht auf dich achtet, hast du verstanden?"

Keiko wollte sich widersetzen, aber der ernste Blick in den Augen ihres Freundes liessen sie verstummen, bevor sie überhaupt ein Wort der Rebellion gesprochen hatte.

Ängstlich sagte sie: "Bitte versprich mir, dass du überlebst..."

"Ran, er kommt näher..."

"Versprich es mir!" Er hatte sie selten so flehen gesehen und gab ihr das Versprechen.

Er schoss auf den grinsenden Mann.
 

Doch mit Erstaunen sah Ran, dass die Patrone aus Shinichis Waffe nicht das Organisationsmitglied treffen sollte. Ein weisslicher Nebel entwich der kleinen Kapsel und machte es so für ihren Verfolger unmöglich sie zu finden.

Ihr fiel ein Gespräch ein, dass sie einmal mit ihm geführt hatte.
 

"Shinichi, was sind das für seltsame Geräte in dieser Kiste?"

Er hörte nicht auf ihr durchs Haar zu streicheln und sagte schelmisch: "Das möchtest du jetzt wissen, ne?"

"Ja, will ich." Sie befreite sich aus seiner Umarmung und sah ihn trotzig an.

"Meine Güte, bei dem Blick kann ja man nicht anders." Er kicherte.

"Ich habe im Laufe der Zeit ein paar Dinge konstruiert, weil mir langweilig war. Dabei habe ich ein paar neue Techniken ausprobiert, die hier in den USA immer häufiger verwendet werden."

"Was sind das für Techniken?", fragt Ran interessiert.

"Geräte, die man allein durch Gedanken steuern kann. Die Japanische Regierung hat die Forschung daran verboten, denn Waffen, die man nur durch Konzentration abfeuern könnte, wären für die Welt das Ende. Hier in Amerika forschen die Wissenschaftler aber stark daran, es handelt sich um die Waffe von morgen."

"Und du machst da mit? Findest du das gut?" Der reine Gedanke an solche Geräte löste in ihr Angst aus. Sie hatte diese seltsame Pistole in der Hand gehalten. Was wäre nun, wenn sie daran gedacht hätte zu schiessen?

Was wäre, wenn so eine Waffe in die falschen Hände geriet und für Verbrechen genutzt wurde?

Er schien ihre Gedanken wie so oft zu lesen und antwortete mit einem bitteren Ton in der Stimme: "Genau deswegen baue ich ja meine eigenen, damit ich im Notfall weiss, wie ich sie zerstören kann."

Mit einem Seufzen fuhr er fort: "Diese Art der Bedienung einer Maschine wäre so hilfreich für viele, aber sie birgt auch so viele Gefahren, weil der Mensch immer nur daran denkt sie für niedere Zwecke zu nutzen. Um mich abzulenken habe ich begonnen meine eigene Ausrüstung zusammen zu bauen, aber ich habe sie bisher noch nie wirklich benutzt und ich hoffe auch, dass das nie der Fall sein wird.

Aber keine Angst, um die Geräte zu bedienen braucht man sehr viel Übung. Du, die du noch nie eine solche Maschine bedient hast, wäre noch nicht in der Lage loszufeuern. Ausserdem ist diese kleine Waffe hier..." Er sprang vom Bett und holte die kleine handliche Waffe hervor, die Ran vor einiger Zeit entdeckt hatte. "Das ist eine ganz normale Pistole. Ich habe sie nur ein bisschen umgebaut, verbessert und danach Star genannt. Dieses Ding funktioniert wie jede Beretta oder Walther."

Mit geschickten Bewegungen setzte er seine ,Star' zusammen.

"Was ist so anders an deiner Pistole? Nur das Design ist nicht gleich."

"Mit dieser Waffe kannst du verschiedenste Arten von Patronen abfeuern, nur nicht tödliche."

"Hä?" Keiko blickte ihn verblüfft an.

"Hauptsächlich kann man damit Betäubungspatronen, Rauchpatronen oder auch Farbpatronen abschiessen. Ich habe auch eine Seilkonstruktion eingebaut."

"Ah, ich verstehe.." Was dieser Kerl für Ideen hatte.

"Aber du hast Recht, ich brauche eh keine Waffen. Es wäre besser, alle zu zerstören. Hastig nahm er ,Star' auseinander und packte sie mit den anderen Dingen wieder zurück in den Schrank.
 

Vorsichtig schlich Ran davon. Sie würde den nahenden FBI-Agenten den Weg weisen und sich aus der Gefahrenzone begeben.

Sie war froh, dass Shinichi eine Waffe hatte, mit der er sich verteidigen konnte, auch wenn seine körperlichen Kräfte die von ihr weit überstiegen.

Zwar beherrschte sie selbst nach wie vor Karate, aber im Körper eines Kindes konnte sie nicht mehr dieselbe Kraft wie früher aufbringen. Ihre Schläge kamen kontrolliert, aber die frühere Kraft fehlte und sie musste zuerst lernen sich mit Geschicklichkeit und Schnelligkeit zu wehren.

Shinichi beherrschte diese Art der Selbstverteidigung bereits ein wenig, aber er hatte auch mehr Zeit gehabt.

Keiko hoffte, dass er es damit schaffen würde, zu ihr zurückzukehren.
 

Irgendjemand hatte da geschossen, das wusste er genau. Er hatte ein leises Klicken wahrgenommen, welches eindeutig zu einer Schusswaffe gehörte. Allerdings war es kein Pistoletypus, den er kannte.

,Da hat sich jemand etwas gebastelt und das auch noch sehr gut...', dachte er. Rauchkapseln gab es schon Ewigkeiten, aber selten hatten diese so starken Nebel verursacht.

Michigan sah sich vorsichtig um. Hier versuchte jemand, seine Spiele mit ihm zu treiben und das mochte er gar nicht. Auch wenn er dem Erbauer dieser Waffe ein Lob zugestehen musste...

"Hör auf mit solchen Spielchen, Kudo. Du entkommst mir so oder so nicht!"

"Ach ja, denkst du?" Ein Schatten erschien im dichten Grau vor ihm.

Der Mann zog verächtlich die Mundecken nach oben, was ihm den Anschein eines tollwütigen Hundes gab.

"Das ist eindeutig etwas zu gross für dich, du Minidetektiv!"

Die dunkle Gestalt wurde deutlicher sichtbar, der Rauch verzog sich langsam. Als Michigan den kleinen Jungen vor ihm sah, lachte er noch hämischer.

"Ich wusste ja, dass du klein bist, aber so einen Knirps hätte ich bei weitem nicht erwartet."

Genervt verzog Shinichi das Gesicht. "Und ich wollte mich eigentlich nicht mit einem Kaminfeger duellieren..."
 

Blitzschnell zog der andere seine Waffe und schoss, doch Conan wich nicht aus. Die Kugel streifte seinen Arm und hinterliess einen roten Strich.

Michigan staunte nicht schlecht, der Bursche gefiel ihm. Er hatte ihn einschüchtern wollen, doch der Knabe schien gar nicht daran zu denken klein beizugeben.

"Warum musste der Junge sterben? Ihr wusstet doch ganz genau, dass er der Falsche war", fragte Shinichi. Seine Worte klangen wie eine Anklage.

Der Mann in Schwarz kicherte. "Noch nie etwas von einem Köder gehört, du Zwerg?"

Jasons Augen weiteten sich.

Eine Falle, er war mitten in die Falle gerannt. Es hatte sich nicht um eine Verwechslung gehandelt, der Junge war absichtlich getötet worden, um ihn aus der Reserve zu locken.

Und er Idiot war dieses Aufforderung gefolgt wie ein Schaf, ohne sich der Folgen bewusst zu sein.
 

Michigan genoss es. Dieser verzweifelte Ausdruck war einfach köstlich. Sie hatten diesen Detektiv völlig gefangen, für den gab es keinen Ausweg mehr.

Am Boden war er.

Und seine kleine Freundin würden sie auch bald gefunden haben.

Er zielte auf den Kopf des Jungen. "Bye bye, Sweetie!", sagte er und drückte ab.
 

Doch das normale Geräusch kam nicht.

Statt dem erwarteten Durchdringen von menschlichem Fleisch hörte man ein leises ,Pling'.

Silbern schimmerte ,Star' vor Shinichis Gesicht, denn er hatte mit seiner Waffe den Kopf vor dem Schuss geschützt.

"Ich verabscheue euch. Ein Leben hat man zu schätzen, denn es ist kostbar und einzigartig. Doch ihr schändet dieses Gut, bringt Menschen für eure Zwecke um und ihr geniesst die Qual.

Und deshalb werde ich dafür sorgen, dass ihr verschwindet!"
 

Wie war das möglich?

Noch nie hatte er jemanden gesehen, der so schnell seine Waffe gezogen und sich damit geschützt hatte.

Diesen Typen hatte er unterschätzt, er hatte nicht damit gerechnet, dass ein Kind solch eine Technik beherrschte.
 

"Für was lebst denn du? Du läufst als Kind herum und wirst nie mehr deine wahre Gestalt zurück erhalten. Was hält dich am Leben?

Billige Individuen wie der Kleine müssen weichen, damit die grossen Leute an die Macht kommen können."

Er hasste diese Idealisten mit ihren Prinzipien von Gerechtigkeit und Gleichheit aller Menschen. Seit jeher galt das Gesetz des Stärkeren und auch in der modernen Welt war dies nicht anders. Wer nicht stark war, starb.
 

"Auch wenn das Schicksal mir nicht unbedingt das perfekte Leben bestimmt hat, so gibt es trotzdem immer wieder Höhepunkte, für die es sich zu leben lohnt.

Es ist eine Frechheit, anderen Menschen dieses Glück zu nehmen, um selbst Macht zu erlangen.

Ich existiere um den Menschen die Augen zu öffnen, um ihnen zu zeigen, wie kostbar ein Leben ist und dass man Leben nicht zerstören darf.

Deshalb kämpfe ich und darum versuche ich alles um am Leben zu bleiben!"

Und in Gedanken fügte er hinzu: ,Und weil ich ein Versprechen gegeben habe!'
 

Er hatte gerade ein Zeichen des FBI erhalten, die Agenten waren eingetroffen. Langsam umstellten die Männer das Organisationsmitglied.

"Du hast ja eine ziemlich verschrobene Meinung...", sagte der Verbrecher laut und zielte wieder auf Conan. Dieser fragte mit einem Grinsen: "Michigan, darf ich dich fragen, weshalb ihr in eurem Verein plötzlich Namen von amerikanischen Bundesstaaten tragt?"
 

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So, das wär das neue Kapitel. ^^

Und, fandet ihr, dass es genug lang war? Oder ist zumindest etwas passiert? ^^°
 

Hm, die Sache mit Shinichis Haarfarbe scheint euch ja ziemlich zu beschäftigen. XD Also ich stimme euch voll und ganz zu, dass er mit dunklen haaren besser aussieht. ^^ Ich finde, er hat blond ein bisschen etwas von Hakuba. XD Nichts gegen Hakuba, aber Kudo und der sind nun einmal nicht gleich.

Ach übrigens. Kennt ihr das Conan Artbook "The complete Color Works?" Da gibt es eine Reportage darüber, wie ein farbiges Bild von Conan entsteht. Gosho zeigt, wie er Skizzen anfertigt, die Outlines zeichnet und dem GAnzen am Schluss noch Farbe verpasst. Eines der Bilder ist fast fertig coloriert, nur die Haare nicht und das hat mich auf die Idee gebracht, wie Shinichi wohl aussehen würde, wenn er eine andere Haarfarbe hätte. XD Meine Gedankengänge sind manchmal echt seltsam. ^^
 

Nun, ich danke euch herzlichst für eure lieben Kommentare und wünsche euch noch ein schönes Osterfest!

Bai-bai

xxx Taipan

Alpträume

Nun waren es Michigans Augen, die sich vor Schreck weiteten. Seine Hände begannen zu zittern.

„Du verdammter Teufel!“ Mehrere Male drückte er ab, aber in diesem Moment wurde er von den FBI-Leuten entwaffnet und verhaftet.

Shinichi folgte der Polizei, da er noch eine Aussage machen musste. Da kam Ran auf ihn zugerannt und umarmte ihn stürmisch. Er verzog kaum merklich den Mund, doch ihr fiel es trotzdem auf. Besorgt sah sie ihm ins Gesicht.

„Bist du verletzt?“

Er schüttelte den Kopf, aber sie liess sich nicht beirren. Sie entdecke die Schramme am Oberarm, die der Streifschuss verursacht hatte. Die Verletzung sah nicht schlimm aus und Keiko war überzeugt, dass diese ihn nicht sehr schmerzte.

Dann stiess sie noch auf eine zweite Wunde an der Schulter, die heftig blutete.

„Einer der Schüsse, die er am Schluss noch abgegeben hat, hat mich noch erwischt“, sagte er leise und er fügte hinzu: „Tut mir Leid, ich wollte dir keinen Kummer machen.“

Plötzlich war er einfach nur noch müde, er wollte nur noch ins Bett und schlafen.

„Psst!“, sagte Ran und legte ihm den Zeigefinger auf den Mund.

Sie rief nach dem Sanitäter, der bei grossen Polizeiaktionen immer dabei war und dieser versorgte Shinichis Wunden.

Conan liess alles willenlos mit sich geschehen. Nachdem er diese Aktion mit dem Mann in Schwarz überstanden hatte, war er einfach erschöpft, die Müdigkeit war über ihm zusammengebrochen wie ein Platzregen.
 

Leider musste die Zeugenaussagen noch am selben Tag gemacht werden, da bei dieser Organisation die höchste Alarmstufe galt.

James Black hatte zwar den Schuss überlebt, aber sein Zustand war nach wie vor kritisch, wie der zuständige Beamte den beiden Kindern auf ihre Frage hin mitteilte.

Danach wurden sie ins Polizeipräsidium gefahren. Shinichi konnte seine Augen kaum offen halten und schliesslich nickte er ein, den Kopf an Rans Schulter gelehnt.

Sie blickte erstaunt zu dem jungen Gesicht ihres Freundes. ‚ Er scheint sich mehr Sorgen gemacht zu haben, als wir dachten...’ Ein leichtes Lächeln erschien auf ihren Zügen.

Conans Schläfchen hielt nicht lange an, da sie bald wieder aussteigen mussten.

Die beiden Kinder wiederholten mehrere Male das Erlebte und schilderten, weshalb sie sich in dieser Lage befanden.

Zuerst wollte ihnen der Polizist, der das Protokoll führte, nicht glauben und hielt sie für Grundschüler, die zufällig diesem äusserst gefährlichen Mann über den Weg gelaufen waren und nun ihre Geschichte so spannend und aufregend wie möglich rüberbringen wollten.

Doch da platzte Shinichi der Kragen und er legte dem Typen die Nummer der Sekretärin von James Black hin, welche über den Fall informiert worden war.

Nach einem kurzen Telefonat kam der Inspektor mit hochrotem Kopf zurück und verhielt sich danach angemessener.

„Eine Frage hätte ich noch an, äh, Sie, Herr Bourne...“

Conan zog seine Augenbraue nach oben. „Und die wäre?“ Ihm war nicht entgangen, wie der Polizist gezögert hatte, seinen richtigen Namen auszusprechen.

„Woher wussten Sie bitte, dass dieser Typ Michigan heisst?“

Der Junge seufzte und ein selbstsicheres Grinsen erschien. „Ich sagte doch vorhin, dass ich, kurz bevor die Verbindung mit Blacks Handy unterbrochen wurde, ein paar Gesprächsfetzen gehört habe?“

„Ja, aber das ist ziemlich dürftig... ‚Hey Mich, leg mal los!’“ Der Polizist wirkte nicht sehr überzeugt.

„Und wissen Sie auch, wie der Chauffeur heisst?“

Ran schaute Shinichi verblüfft an und schrie: „Stimmt, Fräulein Brooks meinte ihr Chef sei mit Texas unterwegs.“

Shinichi nickte. „Ich weiss, diese zwei Punkte waren noch lange nicht der Beweis dafür, dass die Organisation ihre Mitglieder neuerdings nach Bundesstaaten Amerikas benennt, aber ein Versuch war es wert.

Ausserdem müssen sie zugeben, dass ein Chauffeur mit dem Namen Texas nicht gerade häufig vorzufinden ist.“

Dann gähnte er herzhaft. „Ist das Verhör jetzt beendet?“

Der Inspektor erhob sich von seinem Stuhl und gab ihm und Ran die Hand. „Sie können gehen. Wir werden uns der Sache annehmen“, meinte er pflichtbewusst und verliess den Raum.

Die beiden Kinder machten sich auf den Weg zum FBI-Hauptquartier, wo James Black ihnen ein Zimmer im Zeugenschutzprogramm-Gebäude versprochen hatte.
 

Nachdem sich die Tür hinter Shinichi und Ran geschlossen hatte, packte der zuständige Polizist das Tonbandgerät und die Notizen zusammen.

Er war so wütend auf Michigan, der sich hatte fangen lassen. Dabei hatte er mit Texas einen unschlagbaren Plan gehabt, aber die Blödheit seines Partners hatte sie nun alle in Gefahr gebracht.

Dieser Knirps wusste inzwischen, dass die Namen von Bundesstaaten als Codenamen benutzt wurde und er dachte mit Ärger daran, dass der vermeintliche Chauffeur noch so naiv gewesen war und diesen Namen als seinen richtigen ausgab.

Erleichtert berührte er das Schildchen mit der Aufschrift „Peter Parker“ und dachte daran, dass es doch besser gewesen war, sich nicht Lansing zu nennen.

Langsam trug er die Akten zu seinem Arbeitsplatz, damit sie im Notfall spurlos verschwinden konnten.

Er packte ein Taschentuch und wischte sich den Schweiss von der Stirn, seine roten Haare trieften auch schon und am Rücken fühlte er ein unangenehmes Kleben.

Der Staat erlaubte ihnen nicht, eine Klimaanlage zu kaufen, weshalb es im Präsidium von Stunde zu Stunde heisser wurde. Parker stöhnte auf.

Als Polizist herumzulaufen empfand er als Schande, aber für die Organisation musste man gewisse Arbeiten auf sich nehmen.

Dann packte er sein Telefon.
 

Ruhig kämmte Ran ihr Haar und begutachtete sich im Spiegel. Ganz hatte sie sich noch nicht an ihr kindliches Aussehen gewöhnen können, aber es war nicht mehr so schlimm wie damals, als sie zum ersten Mal Keiko gewesen war.

Zwischendurch warf sie einen Blick zu dem Jungen, der tief schlafend auf dem Bett lag. Sein Brustkorb hob und senkte sich leicht, seine Augen waren geschlossen.

Die ruhigen Atemzüge vermischten sich mit dem Rauschen der Klimaanlage im Raum, dem Lärm der vorbeirasenden Autos und dem leisen Rascheln, dass die Bürste beim Durchdringen von Keikos Haaren verursachte.

Schliesslich legte sie den Gegenstand auf die Seite und begab sich ins Bett.

Sie kuschelte sich an ihren Freund, legte ihre Wange an die seine. Langsam schloss er seine Arme um sie, ihr Kopf rutsche runter und kam auf seiner Schulter zu liegen. Geborgenheit und Zuflucht strahlte für sie diese Position aus.

Glücklich schloss sie die Augen, ihr Geist versank im Reich der Träume, wo ein silberner Schatten bereits auf ihre Ankunft wartete.
 

Das Glas zersprang klirrend in tausend Stücke und die blutrote Flüssigkeit verteilte sich einer Landkarte gleich auf dem Tisch.

„Was soll das, Oregon? Wieso willst du diesen Jungen unbedingt loswerden? Du setzt alles aufs Spiel, was wir in zehn Jahren mühsam aufgebaut haben.“

„Reg dich ab, Salem. Es war ja nur Mich, der von den Bullen geschnappt wurde.“ Das Klicken eines Feuerzeugs durchbrach die eisige Stille und für kurze Zeit konnte man im flackernden Schein der Flamme ein kantiges und schmales Gesicht erkennen. Braune Augen mit einem Hauch von Gelb leuchteten im Dunkeln.

„Jaja, nur Mich!“ Ein weiteres Glas fand seinen grausamen Tod durch eine wütende Faust.

„Texas wird gesucht! Es hat Jahre gedauert, bis er beim FBI eine Anstellung gefunden hatte...“

Ein weiteres Klicken folgte, doch diesmal brachte es keine Zigarre zum Brennen. Salem fühlte, wie kalter Stahl sich an ihre Schläfe presste.

„Wenn du jetzt nicht sofort deine Klappe haltest, drücke ich ab! Dieser Junge ist nicht zu unterschätzen und er hat Verbindungen zum FBI. Es hat lange gedauert, bis wir von seiner neuen Identität erfahren haben und er ist fest entschlossen uns zu besiegen, das macht ihn so gefährlich...“

„Und was willst du tun?“, fragte sie ängstlich.

Der Mann namens Oregon begann fies zu grinsen. „Es gäbe da noch eine Möglichkeit...“
 

„Neeeiiin!“

Er sass aufrecht im Bett und schnappte nach Luft. Der Schweiss rann Bächen gleich über sein Gesicht.

Mit der Hand fuhr er sich durch die zerzausten Haare, dann wurde er blass.

Verstört drehte er seinen Kopf. Ran schlief nicht mehr an ihrem Platz.

Sofort stand er auf, sein Blick huschte ängstlich durch das kleine Zimmer.

Als er einen Schritt machte, stiess er sich seine Schulter wodurch der Schmerz erneut aufflammte. Die gestrige Schussverletzung war keine Kleinigkeit.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht lehnte er sich an die Wand und presste die Hand auf die Wunde.

Eine Tür knarrte.

„Shinichi?“

Keiko stand vor ihm, sah ihn besorgt an. Erleichterung machte sich in ihm breit, als er sie erkannte.

„Wo bist du gewesen?“, fragte er leise.

„Nur auf der Toilette. Was ist denn passiert?“ Langsam löste sich die Panik von ihm, verschwand wie ein schlechter Geruch.

„Ich hatte einen Alptraum und ich bin aufgewacht. Als du dann nicht bei mir warst...“ Er sprach nicht weiter, aber ihr war klar, was er sagen wollte.

Es war echt seltsam, wie verschieden Shinichi sein konnte.

Da war sein Mut und seine Stärke, wenn er für seine Ziele kämpfte. Nichts konnte ihn dann aufhalten und wer sich mit ihm anlegte, musste sich in Acht nehmen.

Und dann war der emotionale, ängstliche Shinichi. Sie wusste nicht, wie lange es dauerte, bis er von seiner Angst sie zu verlieren loskam, aber es schmerzte sie zu sehen, wie er litt.

Sie legten sich zurück ins Bett, umarmten sich zärtlich und genossen die Zweisamkeit.
 

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Ich weiss, es ist einige Zeit seit dem letzten Kapitel vergangen und ich entschuldige mich auch in aller Form dafür.

Nun, die Erklärung, weshalb Conan das wusste, ist zwar etwas schummrig, aber ich hatte es von Anfang an so geplant. XD

Nönö, die Leute aus der "neuen" Organisation haben kein Fieber. Die sind einfach teilweise noch nicht so auf dem DAmpfer wie die alten. ^^ Man bedenke zum Beispiel, dass sie über zehn Jahre gebraucht haben um den Standort von Shinichi herauszufinden. ^^° Ich bin der Meinung, dass die alte Organisation schon viel länger existiert hat und da lässt sich auf ein viel besserer System entwickeln. Die Neulinge haben noch keine grosse Ahnung.
 

Wie ich auf den namen "Star" gekommen bin? Hm, ein Stern ist zwar klein, aber trotzdem etwas wunderschönes. WEnn ich etwas deprimiert bin, muss ich nur den Sternenhimmel ansehen und mir geht's gleich viel besser. Vielleicht gehts Jason ja auch so? "Star" als Zeichen für Hoffnung..
 

Ach, ihr wundert euch vielelicht auch über den Namen "Jason Bourne", den Shinichi sich zugelegt hat. ^^ Es gibt zwei Filme mit Matt Damon in der Hauptrolle "The Bourne Identity" und "The Bourne Supremacy", die auf drei Romane von Robert Ludlum beruhen. Es handelt sich um den Killer Jason Bourne, der sein Gedächtnis verloren hat und nun gegen seine ehemaligen Auftraggeber, die CIA kämpft, weil er kein Attentäter mehr sein möchte. Ich finde die Filme genial..^^ (ShinichKudo: Jaja, von wegen, meine Geschichten enthalten keine Einflüsse: Hier auf jeden Fall schon!^^)
 

@ShinichiKudo: Verzeih mir, aber ein paar verletzungen sind ja nicht so schlimm. XD
 

Solche Gedanken-Waffen gibt's bisher nicht, aber Telepathie hat die menschen schon immer fasziniert..und mich auch.^^
 

DAnke für euer Durchhaltevermögen und weiterhin viel Spass!

xXx TAipan

Trauriges Missverständnis

In den folgenden Tagen arbeiteten sowohl das FBI als auch Conan und Keiko hartnäckig an dem Fall. Ran konnte mit einigen ihrer Erkenntnisse, die sie in den letzten Jahren gesammelt hatte, aufwarten und es gelang ihnen einige Leute festzunehmen.

Ausserdem wurde ihnen klar, was das Ziel der „neuen“ Organisation war.
 

Sie sass am Tisch und blickte überrascht auf den Gegenstand vor ihr auf dem Tisch, der die Form eines Desserttellers hatte.

„Das wollen die Typen von der Organisation?“ Die Verblüffung ins Rans Stimme war nicht zu überhören.

Ernst antwortete Shinichi: „Unter anderem. Ich habe dir ja erzählt, dass in den USA die Patronus- und Gedankentechnologie sehr weit fortgeschritten ist. Allerdings wurden Entwicklungen nur dem FBI erlaubt. Die Organisation möchte wahrscheinlich an solche Waffen herankommen.“

„Und woher willst du das wissen?“

Der Schwarzhaarige seufzte. „Mit der Sprengung der ‚alten’ Organisation haben wir in gewisser Weise die ‚neue’ gegründet. Um Tote zu vermeiden wurden Patroni und Pugnatores verwendet, die aber eigentlich noch nicht bekannt waren. Die Mitglieder, die entkommen konnten, wurden darauf aufmerksam und haben es sich in den Kopf gesetzt diese Waffen in die Hände zu bekommen.“

Ran blickte unsicher auf die Schale in ihrer Hand. „Ist das ein Pugo-„

„Nein, das ist ein Patronus, ein Schutzschild sozusagen. Ein Pugnator ist ein Kämpfer, eine Art Waffe.“

Misstrauisch drehte sie den Schild. „ Wie funktioniert das? Auch über Telepathie?“

Er nickte und beobachtete die Reaktion auf ihrem Gesicht.

„Jetzt verstehe ich, weshalb du damals gesagt hast. So ein Schild könnte vielen Menschen das Leben erleichtern, aber das FBI muss sie verbergen, da es Verbrecher gibt, die nur ihre üblen Pläne damit durchsetzen wollen.“ Sie legte die Scheibe wieder auf den Tisch.

„Sag einmal, Shinichi...“

„Hm?“ Er hörte auf Dinge auf den Computer einzutippen und sah sie aufmerksam an.

„Was machen wir eigentlich, wenn alles vorbei ist?“

Als er nicht antwortete, fuhr sie hastig fort: „Wollen wir nicht zurück nach Japan gehen? Deine Eltern...“

„Nein!“ Sie erschrak über seinen heftigen Ausbruch und zuckte zusammen.

„Meine Eltern sind für mich gestorben und das weisst du ganz genau!“

Sie schrie zurück: „Aber meine Familie für mich nicht! Ich würde sie gerne wieder sehen!“

„Dann geh doch! Ich habe dich nie darum gebeten zu mir zu kommen...“

Er hüpfte wütend vom Stuhl.

„Und warum brichst du immer fast zusammen, wenn ich nicht da bin? Ich bin wegen dir hier her gekommen, das stimmt, aber...“

„Was aber?“ fauchte er zurück. Selten hatte sie ihn so zornig gesehen.

„Ich brauche auch mein bisschen Freiheit..“

„Dann hau ab. Ich habe dich nie gezwungen zu bleiben.“ Sagte er bitter und verschwand aus dem Raum.

Erbost schrie Keiko ihm nach: „Du verdammter, arroganter Egoist! Ich hasse dich!“
 

„Ich hasse dich!“

Shinichi blieb stehen, sein Blick wurde leer. Die Erde begann, sich unter ihm schneller und schneller zu drehen. Der Raum drückte ihn nieder, die Wände zitterten. Hastig verliess er das Haus.
 

Ran schlug sich die Hand vor den Mund. Das stimmte doch gar nicht, was sie da gesagt hatte. Das Gegenteil war der Fall, sie liebte ihn.

Aber wieso war er so stur? Seinen Eltern tat es schon längst Leid, aber wie ein kleines Kind schmollte er und verkroch sich. Gegen Verbrecher kämpfen konnte er, aber mit sich selbst kam er nicht ins Reine.

Auch wenn es nach aussen hin so aussah, als hätte er seinen Kinderkörper akzeptiert, so hasste er ihn eigentlich.

„Jason, bleib da! Ich hab es nicht so gemeint!“ Sie rannte ihm nach, doch er befand sich nicht ihm Nebenraum. Sie suchte das ganze Gebäude nach ihm ab, ihr Freund war bereits gegangen.
 

Warum verstand sie nicht, weshalb er nicht zurück nach Japan konnte? Alles dort erinnerte ihn an sein altes Leben, an sein wahres Ich.

Die Strassen, die Geschäfte, die Leute. Alles holte seine Vergangenheit zurück und die Zukunft, die ihm eigentlich versprochen gewesen wäre. Er sass in seiner Vergangenheit fest, die sowohl gestern, heute als auch morgen seine Gegenwart darstellen würde. Eine Zukunft gab es für ihn nicht wirklich.

Wie sollte er mit seinen sechs Jahren eine Arbeit bekommen oder eine Familie gründen? Es war unmöglich.

Verzweifelt spazierte er durch die Strassen.

Es war ihm bewusst, dass die Organisation ihm jetzt ohne Probleme eine Kugel in den Kopf jagen könnte, aber es kümmerte ihn nicht.

Vielleicht war es wirklich besser, dass Ran wieder ging.
 

Etwas Heisses streifte seine Wange und riss ihn aus seinen Gedanken.

Brennende Fetzen flogen umher, er hörte das Geschrei der Menschen und die Sirenen der Feuerwehr.

Und dann war da noch etwas anderes.

Es krachte und eine Explosion noch der anderen zerriss die Stille. Eine Hitzewelle nach der anderen überfiel die Menschen.

Conan kümmerte sich nicht darum, ihn interessierte nur, woher diese Feuersbrunst herkam:

Das FBI-Gebäude, das er vor wenigen Minuten verlassen hatte.
 

„Mein Gott, ist das ein hübsches Feuerchen!“ Der schwarzgekleidete Mann grinste hämisch. Die Leute vom FBI dachten auch immer wie wären die Schlausten.

Er spürte, wie sein Handy zu vibrieren begann und er holte es aus seiner Tasche hervor.

„Ja?“, frage er entnervt.

„Wie ist es gelaufen?“ Die Stimme am anderen Ende blieb kühl.

„Brennt lichterloh!“

„Und der Junge?“

„War zusammen mit seinem Täubchen im Gebäude als ich die Ladung gezündet habe.“ Wenn er nur an das kleine Fegefeuer dachte, wurde ihm ganz warm ums Herz.

„Ok, dann mache ich mich auf die Socken.“

Ohne ein paar Worte des Abschieds wurde aufgelegt. Utah konnte es egal sein, er hatte seinen Auftrag erfüllt und das Gebäude in Brand gesteckt. Jetzt mussten die anderen sehen ob sie an diese Superwaffen herankamen oder nicht.

Er steckte das Mobiltelefon zurück in seine Tasche und holte sich ein Pack mit Zigaretten hervor. Als er gerade dabei war sie zu anzuzünden, traf ihn etwas am Kopf und er ging bewusstlos zu Boden.

Ein Schatten huschte über ihn hinweg, liess ihn auf dem kalten Stein liegen. Ein abschätziger Blick wurde zurückgeworfen, dann verschwand die Gestalt im Innern des Gebäudes.
 

‚Schneller, schneller!’ , rief er sich selbst zu. Sein Herz raste und trotzdem legte er noch einen Zahn zu. Vor ihm lag das Gebäude, die Feuerwehr riegelte es bereits ab. Bevor irgendeiner der Männer etwas sagen konnte, war Shinichi bereits hindurchgehuscht.

Er wusste nicht mehr, wie er hineingelangt war. Alles, was für ihn noch zählte war Ran. Einmal hatte er sie im Stich gelassen und dann geschah so etwas! Das würde er sich nie verzeihen!

Die Stockwerke huschten an ihm vorbei, er realisierte es nicht einmal.

Es wurde heisser und heisser, das Atmen wurde schwerer. Endlich war er dort, wo er Ran zurückgelassen hatte. Der rote Teppich brannte, hungrige Flammen züngelten überall auf.

Sein Magen drehte sich ihm um. Unter einem Büchergestell erblickte er etwas und er rannte darauf zu.

Die rechte Hand eines Mädchens lag da, der Rest vom Körper war nicht zu sehen. Shinichi hätte sich am liebsten übergeben, denn am Handgelenk baumelte eine silberne Kette mit einer Anhänger.

Verzweifelt wandte er sich ab.

Das Feuer näherte sich immer mehr, ihm war es egal. Mit seiner Selbstsucht hatte er Keiko in den Tod getrieben und sich entgültig der Einsamkeit übergeben.

Das Knacken der Holzes drang nicht an seine Ohren, er stand einfach da.

Ein Schlag traf seinen Kopf und er fiel zu Boden. Der schwarze Schatten schüttelte den Kopf und nahm den Jungen auf den Arm, trug ihn aus dem brennenden Haus heraus.
 

Eine eindringliche Stimme weckte ihn aus der Bewusstlosigkeit, aus welcher er eigentlich gar nicht erwachen wollte. Ein dumpfer Schmerz am Kopf pochte, als er sich vorsichtig aufsetzte und in das besorgte Gesicht eines jungen Mannes blickte.

„Are you okay?“ Shinichi begriff zuerst nicht, doch dann schaltete er. Er war immer noch in den USA.

Automatisch wandelten sich die Worte des Arztes um und er verstand sie.

„Junge?“

Er nickte müde und versuchte die grauenhaften Bilder in seinem Kopf in eine tiefe Ecke seiner Seele zu vergraben. Ran war tot, es bestand keine Möglichkeit, dass sie die gewaltige Feuersbrunst im Innern des Gebäudes überlebt hatte. Immer wieder tauchte das Bild ihrer Hand auf, das silberne Armband mit dem Buchstaben S funkelte rot im Schein des glühenden Feuers.

Vorsichtig stand er auf und folgte dem freundlichen Mann, der ihn untersuchen würde. Das Leben ging weiter, wie immer, ob er es wollte oder nicht.
 

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Leider wieder ein kurzes Kapitel. >_< Dafür wird das nächste wieder etwas länger, ich verspreche es!
 

Ich danke euch herzlich für 30 Kommentare! *verbeug* Ich hoffe, dass ich es auch weiterhin wert bin, dass man eine Kommi hinterlässt.
 

@ShinichiKudo: Mir ist leider für den Typen (Peter Parker) kein anderer Name eingefallen. ^^ Im Erfinden von jap. Namen, da gehen mir nie Ideen aus. Aber bei engl. Namen bin ich unglaublich verloren. ^^

Lansing, man würde es nicht glauben, ist die Hauptstadt vom Bundesstaat Michigan. So sagte es jedenfalls meine Amerika-Karte. ^^
 

@Eri_Kisaki: Zitat: "Unser kleiner Shinichi ist verletzt. Was du seiner armen Freundin alles antust..." - Wie du siehst, kann ich noch mehr. ^^ Es hat grauenhaft weh getan, aber ich musste es tun. ;_; An dieser Stelle schon ein Happy-End einzuführen liegt mir nicht.

James umbringen, nein, das kann ich nicht. Mit dieser Figur kann man viel anstellen, weil er im Manga nicht so oft erscheint wie z.B. Conan oder Ran. Mal sehen, was ich mit dem FBI noch so anstellen kann. ^^
 

Angel wollte ich nicht nehmen, weil:

a) Ran Angel ist und eine Waffe nach ihr zu benennen... Nein, das würde ihn nur zu sehr an die verlorene Zeit erinnern

b) Ich finde, "Star" passt einfach besser zu dieser speziellen Waffe. ^^
 

Was den Anfang angeht: Da muss ich noch schauen, ob ich da etwas weitermache. Momentan konzentriere ich mich auf diesen Part und da er noch nicht vorbei ist, kann ich auch noch nicht sagen, wie viele Seiten/Kapitel es geben wird. Lasst euch überraschen!
 

So, jetzt habe ich gelabbert und gelabbert, obwohl es zu diesem Mini-Kapitel gar nicht so viel zu sagen gäbe..oder doch?
 

XD

Bai-bai

xXx Taipan

Rückkehr

Traurig stand er in der riesigen Halle des Narita-Flughafens in Tokyo. Männer in Geschäftsklamotten und kleinen Aktenkoffern eilten an ihm vorbei ohne ihn zu beachten. Das laute Gemurmel der wartenden Passagiere und die Aufrufe aus dem Lautsprecher drangen nicht zu ihm durch.

Der Tag von vor drei Wochen wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen. Er hätte sich gewünscht, dass sie ihn nicht nach einem Streit verlassen hätte. Und dann war da noch die Sache danach gewesen... Gequält verschloss er die Augen.

Aber noch grössere Sorgen machte ihm die Tatsache, wie er aus dem Gebäude wieder entkommen war. Er hatte einen harten Schlag gespürt und dann hatte er das Bewusstsein verloren.

Augewacht war er, umgeben von Sanitätern, auf der Wiese neben dem FBI-Gebäude. Bis auf eine leichte Rauchvergiftung war er gesund gewesen, aber der seelische Schmerz war enorm.

Langsam marschierte er los, die kleine Reisetasche hinter sich herziehend.

Weitere Mitglieder waren ins Netz gegangen: Lincoln, Austin, Ohio, Chicago, Illinois, Iowa und die Dakota-Zwillinge N & S, sowie den Brandstifter und Sprengstoffexperten Utah, der bewusstlos in einer Nebengasse aufgefunden worden war.
 

Da war es, sein altes Wohnhaus. Es schien unbewohnt zu sein, aber das Schild mit seinem Familiennamen zierte immer noch die Mauer mit dem grossen Eisengitter.

Zehn Jahre lang war er nicht mehr hier gewesen, aber die Strasse sah noch immer genau gleich aus wie damals, als er bei peitschendem Regen seine Heimat verlassen hatte.

Das Tor stand bedrohlich und schwarz mit seinen Eisenstangen vor ihm. Er lehnte den Kopf an die Wand und blickte nach unten. „Verdammt Gott, womit habe ich das verdient?“, sagte er leise und liess sich auf den Boden fallen. Seine Umgebung verschwamm vor seinen Augen. Ein strahlendes Gesicht winkte ihm zu, lachte ihn an.
 

Müde marschierte der Professor durch die Gassen. Seit langem hatte er sich wieder einmal einen Teller Spaghetti im Restaurant „Columbo“ gegönnt. Während er sich die Reste der Bolognesesauce aus dem Bart putzte, dachte er daran, wie er damals Shinichi vor dem Tor seines Hauses angetroffen hatte.

Er hoffte für den Jungen, dass dieser endlich sein Glück gefunden hatte.

Just in diesem Moment stiess er mit dem Fuss gegen etwas Weiches und er schrie vor Überraschung auf, als der die kleine Person am Fuss der Mauer erkannte.

„Shinichi!“

Er kniete sich nieder. Der Junge schwitzte und hatte Fieber. Wieso war er hier? Und wo steckte Ran?

Vorsichtig hob er das Kind hoch und trug es zu sich ins Haus. Immer wieder hörte er, wie Conan etwas murmelte. Agasa bettete ihn sanft auf das Sofa.

Danach holte er Decken, machte Tee und rief einen Arzt.
 

Angenehme Finsternis umgab ihn, grenzte die Probleme und Gedanken an Rans Tod von ihm ab. In der Ferne hörte er einen nervenden Ton. Weiter in die Dunkelheit zog er sich zurück um dem Piepsen zu entgehen.
 

Agasa hörte, wie die Tür geöffnet wurde und zwei Leute das Krankenzimmer betraten. Ein Mann und eine Frau, die auf die Fünfzig zugingen.

„Wie geht es ihm?“ Das ehemals schwarze Haar des grossen schlanken Mannes zeigte erste graue Stellen.

„Er hat keine grossen Verletzungen körperlicher Art. Er ist einfach völlig übermüdet und der Arzt meinte, dass das Koma psychischer Natur sei.“

Yukiko und ihr Ehemann traten langsam an das Bett heran. Sie war immer noch hübsch, aber die Zeit hatte auch an ihr einzelne Spuren hinterlassen.

Als sie ihren Sohn sahen, schluchzte sie auf und griff nach dem Arm von Yusaku. Der Professor sah, wie dieser sichtlich Mühe hatte seine Tränen zurück zu halten.

Shinichi lag da und sah aus als schliefe er. Das kindliche Gesicht hatte einen friedlichen Ausdruck angenommen, wirkte aber dennoch auf groteske Art und Weise bekümmert.

„Er ist wirklich immer noch ein Kind...“ haucht Yukiko. Sie setzte sich neben dem Jungen aufs Bett.

„Wieso bist du so erstaunt? Ich habe es dir bereits am Telefon gesagt, als ich euch gestern in L.A. angerufen habe!“

Yusaku stand schützend vor seine Frau. „Na und? Wir haben ihn seit dem nicht mehr gesehen, obwohl wir seine Eltern sind.“

Agasa meinte trocken: „Und das wundert euch? Ich weiss, dass nicht ihr es wart, die ihm das Gift eingeflösst haben, aber ihr habt ihm diese Lüge aufgetischt!“ Er blickte zu dem Jungen. „Ich frage mich, weshalb er ausgerechnet jetzt zurückgekehrt ist...“

Shinichis Mutter weinte, Yusaku blickte verbittert die Wand an.

Nach einer Weile meinte der Wissenschaftler:

„Ich gehe kurz weg um ein paar Nachforschungen zu betreiben. Kann ich euch mit dem Jungen allein lassen?“

Der Schriftsteller zog leicht abfällig die Oberlippe hoch: „Sicher, wir sind ja keine Monster..“

Der Professor verliess das Zimmer.
 

Die beiden Eiswürfel tanzten, als die schwarzhaarige Frau das Glas hob. Die hellblaue Flüssigkeit schwankte.

Bald war ihr Plan perfekt.

Sie nahm einen grossen Schluck und beobachtete den Bildschirm vor sich. Mit Freuden erkannte sie, dass diese Einfaltspinsel geradewegs in ihre Falle liefen.

Einen nach den anderen wurde sie los, bis der ganze Haufen dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Und dann hätte sie endlich ihr Ziel erreicht.

Grinsend senkte sie ihr Glas.

„Das Spiel hat begonnen...“
 

Sie wussten nicht, wie lange sie bereits da gesessen hatten, als die Tür wieder geöffnet wurde und ihr Freund Professor Agasa das Zimmer betrat, Eri und Kogoro Mori im Schlepptau.

Der alte Mann atmete heftig und schien sehr aufgeregt zu sein.

„Hört zu, ich glaube zu wissen, was passiert ist.“

Er wurde von vier Gesichtern neugierig angeschaut.

„Ihr habt sicher davon erfahren, dass in New York vor drei Wochen das FBI-Gebäude in Brand gesteckt worden ist?“

Die vier nickten.

„Dabei scheint Ran leider umgekommen zu sein...“

Kogoro und Eri starrten ihn an, unfähig ein Wort zu sagen.

