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Schloss Tegel

von

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Epilog

„Schatz! Caroline!“

Die Tür zum Salon flog auf, und ein äußerst aufgewühlter Wilhelm stürmte freudig in den Raum.

„Er hat geschrieben! Alexander hat geschrieben!“

Sofort sprang Caroline auf, um mit ihrer Tochter auf dem Arm ihrem Gatten entgegenzueilen, der sie ihr abnahm und ihr stattdessen den Brief reichte, der wohl eine wahrhaft frohe Botschaft enthielt.
 

Sei gegrüßt, mein Bruderherz!

Du wirst erstaunt sein, zu hören, dass wir nicht in Amerika sind, ja überhaupt gar nicht weiter als nach Frankreich gekommen sind, denn weder Dorothea, noch Robert und auch nicht meinem Heinrich war es wohl dabei, in ein so fremdes Land zu reisen, um dort für immer zu leben. Deshalb sind wir nun, auf dem Weg nach Italien, was ein Kompromiss zwischen meiner Reiselust und dem Wunsch der anderen, der geliebten Heimat möglichst nahe zu bleiben, in der Schweiz steckengeblieben und das wohl auf längere Zeit. Ich habe uns nämlich ein Haus auf einer traumhaften Insel auf dem Thuner See gekauft, in dem wir nun alle vier zusammen leben. – Du müsstest diese Natur hier sehen, Wilhelm! Wie im Paradies! Alle sind damit glücklich. Dorothea kocht vorzüglich, Heinrich ist ein eifriger Gärtner und Bauer, und Robert hat noch Probleme damit, mich zu duzen und mir nicht alle Arbeit abzunehmen, aber daran wird er sich gewöhnen müssen.

Ich hoffe, du merkst, wie gut es mir geht, wie glücklich ich bin, wie beseelt, und ich hoffe, bei euch geht auch alles gut und ihr seid wohlauf. Vielleicht wollt ihr uns ja einmal besuchen kommen? Ich werde euch persönlich am Ufer empfangen und mit unserem kleinen Fischerbötchen zu uns herüberrudern.

Dorothea erinnert mich gerade, euch noch etwas über ihren Familienstand mitzuteilen, aber bevor ich dazu komme, will ich doch noch einmal nach Ferdinand fragen, was ich sonst gänzlich vergessen würde, mich es zu erfahren, aber bestimmt, wenn ich deine Antwort erhalte, trefflich erheitern wird.
 

Caroline musste grinsen. „Was antwortest du ihm wegen Ferdinand? Dass er ein paar Probleme hat?“

Wilhelm sah sie schmunzelnd an. „Natürlich dass er das Gut mir verkaufen musste und sein letztes Geld fürs Saufen und Huren verprasst hat. Alexander kann die Wahrheit vertragen.“

Sie lachte. „Ich frage mich nur, wie sie ihre Wohnsituation vor den Leuten rechtfertigen…“
 

Die Glocken der Kirche hatten aufgehört zu läuten, als die Dorfgemeinde unter freiem Himmel auf dem Marktplatz am Vespertisch Platz nahm. In regem Treiben wurden die Bretzelkörbe hin und hergereicht, der Käse verteilt, die Wurst geschnitten. Der Pfarrer nahm am Ende der Tafel Platz und ließ sich gleich ein Bier bringen.

Alexander war in seinem Leben sehr selten in der Kirche gewesen, die letzten drei Wochen war er jeden Sonntag dort. Erstaunlich, wie schnell sie hier als völlig Fremde Anschluss zur Gemeinde gefunden hatten.

„Brezel?“

„Danke.“ Mit einem Lächeln nahm er sich eine aus dem Korb, den ihm sein Nachbar entgegenhielt.

„Und Sie wohnen auch auf der Insel?“, fragte der Mann.

Alexander nickte. „Ja, zusammen mit dem frischverheirateten Pärchen dort drüben bin ich eingezogen.“

„Stimmt, Sie waren doch Trauzeuge, letzten Sonntag.“, erinnerte er sich.

„Genau.“, entgegnete Alexander mit einem Schmunzeln, „Der Bräutigam und ich sind schon ewig die engsten Freunde. Der Trauzeuge für seine Frau, das war übrigens ihr Cousin.“

„Und der wohnt auch bei euch?“

Alexander antwortete völlig gelassen auf die erstaunte Frage. „Ja, er ist Dorotheas Vormund, seit ihre Eltern gestorben sind. Die beiden sind so eng miteinander verbunden, wie ihr Mann und ich. Unzertrennlich eben, das müssen die jeweils anderen akzeptieren.“

„Oh“, gab da sein Nachbar von sich und hielt mit dem Butterschmieren inne, „Sie vertragen sich also nicht so gut mit ihrem Cousin?“

„Naja“, fing Alexander an und musste sich ein Grinsen verkneifen, „Er ist ein schwieriger Mensch. Aber wir werden das Beste draus machen.“
 

Das Beste war ein Zimmer nur für sie.

