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War of the Nephilim

von

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Mathe lernen

Sie war nicht allzu lange bei Rin gewesen. Sie hatte ihre Bilder bewundert und ihr ihr ehrliches Kompliment dafür gegeben. Vielleicht würde sie sie irgendwann bitten, ihr auch etwas zu malen. Ein selbstgemaltes Bild einer echten Freundin, das wäre ihr sehr viel wert. Doch noch war es zu früh dafür. Sie kannten sich erst seit heute. Es waren nur einige Stunden vergangen, seit sie sich das erste Mal gesehen und die ersten Worte miteinander gewechselt hatten.

Rin war so nett gewesen ihr ihre Matheunterlagen zu kopieren und ihr kurz zu erklären, was in dem anstehenden Test vorkommen würde. Doch wie bereits angekündigt war sie nicht in der Lage ihr den Stoff zu erklären. Es ärgerte Rin, dass sie das nicht tun konnte, hätte sie Naomi doch so gerne geholfen. Doch was brachte es ihr, wenn sie ihr etwas falsch erklären würde? Sie hoffte sehr, dass sie wenigstens mit ihren Unterlagen etwas anfangen können würde.
 

Naomi machte sich auf den Heimweg. Ihre Großmutter war Priesterin und ihr Tempel lag in einem etwas ruhigeren Teil der Stadt. Auf dem Weg dorthin kam sie an einem kleinen Sportplatz vorbei, auf dem gerade vier Jugendliche Basketball spielten. Sie näherte sich etwas und sah ihnen zu. Die Spiele der Menschen waren so viel einfacher, friedlicher und ungefährlicher als die, die sie in der Welt der Höllenwächter gespielt hatte.

Sie erkannte einen der Jugendlichen als Takashi. Er trug ein lockeres weißes T-Shirt und eine knielange schwarze Hose, dazu weiße Turnschuhe. Locker sprang er ab und beförderte den Ball in den dafür vorgesehenen Korb. Er schlug mit einem der anderen ein und sein Blick fiel plötzlich auf die Straße hinter den Maschendrahtzaun, welcher den Platz von ihr trennte. Er sah Naomi, die interessiert zuschaute.

„Kleinen Moment, ja?“, sagte er zu seinen Kameraden und schritt dann zum Zaun und auf das Mädchen zu. Er legte seine Hände an den Zaun und grinste sie an. Auch sie blickte ihn an und ein leichtes Lächeln zierte nun auch ihre Lippen.

„Hey.“, begrüßte Takashi sie, was sie ebenso mit einem „Hey.“ erwiderte. Ihm fiel auf, dass sie noch immer ihre Schuluniform trug und ihre Tasche dabei hatte.

„Warst du noch gar nicht zu Hause?“, fragte er deshalb. Sie schüttelte den Kopf.

„Nein, ich war noch bei Rin. Sie hat mir ihre Matheunterlagen gegeben… wegen des Tests in zwei Tagen.“

„Achso…“, sagte Takashi nachdenklich. „Und du wirst jetzt nach Hause gehen und lernen?“

„Mhm… mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben. Rin sagte, sie sei leider nicht so gut in Mathe und könne mir deshalb nicht helfen. Deshalb werde ich mal schauen, was ich mit Hilfe des Buches und ihrer Mitschriften ausrichten kann.“ Sie grinste leicht schief. Eigentlich sollte es ihr egal sein, wie sie in einem Mathetest abschnitt, immerhin war sie nicht mal ein Mensch und sie hatte durchaus Wichtigeres zu tun. Aber dafür war sie einfach zu ehrgeizig.

Takashi betrachtete sie weiterhin nachdenklich.

„Wenn du willst, kann ich dir helfen. Ich bin ganz gut in Mathe.“ Er sagte es sehr ruhig und doch war er irgendwie nervös ihr diesen Vorschlag zu unterbreiten. Warum das allerdings so war, wusste er selbst nicht. Naomi sah ihn erstaunt an.

„Ist das dein Ernst?“, fragte sie verwundert.

„Na klar.“ Er grinste sie an, um seine Unsicherheit zu überspielen.

„Das… das ist wirklich unglaublich nett von dir. Es wäre toll, wenn du mir helfen könntest!“, gab sie ihm dann ehrlich erfreut eine Antwort. Automatisch musste Takashi lächeln.

„Gut. Wenn du mir sagst, wo du wohnst, könnte ich in… hm… einer Stunde bei dir sein?“

„Ja gut. Kennst du den alten Hana-Tempel?“

Takashi nickte bestätigend.