Yusaku fragte leise: „Jetzt ist wohl verständlich, was er hier wollte, nicht wahr?“ Er fügte bitter hinzu: „Wer hat das Gebäude überhaupt zerstört?“

„Die schwarze Organisation...“, sagte Agasa ernst. „Innerhalb der letzten Jahre haben sie sich erneuert. Allerdings weiss ich nicht, was sie mit ihrem Angriff auf das FBI bezweckt haben. Weltherrschaft? Oder wollten sie sich einfach für die Razzia rächen, bei der sie so geschwächt wurden?“

„Professor, sagt ihnen das Wort ‚Patronus’ etwas?“ Alle Augen wandten sich zur Tür. Erst nach einigen Augenblicken erkannte Agasa den Japaner, der sie mit einem leichten Grinsen anblickte. „Shuichi Akai?“

Eri schien die Worte über Rans Tod erst jetzt wirklich realisiert zu haben und warf sich ihrem Mann heulend in die Arme. Dieser hielt sie fest und machte ein grimmiges Gesicht.

Der FBI-Mitarbeiter schloss die Tür hinter sich. „Black hat mich geschickt, damit ich hier in Japan nach dem Rechten sehe. Dieser Junge“, - er wies auf Shinichi – „hat mitgeholfen diese neue Ausgeburt der Hölle zu sprengen, wird aber verfolgt. Irgendwie scheint der Oberboss Angst zu haben vor dem Kleinen, was ich persönlich nicht verstehen kann, aber auf jeden Fall habe ich mein Büro verlassen um endlich wieder etwas Action zu erleben.“

Yusaku meinte verächtlich: „Sie glauben doch nicht etwa an diese Gerüchte von diesen High-Tech Waffen?“

Akai zog fragend die Augenbraue nach oben. „Wieso Gerüchte?“

Shinichis Vater erstarrte. „Wie, es gibt diese durch Gedanken gesteuerte Waffen wirklich?“

Der Agent nickte. „In Japan wurde die Forschung daran verboten, aber das FBI hat einige Schutzschilder und Pistolen hergestellt. Allerdings werden sie nur in ganz seltenen Fällen benutzt. Leider scheint die neue Organisation ein Auge auf diese Waffen geworfen zu haben und plante nun diese in die Hände zu kriegen.

Bei dem Brand vor drei Wochen sind jedoch sämtliches Material und auch die Waffen selbst dem Feuer zum Opfer gefallen“

Professor biss sich nachdenklich auf die Lippe und beobachtete die Anwesenden.

Shinichi lag immer noch im Bett. Sein Atem ging ruhig, man hörte das leise Piepsen des Gerätes, das seine Herztöne mass.

Seine Eltern standen in einer Ecke. Yukiko klammerte sich an ihren Mann. Ihre Schluchzer vermischten sich denen von Eri, welche krampfhaft Kogoros Hand festhielt. Rans Vater blickte ins Leere, seine Augen gingen unruhig hin und her.

Schliesslich wandte er sich an Akai. „Und was sollen Sie hier genau machen?“

„Ich soll den Jungen beschützen.“ Er trat ans Fenster und blickte hinaus. „Zuerst wurde er gesucht, da er die Organisation zu Fall gebracht hatte. Da er aber allem Anschein nach tot war, konzentrierte man sich ganz darauf eine neue Organisation aufzubauen. Doch plötzlich tauchten wieder Anzeigen in Amerika auf unter dem Namen Shinichi Kudo, aber auch in Japan gab es jemanden der nachforschte.“

„Shinichi war hier in Japan?“, fragte Yusaku erstaunt. Akai schüttelte den Kopf. „Nein, es war Ran. Anscheinend konnte sie nicht verkraften, dass ihr Freund tot war und suchte nach einem Weg um sich zu rächen. Sie forschte nach Informationen, indem sie Shinichis Namen benutzte. So gelangte sie viel schneller an nötige Informationen und war ausserdem etwas geschützt, da sie einen anderen Namen hatte und so schlechter entdeckt werden konnte.“

„Also haben Ran und Shinichi gleichzeitig versucht die Organisation aufzuspüren?“, murmelte Kogoro.
 

Er wusste noch genau, wie seine Tochter vor Jahren heulend nach Hause gekommen war. Erst nachdem Eri und er selbst Ran lange getröstet und in den Arm genommen hatten, hatte Ran damit begonnen vom Tod ihrer Freundes zu erzählen.

Damals hatte er in Gedanken das Schicksal oder Gott immer wieder angeschrieen wieso man diese zwei Menschen hatte trennen müssen. Wieso hatten seine Ran und Shinichi nicht glücklich sein können?

Die Tränen des Mädchens versiegten mit der Zeit, aber sie konnte ihn nicht vergessen.

Kogoro hatte nicht gewusst, was sie in nebenbei so tat. Sie schien ein normales Leben zu führen, aber er spürte dass da noch etwas war. Die junge Frau wollte Rache...

Wieso war ihm das nicht aufgefallen?
 

Dann vor ein paar Monaten kam sie freudenstrahlend in die Detektei und umarmte ihn. Er begriff nicht. Sie hatte bei Shinichis Eltern anrufen wollen um entgültig von ihrem Freund Abschied zu nehmen. Doch jetzt lachte sie. Ihr Gesicht strahlte, die Backen glänzten leicht rötlich und ihre Augen hatten ihren jugendlichen Glanz wiedergewonnen.

Sie fuhr nach Amerika um Shinichi zu suchen und kehrte nie mehr zurück. Er hatte sie gehen lassen, auch wenn es ihn sehr geschmerzt hatte sein einziges Kind weggehen zu sehen. Doch sie war erwachsen und Shinichi Kudô brauchte sie mehr als er, schliesslich stand auch noch Eri an seiner Seite, die ihn unterstützte.
 

Als eine Träne seine Wange benässte, fuhr der FBI-Agent fort.

„Vor einigen Wochen kam Conan zu Black und bat um Unterstützung. Er wollte die Organisation zerstören, damit er endlich seine Ruhe hatte und um weitere unschuldige Opfer zu vermeiden. Es wurden einige Mitglieder gefasst und ins Gefängnis gebracht. Das neue Ziel der Männer in Schwarz kam ans Licht.“

„Aber wieso verfolgen diese Leute Shinichi immer noch?“ Yukikos Stimme erklang hell und ein wenig zittrig im Raum. „Ich meine... zuerst hielten sie ihn für den Einzigen, der vom Überleben der Organisation Bescheid wusste, aber danach... danach wusste ja auch das FBI um ihr Bestehen. Weshalb sind sie so hinter ihm her?“

Akai warf einen nachdenklichen Blick zum bewusstlosen Knaben in Krankenbett hinüber.

„Ich denke, sie haben einfach Angst vor ihm... Ihnen ist es nicht mehr wichtig im Geheimen zu arbeiten, aber er kennt sie genau und hat sie bereits einmal zerstört. Ein zweites Mal wollen sie das nicht riskieren und deshalb ist er eine Gefahr.“
 

Eri löste sich von Kogoro und ging näher auf das Bett zu. „Warum hat man ihn aber im Verlauf der letzten drei Wochen nicht getötet? Er wäre doch sicher ein leichtes gewesen...“ Sie setzte sich auf einen Stuhl.

Agasa seufzte. „Vielleicht ist das gar nicht mehr nötig...“

Alle sahen ihn aufmerksam an.

„Shinichi hat zehn Jahre lang alleine gelebt. Nachdem er als Conan sich so lange Sorgen hat machen müssen, wurde durch das Gift seine Hoffnung auf ein Leben als Shinichi völlig zunichte gemacht. Er war einsam und hat sich hinter einer Maske verschanzt, bis Ran ihn gefunden hat.

Und dann, als er mit ihr endlich zusammensein konnte, bringen die Leute der Organisation sie um.“

Er machte kurz eine Pause.

„Der Junge hält viel aus, aber irgendwann ist bei ihm auch Schluss und er bricht zusammen. Und das scheint jetzt der Fall zu sein... Sie wollen ihn psychisch brechen, damit er ihnen nicht mehr in die Quere kommen kann.“

Yukiko fuhr ihrem Sohn sanft über die Haare, dann nahm sie Rans Mutter in die Arme. Eri begann wieder zu weinen und drückte ihren Kopf an Yukikos Schulter. Ran war tot und Shinichi wurde verfolgt und gequält, das hielt sie nicht aus.

Yusaku grummelte: „Wenn er damals etwas vorsichtiger gewesen wäre, hätte es gar nie soweit kommen müssen.... Und ich habe ihm meine Hilfe zugesagt, er hätte nur zu mir kommen können. Meine Freunde von Interpol hätten diese Organisation in kürzester Zeit ausgehoben gehabt.“

Rans Vater schüttelte den Kopf. „Das wollte er nicht und das weisst du ganz genau, Yusaku. Er hat den gleichen Sturkopf wie du. Auch du würdest eine Sache nie unbeendet zu den Akten legen, dafür bist du zu stolz. Und wie lange, denkst du, soll er für seine Neugier bezahlen? Ich habe miterlebt, wie er sich Vorwürfe gemacht hat und sein Glück hinter das anderer gestellt hat um niemanden zu gefährden. Also halte hier keine grossen Sprüche.“

Shinichis Vater erwiderte nichts.
 

Es war Nacht. Der sanft helle Schein des Vollmondes warf einen silbernen Schatten in das Krankenzimmer.

Der Junge öffnete die Augen, tastete den Raum ab.

Die Realität nahm ihn wieder gefangen, vertrieb den weissen Nebel aus seinem Bewusstsein.

Was wollte er nun tun?

Ein leises Atmen erweckte seine Aufmerksamkeit und er drehte den Kopf.

Da sass seine Mutter und schlief, ihr sonst so fröhliches Gesicht wirkte traurig.

Als er dies sah, flaute die in seinem Innern aufbrausende Wut ab, wandelte sich in Verständnis um. Auch sie hatte gelitten.

Und trotzdem konnte er nicht so einfach vergeben.
 

Sein Herz war kalt.

Wie oft war er schon verletzt worden?

Immer wenn er glücklich war, liess das Schicksal einen Sturm über sein Leben kommen, der ihm alles nahm, was er liebte. Um nicht immer verletzt zu werden, kapselte er sich ab und zeigte sich als arroganten Typen ohne Gefühle. Er konnte einfach nicht mehr und der Anblick seiner Mutter schmerzte ihn ebenso.
 

Langsam kroch er aus dem Bett und zog sich um. Seine Sachen waren noch alle in der kleinen Tasche, nichts fehlte.

Bis auf...
 

Ein abwegiger Gedanke bahnte sich einen Weg durch seinen Kopf, wurde aber von der Barrikade sofort abgefangen. Er durfte nicht an so etwas denken, schliesslich hatte er ihre Hand mit eigenen Augen gesehen. Je schneller er über ihren Tod hinweg kam, desto besser.

Hastig packte er den kleinen Rucksack und huschte aus dem Krankenhaus.
 

Der Wind blies die Blätter von den Bäumen. Conan zog sich den Kragen seiner schwarzen Jacke höher und lief durch die Strassen.

Es war ein Fehler gewesen nach Japan zu kommen, jetzt würden sie vielleicht auch noch den Rest seiner Freunde umbringen um ihn weiter zu schwächen, aber das würde er nicht zulassen.

Dieser Organisation musste der Riegel vorgeschoben werden.

Und danach? Was würde er danach machen?

Er wurde dunkler, eine graue Regenwolke schob sich sachte vor den weissen Ball am Firmament.

Die kleine Gestalt verschwand.
 

„Was, er ist weg?“

Yukiko nickte traurig. Als sie am Morgen erwacht war, hatte sich Shinichi nicht mehr im Bett befunden.

Sie machte sich riesige Sorgen, versteckte diese aber hinter einer Fassade, die sie mit ihrem schauspielerischen Können aufstellen konnte.

Akai trat grübelnd ans Fenster. „Ich frage mich, was er vor hat...“

Yusaku meinte: „Vielleicht verkriecht er sich an den nächstbesten Ort.“

„Wir werden sehen...“ Shuichi verliess mit schnellen Schritten den Raum und liess die anderen zurück.

Kogoro wirkte verstört, worauf er von seiner Frau gleich nach dem Grund gefragt wurde.

„Was ist los?“

„Mir schwirrt da eine unangenehme Vermutung durch den Kopf.“ Er kratzte sich am Kopf.

„Und die wäre?“

„Selbstmord?“
 

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Wie versprochen ist dieses Kapitel etwas länger geworden. *schmunzel*

Obwohl das andere so kurz war, hat es doch eine riesige Welle des Protestes ausgelöst, was mich irgendwie gefreut hat. Da zeigt sich, dass meine lieben Kommischreiber bei der Sache sind. ^^ Doch auch wenn ihr mir droht - Ran ist tot und Tote macht man nicht einfach lebendig...
 

An dieser Stelle möchte ich mich deshalb bei allen bedanken, die so herzergreifende Kommentare hinterlassen haben. Merci beaucoup!
 

Die Wörter für die Waffen kommen tatsächlich aus dem Lateinischen. Ich entschuldige mich dafür, dass ich "Patronus" genommen habe. Viele werden diesen Ausdruck aus Harry Potter kennen. Ich habe mir wirklich Mühe gegeben und ein anderes Wort gesucht, dass "Schutz" bedeutet, aber mir hat der Klang bei diesem Wort am Besten gefallen. Ausserdem hoffe ich, dass ihr euch durch die Endungen der Wörter nicht verwirren lasst. Da ich Latein lerne, klingt in meinen Ohren die richtig deklinierte Form des Wortes manchmal mit, deshalb schreibe ich die hier auch auf. ^^ Wenn ihr also zu lesen kriegen solltet: "Er schoss mit dem Patrono", dann ist das kein neues Wort sondern nur der Ablatif von Patronus. ^^

Zwischendurch setzt sich allerdings auch die dt. korrekte Form durch.
 

Was die Beziehung zu Shinichis Eltern angeht, da wird in diesem Kapitel hier ja uch noch ziemlich heftig was passieren. Ich mag Yusaku nicht und das kriegt man hier zu spüren - Leider. XD
 

@Faenya: ja, ich bin des Wahnsinns..^^ *irren Blick kriegt* Ran ist tot, daran wird nicht gerüttelt.
 

So, ich halte dann jetzt die Klappe. *augenroll* Ich bin eine echte Labertasche, fast schon wie Sonoko...

xxx Taipan

Kyoto - Ein Ort der Zuflucht

„Heiji, kommst du?“

Der Mann mit dem dunklen Teint lachte. „Ja, ich komme gleich nach.“

Kazuha blickte besorgt zu ihrem Mann. „Was willst du denn mit der Schokolade?“

Dann sah sie den kleinen schwarzhaarigen Jungen und schüttelte den Kopf. „Ich frage mich manchmal, was mit dir los ist. Sobald du einen Jungen siehst, der Kudô einwenig ähnelt, schenkst du ihm etwas Süsses.

Kazuo verbietest du Bonbons oder Lutscher.“

Heiji blickte sie melancholisch an. „Kudô war jemand ganz bes-„

„Na und?“, herrschte sie ihn an, dann wurde sie leise. „Ich weiss manchmal echt nicht, was ich denken soll...“ Sie blickte zur Seite um ihre aufkommenden Tränen zu verbergen. Doch Heiji entging der Ausdruck in ihrem hübschen Gesicht nicht.

Von hinten schloss er sie in seine Arme. „Du brauchst nicht eifersüchtig zu sein, Kazuha.“ Er drückte ihr einen Kuss an die Wange. „Ich habe einfach seit Kudô verschwunden ist niemanden mehr getroffen, der mir das Wasser reichen konnte. Es war mein bester Freund und da ich ihm selbst damals nicht helfen konnte...“

„Okay, dann gib dem Jungen die Schokolade. Aber lass bitte Kazuo nicht im Stich..“ flüsterte sie ihm ins Ohr und befreite sich aus seiner Umarmung.

Er sah ihr nach, wie sie langsam durch die Strasse schritt. Sie war eine schöne Frau und er war stolz auf sie. Viele seiner Kollegen bei der Polizei von Kyoto beneideten ihn um sie, warfen ihr immer wieder bewundernde Blicke zu. Sie war wirklich eine unglaubliche Persönlichkeit. Stark, entschlossen und eine wunderbare Mutter und Ehegattin. Er war schon ein Glückspilz.

Fröhlich wandte er sich um und trat langsam auf den Kleinen zu, der alleine auf der Bank sass.

„Hallo, hast du dich verirrt?“

Der Junge zuckte zusammen und blickte ihn ängstlich an.

„Keine Angst, ich will dir nur helfen. Hast du deine Eltern in Gewühl verloren?“

Kopfschütteln.

„Wo sind sie denn?“

Der Knabe wies auf den grossen Lebensmittelladen gegenüber und baumelte mit den Füssen.

„Achso.“ Er wartete kurz und fragte dann: „Möchtest du diese Schokolade?“

Wieder ein Kopfschütteln.

„Warum nicht?“

Er erhielt keine Antwort. Das Kind versuchte seinem Blick auszuweichen und Heiji wurde das Gefühl nicht los, das er nicht reden wollte.

Schliesslich wurde es ihm zu bunt und er legte die Schokolade neben dem Jungen auf die Bank.

„Mach, was du willst. Ich gehe auf jeden Fall.“

Conan blickte ihm nach.

‚Glaub mir, es ist besser so, Hattori’ Er warf einen Blick auf die Süssigkeit neben ihm. ‚Aber trotzdem danke.’

Als der Polizist sich umwandte, waren der Junge und die Tafel Schokolade nicht mehr dort.
 

„Papa, heute in der Schule haben wir so eine neue Art zu rechnen angeschaut. Ich glaube, es heisst Sabtruktion und es ist gar nicht so leicht...“

Heiji lächelte. „Ich glaube, du meinst die „Subtraktion“, nicht wahr?“

Kazuo blickte ihn zuerst verwirrt an, doch dann strahlte er. „Genau, du hast Recht!“

Stolz hielt er seinen Vater an der Hand und sah zu ihm mit seinen grünen Augen hoch.

„Du Papa..“

„Hm?“ Er liebte dieses Wort, es gab ihm ein Gefühl von Würde, die er vor Kazuos Geburt noch nie gespürt hatte.

„Warum wohnen wir nicht in Osaka?“

„Weil ich bei der Polizei von Kyoto arbeite und da wäre der Weg von Osaka aus zu lang.“

Kazuo verzog das Gesicht. „Aber es gibt doch den Shinkansen, mit dem ist man innerhalb von Sekunden in Osaka bei Oma und Opa.“

Heiji lachte. „So schnell ist man auch wieder nicht dort. Und überhaupt, wie kommst du darauf? Gefällt’s dir in Kyoto etwa nicht?“

Der Kleine schüttelte so heftig den Kopf, dass seine Haare nur so herumwirbelten. „Nein, ich finde es einfach nur seltsam...“

Plötzlich begann sein Vater zu grinsen und kniete sich nieder, schaute Kazuo in die Augen. „Wie heisst sie?“

Dieser wandte den Kopf ab und mied den Blick des Erwachsenen, doch es half nichts. Heiji Hattori hatte die roten Wangen bereits gesehen.

Nach einer Weile stotterte der 5-jährige schliesslich: „Sie heisst Natsuko...“

Heiji fragte erstaunt: „ Das Mädchen, dass in der gleichen Strasse wohnt wie Oma und Opa?“

Kazuo nickte, dann erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht. „Papa, sieht mal, da drüben steht Mama!“

Tatsächlich stand auf der anderen Strassenseite Kazuha und winkte ihnen fröhlich zu. Langsam traten sie auf das Lichtsignal zu. Es herrschte kaum Verkehr und der Junge bat schliesslich seinen Vater darum, dass er alleine über die Strasse gehen durfte um seiner Mutter zu zeigen, was für ein grosser Junge er war.

Sein Vater stimmte zu und lehnte sich stolz an die Wand, beobachtete Kazuo, wie dieser vorsichtig bei der Ampel darauf wartete, dass diese auf Grün umschaltete.

Mit erhobenerer Brust überquerte er den ersten Teil der Strasse, eine lag noch vor ihm. Heiji sah, wie auch Kazuha mit Stolz beobachtete, wie ihr Sohn alleine über die Strasse kam. Sie stand ein paar Meter vom Zebrastreifen entfernt.

Sein Blick wanderte zurück zu seinem Sohn, das Lächeln erstarb auf seinem Gesicht. Kazuo lief strahlend über die Strasse und obwohl das Ampelmännchen grün leuchtete, raste ein roter Sportwagen mit unglaublichem Tempo heran. Er rannte los, doch auf seiner Seite fuhr ein Auto nach dem anderen durch, unmöglich durchzukommen.

Er rief: „Kazuo, pass auf!“

Der Junge blieb stehen und drehte sich um. Sie Augen der Kindes weiteten sich vor Schreck, völlig unter Schock stand er auf der Strasse und starrte den sich nahenden Wagen an, der sein Tempo nicht im mindesten senkte.

Auch Kazuha war nicht in der Lage sich zu bewegen. Wie gelähmt stand sie da, das Gesicht bleich.

Und dann war der Raser da. Heji Hattori rannte über die Strasse und hörte nur noch einen Knall, als der rote Teufel mit hoher Geschwindigkeit in einen Körper hineinprallte.
 

Die Ampel wechselte in regelmässigen Abständen ihre Farbe, aber niemand kümmerte sich darum.

Eine Menschenmenge hatte sich versammelt, man hörte flüsternde Stimmen. Einige waren entrüstet über den Raser, andere stiessen Laute der Bewunderung aus.

Heiji interessierte sich nicht für die Schaulustigen um ihn herum. Er kniete auf den Boden und versuchte zu realisieren, was geschehen war.

Kazuha stand neben ihm, sie hatte Tränen in den Augen. Sie erzählte ihm was geschehen war.

Ein schwarzer Schatten war es gewesen, der Kazuo gerade noch rechzeitig mit sich gerissen hatte, jedoch dann vom Auto am Rücken erwischt und von der Strasse weggeschleudert worden war.

Nun lagen die beiden Kinder auf dem Bürgersteig. In der Ferne erklangen die typischen Geräusche eines Krankenwagen.

Plötzlich rührte sich Kazuo und öffnete die Augen. Er wirkte etwas verwirrt und musterte den anderen Jungen, der ihn festhielt. Danach schaute er sich um und erkannte seinen Eltern.

Er erhob sich vorsichtig und rannte auf sie zu. Sein Vater war einfach nur noch erleichtert und auch seine Mutter lächelte einwenig. Nach dem Unfall hatten beide versucht die Bewusstlosen zu wecken, was aber bis vorhin ohne Erfolg gewesen war.

Kazuo hopste herum und entschuldigte sich bei den beiden, dass er nicht richtig aufgepasst hatte. Allerdings wurde er sogleich von seiner Mutter unterbrochen. Sie fuhr ihm übers Haar und meinte, es wäre nicht seine Schuld gewesen.

Danach erinnerte sich der Kleine plötzlich an den anderen Jungen und er wandte sich um. Er setzte sich auf den Boden und schüttelte den Bewusstlosen. „Hey du, wach auf!“

Als er die Hand zurückzog, glänzte sie leicht rötlich und er schrie erschrocken auf.

Sein Vater setzte sich neben ihn und zog überrascht die Augenbrauen nach oben.

„Das ist ja der Junge, der vor dem Lebensmittelladen gesessen hat!“

In diesem Moment flackerten dessen Lider und er öffnete schwach die Augen.

„Junge, es ist alles in Ordnung, der Krankenwagen kommt gleich...“, sagte Heiji sanft und er lächelte. Der Kleine nickte. Er schloss kurz die Augen, ein gequälter Ausdruck erschien. Dann sprach er leise: „Ich danke dir für die Schokolade, Hattori.“

Der Polizist erstarrte. Die Worte des Jungen wiederholten in sich in seinen Gedanken wie ein Echo.

Der Junge öffnete die Augen wieder und sah ihn fest an.

„Mama, wieso sieht Papa aus, als wenn er einen Geist gesehen hätte?“ Kazuo erhielt von seiner Mutter keine Antwort. Diese beobachtete mit Schrecken, wie sich die Augen ihres Mannes weiteten. Selten hatte sie gesehen, dass er so um Fassung rang.

„Kudô?“, krächzte er schliesslich. Seine Frage wurde von einem leichten Nicken beantwortet.

„Wie ist das möglich?“

Er erhielt keine Antwort mehr, denn Shinichi hatte das Bewusstsein verloren. Genau in diesem Moment kamen endlich die Sanitäter der Ambulanz und kümmerten sich um den verletzten Jungen.

Heiji wollte Kazuha schon eine Entschuldigung zurufen, doch sie wies bereits auf den Wagen und zeigte ihm, dass sie verstanden hatte. Ihr Mann drückte ihr daraufhin einen Kuss an die Wange und sprang zu Shinichi in den Wagen.
 

Da war sie wieder, diese angenehme Dunkelheit um ihn herum. Wie ein Vorhang hatte sie ihn eingehüllt und schützte ihn vor der noch schwärzeren Welt draussen. Und doch war er wütend.

Wieder hatte er es nicht geschafft zu sterben.

Wieso wollte das Schicksal, dass er sich durch dieses Leben kämpfte?

Was hatte er getan, dass er gezwungen wurde immer wieder aufzuwachen?

Etwas in seinem Innern rebellierte und zwar aufs Heftigste. Er durfte noch nicht sterben, er musste diese Männer in Schwarz aufhalten. Auch wenn es keine Pugnatores mehr gab, so würden die schwarze Organisation erneut versuchen das FBI zu schwächen.

Die Dunkelheit schwand und er öffnete langsam die Augen. Fast amüsiert war er, als er die weissen, kahlen Wände erkannte. Krankenhäuser schienen ihn irgendwie anzuziehen. Schon das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit befand er sich in einem dieser Gebäude.

Er versuchte aufzusitzen, stiess dann aber ein schmerzvolles Keuchen aus.

„Das würde ich an deiner Stelle nicht machen, alter Freund.“

Die Hand auf die Brust gepresst, unternahm er einen weiteren Versuch und schaffte er schliesslich doch in die aufrechte Position.

Der Polizist stand kopfschüttelnd im Türrahmen. „So wirst du nicht gesund. Mehrere gebrochene Rippen sind kein Kinderspiel. Obwohl...“, er schritt langsam auf das Bett zu und setzte sich dann auf einen der Stühle. „Dafür, dass du voll von dem Auto getroffen wurdest, bist du noch erstaunlich ganz...“

Shinichi verzog das Gesicht. „Der Typ hat sogar noch Gas gegeben...“

„Meine Kollegen haben ihn gefasst. Der Kerl hatte sich zu Hause irgendwelche Drogen zusammengemixt und dachte, er befände sich in einem Computerspiel...“

„Wie geht’s deinem Sohn?“, fragte Conan. Er hoffte, dass dem Kleinen nichts passiert war.

„Dank deiner Hilfe hatte er nur ein paar Schrammen.“

Er seufzte auf, doch etwas an Hattoris Tonfall liess ihn aufhorchen. Er spürte ganz klar Erleichterung, dass seinem Sohn nichts Ernstes passiert war, aber dann fühlte noch etwas: Heiji war wütend.

„Was ist los?“, sagte er ernst. Der andere sah erschrocken zu ihm.

„Was meinst du?“ Die Frage klang seltsam, so, als wüsste der Sprecher genau was gemeint war. Shinichi antwortete dementsprechend: „Das weisst du genau. Woher der Ärger in deinem Tonfall?“

Heiji seufzte resignierend und senkte den Kopf. „Noch immer kannst du Gedanken lesen. Du bist noch der Gleiche wie früher.“

„Da wäre ich mir nicht so sicher...“, meinte der Junge, beliess aber seine Aussage und fügte auch auf Heijis Frage hin keine Erklärung hinzu, sodass der Mann aus Osaka sagte: „Wieso bist du am Leben? Ich dachte, du wärst bei der Einnahme des Gegengiftes umgekommen. Und weshalb bist du immer noch Conan?“

Bevor Heiji weitersprechen konnte, antwortete Shinichi: „Ich erkläre dir die ganze Geschichte, aber ich würde sie lieber Kazuha auch gleich erzählen. In letzter Zeit musste ich so vielen Leuten meine Lebensgeschichte erzählen... Lässt es sich organisieren, dass sie auch hierhin kommt?“

Sein Gegenüber nickte und ein verlegenes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Ich habe den Arzt gefragt, ob du bei uns wohnen könntest, wenn wir dafür sorgen, dass du dich nicht überanstrengst. Kazuha ist eine ausgebildete Ärztin und dementsprechend sollte das kein Problem sein, voraussichtlich natürlich, dass du damit einverstanden bist, Kudô.“

Dieser setzte einen nachdenkliches Gesicht auf und Heiji fügte abwehrend hinzu: „Du musst nicht. Wenn du nicht willst...“

„Doch, ich komme gerne zu euch. Ich -, mir ist da nur kurz etwas eingefallen, ist aber nicht so wichtig...“

Zwei Tage später zog Shinichi um in die Residenz Hattori in Kyoto.
 

Er wurde von zwei glänzenden Augen begrüsst.

Kazuo stand auf der Veranda des Hauses und kam mit einem riesigen Lachen auf ihn zu gerannt. Seine Mutter wartete in der Tür, auch sie wirkte fröhlich.

Conan hatte darauf bestanden selbst zu gehen und keinen Rollstuhl zu benutzen, worauf sein alter Detektivfreund ihn einen „eitlen Fatzke“ genannt hatte. Allerdings musste Shinichi nach sie vor gestützt werden, da die gebrochenen Rippen ihn zu sehr schmerzten.

Als sich Shinichi in seinem Zimmer erschöpft auf das Bett sinken liess, konnte er sich nur ein müdes Lächeln abgewinnen. Die Reise hatte ihn mehr mitgenommen als er gedacht hatte.

Das Haus der Hattoris in Kyoto war im altjapanischen Stil gehalten und besass unglaublich viele Zimmer.

Sein Zimmer befand sich gleich beim Garten. Er musste nur die Schiebetür öffnen und bereits hatte er eine wunderbare Aussicht.

Er sass gerade so da und blickte von seinem Bett aus auf das Geschehen im Grünen, als Kazuha mit einem Tablett das Zimmer betrat. Sie brachte ihm Tee und eine kleine Stärkung. Heiji wollte eigentlich gleich mit dem „Verhör“ beginnen, doch seine Gattin scheuchte ihn sogleich aus dem Zimmer und schloss hinter sich die Tür. Er hörte dann draussen, wie sie ihren Mann darauf aufmerksam machte, dass der Junge Ruhe brauchte. Der Detektiv des Westens gab schliesslich nach.
 

Conan grübelte. Kazuha verhielt sich seiner Meinung nach zu ruhig. Hatte sie den Schock, dass er Shinichi Kudô war, bereits verkraftet oder war sie einfach eine gute Schauspielerin?

Heute Abend wollte er dem Ehepaar Hattori die Ereignisse erläutern und erzählen, was damals genau geschehen war.

Er beschloss etwas zu schlafen damit er wieder zu Kräften kam.
 

Wütend warf sie das Glas zu Boden. Diese verdammte Salem würde ihr noch den ganzen Plan versauen. Sie war so nah dran, warum musste diese dumme Kuh den Boss jetzt auf die hohen Verluste aufmerksam machen?

Ihr war es egal, wie viele Leute von der Organisation draufgingen, sie wollte diese High-Tech-Waffen.

Sie erhob sich von ihrem Stuhl und wanderte zur Minibar in ihrem Zimmer hinüber.

Nachdem diese Idioten der Organisation sämtliche Patrones und Pugnatores zerstört hatten, die das FBI produziert hatte, hatte sie ihren Plan praktisch aufgegeben.

Doch dann war ihr etwas ganz Bestimmtes in die Hände gefallen.

Sie nahm wählerisch eine Flasche heraus und fühlte sich das Glas. Zwei Eiswürfel sprangen hinterher.

Lächelnd kehrte sie zurück an ihren Platz.

Bald hatte sie den Kleinen in der Mangel, sie brauchte nur noch etwas Zeit.

Inzwischen jagte sie diese schwarze Tölpel etwas herum und hoffte, dass sie bald von der Polizei geschnappt wurden. Drei waren gestern ins Netz gegangen und sie musste wahrlich über die Blödheit von Alabama, Massachusetts und Maine lachen. Nachdem diese vor über einem Monat diese chinesische Familie getötet hatten, waren sie noch einmal an den Tatort zurückgekehrt. Okay, ihre Helfer waren nicht ganz unschuldig gewesen und hatten eine der Pistolen der Täter geklaut.

Ein Wimmern erklang, doch Nebraska hörte es nicht.
 

Nachdem draussen bereits tiefste Nacht herrschte und Kazuo schlafend im Bett lag, trafen sich die drei in Shinichis Zimmer.

Alle hatten ernste Gesichter und schliesslich begann Shinichi zu sprechen.

Der Junge mit den schwarzen Haaren, den blauen Augen und der eher bleichen Hautfarbe erläuterte trocken, aber mit heller und klarer Stimme seine Geschichte. Kazuha und ihr Ehemann lauschten gespannt.

Nach einiger Zeit machte Shinichi eine Pause und er nahm einen Schluck Tee um das leichte Kratzen in seinem Hals etwas zum Verschwinden zu bringen.

Die junge Frau mit den grünen Augen schrie ihn plötzlich an. Ihr Haar, dass sie nicht mehr wie früher mit einer Schleife zusammenhielt, wirbelte wild herum.

„Hast du eigentlich in der ganzen Zeit einmal an Ran gedacht, du arroganter Kerl? Du versteckst dich sicher bei ihr zu Hause, siehst wie sie leidet und dann verschwindest du noch einfach, tust so als wärst du tot?

Oder hast du je an deinen besten Freund gedacht? Selbst nach über einem Jahrzehnt konnte er seine Trauer noch nicht überwinden!“
 

Ihr ganzer Zorn auf Shinichi Kudô knisterte bei ihren Worten mit wie ein heimliches Feuer. Hatte dieser Typ je daran gedacht, dass er mit seinem Verhalten Leuten weh tat? Heiji hatte all die Jahre seinen Freund nie vergessen und immer darauf gehofft, dass er irgendwann zurückkehren würde.

Es hatte ihr beinahe das Herz gebrochen, wenn sie ihren Gatten gesehen hatte, wie er den Tod seiner Freundes einfach nicht verkraften konnte. Sie hatte ihn getröstet, aber bei ihr hatte sich langsam eine Wut aufgebaut. Und diese Wut entlud sich jetzt.

Den Menschen, den man liebt, leiden zu sehen, schmerzt mehr als wenn man selbst Qualen erleidet.
 

Conan schaute sie jedoch kalt an. Er wollte nicht zeigen, wie sehr ihn die Worte von Heijis Frau trafen. Er wollte nicht schon wieder verletzt werden, zu viele Dinge waren im Verlauf der letzten Zeit geschehen. Dinge, die ihn immer mehr zu ertränken suchten.

Wenn er seine Maske abnahm, würde er zerbrechen und nie wieder in der Lage sein zu kämpfen.

„Ich weiss nicht, wo Ran gerade steckt, aber sie ist nie über deinen vermeintlichen Tod hinweggekommen. Vor einigen Monaten ist sie verschwunden, man hat sie seitdem nicht mehr gesehen.

Ihr beide wart doch damals glücklich, als ihr zusammen in Grundschulkörpern gesteckt habt...“

Kazuha sah ihn traurig an, der ganze Schmerz der letzten Jahre tanzte in ihrer Stimme mit. „Warum hast du das getan?“

Shinichi schüttelte traurig den Kopf.

„Ran war bei mir...“

Sie sah erschrocken auf. Die gefühllose Stimme von vorhin hatte sich mit Emotionen gefüllt.

„Wie?“

„Ran und ich wurden Opfer eines Missverständnisses. Ich habe euch zuerst dargelegt, wie Ran die Situation damals gesehen hat. Bei mir war es jedoch nicht anders, auch ich habe gelitten...“ Er begann von der Lüge seiner Eltern und seinen Erlebnissen in Amerika zu berichten. Dann schloss er mit den Worten: „Vor etwa einem halben Jahr war sie plötzlich da. Ich sass alleine in einer Gaststube, als eine junge Frau sich am Platz mir gegenüber hinsetzte. Es dauerte nicht lange und wir erkannten uns.“

Er erhob sich gemächlich und trat auf die Schiebetür zu, die in den Garten führte. Im Türrahmen blieb er stehen und lehnte sich dagegen. Seine Stimme war nur noch ein Flüstern.

„Sie wollte bei mir bleiben und wir haben ein neues Leben begonnen. Doch wie so oft in meinem Leben scheinen die Götter mir das Glück nicht zu gönnen. Die Schwarze Organisation tauchte auf, jetzt aber in neuer Besetzung. Unschuldige Leute wurden getötet um mich herauszulocken und ich folgte.“

Heiji fragte vorwurfsvoll: „Du hast Ran wieder allein zurückgelassen?“

Shinichi drückte mit seiner Hand fest auf seine Brust. Der dumpfe Schmerz der gebrochenen Rippen holte ihn zurück in die Realität. Beinahe hätte er die Besinnung verloren und wäre auf Heiji zugerast.

„Nein. Ich habe sie mitgenommen. Und als ich sie kurz allein liess, hat man sie umgebracht.“
 

Er war selbst erstaunt wie eisig diese Worte seinen Mund verliessen.

„Auch die Familie, bei der wir für einige Zeit leben konnten, hat man eliminiert.“

Er näherte sich seiner Tasche. „ Es wäre besser, ich würde gleich verschwinden. Vielleicht kriegen meine Verfolger dann nicht mit, dass ich bei euch gewesen bin.“

Wieso war er überhaupt zu ihnen gezogen? Erst jetzt war ich aufgefallen in was für eine grosse Gefahr er seine Freunde gebracht hatte. Je eher er verschwand, desto besser.
 

Er spürte eine Hand auf seiner Schulter. Als er einen hastigen Blick nach hinten warf, konnte er das ebene hübsche Gesicht von Kazuha sehen. Schnell wollte er die Hand abstreifen, als vor ihm sein alter Freund Heiji auftauchte.

„Hör auf solchen Quatsch zu reden. Wir lassen dich nicht gehen, bevor du wieder ganz gesund bist“, meinte Kazuha. Conan war erstaunt, denn sie meinte diese Aussage vollkommen ernst. Er spürte, dass ihr Wutanfall von vorhin abgeflaut war.

Der Polizist sagte: „Hier bist du sicher, so leicht kommt niemand in mein Haus rein. Also hör auf davonzulaufen, wir helfen dir.“

„Ihr wollt wirklich einen Mörder in euren eigenen vier Wänden wohnen lassen? Wegen mir sind Ran und einige andere Leute gestorben. Ich weiss euer Angebot zu schätzen, aber ihr wisst nicht wovon ihr sprecht.“

Wieder versuchte er abzuhauen, aber die junge Frau reagierte in einer Art und Weise, der er sich nicht widersetzten konnte.

Sie nahm ihn in den Arm und sprach leise: „Hör zu, Shinichi, du kannst nichts dafür.“

Der Junge protestiere lautstark: „Natürlich ist es meine Schuld. Ich habe Ran mitgenommen!“

Kazuha schüttelte den Kopf. „Nein, es ist nicht deine Schuld. Dass du sie mitgenommen hast, zeigte ihr, dass du ihr vertraust.“

„Ich habe sie aber verdammt noch mal allein –...“ Er konnte seinen Satz gar nicht beenden, denn Heijis Frau fuhr im gleichen tröstenden und beruhigenden Ton fort: „Du kannst nichts dafür...“

„Doch.“ Er wollte das Zittern seiner Stimme unterdrücken, spürte dann aber, wie es sich auf seinen ganzen Körper ausbreitete. Er wollte sich gegen die Umarmung wehren, doch sein Körper gehorchte ihm nicht.

Sanft wiederholte sie die leisen Worte und streichelte ihm über das Haar.

„Es ist nicht deine Schuld.“
 

Die Maske zersplitterte, der Damm brach.

Er hatte das Gefühl als würden ihn tausend Glassplitter gleichzeitig mitten ins Herz treffen.

Als Ran gestorben war, hatte er nicht geweint. Als man ihm den Tod der Lins mitgeteilt hatte, hatte keine einzelne Träne seine Wange benässt.

Seine Trauer hatte er nur mit Ran geteilt und sie ihre mit ihm. Doch sie war nicht mehr da und wem sollte er da noch vertrauen?

Nun konnte er aber nicht mehr, seine Wange wurde feucht. Er schmeckte den salzige Geschmack der Tränen auf seiner Zunge.

„Sie wollte zurück nach Japan, doch ich egoistischer Vollidiot dachte nur an mich. Ich habe sie allein zurückgelassen und genau in diesen wenigen Minuten hatte sie meine Hilfe am nötigsten.“ Die Ereignisse sprudelten nur so aus ihm heraus, er wollte sie nicht mehr zurückhalten.
 

Sie wusste nicht, warum, aber ihr ganzer Zorn hatte sich in Luft aufgelöst. Nun tat er ihr einfach nur noch Leid.

Seine Schluchzer erklangen im Zimmer und sie spürte, wie er sich an sie klammerte. Hin und her schaukelte sie, tröstete den Jungen, der eigentlich keiner mehr war.

Wie musste es für ihn gewesen sein, als all seine Hoffnung auf Rückkehr wie ein baufälliges Haus über ihm zusammengestürzt war?

‚Er hat seinen ganzen Schmerz zurückgehalten und weitergekämpft, aber jetzt war er mit seiner Kraft am Ende’, dachte sie.

Heiji warf ihr einen Blick zu und huschte danach aus dem Zimmer. Auch sie hatte das leise Knarren der Türe vernommen, Kazuo war noch wach.
 

„Was machst du zu so später Stunde noch hier?“

Heiji konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen, als Kazuo erschrocken zusammenzuckte. Anscheinend hatte er unerkannt bleiben wollen.

„I- Ich musste nur kurz auf die Toilette...“, sagte Kazuo und trat nervös von einem Fuss auf den anderen.

Sein Vater kicherte. „Und seit wann befindet die sich an diesem Ende des Ganges?“

Der Knabe antwortete nicht, was dem Detektiven und Polizisten als Antwort reichte. „Also, was wolltest du hier?“

Kazuo druckste herum. „Ich habe gehört, wie Mama Shinichi angeschrieen hat und da wollte ich sehen was los ist. Schliesslich hat er mir geholfen und Mama kann manchmal ein ganz schöner Drache sein. Dann brüllt sie nur noch und man kriegt Angst, dass gleich ganz Tokyo bei ihrem Gezeter explodiert...“

Heiji schmunzelte bei den Ausführungen seines Sohnes, denn es traf zu, dass Kazuha, wenn sie einmal wütend war, ganz schön ausrasten konnte.

„Du scheinst Shinichi ja sehr zu mögen“, sagte er und Kazuo nickte heftig. „Ja, ich finde total cool, was er gemacht hat. Dabei ist er doch erst 6 Jahre alt!“
 

Plötzlich änderte sich der Ausdruck auf dem Gesicht seines Vaters, das Lächeln verschwand.

„Papa, was ist los? Bist du traurig? Und wieso hat Shinichi auch geweint?“

Heiji seufzte. Kudô würde es sicher verstehen, wenn er seinem Sohn die Wahrheit erzählte. Er wollte Kazuo nicht anlügen und ausserdem erleichterte es die Sache, da sie nicht immer nach Ausreden suchen mussten.

„Komm mit Kazuo, ich werde es dir erklären...“

Er nahm den Kleinen bei der Hand und führte ihn in die Küche. Nachdem beide eine Tasse warmen Kakao vor sich stehen und Platz genommen hatten, begann Heiji zu erzählen.

„Hör zu, Shinichi ist eigentlich gleich alt wie ich.“

Kazuo blickte ihn mit grossen Augen an, die Verblüffung war ihm ins Gesicht geschrieben.

