Die junge Mutter erwacht
Tayuya wurde von einem leisen Geräusch geweckt, welches sie nicht kannte. Sie
versuchte die Augen zu öffnen, doch ihre Kraft reichte dafür nicht aus. Also
versuchte sie erst einmal zu erkennen, wo sie sich befand. Tayuya spürte das
weiche Laken auf ihrer Haut. Ihre langen Haare kitzelte sie an der Nase und am
Kinn.
Jetzt nahm sie auch das seltsame Geräusch besser wahr. Es war ein leises Atmen
und Aufglucksen. In ihrer Erschöpfung wusste sie, von wem dieser Klang
ausging.
Ihre ganze Kraft zusammen nehmend drehte sie den Kopf nach rechts und öffnete
die Augen. Dort lagen in einer Wiege zwei winzige Säuglinge. Tayuya betrachtete
die zarten, rosa Gesichter der in weißen Stoff eingewickelten Kinder und
lächelte leicht. Sie waren so klein und zerbrechlich. Das sollten Orochimarus
Kinder sein? Weder ihre Hautfarbe noch ihre gesamte Erscheinung erinnerten sie
an den Meister. Sie wagte einen Blick an sich herab und konnte endlich wieder
bis zum Fußende des Bettes schauen.
Merkwürdig. Es war zwar klar, dass sie sich auslaugt fühlte, aber da war nun
auch noch eine seltsame Leere, als hätte sie alles Leben verlassen. Nun war es
also geschehen. Sie hatte die Kinder zur Welt gebracht. Nur noch vage konnte sie
sich an die unzähligen Stunden erinnern, in denen sie um ihr Leben und das der
Kleinen gekämpft hatte.
Tayuya spürte noch immer Orochimarus Arme, die sie festgehalten hatten, als sie
sich verzweifelt gegen die höllischen Qualen gewehrt hatte. Konnte noch immer
Kabutos und Tsunades heilende Hände fühlen, die sich einer Übermacht aus
Schmerzen und Blut entgegengestellt hatten. Anscheinend hatten sie gewonnen.
Aber zu welchem Preis?
Das Laken verdeckte ihr die Sicht auf ihren Unterleib. War sie schwer verwundet?
War es schlimmer als die Verletzungen, die ihr damals im Wald zugefügt worden
waren? Wann würde sie aufstehen können? Ihr war klar, dass sie in den
nächsten Tagen nicht würde herumspringen können, aber bei dem dumpfen
Schmerz, den sie gerade empfand, war sie sich nicht sicher, ob sie sich
überhaupt vom Bett erheben wollte.
Während Tayuya über ihren geschundenen Körper und das, was er hervorgebracht
hatte, nachdachte und die beiden Säuglinge mit einer Spur von Stolz
betrachtete, öffnete sich die Tür.
Langsam drehte sie den Kopf in Richtung des Eindringlings. Eine Art
Beschützerinstinkt kam in ihr hoch, doch als sie den Vater ihrer Kinder
erblickte, wurde der Instinkt durch ein Gefühl der Wärme und Sicherheit
abgelöst. Bei einem solch starken Papa hatten die Kleinen kein Unheil zu
fürchten.
“Tayuya, endlich bist du wieder wach.”, sagte er mit sanfter Stimme.
Das Bild vor den Augen der jungen Mutter verschwamm für kurze Zeit und sie
stöhnte unter der Pein, die Tayuya sich selbst zufügte, als sie sich erheben
wollte.
“Bleib liegen. Es ist schon gut.”
Stumm verzog sie ihr Gesicht und gehorchte. Dann spürte sie eine Bewegung neben
ihr auf dem Bett. Als Tayuya wieder die Augen öffnete, saß Orochimaru bei ihr
und streichelte ihre Wange.
Für die nächsten Worte musste sie erst einmal wieder Kräfte sammeln. “Geht
es den Kindern gut?”
