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Little bird in a cage

von

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Doomed

Da ist im Grunde nichts, was ich sagen möchte.... Glaube ich... Die nächsten zwei Kapitel sind bereits fertig... Danke fürs Lesen...
 

XVI. Doomed
 

Meinem Engelchen gewidmet
 

……….~……….+Shinya+………..~…………..
 

Dai hält mich fest an sich gedrückt.

Nun, da ich den Kopf hebe und über seine Schulter hinweg die Welt sehe, die draußen vor dem Fenster liegt, in ihren unendlichen Farben, weiß ich endlich, was ich zu tun habe.

Der Pfad ist zu ende, und kein Licht vermag mich aus der Dunkelheit herausführen. Darum werde ich mich selbst niederlegen auf den nackten Grund.

Ich kann Kyo nicht helfen, dazu tauge ich nicht, so sehr es mir auch die Seele zerreißt. Doch wenn ich mich selbst vergesse und die Augen schließe, so werde ich zumindest Dai retten können.

Mit den letzten Tränen, die ich mir vom Gesicht wische, lege ich einen stummen Schwur ab. Ich werde Dai lieben, bis zu dem Augenblick, da er mich gehen lässt. Mein einziger Gedanke wird er sein, und wenn er möchte, dass ich für ihn sterbe, so werde ich es tun, und wenn er mir befiehlt zu leben, so werde ich gehorchen.

Dieses Leben war ohne Grund, ohne die Stimme die mir sagte, dass es in Ordnung ist, dass ich bin. Darum ist es nicht wichtig, dass ich weiter lebe, nicht wichtig, was ich begehre oder fühle. Dieses Leben soll von nun an nur noch ihm gehören.

Ich lasse zu, dass die Leere mich einnimmt und alles bedeckt, so wie der Schnee in einer kalten Nacht des Winters. Nur wage hallt noch der Name nach, den ich in der Nacht zuvor in Gedanken rief, ein tanzendes Trugbild ist sein Gesicht mit dem traurigen Lächeln, das er mir zum Abschied schenkte.

Unendlich ist meine Niedertracht und unerbittlich die Kälte, die der Schnee mit sich bringt, das Flehen um Vergebung unterer sich begrabend, ein stiller Friedhof in taubem Eis.

Ich berühre die Lippen des Mannes, den ich nicht liebe, und es dennoch werde, und ich spüre seine Blicke und seine Angst. „So will ich sein, was du dir ersehnst…“, noch ehe er etwas erwidern kann, habe ich seine Lippen mit den meinen verschlossen.
 

…………+…………….~Die~……………+………………
 

Man kann so viele Bücher oder Gedichte über das Glück lesen, wie man will, und doch kann man sich nicht ausmalen, wie es sich anfühlt, ohne dass man es selbst verspürt hat. Und noch viel weniger könnte man verstehen, wie es ist, wenn Glück und unendlicher Schmerz sich bei den Händen halten und in einem taumelnden Tanz verschmelzen.

Kein Wort kommt über meine Lippen, nur ein Lächeln legt sich auf dieselben als ich dir in die Augen blicke, und zugleich möchte ich schreien vor Pein.

Von dir gelöst bleibt mir doch die Wärme deines Körpers, so lange mein Blick auf deiner Gestalt ruht.

Für den Augenblick hat die Fähigkeit des Sprechens jeden Wert verloren, denn keiner von uns beiden benötigt diese Aneinanderreihung von Lauten, als wir unsere Sachen aufnehmen um Zimmer und Haus zu verlassen.

Draußen ist die Welt still geworden, und bizarr fällt das Licht der Sonne durch die Blätter, sichtbar durch den Staub der sich vom Boden erhebt. Ich lege meinen Arm um deine Schultern während wir gehen, und lausche auf das Geräusch unserer eigenen Schritte, vollkommen ebenmäßig und ruhig, ehe wir die Bushaltestelle erreichen, und die Welt zerbricht in Lärm und Gestank.

…Wer kann hier draußen noch leben?... Wie sollen wir sein, an diesem Ort….

