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Schloss Tegel

von

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IV

Es nieselte leicht, als er unten die große Halle betrat. Natürlich begrüßte ihn keiner der Diener; niemand rechnete mit seinem so späten Kommen.

Heute war Alexander zwar nicht so dreckig wie gestern, aber er hatte Hunger, also klingelte er, kaum war er auf seinem Zimmer, nach Robert.

Es vergingen keine drei Minuten, da war sein Kammerdiener auch schon zur Stelle.

„Robert, ich möchte– “

Der junge Baron verstummte, als er die Lupe beiseitelegte, mit der er eben seine heute erbeuteten Pflanzen untersucht hatte, und das Tablett in Roberts Händen sah.

„Du hast…Was hast du da?“

Der Diener lachte leise und schloss die Tür hinter sich.

„Ihr Abendessen, Alexander, was sonst?“

Der Baron musste grinsen.

„Du kannst Gedanken lesen!“, rief er freudig und machte auf dem Tisch, der rechts zur Tür stand, für das Tablett Platz.

„Waren Sie also wieder am See.“ Es war schon eine Feststellung.

„Richtig.“

„Sie sollten Ihre gesammelten Werke mal wieder in Ihr Arbeitszimmer bringen. Die Fundsachen von dieser Woche nehmen Ihnen ja den ganzen Platz zum Essen weg.“

Alexander störte das weniger, denn er fing an, über die Gläser mit den Algen hinweg die Knödel auf seinem Teller zu schneiden.

Robert seufzte.

„Ehrlich gesagt würde es mich nicht wundern, wenn Sie sogar in Ihrem Bett irgendwelche Steine horteten.“

„Es sind niemals »irgendwelche Steine«, Robert. Es sind Kristalle, Fossilien, oder Muscheln.“

„Rechtfertigen Sie sich bitte nicht mit vollem Mund, mein Herr, das schadet Ihrem guten Benehmen.“

„Welches gute Benehmen?“

Der Kammerdiener sah den Baron kurz so an, als würde er über diese Frage tatsächlich nachdenken.

„Tja, das frage ich mich auch gelegentlich.“, meinte er dann schließlich nur, und endlich deutete ihm Alexander, dass er doch auf dem anderen Stuhl Platz nehmen sollte.

„War Mama sehr böse, dass ich nicht zum Abendessen da war?“

„Nun…“, begann Robert und überlegte, wie er es formulieren sollte, „Ich möchte ihr Ärgernis darüber nicht bewerten, aber, ja, es war vorhanden, ihr Ärgernis.“

„Aber gestern habe ich das Essen doch noch abgewartet, bevor ich los bin.“

„Trotzdem, mein Herr, Sie war nicht begeistert.“

Von Alexander kam nur noch ein Grummeln.

Eine Weile ließ ihn Robert essen, bevor er sich wieder zu Wort meldete.

„Es ist ja nicht so, dass es – also, bezüglich Ihres Problems…“

„Meines Problems?“, wiederholte Alexander ein wenig irritiert.

„Bezüglich Ihrer Neigung.“

„Ah.“

„Es ist ja nicht so, dass es da keine anderen Möglichkeiten gäbe. Eine beständige Lösung im Sinne einer…Festanstellung.“

Alexander sah seinen Kammerdiener an, als müsste er einem kleinen Kind eine Sache zum tausendsten Male erklären.

„Robert. Denkst du nicht, dass mir das viel zu riskant wäre?“

Was wäre Ihnen zu riskant?“

Das, auf was du hinaus willst.“

Der Kammerdiener kehrte seinen Blick fast ein wenig beleidigt ab, sodass Alexander schon dachte, die Diskussion wäre beendet, und er sich seinem Essen wieder zuwandte, da hängte Robert an: „Was ist mit Ludwig?“

Alexander verschluckte sich fast an einem Stück Möhre.

„Oh, also nicht Ihr Typ?“

„Versuch es erst gar nicht, ja?“

„Also eher der Düstere, Hinterhältige, Unberechenbare…?“

„Unterstellst du gerade Richard, dass er hinterhältig sei?“

Robert hob abwehrend die Hände.