„Durch ein Gift wurde er als Sechzehnjähriger in ein Sechsjähriges Kind zurückverwandelt. Leider konnte man kein Gegengift finden und er bleibt jetzt für immer ein Kind. Verstehst du das?“

Der Kleine kratzte sich am Kopf und runzelte die Stirn. „Also du meinst wie eine Krankheit?“

Heiji nickte. „Könnte man so sagen. Verstehst du auch, wie er sich dann fühlt?“

„Ja, er ist sicher froh, weil er noch nicht so alt ist wie du und so noch keine Haare verliert!“

Nun war es an Heiji verdattert dreinzuschauen. Danach schüttelte er traurig den Kopf.

„Nein. Kannst du dir vorstellen wie es ist, wenn man in den Spiegel sieht und dort nicht die Person steht, die man eigentlich ist? Er steckt im falschen Körper.“

Kazuo biss sich auf die Lippe und auf seinem Gesicht erschien Verständnis. „Als Kind kann er auch nicht alleine ins Kino...“

„Genau. Er wäre eigentlich erwachsen, aber da ihn jeder für ein Kind hält, kann er sich nicht so verhalten wie er will. In der Schule lernt er seit Jahren den gleichen Stoff und eine Stelle kriegt er auch nicht, weil er mit seinen sechs Jahren einfach zu jung ist.“

„Aber das ist ja schrecklich!“, meinte sein Sohn laut und Heiji war froh, dass er kapiert hatte worum es ging.

„Stimmt. Deshalb ist Shinichi traurig.“

Eine Weile sassen sie schweigend da und tranken ihre Schokolade. Es war still im Haus.

„Du, wieso hat er von Ran gesprochen? Ist das die gleiche Tante wie Mamas Freundin aus Tokyo?“

Der Detektiv starrte seinen Sohn an. „Das hast du gehört? Okay, Ran ist Shinichis Freundin...“

„Eeeeeeecht? Aber die ist doch viel älter als er!“, schrie er.

„Denk mal nach, Sohnemann...“

„Ah ja, er ist ja gleich alt wie du und Tante Ran ist gleich alt wie Mama. Und da du und Mama euch gern habt, dann müssen Tante Ran und Shinichi sich auch gerne haben!“

‚Was für eine Schlussfolgerung...’, dachte Heiji amüsiert, dann wurde er aber wieder ernst.

„Genau. Jetzt ist Tante Ran leider tot und Shinichi ist traurig.“

„Tante Ran ist tot?“ Tränen begannen Kazuos Gesicht hinabzurinnen und seine nassen Augen glitzerten.

Heiji nickte und nahm seinen Jungen in den Arm.

„Die war immer so lieb. Ich kann verstehen, dass Shinichi dann weint“, murmelte Kazuo und kuschelte sich an seinen Vater.
 

Nach einer Weile hatte Kazuo sich beruhigt und er half seinem Papa die benutzen Tassen in die Geschirrspülmaschine zu legen. Danach begaben sie in sein Kinderzimmer, nachdem Kazuo noch fein säuberlich seine Zähne geputzt hatte.

„So, jetzt wird aber geschlafen. Verstanden?“, sagte Heiji und deckte den Knaben mit der Decke zu.

Dieser nickte.

„Du Papa?“

„Hm?“

„Ach nichts...“

Als Heiji die Tür schloss, hatte er irgendwie das Gefühl, dass Kazuo etwas im Schilde führte.
 

Der Anblick war einfach rührend.

Der Polizist betrat leise das Gästezimmer und schloss die Tür hinter sich.

Kazuha sass da und hielt immer noch den kleinen Shinichi im Arm. Vereinzelt waren Schluchzer zu hören, bei denen sich Conan etwas krümmte und wieder entspannte.

Seine kleine Kinderhand zuckte und krallte sich in den weichen Stoff von Kazuhas Pullover.

Sie hob den Kopf und blickte ihn erschöpft an. Er konnte das Mitleid erkennen, dass sie für Shinichi fühlte. Ihm ging es nicht anders.

Sanft berührte er mit seiner Hand ihre Wange, streichelte ihre weiche Haut mit seinen Fingern. Sie schloss die Augen, genoss dieses Gefühl der Zärtlichkeit.

„Wollen wir ihn hinlegen? Er scheint eingeschlafen zu sein...“, meinte sie und deutete auf den Junge in ihrem Schoss. Die Schluchzer waren verstummt, nur einzelne Unregelmässigkeiten in seinem ansonsten ruhigen Atem zeigten, dass er vor kurzer Zeit noch geweint hatte. Dann wurde sein kleiner Körper durchgeschüttelt und er zitterte für einen kurzen Moment.

Vorsichtig legten sie Shinichi in sein Bett. Er rieb sogleich seine Wange am kuscheligen Kissen und sie legten die warme Decke über ihn.

Geräuschlos huschten die beiden Erwachsenen aus dem Zimmer.

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Ein langes Kapitel als Entschädigung dafür, dass es immer solange dauert, bis man etwas Neues von mir zu hören kriegt.

Ich hoffe, dieses ruhigere Kapitel hat euch auch gefallen, mir persönlich ist es etwas zu emotional. ^^

Dieses Kapitel widme ich all den HeijixKazuha Fans, die bei mir leider nicht allzu oft etwas zu lesen kriegen, das ihren Wünschen entspricht. ^^

Bai-bai

xXx Taipan
 

P.S. Mir ist durchaus bewusst, dass ich Heiji und Kazuha nicht den typischen Kansai-Dialekt verpasst habe. Mir liegt es nicht, solche Dinge wie "Was is' denn das?" etc. zu schreiben, deshalb habe ich keine Dialekte eingebaut.^^

Ich hoffe, ihr vergebt mir diese Fahrlässigkeit...

Eine neue Spur?

Nach langer Zeit melde ich mich wieder mit einem neuen Kapitel. Hier gehe ich etwas weiter auf die Beziehung zwischen Kazuo und Shinichi ein und versuche ein paar Hinweise für das FBI fallen zu lassen. ^^

Vielen Dank für eine lieben Kommentare!

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Es konnte doch nicht so schwer sein diesen Jungen aufzuspüren?! Black lehnte sich erschöpft in seinem Sessel zurück. Eigentlich war er schwer verletzt, aber er konnte und wollte nicht tatenlos zusehen wie seine Leute arbeiteten, während er faul im Krankenhaus lag.

„Seit einer Woche ist er verschwunden und ihr findet ihn nicht?“

Black sass in seinem Stuhl und schrie ins Telefon. Shinichi war sein wichtigster Zeuge in der Sache, es fehlte noch dass er nicht mehr auftauchte.

„Tut mir Leid, wir haben ganz Tokyo nach dem Jungen abgesucht, ohne Erfolg...“

James Black platzte der Kragen: „Ganz Tokyo?! Wissen Sie eigentlich, Di Flora, wie schnell man von Tokyo aus in Osaka oder Kyoto sein kann? Jetzt machen sie sich gefälligst auf die Socken und suchen ganz Japan ab!“

Ein verschüchtertes „Okay“ erklang, dann legte Black auf.

Diese Leute brachten ihn noch auf die Palme.

Bei der CIA gab es Leute, die wegen ihrer fehlenden Kompetenzen die Agency verlassen mussten. Da aber die Gefahr bestehen könnte, dass diese Leute Geheimnisse der CIA ausplaudern könnten, müssen sie irgendwo untergebracht werden...

Black stöhnte auf. Auf seine Leute aus dem FBI konnte er sich verlassen, aber die Nieten aus dem CIA, denen er eine Stelle übergeben musste, waren unfähige Agenten.

‚Central Intelligence Agency, dass ich nicht lache...’, dachte der Chef des FBIs wütend. ‚Immer darf das FBI herhalten, wenn das CIA einen Auftrag vermasselt hat. Es wundert mich überhaupt nicht, dass die Regierung vor 14 Jahren uns das Recht gegeben hat, PPs herzustellen und zu benutzen.’

Ring. Ring.

„Ja?“

„Herr Black, Shuichi Akai möchte mit ihnen sprechen. Er ist auf Leitung 2.“

„Danke Frau Brooks.“ Er schaltete um. Auch wenn ihn das Gehabe seiner Sekretärin manchmal tierisch auf die Nerven ging, so mochte er trotzdem ihre Art. Wenn es ernst wurde, zögerte sie nicht lange und leitete wichtige Informationen innerhalb kürzester Zeit weiter.

„Hier Black. Was treibst du denn dort drüben Akai?“

„Ich geniesse meinen Einsatz. Nachdem ich Jahre lang im stinkigen Büro eingesperrt war, kommt endlich wieder Action in mein Berufsleben.“

Black musste grinsen. Diese Antwort war einfach typisch Akai.

„Also, ich weiss ja, dass Di Flora und die anderen nicht gerade hell sind, aber mit dir als Leiter der Suche sollte nicht so etwas passieren.“

Shuichi stöhnte: „Diese Leute wollen einfach nicht auf mich hören. Deshalb habe ich mir ein paar Leute, denen ich wirklich vertrauen kann, zusammengesucht und mit denen ganz Japan abgeklappert. Leider sind wir bisher noch auf keine Informationen über den Verbleib des Jungens gestossen.“

Black verabschiedete sich mit einem Seufzer.
 

Was hatte diese Organisation bloss vor?

Zuerst hatte er gedacht, dass sie Interesse an den Patronos und Pugnatores gezeigt hätten, doch durch die zu hohe Explosionskraft der Sprengung war das ganze FBI-Gebäude zerstört worden.

Sie hatten alle Waffen zerstört und somit ihr Ziel ins Nichts katapultiert. Sämtliche Notizen zu den telepathischen Waffen waren verbrannt. Was wollte die Organisation?

Und weshalb hatte man Ran und Shinichis chinesische Gastfamilie ermordet? Der Junge war nicht mehr der Einzige, der um ihre Existenz wusste. Weshalb waren die Mitglieder der Organisation so an ihm interessiert?
 

Es musste doch einen anderen Weg geben, wie man diese Organisation auflösen konnte!

Plötzlich erstarrte er, seine Augen fixierten das riesige Gemälde, das ihm gegenüber an der Wand hing.

Es handelte sich um eine riesige Karte der Vereinigten Staaten von Amerika.

Berge, Flüsse, Seen, Städte waren darauf zu sehen, doch Black starrte auf einige schwarze Buchstaben.

FLORIDA...

Vor seinen Augen vertauschten die Buchstaben ihre Position.

AFLORID

DAFLORI

DIFLORA

...

Di Flora!

Black packte nach dem Telefon.
 

Als Kazuha am nächsten Morgen Shinichi aufwecken wollte, fand sie ihn nicht mehr in seinem Bett vor.

Gerade wollte sie das Zimmer verlassen, als sie einen leichten Windhauch spürte und sie die leicht geöffnete Schiebetür entdeckte.

Sie trat in den Garten hinaus. Das Zwitschern der Vögel und das leise Rascheln der Blätter, wenn der Wind rauschend durch das Geäst sauste, vermittelte den Eindruck von Ruhe.

„Conan?“ Sie war sich gar nicht sicher, welchen Namen sie für ihn benutzen sollte.

Plötzlich erkannte sie ihn sitzend hinter einem Busch. Seine Augen waren geschlossen, der Ausdruck von höchster Konzentration lag auf seinem jungen Gesicht.

Dann hoben sich die Lider und er drehte langsam den Kopf in ihre Richtung. Der Wind spielte mit seinem Haar, liess die Strähnen auf und ab tanzen.

Kazuha hatte das Gefühl, er wäre entspannt, sein Blicke ruhte emotionslos auf ihrem Gesicht.

Dann lächelte er. Es war eine kleine Veränderung seines Mundes bei der sich die Mundwinkel kaum merklich nach oben verschoben und doch erschien dieses Lächeln Kazuha tausend Mal aufrichtiger und glücklicher als die Fratzen, die er zuvor gemacht hatte.

Sie lächelte zurück. „Wie geht’s dir?“

Er warf einen Blick auf eine Papierrolle in seiner Hand, dann antwortete er: „Besser.“ Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Ich möchte dir, Heiji und eurem Sohn danken. Ich war am Boden und habe mich wie in einer Glaskugel durch das Leben geschlichen. Rans Tod hat mich zutiefst getroffen. Die Trauer hat mich verschluckt, aber aus Angst zu versagen, habe ich meinen Tränen den Weg in die Freiheit versperrt. Ich weiss nicht, wie lange das noch so weiter gegangen wäre, aber was zählt, ist, dass ihr für mich da wart. Und dafür möchte ich euch meinen Dank aussprechen.“

Er blickte zum Himmel. Die Wolken zogen vorüber, bedeckten einen Teil des blauen Hintergrundes mit ihrem strahlenden Weiss.

„Ob Ran wohl irgendwo dort oben ist und uns zuschaut?“, murmelte Shinichi leise.

Kazuha nickte und legte ihre Hände auf seine Schultern. „Auch wenn sie körperlich nicht mehr mit der Erde verankert ist, so lässt sie dich nicht im Stich. Sie ist da, lebt in deinen Erinnerungen fort und passt auf dich auf.“

„Wenn da nur nicht dieses seltsame Gefühl wäre...“ Zweifelnd starrte Shinichi die Wolke an.

„Wie meinst du das?“, fragte Kazuha. Dieser Tonfall in Kudôs Stimme gefiel ihr überhaupt nicht.

„Ich habe einfach das Gefühl, dass ich etwas Wichtiges übersehen habe und dieser Gedanke lässt mir keine Ruhe.“

Er wandte sich vom Himmel ab und blickte wieder auf Kazuha.

„Wenn ich euch kalt und arrogant gegenübertrete, so tut mir das Leid.“ Shinichi suchte nach passenden Worten. „Die vielen Schicksalsschläge haben aus mir einen verbitterten alten Mann gemacht, der niemandem mehr vertraut um nicht wieder und wieder verletzt zu werden. Ich muss lernen, dass ich auch ohne diese Maske leben kann. Darum bitte ich euch, mir zu verzeihen.“

Er senkte den Kopf.

Sie sagte mit fester Stimme: „Wenn du unsere Hilfe brauchst, dann komm ruhig und frag. Heiji, Kazuo und ich werden dir immer zur Seite stehen.“

Dann lächelte sie und er hob den Kopf. „Vergiss nicht, auch im Körper eines Kindes bleibst du Shinichi. Und nun komm, es gibt gleich Frühstück Ausserdem solltest du auf deine Gesundheit Acht geben.“

Er erhob sich und biss die Zähne zusammen. Seine Rippen schmerzten nach wie vor, aber er würde schon irgendwie wieder auf die Beine kommen.
 

Am Frühstückstisch fragte ihn Heiji neugierig. „Wu Kuwo, waf haft wu wa win weiner Wand?“

„Was glaubst du, Kazuo. Ist das Chinesisch?“, meinte Kazuha schmunzelnd.

Dieser kicherte. „Nö, ich glaube eher, das ist Toastisch.“

Conan begann auch zu lachen und worauf er von Heiji eine Kopfnuss bekam.

„Au!“

Heiji schluckte den riesigen Bissen runter und meinte drohend: „Kudô, ich warne dich. Du hast ganz genau verstanden, was ich gesagt habe, als spiel nicht den Dummen!“

Jasons Augen verengten sich zu Schlitzen und er zischte einige Laute. Die ganze Familie Hattori starrte ihn verdattert an. Danach sagte er mit einer Stimme, die Glas hätte zerschneiden können.

„Bevor du, mein lieber Hattori, die armen Chinesen und Toasteraner nachahmst und deinem Sohn als schlechtes, mit vollem Mund sprechendes Vorbild vorausgehst, würde ich zuerst einmal nachdenken, wer hier der Dumme ist. Denn keine Antwort auf eine unhöflich gestellte Frage zu geben ist kein Zeichen von Dummheit.“

Heijis Mund stand speerangelweit offen, sodass sich Shinichi den zusätzlichen Kommentar nicht verkneifen konnte: „Ist euer Briefkasten kaputt gegangen?“ Er grinste übers ganze Gesicht.

Danach schloss sein Freund seinen Mund und die ganze Familie brach in Lachen aus.

Nach einer Weile meine Heiji: „Aber vom Thema ablenken kannst du nicht. Was ist das für eine Rolle?“

Shinichi schüttelte den Kopf. „ Das werde ich dir nicht sagen, tut mir Leid, aber ich habe ein Versprechen gegeben und das darf ich nicht brechen.“

Schmollend griff Heiji zu einer weiteren Scheibe Toast. Solle doch Kudô sein Geheimnis wahren, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte niemand ihn von seinem Entschluss abbringen.
 

„Kudô-san? Wo bist du?“, rief eine Kinderstimme. Der Detektiv blickte verblüfft auf den Hattori-Jungen.

„Kazuo, was machst du denn schon so früh hier draussen? Und warum nennst du mich jetzt plötzlich Kudô-san? Ich bin Shinichi...“

Es war früh am Morgen, ihm Garten war es noch kühl und feuchter Tau klebte an den Gräsern und Sträuchern.

Der Kleine trat verlegen von einem Fuss auf den anderen. „Papa hat mir gestern alles erzählt. Ich meine, dass du durch ein Gift geschrumpft bist und so.“

„Ach, deswegen hast du bei mir plötzlich die Anrede für einen Erwachsenen benutzt?“

Kazuo nickte und streckte ihm dann eine Zeichnung entgegen.

Conan starrte auf das Bild.

Der Junge sagte mit einem Lachen auf dem Kindergesicht: „ich wollte dir dafür danken, dass du mich gerettet hast. Ich wäre wohl platt wie eine Flunder, wenn du mich nicht gepackt und zur Seite gezerrt hättest.
 

Ein Kind war auf dem Bild zu sehen, mit Buntstiften liebevoll bemalt. Ein rotes Auto raste auf den Jungen zu.

Doch das Erstaunlichste am Bild war der Engel, der den Jungen mit seinem Körper beschützte.

Das Gesicht des Cherub zeigte das von ihm, blaue Augen, schwarze Haare und ein eher bleiches Gesicht. Sogar die Frisur stimmte genau mit der seinen überein.

In Shinich drin drehte sich alles. Wie kam der Junge dazu, ihn als Engel zu zeichnen? Er war eine Missgeburt, im innern ein Mann, äusserlich aber ein Kind. So ein Monster konnte doch nie und nimmer ein Engel sein.
 

Shinichi blickte zum Himmel. Noch waren die Strahlen der Sonne rot und nicht überall zu sehen. Vereinzelt konnte man das Glitzern eines besonders hellen Sternes noch am Firmament erkennen.
 

„Habe ich etwas Falsches gesagt, Shinichi?“

Hastig wandte er den Kopf und blickte in das betrübte Gesicht von Kazuo.

„I- Ich wollte dir nur zeigen, dass du für mich ein Engel bist. Auch wenn du einen Kinderkörper nicht magst, so warst du zur Stelle, als ich deine Hilfe nötig hatte und dafür bin ich dir dankbar.

Es ist mir egal, wie du aussiehst, dein Charakter ist wichtig und wegen deinem Charakter finde ich dich toll!“

Shinichi schluckte. „W- Woher hast du diese Worte?“

Kazuo zuckte mit den Schultern. „Ich weiss nicht, sie sind mir einfach in den Sinn gekommen und sie trafen meine Meinung. Wieso, ist damit etwas nicht in Ordnung?“ Wieder diese traurigen, grünen Augen.

Conan schüttelte den Kopf und lächelte. „Nein, ich danke dir für deine wunderbare Zeichnung und deine Erklärung.“

Kazuo strahlte und lachte ihn an.

Streit in der Organisation

Da wäre ich wieder! Ich danke euch für über 50 liebe Kommentare, die mich immer wieder dazu bringen weiterzumachen. *allen ein Muffin verteilt*

Yurippe hat gesagt, es wäre besser, wenn ich Perspektivenwechsel besser sichtbar mache. Nun ja, ich habe mir diesen Tipp zu Herzen genommen und mache jetzt Sternchen um solche Dinge anzuzeigen.

So, ich will euch nicht mehr lange aufhalten. ^^ Wenn auch etwas auffällt, dass euch nicht gefällt (oder auch Dinge, die ihr gut findet..xb), erzählt mir davon, damit ich mich in den folgenden Kapiteln daran halten kann. ^^

Viel Spass beim Lesen!

xxx taipan

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Noch am selben Tag meldete er sich bei James Black. Seinen Aufenthaltsort erwähnte er nicht, aber der Chef des FBI war erleichtert, dass er von dem Jungen hörte.

„Was hast du jetzt vor, Shinichi?“

„Zuerst einmal kuriere ich mich aus. Meine gebrochenen Rippen brauchen noch eine Weile, sodass ich gezwungen bin zu warten. Gab es inzwischen wieder etwas von der Organisation?“

Sein Gesprächspartner sagte: „Uns sind noch ein paar weitere ins Netz gegangen, zum Beispiel die Mörder der Familie Lin. Sie sind zum Tatort zurückgekehrt um eine verlorengegangene Tatwaffe zu holen. Unsere Leute haben sie gefasst.“

Irgendetwas in seiner Stimme liess Shinichi aufhorchen. „Stimmt etwas nicht?“, fragte er.

„Nun ja... wir haben damals den ganzen Tatort abgesucht und keine Spuren einer Tatwaffe gefunden. Doch als Alabama, Maine und Massachusetts festgenommen wurden, fand man bei ihnen eine Pistole, deren Patronen exakt auf die Schusswunden der Opfer passte. Ich frage mich, wie das möglich ist.“

Shinichi schwieg eine Weile, liess sich Blacks Worte durch den Kopf gehen.

„Stimmt, normalerweise sind die Mitglieder der Organisation ja dafür bekannt, dass sie keine Spuren hinterlassen. Sind noch weitere Mitglieder gefasst worden?“

Black bejate und zählte fünf weitere Namen auf. „Sie wurden auf frischer Tag ertappt, als in eine Bank in der Schweiz einbrechen wollten.“

Diese Neuigkeit erstaunte Shinichi noch mehr. Seit wann waren die Mitglieder der Organisation so dumm und tölpelhaft? Hatte der Leiter der Verbrecherbande einfach überreagiert? Oder gab es unter den Mitgliedern einen Verräter der guten Seite?

„Black, ich melde mich bald wieder bei Ihnen. Bis bald!“

„Hey Sh-...“

Seine Augen verengten sich, als er den Kopfhörer zurück in die Gabel legte.

Sein Blick wanderte zur Uhr. 59 Sekunden. Wer auch immer dieses Telefongespräch abgehört hatte, wusste jetzt zwar, dass er sich in Kyoto befand, aber seine genaue Position blieb nach wie vor unbekannt.

Er grinste böse. So schnell gab er sich nicht geschlagen.
 

***
 

„Verdammt!“ Wütend stampfte sie in ihrer Wohnung herum. Was sollte die Sache in Zürich?
 

„Oregon, mit etwas Geld wären deine Probleme schnell beseitigt. Man könnte selbst damit beginnen, die Patronos zu bauen und soweit ich weiss befindet sich eines der Bankkonten des FBI bei einer Bank in der Schweiz.“
 

Ihr wurde gleich schlecht, wenn sie an diese Person dachte. Seit Jahren kommandierte sie Oregon herum und zeigte ihm Pläne, doch erst seit ein paar Wochen waren ihre Ideen so hirnlos. Nebraska wusste ganz genau, dass sämtliche Pläne der PP bei der Explosion zerstört worden waren. Auf dem Bankkonto befanden sich einige Akten, aber mit Sicherheit keine Notizen über die Herstellung der High-Tech-Waffen.

Langsam wich ihr Zorn, machte einer seltsamen Art der Bekümmertheit Platz.

Sie wusste noch ganz genau, wie sie damals mit Oregon beschlossen hatte die Organisation aufleben zu lassen. Einige Jahre lang lief alles gut. Sie bauten im Untergrund ihre Macht aus und suchten nach diesem Jungen, der als Einziger noch um ihr bestehen wusste.

Doch dann kam sie, dieses Miststück. Oregon sprach weniger mit Salem und ihre gemeinsamen Abende wurden immer seltener. Sie liebte ihn, wollte ihn vor Nebraska warnen, aber er hörte nicht auf seine alte Freundin.

Sie wusste nicht, was Nebraska plante, aber sie wusste, dass es nichts Gutes war.
 

Ihr war klar, dass Shinichi Kudô lange Zeit der Einzige gewesen ist, der ihnen gefährlich werden konnte. Doch jetzt? Das FBI wusste von ihnen und trotzdem wollte Oregon diesen Jungen unbedingt loswerden.

Sie warf sich auf das Bett und starrte an die Decke. Der weisse Verputz strahlte unheimlich im Schein der Sonne.
 

***
 

„Mist!“ Verärgert legte sie den Kopfhörer zur Seite. Lange konnte sie selbst Oregon nicht mehr an der Nase herumführen. Sie musste Shinichi finden, sonst wäre ihr Plan im Eimer.

Sie lehnte sich in ihren Stuhl zurück, eine Zigarette hing in einem ihrer Mundwinkel.

Hatte der Junge etwa mitgekriegt, dass das Gespräch abgehört worden war?

Eigentlich hatte sie ihn psychisch schwächen wollen, denn nur so konnte sie die nötigen Informationen aus ihm herausbekommen. Doch nun schien es ihr, als ob er eher stärker geworden wäre.

Wie war das möglich?

Nebraska starrte auf die Karte an der Wand. Einige der vielen Mitglieder der schwarzen Organisation waren bereits in die Fänge der Polizei gegangen.

Es handelte sich fast ausnahmslos um niedere Mitglieder, Handlager und kleine Mörder, die nicht wirklich wichtig waren. Sie wollte den Eindruck vermitteln, dass die Organisation schlecht geleitet wurde und mit den verbliebenen Mitgliedern, mit denen sie befreundet war, würde sie dann ihren Plan in die Tat umsetzen und alle überraschen.
 

Wütend warf Heiji eine Akte zu Boden, welche sich daraufhin auf dem Boden löste und zerstreute. Die vielen Seiten flogen in alle Richtungen, aber Heiji war es egal.

Genau das hasste er an seinem Job, diesen Papierkrieg. Die spannenden Razzien oder Festnahmen von Verbrechern machten nur einen kleinen Teil der Polizeiarbeit aus, der Rest bestand aus Protokollen und Büroarbeit.

Inspektor Hattori stöhnte auf. In Japan herrschte das Zeitalter des Verbrechens.

Es dauerte nicht lange, bis die kleinen Gauner entdeckt hatten, dass in Tokyo nun weder Kogoro Mori noch Shinichi Kudô für Recht und Ordnung sorgten und die Zahl der Verbrechen nahm stetig zu.

Auch das war ein Grund gewesen, weshalb Heiji mit seiner Familie nach Kyoto gezogen war, weil er so der Hauptstadt etwas näher war und im Notfall eingreifen konnte.

Gelangweilt lehnte er sich in seinem Sessel zurück und blickte aus dem Fenster. Die wirklich spannenden Fälle waren selten geworden, sein detektivischer Spürsinn litt an Unterforderung. Dafür wimmelte es nur so von billigen Gaunern ohne Grips.

Schlecht gelaunt griff er nach dem Telefon und tippte eine kurze Nummer ein.

„Hier Residenz Hattori.“ Heiji grinste, als er die freundliche Stimme von Kazuha hörte.

„Hallo, Süsse.“

Es dauerte ein Weilchen, dann antwortete Kazuha: „Gibt es bei euch wieder einmal nichts zu tun oder wieso rufst du an?“ Heiji protestierte scherzhaft: „Was, dann rufe ich mal um zu schauen wie es zu Hause läuft und dann so etwas...“ Er wusste, dass seine Frau den schalkhaften Klang seiner Stimme erkennen würde und genauso war es auch. Es kicherte am anderen Ende der Leitung. „Soweit gut. Allerdings mache ich mir Sorgen um Shinichi. Er hat so ein bösartiges Lächeln aufgesetzt, es macht mir richtig Angst...“

Ihr Ehemann wurde hellhörig. „Wie, was hat er denn gemacht?“

„Er hat ein kurzes Telefongespräch in Englisch geführt, das ich leider nicht gut verstehen konnte. Du weißt ja, dass mein Fremdsprachenkenntnisse nicht sehr gut sind. Jetzt surft er gerade im Internet und dabei hat er immer dieses unheimliche Grinsen auf den Lippen.“ Ihre Stimme klang ein wenig verunsichert und Heiji fügte beruhigend hinzu: „ Keine Angst, wahrscheinlich ist er nur auf eine heisse Spur gestossen, dann hat er immer diesen Ausdruck auf dem Gesicht.“

Kazuha und er sprachen noch ein wenig über dies und das, dann machten sich die beiden wieder an die Arbeit.

Glücklich legte Heiji das Telefon an seinen Platz zurück. Diese kurzen Gespräche mit seiner Frau hatten eine unglaubliche Wirkung auf ihn, sodass er sich danach wieder mit vollem Elan ans Schreiben machen konnte.

Dann fiel sein Blick auf das Chaos von Protokollen am Boden und seine Mundecken wurden nach unten gezogen. Fluchend machte er sich daran die vielen Blätter aufzuheben und wieder zu ordnen.

Ach, wie er seinen Job liebte...
 

***
 

Im Raum war nur das leise Rauschen des Computers und das Tippen der Tastatur zu hören. Shinichi blinzelte.

Es gab nur einen einzigen Weg, wie sie die Organisation entgültig zerstören konnten.

Seine Finger flogen über die Tasten, formulierten Sätze und suchten nach guten Informationen im Internet.

Er musste sich von der Organisation fangen und dann dem FBI Informationen zukommen lassen. Ansonsten würden sie noch Jahre lang kleine Mitglieder fassen, aber die grossen Fische würden ihnen immer und immer wieder entwischen.

Seine Brust rebellierte und er biss die Zähne zusammen um den Schmerz zu unterdrücken. Am besten fragte er Professor Agasa, der hatte sicher Erfahrung mit solchen Dingern, schliesslich hatte der alte Mann auch für ihn als Conan einige nützliche Erfindungen gemacht.

***
 

Shuichi Akai legte mit einem Ruck das Telefon an seinen Platz zurück. Der Anruf, den er soeben erhalten hatte, war ganz und gar nicht erfreulich gewesen. Nachdenklich kniff er seinen grünen Augen zusammen und lehnte sich im Sessel seines Autos zurück.

Shinichi Kudô war nach wie vor nicht aufgetaucht, seine Leute suchten überall nach ihm und blieben doch ohne Hinweis. Zwar hatte er James Black ein Telefonat gegeben, aber viel Informationen hatte das Gespräch anscheinend nicht enthalten. Und nun erfuhr er von Black, dass dieser Di Flora ein Spion der schwarzen Organisation war.

Er hatte es irgendwie gefühlt, dass mit diesem Kerl etwas nicht in Ordnung gewesen war. Auch wenn sein letzter Einsatz einige Jahre zurücklag, konnte er sich noch voll und ganz auf seine Intuition verlassen. Der ehemalige CIA-Typ hatte sich zu seltsam verhalten.

Akai griff nach seiner Schrotflinte und rannte hastig aus dem Zimmer.

Alter und Rache

Obwohl ich mir immer vornehme, dass das die nächsten Kapitel schneller folgen werden, gelingt es mir nicht. Ich hoffe, ihr seid nicht allzu böse. ^_____^

Die Schule verlangt mir so Einiges ab, da reicht es manchmal nicht einmal mehr für ENS...

Ich wünsche euch einen schönen ersten Advent!

xxx taipi

P.S. In diesem Kapitel gibt es eine kleine Überraschung!

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Als Heiji nach Hause kam, stand Shinichi angezogen im Flur und sah ihn ernst an.

„Kudô, was machst du? Du musst im Bett bleiben und dich ausruhen!“ Sein alter Freund jedoch schüttelte traurig den Kopf. „Tut mir Leid, Hattori, aber ich muss euch verlassen. Von Kazuo und Kazuha habe ich mich bereits verabschiedet. Ich habe nur noch auf dich gewartet.“

Die blauen Augen des Jungen starrten gross zu Heiji hinauf. „Bist du dir sicher?“ Der Polizist wusste bereits, als er die Frage stellte, dass Shinichi seinen Plan nicht ändern würde. Irgendetwas hatte der Detektiv des Ostens vor.

Conan schüttelte den Kopf. „Danke für eure Hilfe.“

Plötzlich bückte sich Heiji und nahm den kleinen Kerl in den Arm. „Pass auf dich auf, Shinichi!“ Dann verschwand sein Freund mit einem kleinen Lächeln in der Tür.
 

***
 

Professor Agasa sass grübelnd in seinem Sessel. Er war müde und brauchte Schlaf und doch gelang es ihm nicht Ruhe zu finden.

Die Sache mit Shinichi machte ihm sehr zu schaffen. Wohin war der Junge verschwunden? Was wollte er überhaupt hier in Japan? Und weshalb war es dem FBI nicht möglich ihn aufzuspüren?

Erschöpft fuhr er sich durch das Haar, welches sich im Laufe der Jahre noch mehr gelichtet hatte. Auch sein Gesicht zeugte von der Zeit, die vergangen war, denn die Haut war von einigen Falten mehr durchzogen.

Plötzlich zuckte er zusammen, er spürte den kalten Hauch des Windes. Hatte er nicht sämtliche Fenster geschlossen?

„Doch Professor, das haben sie, aber ich komme überall rein, wenn ich will.“

Shinichis sass auf dem Fensterbrett, seine Füsse baumelten hin und her, einen halben Meter über dem Boden.

Der Junge grinste und der Wind spielte mit seinem Haar. Agasa holte tief Luft, dieser Shinichi erstaunte ihn immer und immer wieder.

„Geht’s dir wieder besser?“, fragte er und beobachtete den Detektiv. Die vielen anderen Fragen, die ihm momentan auf der Zunge lagen, schob er beiseite.

Conan hopste vom Balken runter und schloss das Fenster. Der schwarze Stoff seiner Jacke raschelte leise, wenn er sich bewegte.

„Danke für ihre Hilfe. Sie waren es doch, der mich gefunden hat, nicht wahr?“

Der Professor nickte. „Ich dachte, ich werd’ verrückt, als ich dich bewusstlos auf der Strasse hab liegen sehen.“

„Waren sie wieder im Colombo?“

Der alte Mann starrte ihn mit weitaufgerissenen Augen an. „Woher weißt du jetzt das schon wieder? Mein Schnurbart ist sauber, die Hose ist gewaschen und sowieso gibt es vor dem Restaurant schon lange keine Baustelle mehr!“

Shinichi kicherte. „Beruhigen Sie sich , Professor. Die Pizzeria Colombo ist nun einmal das einzige Restaurant, das sich in der Richtung meines Hauses befindet. Die anderen Restaurants befinden sich genau in der anderen Richtung. Ausserdem gehen Sie des öfteren in dieses Restaurant, da Ihre Kochkünste nicht besonders... sagen wir ausgereift sind.“

Der Junge sprang runter und ging langsam auf und ab. Agasa betrachtete skeptisch seine tiefschwarze Kleidung.

„Hast du deine Trauer schon überwunden?“, fragte er vorsichtig, denn er wusste nicht wie stark Shinichi noch unter Rans Tod litt. Stets hatte der Schülerdetektiv jegliche Gefühle zu verbergen gesucht und sich nichts anmerken lassen. Der alte Mann wollte seinen jungen Freund nicht zu sehr aus der Reserve locken.

Conan stoppte, das leise Geräusch, das seine Schuhe beim Gehen verursacht hatten, verklang.

„Professor, ich werde sie nie vergessen können, und das wissen Sie genauso wie ich...“, sagte er leise.

„Und was wirst du jetzt tun?“

„Ich werde diese Organisation zerstören, koste es, was es wolle. Deswegen bin ich auch zu ihnen gekommen, Professor... haben sie noch Transmitter?“ Shinichi sah auf. Sein Blick war kalt, wenn er von den Männern in Schwarz sprach und kein Zeichen deutete von irgendwelchem Gefühl.

Der alte Wissenschaftler war erstaunt und der junge Detektiv konnte die Überraschung in seinem Gesicht erkennen. Mit einem harten Lächeln schob er den Ärmel seines Hemdes zurück.

„Ich arbeite als Lockvogel für den FBI und muss es irgendwie schaffen von unseren Gegnern gefangen zu werden, damit wir sie endlich von Innen zerstören können.“

Agasa schüttelte ungläubig den Kopf: „Ich weiss, was du machen willst, Shinichi, aber sie werden dir mit Sicherheit den Transmitter gleich zu Beginn wegnehmen und die Agenten vom FBI können dich dann nicht mehr finden. Dein Plan ist riskant und führt zu nichts.“

Shinichis Lächeln wurde noch kälter, nahm einen bitteren Zug an.

„Sie werden den Sender nicht finden, wenn er im Körper steckt...“

„Sag einmal, bist du völlig bescheuert?! Das kann unmöglich dein Ernst sein, Shinichi! Du weisst genau, dass das FBI ihre Test mit Sendern unter der Haut abgebrochen hat, weil zu viele Leute gestorben sind!“

Dann fügte der Professor hinzu: „Ausserdem, was habe ich mit dieser Sache zu tun? Zehn Jahre lang hast du dich nicht bei mir gemeldet und jetzt tauchst du plötzlich auf.“

Shinichis Schweigen liess ihn erschauern..

„Nein, mein Junge, aber das mache ich nicht. Ich baue meinetwegen Roboter oder eine Rakete für dich, aber ich betätige mich schon gar nicht als Arzt oder Chirurg!“

Conans Augen verengten sich zu Schlitzen. Das Blau seiner Pupillen glitzerte unheimlich im Schein der untergehenden Sonne, deren Strahlen durch das Wohnzimmerfenster kamen.

Agasa bekam es fast ein wenig mit der Angst zu tun, der Kleine sah äusserst gefährlich aus.

„Professor, mir ist es egal, denn der einzige Weg, der mir bleibt, ist, den Lockvogel zu spielen. Also, bitte helfen sie mir.“

Agasa senkte traurig den Blick. „Ich kann nicht, Shinichi... Auch wenn du vielleicht noch genauso jung bist wie früher, so bin ich doch älter geworden. Sieh mich an.“

Shinichis bösartig kleine Augen weiteten sich, zeigten Gefühl.

„Ich bin alt geworden und selbst wenn ich wollte, meine zittrigen Hände lassen es nicht zu, dass ich dir deinen Wunsch erfülle.“

„A-aber...Sie sind doch erst 65 oder so...“ Der vermeintliche Grundschüler konnte seinen Satz nicht beenden, der Professor schüttelte den Kopf und Shinichi liess ab. Langsam senkte auch er den Blick, der trotzige Ausdruck verschwand gänzlich. Stattdessen erschien das Abbild der Hoffnungslosigkeit, die dem alten Wissenschaftler beinahe das Herz brach. So hatte er den kleinen Holmes noch nie gesehen.

Es wurde still im Raum, die Schatten wurden länger.
 

Plötzlich hörte man Conans Kinderstimme. Sie erklang bitter im Zimmer.

„Wieso....“ Sanft strich er mit dem Finger über das Armband an seinem Handgelenk. „Was ich auch tue, irgendwie ist es mir nicht vergönnt den rechten Weg zu finden.“ Seine Hand begann leicht zu zittern.

„Tut mir Leid, Professor. Aus lauter Rachsucht vergesse ich mich. Bitte vergeben sie mir.“

Es sah auf, ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen. „Diese Organisation muss weg, sonst zerstört sie noch mehr Menschen das Leben. Das kann ich einfach nicht zulassen.“

Sein Freund trat auf ihn zu, sah ihn freundlich an.

„Hör zu, Shinichi...ein guter Freund von mir ist Arzt. Vielleicht ist er bereit, dir zu helfen, ich kann aber nichts versprechen.“

Conan sah ihn verblüfft an. „Das würden sie wirklich für mich tun?“

Ein Nicken antwortete ihm, dann verschwand der Professor um zu telefonieren.
 

***

Schon lange spürte sie ihre Hände und Beine nicht mehr. Die Fesseln schnitten den Blutkreislauf ab und hinterliessen brennende Spuren auf der Haut. Die Haare hingen ihr wirr ins Gesicht. Ran hatte es aufgegeben zu kämpfen, ihre Kraft war aufgebraucht, sie war müde und erschöpft.

Mit vorsichtigen Zügen atmete sie, denn wenn sie zu schnell atmete, litt sie schon nach kurzer Zeit an Sauerstoffmangel.

Ziemlich viel hatte sie über diese Frau herausgefunden, doch es half ihr nicht, da sie ihr Wissen niemandem mitteilen konnte.

Man hatte sie gefangen um Shinichi gefügig zu machen und um ihn psychisch zu schwächen. Nebraska, die Frau, die sie festhielt, wollte von ihm wissen, wie er diesen Patronus gebaut hatte.
 

Sie erinnerte sich, wie er ihr seinen eigenen Patronus, diese flache Scheibe gezeigt hatte. Er hatte Recht gehabt. Schlechte Menschen in der Welt versuchten wieder und wieder die Macht in die Hände zu bekommen und diese Waffen waren genau das richtige.

Doch nun hatte die Tatsache, dass er selbst einen Patronus gebaut hatte, ihn in Gefahr gebracht. Nebraska wolle diese Waffen unbedingt haben, doch Ran war nicht klar, weshalb. Ein tiefer Hass schien die Frau in Schwarz anzutreiben.

Wenn Keiko sich jedoch genauer darüber nachdachte, schien die Frau auch tiefe Liebe zu empfinden. Normalerweise lag sie hier, gefesselt und geknebelt in der Besenkammer. Zu Essen gab es zweimal am Tag, frische Luft blieb ihr verwehrt.

Doch dann gab es die Momente, in denen Nebraska freundlich war, ihre Wunden vorsorglich versorgte und sie duschte. Keiko fühlte sich in diesen Momenten an ihre Mutter erinnert. Wollte die schwarzhaarige Frau ihr etwas weitergeben, was sie vielleicht selbst nicht erfahren hatte?

Ran wusste es nicht.

Ihr war nur klar, dass es nicht in ihrer Macht lag an ihrem momentanen Zustand etwas zu ändern.

***
 

Weich knisterte der Stoff des Kissens unter seinem Kopf, den er wie so oft auf seinen Händen gestützt hielt. Es war dunkel im Wohnzimmer, sie hatten für ihn das Sofa so hergerichtet, dass er darauf schlafen konnte. Es war fast wie in alten Zeiten, als er des öfteren beim Professor übernachtet hatte.

Morgen Abend würde man ihm die Transmitter, denn es waren mehrere Chips, unter die Haut operieren. Agasas Freund hatte zugesagt und ihm einen Termin gegeben.

Er schob den Gedanken an den bevorstehenden Eingriff bei Seite, denn wenn er sich Details auszumalen begann, kroch ihm ein eisiges Gefühl langsam den Rücken hoch. Er hatte Angst, aber es blieb ihm keine andere Wahl. Er musste und wollte dieser Organisation das Lebenslicht auspusten, soviel war sicher.

Gerade, als er zu wissen glaubte, was der Verbrecherclub sich zum Ziel gesetzt hatte, war diese Spur ins Leere verlaufen. Die Hightech-Waffen, die im sicheren Teil der FBI-Gebäudes in New York aufbewahrt worden waren, hatte man in die Luft gesprengt.

Das Sicherheitssystem bestand aus drei Stufen.

In der ersten wurden sämtliche Eingänge hermetisch abgeriegelt, sofern in irgendeiner Weise ein Fremdkörper festgestellt wurde. Eindringlingen wurde so das Einbrechen bzw. Ausbrechen erheblich erschwert.

Stufe Nummer Zwei setzte den ganzen Bereich, der gefährdet war, unter Strom, was zusätzlich zu Problemen für die Diebe führte.