Schwach lehnst du dich an mich, die geröteten Augen geschlossen, wie auf einem Gemälde, ein Ausdruck von Schönheit und Zerbrechlichkeit. Wo die Welt endet, da will ich mir dir sein, dort wo nichts mehr gilt, nur dass du an meiner Seite bist…

Das Bild zerfällt mit dem Eintreffen des Busses, in den wir einsteigen, uns gemeinsam auf einen kleinen Sitz drängen und eng aneinander geschmiegt den Blicken der Fremden preisgegeben.

Unsere Fahrt endet auf dem kleinen Busbahnhof vor unserer Schule, und du scheinst mir ebenso erleichtert, der Enge und Wärme zu entkommen, wie ich es bin. Kaum dass wir die frische Luft wieder in unsere Lungen aufnehmen, nehme ich dich bei der Hand und ziehe dich nah an mich, um dir einen weichen Kuss auf die Wange zu hauchen. Es macht mir nichts, dass die Umstehenden zu tuscheln beginnen, doch wieder einmal wird mir nur allzu deutlich klar, dass es Menschen gibt, die uns für das verabscheuen, was wir sind, und Homosexualität sogar für eine Krankheit zu halten scheinen, die jeden befällt, der uns ein wenig zu nahe klommt.

Unsicher sehe ich dich an. …Ob es dir etwas ausmacht, dass sie reden?... Ich möchte dich nicht noch unglücklicher machen, als ich es ohnehin schon tue…

Als sich unsere Blicke treffen, nickst du mir kaum merklich zu, und küsst mich flüchtig auf die Wange. Ich kann das glückliche Lächeln, das sich nun auf meine Lippen legt einfach nicht zurückbehalten. Zu warm ist das Gefühl der Zuneigung, das in mir aufflackert.

Dicht beieinander schreiten wir an der murmelnden Menge vorbei, die sich nicht die Mühe macht zu verbergen, dass sie sich über uns das Maul zerreißen. Mit einem kurzen Seitenblick auf dein Gesicht versuche ich zu erkennen, was du empfindest, doch du hast dich vor der Welt verschlossen und dein Blick bleibt an die Ferne geheftet. Ich habe keine Angst mehr, dass du mir davonläufst. Kyo kann dich mir nicht mehr wegnehmen, dessen bin ich mir nun sicher.

Hoch ragt das Schulgebäude über uns auf, und wirft seinen langen Schatten auf uns. Ich sehe dich kurz zögern als wir uns dem Eingang nähern, und ziehe dich in meine Arme, um dich zärtlich an mich zu drücken. „Warum zögerst du?“, raune ich leise an deinem Ohr, und ich spüre wie dein Körper sich anspannt. „Ich weiß es nicht… Es war nur ein kurzes Unbehangen, aber ich denke, es ist jetzt wieder in Ordnung….“, erklärst du mir ein wenig abwesend. Stumm seufzend streiche ich dir über das glänzende Haar.

„Du wirst nicht mit ihm… also du weißt schon…“, beginne ich unschlüssig, doch du löst dich von mir, und streichst mir über die Wange. „Keine Sorge… Wenn du es nicht möchtest, werde ich mich nicht auf Kyo einlassen…“

Lächelnd lege ich dir den Arm um die Schultern und bringe dich bis zu deinem Klassenzimmer, wo ich dich etwas widerwillig freigebe. „Ich… hole dich zur großen Pause ab… Du hast doch auch in der zweiten Stunde hier Unterricht, oder?“, etwas unbeholfen stehe ich da, und will dich eigentlich wieder an mich drücken, doch das Schrillen der Schulglocke erinnert mich, dass ich dringend zum Physikraum laufen muss.

„Hai… Ich werde hier warten…“, du lächelst mich an, und ein seltsames Gefühl beschleicht mich. Für einen winzigen Augenblick berühren sich unsere Lippen, ehe ich mich abwende und davon haste. Nicht nur die Befürchtung zu spät zu kommen treibt mich an, sondern auch der Versuch vor dir zu verbergen, dass ich Angst habe. Angst, dass ich mich irre, und du dich doch Kyo anvertraust.