“Ja, sie sind zwar zu früh gekommen, aber dank Kabuto und Tsunade haben sie
alles gut überstanden. Sie stehen anderen in nichts nach.” Er küsste sie auf
die Stirn. “Sie sind wunderbar, einfach perfekt. Ich bin so stolz auf
dich.”
Tayuya dachte kurz nach und sagte dann mit einem Grinsen: “Versprich mir, dass
du mich nie wieder schwängerst.”
Orochimaru versuchte sein Lächeln zu verbergen. “Keine Sorge, ich will die
nächsten paar Jahre genießen.”
Tayuya ließ ihren Blick von den schlafenden Kindern auf ihren Körper wandern.
“Ich fühle mich so leer. Wird das Gefühl bleiben?” fragte sie mit naiver
Stimme.
Er konnte nicht widerstehen und legte vorsichtig seine Hand auf die Decke.
“Wenn du dich wieder erholt hast, werde ich mich dort wieder aufhalten.” Das
schwache Lächeln auf seinem Gesicht verschwand wieder, als er sie ansah.
Mit leicht bebender Stimme fragte Tayuya: “Bin ich durch ... das Ganze ...
stark verletzt worden?”
“Mach dir bitte keine Gedanken darüber. Tsunade hat dich vollständig
geheilt. Du musst nur in nächster Zeit ein wenig vorsichtig sein.”
“Wie schlimm war es?” Ihre Stimme wurde zu einem Mitternachtsflüstern.
“Es ist vorbei. Es war nicht so...”
“WIE schlimm?!”
“Du hattest sehr viel Blut verloren. Die Kinder hatten deinen Unterleib fast
zerrissen. Hätte es nur eine Minute länger gedauert, gäbe es dich und den
Jungen nicht mehr.”
Tayuya seufzte leise und erinnerte sich an den Moment, als sie ihren Sohn
geboren hatte. Mit einem zufriedenen Grinsen drehte sie sich zu ihm um und
meinte sarkastisch. “Ist er denn wenigstens gelungen? Nachdem er so einen
schwachen Start hinter sich hat.”
Welch ein Glück. Sie hatte die Situation selbst gerettet. “Ja, er ist mehr
als nur gelungen. Er kommt sogar ein wenig nach mir.” Er dachte an das kleine
beste Stück, dass der Junge hatte und grinste stolz.
“Da bin ich aber froh. Glaubst du, ich kann...” Tayuya versuchte sich
aufzurichten.
“Oh, natürlich. Ich helfe dir. Wen möchtest du denn gerne?” Orochimaru
half ihr, sich nach vorne zu beugen und sich aufrecht an das frisch
aufgeschüttelte Kissen zu lehnen.
“Welches ist denn der Junge?” fragte sie neugierig und beugte sich über die
Kleinen. Sie konnte keinen großen Unterschied feststellen, außer dass ihre
Haar- und Hautfarbe unterschiedlich war. Gut, dann würde sie die beiden ja gut
auseinander halten können.
“Der mit dem roten Haar.” Er stand auf und holte seinen in Decken
eingepackten Sohn um ihn ihr zu geben.
Mit dem unverwechselbaren Gesicht einer stolzen Mutter betrachtete sie den
Winzling, der aufgewacht war und seine Ärmchen nach ihr ausstreckte. Sie hatte
Tränen in den Augen vor Glück. “Er ist so ein süßes Baby. Er wird einmal
ein richtiger Herzensbrecher werden.”, meinte sie, als das Kind sein
Fäustchen um ihren Finger schloss. “So winzig...”
“Da die Kinder ja nun da sind, wird es auch Zeit, dass sie Namen bekommen,
meinst du nicht?” Er hatte sich nun selbst das Mädchen geholt und wiegte es
in seinen starken Armen.
Daran hatte sie die Monate über ja gar nicht gedacht! “Was schlägst du
vor?”