Die letzte Phase jedoch vereitelte mit Sicherheit jeden Diebstahl. Die ganze gesicherte Stelle wird in die Luft gejagt und ist somit für den Besitzer, allerdings auch für den Eindringling, unwiderruflich verloren.

Diese letzte Phase wird nur bei Daten angewendet, deren Verlust durch Raub für den Besitzer weitaus schlimmer wäre als die einfache Zerstörung dieser.

Bei den PP-Waffen [steht für Patronus-Pugnator-Waffen] war dies der Fall.
 

Was Shinichi jedoch erstaunte, dass die Einbrecher der Organisation von diesem simplen Verteidigungssystem nicht die geringste Spur gewusst zu haben schienen. Warum versuchte Utah, welcher als Sprengstoffexperte für die Organisation arbeitete, diese Barrikade mit einfachen Bomben durchbrechen? Die Welle der kleinen von ihm verursachten Bomben und der damit verbundenen Feuer löste im Sicherheitssystem des Gebäudes sofort Stufe Drei aus.

Dazu kam, dass die letzten Festnahmen von Mitgliedern der Organisation zu zahlreich waren. Zwar handelte es sich ausschliesslich um kleinere Handlanger der unteren Schichten, aber es waren einfach zu viele. Zehn Jahre lang hatte man von der Organisation nicht einmal gewusst, geschweige denn, dann man wissentlich Mitglieder gefasst hätte, die an irgendwelchen Verbrechen beteiligt gewesen waren.

Und nun lief einer nach dem anderen freimütig den Polizisten ins Netz, ohne, dass diesen jedoch klar war, was die Organisation als nächstes zu tun beabsichtigte. Welches würde das nächste Verbrechen sein, welches die Drahtzieher zu begehen planten?
 

Irgendetwas lief in dieser Organisation. Jason war zwar noch nicht klar, was es war, aber mit Sicherheit würde es ihm gelingen der Wahrheit auf die Spur zu kommen.

Nicht umsonst hatte man ihn einst den Meisterdetektiven des Ostens genannt.

Einblicke

Ran's Auferstehung hat in der Kommentar-Ecke für einstimmiges Hurra gesorgt. Ich bin inzwischen nicht mehr so begeistert davon, dass ich sie zurückgeholt habe. ^^ *Regenschirm holt* Aber es ist wie es ist - Ran lebt und ich muss sehen, wie ich meine Fortsetzung schreibe. Und tot ist sie schnell wieder...*Macht des Schreiber...muhahahaha*

Shinichi's Lage ist wirklich aussichtslos. Ich weiss nicht einmal, ob es ein Happy-End geben wird oder ob alles im Chaos endet. Lassen wir das Schicksal entscheiden...^__^ Freue mich über eure Meinung zu dem Kapitel.
 

xxx taipan
 

P.S. Ach ja, eigentlich wollte ich euch mit den vielen Pseudonymen ja nicht verwirren. Ich will mit Jason/Shinichi/Conan zeigen, wie aussichtslos seine Lage ist. Er steckt in verschiedenen Identitäten fest und das zeigt sich auch durch seine Namen.
 

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Erschöpft liess sich Nebraska ins Bett fallen. Ihre Füsse brannten und ihr Kopf schmerzte vor Müdigkeit. Am Anfang war es so leicht gewesen ihren Plan die Organisation von Innen heraus zu zerstören, in die Tat umzusetzen, doch nun reihte sich eine Schwierigkeit nach der anderen ein.

Zielsicher trafen ihre Hände die beiden Punkte an der Schläfe und drückten zu. Das qualvolle Pochen in ihrem Schädel verschwand, kehrte aber nach einem kurzen Augenblick zurück.

Diese Probleme hatte sie alle nur ihrem Vater zu verdanken.

Ihre Mutter war alleinerziehend gewesen, liebevoll und melancholisch. Stets hatte sie ihrer kleinen Tochter von dem Vater erzählt, der ihr früher oder später sicher über den Weg laufen würde.

Der Mann tat es, allerdings erst, als ihre Mutter durch einen Unfall getötet wurde. Sie wurde in diese verdammte Organisation aufgenommen und bereits als zehnjähriges Mädchen abgerichtet.

Kühl hatte sie ihr vermeintlicher Vater gemustert. Das kleine Mädchen gefiel ihm, sie hatte dieselben hell strahlenden Augen wie ihre Mutter. Ein hämisches Lächeln huschte über seine Züge, dann sah sie ihn nicht mehr.

Sie arbeitete in der Organisation, wurde als Laufbursche und Hausmädchen benutzt. Ihr Leben war trostlos gewesen, zu früh hatte man sie ihrer Kindheit beraubt.

Erst als die Organisation von einem gewissen Shinichi Kudô zu Fall gebracht wurde, sah sie ihren Erzeuger wieder. Er war für sie nicht der Vater, den sie haben wollte.

Nun sass er da, mit grauen Haaren, im Polizeiwagen. Vom Boss der ehemals starken Schwarzen Organisation war nur noch ein Häufchen Elend übrig geblieben. Die junge Frau mit dem schwarzen Haar kümmerte sich nicht darum.

Endlich war sie frei und konnte ihren eigenen Weg gehen.
 

Einige Monate später kam der Schock. Die wenigen Mitglieder, die der Festnahme entgehen konnten, gründeten die Schwarze Organisation neu. Sämtliche Verflossenen wurden zusammengerufen und gezwungen, bei dem neuen Bündnis teilzunehmen.

Auch die Tochter des Bosses musste mitmachen.

Neue Namen wurden verteilt. 104 Mitglieder zählte die neue Organisation, wenn man sämtliche Neuzuzügler auch betrachtete. Welch famose Idee: Die USA bestand aus 52 Bundesstaaten mit je eine Hauptstadt.

Die ganze Organisation wurde in Pärchen aufgeteilt, welche anhand ihres Namens als dieses erkannt werden konnten. Der eine benutzte den Namen der Hauptstadt, der andere den des dazugehörigen Bundesstaates.

Die Codenamen verrieten nicht, wer in der Organisation der Chef war, denn seiner stammte ebenfalls von einem Staat ab. In der alten Organisation hatte sich der Boss jedoch selbstschmeichelnd „Bordeaux“ genannt und wurde so leicht erkannt.
 

Sie hasste die Organisation und ihre Mitglieder. Die Erinnerungen verstärken diesen Zorn auf die Menschen, die aus ihrem Leben einen Scherbenhaufen gemacht hatten. Auch an diesem Shinichi Kudô wollte sie sich rächen. Es hatte die Fäden in der Hand gehabt, die ganze Organisation auszuheben, doch er versagte. Sie wollte ihm herzlich für seinen Fehler danken.
 

Ausserdem hatte er es doch tatsächlich geschafft, einen Patronus zu bauen. Sie musste ihn dazu bringen, ihr eine Anleitung für die Herstellung zu geben. Mit dieser konnte sie die Unabhängigkeit gewinnen, die sie wollte.
 

Sie hörte ein leises Keuchen und sprang entsetzt auf. Sie hatte die Kleine ganz vergessen. Hastig begab sie sich zu der kleinen Kammer und öffnete die Tür. Das kleine Mädchen lag da und sah sie mit traurigen grossen Augen an. Nebraska fiel auf, dass sie zu schnell atmete und zog ihr behutsam den Knebel vom Mund.

Ran nutzte die Chance und genoss die frische Luft, die durch ihren Mund den Weg in ihre Lungen fand. Seit gestern Abend hatte Nebraska ihr nichts mehr zu trinken gegeben, weswegen die schwarzhaarige Frau ihr eine mit Wasser gefüllte Flasche hinhielt und sie trinken liess.
 

Das Mädchen erinnerte sie irgendwie an sie selbst. Sie wollte nicht, dass es starb. Bevor sie realisierte, was sie überhaupt tat, hatte sie der Kleinen mit der Hand sanft über den Kopf gestreichelt und gehaucht: „Tut mir Leid, ich wollte dir nichts tun...“. Ran hörte die leise Stimme und fühlte sich für einen kurzen Augenblick geborgen.

Dann erhielt sie kleine Happen zu Essen, Stücke eines Sandwichs.

Nebraska zog ihr bedauernd wieder den Knebel über den Mund. Sie konnte nicht riskieren, dass Kudôs Freundin nach Hilfe schrie und sich laut bemerkbar machte.

Die Tür schloss sich hinter ihr, Keiko lag wieder in der Dunkelheit.
 

***
 

Leise betrag Agasa das Wohnzimmer. Shinichi lag auf dem Sofa, aber der Professor erkannte an blauen Glitzern seiner geöffneten Augen, dass der Junge keineswegs schlief.

„Und, du bist dir ganz sicher, dass du das durchziehen willst? Chips unter die Haut zu pflanzen ist kein leichter medizinischer Eingriff.“

Conan erhob sich und schob die Decke weg. „Ich bin mir sicher. Dieser Körper bedeutet mir nichts, ihn zu schänden bereitet mir kein schlechtes Gewissen.“ Er schritt durch den Raum und landete schliesslich beim Fenster, dass den Blick auf die Villa Kudô freigab.

Grau lag sie draussen unter dem faden Licht des Mondes. Agasa spürte etwas Unheimliches. Die Helligkeit draussen stand im grossen Gegensatz zur düsteren Stimmung im Raum, personifiziert durch die kleine Gestalt, die als schwarzer Schatten vor dem Fenster stand. Shinichi.
 

Wie brachte es dieser Junge fertig, ihm immer auf seine Seite zu ziehen? Wieso konnte der ihm einfach nie etwas abschlagen?

Agasa wusste es nicht. Ihm war nur klar, dass Shinichi ihm auch immer und immer wieder geholfen hatte, sodass sie nun einander stets irgendwie die Hand reichten, wenn einer von ihnen in der Patsche steckte.
 

Es sah, wie sich der Schatten veränderte und Conan sich bewegte. Er blickte auf sein ehemaliges Haus.

„Deine Eltern sind nicht da. Sie sind in die USA geflogen, weil sie hofften, dir vielleicht über den Weg zu laufen.“

Shinichis Augen blitzten auf. „Professor, ihre Versuche, mir ein schlechtes Gewissen zu bescheren, sind zwecklos. Die beiden haben mit ihrer ständigen Planerei mehr zerstört als mir lieb ist. Das Einzige, was ich will, ist, dass sie sich bei mir entschuldigen.“

Agasa blickte ihn streng an. „Wie sollen sie sich bei dir entschuldigen, wenn du gleich aus dem Krankenhaus abhaust?“

Mit erhobenen Augenbrauen, sah Shinichi ihn an. „Alles, was während meines Aufenthaltes im Hospital gehört habe, waren die negativen Bemerkungen meines Vaters. Selbst nach dieser langen Zeit scheint er sich nicht im Geringsten geändert zu haben. Wenn ich auch nur ein Wort des Bedauerns, einen Laut der Entschuldigung gehört hätte, wäre ich aufgewacht.“

„Und deiner Mutter zuliebe? Sie leidet schon seit Jahren und sorgt sich um dich“, sagte der alte Mann.

„Ich habe sie im Krankenhaus gesehen und natürlich hat auch Ran mir von ihrem Telefonat mit ihr erzählt. Es tut mir Leid, aber ich möchte, dass beide sich bei mir entschuldigen. Yusaku Kudô, er kann es und weiss es immer besser. Es stimmt, auch ich habe meinen Sturkopf, aber ich sehe meine Fehler ein. Er jedoch schiebt Irrtümer auf andere und sonnt sich in Unschuld.“

„Aber...“, wollte Agasa etwas erwidern, doch ein äusserst giftiger Blick von Seiten des kleinen Detektivs traf ihn und liess ihn verstummen. Der Junge hatte keine Lust weiter über das Thema zu diskutieren.

Er verstand ja, dass Shinichi sich hintergangen fühlte, doch seine Eltern liebten ihren einzigen Sohn nach wie vor und er verstand nicht, weshalb beide, Vater und Sohnemann, sich so bockig verhielten. Wer darunter zu leiden hatte, war Yukiko.

Schneller als die Polizei erlaubt

Lange ist's her und ich will an dieser Stelle auch nicht lange Reden schwingen.

Ich werde diese FF mit Sicherheit beenden, es dauert einfach länger, weil ich ziemlich viel um die Ohren habe und mir ein richtiges Ende fehlt. ^^° Im Moment spiele ich Variante 3 durch. xD

Danke an alle Kommischreiber, auch an die Neulinge! *alle durchknuddelt und Runde Tee spendiert*

Viel Spass beim Lesen!

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Ein Stuhl knarrte. Die Tür wurde mit einem Knall zugedonnert.

Jodie blickte verärgert auf. Wenn sie am Nachdenken war und sie durch laute Geräusche aus ihren Überlegungen herausgezerrt wurde, war sie danach äusserst aufbrausend. Ansonsten war sie eigentlich ein ruhiger Mensch, besonnen und in ihren Gedankenzügen unbeirrbar. Was sie einmal in ihrem Kopf gespeichert hatte, liess sie nicht so schnell wieder los.

Manche sagten, sie und Akai würden ein prima Pärchen abgeben. Auch er war durch seine berechnende und nicht aus der Fassung zu bringende Art bekannt.

Pah, sie beiden und ein Paar.
 

Wütend strich sie sich das blonde Haar aus der Stirn. Shuichi hatte sich nie um sie gekümmert und das würde er auch nie tun. Er hasste es, in einem Team zu arbeiten, weil er eigentlich niemandem wirklich vertraute ausser sich selbst. Sie hatte es aufgegeben, sich eine schöne Zeit mit ihm vorzustellen, denn die Zeichen zeigten, dass sie nicht füreinander bestimmt waren.
 

Sie sah sich in dem Konferenzraum um. Ein kalter, herzloser Ort. Der runde Tisch in der Mitte war grau, genauso wie der Teppich und die Vorhänge. Die kahlen Holzwände aus dunklem Holz wirkten bedrückend.

Leise ging die Tür auf und Akai trat ein, hinter ihm huschte James Black ins Zimmer. Jodie erschrak.
 

Ihr Chef sah gar nicht gut aus. Er war bleich und mager.

Akai musterte sie mit leicht verzogenem Mund. „Was schaust du so erstaunt, hat man dir von dem Attentat nichts gesagt, drüben, an der Westküste?“

Sie wusste nicht, was sie erwidern sollte. Akai hatte es ihr immer übel genommen, dass sie sich vom FBI in ein anderes Gebiet hatte verschieben lassen. Und nun kam sie zurück um dem alten Feind erneut entgegenzutreten.

Und sie hatte bis gestern Abend auch nicht gewusst, was mit Cool Kid, Ran und ihrem Chef geschehen war.
 

Erschöpft liess sich Black auf einem der Stühle nieder. „Dieses drückende Klima hier in Japan bekommt mir einfach nicht“, sagte er entschuldigend und putzte sich den Schweiss von der Stirn.

„Allerdings ist es wirklich wichtig, dass wir vor Ort sind und die Sache im Griff haben. Shuichi, wie viel hast du herausgefunden?“
 

„Der Junge ist nach wie vor verschollen, obwohl wir uns an verschiedenen Stellen erkundigt haben. Das Einzige, was wir jetzt sicher sagen können, ist, dass er sich mit Sicherheit nicht mehr in Kyoto befindet.“

Black fragte weiter: „Und was ist mit Di Flora?“. Shuichis Gesicht verfärbte sich verächtlich. „Ich bin sofort nach deinen Anruf aufgebrochen und mit meinen besten Männern zu seiner Wohnung gefahren. Der Feigling hatte sich bereits eine Kugel in den Kopf gejagt, bevor wir ihn erreichen konnten.“
 

„Womit sich meine Theorie mit den Bundesstaaten als Decknamen bei ihm wohl als richtig erwiesen hat“, meinte James trocken. Jodie blickte nachdenklich auf einen völlig uninteressanten Punkt vor ihr.

„Ihr sagtet doch, die Mitglieder der neuen Organisationen hätten sich Namen von amerikanischen Bundesstaaten genommen.“ Die beiden anderen nickten. „Müsste es dem entsprechend nicht 52 Mitglieder geben?“

Der grosse Mann mit den grünen Augen schüttelte den Kopf. „Muss nicht sein, vielleicht haben ja auch nur ein paar der unteren Mitglieder Namen wie „Michigan“ oder „Texas“ erhalten. Es können auch genauso gut dreimal so viele Mitglieder sein.“
 

Am liebsten hätte Jodie ihm in diesem Moment eine geklatscht. Er vergab ihr immer noch nicht, dass sie damals gegangen war. Erbost schluckte sie ihren Zorn hinunter und blieb stumm.
 

Amüsiert sah er zu, wie sie schmollte. Ihre Hand zitterte leicht, ein Zeichen der Wut, die sie zu unterdrücken versuchte. Nach der Festnahme der gesamten Organisation war sie einfach verschwunden. Er nahm ihr nicht übel, dass sie sich hatte versetzten lassen.

Was Shuichi Akai jedoch nicht ausstehen konnte, war, wenn man ohne ein Wort ging. Von einem Tag auf den anderen war sie fort gewesen, einfach weg. Und deshalb freute er sich jetzt besonders darüber, wenn er ihr eins oder zwei seiner hämisch grinsenden Fratzen schenken konnte.
 

Plötzlich piepte es im Raum und James Black zog hastig sein Mobiltelefon heraus. Er hatte die Nummer in seinem Büro umleiten lassen, so dass dringliche Anrufe direkt und ohne Verzögerung bei ihm ankamen.

Seine Sekretärin meldete sich, sie sprach schnell, sodass er gleich wusste, dass es sehr wichtig war.

„Der Junge, Chef...“

Er murmelte ein Ja, ein sofortiges Klicken in der Leitung war zu hören.

„Mr. Black?“ Tatsächlich, Shinichi Kudôs ernste Kinderstimme klang durch den Hörer.

„Ja, am Apparat.“ Dann platzte dem Chef des FBI der Kragen. „Sag mal, Junge, bist du verrückt? Meine Leute suchen dich überall und du wanderst fröhlich in Japan herum. Du bist in Gefahr, du...“

„Hören sie mir zu, Black. Ich muss noch kurz etwas erledigen, danach trete ich wieder an ihre Seite. Sie sind doch gerade in Osaka, nicht war?“

Black seufzte. „Ich frage jetzt lieber nicht, wie du das herausgefunden hast, weil ich mir danach sowieso wieder wie der letzte Trottel vorkomme.“

Er erhielt einen undeutbaren Blick von Seiten Shuichis, Jodie hingegen lächelte leicht. Ihren Lieblingsdetektiv wieder zu treffen schien sie mit grosser Freude zu erfüllen.

Conans Stimme tönte wieder aus dem Telefon.

„Lassen wir das mal. Ich wollte wissen, welche Art von Transmittern und Chips sie momentan für Verfolgungen und dergleichen verwenden.“

Black dachte kurz nach. „Soweit ich weiss benutzt das FBI die 4. Verbesserung des alten ‚Footprint’-Modells. Allerdings bin ich in dieser Hinsicht nicht sehr gut informiert...“ Er warf einen fragenden Blick zu Akai hinüber, welcher den Kopf schüttelte.

„Seit gut einem Monat wird Nummer 5 benutzt“, meinte er und beobachtete interessiert, wie Black die Neuigkeit weitergab.

„Okay, das lässt sich machen...“, waren die einzigen Worte, die der Detektiv von sich gab.

„Shinichi, was hast du vor?“ Black schrie beinahe ins Telefon. Kalt antwortete dieser:

„Ich muss diese Organisation vernichten...“ Dann piepte es in der Leitung, er hatte aufgelegt.
 

Jodie hatte das Gefühl, als hätte man ihr einen Kübel des kältesten Bergquellwassers über den Kopf gekippt. Diese letzten drei Worte jagten ihr einen eisigen Schauer den Rücken hinab. Cool Kid hätte diese Aussage früher nie gemacht. Jegliche Gewalt war ihm fern gewesen, er hatte den friedlichen Weg gesucht.

Doch nun stellte er diese Morddrohung in den Raum. Was war mit dem Jungen geschehen?

Wo war der Detektiv geblieben, der stets einen lockeren Spruch auf der Zunge hatte?
 

„Der Junge ist ja heiss drauf.“ Shuichis trocken gesprochene Folgerung hing wie eine schlechte Vorahnung im Raum, machte das Grau noch trostloser, als es sonst schon war.
 

***
 

„Shinichi, ist auch wirklich alles in Ordnung?“

Entnervt schaute der Junge zurück. „Professor, mir geht es wirklich gut, also hören sie bitte auf mich alle zwei Minuten nach meinem Befinden zu fragen.“ Resignierend nickte der alte Mann und trottete gemächlich neben dem frechen Jungen her. Immer wieder warf er vorsichtige Blicke zu seinem Freund hinunter.

Bis auf die leichten Verbände an den Armen konnte man von der Operation nichts erkennen, die Shinichi hinter sich hatte. Sein Freund Dr. Ito hatte seine Sache gut gemacht.
 

Traurig wandte er seinen Blick von dem weissen Stoff ab und er konzentrierte sich auf das Geschehen um ihn herum. Es war eine lebhafte Gegend, viele kleinere Geschäfte waren zu sehen und in der Strasse wimmelte es nur so von Menschen. Junge Mädchen mit Kleidertaschen, kleine Kinder, die fröhlich an einem Eis leckten. Zwei Asiaten nicht japanischer Herkunft diskutierten in einer Gasse lautstark, zwei Jugendliche küssten sich leidenschaftlich bei dem grossen Brunnen im Zentrum des Platzes.
 

Plötzlich hörte man einen lauten Schrei und Agasa sah, wie einer der Asiaten verzweifelt mit den Armen fuchtelte. Sein Kollege lag blutüberströmt am Boden. Die Leute traten ängstlich zur Seite, denn eine schwarze Gestalt rannte vom Tatort weg. In ihrer Hand blitzte ein scharfes Messer. Hinter der Sonnenbrille war kurz ein gehetzter Blick voller Nervosität zu erkennen, die jedoch auch bösartig wirkte. Der Täter schlug ihre Richtung ein und rannte auf sie zu.

Der Professor drückte sich an die Wand und wollte Conan zu sich ziehen, doch dieser liess sich nicht aus der Gefahrenzone bringen. Im Gegenteil: Er stellte sich trotzig mitten in den Weg.
 

Schon oft hatte er mit solchen Menschen zu tun gehabt. Ein paar falsche Worte eines Verwandten oder Freundes und plötzlich glaubte der andere, er könne nach Belieben Menschen angreifen und ihnen ihr Messer in den Bauch rammen. Schon zu Zeiten Jack the Rippers war das keine Neuheit gewesen. Er wusste, er würde mit diesem vorwitzigen Kerl ohne Probleme fertig werden.

Der flüchtige Täter kam näher und spielte angeberisch mit der Waffe in seiner Hand. Shinichi hörte, wie Agasa etwas sagte, doch er schaltete alle Aussengeräusche ab, konzentrierte sich ganz auf den Angreifer. Nur wenn er wirklich bei der Sache war, würde er diesem Typen die Leviten lesen.

Er hasste Verbrecher. Sie zerstörten anderen Menschen mitwillig das Leben um sich ihres zu erleichtern und dachten nicht im Geringsten an die Opfer. Genauso hatte man seiner Existenz die Grundlage für eine glückliche Existenz genommen.

Gewaltsam schob er diese Gedanken beiseite, denn der Mann war da. Jason nahm Anlauf und wich geschickt der niedersausenden Klinge aus. Der Angreifer wurde zum verdutzten Opfer, das - überrascht von der Schnelligkeit des Gegners - nicht fähig war sich zu wehren. Conan nutzte die Chance und holte aus, sein Halbkreisfusstritt traf den hilflosen Gegner am Hals. Danach folgte ein kurzer Handkantenschlag und der Flüchtige ging zu Boden.
 

Er entspannte sich und nahm auch wieder die Geräusche von aussen war. Agasa suchte sich seinen Weg durch die Menge, aber dann war da noch jemand anderes, der auf ihn zu rannte. Keuchend blieb Takagi vor ihm stehen. „Gut gemacht, Junge...“, sagte er und starrte erstaunt auf das Kind im Grundschulalter, welches gerade vor aller Leute Augen einen gefährlichen Mörder gefangen hatte.

„Guten Tag Herr Kommissar.“ Agasa begrüsste den Polizisten freundlich, was dieser ebenfalls tat.

Dann blickte er wieder zu Conan. Es sah so aus, als wäre ihm der Kleine in irgendeiner Weise suspekt.

„Herr Kommissar, wie geht es dem Opfer?“, fragte der Professor vorsichtig um von Shinichi abzulenken.

Shinichi beobachtete aufmerksam die Regung in Takagis Gesicht. Der ehemalige Inspektor aus dem 1. Dezernat der Tokyoter Polizei hatte sich sehr verändert. Sein Gesicht wirkte ernst und streng. Diesem Polizisten gingen mit Sicherheit viele Verbrecher ins Netz.

Takagi löste den Blick vom Knaben und machte sich daran dem bewusstlosen Täter die Handschellen anzulegen. Konzentriert war er bei der Sache. „Chiba kümmert sich um das Opfer und die andere Person, die in unmittelbarer Nähe stand und auch geschrienen hat.“

„Ist das wieder ein Enkel von Ihnen?“, fragte er den Professor mit emotionsloser Stimme. Für einen Aussenstehenden mochte es so aussehen, als wäre dies eine ganz normale Aussage gewesen, doch Shinichi fühlte das Misstrauen.
 

Als Ran damals ihre kindliche Identität als Keiko abgab und wieder sie selbst wurde, hatte der Professor erzählt, Keiko und Conan wären von den Edogawas abgeholt und nach Amerika genommen worden. Es war eine gute Lüge gewesen um beide Kinder loszuwerden und unnötige Erklärungen wurden vermieden.

Doch dann geschah die Sache mit dem Gegengift und Shinichis Flucht führte dazu, dass Yusaku und Yukiko der Polizei von seinem Verschwinden erzählten, ohne jedoch die Hintergründe zu erläutern. Gemäss ihren Worten hatte er seit langer Zeit keinen Kontakt mehr mit seinen Eltern aufgenommen und sie machten sich deswegen grosse Sorgen.

Eine offizielle Vermisstenanzeige blieb aus, doch die Polizisten im Präsidium behielten die Bitte des bekannten

Paares stets im Hinterkopf.
 

Der Täter erwachte und gestützt von Takagi gingen sie zurück zum Tatort. Ein Arzt, der aus einer nahen Praxis hergeholt worden war, schüttelte bei ihrer Ankunft traurig den Kopf. „Diesem Mann hier ist nicht mehr zu helfen. Seine Halsschlagader wurde von der Waffe so stark verletzt, dass der Blutverlust zu gross war.“ Chiba legte seinen Mantel über die Leiche und kam dann auf seinen Arbeitskollegen zu. „Leider gibt es noch ein Problem, Tak.“

„Und das wäre?“

„Der Zeuge hier spricht weder Englisch noch Japanisch. Das Einzige, was ich bei der Befragung herausfinden konnte, ist, dass er aus China stammt.“

Müde lehnte sich Wataru an eine Wand. „Wenn man ausnahmsweise Zeit für ein gediegenes Mittagessen in einem guten Lokal hätte, dann gibt es einen Mord. Und der einzige Verwandte bzw. Freund des Opfers spricht nur Chinesisch. Wie lange dauert diese Führung im Gefängnis eigentlich?“

„Vergiss es, du kennst das ja. Wakashima würde nie das grosse Festmahl verpassen und das bedeutet, dass wir ihn erst morgen wieder zu sehen kriegen werden. Unser Sprachgenie ist ausser Haus.“
 

Der Professor und Shinichi, welche in einigem Abstand zum Tatort ihre Position bezogen hatten, beobachteten sie Szene schweigend. Dann sprach der Erwachsene: „Das scheint mir kein Fall für den grossen Shinichi Kudô zu sein. Der Täter steht fest und Sprachprobleme würdest du auch so einige haben wie mir scheint. Verabschieden wir also und machen uns auf den Weg zu James Black.“

Der Schwarzhaarige schüttelte kurz aber entschieden den Kopf. „Wir haben noch etwas Zeit bis Black uns bei Hachikô abholt. Es bleibt also noch genügend Zeit um sich den Fall etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.“

Bevor der Professor auch nur die leichteste Möglichkeit hatte etwas zu erwidern, schritt der Junge davon. Dabei hatte er seine Augenbrauen leicht nach unten gezogen, was ihm dieses gefährliche Aussehen gab.
 

Vorsichtig zupfte er den schlaksigen Chinesen am Ärmel. Der arme Mann sah blass aus und wirkte sehr verstört. Als er das Kind neben vor sich sah, erschien ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht.

„Wieso bist du denn so traurig, Onkel?“

Er glaubte, er würde träumen. Der Junge sprach eindeutig Chinesisch. Ein gewisser Akzent war zwar nicht zu überhören, aber es handelte sich eindeutig um seine Muttersprache.

Auch die anderen um ihn herum starrten vor Überraschung auf die beiden Gestalten.

„I- Mein bester Freund wurde gerade getötet. Aber wer bist du überhaupt?“

Conan lächelte geheimnisvoll. „Mein chinesischer Name ist Yong und die Polizisten hinter mir würden Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.“ Er verbeugte sich und fuhr fort: „ Da der einzige Chinesisch sprechende Beamte zur Zeit gerade nicht abkömmlich ist, müssen sie deshalb mit meinem miserablen Chinesisch vorlieb nehmen.“

Der Mann blieb stumm, denn der Knabe sprach überhaupt nicht in einer kindlichen Art und Weise. Seine Art zu sprechen war zwar nicht fehlerfrei, aber er verstand was er ihm mitteilen wollte.

„Ich danke dir für deine Hilfe. In einem Land festzusitzen, ohne dabei die Sprache zu beherrschen, ist nicht gerade angenehm. Mein Freund hier..“ Er wies auf den Toten. „hat mich eingeladen und auch alles organisiert.“

„Wie heissen Sie denn?“
 

***
 

Schweigend beobachteten Chiba, Takagi und der Professor, wie sich die beiden unterhielten. Die Fremdheit der Sprache erlaubte es ihnen nicht auch nur irgendeinen Fetzen verstehen zu wollen.

‚Woher kann er das?’, fragte sich Agasa. Er bewunderte ihn, wie er sich trotz allen Schwierigkeiten durchs Leben kämpfte und nicht müde wurde neue Dinge zu erlernen.

Eine weitere Verbeugung, dann kam er zu ihnen. „Herr Kuan fragt, was Sie ihm für Fragen stellen möchten.“

Chiba fragte vorsichtig: „In welcher Hinsicht kannte er das Opfer?“

Er drehte sich zum Chinesen um und übersetzte. Kuan gab eine ausführliche Antwort, die schnell vom Grundschüler an die Polizisten weitergeleitet wurde.

Als die Reihe wieder an Takagi war, stellte dieser eine Frage, die sämtliche Anwesenden erstaunte.

„Sag einmal, Shinichi, was spielst du hier für ein Spiel?“ Seine Stimme klang hart, hatte jedoch auch eine freundliche Nuance. Der Angesprochene zuckte mit keiner Wimper. „Ich weiss nicht, wovon Sie sprechen.“

Ein trauriges Lächeln huschte über seine Züge. „Ich habe Herrn Kuan gesagt, er soll in seinem Hotel zurückgehen, Sie würden ihn wieder kontaktieren, sobald der Beamte mit Chinesischkenntnissen wieder verfügbar ist.“

Mit diesen Worten drehte er sich um und huschte durch die Strasse. Ein kurzer Blick zurück.

‚Kommissar, ich wünschte, ich wäre noch Shinichi...’

Agasa hatte die schwarze Gestalt gesehen, die auf Conan gewartet hatte. Nun war seine Aufgabe erfüllt und er konnte wieder nach Hause.

Shuichi Akai würde sich nun um seinen kleinen Freund kümmern.

‚Ich wünsche dir viel Glück, Shinichi...’
 

„Du hast das FBI ganz schön in Aufruhr gesetzt“, sagte Akai, als sie schnell durch die Strassen Shibuyas gingen. Shinichi zuckte mit den Schultern. „ Ich lag eine Weile im Krankenhaus und war nicht in der Lage gross an eure Institution zu denken. Ausserdem gab es noch gewisse Dinge, die keinen Aufschub duldeten.“

Missbilligend warf Shuichi einen Blick auf den frechen kleinen Kerl neben ihm, schluckte dann seinen Kommentar hinunter. Dann fiel ihm etwas auf.

„Kudô, was sind das für Verbände an deinen Armen?“ Er wies auf die dünnen, weiss umwickelten Stellen oberhalb des Ellbogens.

Der Junge konnte jedoch nicht mehr antworten, denn sie erreichten gerade den Bahnhof, den Treffpunkt, an welchem James Black bereits auf sie wartete.
 

***
 

Er packte seine Autoschlüssel und ging nachdenklich aus dem Gebäude. In der Tiefgarage stieg er in seinen roten Infini und machte sich auf den Weg nach Hause. Zügig lenkte er seinen Wagen durch den starken Verkehr, doch mit seinen Gedanken war er nicht wirklich bei der Sache.

Das Zusammentreffen mit Shinichi Kudô machte ihm zu schaffen. Er war überzeugt, dass es sich um den ehemaligen Meisterdetektiv handelte und er war sich auch sicher, dass Conan Edogawa eine falsche Identität gewesen war. Doch wie konnte er das beweisen?

Ein lautes Hubkonzert erklang und Takagi trat erschrocken aufs Gas. Eine Faust eines wütenden Fahrers schwenkte im Rückspiegel wild hin und her. Wataru konzentrierte sich wieder auf den Verkehr, doch dann wechselte er kurzentschlossen mit einem atemberaubend gefährlichen Manöver die Spur. Der Tacho seines Autos wanderte schnell nach oben.

Es gab da eine Person, die ihm mit Sicherheit das eine oder andere Mysteriöse dieses Falles erklären konnte. Es lag etwas in der Luft, dass spürte er.

Ziele & Zeichen

Nach langer Zeit melde ich mich mit einem Kapitel zurück und hoffe, dass ich durch die ausgedehnte Wartezeit keine Leser verloren habe. ^^

In diesem Kapitel habe ich versucht die ganze Angelegenheit etwas zu ordnen, aber da ich es auch schon vor einem Jahr geschrieben habe, brauchte es ein Weilchen, bis ich mich wieder völlig in die Geschichte vertieft habe. Diese ganze Geschichte hat nun schon sicher zum 12. Mal ihren ganzen Verlauf geändert, so

dass sogar ich als Autorin zwischendurch den Überblick verliere.

Ich hoffe, es fällt im Text nicht allzusehr auf und wenn, dann sagt es mir bitte, sodass ich versuchen kann die Katastrophe an den Ohren zu packen, bevor sie über mir mit Donner und Krach zusammenfällt. xD

Ich wünsche viel Unterhaltung beim Lesen.

Taipan

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Jodie betrat nervös und mit gemischten Gefühlen den Raum. Jetzt war sie also wieder da.

Sie hatte nicht lange in der FBI Zentrale in Tokyo gearbeitet und trotzdem fühlte sie sich hier gleich zu Hause.

Da war der rötliche Teppich, der dem ganzen Zimmer ein freundliches Aussehen gab. Grosse Fenster liessen viel Sonnenlicht hindurch und die Arbeitsplätze der Agenten waren grosszügig eingerichtet.

Sie setzte sich an einen der vielen freien Computer und suchte nach Informationen über die Organisation.

Was wussten sie bisher eigentlich alles über die Organisation?

Welche Mitglieder wurden gefasst?

Was hatte diese Verbrecherbande vor?

Wo würden sie als nächstes zuschlagen?

Sie fluchte, als die Passwortabfrage kam. Hatten die Menschen heutzutage gar kein Vertrauen mehr ineinander? Wahllos tippte sie verschiede Kombinationen ein, dann suchte sie nach einem Hinweis auf dem Pult.

„Ich würde es mit >Sashimi< versuchen.“

Jodie erstarrte und drehte sich blitzschnell um. Hinter ihr stand, mit einem grossen Grinsen auf dem Gesicht, James Black.

Sie wusste nicht, was sie erwidern sollte, sodass er ihr lachend auf die Schulter klopfte. „Shinichi und Shuichi kommen gleich, dann können wir das Wissen über die Organisation zusammentragen.“

Genau in diesem Moment ging die Tür auf und zwei ungleiche Gestalten betraten den Raum.

Sie erstarrte, denn dieser Anblick passte einfach nicht in diese Welt. Da standen Akai und Black, bei denen die vergangenen Jahre durchaus zu erkennen waren. Und dann der kleine Junge, der in den letzten Jahren nicht um einen Zentimeter gewachsen war. Sein Kindergesicht war immer noch das eines Grundschülers und doch gab es Dinge, die einen erschauern liessen.

Sämtliche Charakterzüge, die man früher als <süss> hätte bezeichnen können, fehlten völlig. Sein Blick flackerte gefährlich und die Neigung seines Mundes, die eins in einem arroganten Lächeln geendet hatten, wirkte bedrohlich und bösartig.

Als er sie erblickte, kehrte kurzzeitig ein freundliches Lachen auf sein Gesicht zurück.

„Hallo, Miss Jodie.“ Dann legte sich eine Art von Nebel über seine Augen, sie wurden trüb und traurig. Die Wiedersehensfreude wurde von Bitterkeit überdeckt und Jodie verstand auch, wieso.

Bei ihrem letzten Treffen war Ran noch dabei gewesen und diesen Gedanken schien er äusserst schnell vergessen zu wollen.

„Immer mehr Leute von früher kommen zusammen“, sagte er und dabei lächelte er ein wenig.

Sie gaben einander die Hand, danach nahm jeder um den kreisrunden Tisch herum Platz.
 

„Also, zuerst sollten wir mal die Informationen sammeln, die wir bereits haben“, begann Black die Diskussion.

Dabei blickte er auf einen Papierbogen vor sich, der gespickt war mit wichtigen Notizen.

„Das erste Mitglied der Organisation, das wir festnehmen konnten, war der auf Nahkampf spezialisierte Michigan.“

Shinichi blickte aufmerksam auf. „Konnte man aus ihm irgendwelche Informationen herausholen?“

Shuichi Akai schüttelte missmutig den Kopf. „Der Kerl spricht nicht und bewegt sich nicht, sein Mund ist verschlossen und da man heutzutage keine Foltermethoden mehr anwendet, bringen wir auch nichts aus ihm heraus.“ Er dachte kurz nach. „Schade, für solche Typen würde ich eine Daumenschraube wirklich empfehlen.“

Auf den bösen Blick Jodies reagierte er nicht.

„Und was ist mit dem Scharfschützen?“

„Welcher Scharfschütze?“, fragte Black verständnislos. Seinen Informationen zufolge war Michigan allein gewesen.

Der Junge setzte eine nachdenkliche Miene auf. „Bevor dieser Michigan aufgetaucht ist, wurde auf Ran und mich geschossen. Der Winkel, in welchem der Schuss abgegeben worden ist, stimmt nicht mit Michigans Position überein. Er hätte es nie geschafft in so kurzer Zeit von einem Hochhaus, von welchem die ersten Schüsse mit Sicherheit abgegeben worden waren, zum Parktor zu gelangen. Ausserdem trug er keine Waffe bei sich, die auf weite Entfernungen ausgerichtet ist.“

Black runzelte die Stirn und sein Mund verzog sich zu einem unerfreuten Strich. „In der Polizeiakte steht nichts von einem zweiten Organisationsmitglied, geschweige denn von einer Schussspur.“ Sein Blick wanderte zum Briefkopf. „Der zuständige Polizist war ein gewisser Peter Parker. Seltsamer Name... mit Sicherheit werden wir dieser Sache genauer auf den Grund gehen.“

Geschickt verbarg er seine Wut. Er konnte es nicht glauben, dass ein Polizist solch wichtige Informationen zurück hielt. Andererseits machte dieser Beamte auf sich aufmerksam, vielleicht hatten sie jetzt eine heisse Spur.
 

Er fuhr fort: „Des Weiteren haben wir Texas gefasst. Er war der Chauffeur, der mich attackiert hat. Er hat zugegeben, dass er mich umbringen wollte. Sein Motiv war, dass sein Bruder auf Grund einer Razzia des FBIs gestorben sei und er sich so an mir habe rächen wollen.“

„Ich verstehe. So wurde er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und konnte der Befragung des FBIs dadurch entkommen. Michigan muss sich unseren Verhören immer und immer wieder unterziehen, da er keine Aussage machen will. Bei Texas gab sich das Gericht mit der Erklärung zufrieden, für uns ist sein sogenanntes Geständnis eine Enttäuschung.“ Jodie analysierte knallhart die Situation und schob danach ihre Brille zurecht. Sie trug noch immer das alte Modell ihres Vaters, der von Vermouth getötet worden war. Conan beobachtete sie aufmerksam.
 

„Ich bin alt geworden...“
 

Ihm fiel immer mehr auf, dass er sich in einer Art Zeitblase befunden hatte. Alle Menschen waren älter geworden und er hatte davon nichts mitbekommen.

Er selbst wuchs nicht im Mindesten, bekam kein graues Haar mehr, wurde kein Jahr älter.

Dies wurde ihm nun wieder schmerzlich bewusst, als Jodie Starling neben ihm ihre Schlussfolgerung präsentiere.

Ihr Gesicht hatte einige Falten mehr als früher, die Augen strahlten müde und die Haare hatten etwas an Farbe verloren.
 

Er schüttelte diesen Gedanken von sich wie ein widriges Insekt. „Texas Mordversuch sollte zweifellos verhindern, dass Agenten des FBIs sich in der Nähe des Parks befinden. Michigan und unser Unbekannter sollten in Ruhe arbeiten können.“ Er seufzte. „Dieser Teil des Plans ist leicht verständlich, aber beim missglückten Raubzug der Waffen in New York gibt es einige Bereiche, die nicht geklärt sind.“

Shuichi nickte. „Auch Utah konnten wir festnehmen, weil er bewusstlos in einer Nebengasse lag. Er hat ausgesagt, dass er für die Brandstiftung und die Bomben verantwortlich gewesen wäre. Er hatte den Auftrag gehabt, die Bombe zu installieren, aber von der Drei-Phasen-Sperre hatte er nichts gewusst.“ Seine Züge verdüsterten sich. „Mehr konnte der arme Kerl nicht sagen, weil ihm im wahrsten Sinne des Wortes der Kopf geplatzt ist. Die Organisation wollte nicht, dass er mehr Informationen weiter gibt.“

Jodie drehte erschrocken den Kopf etwas zur Seite, Conan senkte traurig den Kopf. All diese Toten gingen auf seine Rechnung.

„Irgendjemand in der Organisation spielt sein eigenes Spiel und kümmert sich nicht um die Pläne. Wieso wurde Utah nicht informiert?“, fragte Shinichi.

Jodie nickte zustimmend. „Und warum wurdest du nicht getötet, sondern nur niedergeschlagen und aus dem brennenden Gebäude getragen? Das erklärte Ziel der Organisation war es doch gewesen, dich zu töten, Cool Kid.“

„Der Professor hat die Vermutung geäussert, dass man mich psychisch zerstören will, damit ich den Männern in Schwarz nicht mehr in die Quere komme. Und ich muss sagen, dass sie es bald geschafft haben, ich bin ein seelisches Wrack.“

Akai lehnte sich leicht in seinem Sessel zurück. „Die ganze Sache ist zu verzwickt. Wenn sie dich wirklich hätten loshaben wollen, wäre ein Wurf ins Feuer die beste und schnellste Lösung gewesen. Du warst zwar keine direkte Gefahr mehr für die Organisation, schliesslich wusste auch das FBI von ihrer Existenz. Um jedoch unnötige Komplikationen zu vermeiden, wäre dein Tod logisch gewesen.“

Jodie warf ihm einen warnenden Blick zu. Ihr ehemaliger Partner musste Acht geben, dass die Richtung des Gesprächs nicht zu sehr die von Rans Ableben einnahm. Sie wusste nicht, ob Shinichi eine erneute Erwähnung dieses Zwischenfalls ertragen konnte.