„Dort wohne ich. Geh einfach rechts am Hauptgebäude vorbei, dahinter befindet sich das Wohnhaus meiner Großmutter.“

„In Ordnung, dann bin ich in einer Stunde bei dir.“ Wieder grinste er sie an, was sie erwiderte.

„Super. Bis gleich!“, verabschiedete sie sich und wandte sich dann zum Gehen.
 

Wieder einmal sah Takashi ihr nach. Er konnte es kaum glauben. Er hatte dieses Mädchen erst heute kennengelernt und schon bot er ihr an, zu ihr nach Hause zu gehen und ihr beim Mathelernen zu helfen. So etwas hatte er noch nie getan! Was war nur los mit ihm? Wieso konnte er den Blick nicht von ihr wenden? Wieso hatte er das Bedürfnis so nett zu ihr zu sein?

Und wieso sah sie nur so verdammt gut aus? Das war ihm sofort aufgefallen. Im ersten Moment war es ihm egal gewesen, viele Mädchen waren hübsch. Aber als sie ihn dann das erste Mal mit ihren unglaublichen, violetten Augen fixiert hatte, hatte es ihm fast den Atem verschlagen. Sie war nicht einfach nur hübsch, sie war atemberaubend. Und auch charakterlich schien sie nicht so wie die anderen Mädchen zu sein. Er mochte sie – ehrlich und aufrichtig. Und das nach nur ein paar Stunden, die er mit ihr verbracht hatte.

„Alter!“ Abrupt wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als einer seiner Freunde ihn ansprach. Er drehte sich um und sah in drei grinsende Gesichter. Sofort verfinsterte sich sein Blick. Oh nein, jetzt müsste er sich etwas anhören.

„Na? Wer war das denn?“, fragte Souta mit höhnischem Unterton. Widerstrebend beantwortete Takashi diese Frage.

„Naomi. Sie ist seit heute in meiner Klasse.“

„Soso.“, mischte sich nun Masao ein. „Und dann gleich so Feuer und Flamme für sie?“

Takashis Augen verengten sich.

„Halt die Klappe.“, sagte er nur. Ein ziemlich schwacher Versuch sich dem Spott zu entziehen.

„Warum denn das? Hey, ich kann dich verstehen. Sie sieht wirklich scharf aus.“, entgegnete Masao wieder mit einem breiten Grinsen. Takashi missfiel es irgendwie, dass er so über sie redete.

„Ich sagte, du sollst die Klappe halten!“ Zornig funkelte er seinen Kumpel an.

„Jetzt beruhige dich.“, mischte sich nun Heiji, der dritte im Bunde, ein. Takashi rümpfte die Nase und wandte sich zum Gehen.

„Ich hau für heute ab. Man sieht sich.“ Und damit verschwand er und hinterließ drei immer noch höhnisch grinsende Jungs. Sie hatten ihn ja so was von durchschaut…
 

Takashi ging nach Hause, um schnell zu duschen und sich umzuziehen. Er wollte nicht so verschwitzt zu Naomi gehen. Außerdem wollte er auch seine eigenen Matheunterlagen mitnehmen.

Die ganze Zeit dachte er über Naomi und die Worte seiner Freunde nach. Es war wahr, aus irgendeinem Grund setzte er sich mehr für sie ein, als es seine Art war. „Feuer und Flamme“ hatte Masao es genannt. Naja, das war vielleicht etwas übertrieben, aber ein Fünkchen Wahrheit schien doch dahinter zu stecken.

Er hasste es so durchschaut zu werden. Er war von all seinen Freunden immer am unnahbarsten gewesen. Zwar war er seinen Freunden gegenüber stets offen, jedoch wahre Gefühle zu zeigen, mochte er gar nicht. Er hatte ihnen ja noch nicht mal von seinen Eltern erzählt. Hatte ihnen erzählt, er würde alleine leben, weil er auf eigenen Füßen hatte stehen wollen. Das war natürlich gelogen.

Ernste Gefühle für ein Mädchen hatte er noch nie gehabt. Er konnte es nicht leiden, von all diesen gackernden Hühnern belagert zu werden und hatte sich nie vorstellen können, sich in eine von ihnen zu verlieben. Nein, das war unmöglich. Gerade deshalb hasste er es, wenn seine Freunde ihm sofort ansahen, wenn er ein Mädchen tatsächlich mal mochte. Verliebt war er zwar nicht, aber trotzdem… Sie würden es sicher so auslegen.
 

Pünktlich betrat er das Gelände des Hana-Tempels. Es war ein mystischer Ort voll überragender Schönheit. Alte Eichen zierten die Umgebung und strahlten eine gewisse Würde aus. Aber es gab auch überall bunte, duftende Blumen, die dem ganzen etwas Spielerisches verliehen und den Tempel prachtvoll erstrahlen ließen.