“Ich weiß noch nicht. Wir werden sehen. Was hältst du davon, wenn wir sie
einfach mit irgendwelchen Namen benennen, die uns einfallen und sehen, wie sie
darauf reagieren?”
“Also ich weiß nicht...” Tayuya betrachtete ihren Sohn. “Yuki?” Das
Kind überhörte den Namen einfach.
“Versuchen wir es einfach weiter.”, meinte er lachend.
Die drei wurden von einem sehr hohen Schrei aus ihren Gedanken gerissen. Das
lungenstarke Mädchen machte sich nun bemerkbar.
“Ich glaube, sie hat Hunger.” Orochimaru bekam richtige Vatergefühle, als
er zusah, wie Tayuya den Jungen ablegte und ihre Brust freimachte. Nachdem er
ihr das Mädchen gegeben hatte, konnte nur erahnen, wie das Kind nach der Stelle
suchte, an der es frische Milch gab. Freudentränen liefen ihm über die Wangen,
als er das saugende Geräusch hörte. Dafür hatten sie so hart und lange
gekämpft. Orochimaru konnte in diesem Moment einfach nicht mehr seine Gefühle
verbergen. Die kurze Zeit, in der Tayuya noch in ihrer Erschöpfung geschlafen
hatte, hatte sich Kabuto um die Versorgung der Kinder gekümmert. Orochimaru
hatte es nicht zugeben wollen, doch er war emotional einfach noch nicht auf
seine Rolle vorbreitet gewesen. Aber nun, da Tayuya diese Handlung mit einer
solch mütterlich instinktiven Selbstverständlichkeit ausführte... Er konnte
es einfach noch immer nicht fassen, dass er, der große, kaltblütige
Schlangenfürst, einmal gewollte Kinder haben würde. Und das Glück hatte ihm
gleich zwei auf einmal beschert.
“Orochimaru? Alles in Ordnung?” fragte die besorgte Tayuya, die nun ihr Kind
fertig gestillt hatte. Befriedigung und Zufriedenheit durchströmten sie in
diesem Augenblick. Es war ein erhabenes Gefühl das eigene Kind selbst ernähren
zu können. Außerdem war endlich dieses unangenehme Ziehen in ihrer Brust
verschwunden. Ihr Körper hatte wohl geradezu danach gefleht, das Kind endlich
nähren zu können. Es hatte sich seltsam angefühlt, als das Kind seinen Mund
um ihre Brustwarze gelegt hatte. Sie hatte es sich so ähnlich wie Orochimarus
Liebkosungen vorgestellt, doch es war ganz anders, viel zarter, aber auch
irgendwie drängender. Tayuya konnte es nicht beschreiben. Dafür musste man
einfach einmal selbst Mutter sein, um es begreifen zu können.
“Ja, ja, mir geht es gut. Ich freue mich nur so, dass alles endlich
überstanden ist.” Oh, er hatte ja keine Ahnung, was noch alles vor ihm lag.
“Yuri.”, sagte Tayuya zu dem Mädchen, bekam jedoch keine Antwort.
“Nimmst du nur Namen mit ‚Yu’?”
“Nein.”, sie übergab ihm wieder das Mädchen. “Ich fand nur, dass Schnee
und Lilie schöne Namen sind.”
“Na, wenn du meinst... Ich wäre eher für: Katsuro, also siegreicher Sohn.
Oder Kumiko, das ewig schöne Kind.” Er stellte sich die Kinder bereits mit
diesem Namen vor.
“Das sind sehr übertriebene Namen, findest du nicht? Außerdem fangen deine
Ideen mit ‚K’ an.”
“Hast du was gegen Ks?”
“Nichts.”, murrte sie eingeschnappt.
“Gut, denn der Junge soll mit einem ‚K’ anfangen.”, meinte er
schnippisch und mit einer aufmunternden Verspieltheit.
“Wie du willst...”