…Ich will deinen Worten Glauben schenken… ich versuche es, so sehr ich kann…
 

……….~……….+Shinya+………..~…………..
 

Gerade als wolle ich sicher gehen, dass er mich nicht mehr beobachtet, sehe ich ihm nach bis er um eine Ecke biegt und somit meinen Blicken entschwindet. Jedoch bleibe ich auch nachdem er schon lange außerhalb meiner Reichweite ist wie angewurzelt stehen.

…Wie soll ich Kyo gegenüber treten?... Ich darf ihm nicht zu nahe kommen, und ihn auch nicht näher an mich heran lassen…

Die vergangene Nacht drängt sich in mein Bewusstsein und ich senke den Kopf, kaum in der Lage meine Tränen zu unterdrücken. ….Wenn ich ihn auf diese Art abweise, werde ich ihn verletzen…. Dabei will ich ihm doch helfen…. Nicht verbergen müssen, dass ich ihn im Grunde sehr gern habe… Ich muss es vergessen… Vergessen, dass ich ihn mag….

Mit zitternden Fingern drücke ich die Tür zu meiner Klasse auf.

Lautes Gemurmel und Gelächter dringt nun an mein Ohr, Schüler die sich miteinander unterhalten und scherzen ohne mir auch die geringste Beachtung entgegen zu bringen. Fieberhaft suche ich den Raum ab. Kyo ist nicht hier. Ich kann ihn nirgends entdecken.

Plötzlich werde ich mir des Schlagens meines eigenen Herzens bewusst, langsam und doch schmerzhaft. …Wo ist er?.... Er muss doch hier sein…

Panik überkommt mich als ich erneut die Augen durch den Raum wandern lasse, ehe mein Blick von einem Paar dunkler Augen gefangen genommen wird. Toshiya sieht mich sowohl fragend als auch forschend an, als könne er auf diese Weise die Antwort auf eine Frage erlangen, die ihm bis zu diesem Augenblick verschlossen gewesen ist. Ohne zu zögern stürze ich auf ihn zu, spürend dass ich kurz davor stehe, in Tränen auszubrechen. …Was, wenn ihm sein Vater etwas angetan hat?.... Ich sollte jetzt bei ihm sein… nicht hier…

„Toshiya!“, ich falle beinahe als ich mich zu seinem Tisch durchdränge, „Weißt du was mit Kyo los ist? Er hat angerufen, und jetzt ist er nicht da, und ich… ich weiß nicht was.…“, mir versagt die Stimme vor lauter aufgestauter Sorge und Angst. …Bitte… Ihm darf nichts zugestoßen sein….

Aus unergründlichen Augen blickt der Freund jenes Jungen, den ich im Stich gelassen habe, zu mir empor. „Ich hatte eigentlich gehofft, du könntest mir sagen, was mit ihm ist….“, leise und traurig streicht er sich das Haar aus dem Gesicht und bricht dabei unseren Blickkontakt.

„Ich bin heute Morgen bei ihm gewesen, um ihn abzuholen… Aber er hat mich nicht in sein Zimmer gelassen… Mich nur angeschrieen, dass er seine Ruhe haben will, und nicht mit mir kommen wird….“ Mein Herzschlag rast nun wieder und mir wird übel. „Ich weiß nicht was mit ihm ist… Weiß es einfach nicht….“, flüstere ich leise und voller Schuldgefühle. Den Kopf gesenkt ringe ich um meine Selbstbeherrschung um nicht dem Drang nachzugeben, mich auf der Stelle umzuwenden und zu Kyo zu laufen. „Sch…. Ist ja gut….“, ich spüre die Hand Toshiyas auf meiner Wange während er mir vorsichtig eine verirrte Träne von der Wange wischt. „Keine Angst… Kyo wird nichts passieren und er wird sich auch nichts antun… Er hat schon viel überstanden, und was auch immer geschehen sein mag, er wird durchhalten…“, ich wehre mich nicht, als mich der Dunkelhaarige in seine Arme zieht.