Während Dorothea und Robert im Erdgeschoss schliefen, wo auch das Wohnzimmer, das Bad und die Küche waren, befand sich im Obergeschoss des Hauses eine kleine Bibliothek, in der die beiden Naturliebhaber auch ihre pflanzlich- und tierischen Errungenschaften unterbringen konnten, ein Arbeitszimmer, in dem ihre Funde stets untersucht wurden, und eben ihr Schlafzimmer, in dem zwei Schreibtische standen und zwei Betten. Die beiden Schreibtische wurden benutzt, von den Betten jedoch nur das größere.

Unter heißen Küssen miteinander ringend lagen sie auf der Matratze. Alexander jauchzte jedes Mal vor Freude, wenn er mit seinem Heinrich so intim sein konnte, dass das Glück es so gut mit ihnen gemeint, dass es sie zu dieser Insel geführt hatte, wo niemand sonst wohnte, wo nur dieses eine Haus stand, frei zum Verkauf, weil die Fischer ihr Geschäft aufgegeben hatten.

Vielleicht hatte seine Mutter ja dort droben genauso ein Durchsetzungsvermögen, wie schon immer auf Erden…?

„Heinrich…“ Alexander küsste seinem Geliebten die Stirn, „Wolltest du nicht noch etwas austesten?“

Heinrich sah mit seinen wunderschönen blauen, halbgeschlossenen Augen zu ihm auf. „Was denn?“, fragte er und küsste Alexanders Hals.

„Du wolltest…wolltest sehen, ob ich genauso tapfer bin wie du.“

Sein Leutnant ließ von ihm ab und blickte ihn erstaunt an. „D-du meinst…?“

Alexander rollte sich auf den Rücken und zog ihn auf sich. „Ich meine es.“, hauchte er, als er ihn dabei küsste, „Ich will es.“

„Oh, mein Apoll!“, keuchte Heinrich ganz angetan, „Mein griechischer Gott will sich mir hingeben… - aber!“ Er küsste Alexanders glänzende Brust, „W-was ist mit Doro und Robert? S-sie…Nicht, dass sie uns noch hören…“

Alexanders Lachen ließ seine Brust beben. „Meinst du, sie wissen nicht, was wir machen?“ Er fuhr Heinrich durch die dunklen Haare und sah ihn an. „Ich schäme mich ehrlichgesagt weniger, wenn sie uns hören, als wenn wir…sie…“

„OhmeinGott!“, entfuhr es dem Jüngeren und er lief schlagartig rot an, „Nein! Das würde ich nicht…! Gut“, meinte er schließlich entschlossen und küsste seinen Geliebten, „ich gebe mir Mühe. Ich bringe dich so laut zum Schreien, dass wir die zwei auf keinen Fall hören.“

Alexander sah herausfordernd zu ihm auf „Das muss dir erst einmal gelingen.“
 

Robert schämte sich ein wenig, als er seine Frau betrachtete, wie diese neben ihm im Bett lag, ihr hübsches Haupt aufs Kissen gebettet, ihre seidigen Haare offen, die ihr über die zarten Wangen und den Nacken fielen… Sie sah immer noch aus wie eine Heilige, obwohl er ihr schon letzte Sonntagnacht nach ihrer Hochzeit die Unschuld genommen hatte. Nur ihre haselnussbraunen Augen strahlten etwas von ihrer Verwegenheit aus, bei Nacht und Nebel in ein fremdes Land zu fliehen und ihn nach allen Regeln der Kunst zu verführen.

Gerade sahen sie ihn wieder so an, während ihre Hände sich unterm Betttuch zu ihm hinüber stahlen.

Doch plötzlich ertönte ein Schrei, und ihre Hände krallten sich an seinen Armen fest.

„Robert!“, zischte sie erschrocken, „Hast du das gehört?“

„Ja, ich – “

„Da, schon wieder!“

Robert räusperte sich. Er hatte schon beim ersten Mal erkannt, was es war.

„I-ich glaube, Alexander geht es nicht gut…“, erkannte nun auch Dorothea die Stimme.

Doch Robert musste ihr wiedersprechen. „Ich glaube“, fing er an und sah sie vielsagend an, „Alexander geht es seeehr gut.“

Dorothea verstand sofort. Sie lief rot an.

Er wusste nicht, was er sagen sollte, nahm stattdessen nur ihre Hände in seine.

„Robert…“, begann sie endlich, ohne ihren Blick zu heben.

„Hm?“ Liebevoll strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht.