„Mit keinem Wort.“, pflichtete er bei, seine Mimik sagte aber einmal mehr das Gegenteil.

„Hm.“, machte Alexander. Das schien ihn zum Nachdenken gebracht zu haben.

„Was ist, mein Herr?“, fragte Robert, die Sticheleien von eben vergessen, fast schon besorgt.

„Es ist wegen heute Mittag.“, fing der Baron an, „Da habe ich Richard auf dem Weg zum See in der Stadt gesehen. Ich weiß noch, dass ich mich fragte, was er auf der Post wollte. Ist seine Mutter nicht tot und er mit seinem Vater verstritten?“

„Ja, ich denke mich daran auch zu erinnern.“

Alexander nickte, anscheinend über diese Bestätigung zufrieden, während er mit der Gabel im Gemüse herumstocherte.

„Kannst du mir einen Gefallen tun, Robert?“

„Aber gewiss, mein Herr, es wäre nicht der erste.“

Der junge Baron lachte leise. „Das stimmt, in der Tat.“ Schnell wurde er aber wieder ernst. „Ich möchte, dass du Richard für mich im Auge behältst.“

Robert zog seine Augenbrauen in die Höhe. „Soso, also doch.“

Alexander atmete genervt aus. „Sicherlich nicht, Robert, du weißt genau, wie es gemeint ist. Richard oder Ludwig…sie sind es mir beide nicht wert, mein Leben zu zerstören. Der eine noch tausendmal weniger, als der andere.“
 

Es war am nächsten Morgen schon, als Robert seinen Herrn in einer nicht mehr so standhaften Gemütsfassung vorfand. Mit völlig zerzaustem Haar und wieder einmal nur mit der Leinendecke bekleidet, die er sich um die Hüfte gewickelt hatte, saß der junge Baron auf seinem Bett und rieb sich übers müde Gesicht.

„Ich habe schrecklich geträumt, Robert.“

„So, mein Herr, was denn?“, fragte der Kammerdiener teilnahmsvoll, während er die frischen Kleider aus dem Schrank holte.

„Ich war am See, schrecklich einsam, und dann ist plötzlich ein junger Mann aus dem Wasser gestiegen, kam auf mich zu, nackt, in all seiner Schönheit…“

Robert hielt mit dem Gürtel in der Hand inne, den er gerade über die Stuhllehne legen wollte. „Gut.“, seufzte er, „Ich werde Emma also sagen, sie soll die Bettlaken wechseln.“

„Robert!“, rief Alexander entrüstet und wirkte ein wenig wie ein weinerliches Kind, „Du verkennst den Ernst der Lage! Ich – es fällt mir immer schwerer diesen Weg vom See zur Scheune nicht mehr zu machen! Wer weiß, vielleicht schickt der alte Bauer die Jungen, die er mir aufgetrieben hat, immer noch dort hin, und jeden Tag warten sie auf mich, vergebens!“

„Herr Baron Alexander.“

Alexander schwieg sofort. Robert sprach ihn selten so an.

„Es ist gut, dass Sie damit aufgehört haben, es wurde sowieso zu gefährlich.“, sprach der Kammerdiener mit eindringlicher Überzeugung, „Sie sollten sich nicht um die Erfüllung sexueller Wünsche Sorgen machen, sondern um Ihren Ruf, der in dieser Zeit nun immer wichtiger zu werden scheint.“

„Wie meinst du das?“, fragte Alexander, und kaum hatte er die Frage ausgesprochen, konnte man das Unbehagen auf Roberts Gesicht erkennen.

„Nun, Ihre Frau Mama…“, fing er nur an.

„Ah.“ Alexander verstand.

Er senkte den Kopf. „Sie wird mit dieser Krankheit wohl wirklich nicht mehr lange leben, hm?“

„Es tut mir Leid, mein Herr.“

Eine Weile war es still im Zimmer, Robert unterließ es auch, die Kleider weiter zu richten.

Schließlich erhob sich Alexander aus dem Bett und lief ins Bad.