„Ano…. Shinya-san? Darf ich dich etwas fragen?“, er drückt mich etwas von sich um mir in die Augen blicken zu können, und ich nicke schwach, „Kyo hat gesagt dass er glaubt, dass du und Dai…“, ich nicke erneut noch ehe er den Satz beende hat und lasse den Kopf hängen.

Der andere Junge schweigt nur, ehe ich es leise rascheln höre und er nach meiner Hand greift um einen kleinen, kalten Gegenstand aus Metal hinein zu legen. „Der Schlüssel zu dem Haus, in dem Kyo wohnt… Du weißt wo es ist…. Du bist schließlich bei ihm gewesen….“, er zwingt mich dazu, den Kopf wieder zu heben. „Bitte geh zu ihm… Auch wenn er mich nicht sehen will, so wird er dich gewiss nicht abweisen“, er lächelt als er meine Maßlose Verwirrung bemerkt. „Für ihn bist du sehr wichtig…. Etwas ganz anderes als ich für ihn bin….“

Die Worte Dais kommen mir in den Sinn und es fühlt sich an, als habe man mir eine Faust in den Bauch gerammt. …Kann das sein?... Erschrocken starre ich Toshiya an.

„Ich kann nicht….“, bringe ich heiser hervor.

„Bitte, Shinya… Ich möchte nicht mehr von dir, als dass du bei ihm bist…“ Mein Atem wird immer unregelmäßiger. „Ich kann nicht… Dai wird…. ich will nicht, dass etwas passiert….“, für einen Augenblick ist der Gesichtsausdruck meines Gegenübers von Unverständnis gezeichnet, ehe er zu begreifen scheint. „Dann hat Kaoru von euch beiden gesprochen….“, er schüttelt den Kopf und zieht mich wieder an sich.

…Kaoru?.... Es dauert nur einen kurzen Augenblick ehe ich den Namen einordnen kann…. Dai hat mir von ihm erzählt…. Sie sind gute Freunde… Kennen Toshiya und er sich ebenfalls?...

Meine Gedanken und unser Gespräch werden durch das Eintreffen des Lehrer beendet, der energisch die Tür in ihr Schloss knallt und mit lauter Stimme nach Ruhe und Ordnung verlangt, so dass ich mich von Toshiya lösen und mich auf meinen Platz setzen muss.

Der Unterricht beginnt, doch die gesprochenen Worte des Lehrers erreichen mich nicht.

Mir wird plötzlich klar, dass ich zu Kyo gehen muss, koste es, was es wolle, doch ich bin mir ebenso bewusst, dass ich dafür Dai verletzen muss, und den Schwur brechen, den ich erst vor weniger als einer Stunde abgelegt habe.

…Warum können wir nicht leben, ohne einander zu verletzen?....

Ich beiße mir so heftig auf die Lippe, dass ich Blut schmecke, doch es kümmert mich nicht, hat keine Bedeutung für mich. Ich spüre nur den Schmerz. Schmerz den ich ohne Frage verdient habe.

Ich will Dai nicht wehtun. Aber noch viel weniger kann ich es ertragen, wenn Kyo wegen mir leiden muss…
 

…………+…………….~Die~……………+………………
 

Während ich Kringel auf meinen Block male und jedes Wort meines Physiklehrers standhaft ignoriere, fühle ich die ganze Zeit über die Blicke Kaorus auf mir ruhen. Wir haben uns kaum unterhalten, doch nicht nur weil zu wenig Zeit dafür gewesen ist, sondern vor allem weil er so kalt wirkt, abweisend, desinteressiert.

Er hat nicht danach gefragt, ob ich meine Zeit mit dir genossen habe, oder was wir gemeinsam unternommen haben. Er hat mich nur stumm und beinahe vorwurfsvoll angesehen und sich schließlich abgewandt. Auf meine Frage, was los sei, hat er nur gelächelt und behauptet es sei alles in Ordnung.

….Ich verstehe wirklich nicht, was mit ihm los ist…. Ich würde es gerne wissen…. Aber er redet ja nicht, und ich kann ihn schlecht dazu zwingen….