Sie rutschte auf der Matratze näher und umschlang seinen Leib. „Da kann ich nicht schlafen…“

Robert lachte leise. „Kein Wunder. Die beiden übertreiben es heute Nacht wieder…“

„Dann…“, fing sie schüchtern an, „Dann können wir doch auch…“

Er küsste ihr mit einem Schmunzeln die Stirn. „Was ist denn nur mit deiner Gottesfurcht geschehen, mein Engel?“

„W-wir sind doch verheiratet.“, sagte sie.

Ja, das waren sie, und er konnte auch nicht leugnen, dass die zwei Male, die sie schon ihre Ehe vollzogen, ihn geradewegs gen Himmel befördert hatten, dennoch hätte er nicht damit gerechnet, dass Dorothea die körperliche Liebe so stark befürwortete.

„Lehnt die Bibel nicht die leibliche Begierde ab?“, fragte er sie und fuhr ihr sanft über die Wange.

Dorothea sah ein wenig beschämt zu ihm auf, während sie mit den oberen Knöpfen seines Schlafanzugs spielte. „Ich habe Gott gefragt.“

Erstaunt blickte Robert sie an. „Du hast was?“

„I-ich habe Gott gefragt – noch in Berlin war ich in der Kirche und habe ihn gefragt, ob es denn richtig ist, dass…dass ich so etwas für einen…“

„Einen einfachen Diener.“

Sie schüttelte heftig den Kopf. „Dass ich so große Liebe für dich empfinde, und Leidenschaft – körperliche Leidenschaften.“

Robert strich ihr zärtlich durch die langen Haare. „Und was hat er gesagt?“

Sie lächelte scheu. „Ich bin aus der Kirche hinaus getreten, durch die Felder zurück nachhause gelaufen, da saßen zwei weiße Tauben auf meinem Weg, die…“

„Die…?“

Dorothea wurde rot. „Die sich miteinander vergnügt haben…“

Robert musste lachen und schlang seine Arme um seine Liebste. Er küsste ihr den Hals und das goldene Kreuz, das sie darum trug.

„Weißt du, mein Schatz, was dein Name bedeutet?“, flüsterte er.

„Ja“, antwortete sie und setzte einen Kuss auf seine Stirn, „Mein Pfarrer hat es mir zu meiner Konfirmation gesagt: Geschenk Gottes.“

„Genau das.“, meinte Robert und sah sie liebevoll an, „Und wenn ich mir mein Leben so betrachte, und das Alexanders – immerhin hat er seinen Heinrich nur kennengelernt, weil es dich gab, die deine Mutter verheiraten wollte – , dann bist du das auch.“

„Mein Poet.“, hauchte sie entzückt, bevor sie ihn küsste, „Ich liebe dich.“

„Ich dich auch, mein Engel.“, gab er das Geständnis zurück, wie auch den Kuss, bevor er es zuließ, dass sie ihm den Schlafanzug öffnete.
 

Alexander rang nach Atem. Noch immer hielt er seinen Geliebten fest umschlungen, der glücksselig keuchend Küsse auf seiner Brust verteilte.

„Dir hat es gefallen.“, stellte Heinrich erfreut fest.

„Überaus.“, gab Alexander zurück, „Aber dir nicht minder.“

Der Jüngere nickte heftig und wollte sich gar nicht von ihm trennen. Doch Alexander schob ihn von sich, was beiden ein Seufzen entlockte, als sie plötzlich nicht mehr eins waren, und warf ihn unter sich auf die Matratze, um ihn stürmisch zu küssen.

Heinrich wand sich unter ihm, verschränkte seine Arme in seinem Nacken, hob sein Becken.

„Ich liebe dich.“, hauchte Alexander in seine Halsbeuge, begann dort an der zarten Haut zu saugen.

„Ich dich auch, mein Amor“, keuchte sein Geliebter, „Ich würde dich heiraten, mein Augenstern, dürfte ich nur!“

„Ich würde »Ja« sagen.“, antwortete Alexander, „Ja. Ja…ja…“

„Jah…“

„Ja…“

„Nimm mich.“

„Oh, ja…“
 

Lieber Alexander,

bei uns ist alles in bester Ordnung. Spätestens, als unsere kleine Gabriele eines Abends beim Essen feststellte: „Böser Mann weg.“ und zufrieden aufseufzte, wussten auch wir, dass wir nun wieder ein ruhiges Leben haben würden. Nur du fehlst uns; umso mehr haben wir uns alle über deinen Brief gefreut, vor allem, da ich nicht so früh mit einem gerechnet hatte. Auch die Bediensteten fragten immerzu nach deinem Befinden; ich war also glücklich, ihnen gestern mitteilen zu dürfen, dass du wohlauf bist.