Eine alte Frau mit langem, weißen Haar und der typischen rot-weißen Kleidung einer Priesterin schritt auf ihn zu. Sie war etwas kleiner als Naomi, doch ihre Haltung war aufrecht sie strahlte Würde und Weisheit aus.

„Du musst Takashi sein.“, begrüßte ihn die Alte mit fester Stimme. Sie musterte ihn genau und als er ihr in die Augen blickte, wusste er, dass dies Naomis Großmutter sein musste. Diese violetten Augen waren ihren so ähnlich, sie strahlten und verliehen ihrem ganzen Auftreten noch mehr Souveränität. Trotz ihres Alters sah man ihr an, wie schön sie mal gewesen sein musste.

Takashi verneigte sich vor ihr und bestätigte ihre Annahme.

„Ja, ich bin Takashi. Ich würde gerne zu Naomi.“

Die Großmutter nahm einen gutmütigen Gesichtsausdruck an und wies in eine Richtung.

„Sie wartet schon auf dich.“

„Vielen Dank.“ noch einmal verneigte sich Takashi und ging dann in die ihm gewiesene Richtung. Er fand leicht die Haustür und betätigte die Klingel.

Kurze Augenblicke später wurde sie geöffnet und er erblickte Naomi, die ihm lächelnd entgegensah. Sie hatte sich mittlerweile ihrer Schuluniform entledigt und trug jetzt eine schwarze Bluse zu einem schwarz-grau karierten Rock und schwarze Kniestrümpfe. Schon wieder musste Takashi zugeben, dass sie wirklich atemberaubend schön war, doch das wollte er sich nicht anmerken lassen.

„Hallo“, begrüßte sie ihn lächelnd.

„Hallo“, erwiderte auch er.

„Komm doch rein.“, forderte sie ihn auf und ließ ihn eintreten. Sie wies ihn in das Wohnzimmer, wo er auf einem niedrigen Tisch bereits ihre Unterlagen ausgebreitet liegen sah. Sie bat ihn auf den dafür vorgesehenen Kissen Platz zu nehmen und verschwand kurz in der Küche, um ihnen etwas Tee zu holen.

Takashi setzte sich und sah sich etwas um. Ein altmodischer Fernseher war hier zu finden und mehrere Regale voll mit alten Büchern. Ein paar Schwarzweißfotos waren auf einer Kommode aufgestellt und wenige farbige Bilder waren ebenfalls zu sehen. Insgesamt war alles sehr altmodisch, aber wenn er sich recht entsann, war dies auch das Haus von Naomis Großmutter. Sie lebte erst seit Kurzem hier und so war das wohl nicht weiter verwunderlich.
 

Nach wenigen Minuten betrat Naomi das Zimmer und stellte den Tee auf den Tisch. Sie goss ihnen beiden ein und lächelte Takashi dann an.

„Wollen wir anfangen?“

„Natürlich.“, erwiderte er. „Hast du irgendetwas davon schon mal gemacht oder gesehen?“, fragte er sie, um einen Startpunkt zu finden.

„Also, ich weiß, was ein Polynom ist…“, antwortete sie mit schiefem Grinsen.

„Sehr gut. Das ist schon mal die halbe Miete. Die Polynomdivision ist eigentlich gar nicht so schwer, du wirst schon sehen.“

So begann er die Polynomdivision erst mal theoretisch zu erklären und zeigte ihr bald ein einfaches Beispiel.

„Du musst hier also alle Nullstellen finden und anschließend die Probe machen. Wenn du das kannst, schaffst du den Test mit links.“

Zweifelnd sah sie ihn an. „Kein Problem.“, sagte sie dann etwas sarkastisch. Sie sah wieder auf ihr Blatt und versuchte für die Aufgabe, die Takashi ihr gerade gegeben hatte, einen Startpunkt zu finden.

„Also…“, überlegte sie laut. „Eine Nullstelle ist bei x=1 bekannt. Also rechnen wir jetzt… y = f(x) durch… ( x - 1 )… Oder?“

„Ja, genau.“, lächelte Takashi. Sie verstand schnell.

Ermutigt begann Naomi die Lösung aufzuschreiben und erklärte ihrem Nachhilfelehrer dabei die Schritte, die sie gehen wollte.

„Ich berechne hier also zunächst x3 : x = x2. und rechne dann x2 • ( x - 1 ) = x3 - x2…. Und dann?“

Er beugte sich etwas über ihr Blatt und wies ihr dann die Komponenten für den nächsten Schritt.