Ich wende mich ihm zu und begegne einem traurigen Blick aus einem Paar dunkler Augen, ehe Kaoru den Kopf senkt, seltsam schüchtern und betrübt. Verwundet über diese Geste starre ich ihn an. …Was ist nur mit ihm?.... Sonst ist er doch auch nicht so…

„Kao?“, wispere ich leise seinen Namen und rutsche vorsichtig mit meinem Stuhl in seine Richtung. Er hält den Kopf weiterhin gesenkt, so dass seine Haare mir die Sicht auf seine Züge verwehren, doch ich sehe deutlich wie sich sein Kiefermuskel anspannt als er für einen Moment die Zähne aufeinander beißt. „Was ist mir dir?“, will ich ganz leise wissen.

„Es ist nichts….“ Seine Worte lassen einen gewissen Ärger in mir aufflammen. ….Natürlich… Ist doch ganz offensichtlich, dass „nichts“ mit ihm ist… Darum spricht er auch kaum mit mir, sieht aus, als würde er fast weinen und kann mir nicht in die Augen blicken… Ein verächtliches Schnauben von mir gebend wende ich mich wieder meinem Block zu und murre still in mich hinein während der Unterricht an mir vorbeizieht, die die Landschaft an einem Zug.

…Ob du dich tatsächlich nicht mit Kyo unterhalten hast?.... Ich versuche dir zu glauben, aber ich kann einfach nicht anders, als mir wieder und wieder diese Frage zu stellen. Er ist wichtig für dich, auch wenn ich nicht mehr genau zu sagen vermag, wie wichtig… Du hast gesagt, du würdest mich lieben… Dass du sein wirst, was ich mir ersehne… Ein kleiner Vogel in einem Käfig, der nur zu mir gehört… Ich werde verrückt… Ganz langsam verliere ich den Verstand…. Mit jeden Mal, da ich ach meine Kontrolle verliere… Und am Ende werde ich dich zu Grunde richten…. Deine zarten Schwingen endgültig zerbrechen mit meiner zerstörerischen Hand… Wer vermag dich zu retten?....

Ich lege den Kopf auf meinen Armen nieder. …Wir sind zum Scheitern verurteilt, du und ich… Und obschon ich weiß, dass ich dich verletze, kann ich dich nicht freigeben, dich nicht von den langen, scharfen Dornen befreien, die ich dir in die Schwingen getrieben habe…. All das Blut als Zeichen meiner Schuld…
 

……….~……….+Shinya+………..~…………..
 

…Dai wird gleich hier sein….

Beunruhigt verfolge ich den Sekundenzeiger meiner Uhr. …Ich weiß nicht, was ich tun soll… Obwohl ich weiß, was ich tun möchte, kann ich nicht zu sagen, ob es das richtige ist….

Die Schulglocke schrillt unangenehm und beendet den Unterricht der zweiten Stunde. Ich springe auf und stopfe meine Sachen in meine Schultasche, ehe ich zu Toshiya haste. Ohne dass ich etwas sagen müsste lächelt er mich an und stricht mir kurz über den Kopf. „Ich werde sagen dir sei schlecht geworden…“, erklärt er mir leise und heftet den Blick auf die Tür.

„Hör zu, Shinya… Mache dir bitte keine Gedanken wegen Dai…. Ich werde dafür sorgen, dass er nicht bei euch aufkreuzt…“, ich nicke, und trotz dieses Trostes lässt sich die Unruhe in meinem Körper nicht niederringen, als ich mich von ihm anwende und mich der Tür nähere.

„Shinya…“, der laute Ausruf des Dunkelhaarigen veranlasst mich dazu, mich noch ein letztes Mal umzuwenden. Seine Lippen formen ein einziges Wort. „Danke“

Ich lächle ihn traurig an und wende mich endgültig ab. Kaum dass ich auf den Gang hinaus getreten bin, entdecke ich auch schon Dai, der um eine Ecke eilt, und sich auf mich stürzt um mich an sich zu drücken. „Ich habe dich vermisst….“, haucht er leise.
 