Ida geht es übrigens gut, seit sie regelmäßig von unserem Arzt betreut wird. Auch Caroline kümmert sich rührend um sie – was sie natürlich nicht an die Öffentlichkeit dringen lassen will, aber das Ganze ist ja mehr oder weniger geheim zu halten, wenn man dem Mädchen nicht noch mehr schaden will.

Sehr gerne nehmen wir dein Angebot an und kommen euch einmal besuchen. Im August vielleicht? Wobei Caroline mir das wohl ausreden wird, sodass wir erst im September bei euch sein werden, wenn das Wetter zum Reisen wieder ein wenig milder ist.

Derweil schicke ich aber einen anderen Gast. Ich hoffe, du bekommst diesen Brief noch rechtzeitig, denn General von Mörner hat sich heute Morgen in die Schweiz aufgemacht, als er von deinem Weggang und deiner jetzigen Bleibe erfahren hat. Ich weiß nicht, wieso ihm daran so viel liegt, dich unbedingt aufzusuchen, aber ich hoffe, er hat nur gute Absichten. Von Heinrich habe ich natürlich nichts erzählt, ich habe die offizielle Fassung eures Wohnverhältnisses weitergegeben, die du mir geschrieben hast.
 

„Ver…!“

„Du sollst doch nicht fluchen!“, lachte Dorothea und zwickte Robert in den Hintern, der bei ihr in der Küche stand.

„General von Mörner ist auf dem Weg hierher!“

„General von…?“ Dorothea erinnerte sich an den wundersamen alten Mann. „Er kommt uns besuchen?“

„Er ist vor einer Woche losgefahren! Der Brief ist vor sechs Tagen geschrieben worden.“, entgegnete Robert nervös, „Wo ist Alexander?“

Dorothea lächelte ihn amüsiert an. „Wo, weiß ich nicht, aber dass er bei Heinrich ist, halte ich für sehr wahrscheinlich.“

„Ich muss ihm sofort Bescheid sagen.“, versetzte Robert und verließ das Haus.

Als er am Landungssteg vorbeieilte, musste er mit Entsetzen feststellen, dass ein zweites Boot angelegt hatte.

Herrgott! Er musste sich beeilen!
 

Alexander musste schmunzeln. Er schloss die Augen und genoss Heinrichs Küsse an seinem Hals.

„Heinrich…der Kohl…“

„Der wird nicht schlecht, wenn wir ihn ein paar Minuten später ernten.“

„Aber Doro – “

„Genauso wenig wie Doros Suppe.“

Alexander packte seinen Geliebten an den Seiten. „Selbst schuld.“, nuschelte er, bevor er sich mit ihm ins Getreide fallen ließ.

Küssend schob er sich auf ihn, fuhr ihm über die nur in ein dünnes Hemd gekleidete Brust, hinab auf den Bauch.

Heinrich nahm ihn keuchend bei den Schultern. Mit einem Ruck lag Alexander unter ihm.

„Du hast es mich gestern nicht machen lassen.“, sagte der Jüngere, während er seinem Geliebten die Wange küsste, sich den Kieferknochen hinabsaugte.

„D-doch nicht…! Wir standen am Ufer – an einem Baum!“

„Du hast es damals mit mir auch an einem Baum gemacht.“, entgegnete Heinrich und öffnete ihm das von der Feldarbeit schmutzige Hemd.

„A-aber…das ist nichts für…“

„Wenn du es tun konntest, dann kann ich es auch.“, beschloss Heinrich, küsste ihm die Brust und den Bauch, leckte über die gebräunte Haut, die wohldefinierten Muskeln, über den Bauchnabel.

Genießerisch warf Alexander seinen Kopf in den Nacken. Es dauerte einen Moment, bis er das verschwommene Schwarz, das die Ären des Getreides platttrat, als Militärstiefel erkannte.
 

Sofort schob er Heinrich von sich, der, kaum hatte er ihren Gast erblickt, entsetzt die Augen aufriss. Alexander rappelte sich hastig auf und versuchte das Hemd notdürftig zuzuknöpfen, doch seine Hände zitterten zu sehr, so hielt er es einfach zu. „G-General von Mörner!“, stammelte er, „Ich – ich kann das erklären – E-es…es ist nicht so, wie es scheint, wir - !“

„Stillgestanden!“

Die beiden erschraken so sehr, dass sie ohne Zögern vor dem General salutierten.

Dieser machte noch einen Schritt auf Alexander zu, und als dieser schon das Schlimmste befürchtete, hieb ihm von Mörner kameradschaftlich auf die Schulter.