„Jetzt musst du ( x3 - 2x2 ) - ( x3 - x2 ) berechnen.“ Seine Finger streiften dabei leicht ihre Hand. Als hätte er einen elektrischen Schlag bekommen, zog er seine Hand ruckartig zurück. Ein leichter Rotschimmer erschien um seine Nase.

Auch Naomi war diese Berührung nicht entgangen und auch sie ließ sie nicht ganz kalt. Plötzlich wurde sie sich seiner Nähe bewusst, die entstanden war, als er sich so über ihr Blatt gebeugt hatte. Sie konnte seinen sauberen Duft wahrnehmen und sie wurde augenblicklich etwas nervös, als sie ihn so bewusst wahrnahm. Noch nie war sie einem Jungen so nah gewesen. Zumindest keinem menschlichen…

Still verharrte sie und konnte sich im Moment so gar nicht auf die Aufgabe konzentrieren. Auch Takashi wagte kaum sich zu bewegen. Sein Herz schlug härter als gewohnt gegen seine Brust und er versuchte angestrengt, seinen Atem unter Kontrolle zu halten.
 

Plötzlich kam Naomis Großmutter in das Zimmer und schlagartig entfernte sich Takashi etwas von dem hübschen Mädchen, wobei ihm die Röte noch etwas mehr ins Gesicht stieg.

„Wie kommt ihr voran?“, fragte die Alte ihre Enkelin.

„Ganz gut, Großmutter.“, antwortete diese ihr.

„Sehr schön. Ich wollte fragen, ob dein Freund zum Essen bleiben möchte.“ Sie hatte zwar in ihrer Wortwahl scheinbar Naomi angesprochen, sah aber Takashi an und erwartete allem Anschein nach eine Antwort von ihm selbst.

„Ähm…“ Er überlegte kurz und sah in die abwarteten Augen der Großmutter und dann kurz zu Naomi, die ihn anlächelte.

„Ich würde gerne zum Essen bleiben.“, antwortete er schließlich. „Wenn es keine Umstände macht.“

„Es macht gar keine Umstände.“, beschwichtigte die Großmutter ihn und verließ das Zimmer wieder, um ihrer Enkelin und ihrem Mitschüler das Essen vorzubereiten.
 

„Sie ist sehr nett…“, sagte Takashi dann an Naomi gewandt, was ihr ein warmes Lächeln auf die Lippen zauberte.

„Ja, das ist sie… Leider hatte ich in der Vergangenheit viel zu wenig Zeit mit ihr. Trotzdem war sie mir immer sehr wichtig und ich bin froh sie zu haben.“

Wieder einmal war er erstaunt über ihre Offenheit, aber er freute sich auch darüber. Er wollte gerne noch viel mehr von ihr wissen. Sie räusperte sich.

„Wo waren wir stehengeblieben?“, fragte sie dann und holte Takashi damit zurück in die Wirklichkeit und erinnerte ihn an den Grund, wieso er überhaupt hier war. Schnell wandte er sich wieder der Aufgabe zu und bemühte sich weiterhin, Naomi alles zu erklären.
 

Nach einem gemeinsamen Abendessen, bei dem Takashi der Großmutter einige Fragen über seine Familie und seine Hobbies beantwortet hatte, befand er sich nun auf dem Heimweg. Er dachte über den Abend bei seiner neuen Mitschülerin nach.

Sie hatte ihn von Anfang an so fasziniert und die gemeinsam verbrachten Stunden hatten absolut nichts daran geändert. Sie war nicht nur wunderschön sondern auch intelligent, wie er hatte feststellen können. Auch ihr Talent beim Kendo hatte ihn umgehauen. Ihre Schlagfertigkeit beim Wortgefecht mit Shin ganz zu Beginn des Tages. Und wie sie mit ihrer Großmutter umging… Sie war so liebevoll mit ihr und gleichzeitig waren sie wie Freundinnen.

Noch nie hatte er sich so gefühlt wie bei diesem Abendessen mit Naomi und ihrer Großmutter. Wie in einer absolut intakten Familie und das obwohl Naomi weder Vater noch Mutter hier hatte und er selbst doch nur irgendjemand war, den sie gerade erst kennengelernt hatte. Er hatte sogar jede einzelne Frage absolut ehrlich beantwortet und Dinge erzählt, die sonst absolut niemand wusste. Besonders über den Zustand seiner Mutter…

Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Sie hatten verabredet, dass er morgen noch einmal zu ihr kommen würde, um mit ihr zu lernen, denn übermorgen stand der Test an. Er freute sich schon darauf und auch darauf, sie morgen in der Schule wiederzusehen.



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