Shinichi schien jedoch selbst bemerkt zu haben, was sie vorhatte. Er schloss kurz die Augen, dann fuhr er fort:

„Bei dem Vorfall sind doch auch noch andere Mitglieder gefasst worden. Konnte man aus ihnen keine Informationen herausholen?“

„Sie wollten sprechen, hatten aber kaum Informationen für uns. Die Dakotas arbeiten normalerweise bei einem Transportunternehmen und mussten die Sprengsätze mit einem Lastwagen herbringen.

Chicago hat sich um das Geld gekümmert, Illinois um die Sprengladung und die anderen waren auch nur kleinere Handlanger der Organisation.“

„Wieder eine Sackgasse.“ Die Enttäuschung in Blacks Gesicht war echt. Resignierend liess er seinen Kugelschreiber fallen, sodass das Utensil mit einem leisen <Plopp> auf den Tisch fiel. „Wir haben keine Ahnung, was diese Verrückten überhaupt vorhaben! Bei der Organisation spielt jemand falsch, sodass wir zwar ein Mitglied nach dem anderen fassen können, aber trotzdem keine Informationen zu Tage kommen.

Die Waffen sind zerstört, das kann also nicht ihr eigentliches Ziel gewesen sein.

Shinichi wollen sie nicht mehr umbringen, sie halten ihn für ungefährlich.“

Black strich sich durch die Haare und starrte durch das Fenster auf die graue Fassade des Nachbargebäudes.

„Irgendeinen Hinweis muss es geben, ein kleines Indiz, eine Spur...“
 

Shinichi schwieg. Der Chip in seinem rechten Arm pochte, etwas weiter unten hing das silberne Armband, gewärmt von seinem eigenen Körper.

Er dachte nicht, dass die Organisation nicht mehr an ihm interessiert war. Dieser Falschspieler wollte etwas von ihm. Der Detektiv wusste noch nicht was, aber er spürte, dass jemand auf der Lauer war und ihn jagte. Das Knacken im Hörer, als er mit Black telefoniert hatte, wurde meistens durch Abhörgeräte verursacht.

Was war es, das der mysteriöse Unbekannte von ihm wollte?
 

„Ich könnte wieder als Lockvogel einsteigen“, meinte Conan, doch Black schüttelte den Kopf.

„Solange wir keine Ahnung haben, was die Ziele unseres Feindes sind, lasse ich dich nicht nach draussen!“

Kein Widerspruch, Shinichi würde dann selbst Nachforschungen betreiben. Er musste in diese Zentrale, sonst hatten sie keine Chance auf Informationen.

Er lehnte sich zurück und kreuzte die Arme hinter seinem Kopf.
 

***
 

„Hallo?“

„Hier spricht Kommissar Takagi vom 1. Dezernat in Tokyo. Spreche ich mit Heiji Hattori?“

„Am Apparat.“

Seltsam, er hatte von diesem Takagi schon gehört. Ran hatte immer wieder etwas von einem Polizisten erzählt. Er war neugierig, was der Mann von ihm wollte.

Takagi seufzte. Wie sollte er das Ganze am besten anpacken?

„Es tut mir Leid, dass ich sie damit belästige, aber ich möchte sie gerne zum Fall <Shinichi Kudô> befragen.“

„Zum Fall Kudô?“ Hattoris schenkte seine ganze Aufmerksamkeit diesem Anruf. Was war geschehen, dass dieser Polizist nun die gedankliche Vermisstenakte wieder hervorgeholt hatte? Eigentlich sollte er ja von Shinichis Rückkehr nichts wissen. „Dieser Fall gehört eigentlich nicht zu meinem Handlungsbereich. Wie kann ich Ihnen also helfen?“

Takagi schluckte. Es gefiel ihm nicht, dass der Inspektor sich so unwissend gab. Hatte er sich vielleicht getäuscht? Entschlossen schüttelte er den Kopf. Genau das hatte Miwako ihm immer und immer wieder vorgeworfen: Fehlendes Vetrauen in sich.

„Ich weiss, dass Shinichi Kudô sich hinter Conan Edogawa verborgen hat und immer noch in dieser Gestalt herumläuft. Mir ist nicht klar, wie es dazu kam und wo er all die Jahre gesteckt hat, aber ich habe ihn wieder erkannt!“

Heiji schluckte. „Und was habe ich mit der ganzen Sache zu tun?“

Der Polizist aus Tokyo grinste. „Er war einige Zeit bei Ihnen, da bin ich mir sicher.“

Als sein Gesprächspartner nicht antwortete, fügte er hinzu: „Ich werde das Gefühl nicht los, dass in Kürze etwas geschehen wird und ich will darauf vorbereitet sein. Also?“

Ein Seufzen am anderen Ende der Leitung. „Wie haben Sie herausgefunden, dass er bei mir gewesen ist?“

„Der Junge spricht zwar nach wie vor perfekt Japanisch, aber wenn man lange im Ausland gewesen ist, hat man am Anfang etwas Mühe in seine Muttersprache zurück zu finden. Dass sieht man schon, wenn Jugendliche ein Austauschjahr absolvieren und danach bei der Rückkehr einen Akzent haben.

Conan oder ich sollte besser sagen Shinichi hatte einen Kansai-Dialekt. Zwar nicht sehr ausgeprägt, aber doch nicht unüberhörbar.“

Heiji dachte nach. Sein Freund Shinichi hatte tatsächlich eine etwas englisch angehauchte Aussprache gehabt, als er ihn in Kyoto angetroffen hatte. Da er danach für einige Zeit bei ihm übernachtet hatte, waren wohl einige Ausdrücke an ihn übergegangen. Mit der Zeit hatte er sicher seinen Tokyo-Dialekt wieder, doch in der Anfangsphase mischten sich verschiede Akzente und Dialekte gerne.

„Hallo, sind Sie noch dran?“, fragte Takagi.

„Ja. Wussten Sie von seiner Abreise nach Amerika?“, wollte Heiji wissen. Der andere Polizist bejahte: „Seine Eltern sich bei uns gemeldet. Sie haben uns gebeten die Augen offen zu halten, da er sie lange nicht mehr kontaktiert habe und sie haben auch gesagt, dass er wahrscheinlich nach Amerika gegangen sei. Die Informationen über Shinichi Kudôs Verbleib waren dürftig und die Suche nach ihm wurde bald eingestellt.“

Nach einer Weile fügte er hinzu: „Aber was ist jetzt geschehen? Warum taucht der Junge ausgerechnet ein halbes Jahr nach Ran Moris Verschwinden wieder auf?“

Heiji schluckte erneut. Letztes Mal hatte sich das FBI allein um die Organisation gekümmert. Sollte er Takagi über die ganzen Ereignisse in Kenntnis setzen?

Auf in den Kampf, Genossen!

Sollte er Black von den Transmittern in seinem Körper berichten?

Shinichi entschied sich dagegen. James Black würde sofort veranlassen, dass man die gefährlichen Chips wieder entfernte, da er wusste, wie viele Opfer es im Laufe der letzten Jahre gegeben hatte. Die elektronischen Bestandteile hatten bei den meisten Agenten eine starke Blutvergiftung verursacht, sodass die Anwendung sehr schnell verboten worden war.

Doch Jason wollte nicht, dass sie verschwanden.

Er machte etwas Unerwartetes. Vielleicht war das die einzige Chance, die sie hatten. Sogar bei de Polizei selbst gab es Verräter, was ein Vorankommen erschwerte.

„Und wie wollen wir nun weiter vorgehen?“, fragte er leise und traf damit den wunden Punkt der ganzen Diskussion.

Sie hatten ausser der Lockvogel-Methode keinen Hinweis.

Viele Leute wussten nun, dass er noch lebte. Er war nicht mehr der Einzige, der ihnen gefährlich werden konnte und trotzdem gab es Leute, die ihn loswerden wollten, auch wenn niemand genau wusste weshalb.
 

Sie konnten sämtliche Fabrikgebäude Japans kontrollieren.

Sie konnten die bereits gefassten Organisationsmitglieder befragen.

Sie konnten einen nächsten Überfall abwarten.
 

Doch keine dieser Varianten würde so schnell Erfolg zeigen wie die, in welcher er sich der Organisation auslieferte.
 

Shinichi sah James Black ernst in die Augen und erkannte, dass sich der alte Mann durchaus dieser Tatsache bewusst war. Und trotzdem wollte er Jason schützen und zuerst die harte Methode versuchen.

Diese Art zu handeln hatte auch Inspektor Megure an sich.

Wenn die Polizisten seiner Truppe in Gefahr waren, setzte er sie nur ungern dieser aus.

‚Sie zählen mich also bereits zu ihrem Team dazu, Black?’ In seinem Innern lachte Conan. Nun hatte er doch noch indirekt eine Arbeit gefunden, wenn wie wohl auch nicht ewig währen würde.

„Wir werden alle Kräfte mobilisieren und leere Hallen oder seltsame Firmen in Japan und den USA ausfindig zu machen. Irgendwo wird es eine Agentur geben, die nicht so ganz normal ist und wir werden sie finden.“

Die Tür öffnete sich mit einem schabenden Geräusch. Ein hübscher junger Mann betrat den Raum und der Chef des FBIs erhob sich erfreut, schüttelte ihm die Hand und stellte ihn dann Conan vor.

„Shinichi, dies ist Hugh Evans. Er wird dir beim FBI helfen, damit du dich zurecht findest.“

‚Mein Bodyguard’, dachte Conan amüsiert und starrte auf den Kerl, der ihn frech angrinste. Die Mütze hatte er trotz der Hitze tief ins Gesicht gezogen. An den Händen baumelten unzählige Armbänder. Seine Kleidung bestand aus schwarzen, engen Hosen und einem geöffneten Hemd der gleichen Farbe.

Er hatte in gepflegtes Äusseres, gestylte Haare und strahlend grüne Augen.

Die beiden gaben sich die Hand, wobei Conan spürte, wie er von Hughs äusserst neugierigen Blicken abgetastet wurde. Und dann war da noch etwas, ein Gefühl, das er irgendwie nicht richtig in Worte fassen konnte. Ein unangenehmes Kribbeln machte sich in seiner Nackengegend breit und er begann zu frösteln.

„Also, dann komm mal mit“, meinte Hugh lachend und strich sich dabei durch die rötlichen Haare. Er hatte eine weiche Stimme, bei deren Klang Shinichi gleich wieder zu frieren begann.

Er folgte seinem Führer, die Tür schlug hinter ihm zu.
 

Shuichi Akai blickte misstrauisch auf die Stelle, durch welche die beiden zuvor den Raum verlassen hatten.

„Glauben Sie, dass ihre Entscheidung gut war?“, fragte er seinen Vorgesetzten mit heruntergezogener Augenbraue.

James Black erhob sich schwerfällig und fuhr sich mit schmerzverzerrtem Gesicht mit der Hand über die Schusswunde.

„Was meine Agenten in ihrem Privatleben treiben, interessiert mich nicht solange sie gut arbeiten, pünktlich zur Arbeit erscheinen und Einsatz zeigen.“

Jodie sah die beiden fragend an, erhielt aber keine Antwort.

Dann fragte Shuichi: „Und der Junge?“

„Du meinst wohl, es wäre besser gewesen, den Lockvogel-Plan anzunehmen und ihn in die Höhle de Löwen zu schicken?“ Der Mann mit dem weissen Schnauzbart liess sich seufzend wieder in seinem Sessel nieder und gönnte sich eine Tasse Kaffee.

„Ich glaube einfach, dass er so weniger Schaden angerichtet hätte...“ Er gähnte herzhaft. „Was hältst du von der Sache, Jodie?“

Die Angesprochene zuckte zusammen, wurde aus ihren Gedanken gerissen.

„Also ich...“ Sie schluckte. „Ich finde es nicht besonders fair, Cool Kid einzusperren. Er hat ziemlich viel erlebt...“

„Und darum soll ich ihm sozusagen die Führung bei diesem Fall überlassen?“, unterbrach Black sie.

„Er hat viel durchgemacht, das stimmt, aber er hat die ganzen Jahre all den Zorn und den Kummer in sich hineingefressen. Auch wenn man von aussen nicht sieht, der Junge will Rache. Ich lasse nicht zu, dass er in einem selbstzerrstörerischen Akt mein ganzes Team in Gefahr bringt.“

Als er Jodies Blick sah, fügte er hinzu: „Shinichi wird bei diesem Fall mitarbeiten, wir können einen Detektiv wie ihn gut gebrauchen. Aber bevor wir ihn als Lockvogel ausschicken, möchte ich die anderen Chancen ein Indiz zu finden, ausprobieren und dafür sorgen, dass er beim Einsatz auch wirklich in Sicherheit ist.“

Sie nickte zaghaft und blickte zu Shuichi hinüber, der nachdenklich aus dem Fenster starrte und seine Gedanken wohl irgendwo anders hatte.

‚Was er wohl gerade denkt?’, fragte sie sich. Er war ein seltsamer Mann, seinem Vorgesetzten zwar äusserst loyal gestellt und trotzdem fand er immer einen Weg, wie er seinen eigenen Kopf durchsetzen konnte. Mittendrin konnte er bei einer Ermittlung verschwinden, nur um dann im letzten Moment wieder aufzutauchen und eine Operation noch zu retten.

Ihre Gedanken kehrten zurück zu Cool Kid. Sie wusste gar nicht mehr, was sie von diesem Jungen halten sollte. Für sie war er immer noch der kleine süsse Knabe mit einem erstaunlichen Potenzial. Dass dieser Detektiv Rachegelüste hatte, konnte sie sich nicht vorstellen.

„Du solltest nicht vergessen, dass dieser Junge eigentlich ein erwachsener Mann ist.“ Jodie warf einen verwirrten Blick zu Shuichi. Dieser lachte. „Was guckst du so erstaunt? Wenn du so die Stirn runzelst, liegt beinahe jeder Gedanke offen um gelesen zu wesen. Bereits Sherlock Holmes oder Auguste Dupin wussten das.“
 

***
 

Hugh vor ihm blieb stehen und drückte den Kopfhörer in seinem Ohr etwas gegen dieses um besser zu verstehen, was ihm gesagt wurde. Conan musterte ihn neugierig.

Lachend drehte sich der Rothaarige um. „Wir gehen in die Computerzentrale und helfen mit bei der Suche nach seltsamen Fabrikgebäuden.“ Als er den düsteren Ausdruck in Jasons Gesicht erkannte, stutzte er. „Warum dieser Blick?“

Conan schnaubte. „Ich kann mir etwas Spannenderes vorstellen als Stunde um Stunde damit zu verbringen in Telefonbüchern und im Internet nach Kuriositäten Ausschau zu halten.“

„Hauptsache, wir haben etwas zu tun!“, meinte Hugh daraufhin fröhlich und zog Shinichi hinter sich her, bis dieser bereit war seinem <Führer> freiwillig zu folgen.

Sie traten durch unzählige Gänge, die allesamt den gleichen langweilig roten Teppich besassen. Nur die Nummern an den Türen unterschieden sich.

Conan spürte, wie Hugh ihm immer wieder Blicke zu warf. Er hatte den Eindruck, der junge Mann wollte sich nicht nur vergewissern, ob er auch schön brav folgte.

Nach einer Weile stoppte Shinichi. Sie befanden sich in irgendeinem Flur auf irgendeinem Stockwerk. Der rote Teppich flimmerte ein wenig im Licht der Lampen.

„Könntest du bitte damit aufhören?“

Der Angesprochene drehte sich um. „Was meinst du?“

„Ich finde es unangenehm, so angestarrt zu werden. Könntest du also damit aufhören?“

Hughs Gesicht färbte sich, wurde rot.

„Ich ...“ Er stricht sich nervös durch die roten Haare.

„Man kriegt nicht unbedingt jeden Tag jemanden zu sehen, der seinem Alter 20 Jahre hinterherhinkt. Meinst du das?“, fragte Shinichi, eine Augenbrauche nach oben gezogen, die andere tief hängend, wie es für ihn typisch war.

Verblüfft starrte Hugh auf den kleinen Jungen vor sich, die Augen weit aufgerissen. Conan entwich ein seufzender Laut. „Weißt du, wie oft ich deswegen schon neugierig beobachtet wurde? Jedes Mal wenn jemand von meinem wirklichen Alter hört, ist heimliches Getuschel und blödes Gekicher mein ständiger Begleiter und diese stechenden Blicke, mit denen mich die Menschen anstarren.“

„Ich... tut mir Leid. Ich wusste nicht, dass du es merkst.“

Blaue Augen blitzen böse auf. „Klar, ihr denkt alle, dass ich es nicht merke. Blicke schmerzen ja nicht...“

Er lehnte sich an die Wand.

„Wann begreifen die Leute endlich, dass ich trotz meines Aussehens erwachsen bin? Oder dass ich vielleicht auch Gefühle habe?“ Shinichi ging weiter und schritt an Hugh vorbei, der immer noch mit offenem Mund mitten im Flur stand. „Aber was erzähle ich dir auch das alles. Wir haben jede Menge Arbeit vor uns.“

Stolz marschierte er los.

‚Du irrst dich, Shinichi Kudô. Ich weiss, dass du auch Gefühle hast...’, dachte Hugh und grinste ein wenig.

Dann folgte er dem Detektiv durch die düsteren Gänge des FBIs.
 

***
 

Takagi starrte auf das Telefon vor sich. Das Gespräch mit Heiji Hattori von der Polizei in Kyoto war äusserst interessant gewesen, wenn auch lang. Er gähnte etwas und schaute aus dem Fenster seines Büros. Draussen ging bereits die Sonne unter, er war fast allein in seinem Büro.

Bis auf die wenigen Polizisten, die heute eine Nachtschicht einlegten, waren alle nach Hause zu ihren Familien gegangen.

Seine Augen wanderten über seinen Arbeitsplatz und blieben an einem Foto hängen. Satô lächelte ihm entgegen. Ausnahmsweise war sie in einem Kimono abgebildet, die Stickereinen von Kranichen glänzten im Licht der Sonne. Eine einsame Träne suchte sich in der Stille einen Weg seine Wange hinab. Er liess sie gewähren, wischte sie nicht fort.

Die Polizeiarbeit war das einzige, was ihm geblieben war. Er arbeitete hart, manchmal bis nach Mitternacht. Und jetzt kam ein neuer Fall, der jedoch so viel von früher in sich trug.

Vor zehn Jahren hatte das FBI unzählige Verbrecher festgenommen. Die nationale Polizei war nicht eingeschaltet worden. Hauptkommissar Matsumoto hatte getobt, weil sich eine ausländische Einheit ohne Wissen der Beamten in Japan aufgehalten hatte. Die Regierung war in Kenntnis gesetzt worden, doch die Polizei selbst wusste nichts vom FBI.

Kurz nachdem das FBI seinen Auftrag in Japan erfüllt hatte, waren Conan Edogawa und Keiko Mawashita verschwunden, genauso wie Shinichi Kudô.

Takagi erhob sich und marschierte zum Kaffeeautomaten im Aufenthaltsraum. Geistesabwesend war er einige Münzen in den Schlitz. Ein Scheppern meldete sich und er holte sich die Dose aus dem Fach.

Angewidert blickte er auf die Dose – um diese Uhrzeit war die Cafeteria leider geschlossen, sodass er sich mit diesem eisgekühlten Getränk aus dem Automaten zufrieden geben musste.

Beinahe stiess er mit Wakashima zusammen, der offensichtlich auch etwas Koffein nötig hatte.

„Wie läuft’s mit dem Chinesen?“, fragte er. Sein Kollege rollte mit den Augen. „Ich musste gleich nach dem Festessen hierhin eilen, also frag nicht.“

Takagi lächelte. „Ich wünsche dir trotzdem noch einen schönen Abend.“ Er liess Wakashima stehen und wanderte zurück an seinen Platz.

Heiji Hattori hatte ihm so einiges erzählt, sodass Takagi begriff, weshalb Shinichi zurückgekommen war. Allerdings würde er es dieses Mal nicht zulassen, dass nur das FBI beteiligt war. Die Organisation musste vollständig aufgelöst werden und diesmal war die japanische Polizei mit von der Partie.

Er warf einen letzten Blick auf Miwako, dann machte er sich an die Arbeit.
 

***

„Ruhe bitte!“ erklang eine hohe Frauenstimme und sofort erstarb das aufgeregte Geplapper im Saal. Salem strich sich eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht und genoss den Augenblick der absoluten Aufmerksamkeit, der sie umgab.

„Ich erspare mir eine lange Einleitung, ihr alle wisst, dass in letzter Zeit ein tiefes Loch in unsere Gemeinschaft gerissen wurde.“ Einstimmiges Nicken brachte die Menschenmenge in Bewegung, es murmelte.

„Dies kann nicht ohne Grund geschehen sein, denn noch vor wenigen Monaten lief alles perfekt.“

Ihre Stimme wurde schärfer: „Was ist los, dass Polizisten unsere Leute fassen, als wären sie Pilze am Waldrand? Wie ist das möglich?“

„Willst du, dass wir Verräter unter uns nennen, Salem?“ Sie hob den Kopf und blickte über die Kopfansammlung hinweg, bis sie zu einem Rotschopf gelangte. „Eigentlich nicht. Wenn du aber einige anbieten kannst, bin ich ganz Ohr.“ Die Augenbrauen des jungen Mannes zogen sich zusammen, als er ihre Antwort hörte.

„Ich wäre der letzte, der einen Freund verraten würde, doch auszuschliessen ist diese Variante nicht.“

Dann fügte er wieder etwas lauter hinzu: „Bei Texas erstaunt es mich nicht, er galt nie als besonders clever. Doch dass der ganze Coup in New York im Chaos geendet hat, ist für mich schwer verständlich.“

Eine Hand erhob sich, dann begann Cheyenne zu sprechen: „Ich stimme Nash zu. An der Sache ist was faul und zwar gewaltig.“ Erneut erntete an diesem Abend eine Aussauge einstimmiges Gebrumm.

„Ich denke, wir alle stimmen Nashville und Cheyenne zu. Doch habt ihr Ideen, warum es diese Probleme gibt?“

„Vielleicht waren die Pläne nicht einwandfrei?“ Idaho verpasste seinem Freund Boise eine saftige Kopfnuss. „Meine Pläne sind immer perfekt! Also wenn du deinen Kopf behalten willst, pass auf, was du sagst!“

Eine kühle Stimme erklang. „Das könnte ich dir auch sagen, mein Freund.“ Oregon stand fies grinsend hinter den beiden. Wie immer spielte er mit einem Feuerzeug und die Zigarette im Mundwinkel wackelte bei jedem Wort sanft auf und ab. „Es ist schon seltsam, dass ausgerechnet du als einziger nicht von der Polizei verhört wurdest.“

Idaho begann zu zittern. „Das ist nicht dein Ernst. Ich hatte nur Glück, weil ich nicht direkt vor Ort war.“

„Extrem viel Glück.“ Mit diesen Worten verliess der Blonde mit der Zigarette Idaho und Boise und trat zu Salem.

„So könnte ich bei vielen von euch nachfragen. Wir sind zu selbstsicher geworden und das muss sich ändern, denn wenn wir dümmer werden, muss dies nicht bedeuten, dass auch die Polizistenhunde es tun.“

Er blickte in die Runde, dann begann das Ende seiner Zigarette aufzuleuchten.

„Ich bitte euch hier, vorsichtig und wachsam zu sein und die Idee mit dem Verräter nicht ganz aus euren Köpfen zu verdammen, auch wenn es weh tut, einen Freund und Kumpanen zu verdächtigen.

Doch wir haben zu lange ausgeharrt und gearbeitet um die glorreiche Schwarze Organisation wieder zu Leben zu erwecken. Wir werden auch diese Krise ausstehen.“

Jubelschreie erklangen und man rief Oregons Namen.

Dieser grinste selbstzufrieden und verliess den Raum. Salem folgte ihm mit ihrem Blick, doch er sah nicht zurück.
 

Da sass sie in Jeans und Rollkragenpullover, mit dem Glas in der Hand und grübelte vor sich hin.

„Was hast du dir von dieser Versammlung eigentlich erwartet?“, fragte eine melodiöse Stimme. Salem war zu deprimiert um bei Nebraskas Worten in Rage zu geraten.

„Eine Lösung.“

„Eine Lösung? Von dem Haufen? Es gibt nur wenige in der Gruppe, die wirklich gut sind und nicht nur Sand im Kopf haben.“ Nebraska setzte sich ihr gegenüber, auch sie mit einem Longdrink in der Hand.

Salem verzog abschätzig den Mund. „Ein Margaritha? Du bist nie von deinem alten Namen losgekommen, meine Liebe…Und dann ist es noch so ein normaler Drink.“

Gedankenverloren strich sie mit dem Zeigefinger über den Rand des Glases.

Nebraska verzog ihre schmalen Lippen zu einem Grinsen. „Die Vergangenheit hat auch schöne Aspekte und der Margaritha gehört ganz gewiss dazu.“ Sie nahm einen Schluck und stellte das Glas auf den schwarzen Lacktisch. „Und manchmal hat das Simple auch seinen Reiz.“

Ihr Lächeln schrumpfte, verschwand jedoch nicht ganz aus ihrem Gesicht.

„Zurück zur Versammlung. Welche eigenen Ideen hattest du?“

„Als ob ich dir diese erzählen würde!“

„Kein Grund gleich so frostig zu reagieren. Du machst deinem Bundesstaat alle Ehre. Regen und Kälte, egal wann, zu welcher Jahreszeit.“

Salem schnaubte. „Und du mit deinem prärie-trockenen Humor… Dir kann doch egal sein, was ich für Probleme habe!“ Sie war wütend.

Nein, wütend war gar kein Ausdruck. Sie verabscheute diese Frau, die sich immer so schlau und selbstbewusst gab und alle überheblich musterte. Sie hasste ihr schwarzes Haar, ihre grünen Augen und das bleiche Gesicht.

Nebraska blieb stumm, sodass Salem ruhiger meinte: „Allerdings hat die Idee mit dem Verräter etwas, was mir gefällt. Die Sache in Zürich war hirnlos und das wusstest du schon, bevor du Honolulu und Hawaii dorthin geschickt hast.“

Es war heikel, dieses Weib darauf anzusprechen, doch Salem konnte es sich nicht verkneifen.

Ihre Gegnerin schien im ersten Augenblick überrascht zu sein. Solch eine direkte Frage hatte sie von Salem nun doch nicht erwartet.

Sie spielte mit dem Glas und nahm einen Schluck. „Die beiden haben Probleme verursacht. Du weißt, dass sie in meiner Gruppe waren und dort haben sie leider grosse Scherereien gemacht. Colorado wird dir dies bestätigen können.“

Die Braunhaarige brummte. „Der frisst dir sowieso aus der Hand.“ Sie war es Leid mit Nebraska zu zanken. Vor allem, da die andere sowieso immer eine faule Ausrede bereit hatte und log wie gedruckt.

„Was die Pläne betrifft, hatte ich mich allerdings geirrt.“ Salem starrte zu Nebraska, deren grüne Augen in Dunkeln katzenhaft leuchteten. „Ich dachte wirklich, das FBI sei nicht so blöd gewesen und habe nur an einem Ort die Pläne für die Waffen gelagert. Aber wenigstens konnten Honolulu und Hawaii dies noch für mich herausfinden, bevor sie gefasst wurden.“

„Also keine Kopien?“

Nebraska schüttelte traurig den Kopf und Salem glaubte ihr, ausnahmsweise.

„Dann müssen wir uns etwas anderes suchen. Allerdings wären sie das Mittel zum endgültigen Erfolg gewesen, so wie vor einigen Jahren die Atombomben.“

Die Schwarzhaarige warf ihrem Gegenüber einen abschätzigen Blick zu: „Willst du die Atomwaffen zurück?“

„Wofür hälst du mich? Meine Urgrosseltern sind in Hiroshima umgekommen, ich verabscheue Atombomben und alles, was irgendwie damit zu tun hat!“ Sie schnaubte. „Aber mit diesen sanfteren Waffen hätten wir viel Geld einnehmen können. Erpressung wäre möglich gewesen oder just der Verkauf von einigen Stücken…“ Sie verlor sich in ihren Gedanken. Sie würden einen anderen Weg finden um reich zu werden. Sie und Oregon…

„Ich störe dich ja in deiner Traumwelt, aber was hälst du…“ Nebraska zögerte, beendete ihren begonnen Satz dann doch: „von diesem jungen Detektiven, der nun wieder aufgetaucht ist?“

Salem strich eine Falte auf ihrer Jeans glatt. „Du meinst Silver Bullet? Ich hatte immer Angst, dass er unsere neue Organisation zerstören könnte und wir haben ja alle mit vereinten Kräften nach ihm gesucht. Aber jetzt… Selbst wenn er immer noch aussieht wie ein kleiner Junge, ist er alt und zerbrechlich geworden. Die Sache mit seiner Geliebten… Glücklicher Zufall, dass sie in dem Feuer umgekommen ist.“

Nebraska schwieg. Glücklicher Zufall?

„Warum fragst du mich das überhaupt?“ Sie kniff die Augen zusammen. „Es ist bekannt, dass du auf diesen ehemaligen Meisterdetektiven nicht gut zu sprechen bist...“

„Gewisse Leute in der Organisation glauben, dass seine Rückkehr unsere Missgeschicke ausgelöst hat.“

Salem begann zu lachen. „Wir waren ja erst dafür verantwortlich, dass er aufgekreuzt ist! Wir haben ihn unterschätzt, sonst wäre Michigan nicht gefasst worden, aber...“ Sie nahm einen Schluck ihres Drinks und dachte nach. „Andererseits ist da etwas Wahres...“ Sie verschwieg den Rest ihrer Überlegungen. Schliesslich erhob sie sich.

„Ich verabschiede mich jetzt. Oregon muss mit mir einige Dinge besprechen...“

Nebraska nickte ihr stumm zu und die Braunhaarige verliess steckengerade und stolz den Aufenthaltsraum.
 

Sie blickte ihr nach. Was für armes Geschöpf sie eigentlich ist. So hübsch und klug, lässt sich aber auf den falschen Mann ein.

Oregon. Sie gehorchte ihm und erfüllte ihm den einen oder anderen Wunsch, doch dies tat sie nur für ihren Traum. Sie hatte ihn so unter Kontrolle.

Die Tür öffnete sich. Nebraska begann zu lächeln, als sie zwei warme Hände auf ihren Schultern spürte und lehnte den Kopf zurück. Ein paar tiefdunkle Augen musterten sie, auf Colorados Gesicht erschien ein verschmitztes Lächeln.

Wie immer trug er eine schwarze Schirmmütze, die die Hälfte seines blassen Gesichts beschattete. Sie sah seine geschwungene Nase, die breiten Lippen und das spitze Kinn. Auf der rechten Wange glänzte silbern eine Narbe, die von der Mundecke bis zum Auge verlief.

Er sagte nichts, sein Lächeln reichte ihr und sie drückte ihm ein Küsschen auf den Mund. Dann erhob sie sich und nahm seine Hand.
 

Colorado war ein schweigsamer Zeitgenosse. Er sprach kaum, hörte dafür umso besser zu und speicherte aufmerksam jedes gesagte Detail. Belauschte Gespräche konnte er wortgetreu wiedergeben, einen Plan, den er wenige Sekunden gesehen hatte, wusste er beinahe perfekt aufzuzeichnen. Ein Talent, wie es im Buche stand.

Still gingen sie nebeneinander her durch die Strassen der Stadt.

Es war ein ruhiges Viertel. Der Tempel auf der anderen Strassenseite beruhigte Nebraska, sie blieben stehen und blickten hinüber. Es war, als kehrte man der lärmigen Metropole den Rücken und flog einige Jahrhunderte in die Vergangenheit zurück. Es wurde langsam Herbst. Die Bäume im Tempelpark verabschiedeten sich langsam von den gefärbten Blüten, die, vom Wind getragen, auf die Erde flogen. Noch war der Boden nur von einer dünnen Schickt aus Orange und Gelb bedeckt, die jedoch bald dicker werden würde.

Da standen sie schweigend und liessen die Ruhe auf sich einwirken. Ein grober Wind kam auf, Nebraska fror und sie gingen weiter zu ihrer Wohnung.

„Lebt das Mädchen immer noch bei dir?“

Sie nickte. Ihr Freund musste diese Frage beschäftigt haben, sonst hätte er nicht gefragt.

„Du solltest sie frei lassen.“

Verblüfft musterte sie ihn. „Warum? Sie ist Teil meines Plans...“

Colorado schwieg eine Weile. Sie kamen an unzähligen Häuserblocks vorbei, an grauen Katzen und braunen Hunden, an Grossmüttern und kleinen Grundschülern und an Abfalleimern und Blumengärten.

„Mit ihr kann ich Kudô erpressen“, fügte sie nach einer Weile hinzu. Colorado schüttelte leicht den Kopf. „Warum hälst du sie so lange gefangen?“

Ihr wurde es langsam zu bunt. „Bist du eifersüchtig oder warum fragst du plötzlich so viel?“

Ihre Stimme war lauter geworden, drohender, doch der Mann an ihrer Seite liess sich davon nicht beunruhigen. Er seufzte und sprach soviel, wie noch nie in ihrer Gegenwart.

„Mir geht es um dich.“ Colorado blickte sie fest an und blieb stehen. „Du hälst dieses Mädchen seit einigen Monaten gefangen, nur um diesem Detektiven eins auszuwischen. Ich verstehe deinen Zorn, auch ich bin in dieser Gruppe und will nicht dazugehören und ich freue mich auf den Augenblick, indem wir beide befreit sind.“ Er stockte kurz, erzählte dann weiter.

„Aber du darfst nicht dasselbe tun, was man dir angetan hat. Du hälst das Mädchen fest, dabei kann sie nichts für ihre Lage.“

„Takayoshi...“, flüsterte sie und umarmte ihn.

Er biss sich auf die Lippen, sah sie zuerst traurig, dann etwas zufriedener an.

„Versprich mir, dass du sie bald freilässt.“

Sie nickte, kuschelte sich an ihn.

Dann gingen sie weiter.
 

Colorados Worte brachten sie zum Nachdenken.

Wie so oft fragte sie sich, ob ihr ganzer Plan überhaupt von Erfolg gekrönt sein würde.

Sie spielte ein gefährliches Spiel und wenn Oregon das Vertrauen in sie verlieren würde, wäre es aus.

‚Bleib einfach so cool und gelassen wie Sharon Vineyard’, sagte sie sich dann jeweils selbst.

Sie bewunderte diese Frau für ihren Mut der Organisation den Rücken zu kehren.

Bei der Organisation war Vermouth zu einem Phantom geworden. Öffentlich sprach man von ihr nur schlecht von ihr, weil sie von Innen heraus die Organisation zerstört hatte wie ein elender Apfelwurm.

Heimlich jedoch galt sie als Symbol für Mut.

Nebraska sah sie als Vorbild.

Sie wollte frei sein von der Organisation, die den grössten Teil ihres Lebens bestimmt hatte.

Mit zehn wurde sie zum Eintritt gezwungen, mit 16 erkaufte sie sich ihren Titel.

Der Kaufpreis brachte sie heute noch zur Weissglut.

Alles war sie sich wünschte, war mit Colorado ein ruhiges Leben zu führen.

Auch er – sie war einen traurigen Blick zu ihrem Freund – hatte guten Grund die Organisation zerstören zu wollen. Sie allein kannte seinen Beweggrund.

„Woran denkst du?“, erklang seine ruhige Stimmte.

Sie schüttelte abwesend den Kopf. „Nichts Bestimmtes. Deine Worte von vorhin haben mich zum Grübeln gebracht.“

Er lächelte stumm und sie fuhr fort.

„Ich habe mir überlegt, warum wir das alles machen? Und was wir bisher erreicht haben, wie wir es erreicht haben…“

Colorado fuhr mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand sanft über ihre Nasenspitze. „Du denkst zuviel nach…“

Das liebte sie an Takayoshi. Er hörte zu, brachte sie mit seiner ruhigen Art in die Balance, die sie brauchte und was noch dazu kam, war, dass er ausgesprochen gut küsste.

Es gab einige Menschen, die an ihnen vorbeigingen. Man hörte ein leichtes Lachen, aber Nebraska reagierte nicht darauf.

„Lass uns nach Hause gehen…“, flüsterte er ihr ins Ohr und sie gingen weiter.
 

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Mein schlechtes Gewissen drückt mich so stark, dass ich

mal wieder ein Kapitel hochlade, auch wenn ich immer

noch befürchte, dass es grosse Logikfehler geben könnte. ^^°

Ich sollte nicht immer soviel abändern. xD
 

Ich danke meinen lieben Lesern für ihre unglaubliche Treue!

Nehuschtan bedankt sich auch! xD

*kekse & gummibärchen verteilt*

Liebe Grüsse

taipan

Schachmatt

Die Zeit verging, doch sie fanden nichts. Keine seltsame Firma, kein kurioses Firmengebäude.

Die Laune der Agenten, die zusammen mit Shinichi und Hugh in Telefonbüchern und Verzeichnissen stöberten, wandte sich langsam einem Tiefpunkt zu.

Unauffällig beobachtete Jason seinen ständigen Begleiter, mit dem er seit neustem nun auch ein Zimmer teilte.

Der Engländer war ihm nicht ganz geheuer. Hugh war ein netter Kerl, doch die Art, wie er mit ihm umging, löste in Shinichis Kopf Warnsignale der seltsamen Art aus. Deshalb nahm sich der Detektiv in Acht und liess den gestylten Typen nicht aus den Augen.

„Jason, hast du etwas gefunden?“

Der Angesprochene schüttelte den Kopf. Sie sassen vor ihren Computern und suchten immer noch nach Indizien. „Wie steht’s mit dir?“, fragte er wenig glücklich.

„Sagt dir die Abkürzung >RSA< etwas?“

Erstaunt drehte Shinichi den Kopf. Mit so einer Antwort hatte er nicht gerechnet.

„Kryptologie?“, fragte er vorsichtig.

Hugh nickte. „Wie viel weisst du darüber?“

„Nicht viel. Ich interessiere mich eher für Codes, die ich auch mit meinem Verstand lösen kann. >RSA< ist für Detektive nicht besonders interessant.“

Der Brite grinste und seine grünen Augen funkelten unternehmungslustig. „Das ist ja auch der Grund, weshalb die Erfinder ihr Verschlüsselungsprogramm patentiert haben.“ Er tippte auf seinen Bildschirm. „In der Mathematik gehören Primzahlen zu den meist erforschten Gebieten und trotzdem hat man diese lieben Zahlen nicht im Griff. Mann muss nur zwei genügend grosse Primzahlen nehmen, diese multiplizieren und man hat – zumindest für einige Zeit – ein sicheres Codierungssystem.“

„Ich kenne RSA. Es ist ein äusserst einfaches Verfahren und trotzdem brauchen auch modernste Computer zu lange um den Code herauszufinden. Aber warum erwähnst du jetzt diese Verschlüsselungsmethode?“

Sein Nachbar fuhr sich durch die roten Haare, wobei die Armreife an seinem Handgelenk klirrten.

Nicht zum ersten Mal fiel Shinichi auf, wie seltsam sein ‚Aufpasser’ doch war. Er hatte äusserst androgyne Gesichtszüge, dünne und zerbrechliche Hände, die er auch irgendwie seltsam bewegte.

Er schüttelte den Kopf.

„Was ist los?“

„Wie?“

Grüne Augen. Besorgter Gesichtsausdruck. Hugh sah ihn an, seine Nasenspitze berührte beinahe seine eigene. Erschrocken rutschte Shinichi zurück.

„N-nichts. Also, wie kommst du darauf?“ Der FBI-Agent kaute auf seiner Lippe und irgendwie schien er mit sich oder Shinichis Antwort nicht besonders zufrieden zu sein. Nach einer Weile kam er zögerlich zur Sache.

„Die Firma, welche RSA verkauft, hat als einzige auf der Welt das Recht, diese Art der Codierung zu benutzen. Banken und andere Gesellschaften zahlen grosse Beträge, damit RSA ihnen auf höchstem Niveau die Daten sichert.“ Eine theatralische Pause folgte, in der Hugh erneut auf den Bildschirm tippte. „Hier ist eine Firma, die Millionen für ein Sicherheitssystem vom feinsten ausgegeben hat! Dabei handelt es sich um eine ganz gewöhnliche Treuhand-Agentur.“

„Wie bist du an die Daten herangekommen? Wohl nicht auf der firmeneigenen Homepage, oder?“

„NSA.“

Shinichi blinzelte. „Sag das nochmals, die NSA? Ich dachte, du wärst Brite?!“

Hugh streckte frech die Zunge raus. „Ich bin zwar im Süden Englands geboren, arbeite aber schon lange fürs FBI und habe daher meine Verbindungen zur NSA.“

„Die National Security Agency!”

„Ich dachte, RSA interessiert dich nicht?“, fragte Hugh neckisch. Er wartete den Kommentar nicht ab. „Die NSA hat sich wieder einmal selbst ins Fleisch geschnitten. Ein Kryptologe in Crypto City hat dasselbe Verfahren schon Jahre vor Rivest, Shamir und Adleman entwickelt, durfte aber seine Entdeckung nicht an die Öffentlichkeit bringen. Die NSA wollte das neue System selbst nutzen, um ihre Daten zu sichern. Leider kamen bald darauf diese drei und gründeten ihre Firma, die mit dem RSA Verfahren ihre Gewinne erzielte.“

„Und trotzdem sammelt man Daten über Firmen und ihre Aufträge an die RSA?“, fragte Shinichi. „Sie hätten doch eigentlich gar nicht das Recht dazu?“

Hugh nickte. „Die NSA ist nicht nur auf nationaler Ebene tätig. E-mails, Telefonleitung und anderes wird ständig überwacht – auch das Netz in Europa steht unter heimlicher Überwachung.“

Conan dachte nach. Da gab es also eine Treuhand-Gruppe, die für das höchstmögliche Sicherheitssystem Geld ausgegeben hatte. Für eine Agentur dieser Art ungewöhnlich.

„Kuronichi & Son“, las er, wie sich die Firma nannte.

„Genau!“, stimmte ihm Hugh zu. „Auf jeden Fall ein Hinweis, bei dem sich eine Kontrolle lohnt, nicht wahr?“

Shinichi nickte. „Ausserdem enthält der Name bereits einen Bestandteil, der auf die Männer in Schwarz hinweisen könnte.“

Der Engländer blickte ihn verwirrt an. Obwohl er nun schon einige Wochen im Land der aufgehenden Sonne befand, waren seine Kenntnisse was die Sprache betraf, dürftig.

„Der erste Teil bedeutet auf Japanisch Schwarz“, fügte Jason hinzu. „Wieso bist du eigentlich nach Japan gekommen?“

Zum ersten Mal seit er Hugh kannte, kroch ein trauriger Schatten über seine sonst so fröhlichen Züge.

„Ich brauchte einen Neuanfang...“ Er warf einen undeutbaren Blick auf Jason, dann fuhr er fort: „Mein Freund hat mich betrogen und ich konnte nicht mehr dort leben, wo ich zuvor gewesen bin.

Ich wollte ein völlig neues Leben beginnen, in einem ganz anderen Land. So bin ich in dieses Projekt gekommen.“

Jason blinzelte. „Ich verstehe, was du meinst.“

„Also, dann lass uns unsere Entdeckung dem Chef mitteilen!“

Der fröhliche Hugh war wieder da und man hatte beinahe den Eindruck, als wäre es nie anders gewesen.
 

***
 

Der Hinweis wurde dankbar angenommen und verfolgt, da es praktisch das Einzige war, was sie in der Hand hatten.

Eine Firma, die so viel Geld für ein Sicherheitssystem der Extraklasse ausgab, wo ein normaler Safe gereicht hätte, war äusserst mysteriös.