Die gesamte Pause über hält Dai mich dicht an sich gedrückt, als befürchte er, ich könne ihm sonst davonlaufen. Wir haben die ganze Zeit über kaum ein Wort gesprochen, sondern nur eng aneinander geschmiegt dagesessen und sie vorbeiziehenden Schüler beobachtet, so dass ich zusammenzucke, als er zu sprechen beginnt.

„Ano…. Hast du eigentlich mit Kyo…?“, es ist nicht nötig, dass er seinen Satz beendet, denn dies ist die Frage, auf die ich seitdem er mich abgeholt hat gewartet habe, geradezu darauf gelauert, dass er sie stellt, bei jedem Mal da er sich räusperte oder regte. Und doch fällt es mir nun schwer, die Worte über die Lippen zu bringen. „Wir hatten ohnehin nicht die Gelegenheit dazu miteinander zu sprechen… Der Lehrer ist ziemlich schnell da gewesen…“, es tut mir Leid, ihn zu belügen, und es schnürt mir die Kehle zu. Ich habe ihm ohnehin schwerlich in die Augen blicken können seit dem Moment da ich weiß, dass ich das Versprechen, das ich erst vor kurzem gegeben habe, schon jetzt brechen werde, und nun, da er mich auf diese beruhigte und zufriedene Weise anlächelt, steigt Übelkeit in mir auf, und ich kann die Schuldgefühle kaum noch verbergen.

Flüchtig streifen seine Lippen die meine und er zieht mich näher an sich. Kummervoll schmiege ich mich an seinen Warmen Körper, dessen Nähe noch immer angenehm ist, doch nun, da dieses andere Gefühl, das ich zuvor verspürt habe, fehlt, macht sie mich unruhig.

Zusätzlich schlägt mein Herz bei dem Gedanken daran, dass ich im Begriff bin, Dai zu verletzen und zu verraten, schmerzhaft gegen meine Rippen und beinahe glaube ich, dass der Rothaarige es spüren kann, und ahnt, was ich vorhabe. Doch ein Blick in seine warmen Augen führt mir meinen Irrtum vor Augen, und ich habe das Gefühl mich übergeben zu müssen vor lauter Ekel vor mir selbst.

…Er vertraut mir… Er vertraut auf die Worte, die ich zu ihm gesprochen habe, darauf, dass ich mich von Kyo fernhalten werde, und darauf, dass ich bei ihm bleiben werde… Er vermutet es nicht einmal….

Mein Körper verkrampft sich unter dem sanften Streicheln seiner Hand auf meinem Rücken. Er bemerkt es und sieht mich fragend und ein wenig besorgt an, doch ich lüge ihn weiter an, indem ich lächle und ihm über die Wange streiche, ehe ich ihn zärtlich küsse. Seine Hand in meinem Haar fühlt sich fremd an. …Warum nur?.... Wie kann er immer noch dieses Gefühl für mich empfinden, das er „Liebe“ nennt?.... Asagi war wie er…

Eine unendliche Kälte befällt mich und ich klammere mich Halt suchend an den Körper des Größeren, mein Gesicht an seiner Schulter verbergend. …Weil ich nicht stark genug war, weiter zu machen, habe ich Asagi verlassen… Ihn ganz alleine gelassen, ohne daran zu denken, was ich ihm damit antue… Und nun ist er tot… Einfach so… Weil ich gegangen bin, und ihn alleine ließ… Es ist meine Schuld, dass er sich umgebracht hat…

Nur mühevoll unterdrücke ich das Zittern meines Körpers. …Was wird mit Dai sein?.... Ängstlich sehe ich zu ihm empor in seine warmen Augen voller Zuneigung für mich, der ich sie nicht verdient habe. …Wir er ebenso daran zerbrechen müssen?.... Zaghaft berühre ich seine Wange. Der rothaarige junge Mann schließt die Augen und legt den Kopf leicht zur Seite, fordert mich somit dazu auf, seinen Hals entlang zu streichen. Auf seinen Lippen liegt ein zartes Lächeln, so zerbrechlich als könne ein Windhauch ausreichen, um es für immer zu zerstören.

