Dein Himmel.
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M o n a t: M a i
Das Stadion der Appleby Arrows bebte. Jeden Moment sollte die neue Saison beginnen und ein neuer Kampf, um die Schale der Primer Liga sollte beginnen. Der Himmel war sternenklar und es versprach kein Gegenwind aufzukommen. Das neue Stadion war zudem restlos ausverkauft und die Cheerleader heizten den Fans mächtig ein.
Der Boden vibrierte unter den Füßen der sieben Spieler, welche sich noch in den Kabinen befanden. Langsam zogen sie sich ihre hellblauen Mannschaftsumhänge an und griffen zu ihrer Schutzausrüstung. Ein silberner Pfeil erstreckte sich quer über das ebenfalls pflaumenblaue T-Shirt und symbolisierte die Gründung von 1612.
Unruhig schritt der Kapitän in der großzügigen und modernen Kabine auf und ab. Ein letztes Mal ging er die Spieltaktiken durch und ein jeden wurde erneut bewusst, wie wichtig dieses Eröffnungsspiel für sie war, schließlich hieß es eine neue Mannschaftsaufstellung zu beweisen.
James Sirius Potter, Kapitän und Torhüter sah jeden einzelnen seiner Spieler ins Gesicht und seine Stimme donnerte nur so durch den Raum. Sein rotbraunes Haar war zerzaust wie eh und je und seine grünbraunen Augen blitzten so gefährlich, wie bei jedem Training, dass sie bislang über sich ergehen lassen hatten. „Und wehe jemand wagt es seinen Arsch in die falsche Richtung zu brüskieren und sich nicht an die ausgemachten Strategien zu halten! Dem schwöre ich, dem setze ich persönlich das glühende Hufeisen auf beide Arschbacken!“
Angewidert verzog Phoebe Roosevelt das Gesicht, die maskuline Blondine und Treiberin mochte es nicht, wenn man solch vulgäre Wörter benutzte. Lediglich bei ihrem Trainer, Oliver Wood, sah sie darüber hinweg. Jetzt jedoch warf sie James einen missbilligen Blick zu, den er gekonnt ignorierte.
Ihr Partner, Darnell Nixon, ein schlaksiger Mann mit hageren Gesichtszügen und leuchtenden, grünen Haaren seufzte, als er die Miene Phoebes beobachtete. Seit mittlerweile sechs Jahren spielte er für die Appleby Arrows und hatte sich an die kleinen Aussetzer sämtlicher Kapitäne gewöhnt.
Ronja Garfield vergrub den Kopf in ihren schmalen Händen. Das kaum eins sechzig große Persönchen mit den kurzen, braunen Wildlocken konnte es nicht mehr ertragen, ihrem Kapitän zu zuhören. Sie bekam vor lauter Angst, Schluckauf und bat James, mit Tränen in den zarten veilchenfarbigen Augen, zu schweigen, jedoch machte ihr seine Empörung über diese Bitte noch mehr Angst, als sie sowieso schon hatte.
Ganz anders da, die einzige Jägerin im Team. Jackie Truman, eine hübsche Frau mit langen schwarzen Haaren und dunklen Augen, besah sich gelangweilt ihre frisch manikürten Fingernägel und schenkte James Potter nicht einen Wimpernschlag an Aufmerksamkeit. Wie auch, sie hatte bereits in Hogwarts-Zeiten mit ihm zusammen für Gryffindor gespielt und kannte jede seiner Reden auswendig. „Komm schon Potter. Müssen wir auf dein Friss Scheiße! warten, bis du endlich Ruhe gibst?“
Rechts von ihr, lachte ihr langjähriger Kollege, Benjamin Grant, und hustete gekünstelt, als James ihm einen tödlichen Blick zu warf. Unschuldig strich er sich durch das dunkelblonde Haar und schnürte noch einmal seine Schoner fest. Dann sah er zu seinem jüngsten und gleichzeitig neuen Kollegen. Es sollte das erste offizielle Spiel in der A-Mannschaft für ihn werden.
Scorpius Malfoy, seit drei Tagen zwanzig Jahre alt und einer der jüngsten Spieler, die je für die Appleby Arrows verpflichtet wurden. Seine sturmgrauen Augen sahen an die Decke und in seinen Händen hielt er lasch und lose seinen Besen. Dann schlug er die Augen zu und blendete für einen Augenblick lang all den Lärm aus. Seinen meckernden Kapitän, seine nörgelnden Mitspieler und die immer lauter werdenden Trommeln der Fans. Der Weg zum hier und jetzt war steinig für ihn gewesen und hatte ihn viel gekostet.
Seine Familie hatte ihn verstoßen, seine beste Freundin und einst Verlobte verachtete ihn und der Großteil seiner Freunde hatte sich von ihm abgewendet, als der Erfolg kam.
Er war im wahrsten Sinne alleine.
Etwas, womit er leben konnte. Bereits in Hogwarts war er kein Kind von Traurigkeit gewesen und als er das Schloss und sein zu Hause verlassen musste, hatte er es sich zur Angewohnheit gemacht, sich mit One-night-stands zu trösten, wenn ihm danach war. Etwas, was bislang relativ unkompliziert verlaufen war und er hatte es auch vor, es weiterhin so zu halten. Auch wenn er nicht glaubte, dass er in den kommenden Monaten viel Zeit für leichte Frauen haben würde. Seit vier Wochen trainierte er regelmäßig mit dem A-Team und er war jeden Abend wie tot ins Bett gefallen.
Coach Wood war kaum zufrieden zu stellen und langsam war in Scorpius die Frage aufgekommen, ob dieser Mann nicht vielleicht die Skrupel dafür besitzen würde, sie auch mitten in der Nacht aus ihren Betten zu schmeißen. Doch jetzt, in diesem Augenblick, sollte es ihm egal sein.
„Malfoy.“
Er sah auf und blickte geradewegs in die grünbraunen Augen seines Kapitäns. „Ich hoffe, dass du vor hast Nate Calebow den Rang als Torschützenkönig streitig zu machen.“
Scorpius grinste provozierend, was James genug als Antwort war. „Wenn die Ballycastle Bats genauso Pfeifen sind, wie ihre B-Mannschaft, dann dürfte das ja nicht weiter schwer sein.“
„Klare Ansage, Kurzer“, brummte Benjamin Grant und dann ertönte auch schon die laute Stimme des Stadionsprechers. Fred Weasley der Zweite verkündete mit Gleichgültigkeit in der Stimme die Gäste und huschte dann zu den Gastgebern, wobei sich seine Stimme bei den Namen seines Cousins beinahe überschlug.
„Es ist Zeit“, sprach James mit belegter Stimme und die Spieler erhoben sich. Scorpius schluckte und seine Hand umklammerte den Besten fester. Mit jeden Schritt, den er weiter zum Licht, auf das Feld zu machte, hämmerte sein Herz heftiger.
Adrenalin schoss durch seine Adern und er genoss den winzigen Augenblick der Freiheit, als er auf seinem Besen stieg und seinen Mannschaftskameraden in den sternenklaren Himmel folgte. Die lauwarme Nachtluft umhüllte ihn und als er die Augen über die Fans gleiten ließ, schlich ein Lächeln über seine Lippen. Sein Kopf sagte ihm, dass er es endlich geschafft hatte.
Er war da, wo er immer hingewollt hatte.
Doch sein Herz vermisste etwas schmerzlich und weinte.
Fortsetzung folgt...