Gleich sofort wurden einige Agenten in Zivil losgeschickt um diese Agentur genauer unter die Lupe zu nehmen.

„Du bleibst hier.“ Unsanft wurde Shinichi aus dem Auto gezogen. Shuichi Akai kümmerte sich nicht um die Blicke, die der Kleine ihm wütend zuwarf.

„Befehl vom Chef. Wenn dich jemand beobachtet und erkennt, ist unsere ganze Arbeit für nichts. Also tu mir den Gefallen und bleib hier.“ Er gab Hugh einen Wink, sodass dieser den Jungen festhielt. Die beiden FBI-Fahrzeuge fuhren davon und verschwanden um die Ecke.
 

„Und was machen wir jetzt?“ Shinichis genervte Kinderstimme erklang plötzlich auf der Strasse.

Der Rothaarige grinste: „Wir haben einen Tag frei bekommen. Nachdem wir tagelang vor dem Computer gesessen haben, dürften wir uns ein wenig vergnügen.“

„Und wie bitte?“ Der Kleine war wenig begeistert. Viel lieber wäre er den Autos gefolgt und hätte Nachforschungen angestellt, doch solange ihm der seltsame Engländer auf den Fersen war, was an so ein Unternehmen nicht zu denken.

„Wie wäre es, wenn du mir deine Heimatstadt ein wenig zeigen würdest? Seit ich hier in Tokyo bin, habe ich bis auf die U-Bahn von der Arbeit nach Hause nichts gesehen.“

Ein skeptischer Blick, dann ein Schmunzeln. „Das verlangt in der Tat nach einem Rundgang in der Hauptstadt. Eine Schande, dass du bisher nur sowenig gesehen hast, aber das werden wir morgen gleich ändern.“

Er wusste nicht weshalb, aber dieser Typ nahm ihm ein bisschen von seiner Verbitterung ab.
 

Am nächsten Tag standen die beiden ungleichen Menschen früh auf, damit sie auch ja nichts verpassten. Geschickt umgingen sie die Hauptknotenpunkte, die um diese Uhrzeit nur so von Pendlern wimmelten und landeten in Beika, dem Quartier, in dem Shinichi aufgewachsen war.

„Eine ruhige Gegend, aber was machen wir hier?“

„Ich habe hier ziemlich lange gelebt, aber das ist nicht der Grund. Einige Strassen von hier entfernt gibt es ein Restaurant mit fabelhaftem jap. Essen. Wir werden nachher viel herumrennen, daher schlage ich vor, dass wir zuerst reichlich frühstücken.“

Hugh nickte und sie betraten das freundlich wirkende Lokal. Der Engländer hatte seinen kleinen Freund gebeten, dass sie heute nur japanische Dinge essen würden und er war gespannt auf das Frühstück.

Sogleich kam ein eifriger Kellner und führte sie an einen Tisch in der Ecke, nachdem sie ihre Schuhe am Eingang zurückgelassen hatten.

Shinichi bestellte und beobachtete grinsend, wie Hugh die unbequeme Lage auf den Tatami einnahm.

„Das brauchst du nicht zu tun.“

„Warum nicht? Die Frau dort im Kimono sitzt auch so auf den Knien.“

Der Kleine lächelte. „Männer sitzen im Schneidersitz.“ Er deutete auf sich. „Frauen sitzen auf den Knien, zumindest am Anfang. Nach einer Weile ändern sie meistens ihre Lage ein bisschen.“

Hugh sagte nicht mehr, aber er war erleichtert, dass er in den Schneidersitz wechseln konnte.

Der Lärm der Strasse drang nur undeutlich durch, klang weit entfernt. Der ganze Raum war in blassen Farben gehalten und man fühlte sich gleich geborgen.
 

An den Wänden hingen weisse Schriftrollen mit Weisheiten und Zen Sprüchen, zwischendurch sah man Ikebanakunstwerke zwischen zwei Tischen.

Dann kam das Essen. Verdattert starrte der Europäer auf das Tablett vor ihm. „Das… ist euer Frühstück?“

Conan nickte. „Ich esse eigentlich immer Toast, aber so ein Frühstück nach alter Tradition ist zwischendurch auch ganz lecker.“ Die Miso-Suppe dampfte vor sich hin, der Reis strahlte weiss in seiner Schüssel. Mit Heisshunger sagte er: „Ittadakimasu“ und legte los.

Der Englänger packte vorsichtig die Stäbchen, an deren Gebrauch er sich immer noch nicht richtig hatte gewöhnen können. Dann zielte er ein Stückchen Fisch an.

„Pass auf, die haben viele Gräte“, sagte Shinichi, der sich gerade etwas Gemüse in den Mund stopfte.

Hugh ass vorsichtig und musste zugeben, dass das Essen gar nicht einmal so übel schmeckte. Nur die Kirschen, die in der Mitte des Tisches in einer Schale lagen, waren ihm eindeutig zu sauer.

Conan wartete geduldig, bis sein Kollege auch das letzte Reiskorn noch mühsam aus der Schüssel gefischt hatte, dann bezahlte er und die beiden verliessen das Lokal.
 

***
 

„Hallo Takagi, was treibst du denn hier?“, wollte der Gefängniswärter am Empfang wissen.

Der Polizist zeigte ihm sein Schreiben und Ken Nakamura starrte erstaunt auf das Papier. „Was willst du denn bei der? Der Fall ist doch schon längst abgeschlossen...“ Wataru Takagi schüttelte seine Hände abwehrend. „Es gibt ein paar Ungereimtheiten in der Akte, die ich überprüfen muss. Nichts Schlimmes also.“

Der Wärter nickte. „Dann komm mal mit.“ Er führte den Gast durch verschieden Gänge, eine Treppe hinauf, die andere wieder hinab, dann wieder drei Stationen mit dem Lift. Takagi wusste bereits nach kurzer Zeit nicht mehr, wo der Weg zurück entlang gegangen wäre.

Dann landeten sie in einem grossen Raum, der von einer Glasscheibe in zwei Hälften geteilt wurde. In der Mitte stand ein Tisch mit entsprechender Öffnung im Glas, damit man mit den Insassen auch sprechen konnte.

Takagi setzte sich geduldig auf den Stuhl auf seiner Seite und wartete. Nach ein paar Minuten öffnete sich die Tür am anderen Ende des Saales und eine hübsche Frau in grauer Kleidung trat ein. Der Eingang hinter ihr verschloss sich sofort. Als sie seinen verdatterten Blick bemerkte, kam sie mit einem Lächeln näher.

„Sie sind alt geworden, mein lieber Kommissar.“

‚Sie..sie sieht noch genau gleich aus wie auf dem Bild von der Festnahme. Wie ist das möglich?’

Chris Vineyard setzte anmutig sich auf den Stuhl und blickte ihn keck an. „Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?“

‚Wataru, nimmt dich zusammen!’, schalt er sich selbst. „Um ehrlich zu sein: Ja.“

„Dabei sind sie doch Cool Guy bereits über den Weg gelaufen, sonst wären sie nie hier her gekommen.“

Eigentlich hatte er ihr ja Fragen stellen wollen um seinen bereits schon riesigen Berg an ungeklärten Tatsachen zu mindern. Doch wie so oft spielte ihm das Schicksal einen Streich und diese Frau verlängerte die Liste.

„Wie...woher wissen Sie das?“

Chris grinste und zog einen leichten Schmollmund. „Selbst ich darf hier Zeitung lesen. Er ist zurück nach Japan gekommen und kurz darauf tauchen sie bei mir auf, nachdem sich die Polizei Jahre lang nicht um mich gekümmert hat? Ein Zusammenhang liegt da nicht weit.“

Stimmt, sie hatte Recht. In diesem Fall war eine Schlussfolgerung nicht schwer zu ziehen.

„Also, worum geht es?“

Takagi zögerte. „Ich wollte ein paar Informationen über die Organisation. Sie scheint wieder aufgetaucht zu sein.“ Dann fügte er hinzu: „Gab es damals Mitglieder, die nicht geschnappt wurden und die sie kannten?“

Chris lächelte. „Klar gab es die.“
 

***
 

„Sag mal, Jason, hattest du schon Sex?“

Der Junge neben ihm verschluckte sich und begann zu husten. „Hey,hey…“ Hugh schlug ihm vorsichtig auf den Rücken und nahm ihm die Dose mit Zitronentee aus der Hand. Sie sassen auf einer kleinen Bank in der Nähe des Tokyo-Towers, den Hugh unbedingt hatte sehen wollen.

„Was sollte diese Frage?“, wollte Jason wissen und starrte auf den Rothaarigen neben sich.

Dieser verzog keine Miene. „Es war eine einfache Frage.“

„Das geht dich nichts an.“

„Warum nicht?“

„Weil das meine Privatsphäre ist. Auch wenn wir vielleicht zusammen in einer Wohnung leben, gibt es bestimmte Bereiche aus meinem Leben, die niemanden etwas angehen.“ Nach einer Weile fügte er hinzu: „Wie kommst du überhaupt auf so etwas?“

Hugh zuckte mit den Schultern und gönnte sich einen Schluck Cola aus der Dose.

„Du faszinierst mich einfach.“

Jason erstarrte und blickte verdattert zu seinem Kameraden hinüber. „Wie soll ich das bitte verstehen?“

Hugh seufzte. „Ist das so schwer? Ich mag dich und will verstehen, wie du dich fühlst.“

Der Junge blinzelte. „Und.. um mich zu verstehen stellst du mir solche Fragen?“

Der Engländer wurde etwas rot und trank wieder einen Schluck.

„Tut mir Leid, war vielleicht nicht der richtige Einstieg.“

Shinichi schwieg, er hatte keine Lust irgendetwas über sich zum Besten zu geben. Er betrachtete die Leute, die an ihnen vorbeigingen. Pärchen, die sich zärtlich bei der Hand nahmen oder Gruppen von Mädchen, die kichern nebeneinander her gingen. Irgendwie hatte er das Gefühl in einer riesigen Luftblase festzustecken, währenddem die Welt um ihn herum alterte und ihren Lauf nahm. Die Zeit in ihm blieb stehen, während sie die anderen Menschen weiterzog.

Hugh seufzte. „Obwohl ich nun schon einige Wochen mit dir zusammen arbeite, hast du noch kaum etwas gesagt oder von dir erzählt. Warum bist du so verschlossen? Nur wegen deiner Grösse?“

Ein ernster Blick folgte: „Nicht nur. Ich habe vor kurzem erst den wichtigsten Menschen in meinem Leben verloren und zwar wegen der Organisation.“

„Irgendwann braucht man aber einen Neuanfang und vielleicht könnten wir beide…“ Hugh seuftze: „Hast du etwas gegen Homos?“

Er wollte endlich wissen, ob Jasons distanzierte Haltung daher rührte.

Der Junge zog die Augenbraue kraus. „Ich habe nichts gegen Homosexualität, nicht im Geringsten. Wir Japaner sind da nicht so streng wie gewisse westliche Kulturen…“ Jason kratzte sich am Kopf. „Zumindest sieht ein grosser Teil der Japaner es nicht so eng.“

Hugh blinzelte und der Kleine fuhr betrübt fort: „Aber du wirst für mich immer nur ein Freund bleiben, Hugh.“

Der Engländer biss sich auf die Lippen. Jason blickte ihn traurig an. „Ich würde dir gerne helfen, aber ich kann nicht. Ich liebe eine Frau und daran wird sich nie etwas ändern. Falls du aber irgendetwas brauchst oder mit jemandem reden willst, kannst du mich jederzeit rufen. Sofern ich etwas tun kann, musst du es mir sagen.“

Hugh wandte sich ab. Der Engländer erhob sich schweigend, warf die leere Dose in den nächsten Eimer und schritt davon. „Ich seh’ mich ein bisschen um.“ Bevor Jason auch nur etwas sagen konnte, was sein Arbeitskollege zwischen den Menschenmassen verschwunden.

Der Kleine fluchte leise, aber er meinte es nicht wirklich so.
 

„Du faszinierst mich einfach.“

„Ich mag dich…“
 

Was sollte er machen?

„Hugh…!“ Keine Antwort, die namenlose Masse glitt an ihm vorüber. Einige Augenpaare wanderten zu ihm, er kümmerte sich nicht um die mitleidsvollen Blicke.

‚Wieso machte ich immer alles falsch? Ich hätte doch nie gedacht, dass er in mich…’

Er rannte zwischen den Beinen hindurch. In seinem Kopf dröhnte es.
 

„Wenn es um Liebe geht, schaltet er wie ein Nashorn…“
 

Sonoko hatte durchaus Recht gehabt. Zu spät erkannte er die langen Beine vor sich.

Ein kurzer Schrei, er spürte weiche Haut unter sich und Stoff. „Kannst du nicht aufp-…“ Die Stimmte stoppte ihren Zornausbruch, wurde sanft.

„Hast du dir weh gemacht, Kleiner?“ Vorsichtig bewegte er sich und er erkannte, in wen er gerannt war.

Es war eine hübsche Frau um die 25 Jahre, wie er schätzte. Sie hatte gefärbtes, blondes Haar und schien aus einer reichen Familie zu stammen, denn ihre Accessoires stammten allesamt aus bekannten Modehäusern.

Jason schüttelte den Kopf, dann kratzte er mit der Hand verlegen seinen Hinterkopf. „Tut mir Leid, ich habe nicht aufgepasst.“ Die Gesichtszüge der Dame entgleisten. „Conan…“ Sie hatte geflüstert, doch er hatte es sehr wohl verstanden.

Das war jemand, den er kannte!

Er lachte so kindlich wie möglich. „Ich heisse nicht Conan, sondern Takehiko! Wie kommst du auf so einen seltsamen Namen?“ Schritte erklangen.

„Sonoko, wo hast du solange gesteckt? Ich habe auf dich gewartet!“

‚Sonoko…?’ Verdattert starrte Jason von der Frau zu dem Herren, der auf sie zukam. Auf der Stirn, oberhalb des rechten Auges, hatte er ein Pflaster.

Makoto.

„Tut mir Leid, ich bin mit diesem Kleinen hier zusammengestossen.“ Sonoko war anscheinend zur Überzeugung gelangt, dass ihr erster Eindruck nicht stimmen konnte. Schliesslich musste Conan jetzt etwa zwanzig Jahre alt sein. Makoto half ihr und dem Jungen auf, Dabei fiel etwas zu Boden, silbern und glänzend und Jason bemerkte, dass der Zusammenstoss ihm wohl das Armband vom Handgelenk gerissen hatte.

Hastig griff er danach. Als er das kühle Metall auf seiner Haut spürte, erstarrte er.

Er blickte auf seine linke Hand. Ein Bild schob sich über seine Hand, Feuerszungen und unglaubliche Hitze. In all den Flammen eine Hand, doch sie passte nicht auf seine, war nicht kongruent.

Weil es eine rechte Hand war.

Im wurde unglaublich heiss.

„Junge, ist alles in Ordnung?“ Makotos Stimme riss ihn aus seinen Grübeleien. Er nickte vorsichtig, entschuldigte sich nochmals für seine Unvorsichtigkeit und verabschiedete sich dann von ihnen.

Die rechte Hand in der Feuersbrunst konnte nicht die Rans gewesen sein, denn sie hatten abgemacht, ihr Armband nur an der linken Hand zu tragen.

Ein Hoffnungskeim bildete sich in seinem leergefegten Herzen.

‚Die Tatsache, dass diese Leiche das Armband rechts trug, zeigt, dass jemand anderes als Ran aus irgendeinem Grund das Band geöffnet hatte.

Die erste Möglichkeit wäre, dass das Band abgefallen ist wie bei mir zuvor und der Täter wollte es einfach wieder an den richtigen Ort hängen. Ist allerdings unwahrscheinlich, denn bei brennender Umgebung denkt man nicht an solche Details.

Es scheint also wichtig gewesen zu sein, dass diese Leiche das Armband anhatte.’

Traurig blieb Jason vor einem Geschäft stehen.

‚Die zweite Möglichkeit wäre also, dass man mir zeigen wollte, dass es sich bei der Leiche um Ran handelt. Ich sollte sehen, dass sie tot ist. Es durfte keine Hoffnung für mich geben.’ Er seufzte und ging weiter. Ran war nicht einfach in den Flammen umgekommen. Es hatte einen Täter gegeben, der sich versichert hatte, dass das kleine Mädchen auch mit Sicherheit tot war.’

Er wurde wütend, weil ihm dieser Sachverhalt nicht schon früher aufgefallen war. Es änderte zwar nichts an der Tatsache, dass seine Ran tot war und doch wurde sein Zorn auf die Organisation noch gesteigert.

‚Und was, wenn man dich nur glauben lassen wollte, dass dieser Arm dort Rans ist?’, sagte seine innere Stimme. Er schüttelte den Kopf. Unmöglich, er machte sich nur wieder unnötig Hoffnungen.
 

***
 

Sie blickte nachdenklich auf die Stelle, an der der Kleine im Gewühl verschwunden war.

„Was ist los?“ Makoto trat hinter sie, stützte sein Kinn auf ihre Schultern und sie rieb ihr Gesicht an seinem.

„Der Junge war seltsam.“

„Findest du?“ Er runzelte die Stirn, versuchte seine Erinnerung zurückzurufen. „Ich fand ihn normal.“

Sonoko schüttelte den Kopf. „Ich weiss nicht, was es ist, doch irgendwie wirkte er zu erwachsen.“

Makoto schob seine Brille zurecht. Nun, die Kleider waren schon etwas seltsam. Und er hatte extreme Ähnlichkeit mit diesem Jungen, der bei deiner besten Freundin gelebt hat und immer dabei war…“

„Conan.“

Selten hatte er sie so nachdenklich erlebt. Ihr Mund war ein Strich, ihre Augen starrten immer noch verwirrt in die Menge.

„Vielleicht war es nur ein Zufall. Es gibt ja Eltern, die ihre Kinder in Samurai-Kleidung stecken, um Traditionen zu bewahren.“ Er wusste, sein Einfall klang nicht besonders überzeugend, doch etwas Besseres fiel ihm so auf die Schnelle nicht ein.

Schliesslich wandte sich Sonoko ab. „Komm, wir gehen.“ Sie setzte eine fröhliche Miene auf, doch ihr Freund kannte sie genug um zu wissen, dass sie besorgt war.
 

***
 

Nachdem er Hugh über eine Stunde lang gesucht hatte oder versucht hatte ihn per Mobiltelefon zu erreichen, gab er auf. Er hoffte einfach, dass sich der Engländer nicht in der Grossstadt verlief, denn in der U-Bahn war es gar nicht so leicht sich zurechtzufinden, wenn man die Zeichen nicht lesen konnte. Jason beschloss selbst ein bisschen durch die Strassen zu wandern und er merkte, wie sehr im Japan gefehlt hatte. Er war lange fort gewesen.

Er schlenderte von Geschäft zu Geschäft und liess seine Gedanken kreisen. Waren seine Überlegungen, was das Armband betraf, richtig gewesen?

Ein CD-Shop fiel ihm auf und er betrat den geräumigen Laden. Es gab nicht nur japanische und amerikanische Musik, sondern man fand auch Alben von Koreaner, Chinesen oder anderen Asiaten.

Jason wusste nicht, weshalb er jetzt eigentlich hier hineingekommen war. Singen konnte er immer noch nicht und was so toll daran war den ganzen Tag mit den Kopfhörern im Ohr herumzumarschieren, konnte er auch nicht verstehen. Und doch…

Er schlenderte zwischen den Gestellen hindurch und versuchte, die Titel der CDs zu lesen. Wie so oft ärgerte er sich über seine nicht vorhandene Grösse.

Dann stutzte er. War das da oben nicht die CD, die Anchee so gemocht hatte? Er versuchte sie zu erreichen, doch gewöhnlich kam er nicht heran.

„Kleiner, kann ich dir helfen?“, fragte neben ihm eine freundliche Stimme. Der Verkäufer sah auf ihn herunter und lächelte. Jason liess das Kind in sich heraus: „Ja, Onkel! Ich möchte meiner Schwester diese CD kaufen, aber ich komm nicht heran!“

„So?“ Er holte sie herunter und reichte sie ihm. „Kannst du sie dir denn leisten? Importprodukte sind nicht gerade billig und dieser Sänger stammt aus Taiwan.“

Mit Unschuldsmiene antwortete Jason: „Ich glaube schon, ich habe lange gespart.“ In seinem Innern grinste er. Wenn der wüsste, dass er mit seinen Fällen schon lange sein eigenes Geld verdienen konnte. Auch wenn er nicht so aussah – arm war er sicherlich nicht.

„Na dann, brauchst du sonst noch etwas?“ Jason schüttelte den Kopf und folgte dem Verkäufer. Mit dieser CD wollte er sich etwas kaufen, dass ihn an die Lins erinnerte. Die CD war gar nicht so teuer, er bezahlte und verliess mit seiner neuen Errungenschaft das Musikgeschäft.

In einem Park holte er die frisch gekaufte CD aus der Tüte und betrachtete skeptisch den jungen Mann auf dem Bild. Er trug einen purpurnen Anzug und eine weisse Krawatte, sein Blick ging in die Ferne. Im Hintergrund stand ein grosser Flügel in Schwarz und eine seltsame Kulisse aus einer vergangenen Zeit. Vögel schwebten als schwarze Schatten in der Luft. Er drehte die CD um, ein anderes Bild. Derselbe Mann, nun in glänzendem graubraunen Anzug und wieder dieser abwesende Blick. Jason musste schmunzeln, als er den Hintergrund erkannte. Eine der vielen schmalen Kanäle Venedigs lag im Schatten, der Sänger stand in einer der typischen Gondeln.

Er warf nochmals einen Blick auf das vordere Bild. ‚Piazza San Marco’, dachte er und stopfte die CD zurück in die Tasche.

Ihm kam da eine Idee…
 

***
 

Er war wütend, und zwar auf sich selbst. Wie konnte er so blöd sein? Klar, dass Jason so seltsam auf seine Fragen reagierte. Die Leute um ihn herum warfen sich heimliche Blicke zu, als er an ihnen vorbei schritt, junge Schülerinnen kicherten. Ihm war es egal, er fühlte sich trotz der grossen Menschenanzahl einsam. Überall standen Kanji und Kana, die er doch kaum lesen konnte, Autos rauschten vorbei.

‚Tom, was soll ich tun, hm?’ Wie so oft begann er in Gedanken mit seinem besten Freund zu sprechen. Nein, nicht sein bester Freund, seine grosse Liebe.

Er war der Grund, weshalb er sich hatte nach Japan versetzen lassen. Tom war tot, Selbstmord. Es war zwar schon ein Jahr her, doch Hugh sah immer noch den Leichnam vor sich.

Doch das erste Mal seit langem verblasste die Erinnerung an die blinden Augen, die ihn fragend und vorwurfsvoll anstarrten. An die Stelle trat das Gesicht eines Kindes. Eher bleiche Haut, dunkles Haar und aufmerksame, blaue Augen.

‚Hugh, das kannst du nicht machen, das ist…’ War es wirklich schlimm, wenn er Jason liebte? Klar, äusserlich war der Japaner ein Kind, doch innerlich… Vielleicht konnte er ihm helfen, über seinen Verlust hinweg zu kommen?

Er schüttelte traurig den Kopf. Die Abfuhr vorhin war eindeutig gewesen.
 

Hugh hatte vor einer Woche bemerkt, dass ihm dieser kleine Junge nicht mehr aus dem Kopf ging.

Es war ihm peinlich, aber oft war er extra im Flur herumspaziert nur in der Hoffnung Jason kurz zu begegnen. Wenn dies dann der Fall war, grinste er danach für eine Stunde herum und brachte diese dämliche Grimasse nicht mehr von seinem Gesicht.

Er freute sich, wenn sie zusammenarbeiteten. Er war glücklich, wenn sie abends in ihrer Wohnung noch ein bisschen miteinander sprachen.

Wenn er nur schon den Namen Jason hörte, spürte er, wie sein Herz anfing zu rasen.

War das normal?
 

Schon vor Jahren hatte er akzeptiert, dass er war wie er war. Es hatte lange gebraucht, doch er kämpfte nun nicht mehr gegen sich an. Er liebte Männer, da konnte er nichts ändern.

Am Anfang hatte er es ja versucht und sich gezwungen eine Freundin zu haben. Doch irgendwie hatte er sich dabei nie wohl gefühlt. Frauen waren für ihn gute Freundinnen, mit denen man sich über Kleidung und Mode oder Musik unterhalten konnte. Aber er war nicht fähig eine von ihnen zu lieben – es wäre einer festen Freundin gegenüber auch nicht fair, da er ihr nur etwas vormachen würde.

Und nun verliebte er sich in diesen Jungen, der keiner war und trotzdem…
 

Verzweifelt liess er sich auf einer Bank in der Nähe des Tokyo-Tower nieder. Der rote Eisenklotz erhob sich gross übern den Häusern.

Es war angenehm ruhig in diesem Park. Spazierwege schlängelten sich durch das Gelände und Bäume standen schützend daneben.

Lachend ging ein Ehepaar mit den zwei Kindern an ihm vorbei. Hugh wurde wieder nachdenklich.

Tom hatte sich erschossen. Und nun konnte er nicht mit Jason zusammen sein.

Was machte er falsch? Bei anderen klappte es doch auch?
 

***
 

Vor lauter Hugh und Tokyo hatte er doch glatt vergessen, was seine eigentlichen Pläne gewesen waren.

Grinsend hüpfte er von der Bank und begab sich zum Ausgang des Parks.

Er war seinen Bodyguard los.

Shinichi wusste, dass es gemein war so zu denken. Er hatte Hugh einen Korb verpasst und dachte jetzt nur an die Organisation. Doch er hatte sein Menschenmöglichstes getan um den rothaarigen FBI-Agenten wieder zu finden, ohne Erfolg.

Er lenkte seine Schritte in Richtung der U-Bahn. Die Züge ins Firmenviertel waren kaum besetzt und er konnte sogar einen Sitzplatz erhaschen.

Wie weit war das FBI wohl schon gekommen? Hatte es sich bei der seltsamen Treuhand AG um einen Treffer gehandelt?

Conan hoffte es. Er wäre der erste Hinweis seit Langem und würde die Suche nach Schwachpunkten der Organisation entscheidend vorantreiben.

Allerdings war er immer noch der Meinung, dass er sich fangen lassen musste. Ihm gefiel es nicht, dass so viele Mitglieder in der letzten Zeit ins Netz gingen, nachdem Jahre lang einfach nichts passiert war.

Und die Sache mit Ran… Irgendjemand spielte mit anderen Karten. Wieso sonst hätte man ihn aus dem lodernden Feuer gerettet?

Es machte keinen Sinn.
 

Seine Station wurde ausgerufen und er stieg aus. Nachdenklich schlenderte er durch den Bahnhof. Dann traf ihn halb der Schlag.

‚Anwaltskanzlei Kisaki & Detektei Môri…’, dachte er verblüfft. Die beiden hatten also hier, am anderen Ende von Beika, zusammen ein Büro belegt.

‚Wenigstens bei ihnen hat das Schicksal seine guten Seiten gezeigt’, dachte er und blieb einige Augenblicke nachdenklich vor dem freundlich wirkenden Haus stehen. Die Fenster waren hell erleuchtet, das Gebäude war sauber verputzt und stand in einer ruhigeren Gegend von Beika und dennoch war es mit den öffentlichen Verkehrmitteln leicht zu erreichen.

„Shinichi…?“ Er drehte sich überrascht um. Da stand Eri, mit Einkaufstüten in der Hand und sah ihn an. Sie war älter geworden und trotzdem immer noch eine Schönheit. Sie strahlte Stärke aus, Selbstbewusstsein und eine Weisheit, die ihn sprachlos machte.

„Was machst du hier?“ Sie stellte ihre Last ab, ohne ihn aus den Augen zu lassen.

Er erwiderte ihren Blick. „Ich bin zufällig vorbeigekommen und habe dann die Namen dort oben gesehen.“

Eri nickte. Auf den zweiten Blick wirkte sie müde und erschöpft. Sie suchte den Hausschlüssel in ihrer Handtasche und schloss die Tür auf. „Willst du mit hinauf kommen?“

Diese Frage erstaunte ihn, er nickte langsam. Sie drückte ihm eine Tasche mit Milch und Gemüse in die Hände, nahm den Rest und begab sich in die Wohnung. Shinichi folgte. Er war verunsichert.

Eri hatte ihn zwar nicht extrem freundlich begrüsst, doch ihre Frage hatte ihn doch verblüfft. Er wackelte mit seiner Einkaufstüte in die Küche, wo er Eris schlanke Gestalt sehen konnte. „Stell es hier auf den Tisch.“

Vorsichtig hievte er seine Ladung auf die hochgelegene Platte, wobei er sich zum x-ten Mal fragte, warum Küchentische immer so kinderunfreundlich gebaut wurden.

„Danke dir!“ Er wandte sich um, Rans Mutter packte geschickt die gekauften Dinge in die jeweiligen Schränke. Es war eine grosse, neue Küche mit unglaublich viel Platz. Alles glitzerte und war sauber geputzt.

In Shinichis Vorstellung hörte er Ran lachen, er sah sie in dieser Küche herumtanzen. Die Geräusche von einem Messer drangen an sein Ohr, mit dem Ran Gemüse zerschnitt.

Er schüttelte den Kopf und verdrängte die Gedanken.

„Schöne Küche…“, meinte er leise und Eri sah auf. Sie hatte schon fast alles verstaut.

„Du scheinst erstaunt zu sein, dass ich dich hoch gebeten habe…“, sagte sie und blickte ihn nicht unfreundlich an. Er nickte, bei Rans Mutter hatte er keine Chance irgendwie seine Gedanken zu verbergen.

„Schon…“ Nach einer Weile fügte er hinzu: „Es tut mir Leid, was…mit Ran passiert ist. Ich hätte besser…“

Eri unterbrach ihn. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Sowohl Kogoro als auch ich wissen, wie viel Ran dir bedeutet hat. Ihr Tod schmerzt uns und am Anfang war ich sehr zornig auf dich, doch ich hatte genug Zeit um nachzudenken…“

Sie machte eine Pause, sah ihn aufrichtig an und ging in die Knie. „Ich finde, dass zumindest wir drei wieder miteinander reden sollten, wenn du schon mit deinen Eltern Probleme hast.“

Shinichi fiel aus allen Wolken.

Um ehrlich zu sein, hatte er gar nicht darüber nachgedacht, wie Rans Eltern ihm in Zukunft entgegentreten würden. Automatisch hatte er ihnen dasselbe Verhalten zugeteilt, dass er schon bei seinen eigenen Eltern gesehen hatte.

Eri schien zu spüren, wie es ihm ging. „Es ist sonst schon schlimm genug, wenn man einen geliebten Menschen verliert. Ich möchte dann zumindest mit dir ein gutes Verhältnis haben, sodass wir normal miteinander sprechen können. Immerhin warst du der letzte, der noch bei Ran war und mit dir wollte sie leben…“

Er blinzelte, dann huschte ein kleines Lächeln über sein Gesicht.

„Danke.“

Eri lächelte. „Willst du Fotos von Ran sehen? Sie hat sich in den zehn Jahren deiner Abwesenheit sehr verändert.“ Er nickte und folgte Rans Mutter ins Wohnzimmer.

Eri hatte einen guten Geschmack und Shinichi wusste, woher Ran ihren Stil hatte. Die Möbel waren modisch, die ganze Wohnung hell und freundlich dekoriert. Trotzdem entging ihm ein leichter Duft nach Tabak nicht. Kogoro rauchte also immer noch.

„Du kannst dich auf das Sofa setzen, ich hole die Alben.“
 

Wenige Augenblicke später sass er zusammen mit Eri auf dem Sofa und erlebte Stück für Stück Rans Leben mit. Der Abschlussball an der Oberschule, die Uni-Zeit, Urlaubsfotos und der Einzug in einer Wohngemeinschaft. Er sah wie sie richtig erwachsen wurde und selbstständig ihr Leben meisterte.

Es tauchten auch Fotos auf, auf denen sie neben Männern in die Kamera strahlte.

„Sie hatte auch zwei feste Freunde. Wusstest du das?“

Shinichi nickte stumm. „Sie hat es mir erzählt. Ich mache ihr keinen Vorwurf, immerhin hielt sie mich ja für tot. Es wundert mich eher, dass eine Schönheit wie sie nur so wenigen Männern den Kopf verdreht hat.“ Ein verlegenes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.

„Nun, es hat auch sehr lange gedauert, bis sie überhaupt jemanden an sich ran gelassen hat“, meinte Eri leise.

„Dieser junge Mann hier, Tetsuo Furukawa, ist Anwalt. Mit ihm war sie ein halbes Jahr zusammen, dann wollte sie nicht mehr.“

„Wieso nicht?“

Eri musste lachen, als Conan sie mit grossen Kinderaugen ansah. „Er war ihr zu langweilig. Ich erinnere mich noch an ihre Worte:“
 

Mama, Tetsuo ist zwar ein netter Kerl, aber er ist mir einfach zu normal. Ausserdem ist es ihm gegenüber nicht gerecht, weil ich ihn immer noch mit Shinichi vergleiche.
 

„Bei Michiko Takeda war es dasselbe. Ran hat einmal einen Detektiv geliebt und kam nicht mehr davon los.“

Dann schwiegen sie eine Weile und Foto um Foto wurde interessiert von Shinichi betrachtet.

Nun kannte er zumindest einen kleinen Teil von Ran Vergangenheit, Rans Erzählungen und diese Fotos hier.

Schliesslich waren die Alben durchgesehen und Eri stellte sie zurück ins Regal. Shinichi folgte ihr mit seinem Blick. Auf dem Regal stand ein Bilderrahmen mit einem weiteren Foto darin. Neugierig hopste er vom Sofa und trat näher.

Verblüfft starrte er auf die Fotografie. Sie zeigte zwei Kinder im Alter von sieben oder sechs Jahren. Der Junge hatte dunkles zerzausten Haar und blaue Augen. Irgendwie sah er nicht besonders kindlich aus, die Emotionen in seinem Gesicht wirkten zu erfahren, zu erwachsen.

Neben ihm auf einer Parkbank sass ein hübsches Mädchen mit langen braunen Haaren und einen fröhlichen Gesichtsausdruck. Sie trug ein blassrosa Kleid und strahlte zu ihrem Liebsten herüber, genau wie auch er zu ihr hinlächelte. Auch das Mädchen wirkte älter und erwachsener.

„Ihr habt ein Foto von mir und ihr hier, als wir beide geschrumpft waren?“ Shinichi konnte es immer noch nicht glauben. Das Foto war vom Professor aufgenommen worden, als sie einen Tagesauflug zu den Kirschblüten gemacht hatten. Es war einer der schönsten Tage gewesen, die er mit ihr zusammen verbracht hatte.

„Ran war damals mit dir am glücklichsten. Nur mit dir hat sie so gelacht.“ Eri strich ihm über den Kopf. „Ich bin erleichtert, dass sie dich gefunden hat und nochmals für ein paar Monate glücklich sein konnte.“
 

Die Berührung am Kopf war seltsam. Normalweise hasste er es so behandelt zu werden, weil es ihn nur noch mehr an seinen Kinderkörper erinnerte.

Doch irgendwie war es schön, dass jemand ihn auch so akzeptierte. Von Eri hatte er so ein Verhalten nicht erwartet. Er hatte Ran auf dem Gewissen, man hatte sie umgebracht, weil er damals im Tropicalland zu neugierig gewesen war.

Eri nahm ihn an wie ihren Schwiegersohn, nahm ihn als Teil der Familie auf und schien auch die letzten Abneigungen gegen ihn abgeschafft zu haben.
 

Schritte auf der Treppe erklangen und kamen näher. Die Tür öffnete sich und ein sichtlich müder Kogoro schleppte sich in die Wohnung.

„Mensch, war das ein Theater heu-…“ Als er Conan sah, verstummte er. Es verging eine Weile, in der sich die beiden Männer anstarrten.

Kogoro sah gut aus. Zumindest war er rasiert und trug saubere Kleidung. Man sah zwar, dass er in letzter Zeit nicht viel geschlafen hatte, doch die Zeit mit Eri tat ihm sichtlich gut.

„Ah, du bist wieder da…“, sagte er schliesslich und schloss die Tür hinter sich. „Freut mich, dass es dir besser geht.“

Shinichi nickte leicht. Er war erstaunt, wie freundlich Kogoro zu ihm war. Andererseits hatte er ausser kleinen Streitereien keine grossen Probleme mehr mit dem ehemaligen Polizisten gehabt, nachdem die ganze Sache damals aufgeflogen war.

„Wie läuft es mit der Detektei?“, fragte er und schaute sich dabei erneut im grossen Wohnzimmer um. Rans Vater grinste. „Die Frage hatte ich erwartet. Es läuft gut, deine Tipps von damals haben mir geholfen.“

Eri lächelte. „Er trinkt nicht mehr soviel wie früher, nur noch ein Gläschen Wein oder Sake zwischendurch.“

Shinichi nickte anerkennend. Er freute sich, dass es den Môris so gut ging.

„Und wie geht es dir, Kudô?“ Kogoros Gesicht war ernst, als er diese Frage aussprach. „Wir haben uns Sorgen gemacht, als du plötzlich aus dem Krankenhaus verschwunden warst. Und deine Eltern auch.“

Der Junge steckte gedankenverloren die Hände in die Hosentaschen. „Mir geht es soweit etwas besser, ich arbeite beim FBI.“ Dem zweiten Teil von Kogoros Bemerkung liess er bewusst keinen Kommentar folgen.

Eri und ihr Mann beliessen es dabei, machten keine weiteren Aussagen über seine Eltern.

Er schätzte dies sehr. Rans Vater hatte etwas gesagt und nun überliess er den Rest Shinichi.

Schliesslich war der Junge alt genug um zu entscheiden, wie er weiterfahren wollte.
 

***
 

Takagi liess sich erschöpft ins Auto fallen. In seinem Kopf donnerte ein schweres Gewitter, er brachte diese vielen Informationen einfach nicht so zusammen, so dass sie Sinn machten. Oder anders formuliert: Er konnte die Puzzleteile nicht so anordnen, dass ein logisches Gesamtbild entstand.

Er wusste nicht einmal, ob er überhaupt schon alle Stücke beisammen hatte.

Und wie er an andere Lösungsteile kommen sollte.

Chris Vineyard hatte ihm einige Dinge über die frühere Organisation erzählt, allerdings hatte sie als Gefängnismitglied nicht viel über die neue Organisation gewusst. Nur ein paar Namen hatte sie erwähnt, die er sich hastig notiert hatte.

Aber was brachten Namen von damals, die heute niemand mehr kannte?

Identitäten liessen sich abstreifen wie eine alte, enge Schlangenhaut.

Wataru begann sich zu fragen, ob sie überhaupt eine Chance hatten diese Organisation auszuheben. Sie arbeiteten Tag und Nacht, suchten Spuren und doch waren am Ende immer die auf der Seite des Bösen im Vorteil.

Er seufzte, dachte an Miwako. Immer wieder wiederholte sich die Szene in seinem Kopf, doch er wollte jetzt nicht an sie denken.

Er startete den Wagen und fuhr los. Es war später Nachmittag, der Verkehr hielt sich in Grenzen. Takagi lenkte den Infini sicher durch die Strassen und dachte nach. Eine Ausfahrtstafel kam in Sichtweite. ‚Beika?’, dachte der Polizist und folgte einer Eingebung folgend dem Pfeil.
 

***
 

In seiner Hosentaschen begann sich etwas zu drehen und zu wenden und wie wild zu leuchten. Schnell holte er das nervig piepende Handy hervor, warf einen entschuldigenden Blick zum Ehepaar ihm gegenüber und drückte darauf den Abnahmeknopf.

„Ähm.. hallo?“

Ein Schnauben war zu hören.

„Hugh?“, hakte Shinichi nach.

„Mach keinen Blödsinn, Jason, oder ich verliere meinen Job.“

Shinichi brauchte einen Augenblick um zu begreifen, von was sein Bodyguard sprach.

„Wo steckst du? Ich komme dorthin so schnell wie ich kann.“ Shinichi ging auf, dass Hughs Zorn nicht ihm galt sondern sich selbst. Hugh war wütend auf sich, weil er Shinichi aus den Augen verloren hatte.

Die Stimme des Engländers nahm besorgte Nuancen an. „Bitte Jason, sag nicht, dass du zum Firmengebäude gegangen bist.“

„Das wollte ich zuerst“, gab der kleine Detektiv ehrlich zu. „Nachdem ich dich stundenlang gesucht habe, wollte ich eigentlich dorthin fahren. Allerdings…“ Ein erneutes Schnauben erklang vom anderen Ende der Leitung. „… ich bin zwei Freunden aus meiner Vergangenheit begegnet. Ich bin bei ihnen im vierten Block des Beika Viertels.“ Eine genaue Beschreibung der U-Bahnstationen folgte und Hugh legte zufrieden auf.

„Wer war das?“, wollte Kogoro wissen. Shinichi entschuldigte sich erneut für die Unterbrechung. „Das war Hugh, mein Bodyguard sozusagen.“

Er setzte sich auf das Sofa, von welchem er sich während des Telefonats entfernt hatte, und begann wieder mit seinen Ausführungen.

„Ich sagte vorhin, dass ich beim FBI arbeite…“ Jason konnte nicht verhindern, dass eine Prise seiner negativen Gefühle bei diesen Worten mitschwang. Eri und Kogoro blieb dies nicht verborgen.

Rans Vater runzelte die Stirn. „Inwiefern … arbeiten?“

Shinichi seufzte. „Ich helfe im Team mit. Wir untersuchen Telefonbücher und das Internet um seltsame Gebäude, kuriose Firmen und boykottierende Politiker ausfindig zu machen.“

Kogoro blickte ihn an. „Du klingst nicht gerade zufrieden. Habt ihr etwas gefunden und du durftest nicht mit?“

‚Woher weiss er das?’, fragte sich Shinichi.

Ihm schien die Verwirrung ins Gesicht geschrieben zu sein, denn Kogoro lächelte leicht. „Du solltest mich nicht unterschätzen, Shinichi. Ich kenne dich langsam gut genug um zu wissen, dass du es nicht ertragen kannst, wenn dir die Hände gebunden sind.“ Seine Miene wurde ernst. „Ausserdem haben auch wir uns einige Gedanken über den Brand in New York und dein Auftauchen gemacht. Akai hat dich im Krankenhaus beobachtet und sollte sicherstellen, dass du in Sicherheit bist.“

Eri erzählte weiter: „Daher mussten wir davon ausgehen, dass du immer noch in Gefahr bist. Als du geflüchtet bist, hatten wir alle unglaubliche Angst. Akai war zornig auf sich selbst, Yukiko weinte.“

„Die Erleichterung kam, als Agasa uns alle anrief um zu sagen, dass du für kurze Zeit bei ihm gewesen bist und anschliessend von Black und Akai abgeholt wurdest.“ Kogoro nahm einen Schluck von seinem Tee, dann fuhr er fort: „Dass das FBI dich so sehr schützen wollte, zeigte uns nur noch mehr, dass du in Gefahr warst und es immer noch bist. Ansonsten würden sie dir nicht einen Bodyguard vor die Nase setzen.“

Shinichi grinste schief. „Meine Arbeit beim FBI hat verschiedene Gründe. Wir wissen nicht, ob die Organisation immer noch hinter mir her ist oder nicht. Black ist der Meinung, dass die Männer in Schwarz das Interesse an mir verloren hätten, da ich nicht mehr der einzige bin, der um ihre Existenz weiss.