„Bin zufrieden, bin zufrieden.“, sagte er mit einem großzügigen Lächeln, „Dachte schon, du hättest deinen Schwur gebrochen, mein Junge.“

Alexander atmete erstaunt, aber höchst erleichtert aus. Gerade wollten sie beide ihre Hand von der Stirn nehmen, da salutierte der General abermals. „Zurück in die Schlacht, Leutnant von Kleist!“, befahl er regelrecht, und Heinrich salutierte ebenfalls, mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. „Jawohl, Herr General!“, bevor von Mörner sich schlendernd entfernte, und er wieder seine Arbeit aufnehmen konnte.

Lachend zog er Alexander mit sich ins Getreide.

„Das…das versteh ich nicht…“, war dieser noch völlig baff.

„Musst du nicht.“, meinte Heinrich und küsste ihn leidenschaftlich, „Aber er hat mir einen Befehl gegeben, den ich nun gerne ausführen möchte.“

„Er meinte bestimmt nicht – “

„Red dich nicht raus!, natürlich meinte er das.“ Er küsste seinen Bauch. „Das.“ Seine Hände wanderten an Alexanders Hosenbund.

„Heinrich…!“

Der Jüngere sah liebevoll zu ihm auf, während er ihn zurück in die Ären drückte. „Ich will es tun, Alexander. Genieß es. Du hast mir damals auch keine andere Wahl gelassen.“

Mit diesen Worten wandte er sich wieder dem Unterleib des anderen zu. Während seine Zunge mit dem Bauchnabel spielte, hatten seine Hände schnell die Hose geöffnet.

Heinrichs kehliges Lachen machte Alexander deutlich, dass es ihm gefiel, zu sehen, wie weit er ihn schon hatte.

Er keuchte auf, als sich die wunderbaren Hände um ihn schlossen. Stöhnte, als die sündhaften Lippen folgten.

Dazu hatte er noch keinen der Bauernjungen mit Geld auffordern können. Heinrich tat es freiwillig. Und mit welch einem Willen. Alexander konnte nur noch hilflos keuchen, stöhnen, sich diesem atemberaubenden Gefühl entgegenrecken.

„H-Heinrich…! Ich…! H-hör a– “

Die Worte blieben ihm im Halse stecken, als sein Geliebter ein genießerisches Brummen von sich gab, das seinen gesamten Körper zum Beben brachte. Er öffnete den Mund, und ein erstickter Schrei entwich ihm, als er sich nicht anders zu helfen wusste, als Heinrich zu geben, was er von ihm verlangte.
 

Alexander hatte seinen Atem schon beinahe wieder im Griff, da ließ Heinrich endlich von ihm ab. Zufrieden und entzückt sah er ihn an. „Du weißt gar nicht, was für eine Macht du über mich ausübst, mein göttlicher Jüngling, wenn ich dich so vollkommen aufgelöst sehe und weiß, ich bin schuld daran.“

Lachend fasste Alexander nach seiner Wange. Er richtete sich auf und zog seinen Geliebten zu sich, um ihm von hinten die Arme um den Leib zu schlingen. „Doch, ich spüre die Auswirkungen meiner Macht…genau hier…“

Heinrich keuchte auf, als ihm der Ältere in den Schritt fasste.

„Lass mich dir helfen.“, hauchte Alexander gegen sein Ohr und küsste seinen Nacken, während er ihm die Hose öffnete.
 

Es war spät geworden, mit dem Mittagessen.

Peinlich berührt reichte Heinrich seiner Cousine den Kohl für ihre Suppe, viel zu spät, denn Dorothea hatte sich schon längst zu etwas anderem entschlossen, auch, da sie ja jetzt einen Gast hatten.

General von Mörner saß mit Robert am bereits gedeckten Esstisch und erhob sich, um die beiden mit einem Salut zu begrüßen.

„Meldung, Leutnant von Kleist?“, fragte er, wobei sich einer seiner Mundwinkel hob.

„Befehl zu vollster Befriedigung ausgeführt.“, meldete Heinrich mit einem Schmunzeln.

„Gut, mein Junge, sehr gut.“

Alexander nahm ein wenig beschämt neben dem General Platz, der am Ende des Tisches saß, vor allem, da Dorothea und Robert ihnen fragende Blicke zuwarfen.

Als Heinrich sich schließlich, vollkommen unbeeindruckt, neben ihn gesetzt hatte, brachte Dorothea einen Stapel Rösti herbei, ein in der Pfanne gebackener Fladen aus geriebenen Kartoffeln. Seit sie mit den Frauen des Dorfes besser bekannt war, war sie ganz besessen von der Idee, deren Rezepte auszuprobieren.

Robert half ihr, indem er das Glas frischgemachtes Apfelmus auf den Tisch stellte.

„Guten Appetit.“, wünschte Robert, während Dorothea für sich leise ein kurzes Tischgebet sprach.