…Vielleicht werde ich genau das verursachen… Wenn er nun zerbricht, so wird es ganz allein mein Verschulden sein… Sanft lege ich meine Lippen auf seine Stirn. ….Es tut mir wirklich Leid…. Ich kann es weder in Gedanken, noch in Worte fassen… Ich bereue… Viel mehr als alles andere bereue ich… Ich hätte nicht sein dürfen… Ein Kind ohne das Recht darauf zu leben…

„Du bist so wunderschön…“, haucht er liebevoll und kichert als ich den Kopf senke, „Ich meine es ernst… Für mich bist du das Schönste auf diesem Planeten… Mein kleines Vögelchen…“, seine Lippen auf den meinen bin ich nicht in der Lage, ihm zu widersprechen. Es wird nicht lange dauern, und er wird erkennen müssen, dass ich alles andere als schön bin. Dass ich nicht das Vögelchen bin, das er in mir sieht… Dass ich einfach nicht sein kann, was er sich ersehnt.

Ich wünschte ich könnte es ihm ersparen und für ihn meine Seele geben, damit er glücklich sein kann.

Doch mein Verrat beginnt mit dem Augenblick, da die Schulglocke das Ende der Pause verkündet, zusammen mit dem Klagechor der Raben, der sich von jenseits des Schulgebäudes erhebt.

„Dai? Ich bringe doch zu deiner Klasse…“

„Nichts da… Du wirst zu spät kommen…“

„Ich möchte dich aber hinbringen….“

„…. In Ordung…“
 

+Und würde das Vögelchen seine Seele verkaufen…

+könnte es doch nicht den Weg hinaus finden….

+Langsam sterbend versuchst du deine Flügel zu entfalten

+…Endlich kannst du sehen, was ich getan habe…

+Doch für eine Flucht ist es längst zu spät…

+Dir bleibt kein Weg nach hinten, keiner nach vorne

+Für blinde Vögel ohne Schwingen gibt es nur diesen einen Weg…



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2007-07-19T18:18:25+00:00 19.07.2007 20:18
Vielen, vielen Dank für die Widmung *-* Das ist wirklich sehr lieb...
Nya... erwarte nicht so viel vom Kommi, ich bin noch ganz hin und weg... Oo

Es war wieder wundervoll geschrieben... wirklich, ich liebe deinen Stil...
Kaoru war wieder da <3 Uhm... und ich denke, die Andeutungen sprechen eine eindeutige Sprache~ Ich frag mich nur, wie Dai reagiert? Bei seiner Psyche ist das ja schwer einzuschätzen...
Wieso ist Kyo nicht gekommen? ;__; Wenn er da gewesen wäre, wäre es für Shinya zwar auch noch schwer gewesen, aber wahrscheinlich nicht so schlimm wie jetzt, wo er nicht weiß, was mit ihm ist...
Und außerdem muss er jetzt deswegen seinen Schwur brechen... Mau, wieso denkt Shinya bloß immer nur an andere...? Ich bin ja gespannt, wem er am Ende entscheidet zu helfen... ich könnte mir stark Kyo vorstellen... hm.
Dais Reaktion darauf will ich mir auch nicht vorstellen... immerhin war er in diesem Kapi doch gerade so lieb...
Nya... das wars dann auch von mir...~
Nochmal danke <3
Engelchen
Von: abgemeldet
2007-07-19T16:57:51+00:00 19.07.2007 18:57
T.T danke das du ihn online geschaltet hast...ich glaube es reicht wenn ich sage das ich meine zu glauben was du gefühlt hast als du dieses Kap geschrieben hast, und ich selbst heulen musste...*drück*...schreib weiterhin so gut^^v und lass dich bloß nicht einschüchtern hai?

ergebenst
Von:  Wheel_of_Fortune
2007-07-19T12:40:51+00:00 19.07.2007 14:40
Hallo, mein Schäfchen. ^^
Mein Kommi kommt mal ausnahmsweise nicht zu spät, wie es sonst leider ist.
*hust*

Erst einmal will ich dich ganz doll drücken, ganz, ganz doll. ^^
Warum?
Kaoru ist wieder aufgetaucht!
*sich freut*
Für mich ist er wirklich in der Geschichte der interessanteste Nebencharakter, auch was seine Beziehung zu Dai angeht.
Ich denke, ich liege mit meiner Vermutung über ihn richtig, da die Andeutungen, die in diesem Kapitel vorkamen, ich nicht anders interpretieren kann.
Doch was geschieht mit ihm, wenn es Dai erfährt?
Kaoru scheint zwar belastbar zu sein, aber bis zu welchem Grad?
Ich glaube, wegen seiner Beziehung zu ihm (Dai) wird er noch eine wichtige Rolle spielen.