„Mein Bodyguard soll eher verhindern, dass ich meine eigenen Pläne verfolge und mich dadurch unnötig in Gefahr begebe. Ich habe vorgeschlagen wieder als Lockvogel zu arbeiten, was er jedoch abgelehnt hat.“

Eri sah ihn erstaunt an. „Black will dich also vor dir selbst schützen?“

„Exakt“, sagte Shinichi. „Deshalb war Hugh auch so besorgt, ich hätte unsere neuste Spur verfolgt.“

„Du bist ausgebüchst?“ Eri lächelte und auch Shinichi musste schmunzeln. „Könnte man so nennen…“

Dann wurde er wieder ernst: „Egal ob jetzt Bedrohung von aussen oder durch mich: Black will niemanden im Weg haben und mich auch keiner Gefahr aussetzen.“

„Du solltest ihn verstehen, Shinichi.“ Der kleine Detektiv sah auf in Eris hübsches und mütterliches Gesicht. „Er mag dich und will nicht, dass du aus Rache die Risiken nicht mehr einschätzen kannst. Sobald Gefühle den Verstand zu sehr lenken, ist man nicht mehr fähig die Folgen richtig abzuschätzen. Deshalb halten sich gute Anwälte und Richter auch aus Fällen raus, die sie persönlich irgendwie betreffen.“
 

Shinichi blickte sie stumm an. Er wusste, dass Emotionen den Verstand zu sehr kontrollieren konnten und er hatte auch über diese ganze Sache mehr als genug nachgedacht.

Er war mit seiner momentanen Lage nicht zufrieden, soweit er überhaupt zufrieden sein konnte ohne Ran.

Ohne sie fühlte er sich einfach nicht ganz. Wie Grossvater Lin es ausdrücken würde: Die Harmonie fehlte, seine Seele war aus der Balance gefallen, weil sein Gegenstück, das Yin, abhanden gekommen war.

Shinichi hatte seine Situation verflucht. Er hasste es nichts tun zu können und er verabscheute es ständig observiert zu werden.

Doch andererseits: War es nicht das schlichte Gegenteil von seinem Amerika-Leben?

Hier gab es Leute, die sich um ihn sorgten. Es war nicht nur die Organisation, die sich um ihn kümmerte, sondern auch viele andere Menschen.

Und selbst wenn seine Aufgabe eine lausige und langweilige war: Er hatte etwas zu tun!

Er war wütend auf Black gewesen, weil dieser ihn bewusst in diese unangenehme Position verlegt hatte. Aber Eri hatte recht: Black handelte nicht aus Rache wie er, sondern es war seine Arbeit die Menschen vor der Organisation zu schützen und dabei das Leben seiner Leute – ihn eingeschlossen – nicht zu gefärden.
 

Eri und Kogoro konnten beobachten, wie sich auf Shinichis Gesicht ein verständnisvolles Lächeln bildete.

„Ich danke euch für diesen Denkanstoss…“, sagte er.

Es läutete an der Tür und Kogoro erhob sich. „Das wird Hugh sein!“, rief der kleine Junge und er folgte, wohl wissend, dass Hugh nicht in der Lage sein würde mit Kogoro in Japanisch zu sprechen.

Die Tür öffnete sich, doch sie offenbarte nicht den erwarteten Gast.

Überraschte Schreie erklangen.

„Der Junge!“

Shinichi kniff die Augen zusammen. Vor ihm standen Sonoko und Makoto, die beiden Leute, die er vor kurzer Zeit in der Nähe des Tokyo Towers angetroffen hatte.

Er verzog den Mund zu einer Grimasse. Jetzt konnte er sich mit dem Takehiko-Modus nicht rausreden – sein Besuch hier bei Rans Eltern legte sämtliche seiner Schauspielkünste schachmatt.
 

***
 

Sie sah ihm an, was er dachte. In diesem wissenden Grinsen stand seine Niederlage geschrieben: Kudô musste

sich zu erkennen geben. Sonoko lächelte: „Du weißt genau, dass ich dir die Kind-Nummer nicht noch einmal glauben würde, nicht wahr, Kudô-kun?“

„In der Tat.“ Er sprach wie ein Erwachsener und blickte sie an, wie sie es von Shinichi gewohnt war.

Trotzdem jagte ihr dieser Anblick einen eiskalten Schauer durch den Rücken.

„Sonoko, war redest du da?“ Makoto stellte eine reine Allegorie der Verwirrung dar. Seine Augen huschten zwischen seiner Freundin und dem kleinen Jungen hin und her, die Augenbrauen waren chaotisch hochgezogen und der Mund zu einer Frage halb geöffnet.

„Kommt mal herein, ihr beiden…“, sagte Kogoro und hielt die Tür einladend auf, sodass die beiden Besucher die Wohnung betreten konnten.

Shinichi zauberte ein anerkennendes Lächeln auf sein Gesicht. „Ich hatte erwartet, dass dir die Sache nicht ganz koscher vorkommt, doch dass du mich so schnell erkannt hast, zeugt doch von einer schnellen Auffassungsgabe.“

Sonoko streckte ihm die Zunge raus. „Auch wenn du mich stets für beschränkt gehalten hast: Auch ich habe schon ein paar Fälle als Detektivin gelöst!“

Der Angesprochene warf Kogoro einen fragenden Blick zu. Dieser rollte mit den Augen und verzog den Mund zu einem Ausdruck, der dem einer schlafenden Person nah kam.

‚Sie weiss also nicht, dass ich die vielen Fälle damals in ihrem Namen gelöst habe…’, dachte Shinichi.

„Konkurrenz belebt das Geschäft…“, sagte er daraufhin mit einem süffisanten Lächeln.

Sonoko schnaubte, was den kleinen Detektiven sofort an das Telefonat mit Hugh erinnerte.

„Ausserdem…“, Sonoko sah ihn forschend an. „Du hast vorhin auch gar nicht versucht diesen bekannten Shinichi-Kudô-Blick von deinem Gesicht zu tilgen. Selbst mit Kindergesicht erkannte man dich sofort…“

„Ist dem so, ja?“ Eri und Kogoro nickten einstimmig, sodass Shinichi resignierend einlenkte.

Er musste wohl wieder etwas an der Kinderrolle feilen, sonst fiel gleich jedem Trottel auf, dass er kein Grundschüler mehr war.

Makoto meinte säuerlich: „Ich versteh immer noch Bahnhof.“ Sein von Vorwürfen gespickter Blick galt hauptsächlich Sonoko und Shinichi stellte amüsiert fest, dass der gute Makoto wohl etwas eifersüchtig war.

Er trat auf den für ihn hünenhaften Mann zu und bot ihm die Hand an.

„Gestatten, Kudô Shinichi. Meines Zeichens Detektiv.“ Er fügte hinzu: „Du wirst mich allerdings eher unter dem Namen Edogawa Conan kennen.“

Makotos Augen weiteten sich.

„Das ist ein Scherz, oder?“ Er starrte den Jungen vor sich an.

Dieser schüttelte den Kopf. „Ich bedaure, nein.“

„Aber, wie ist das möglich? Du…“ Er verstummte, begann von neuem: „Vor zehn Jahren hat doch Ran gesagt, ihr Freund Kudô Shinichi sei tot! Und diese beiden Kinder sind auch verschwunden…“

Sonoko flüsterte: „Dieses Mädchen damals… Sie war Ran, nicht wahr?“

Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

„Wie ist es möglich, dass du…“, fragte Makoto und ging in die Knie um auf einer Augenhöhe mit Shinichi zu sein. „Du bist doch eigentlich gleich alt wie wir…“

Ein gequältes Lächeln erschien auf Shinichis Gesicht. „Wäre ich, ja…“

Warum bereitete es ihm nach zehn Jahren immer noch Probleme darüber zu sprechen?

Immerhin hatte er ja Zeit gehabt damit fertig zu werden?
 

Er schalte sich selbst. ‚Sei ehrlich zu dir, Kudô. In Amerika hast du dich versteckt und deswegen bist du auch geflüchtet.

‚Aus Angst davor, dass alle aus deinem Umfeld plötzlich von deiner ewigen Schrumpfung erfahren. Du hattest Angst ständig darauf angesprochen zu werden, ständig daran erinnert zu werden…’
 

Es war seltsam für ihn, plötzlich so vielen alten Gesichtern aus der Vergangenheit zu begegnen.

Und das Ganze ohne Ran an seiner Seite.

Er schloss die Augen kurz. ‚Du stehst das durch…’, sprach er sich selbst Mut zu.

„Ich bin leider durch ein Gift dazu gezwungen worden, diese Gestalt anzunehmen. Leider ist es jetzt zu lange her und ich kann nicht mehr in meinen alten Körper zurück.“ Er sah auf.

Sonoko erbleichte. „Du bleibst…?“ Ihre unvollständige Frage wurde von einem bitteren Lächeln seinerseits

beantwortet.

Es blieb still. Die Anwesenden starrten auf nicht vorhandene Punkte, alle waren angespannt.

„Wollt-, wollt ihr etwas trinken?“, unterbrach schliesslich Eri die Stille.

Sowohl Sonoko als auch Makoto nickten dankbar und nahmen die Tasse mit Tee entgegen, die Rans Mutter ihnen anbot.

Shinichi wurde langsam unruhig, was Hugh betraf. Es waren schon über 40 Minuten seit dem Telefonat mit ihm vergangen und selbst mit Hughs Unfähigkeit sich im japanischen U-Bahn-System zurechtzufinden, müsste der Rothaarige langsam aber sicher eintreffen.

Shinichi hatte ihm genau erklärt, welche beiden Linien der Brite nehmen musste.

Er zupfte immer wieder sein Handy hervor, doch das Display blieb leer.

Kein Anruf, keine Nachricht.

„Shinichi?“ Sonoko kam auf ihn zu und ging wie Makoto zuvor in die Knie. Der kleine Detektiv schätzte diese Geste, weil er den Hals nicht immer so sehr recken musste.

„Ran ist dir doch gefolgt, nicht wahr?“

Er nickte. „Sie hat mich im Übrigen auch gefunden, wenn du das wissen willst.“

Die Millionärstochter nickte nun ebenfalls. „Es beruhigt mich, dass sie wenigstens dann noch einmal glücklich sein konnte, nachdem sie ihre ganze Jugend halb trauernd verbracht hat.“

Shinichi antwortete nicht. Er hatte plötzlich einen dicken Kloss im Hals.

Heute hatte er soviel von Ran erfahren und er fürchtete, dass langsam sein Pensum an Ertragbarem gefüllt war.

Es erschien ihm aber herzlos einfach davonzugehen.

„Wir waren glücklich, wir beide….“, flüsterte er. Dann zog er entschuldigend sein Handy hervor und rief Hugh an. Es nahm niemand ab. Endlos piepte der Anrufton, doch der Besitzer des Telefons hob nicht ab.

Er blickte auf die Uhr und beschloss, allein heim zu gehen.

Die Nachricht auf Hughs Anrufbeantworter war schnell gesprochen, dann wandte er sich den vier Personen im Wohnzimmer zu.

„Ich sollte langsam zurück. Nicht, dass Black noch ein Suchkommando nach mir ausschickt…“

Er fühlte sich müde.

Dieser Überfall von Niedergeschlagenheit und Erschöpfung kam langsam.

„Aber ich hatte noch…“

„Du siehst nicht gut aus, Shinichi…“, unterbrach Eri Sonoko.

Der Angesprochene schüttelte den Kopf. „Ich bin nur etwas müde, hatte einen langen Tag hinter mir. Wir werden uns sicher wieder sehen – das Gespräch heute war …“, er suchte nach dem richtigen Ausdruck, blieb dann doch bei einem schlichten Wort: „…schön…“ Sein Lächeln kam vom Herzen.

„Soll ich dich heimfahren?“, wollte Kogoro wissen.

Shinichi lehnte ab.

Er wollte allein sein, ausserdem würde die Reise per U-Bahn nicht lange dauern.

Er verabschiedete sich von allen, dann liess er diese Gemeinschaft aus der Vergangenheit hinter sich zurück.
 

***

„Wir sollten Yukiko und Yusaku anrufen. Sie sollen wissen, dass es ihm soweit gut geht und dass er hier in Tokyo weilt.“

Nachdem auch Sonoko und Makoto gegangen waren, sassen die Anwältin und der Detektiv auf dem Sofa. Sie lag in seinem Arm und nippte zwischendurch an einer heissen Tasse Tee, er spielte gedankenverloren mit einer ihrer Haarsträhnen.

„Bist du dir sicher, dass er das will?“, wollte Kogoro skeptisch von Eri wissen. Diese zuckte mit den Schultern.

„Zumindest…“, begann sie ohne ihre Gedanken weiter zu erläutern.

Kogoro nickte. „Ich verstehe, was du meinst. Sie sollen sich zumindest keine Sorgen machen müssen.“

Eri drückte ihrem Mann einen Grünteekuss auf die Wange. Dieser liess sich dies gerne gefallen und lächelte.

Nach einer Weile siegte dann doch die Neugier: „Was wollte Sonoko eigentlich?“

Eri schmunzelte, wurde aber gleich wieder enst: „Sie ist heute bereits einmal mit Shinichi zusammengestossen. Zuerst dachte sie, es sei Conan und…“ Sie runzelte die Stirn. „Die ganze Sache hat sie verwirrt und sie wollte mit uns darüber sprechen.“

Danach sprachen sie nicht mehr. Sie sassen da aneinandergekuschelt im Halbschatten und liessen ihre Gedanken kreisen.
 

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Als Dank für eure Loyalität kommt hier ein - so wie ich hoffe - langes Kapitel.

Bitte entschuldigt die lange Wartezeit und die mangelnde Qualität meiner Geschichte. Zwischen den ersten und den letzen Zeilen dieses Kapitel liegen 1 1/2 Jahre: Also nicht erstaunt sein, sollte der Schreibstil oder die Logik stark in entgegengesetze Richtungen peilen.

Ich hoffe, es gefällt euch und bin wie immer

für Kommentare, Kritik, Verbesserungsvorschläge, Fragen, Hinweise zu haben.
 

Frohe Ostern, ihr Lieben!

Zaijian!

taipan
 

P.S. Update: Schlimmste Fehler sollten fürs Erste in diesem Kapitel getilgt sein. ^^°°

Misstrauen & Menschenfreund

„What the Heck…?“ Hugh blieb irritiert stehen und musterte den Plan vor sich. Während er flüchtig die verschiedenfarbigen Linien der U-Bahn unter die Lupe nahm, lauschte er angestrengt.

„Warum soll ich zu Kuronichi kommen?“ Der Rothaarige musste sich zusammenreissen um weiter unauffällig den Stadtplan zu mustern. Einige Meter von ihm entfernt telefonierte ein junger Japaner mit dunklen Haaren, rundem Gesicht und einfältigem Gesichtsausdruck. Seltsamerweise sprach er Englisch und gab Hugh damit die Möglichkeit etwas zu verstehen.

„Aber…“ Lange wurde wieder am anderen Ende der Leitung gesprochen und Hugh hörte nichts.

„Aber die Polizei…“ Laut kam die Antwort und der Japaner zuckte zusammen. „Ja, selbstverständlich. Ich komme sofort. Sag Oregon, er kann auf mich zählen.“

Das Telefonat wurde beendet und der Japaner begab sich in den unteren Teil des Umsteigebahnhofs. Hugh dachte fiebrig nach, wie er das Organisationsmitglied verfolgen sollte. Schliesslich wollte er doch Jason abholen.

Er war sich sicher, dass der bleiche und leicht einzuschüchternde Japaner in der neuen Organisation tätig war. Der Staat Oregon in seinem Gespräch war zu auffällig gewesen.

Kurz dachte er noch nach, dann spielte er den erfreuten Amerikaner, der endlich seine richtige Linie im Chaos der japanisch beschrifteten U-Bahnen gefunden hatte und folgte dem Japaner.

Während er im Gewühl den anderen beobachtete, schrieb er Jason eine Nachricht. Es tat ihm weh, wenn er an den Jungen dachte, aber eine solche Chance würde sich ihnen nicht ein zweites Mal bieten.

„Ich habe die falsche Linie erwischt und bin in einem tollen Geschäft gelandet. Wir treffen uns bei uns in der Wohnung, ich bringe etwas mit.“ Er würde Jason nicht erzählen, auf was für eine Spur er gestossen war. Es war entschieden zu gefährlich für ihn.

Danach schickte er SMS an James Black, Shuichi Akai und Jodie Saintemillion, wo er seine Entdeckung so kurz wie möglich schilderte. Immer wieder warf er Blicke zum Japaner, der wieder telefonierte. Da es allerdings in Japanisch war, konnte er nichts verstehen und konzentrierte sich daher auf seine zu verschickenden Nachrichten.

Er wunderte und freute sich gleichzeitig über diesen Glücksfall. Vielleicht waren noch andere Organisationsmitglieder zur Stelle? Würde es eine Versammlung oder ein Verbrechen geben?

Hughs Hände wurden feucht. Eine neue SMS erreichte ihn. Sie war von Jason.

Zwischen den Zeilen der kurzen Bestätigung konnte der Brite das Misstrauen lesen. Immerhin lebte er nun schon einige Zeit mit dem Japaner in einer FBI-Wohnung und wusste Jason einzuschätzen.

Drei Stationen zogen mit Leuchtreklamen und Lärm vorbei, dann schlüpfte Hughs Objekt aus der Tür. Unauffällig folgte Hugh. Seine Vermutung hatte sich bestätigt: der Japaner näherte sich dem Hauptgebäude der „Kuronichi & Son Treuhand AG“.
 

***

Er war misstrauisch.
 

Äusserst misstrauisch.
 

Grimmig starrte Shinichi auf das Display seines Handys. Die Nachricht wurde dabei von ihm schon längst nicht mehr beachtet, seine Gedanken gingen andere Wege und so langsam aber sicher wurde der junge Detektiv wütend.

Nach dem Gespräch mit den Moris war er eigentlich überzeugt gewesen seinen Frust zu vergessen und in die Zukunft zu blicken. Er hatte beschlossen Black von den Transmittern zu erzählen, sich bei ihm zu entschuldigen. Er hatte sich nie beim FBI dafür bedankt, dass er aufgenommen worden war und selbst wenn ihm ein Bodyguard vor die Nase gesetzt worden war, sollte er sich eigentlich über diesen Job glücklich schätzen.

Aber andererseits störte ihn, dass man immer noch glaubte ihn beschützen zu müssen.
 

Stundenlang war er durch Tokyo gewandert, nichts war ihm zugestossen.
 

Das zeigte wohl eindeutig, dass die Organisation wohl ihr Interesse an ihm verloren hatte. Wem es möglich war eine ganze chinesische Familie mitten im Bundesstaat Washington umzubringen und keine Zeugen zu hinterlassen, hätte man mit Sicherheit auch keine Probleme gehabt ihn in die ewigen Jagdgründe zu befördern.
 

Shinichi hüpfte aus der U-Bahn, schlug aber nicht sofort den Weg zu seinem Apartment ein.
 

Und wenn man ihn wirklich vor sich selbst schützen wollte, dann hatte Hugh mit seiner neusten Aktion nicht gerade ein Meisterwerk der Tarnung vollbracht.
 

Kein Smiley.

Kein schiefer Witz.

Kein Tippfehler.
 

Hughs Kurzmitteilung war so untypisch gewesen, dass Shinichi mit ziemlicher Sicherheit sagen konnte, dass der Brite auf eine wichtige Spur gestossen war und in daher nicht hatte abholen können. Keinen anderen Grund gab es, das sein Bodyguard ihn allein lassen würde, nachdem er ihn beim letzten Telefonat doch so dringlich gebeten hatte sich nicht von der Stelle zu rühren.

Shinichi grinste und ging schnellen Schrittes zu seiner und Hughs Wohnung. Lang würde er sich aber dort nicht aufhalten, denn er musste nur einen seiner Schätze holen.
 

***
 

Colorado blickte mit unbeteiligter Miene auf den Bildschirm vor sich. Nebraska, neben ihm damit beschäftigt mit jemandem zu telefonieren, spielte mit ihren langen Haaren und sprach schnell.

Sie würde heute ihren grossen Coup landen und er würde ihr dabei helfen.

Wenn er es sich so überlegte, hatte er schon ein bisschen Zweifel ob der ganze Plan klappen würde.

Sie mussten ihre neue Organisation aufbauen und nun die Auswahl aus den Mitgliedern, denen sie vertrauten, treffen.

Etwas nervös fuhr er sich mit der Hand durch die Haare und nahm danach einen Schluck Cola.

Nebraska lächelte, als sie ihm einen Blick zuwarf und wandte sich dann wieder voll und ganz ihrem Gespräch zu. Sie konnte nicht verstehen, dass er in wichtigen Augenblicken eine billige Cola nahm, anstatt sich mit seinem alten Namensdrink zu beruhigen.

Im Gegensatz zu ihr hatte er nicht viel für Alkohol übrig.

Alkohol benebelte die Sinne und er war jemand, der ständig alle Augen und Ohren offen halten musste. Da konnte er sich keine Konzentrationsschwäche leisten.

Nebraska beendete ihr Gespräch und setze sich neben ihn in einen Sessel.

„Was grübelst du so, mein Lieber?“

Er antwortete nicht, nahm stattdessen einen tiefen Schluck Cola. Er musste ihr nicht sagen, was ihn nervös machte.

„Wir werden es schaffen. Versprochen.“ Sie lächelte, verstand seine Nachricht ohne Worte. Dann wurde ihr Blick ernst, erschrocken biss sie sich auf die Lippen, dann erhob sie sich schnell. „Ich muss kurz zu ihr.“

Colorado nickte und folgte ihr.

Normalerweise vertraute er Nebraska voll und ganz, doch in dieser Angelegenheit drifteten ihre Meinungen auseinander. Um sie vor dem grossen Coup nicht in Rage zu versetzen, blieb er stumm und schluckte seinen Kommentar hinunter, als sie das Schloss öffnete. Die Besenkammer war kurzfristig zum Gefängnis geworden.

Das kleine Mädchen starrte ihn und seine Freundin an und Colorado wusste sofort, dass dieses Kind ein Opfer von APTX sein musste. Während Nebraska sich über die Kleine beugte, ihr das Tuch von den Lippen wegzog und ihr zu trinken gab, beobachtete er sie. Kudôs Freundin schien seinen Blick zu bemerken, denn sie starrte ihm trotzig, aber auch etwas neugierig entgegen.

„Wie bist du geschrumpft?“ Sie blinzelte, als er ihr diese Frage stellte. Sie war blass, schien ihn wegen der ständigen Dunkelheit in der düsteren Kammer nicht richtig sehen zu können.

„Sprich nur, er wird auf dich aufpassen bis ich mit dem Essen wiederkomme.“

Nebraska rauschte an ihm vorbei, verschwand in der Küche. Er hatte sie gebeten mit dem Mädchen etwas sprechen zu können. Und er würde sie kurz in der Wohnung frei lassen.

„Ich…“ Sie hustete, hatte wohl ihre Stimme schon länger nicht mehr gebraucht. Er trat näher und löste vorsichtig ihre Fesseln. Sie hatte zwar Striemen an den Händen, doch keine schweren Einschnitte.

‚Sie weiss genau, wie sie jemanden die Hände zusammenbinden muss, sodass es keine Verletzungen gibt.’

„Warum wollt Ihr das wissen?“ Er hörte das Schwanken der Stimme, das leise auf und ab.

Das Mädchen verzog den Mund.

Colorado löste das Seil, das um die Füsse gewickelt war. „Steh auf, du kannst dich etwas bewegen.“

Misstrauen blitzte ihm entgegen, doch sie erhob sich trotzdem.

Sie ging vor ihm her und schwankte etwas. Sie fluchte leise, sie musste sich zuerst wieder etwas an ihre neu gewonnene Bewegungsfreiheit gewöhnen.
 

„Nun… dein Name steht in den Akten der alten Organisation bei den „Eliminierten Zeugen“. Allerdings ist es seltsam, dass auch dein Freund auf dieser Liste war und ihr beide überlebt habt.“ Colorado beobachtete, während er weiter sprach. „Vielleicht hat man da ein anderes Gift verwendet?“

Sie zuckte mit den Schultern, während sie im Raum auf und ab ging. Sie hatte keine Lust mit einem Unbekannten über das Schrumpfgift zu unterhalten.

Dann blieb sie in einer Stellung stehen, die wohl aus einer Kampfsportart stammte.

„Ich weiss nicht, worauf Sie hinauswollen.“ In leichten Drehungen bewegte sie ihren Körper, ihre Arme und Beine, ein konzentrierter Ausdruck erschien auf ihrem jungen Gesicht.

„Warum werde ich hier festgehalten? Wäre es nicht einfacher, wenn ich tot wäre?“

Colorado grinste. „Willst du mich auf den Gedanken bringen?“

Sie zuckte zusammen, starrte ihn aufmerksam an. Colorado las in ihrem Gesicht, dass sie sich über ihren selbst zerstörerischen Mut ärgerte und musste lachen.

„Keine Angst, ich wäre der Letzte der dich töten würde. Immerhin versuche ich seit Wochen Nebraska zu überzeugen, dass sie dich frei lässt.“

Absolute Verblüffung starrte ihm entgegen, vermischt mit Misstrauen. Erneut musste er lachen.

„Du hattest Glück, dass du so einem Menschenfreund wie Nebraska begegnet bist und nicht der eigentlichen Organisationsführung.“

Ran schluckte. „Warum erzählen Sie mir das alles? Ich könnte…“

Colorado schüttelte den Kopf. „Wir sind dabei die Organisation zu zerstören um uns unsere Freiheit zu erkaufen. Sollte unser Plan aufgehen, bist du frei und Nebraska wird hoffentlich ihre Rachepläne gegen deinen Freund vergessen.“ Er hielt inne, seine braunen Augen hafteten eindringlich auf Ran. „Sollte unser Plan fehlschlagen, gibt es zwei mögliche Fortsetzungen: Entweder du wirst befreit, dann könntest du uns vielleicht mit deiner Zeugenaussage ein milderndes Urteil verschaffen.“ Sein helles Gesicht wurde kantig, die Stimme tief und drohend. „Oder du kommst in die Hände der Organisation. Dann macht es keinen Unterschied wie viel du weißt, man wird dich umbringen.“
 

Ran, erstarrt zur Salzsäule, brachte keinen Ton heraus. Sie musterte den gross gewachsenen Mann mit der schwarzen Kleidung und erkannte Menschenliebe und gleichzeitig Menschenhass in seinem Blick.

Einen widersprüchlicheren Ausdruck hatte sie nur einmal gesehen.
 

In Shinichis Gesicht, wenn er einen Verbrecher stellte.

Wenn er nicht verstehen konnte, warum der Täter vom gewaltfreien Weg abgekommen war und ein anderes Wesen brutal ermordet hatte.

Und gleichzeitig auch Hass auf sich selbst, weil er nicht schneller, nicht rechtzeitig vor Ort gewesen war.

Vielleicht hätte man das Unglück noch verhindern können.
 

„Warum will…“ Sie stoppte mitten in ihrer Frage, biss sich auf die Lippen. Danach schüttelte sie entschieden den Kopf und stellte ihre Frage zu Ende. „Warum will sich Nebraska an Shinichi rächen?l Ich meine, sie hat mich schon ihm weggenommen, ist das nicht Rache genug?“
 

Sie bemerkte nicht, dass die Person, über die sie gesprochen hatte, im Türrahmen lehnte und sie aufmerksam musterte.

Nebraska sah Takayoshi und die Kleine, beobachtete wie sie miteinander sprachen und spürte plötzlich, was ihr Freund ihr heute Nachmittag und schon Wochen zuvor hatte mitteilen wollen.
 

Sie selbst war aus dem Schoss ihrer Familie gerissen worden. Man hatte ihr ihren früheren Freund gestohlen – einen Verlust, den sie lange nicht verarbeitet hatte. Calvados war Colorado so ähnlich gewesen.

Und nun tat sie dasselbe: Sperrte unschuldige Menschen ein und hielt dieses Mädchen von ihrem Liebsten fern.

„Was glaubst du? Ist Kudô an deinem Verlust zerbrochen oder kämpft er weiter?“, fragte sie.

Ran fuhr herum und schluckte, senkte das Haupt.

Nebraska reichte ihr eines der Sandwichs, die sie soeben zubereitet hatte und wartete geduldig, bis Ran einige Bissen genommen hatte um ihren Magen zu beruhigen.

„Nun?“

Die Geschrumpfte neigte den Kopf abwiegend hin und her.
 

Sie war sich nicht sicher, ob sie diesen beiden vertrauen konnte. Generell war sie argwöhnisch wenn es um Mitglieder der Organisation ging, doch bei Nebraska und dem Schirmmützen-Typ spürte sie eine gewisse Wärme. Sie wurde freundlich behandelt und es wirkte nicht so, als wäre alles nur gespielt.

Konnte sie auf ihren Instinkt setzen?
 

„Eigentlich war er in den letzten Jahren sehr anfällig. Ich habe lange gebraucht um ihn wieder aufzubauen…“, flüsterte sie und nahm hungrig einen grossen Bissen vom belegten Brot.

„Allerdings kann ich mir auch vorstellen, dass er unbedingt die Organisation fassen will…“ Sie schüttelte den Kopf. „Er war früher nicht so. Klar, er konnte auch extrem versessen auf die Lösung eines Falles sein, aber Rache war ihm fremd. Wenn möglich hielt er seine Gefühle aus einem Fall raus…“

Sie fragte sich, warum sie das alles überhaupt erzählte. Vielleicht lag es daran, dass sie so lange nicht über ihre Gedanken hatte sprechen können und nun bot sich ihr dieses seltsame Ventil an.
 

Colorado wandte sich an sie: „Zuerst war er im Krankenhaus, er hat sich danach aber erholt. Heute hat er sich mit deinen Eltern getroffen.“

„Ihr beobachtet ihn?“ Der Gefragte nickte, dann antwortete Nebraska: „Er ist gefährlich, selbst wenn er – wie du gesagt hast – etwas von einem Extrem ins nächste fällt.“ Sie warf Colorado einen bedeutenden Blick zu, sprach dann weiter. „Ich muss ihn im Auge behalten, damit er meinen Plan nicht gefährdet. Umbringen wollte ich ihn damals aber auch nicht. Ich hatte das Gefühl, dass er mir einmal noch nützlich sein wird. Und dann war da noch mein Rachegedanke…“

Dann fuhr sie sich energisch durch die Haare, ihre Ohrringe klimperten. „Nun iss. Ich habe drei Brote gemacht. In einer halben Stunde kommen wir wieder – Flucht ist zwecklos, du bist im 15 Stock.“

Colorado erhob sich, zwinkerte ihr zu und verliess, gefolgt von Nebraska, das Zimmer.

Hinter ihnen ging die Tür mit einem lauten Klicken zu.
 

***
 

Trotz Warnung schaute sich Ran genau im edel dekorierten Schlafzimmer um, nur um nach fünf Minuten eifrigsten Suchens festzustellen, dass die Frau aus der Organisation wirklich recht gehabt hatte.
 

Es gab keinen Balkon, von welchem man zu einem anderen Apartment hüpfen könnte.
 

Geschweige denn ein Fenster, das sich vernünftig öffnen liess. Die Griffe waren allesamt zu hoch für Kinder angebracht und Stühle oder andere Sitzgelegenheiten gab es – wenn man vom Bett absah – nicht.

Dieses jedoch stand an der Wand und es war unmöglich in der Gestalt eines 6-jährigen Mädchens genug Kraft aufzubringen um Gestell inklusive Matratze zum Fenster zu verschieben.

Und die Tür war zwar nicht verschlossen, doch Ran war sich sicher, dass ihre Gefängniswärterin und der Mann diesen Fluchtweg im Auge behielten.

Der Mann würde ihr ja vielleicht die Gelegenheit geben um vorbei zu rennen. Irgendwie schien er sie zu mögen.

Allerdings durfte sie darauf nicht hoffen.

Die zweite und letzte Tür führte zur Besenkammer, welche sie schon zuvor nach Fluchtmöglichkeiten abgesucht hatte. Sie hatte genug Zeit im dem dunklen Raum verbracht und versucht ein Mauseloch zu entdecken.

Vergeblich.
 

Direkte Flucht war also unmöglich.

‚Vielleicht könnte ich mich unter dem Bett verstecken und…“ Ran dachte diese Variante gar nicht weiter.

Sie war nicht schnell genug mit diesem Körper und ihr Plan würde sofort auffliegen.

Resigniert kehrte sie zu ihrem Mahl zurück und machte sich daran die grosszügigen Sandwichs zu essen. Eigentlich konnte sie sich nicht beklagen – die Frau namens Nebraska war äusserst gut zu ihr.

Sie gab ihr regelmässig zu Essen und entschuldigte sich, wenn sie verspätet mit etwas Nahrhaften kam.

Und dieser Mann schien es auch äussert fair mir ihr zu meinen.

Warum sonst würde er ihr soviel erzählen? Und sie hatte seinen ehrlichen Gesichtsausdruck gesehen. Ihm gefiel nicht, dass Nebraska sie hier festhielt, das spürte sie nur allzu deutlich.
 

***
 

„Was hast du jetzt vor?“ Kaum war die Tür zum Schlafzimmer hinter ihnen zugefallen, stellte Colorado ihr diese Frage.

Die Braunhaarige blinzelte und warf ihm einen verwirrten Blick zu.

„Was soll ich vorhaben?“

Er zischte unzufrieden. „Was machen wir mit ihr? Wir können Sie nicht hier lassen, wenn die Aktion schief läuft. Wenn niemand Sie hier findet…“

Nebraska knurrte: „Was kümmert mich dieses Mädchen?! Wir müssen diesen Plan durchziehen und du solltest mir dabei helfen anstatt jetzt noch deine Menschenliebe hervorzukramen. Ich gebe ja zu, ich habe überreagiert, ich hätte sie lieber verbrennen lassen sollen!“

Tiefe Falten erschienen auf Colorados Gesicht. „Das habe ich nicht gesagt. Ich finde nur nicht richtig, dass du sie immer noch festhältst. Du wolltest dich an diesem Kudô rächen, doch anscheinend hat der Kerl im letzten Jahrzehnt keine schöne Zeit verbracht. Es reicht, wie ich finde.

„Sagen wir ihm einfach, er solle sich bei unserer neuen Organisation raushalten und wir werden ihm dafür das Mädchen aushändigen.“

Sie schwieg, runzelte nun ihrerseits die Stirn.

„Ich habe einfach das Gefühl, sie könnte mir noch nützlich sein.“ Sie senkte den Kopf. „Ich hoffe ja auch, dass wir ihr nicht wehtun müssen…“

„Versprich mir, dass du sie gehen lässt, wenn das hier vorbei ist.“

Er trat auf sie zu, er wurde eindringlicher und blickte sie flehend an. „Unser neues Leben soll ohne Leichen im Keller und ohne Probleme aus dem alten Leben sein. Lassen wir sie frei.“

Sie schluckte, dann nickte sie. Sie schmiegte sich an ihn.

Er hatte so Recht.

Wenn alles klappte, würde sie das Mädchen freilassen unter der Bedingung, dass Kudô sie in Ruhe liess.

Allerdings… wenn er nicht wusste, wer seine Freundin entführt hatte, konnte er ihnen auch nichts anhaben.

Warum sollten sie sich noch unnötig mit ihm in Kontakt setzen? Sie konnten Ran auch mit einem anonymen Brief in die Freiheit entlassen.

Ran würde sich zwar an sie erinnern, doch wirklich viel wusste sie auch nicht von ihnen.

Ob er allerdings einfach loslassen würde? Ob er die Jagd auf die Organisation einstellen würde?

Sie wusste es nicht.
 

Irgendwie machte es sie glücklich, dass es zumindest eine Leiche weniger geben sollte. Ja, sie wollte Ran freilassen.

Dann wurde sie wieder ernst, löste sich von Colorado.

„Wir müssen sie wieder fesseln. Und danach beginnt Phase 1.“

Er nickte stumm und sie gingen gemeinsam ins Zimmer zurück.
 

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Ich hatte mir fest vorgenommen bald wieder etwas hochzuladen - nun sind trotzdem schon wieder einige Wochen vergangen. ^^ Auch wenn hier einige ältere Stücke noch drinstecken, hoffe ich, dass die Geschichte klar ist. Sonst fragt bitte, damit ich Problemen vorbeugen kann. xD

Nach den ganzen Gesprächs-Teilen versuche ich etwas Aktion in die Geschichte zu bringen, wobei die Charaktere trotzdem immer noch sehr viel miteinander plaudern werden. xD

Ich danke meinen treuen Kommi-Schreibern! Hoffentlich sehen wir uns auch im nächsten Kapitel wieder - auch Neulinge sind willkommen. ^____^

Zàijiàn!

Schönes Sechseläuten euch allen!

taipan

Perfektionismus & Probleme

Hallo ihr Lieben!
 

In diesem Kapitel geht es etwas um die Gegenseite, die sogenannten "Bösen" oder Antagonisten, wie ich es eigentlich lieber ausdrücke, da in unserer Welt ja die Trennlinie zwischen Schwarz und Weiss eigentlich nie leicht zu ziehen ist.

Oder was meint ihr?

Oder wünscht ihr euch bald wieder etwas Shinichi zurück und habt genug von der Seite der Gegenspieler? ^^

Ich danke euch auf jeden Fall für 20 Kapitel Treue! *Gelati verteilt*

Ich weiss ja, ihr wollt nur lesen und daher werde ich mich auch nicht mehr weiter in Ausführungen verstricken, sondern gebe die Bühne frei!

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Er merkte gleich, dass mit Salem etwas nicht stimmte. Ihre Haltung war nicht so freizügig wie er es von ihr gewohnt war, ihr Parfümduft stimmte nicht mit dem überein, den er normalerweise an ihr wünschte und ihre Haare waren zu einem schlichten Pferdeschwanz zusammengebunden, was er auch nicht ausstehen konnte.

Wie immer holte er sie in ihrer Wohnung ab. Sie schmollte und er wusste nicht ob er sich darüber amüsieren sollte oder ob gerechtfertigter Zorn über ihr kindisches Getue besser angebracht wäre.

Sie folgte ihm brav die Treppe hinab zu seinem Lamborghini, sprach jedoch kein Wort.

Leicht verärgert öffnete er ihr die Tür und stieg nach diesem Gentlemanakt auf der Fahrerseite ein.

„Kannst du mir sagen, warum du ausgerechnet heute…“

Sie unterbrach ihn mit einem beleidigten Schnauben. „Als ob du das nicht wüsstest.“

Der blonde Mann blickte sie von der Seite an. Ihre hübschen Haare kamen durch den elenden Pferdeschwanz gar nicht zur Geltung und ihr Kleid heute war mehr als schulmädchenhaft.

„Habe ich dir Geld gegeben, damit du dir solche Hüllen kaufst?“, fragte er und warf ihr einen nicht gerade freundlichen Blick zu. Sie ignorierte ihn. „Lenk nicht vom Thema ab.“

Oregon reichte es. Er schnappte sich seine Zigarettendose und schlüpfte aus dem Wagen. Die Schlüssel nahm er mit, dann ging er mit grossen, aber ruhigen Schritten fort.

Er hatte keine zehn Schritte hinter sich gebracht, als er ihre Stimme hörte. Nichts war mehr geblieben von ihrem Hochmut, schrill und verzweifelt klang ihre Stimme.

Ja, so mochte er es.

Er drehte sich zögerlich um und sah, wie sie ihn anstarrte. Sie hatte ihren Pferdeschwanz gelöst und einige Knöpfe ihrer Bluse geöffnet.

Salem war sein Spielzeug, das sich einbildete, es könne zwischendurch etwas von seinem Meister verlangen.

Am Anfang hatte er es amüsant gefunden, wenn sie versuchte die Oberhand zu gewinnen und die Katze in ihr zum Vorschein kam, doch immer mehr begannen ihn ihr gespielt wütendes oder schmollendes Verhalten zur Weissglut zu treiben.

Glücklicherweise nahm sie es nie lange mit ihm auf. Oregon war für seine Brutalität bekannt – es war ein Wunder, dass sie jetzt überhaupt noch versuchte sich zwischendurch gegen ihn zu wehren. Er fand es eigentlich interessant mit ihr zu spielen, aber heute hatte sie eine unsichtbare Grenze überschritten.

Er kam zurück, musterte sie. Die Zigarette im Mundwinkel brannte ein bisschen und der Geruch nach Rauch überdeckte den fürchterlichen Duft nach dem seltsamen Parfüm.

Stumm stiegen beide ein – diesmal schloss sie die Tür selbst.

Er schwieg während der Fahrt, hörte nur ihre leisen aber hoffnungslosen Versuche die Tränen zurückzuhalten.

Genervt fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen.

Warum musste sie ausgerechnet heute ihr Theater spielen?

Er hatte andere Sorgen.
 

„Ich… ich…“ Erstaunt hob er eine Augenbraue. Heute bewies sie Durchsetzungsvermögen und eine Sturheit, die ihn verblüffte.

„Warum… warum… die Versammlung…“

Oregon grinste. „Du warst mir wegen deiner Versammlung böse?“

Sie warf ihm einen traurigen Blick zu. „Wie soll ich Akzeptanz bei den anderen finden, wenn ich nicht einmal eine Versammlung selbst führen kann?“
 

Oregon schwieg lange. Salem hatte schon aufgegeben auf eine Antwort zu hoffen, als er den Wagen vor seinen Haus parkte und er sagte: „Es ist wichtiger, dass sie mich akzeptieren und du im Hintergrund die Ohren und Augen offen hältst.“

Salem schwieg und schluckte ihren Zorn hinunter. Mit dieser Ausrede speiste er sie jedes Mal ab, ignorierte ihren Wunsch, an der Macht auch nur ein bisschen beteiligt zu sein.

So folgte sie ihm betrübt aus dem Auto. Der Luxus seines Hauses konnte ihren Blick nicht mehr fesseln, etwas anderes machte, dass sie nicht von Oregon loskam.

Sie hatte das Gefühl die Einzige zu sein, die ihn wirklich verstand. Die Einzige, der er sich wirklich anvertrauen konnte. Sie würde ihn nicht im Stich lassen und schon gar nicht würde sie Nebraska den Sieg überlassen.

„Colorado ist wieder da.“ Verzweifelt versuchte sie ihre finsteren Gedanken zu vertreiben und auch Oregon abzulenken, indem sie ihn in ein lockeres Gespräch verwickelte. Sie reichte ihm den Mantel, welchen er in seiner Garderobe verstaute.

„Hm.“

Verärgert und gleichzeitig traurig über ihren gescheiterten Versuch, blickte sie aus dem grossen Fenster in Eingangsflur. Eigentlich sollte sie es sich ja gewohnt sein, solch einsilbige Antworten zu bekommen.

Wenn man dieses Brummen überhaupt noch als Silbe hatte bezeichnen können.

Draussen war es dunkel, die Nacht war schwarzblau mit kleinen goldenen Strahlen – die Strassenlampen.

Sie folgte ihm in das grosse Esszimmer. Ein Teakholz-Tisch mit quadratischer Fläche stand im Zentrum. Er war gedeckt. Alles war hell und sie schloss unwillig die Augen, durch die grosse Helligkeit.

Oregon hatte ein Faible für Lampen und Lichtquellen aller Art.

Daher glich sein Wohnraum, seine Villa allgemein den hell erleuchteten Bühnenbildern.

Man hatte den Eindruck von allen Seiten bestrahlt und von Scheinwerfern geortet zu werden.
 

„Reine Sicherheitsvorkehrung“ – war seine Begründung.

Sollte sich irgendjemand erlauben bei ihm einzubrechen, würde er sofort jede noch so kleine Veränderung – dank der guten Lichtverhältnisse – erkennen.
 

Allerdings vermutete Salem, dass es ihm eher darum ging sein Schauspielerleben auch zu Hause führen zu können. Und ausserdem konnte er durch die ausserordentlichen Verhältnisse sie besser betrachten.

Sie stand ja gewissermassen auf dem Serviertablett, wurde von allen Seiten beleuchtet.
 

Sie seufzte, doch er kümmerte sich nicht darum. Seine hoch gewachsene Gestalt verschwand in der Küche.