Daraufhin herrschte Stille beim Essen. Jeder andere Gast hätte sicherlich Dorotheas Kochkünste gelobt, von General von Mörner erwartete man so etwas natürlich nicht. Trotzdem wurde Alexander das Gefühl nicht los, er und Heinrich wären schuld an seinem Schweigen.

Der junge Baron räusperte sich. „Ich, ähm…“ Er wartete, bis von Mörner zu ihm aufsah. „Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, Sie vorhin so verstört zu haben.“

Es dauerte eine Weile, bis der General anscheinend verstanden hatte, dann lachte er. „Keineswegs verstört.“, meinte er schließlich und wandte sich wieder seinem Rösti mit Apfelmus zu, „Kann euch bestens verstehen, mein Junge, bestens.“

Als der General die fragenden Blicke auf sich bemerkte, musste er schmunzeln. „Lange Geschichte.“, fing er schließlich an, „Fasse mich kurz.“ Er legte das Besteck nicht einmal beiseite.

„Hatte einen Kameraden in der Armee, haben uns noch als Soldaten kennengelernt. War vier Jahre jünger als ich, genauso schlau und begabt.“ Er lachte leise. „Im Gegensatz zu mir schön. – Niemand hat sich gefragt, wieso wir uns zum Holzholen oder zur Nachtwache stets freiwillig gemeldet haben. Hätte auch niemand verstanden: Liebe.“, sagte er, „Wir haben uns geliebt, wir zwei. So sehr.“

Alexander versuchte, seine Verblüffung über die Offenheit des Generals zu verstecken, doch dieser schien mit seinen Gedanken sowieso wo anders zu sein.

„Die dienstfreien Jahre haben wir zusammen verbracht. Er hatte einen kleinen Hof. Haben Kühe gemolken und Schafe gehütet. Schöne Zeit. Sind dann wieder einberufen worden. Waren noch paar Jahre bis zur Pension, haben beide nicht wirklich daran gedacht, aber schade.“ Mörner seufzte auf. „An der Katzbach, unsere letzte gemeinsame Schlacht. Beide als Rittmeister schon.“ Er nickte anerkennend. „War wohl ein Scharfschütze, sechs Millimeter. Er hat mir nur sein Pferd gelassen. Hab’s nach ihm benannt. Otto.“

„Otto.“, wiederholte Alexander andächtig, während Heinrich sich die Tränen von den Wangen wischte und Dorothea leise schluchzte.

„Genau. Otto. Lieb ihn immer noch.“

Der General sah lächelnd in die Runde, sein liebevoller Blick zeigte deutlich, dass er die Wahrheit sprach.

Während die anderen noch völlig ergriffen ihr Essen nicht mehr anrühren konnten, nahm er einen kräftigen Bissen. Mehr konnte er Dorotheas Kochkünste eigentlich gar nicht loben.
 

Als ihr Gast am Abend wieder zurück ins Wirtshaus gegangen war, wo er sein Quartier hatte, entschuldigte sich Robert bei Alexander, dass er es nicht rechtzeitig geschafft hatte, ihn über den Besuch des Generals zu informieren.

„Robert.“ Alexander nahm ihn an den Schultern und sah ihn gutmütig an, „Du musst mich nicht mehr über alles unterrichten, du bist nicht mein Kammerdiener, du bist mein Freund.“

Der Ältere lächelte ein wenig unbeholfen. „Wiss- Weißt du, Alexander, das ist nur so schwierig, mich an diese neue Situation zu gewöhnen.“

Alexander lachte und schloss ihn in die Arme. „Welche neue Situation? Du warst nie mein Kammerdiener, sondern immer schon mein Freund.“

Roberts Augen weiteten sich. Vorsichtig legte er seine Hände an Alexanders Rücken.

„Gut, ein überfürsorglicher Freund. Der für seine Überfürsorge bezahlt wurde.“

„Ich hätte es auch umsonst getan!“

Alexander musste grinsen. „Ich weiß.“
 

Es wurde wieder Herbst. Die Blätter färbten sich auf ihrer Insel bunt, als Robert zu ihnen aus dem Schlafzimmer in die Stube kam, wo Alexander und Heinrich nervös auf ihn warteten.

„Wie geht es - ?“

Alexander blieb das Herz stehen, als er sah, dass sein Freund weinte.

Robert schluchzte. Zittrig warf er sich ihm in die Arme, drückte ihn fest.

Heinrich stürzte herbei, aber da erkannte er, dass es Freudentränen waren.