Das Kyo zu Hause geblieben ist, ist beunruhigend, wenn ich da an seinen Vater denke.
Ist er vielleicht zu Hause, weil sein Vater zu hart mit ihm umgesprungen ist und er nicht will, dass Shinya ihn so sieht und sich Sorgen wegen ihm macht?
Wenn ja, so ist das trotzdem keine Lösung, Shinya sorgt sich auch so um ihn.
Auch interessant ist es sich zu fragen warum sein Vater Kyo etwas angetan hat. Dazu habe ich auch eine Vermutung, die ich aber nicht äußern werde, ich will mal schauen, ob ich mit dieser Recht behalte.

Nun, was Shinya anbelangt, kann man sagen, dass er immer weiter seinen eigenen Strick dreht.
Durch dieses Versprechen wird er nur noch mehr und mehr unglücklicher.
Unfähig, vor der Nähe Dais zu fliehen, aber auch unfähig ihm die Wahrheit zu sagen.
Man sieht in dem Kapitel wirklich, dass er erst an andere und dann erst an sich denkt, er will Dai nicht verletzen, aber auch nicht Kyo im Stich lassen.
Im Endeffekt muss er aber einen von ihnen verletzen um dem jeweils anderem zu helfen, denn beiden kann er nicht beistehen.
Jetzt hat er sich entschieden Dai zu verletzen um Kyo zu helfen.
Man merkt zudem aber auch, dass Shinya sehr ehrlich ist und es ihm widerstrebt zu lügen, das sieht man gut daran, wie ihm, als er Dai anlügt, sehr übel wird und er sich selbst wegen dieser Sache anekelt.
Ob er den richtigen Weg gewählt hat,Kyo zu helfen und Dai zu verletzen, weiß man nicht, aber wir werden es bald erfahren.

Dai war in dem Kapitel sehr freundlich, man wurde nur mit der einen Seite seiner Psyche konfrontiert, dem lieben und netten Kerl, der einem nichts tut.
Doch bald wird er seine zweite Seite zeigen, spätestens wenn er erfährt, dass Shinya ihn angelogen hat.
Wie Toshiya ihn da aufhalten will, ist mir ehrlich gesagt ein großes Rätsel, ich hoffe nur er bezahlt nicht mit dem Leben...
Interessant wäre es auch seine Seite der Beziehung zu Kaoru zu beleuchten. Er bekommt von seinem seltsamen, für mich aber eindeutigem Verhalten nichts mit, absolut gar nichts, was zweifellos an seiner Besessenheit zu Shinya liegt.
Doch irgendwann wird er das mit Kaoru erfahren, die Frage ist wie er darauf reagiert, bei Dai weiß man das nie im Vorraus, weil er wegen seiner Psyche schwer einzuschätzen ist.

Sehr erfreulich finde ich es auch, dass nun eindeutig bestätigt wurde, dass nicht Kyo, sondern Asagi tot ist, auch wenn ich nur eine vage Ahnung habe, warum er den Freitod gewählt hat.
Wäre lieb, wenn du das mir erklären könntest oder in der FF, da meine Ahnung für mich selbst zu banal ist, als dass sie wahr sein kann.

So, ich hoffe ich habe dich mit dem Kommi etwas aufgemuntert, im Moment hast du das allemal verdient.
*dich ganz doll knuddelt*
Dein Wölfchen

Von: abgemeldet
2007-07-17T17:41:44+00:00 17.07.2007 19:41
mal wieder sehr schön geschrieben ^^
freu mich schon auf die nächsten kapitel


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