Salem liess sich deprimiert auf der eleganten, schwarzen Ledercouch nieder und fuhr geistesabwesend mit ihren Händen über die breite Lehne, während sie den Glücksbambus betrachtete, der sich kühn neben der Couch in die Höhne wirbelte.

Alles war staubfrei, sauber poliert und geputzt. An der Wand hing ein Bild in Blutrot, Grau und Schwarz.

Striche, Kringel, Punkte auf einer Leinwand.

Wie bei jedem ihrer Treffen mit Oregon fragte sie sich, was er an diesem Bild fand. Es war ein Wirrwarr von Nichtigkeiten – sie wandte den Blick ab.

Dann stutzte sie.

Vor ihr, auf dem Glastisch, lagen Papiere.
 

Schon allein dies war für einen Perfektionisten und Ordnungsfanatiker wie Oregon schlichtweg undenkbar.

Und dann handelte es sich noch eindeutig um Akten aus der Kuronichi & Son AG.

Dabei war er immer so erpicht darauf ihr auch gar keine Informationen zu überlassen.

Sie musste ihre eigenen Spitzel beauftragen um Dinge in Erfahrung zu bringen.

Wie sie es verabscheute ihn zu hintergehen...

Spione verlangten heutzutage auch immer dreistere Preise.

Andererseits hasste sie es genauso, wenn sie um Neuigkeiten betteln musste oder alles erst erfuhr, sobald es zu spät war.

Papiere hier vorzufinden, war ein absoluter Glücksfall und gleichzeitig ein Ereignis, das sie in Alarmbereitschaft versetzte.

Nie und nimmer würde er solch brisantes Material frei herumliegen lassen, da er stets Einbrecher fürchtete.

Irgendetwas musste vorgefallen sein, sodass Oregon keine Zeit mehr gefunden hatte um die Akten zu verstecken.

Wie warf einen vorsichtigen Blick in Richtung Küche. Oregons Rücken war zu erkennen, er schien mit dem Kochen beschäftig zu sein.

Schnell beugte sie sich über die Unterlagen. Es war ein Bericht des FBIs über die Untersuchung bei der „Kuronichi & Son Treuhand AG“.

Sie schluckte, überflog die Aufzeichnungen und atmete erleichtert aus. Die amerikanische Polizei schien nichts Konkretes gefunden zu haben, sie waren nicht aufgeflogen.

Dann blätterte sie weiter. Telefonrechnungen, E-mails und Briefe.

Salem warf einen erneuten Blick zur Küche und seufzte, als die Geräusche von Messern und Küchengeschirr an ihre Ohren drangen.

Sie wandte sich wieder den Papieren zu und fragte sich: ‚Warum lässt er sie hier liegen?’

Sie zog eines der untersten Blätter hervor und erstarrte.

Es war die schriftliche Übertragung eines Telefongesprächs zwischen…

„Und, etwas gefunden?“ Salem erstarrte, als sie die säuselnde Stimme Oregons vernahm. Ihr war nicht aufgefallen, dass er die Küche verlassen hatte.

„Das Essen wäre bereit…“ Er klang kühl und wies auf den Tisch, während er die Blätter auf dem Tisch zu einem ordentlichen Haufen zusammen schob. „… sofern du nach dem Spionieren überhaupt noch Hunger verspürst.“

Salem wurde giftig. „Du hast die Papiere herumliegen lassen! Und sag mir nicht, du hättest es mit Absicht getan um mich zu testen!“

Verblüfft über ihren Ausbruch öffnete er den Mund.

„Blick mich nicht so an, ich kenne dich doch!“

Er kicherte, dann wurde seine Miene ernst. „Für solche Spiele fehlt mir im Moment der Sinn…“ Er erhob sich.

„Wusstest du, dass das FBI unsere Treuhand AG unter die Lupe genommen hat?“ Er trat zu einem der edlen Stühle aus dunklem Holz und roter Sitzfläche und deutete Salem an sich zu setzen.

Sie gehorchte und nahm Platz, warf ihrem Geliebten einen irritierten Blick zu.

„Warum erzählst du mir plötzlich davon?“

Er schüttelte den Kopf, setzte sich und begann zu essen.

Es roch ausgezeichnet, italienische Pasta mit drei Saucen und Parmesan.

So wie sie es mochte.
 

Während sie stumm assen, beobachtete sie ihn.

Er wirkte müde. Tiefe Täler hatten sich durch sein Gesicht gezogen, die Augen glänzten leicht fiebrig von Müdigkeit und Sorgen. Die Krawatte sass nicht so perfekt wie normal und das Hemd wirkte zu gross.

Es gab Probleme.
 

Es war noch nicht viel Zeit vergangen, als das Telefon schrill das Schweigen zwischen ihnen unterbrach.

Oregon erwachte aus seiner Erstarrung und griff, mit einem entschuldigenden Blick auf seinen Besuch, nach dem Telefon.

Salem lauschte und behielt wachsam Oregon im Blick, der nicht viel sprach sondern nur zwischendurch nachfragte. Schweissperlen bildeten sich auf seiner Stirn und seine Lippen wurden blutleer.

Mit einem Nicken wurde das Gespräch beendet, Salem erhob sich und trat auf ihn zu.

„Du siehst nicht so aus, als hättest du im Lotto gewonnen.“

Sein Blick wurde schwarz und seine Nasenflügel bebten unruhig.

„Jetzt ist nicht die Zeit zu spassen.“ Er hastete zum Salontischchen und packte die Unterlagen.

„Oregon, was…?“

„Hilf mir, ich muss die Akten im Tresor verstecken. Und danach müssen wir in die Zentrale.“

Hilflos zuckte sie mit den Schultern, dann packte sie die übrigen Blätter und eilte ihm nach in sein Büro.
 

***
 

„Das ist gar nicht gut.“ Nebraska leckte sich über die Lippen, dann warf sie Colorado einen ernsten Blick zu.

„Montana hat gerade Oregon über das Treffen informiert.“

Er schnalzte unzufrieden mit der Zunge. „Wir hätten sie nicht ins Team nehmen sollen.“

Die Brünette widersprach ihm nicht, obwohl sie wusste, dass sie auf die junge Europäerin nicht hatten verzichten können. Ihre neue Organisation brauchte finanzielle Unterstützung, damit sie ohne Probleme mit dem Aufbau beginnen konnten.

Sie dachte nach.

„Hat sie ihm gesagt, dass du die Leute versammelt hast?“ Colorado blickt sie wachsam an.

Nebraska nickte nachdenklich, ihr Freund gab einen weiteren unzufriedenen Ton von sich. „Was tun wir jetzt? Es wäre perfekt gewesen! Die halbe Organisation wäre vom FBI dabei erwischt worden, wie sie das Kuronichi-Gebäude räumen. Sämtliche Anrufe wären von Oregons privatem Handy aus geführt worden!“

Nebraska schüttelte unwillig den Kopf. Sie mussten trotzdem fortfahren. Dieser Hugh Evans hatte eines der Mitglieder aufgespürt, der Rest des FBIs würde bald folgen.

Vielleicht hatten sie noch eine Chance.

Sie lauschte und nickte. Soeben waren drei Einheiten vom FBI-Boss in Tokyo losgeschickt worden.

‚Und was macht der Zwerg-Detektiv?’, fragte sie sich.

Sie war sich nicht sicher, was sie mit ihm vorhatte. Würde er ihnen dabei helfen auch Oregon und Salem dem FBI zu übergeben oder würde er die wahren Drahtzieher entdecken und für sie zur Gefahr werden?

Sollte sie ihn ganz aus der Sache raushalten oder ihm bewusst Hinweise übermitteln?

„Das ist seltsam…“, flüsterte Colorado und zeigte ihr ein Video, das das FBI-Gebäude zeigte.

Ein Kind wurde sichtbar, dunkle Haare und schwarze Kleider, blasse Haut.

„Was hat er vor?“ Nebraska rutschte neugierig näher.

Colorado tippte auf den Bildschirm. „Sieh mal, was er in der Hand hält.“

Ihre Augen wurden gross, sie warf ihrem Freund einen ungläubigen Blick zu. „Ein Pugnator? Aber wie…?“

Die Schirmmütze tief ins Gesicht gezogen, lehnte sich Colorado zurück.

Die kurze Videosequenz wurde wiederholt.

„Es ist kein FBI-Modell, soviel ist sicher. Vielleicht ein chinesisches Imitat..? Aber die sind nicht schwarz…“

Er tippte im Internet eine Anfrage ein, suchte nach weiteren Waffen desselben Typs.

„Schwierig, schwierig,…“, murmelte er.

Nebraska beobachtete ihn.

„Woher hat er diese Waffe? Das FBI hatte mit wenigen Ausnahmen die einzigen funktionstätigen…“

Colorado grinste. „Vielleicht können wir unsere neue Gruppe doch mit Waffenhandel zu Reichtum bringen. Eines der chinesischen Modelle auf dem Schwarzmarkt von Shanghai ähnelt in gewissen Zügen dem Pugnator des Jungen.“ Er tippte etwas ein. „Kudô hat doch bei einer chinesischen Familie gelebt? Vielleicht hatten die Beziehungen zu einem Waffenhändler?“

Er warf ihr einen Blick zu, das Lächeln verschwand, als er ihr bleiches Gesicht sah. „Verzeih, ich wollte dich nicht an diese Sache erinnern.“

Sie nickte stumm, blickte auf ihren eigenen Bildschirm.

„Was würdest du mit ihm tun?“, fragte sie leise. Colorado starrte sie zuerst mit Unverständnis an und sie erklärte. „Soll ich ihm Hinweise schicken, damit Oregon auch geschnappt wird, oder sollen wir ihn machen lassen?“

Er grübelte, starrte erneut auf eines der Bilder mit den chinesischen Imitaten der FBI-Pugnatores.

„Nun,…“, begann er leise. „Es wäre leichter gewesen, wenn die Organisation unter Oregon ihn nicht ständig gejagt hätte. Nun haben wir ihm am Hals.“ Mit einer halben Drehung wandte er sich ihr zu: „Vielleicht lassen wir ihn besser einfach arbeiten. Ich habe keine Lust, dass er sich am Ende noch an unsere Fersen heftet.“
 

***
 

Sie sah, wie er eilig einige Zahlen eintippte und sich dann das Handy ans Ohr hielt und gleichzeitig das Lenkrad mit einer Hand hielt. Bei einem kurzen Blick aus dem Fenster sah Salem, wie die Lichter und Häuser an ihnen vorbeirasten. Es ging so schnell, dass sie sich nicht merken konnte – eine Leuchtreklame rauschte vorbei und war weg, hinterliess keinen Eindruck in ihrer Erinnerung. Sie wandte sich wieder Oregon zu, der immer noch darauf wartete, dass sein Gesprächspartner ans Telefon ging.

Er murmelte vor sich hin, war ungeduldig.

Dann wurden seine Augen gross und er rief ärgerlich: „Wer soll ich sein? Oregon natürlich! Ich habe einen Auftrag für dich!“ Er lauschte und schüttelte unzufrieden den Kopf. „Das war eine Falle. Legt die Unterlagen sofort zurück in die Geheimfächer und schickt alle zurück, die bei euch noch eintrudeln.“

Erneutes Kopfschütteln. „Nein, es kein Scherz!“

Er gab weitere Anweisungen, dann beendete Oregon das Gespräch.

„Was ist los?“, fragte sie unsicher. Erstaunlich schnell folgte die Antwort.

„Nebraska hat etwas die Hälfte unserer Leute dazu aufgerufen in Zentrale 2 sämtliche Dokumente aus den Geheimfächern zu entnehmen und so schnell es geht damit zu fliehen.“

Sie runzelte die Stirn. „Sind wir aufgeflogen?“

Er schüttelte den Kopf. Mit unglaublicher Geschwindigkeit rauschten sie durch die Strassen.

Hart trat er aufs Gaspedal und sie liessen einen roten Infini weit hinter sich zurück.

Oregon sprach weiter: „Eben nicht. Montana hat mich darüber informiert. Als ich jetzt jedoch Rhode Island anrief, war diese der Meinung, die Anordnung stamme von mir!“

„Hat sie etwa?“ Er unterbrach sie grimmig. „Genau. Nebraska hat einen Stimmverzerrer benutzt und einige angerufen. Allerdings frage ich mich…“ Er sprach nicht weiter, sondern runzelte die Stirn.

„Was ist los?“

„Warum wurde niemand misstrauisch? Normalerweise werden Organisationsgespräche ja nur über Mobiltelefone abgefädelt.“ Er murmelte vor sich hin. „Eine fremde Nummer hätte doch die Aufmerksamkeit meiner Leute wecken müssen…“ Seine Augen wurden zu Schlitzen, er reichte mir sein Handy.

„Lies mir bitte die Nummer der SIM-Karte vor.“

Während sie vorsichtig die hintere Klappe öffnete und danach die SIM-Karte entnahm, spürte sie langsam, wie die Spannung sie ergriff.

Sie hatten wirklich ernsthafte Probleme.

Gleichzeitig kochte in ihr die Wut, machte sie rasend. Wie sie Nebraska doch verabscheute. Und er hatte ihr die ganze Zeit nicht geglaubt, wenn sie ihn gewarnt hatte.

„Gefunden?“

Sie nickte, hielt das kleine Stück Plastik vor das Gesicht.

„Dann liess mir die Nummer vor.“

Sie gehorchte, las die kleine Nummer ab. Als sie geendet hatte, erkannte sie, dass sich Oregons Gesicht verhärtet hatte. Sein Mund war ein schmaler Strich und seine Augenbrauen bildeten einen hellen Balken über seinen Augen.

„Sie hat also tatsächlich meine SIM-Karte geklaut und eine andere eingesetzt, damit sie mit meiner Nummer telefonieren kann.“ Seine Stimme war ein leises Grollen, als er vor sich hinmurmelte. „Darum war sie auch überrascht, dass ich am Apparat war…“

Salem schluckte und warf ihm ängstliche Blicke zu. In solchen Momenten war er gefährlich.

„Was wirst du jetzt tun?“

Er rümpfte die Nase. „Ich werde der Polizei melden, dass jemand meine SIM-Karte ausgetauscht hat.“

Sie starrte ihn an. „Bist du verrückt?“

Oregon schüttelte den Kopf. „Ich habe in meinem Büro noch die Kaufquittung mit der SIM-Kartennummer, mit der ich den Tausch beweisen kann.“

„Aber du kannst doch nicht die Polizei…“ Grob fuhr er dazwischen, griff nach der Handbremse, schaltete den Motor aus und glitt aus dem Auto.

Salem blickte sich um. Sie waren in der Hauptzentrale. Sie folgte hastig ihrem Freund, welcher mit schnellen Schritten auf das grosse Hochhaus zumarschierte. Alles war dunkel.

Das Geräusch eines Schlüssels erklang, ein Licht im Flur blitzte auf.

„Was hast du vor?“ Sie fühlte sich blöd, wie sie hinter ihm nachrannte. Warum erzählte er ihr nicht mehr, sie wollte ihm doch helfen.

Halb belustigt, halb ärgerlich über ihre Anhänglichkeit, sprach er weiter. „Ich werde Nebraska bei der Polizei melden. Verbrecher rufen normalerweise nie bei der Polizei selbst an, daher werden sie mich weniger verdächtigen.“

Sie nickte. „Wirst du ihr Steuerhinterziehung oder so etwas Ähnliches anhängen?“ Sie folgte ihm in sein grosses Büro und liess sich vis-à-vis von ihm in einen grossen, bequemen Sessel fallen, legte die Arme hinter den Kopf und beobachtete ihn.

„Das wäre eine Möglichkeit. Allerdings wird es nicht einmal nötig sein. Wenn ich der Polizei von der ausgetauschten SIM-Karte erzähle, werden sie ziemlich schnell herausfinden, wo sich meine richtige Karte gerade befindet. Nebraska wird – wenn auch nur vorübergehend – festgenommen werden.

Dann müssen wir nur noch einige Hinweise hinterlassen und sie kann sich bald eine Zelle mit Wermut teilen.“

Er erkannte, dass sie damit nicht ganz zufrieden war.

Sie strich sich ihre Locken hinters Ohr. „Sie wird reden und sich als armes Täubchen darstellen. Sie wird verraten, wo die geheimen Dokumente sich befinden…“

Seine Augenbrauen rutschten in die Höhe, dann dachte er nach.

„Gefällt dir die Selbstmordvariante besser?“

Ihr diabolisches Grinsen sprach Bände.

Einbruch & Erkundungstour

„Wenn ihr glaubt, dass ich mich so einfach überlisten lasse, dann habt ihr euch getäuscht…“, murmelte Shinichi und beobachtete mit zusammengepressten Lippen die FBI-Agenten auf der anderen Strassenseite. Er selbst hatte sich in eine dieser kleinen Seitengässchen zurückgezogen, hielt sich vorsichtshalber im Schatten. Etwas angewidert verzog er das Gesicht, denn es roch nach Fäkalien und Abfall. Leider waren die restlichen Strassen zu stark durch Leuchtreklamen und Strassenlampen beleuchtet, sodass er sich an diesen widerwärtigen Ort hatte verstecken müssen, um die Agenten und ihr Tun unbemerkt mitverfolgen zu können.

Eigentlich war es ja der Job für niedere Detektive, Leute zu beschatten, aber er hatte im Moment keine andere Wahl.

Hugh diskutierte mit Akai, der Rest des Teams baute seine Ausrüstung zusammen.

Shinichi runzelte die Stirn und dachte nach.

Das FBI schien feste Beweise dafür gefunden zu haben, dass die Verbrecherorganisation doch dieses Gebäude als Zentrale benutzte. Der Detektiv blickte auf die vielen Waffen, die schusssicheren Westen - anscheinend mussten im Moment einige Mitglieder im Gebäude sein, sonst wären nicht so viele schwer bewaffnete Agenten hier.
 

Was wollte er selbst eigentlich in dem Gebäude?

Er realisierte, dass sein Herkommen eine reine Kurzschlussreaktion gewesen war.

Sein Spürsinn hatte ihn gezeigt, dass hier en Fall auf ihn wartete und nach der langen Zeit ohne spannende Arbeit und nervenaufreibende Aktivität als Detektiv hatte er, gierig wie ein Fisch, angebissen.

Seine Sinne hatten sich nicht getäuscht, hier würde es mit Sicherheit bald heiss zu und hergehen, doch welche Ziele konnte er verfolgen?

Ein Gegengift suchen, das unwirksam war für ihn?
 

Er biss die Lippen zusammen und unterdrückte den Anfall einer Ohnmacht.

Wie lange wusste er es schon, dass es kein Zurück gab?

Er half nichts, davon wegzulaufen und die Wahrheit zu verstecken. Es gab kein Gegengift und würde nie eins geben – zumindest nicht eines, dass bei ihm helfen würde.

Shinichi senkte den Kopf.

Ais Gesicht erschien in seinen Gedanken. Mitleid war in ihre Züge eingemeisselt gewesen, als sie ihm erklärt hatte, dass er wohl so bleiben würde.

Sie hatte damals nicht gewusst, ob er nun einfach wachsen würde, oder ob er für immer diese Gestalt behalten musste. Sie hatte ihre Hilfe angeboten, ihn trösten wollen und gleichzeitig gemerkt, dass es nichts helfen würde.

Shinichi schüttelte unwillig den Kopf.

‚Hör auf in der Vergangenheit zu leben, du alter Narr!’, schimpfte er mit sich selbst in Gedanken. Es musste weiter gehen.
 

Konnte er Dokumente ausfindig machen, die das FBI so oder so sicherstellen würde?

Er runzelte die Stirn.

Er konnte auch gleich vergessen, selbst einige Mitglieder festzunehmen. Ohne Beweise war nichts zu machen und selbst mit seinen Selbstverteidigungstricks konnte er nicht gegen eine ganze Gruppe von bewaffneten Organisationsmitgliedern antreten. Einen einzelnen Mann konnte er vielleicht besiegen, aber so viele?
 

Was machte er eigentlich hier, an diesem unwirtlichen und stinkenden Ort im Nirgendwo Tokyos?

Er konnte nichts machen, überhaupt nichts.

Dieser Gedanke setzte sich in seinem Kopf fest und liess ihn nicht mehr los.

Selbst wenn ihm klar war, dass seine Anwesenheit nichts brachte, so wollt er nicht weg.

Und dann war da dieses andere Gefühl, das ihn piesackte. Eine schleichende Unruhe packte ihn, nagte an seiner Selbstsicherheit. Shinichi kannte diese Eindrücke, weil sie ihn früher oft gewarnt hatten.

Es war immer dann gewesen, wenn er sich in ein risikohaftes Rätsel stürzte.

Und Ran in Gefahr war.
 

***
 

Oregon legte zufrieden den Telefonhörer zurück auf die Ladestation und lehnte sich in seinem Sessel zurück.

Er hatte bei der Polizei angerufen und seine Meldung gemacht, worauf man versichert hatte, man würde sich sofort darum kümmern. Der Boss der Organisation wusste, dass vor kurzem ein Raubmörder geschickt einen grossen Coup gelandet hatte, in dem er sich einer SIM-Karte bemächtigt hatte. Die Polizisten hofften, dass sie diesem Raubmörder auf die Spur kommen konnten.

Nachdem er sich einige Minuten bei einem Glas Whisky über den gelungenen Trick ergötzt hatte, öffnete sich die Tür und Salem trat ein.

Sie hatte diesen zufriedenen Gesichtsausdruck, der immer nach einem erfolgreich erledigten Auftrag auf ihrem Gesicht auftauchte und wie eingemeisselt wirkte. Ihre Augen glitzerten mysteriös.

„Sie sind tot“, sagte sie schlicht und liess sich vis-à-vis von ihm auf den Sessel fallen. „Ich hab noch ein kleines Abschiedsbriefchen hinterlegt.“

Dann wurde ihr Blick seltsam. „Ich habe was für dich.“ Ihre Stimme wurde rauchig und Oregon wusste, dass es etwas Wichtiges war. Salems Zähne blitzten auf und sie warf ihm eine Disk zu.

„Was soll das?“, brummte Oregon und besah sich die CD mit einem misstrauischen Blick.

„Sieh dir mal die 33. Minute an.“

Immer noch alles andere als begeistert, schob der Boss die Disk in das CD-Laufwerk seines Notebooks und tat wie geheissen. Er vermied es, Salem ins Gesicht zu schauen, denn er konnte ihren triumphalen Blick nicht ertragen. Sie hatte Nebraska und Colorado umgebracht und es wie einen Selbstmord aussehen lassen und schwebte dementsprechend gerade auf einer Erfolgswelle.

Sie wusste, dass sie ihn mit seiner Neugier locken konnte und wusste auch, dass er sich darüber ärgerte.

Das Filmchen begann zu laufen, er liess es im Schnelldurchlauf rasen.

Dann erschien vor einer Häuserwand eine kleine Gestalt mit dunklen Haaren und ernstem Blick.

„Ist das Kudô?“, wollte er wissen. Sie nickte stumm und grinste.

Oregon pfiff leise durch die Zähne, als er die Waffen sah.

„Wo hat er die her?“

Salem zuckte mit den Schultern. „Vielleicht vom FBI?“

Unwirsch schüttelte der Blonde seinen Kopf und strich sich durch das kurze, glatte Haar. „Nebraska hat abgeklärt, dass es keine weiteren Exemplare mehr gibt und auch wenn sie nun bei den Verrätern in der Hölle steckt, so glaube ich doch, dass ihr Bericht stimmt.“

„Warum glaubst du ihr so einfach? Vielleicht hat sie gelogen und selbst Waffen…“

„Glaubst du das wirklich?“ Er lehnte sich zurück. „Wie kommen wir an die Dinger heran?“

Salem blickte ihn nachdenklich an. „Nebraska hat ihn beobachtet und ein Notizbuch geführt. Er lebt im FBI-Wohnblock, zusammen mit einem Agenten. Was hältst du von ihm?“

Oregon runzelte die Stirn und dachte nach. Salem schwieg gehorsam, liess ihn in seinen Gedanken. Jetzt zu stören wäre ein grober Fehler.

„Jahrelang dachte ich, dass wir diesen kleinen Kerl mehr fürchten müssen als alles andere, was sich an Detektiven in der Welt herumtreibt. Dann stellen wir fest, dass der Junge schwach ist, seit er seine Freundin verloren hat und die Gefahr zeigt sich von anderer Seite.“ Oregon fuhr sich nachdenklich mit der Hand über das Kinn. „Vielleicht hat er mit Nebraska zusammengearbeitet oder auch nicht. Sicher ist, dass sie diese Waffen wollte – und ich will sie auch.“
 

***
 

Shinichi leuchtete mit der Taschenlampe durch den engen Schacht. Es war kalt, muffig und eng.

Gut, dass er so klein war, sonst würde er wohl regelmässig feststecken.

Er seufzte und dachte zynisch: ‚Meine Schrumpfung hat zumindest einen Vorteil: bei Einbrüchen ist es bei weitem leichter, durch enge Belüftungsschächte zu klettern, als wenn ich wieder meine alte Grösse hätte.’

Allerdings hatte es auch gewisse Nachteile, wenn es darum ging, Dinge einer gewissen Höhe zu untersuchen.

Und um gegen die Organisation zu kämpfen, musste er sogar zum niederen Einbrecher werden.

Er rümpfte die Nase und rutschte weiter durch den Schacht.
 

Manchmal war die Grenze zwischen Verbrecher und Detektiv auch nur ungenau zu ziehen. Ob es ihm passte oder nicht, aber er hatte keine andere Wahl.
 

Er war seine Möglichkeiten nochmals durchgegangen und hatte in der übel riechenden und dreckigen Gasse realisiert, dass er nicht viele hatte.

Entweder, er ging nach Hause und tat so, als wäre nichts passiert.

Oder er blieb dort an diesem übel riechenden und dreckigen Ort und wartete ab.

Oder aber, er nahm sein Schicksal selbst in die Hand und versuchte, selbst etwas zu unternehmen.
 

Wie unschwer zu erkennen war, hatte ihm die letzte der drei Varianten am besten gefallen.

Zum einen, weil er endlich weg kam aus dieser übel riechenden und dreckigen Gasse und zum anderen, weil

es etwas zu tun gab.

Er hatte sich in Erinnerung gerufen, dass die Organisation damals nicht vollständig hatte geschnappt werden können, weil das FBI Fehler gemacht hatte. Ihnen waren einige Leute entwischt.
 

Hastig strich sich Shinichi klebrige und staubige Spinnweben aus seinem weichen Kindergesicht. Dann kroch er weiter, leuchtete sich den Weg.
 

Man durfte den Zufallsfaktor bei Ermittlungen nie vergessen. Selbst bei jedem noch so kleinen Plan konnte der Zufall seine Spielchen treiben. Polizisten auf Fahndung steckten im Stau fest, der Akku eines Handys fiel aus oder der Verbrecher wählte eine spontane Route.

Shinichi grinste. Er wollte diesmal den Zufall spielen – wenn die Organisation nicht wusste, dass er hier war, konnte er vielleicht dem FBI helfen.

Zwei Feinde gleichzeitig abzuwehren und zu überlisten, war schwerer.

Vor allem, wenn der eine von innen kam.

Bei diesem Gedanken erreichte er ein Gitter, durch welches er in den Raum unter ihm blicken konnte.

Es war finster und Shinichi konnte erst nach einiger Zeit Schreibtische und Büromobiliar ausmachen. Er kniff die Augen zusammen und ging mit dem Kopf ganz nah an das Gitter heran.

„Hier kann ich nicht runter, da breche ich mir alle Knochen“, flüsterte er und kratzte sich am Kopf. Selbst mit seinen Selbstverteidigungskünsten war eine schmerzfreie Landung aus dieser Höhe ein Ding der Unmöglichkeit. Noch dazu hatte er sein Training in letzter Zeit vernachlässigt.

Er suchte nach einem Stuhl oder etwas Ähnlichem, das er benutzen konnte. Nichts.

Der kleine Junge dachte nach. ‚Vielleicht ist es besser, wenn ich das Belüftungsnetz noch etwas weiter untersuche. Vielleicht komme ich irgendwo in einer Besenkammer raus oder so.’

Er kroch weiter durch den Schacht und lernte plötzlich das Fliegen.
 

Als Shinichi wieder erwachte, tat ihm sein Rücken weh und in seinem Kopf pochte es grauenvoll. Er stöhnte, versuchte sich aufzurichten und zu orientieren. Er lag immer noch im Lüftungsschacht.

Er runzelte die Stirn und versuchte sich zu erinnern, was geschehen war. So langsam kehrten die Bilder zurück.

Er murmelte unzufrieden. Er hatte nicht bemerkt, dass eine Abzweigung der Röhre senkrecht von unten zu seinem Gang führte und war gestürzt.

Shinichi fuhr sich über den Kopf, leiser Schmerz meldete sich.

Er war nicht nur leicht verärgert. War es das das Alter, fragte er sich. Seine neue Schusseligkeit hatte schon erschreckende Ähnlichkeit mit der des Professors angenommen. Früher wäre ihm so ein Sturz nie passiert.

Er stöhnte und machte sich daran diesen neuen Schacht zu untersuchen.
 

Nach einiger Zeit fand er ein Gitter, durch welches er keine Probleme hatte zu klettern. Er freute sich darüber, dem zugigen Schachtlabyrinth entkommen zu können. Er war definitiv schneller zu Fuss und da in diesen Stockwerken anscheinend keine Organisationsmitglieder herumgeisterten, musste er sich auch nicht im Lüftungsschacht verstecken.

Vorsichtig schlich er durch die Gänge, sah sich neugierig um. Es schien eine Firma aus dem Finanzbereich zu sein, die hier ihr ihren Sitz genommen hatte. Der Teppich war edel, Bilder eines bekannten Künstlers hingen an den Wänden und die Ausstattung der Büros war nur vom Feinsten.

Shinichi erreichte den Lift und schaute interessiert auf das Schild, das einem Besucher erläuterte, in welchem Stock des Gebäudes er welchen Teilbereich der Firma finden würde.

Er runzelte die Stirn.

Anscheinend wurde nur ein Teil dieses Gebäude von der Organisation benutzt oder die Organisation führte ihre Mafiageschäfte nur in einem kleinen Teil aus. Er musste zugeben, dass dies ein schlauer Schachzug war, um die Organisation zu tarnen. Sein Blick rutschte über die verschiedenen Bereiche: „Controlling, Immobilien, Private Banking, Firmen Banking…“, las er leise, dann stockte er. „Chinesische Beziehungen?“

Er dachte nach. Was hatte die Organisation mit China zu tun?

Stimmen rissen ihn aus seinen Gedanken. Schnell sah er sich um und verkroch sich dann unter einem der Schreibtische im Büro nebenan. Blieb nur zu hoffen, dass die nächtlichen Besucher nicht ausgerechnet zu diesem Schreibtisch mussten.

„Ich versteh die ganze Sache nicht“, sagte eine tiefe Männerstimme. „Zuerst sollen wir so schnell wie möglich das Lager räumen und dann heisst es, es sei ein Fehlalarm und die Dokumente müssten wieder in den Safe gebracht werden.“ Ein nörgelnder Unterton klang mit und liess die Stimme zwischendurch schwanken, sodass einzelne Worte hoch erklangen.

„Ich stimme dir voll und ganz zu.“ Die zweite Person schien eine ruhige Person zu sein. Zumindest liess sich die junge Frau ihren Ärger nicht so deutlich ansehen.

Die beiden erschienen in der Tür zum offenen Büro und steuerten einen der Tische in der Mitte des grossen Raumes an. Shinichi seufzte stumm, drückte sich noch enger in den Schatten.

Wie lange war es her, dass er so richtig auf Verbrecherjagd gegangen war? Mit Verfolgung, Belauschen, Verstecken? In den letzten Jahren hatte er sich eher auf Flucht und Sofadetektivdasein konzentriert, Fälle angenommen, die er ohne grossen Körpereinsatz und Gefahr hatte lösen können.

Seine Augenbrauen wurden zu Geraden.

Da sass er in einem Büroraum im Firmengebäude der Organisation unter einem Schreibtisch. Neben ihm war ein Abfalleimer, der wohl eine alte Banane enthielt und daher so scheusslich vor sich hin stank, auf der anderen Seite engte ihn ein Drehstuhl in Schwarz ein. Kabel lagen unter dem Tisch, es roch nach Teppich, Druckertinte und Holz. Ganz in der Nähe durchwühlten zwei Mitglieder der Organisation, eine Brünette und ein blonder Hüne die Schubladen eines Schreibtisches.

Und was machte er?

Er versank in Nostalgie.

Shinichi konzentrierte sich wieder auf die beiden Besucher.

„Schon gefunden?“

Ein verneinendes Grunzen kam vom Mann.

Die Brünette erwiderte: „Ich frage mich sowieso, was in letzter Zeit los ist. So eine nächtliche Räumaktion wäre vor ein paar Monaten noch völlig undenkbar gewesen.“

„Seit Nebraska das FBI-Gebäude in die Luft gejagt hat-…“

Sie unterbrach ihn harsch. „Es gab schon vorhin Zwischenfälle. Aber es stimmt, irgendwie hatte immer

Nebraska damit zu tun.“ Ein Laut des Erstaunens erklang. „Ich hab’s gefunden! So, jetzt schnell wieder runter.“
 

Shinichi folgte den beiden auf leisen Sohlen. Er wollte wissen, wo der Grossteil der Organisationsmitglieder gerade steckte, vielleicht konnte er so dem FBI wertvolle Hinweise geben. Des Weiteren musste er natürlich wissen, wo die Dokumente waren, die der Organisation gefährlich werden konnte. Es war ihm durchaus bewusst, dass er sich damit in Gefahr brachte, da er wohl nun in den belebten Teil des Firmengebäudes kam.

Das Gespräch der beiden Mitglieder hatte ihm bestätigt, was er schon vermutet hatte. Das FBI war mit einigen Truppen bereit um den Bau auszuräuchern und die Mitglieder, die sich hier drin befanden, zu fangen.

Die beiden Mitglieder gingen einige Stockwerke nach unten. Shinichi folgte ihnen erstaunt bis ins zweite Untergeschoss, in welchem anscheinend die Abteilung für chinesische Beziehungen untergebracht war.

Er versuchte sich einen Überblick zu verschaffen, was bei dem ganzen Durcheinander jedoch nicht leicht war. Menschen wirbelten durcheinander, fluchten, murmelten und diskutierten miteinander. Dokumentenstapel wurden herumgetragen, Datenträger türmten sich auf.

‚Was ist hier passiert?“, fragte sich Shinichi. Was dies die Organisation, die einstmals für Ordnung und Perfektion bekannt gewesen war? Hatten sie etwa mitgekriegt, dass das FBI zuschlagen würde und mussten jetzt das Beweismaterial in Sicherheit bringen oder vernichten?

Er wurde jäh in seinen Gedanken gestört, als zwei Schatten um ihn herum auftauchten.

„Sieh mal einer an, ein Besucher…“ Shinichi blickte erschrocken auf und blickte in die Gesichter der Organisationsmitglieder, denen er gefolgt war.

„Ich bin mit meiner Mama heute hier gewesen und habe mich verirrt.“ Shinichi gab sein Bestes und spielte das Kind. Er liess seine Stimme tanzen, versuchte den Grundschülerblick, mit dem er früher jeweils Ran und den Professor und noch früher seine Eltern hatte weich werden lassen.

„Warum bist du dann noch hier? Ist dir das nicht früher aufgefallen?“, sagte der Mann genervt und schaute sich unsicher um.

Klein-Shinichi schüttelte vehement den Kopf. „Ich bin vor Angst eingeschlafen und erst vorhin erwacht, müssen Sie wissen!“ Er fuchtelte mit den Armen. „Und dann habe ich Sie gesehen und dachte: Die haben sich sicher auch verlaufen! Und hier unten sind noch mehr Leute…“

„Ruhig!“ Die Lippe der Frau zuckte. „Wir können dich gerade nicht zum Ausgang bringen, wir haben zu viel zu tun.“ Sie blickte ihren Partner fragend an.

Shinichi wollte zuerst in Kindermanier protestieren, merkte dann aber, dass dies den Mann nur unnötig provozieren würde. Er musste es schaffen, dass die beiden ihn gehen liessen – selbst wenn er dann draussen vor der Tür stand, hatte er zumindest etwas erreicht und er konnte dem FBI einige Informationen liefern.

„Sind wir hier im 2. Untergeschoss?“, fragte er vorsichtig und zeigte auf eine 2 an der Wand. „Müsste ich hier zweimal eine Treppe hochgehen?“

Der Mann freute sich: „Genau! Die Eingangstür ist von Innen immer zu öffnen, falls es brennt, damit man leichter fliehen kann.“ Shinichi wurde sanft gestossen. „Geh, Kleiner, geh, deine Mutter macht sich sicher Sorgen um dich!“

Shinichi fiel ein Stein vom Herzen, er winkte heftig und rannte die Treppe hoch.

Als er einen Blick zurückwarf, begegnete er dem der Frau. Ihre Augen waren misstrauisch zusammengezogen und leuchteten bösartig.



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Kommentare zu dieser Fanfic (72)
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Von:  ConanKudo
2011-04-21T08:23:59+00:00 21.04.2011 10:23
Hallo.Bin noch nich so lange hier dabei. Wollte dich mal ganz lieb fragen ob und wenn ja wann du weiter schreibst. Wütrde echt gerne weiterlesen. danke lg ConanKudo
Von:  Leira
2008-05-10T15:53:56+00:00 10.05.2008 17:53
Ich muss eigentlich sagen- ich fands toll :D
Zwar mag ich Sachen mit Shinichi und Ran lieber- aber man muss einfach auch mal die Gegenseite beleuchten, und da bleibt in einem Kap einfach mal kein Platz mehr für die Hauptpersonen der 'Guten'. Ist einfach so. *nick*

Oregon und Salem fand ich toll. Diese Beziehungsspielchen zwischen dem Mann und der Frau... echt gut gemacht. Und ich hab Angst um Nebraska... O.o
Und um Colorado auch, irgendwie. Und wo wir grad dabei sind- Ran is dann wohl auch nicht mehr wirklich sicher...

Ich bin echt gespannt auf das nächste Kapitel!

Liebe Grüße, Leira :D
Von:  Shelling__Ford
2008-05-09T18:10:24+00:00 09.05.2008 20:10
Hi ^^

Nun ...
Im gegensatz zu den anderen muss ich wohl sagen das mir das Kappi durchaus gefallen hat ^^
Man kann Shinichi und die Organisation nunmal nicht trennen!
Wir hatten auch schon einige Kappis in denen nur Shinichi vorkam ... wieso dann nicht auch umgekert ?
Natürlich verlange ich auch nach dem pärchen ^-^
aber ich denke das dieses Kappi sehr wichtig war um auch alle zusammenhänge ineinander zu versthehen!
Denn es ist und bleibt ein Fall den der gute zu lösen hat ^^ und wenn wir einblick in die Organisation bekommen kann das auch nicht schaden ;)
Ich fand es ausserdem sehr schön geschrieben!
Es war durch deine be- und umschreibungen sehr angenehm zu lesen ^^

Ich freue mich jetzt schon auf das nächste ;)
Alles liebe deine treue Leserin Shelling Ford

Ps: Danke nochmal für die ENS ^^
Von:  Seiji_Takashi
2008-05-06T13:42:39+00:00 06.05.2008 15:42
Naja ich mag die Organisation nicht ^^
Also mag ich das Kapi nicht^^
Ich will wieder was mit Shinichi zusammen mit Ran^^XD(hoffentlich komt das bald ma wida das die 2 zusammen sind^^)
Bis zum nächsten Kapi^^
CUCU *wink*


Seiji
Von:  kagochan
2008-05-06T11:11:22+00:00 06.05.2008 13:11
Hi mein erster Kommi zu dieser FF. Die ist Super!!!! Auch das Kapi, doch auch wenn mich die Gegenseite interessiert so denke ich das ein ganzes Kapi zur Gegenseite etwas viel ist. Außerdem solol Ran wieder zu Shinichi zurück. Damit er wieder glücklich ist. Außerdem würde mich interessieren was Takagi von Wermut erfahren hat und was genau mit Miwako Sato passiert ist. Würd mich freuen wenn du diese Geheimnisse lüftest. Erwarte mit spannung das nächste Kapi, kagochan
P.S. Würd mich über ne Benachrichtigung per ENS freuen.
Von: abgemeldet
2008-04-15T22:41:33+00:00 16.04.2008 00:41
ja, es geht weiter ^^

das kap war wieder so lang, wie ich es gerne hab *_* nicht zu lang und nicht zu kurz, perfekt! ^^

wie das mit der organisation wohl ausgeht? wann kudo erfährt, dass ran eigentlich noch lebt? wie er reagieren wird? fragen über fragen... und ich freu mich auf antworten XDD

also.. bis zum nächsten kap ^^

LG
Ran_Mori1
Von:  Seiji_Takashi
2008-04-15T13:44:08+00:00 15.04.2008 15:44
Das Kapi fand ich sehr gut^^
Die stelle mit Shinichis Blick fand ich sehr gut^^*g*
Hoffentlich treffen sic die beiden wieder :D



Grüße


Seiji
Von:  Shelling__Ford
2008-04-14T16:47:20+00:00 14.04.2008 18:47
Hi ^^

Juhuu ♥ *freu* es geht weiter ;)
Ich finde es sehr schön wie du Shinichi auf Hugh aufmerksam gemacht hast ^^ diese kleinen Details fallem ihm natülich auf ^^ als Detektiv , wirklich sehr gut !

Aber ich muss sagen ich freu mich auch sehr das Ran mal wieder auftauch *grins* Auch das Gespärch mit ihr und den Organisationsmitgliedern war sehr gut ^^ ich bin wirklich noch gespannt wie sich all das entwickelt !

Besonders gut fand ich aber auch
1. Die Stelle wo Ran Shinichis Blick beschreibt gegenüber einem Täter
und
2. Die Frage ob der gute Shinichi vielleicht nicht auch an alledem zerbicht ^^ ♥

Ich bin gespannt welchen Schatz er nun noch holt ( vielleicht seine Waffe? hat er die denn noch ? sorry wegen der Frage aber ich hab es bis jetzt nicht geschafft die fic nochmal komplet zu lesen >.< )

Als dann bis bald deine treue Leserin Shelling Ford

Von:  Leira
2008-04-14T04:52:36+00:00 14.04.2008 06:52
Hi :)

Ein neues Kapitel! *freu*

Ach Hugh- Hugh... ^^
In was reitet der sich noch rein... und welchen 'Schatz' wollte Shinichi noch holen? Irgendein technisches Spielzeug?

Sehr schön fand ich auch das Gespräch zwischen Nebraska, Colorado und Ran... bin gespannt, wie's da noch weitergeht :)
Allerdings hätte man Shinichi ja auch eine anonyme Nachricht schicken können, dass man seine Freundin hat- dann hätte er nicht gewusst, wer genau ihn kontaktiert. Aber die liebe Nebraska wird wohl ihre Gründe gehabt haben, warum sie's lieber lässt ^^

Liebe Grüße,
bis zum nächsten Mal!
Leira :D
Von:  Shelling__Ford
2008-03-22T19:06:37+00:00 22.03.2008 20:06
Hi ^^

Sooorry das ich so spät bin ♥
Aber ich freu mich wirklich rießig das du an der Fic weiter schreibst ^^
Das mit Hugh hab ich mir schon gedacht *gg*
Aber ich fand Kogoros und Eris Verhalten Shinichi gegenüber wirlich schön ♥ Aber auch Sonoko ^^
Alles schien recht heiter und doch hast du die gedrückte Stimmung gut vermittelt die durch Rans Tod einfach immer nich herrscht *schnief*

Ich freu mich schon auf das nächste Kappitel
ich wünsche dir Frohe Ostern und verbleibe dir wie immer als deine treue Leserin Shelling Ford


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