„Eine Familie…!“, brachte Robert heraus, „Es ist ein Junge! Ich bin Vater, Alexander, ich! Vater!“

Alexander schüttelte ihn. „Weißt du, wie du mich erschreckt - !“ Mit einem gerührten Lächeln schloss er den anderen wieder in die Arme. „Glückwunsch.“

Er konnte Robert eine Weile nicht loslassen; er hatte Angst, er würde sonst noch vor Glück zusammenbrechen.
 

„Das ist das Schloss?!?“

Alexander musste schmunzeln. Sanft fuhr er dem kleinen Jungen, der auf Dorotheas Schoß saß, durch die Haare. „Ja, das ist Schloss Tegel. Traumhaft, hm?“

Der Kleine nickte eifrig.

Kaum hatte die Kutsche gehalten, öffneten sich die Türen und der Schlossherr persönlich kam zu ihnen gelaufen.

„Alexander!“, rief er und war glücklich, seinen jüngeren Bruder nach wieder einmal so langer Zeit in die Arme schließen zu können.

„Ich bin erleichtert, dass du dich nicht ein bisschen verändert hast.“

„Ich auch.“, lachte Alexander, „Noch kein graues Haar.“

Heinrich schloss mit einem Koffer zu ihm auf und schenkte ihm ein Grinsen, das Wilhelm überlegen ließ, ob der ehemalige Leutnant es wohl nicht vielleicht besser wusste.

„Dorothea! Du siehst zauberhafter aus denn je.“, verkündete Caroline und küsste ihre Brieffreundin, „Und ist Georg so groß geworden!“

Der Junge verneigte sich neben Robert höflich vor ihr, was sie zum Schmunzeln brachte.

Gabriele krallte sich bei ihrer Mutter ins Kleid und begutachtete den ihr fremden Jungen sorgfältig. Neben ihr stand ein etwas jüngeres Mädchen, das schüchtern ihren Blick gesenkt hatte.

„Emma?“ Alexander schritt auf sie zu. „Emma, du bist ja eine Süße!“ Er nahm sie auf den Arm, und als er auf den Stufen des Schlosses Ida und Ludwig entdeckte, die sich an der Hand hielten, lächelte er die Kleine noch glücklicher an. Sie hatte Ferdinands Augen, der Blick darinnen stammte jedoch eher von Ludwig.

Er ließ sie wieder hinunter, und Georg, der sich soeben vor Gabriele verneigt hatte, verneigte sich nun auch vor ihr.

„Nicht doch!“, rief die kleine Schlosserbin, „Emma ist meine Dienerin!“

Georg schenkte ihr ein ruhiges Lächeln. „Aber trotzdem eine Dame.“

Emma wurde knallrot.

Das hatte sie von Ida.
 

Am Abend hatten sich alle im Salon eingefunden, zum Kartenspiel, das aber doch mehr durch Gespräche unterbrochen wurde.

Robert war richtig unruhig und nervös, wie er da auf dem Sessel saß, um den er jahrelang immer nur herumgelaufen war, mit einer Kanne Tee oder einem Teller Kekse in der Hand. Als Wilhelm ihn aufgefordert hatte, ihn doch zu duzen, hatte er beinahe einen Nervenzusammenbruch erlitten. Ob man das »Sie« bitte beibehalten könnte, er habe bei Alexander und dem Herrn – und Heinrich schon genug Probleme damit.

Wilhelm lächelte ihn verständnisvoll an. „Wie du willst, Robert.“

Die Kinder saßen neben ihrer Runde auf dem Teppich: Georg wurde den Puppen vorgestellt und durfte am Kaffeekränzchen teilnehmen.

Alexander und Heinrich wurden nicht vermisst, jedenfalls erwartete sie keiner so bald wieder von ihrem sogenannten »Abendspaziergang« zurück.
 

Es war eine klare Sommernacht. Die Sterne standen am Himmel, und der Mond spiegelte sich im See.

Und in Heinrichs Augen. Alexander küsste ihn.

Sein Geliebter küsste ihn zurück, schlang seine Arme um den göttlichen Leib, der sich im Wasser wieder von ihm entfernte.

Alexander lachte außer Atem. Heinrich jagte ihm nach. Als er ihn eingeholt hatte, zog er ihn unter Wasser, um ihn auch dort zu küssen.

Keuchend kamen sie wieder zurück an die Oberfläche. Hier konnten sie beide stehen. Ihr Kuss entbrannte von neuem.

Fast schon gierig fielen sie übereinander her, ließen weder mit ihren Händen noch mit ihren Zungen von eifrigen Erkundungen des anderen Körpers ab. Alexander nahm seinen Heinrich an der Hüfte und zog ihn nach oben, um sich dessen Beine um den Bauch zu legen.

Der Jüngere wusste, was das bedeutete, spätestens seit ein Morgenschwumm im Thuner See so geendet hatte und sie sich gerade noch im Schilf vor einem Fischerboot verstecken konnten.

