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Einzelposting: Sweeney Todd


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Von:    -Amalthea- 05.04.2008 18:03
Betreff: Sweeney Todd [Antworten]
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Also, jetzt gebe ich auch mal meinen Senf dazu. Ich sage aber gleich, dass ich mir den Film zur Sicherheit gleich auf englisch angesehen habe ;-) und daher zu den deutschen Synchronstimmen nichts sagen kann. Musicals sehe ich mir ohnehin falls möglich immer auf englisch an, damit der Übergang nicht so stört. Außerdem habe ich „Sweeney Todd“ nur als Verfilmung gesehen, also nie auf einer Bühne.

Die rot-weiße Stange störte nicht, finde ich: sie war früher das Symbol der Friseure (die meisten Leute konnten nicht lesen und die Geschäfte hatten immer ein Aushängeschild, das jeder erkannte).

Das leuchtend rote Blut bei den Morden sah nicht echt aus, aber ich glaube, das sollte es auch nicht, sondern eher die Schärfe aus den Mordszenen nehmen. „Sweeney Todd“ ist kein Märchen mit Happy End, aber auch kein Horrorfilm, sondern es geht um gefühlsmäßige Verwicklungen, bzw. die Abgründe der menschlichen Seele. Deswegen stört der Gesang auch nicht, die Musik soll die Emotionen rüberbringen. Wer das nicht wahrnimmt (auch wenn ihm der Musikstil nicht entspricht), muss meiner Meinung nach ein Herz aus Stein haben... aber das nur am Rande.

Ich mag die Musik sehr, sogar „Johanna“ (*drop*), aber ich bin schon lange ein großer Fan von Sondheim. Er ist ein Intellektueller, ein großer Beobachter, romantisch aber auch mit einem starken Hang zum Sarkasmus. Ich fand auch, dass die Schauspieler sehr gut gesungen haben, vor allem wenn man bedenkt, dass sie keine ausgebildeten Sänger waren. Johnny Depp soll ja ziemlich gejammert haben („Neeein, ich kann doch nicht singen... ich werde mich total blamieren...“ xD) aber andererseits, so sollte man mal singen können, ohne berufsmäßiger Sänger zu sein. Die Stimme von Helena Bonham Carter gefiel mir auch, ja, killt mich ruhig...

Auf die Auflösung mit der Bettlerin wäre ich nicht gekommen, war für mich völlig überraschend, muss ich zugeben. Mein Freund hat so was schon ziemlich bald vermutet ;-) Mir war nur aufgefallen, dass die Sängerin eine ausgezeichnete Stimme hatte, das wies darauf hin, dass ihre Rolle wohl doch sehr wichtig ist.

Ich glaube, es kommt hier nicht so darauf an, ob die Geschichte hundertprozentig logisch und die Charaktere perfekt ausgefeilt waren. Judge Turpin z.B. ist ein hoffnungsloser „Böser“, man merkt ihm nicht einen positiven Zug an. Und Sweeney ist schlichtweg schwer geschädigt und seelisch krank. Meiner Ansicht nach ist es vor allem eine zutiefst moralische Geschichte, die aussagen will, dass man durch Rache seinen Seelenfrieden nicht wiederfindet (der Vergleich mit „Der Graf von Monte Christo“ fiel mir übrigens auch ein). Die Moral spricht Todd am Ende zu Mrs. Lovett aus:

„The history of the world, my pet
Is learn forgiveness and try to forget!“

Ob man mit dieser Moral (oder mit einer moralischen Geschichte allgemein) was anfangen kann, bleibt natürlich jedem selbst überlassen.

Ein Happy-End hätte ich in so einem Film unpassend gefunden, denn es geht um die düsteren Seiten der menschlichen Seele und darum, dass man sich mit ihnen abfinden, sie aber nie besiegen kann. Johanna kann mit Anthony fliehen, aber sie sagt ihm ehrlicherweise auch gleich, dass sie die Traumata ihrer Vergangenheit nie vergessen wird. Sie sagt „I’ve never had dreams, only nightmares“. Daraus habe ich mal vermutet, dass sie im Haus von Judge Turpin von frühester Jugend oder sogar Kindheit an missbraucht wurde.

Ich finde, Tim Burton hat nicht daneben gegriffen, es ist einer seiner typischen Filme, Thema: Zusammenprallen von zwei Welten - hier das brave, bürgerliche London und hinter den Kulissen Morde und Intrigen. Ein wenig unpassend fand ich, dass Johnny Depp und Helena Bonham Carter eigentlich zu jung und zu gutaussehend für die Rollen waren, trotz Maske ;-) Aber nun ja, es ist halt ein Hollywoodfilm.
Du selbst zu sein, ist das einfachste von der Welt. Schwierig ist nur, so zu sein, wie andere dich haben wollen.

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