„Ich gehe heute an den See, ich muss an die frische Luft. Gleich nach dem Frühstück.“

„Aber– “

„Keine Angst, ich werde nicht weiter als zum See gehen. Wirklich nicht.“
 

Beim Frühstück konnte Frau von Humboldt bei ihrer Familie sitzen. Sie trug die Decke auch nicht mehr um den Körper, aber ihre Kammerzofe brachte ihr ein Glas voll Medizin, die sie nehmen musste.

„Was ist, Kinder?“, fragte die Baronesse harscher, als sie es meinte, „Schaut nicht so mitleidsvoll und esst weiter. Es schmeckt zwar nicht nach Champagner, aber es hilft.“, und sie brachte zum Ende sogar noch ein Lächeln zustande.

Caroline erwiderte dieses, während sich die Brüder nur gleichsam undefinierbare Blicke zuwarfen.

„Wir sollten überlegen, wann wir das erste Gartenfest dieses Jahr ansetzen.“, brachte ihre Mutter ein Gespräch zustande.

„Man sollte vielleicht noch warten, bis es etwas wärmer ist, Mama.“, gab Wilhelm zu bedenken.

„Und nicht so nass.“, warf Alexander ein, „Nicht dass ich etwas gegen Regen hätte, aber er macht sich so schlecht auf einer Gartenfeier.“

„Da hast du Recht.“, kommentierte Caroline; wie Alexander fand, etwas unnötig.

„Im April, denke ich, wird sich ein Termin finden lassen.“, schlug die Baronesse vor, „Vielleicht findest du dieses Mal bis dahin eine Begleitung.“, ergänzte sie, an ihren jüngeren Sohn gewandt.

Dieser nickte nur leicht, was auch gut als Ablehnung hätte durchgehen können, und nahm eines der kleinen Melonenstückchen mit Schinken in den Mund, um nicht verbal Antwort geben zu müssen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  BloodyMary1342
2011-07-19T16:43:37+00:00 19.07.2011 18:43
ich LIEBE die Gespräche zwischen Alex und Robert x3 <3 ♥
tja für Ludwig und Richard würde Alex sein Leben also nicht `zerstören´ lassen^^
(aber ich denke ich kenne jemanden der das auf jeden Fall dürfte, aber wohl niemals tun würde)^^
aber da Robert so dagegen ist, dass Alex zur Scheune geht (schließlich denkt der ja nur an die Armen kleinen Jungen die dort auf ihn warten und sicherlich vor Langeweile ohne ihn sterben xD)
aber da ich eigentlich dagegen bin, dass es Alex mit anderen Männern treibt als mit Heinrich schließe ich mich Robert an und verbiete Alex da hin zu gehen
[da aber schon 4 weitere Kapitel geschrieben sind werde ich darauf wohl kaum irgendeine einfluss haben *schnief*]


ich muss Ran34 recht geben - irgendwas scheint mit Richert nicht zu stimmen >_<


LG x3
Von: abgemeldet
2011-07-08T20:23:43+00:00 08.07.2011 22:23
Eine Festanstellung XD Ich frag mich grade, was Ludwig und Richard davon halten, dass Robert ihre "Dienste" anbietet XP
Ich mag ihn, Robert X3
Irgendwie eine seltsame Stimmung inder Familie...ein bisschen wie bei meinen eingestaubten Stiefgroßeltern...da sind alle immer total kühl und distanziert, aber sie tun so, als gäbs nichts schöneres, als die "Familie"
Naja^^'
Von:  Ran34
2011-07-07T18:17:31+00:00 07.07.2011 20:17
Du hast mich mit diesem Kapi wirklich gerettet! >.<
Mein Ex war heute bei mir zu Hause und so hatte ich was zu tun, als ich mich in mein Zimmer verkrümelt habe^^

An sich war das Kapi ja eher beschaulich, aber meine Vermutung mit ?Richard? war richtig^^ ...irgendetwas stimmt mit dem nicht!
Armer Alex, jetzt muss er doch tatsächlich mal seine Gelüste zügeln und enthaltsam sein ;P

lg~


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