„Ah…Alexander…“ Es war ein Bitten, fast schon ein Flehen, dem der Ältere nur allzu gerne nachkam.

Heinrich schlang ihm die Arme um den Nacken, küsste ihn leidenschaftlich, während er ihm, von Alexanders Händen an seiner Hüfte geleitet, immer wieder entgegenkam.

Ihre Haut glänzte nass im Mondschein, ihre Haare tropften; gebannt beobachtete Alexander einen Wassertropfen, der seinem Geliebten von den vollen Lippen tropfte, das Kinn hinab lief, den Hals, die Brust und dorthin, wo sie vereint waren.

„Ha – Heinrich…! Mein Heinrich… Lass mich deine Stimme hören, deine wunderschöne Stimme…“

Der Jüngere lachte außer Atem. „An so etwas hast du damals gedacht, als du dich – hah…m-meiner Tante widersetzt hast und mich aufgefordert, weiterzureden?“

„Jah…genau daran…“, entgegnete Alexander mit einem Schmunzeln, bevor er ihn küsste und ihn fester bei der Hüfte nahm.

Heinrich stöhnte gegen seine Lippen, krallte sich in seine Haare. „Hah…! Ah…I-ich bin so glücklich, mein Alexander! So gl-ücklich machst du mich…!“

Alexander konnte nur aufstöhnen, zog seinen Geliebten noch einmal auf sich, um sich ganz tief in ihm zu vergraben, als er spürte, wie er ihn einmal mehr aus der Welt riss und in weit höhere Sphären beförderte.

Heinrich keuchte und bebte in seinen Armen und ließ seinen Kopf erschöpft auf seine Schulter sinken.

Ihr heißer Atem vermischte sich mit der Sommerluft. Liebevoll fuhr Alexander dem anderen über den Rücken.

„Ich…kann bald nicht mehr stehen.“

„Dann lass uns zum Schloss gehen und uns in dein Bett legen.“, schlug Heinrich vor.

Alexander hob ihn von sich herunter, küsste ihn sanft auf die Lippen, bevor er ihn an die Hand nahm und mit ihm aus dem See stieg.

Sie trockneten sich mit ihren Hemden ab, schlüpften in ihre Hosen; die restliche Kleidung nahmen sie in den Arm, man würde sie nachts sowieso nicht sehen. Gemeinsam stiegen sie auf ihr Pferd, mit dem sie gekommen waren.

Die Nacht war warm, Heinrich, der sich von hinten um ihn geschlungen hatte, war warm, seine Wange, mit der er sich ihm an den Rücken schmiegte.

Endlich erschienen vor ihnen die hohen Mauern des Schlosses Tegel, ein viertürmiger, wohlproportionierter, klassizistischer Kubus mit weißer, vierstöckiger Fassade und dunklem Ziegeldach, der so viel mehr war, als nur das.
 

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Fertig. Nun endgültig :3

Ich hoffe, der Epilog war lang genug und hat euch gefallen :)

Vielleicht werdet ihr neben VLE ja auch bald was von mir hören, ohne Heinrich und Alex^^
 

Danke noch einmal für eure Kommis und Favos und fürs Lesen! Ihr seid trefflich fenomenal! X3



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
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Von: abgemeldet
2011-12-10T19:12:17+00:00 10.12.2011 20:12
Soooo~ jetzt habe ich es auch endlich geschafft ST fertig zu lesen und ich muss sagen, dass mir der Rest der Geschichte genauso gut gefallen hat wie der erste Teil :].
Vor allem der Epilog war sehr schön *.* Ich hab' mich so gefreut, dass für Alex und Heinirch doch noch alles gut gegangen ist und die Idee, dass sie zusammen in der Sschweiz leben, hat mir auch sehr gefallen.
Insgesamt also eine wirklich total wundervolle Geschichte, die ich bestimmt noch öfter lesen werde :3

lg~
Von: abgemeldet
2011-12-08T01:16:18+00:00 08.12.2011 02:16
Ich stimme Ran in ihrer "Bewertung" zu und füge an:

Ich wusste, dass es dieser Alte drauf hat, wenn ich das sagen darf, Robert tut mir leid, ich habe einen Lieblingschara der mit dir auf einer Stufe steht...^^
Von:  Ran34
2011-11-05T20:13:32+00:00 05.11.2011 21:13
und sein letzten Geld fürs Saufen und Huren verprasst hat.
->sein letztes Geld
das sie um darum trug
-> das hört sich merkwürdig an^^"

Das war der schönste Epilog, den ich je gelesen habe. Einfach Filmreif, einfach genial!
(hihi, das hört sich an, wie ne professionelle Bewertung :3)

lg und goodbye ST!



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