Zum Inhalt der Seite

October to May

Intermezzo With A Stranger
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

New Days' Dawn

3. November …
 

„Hyde … ey, Hyde. Wach auf, Schlafmütze!“, wurde ich gerufen und irgendwann auch gerüttelt. Aber ich wollte noch nicht. Wer auch immer da versuchte, mich aus dem Traumland und damit auch meiner perfekten kleinen Welt herauszuziehen, konnte mich in dem Moment mal kreuzweise. Ich wollte weiterschlafen und den wundervollen Momenten nachhängen, die ich nur so erleben konnte.

Es war wieder alles gut zwischen mir und Gackt – und sogar noch mehr: Er hatte mir vorgeschlagen, eine Art Beziehung miteinander anzufangen, auch wenn die Grundlage dafür alles andere als perfekt war. Aber unser Verhältnis zueinander war ja seit jeher schon reichlich seltsam gewesen, also sollte mich das nicht stören. Und mit den körperlichen Aspekten einer Beziehung mussten wir uns auch noch etwas einfallen lassen … aber das würde nicht mein Problem sein, denn es war ja nur ein Traum. Alles nur Schall und Rauch und in Wirklichkeit hatte ich mich gestern Abend mit Gackt aufs Übelste gestritten, ihm vermutlich ein blühendes Veilchen verpasst und ihn seither nicht wiedergesehen. Danach war ich eine gute Stunde im Regen durch die Stadt geirrt und als ich allein in meine Wohnung zurückgekehrt war, hatte da zwar wirklich Tetsu vor meiner Tür gestanden, allerdings hatte er nicht den Liebesboten gespielt, sondern mir dazu gratuliert, dass ich Gackt nun ein für alle mal los war. Es wäre besser so, hatte er gesagt, er hätte mir sowieso nicht gut getan und jetzt konnte ich getrost wieder zu meinem alten sterberhaften Leben zurückkehren und mich in Ruhe um die Uni kümmern, die ja nun einmal mein einziger Lebensinhalt war. Okay, er hatte nicht gesagt, dass mein Leben sterberhaft wäre und ich nichts anderes als die Uni hätte, aber das wusste ich auch selbst nur zu genau. Und ich fand es schade, dass Gackt nun aus meinem Leben verschwunden war … er hatte dem Ganzen ein bisschen frischen Wind gebracht und ich hätte nur zu gerne ausprobiert, was noch daraus hätte werden können. Wer wusste schon, ob das mit der Beziehung vielleicht gar nicht einmal so abwegig war? Träume waren manchmal wirklich eine wunderbar klärende Sache und mein Unterbewusstsein hatte schon recht, wenn es mir zu verstehen geben wollte, dass wir umeinander herumgeschlichen waren wie eine Katze um die Milch.

„Hyde!“, meldete sich der Störenfried wieder, aber ich wollte ihm nicht nachgeben, nicht kampflos aufgeben.

„Lass mich in Ruhe, Tet-chan, ich will noch ein bisschen von Gackt träumen“, murrte ich und drehte mich um, weg von ihm. Wenn er schon darauf bestand, die Nacht über bei mir zu bleiben, damit ich nicht so allein war und jemand da war, wenn mich die Gackt-Sache doch noch einmal aus der Bahn werfen würde, dann sollte er mich wenigstens ausschlafen lassen. Schließlich war Sonntag!

„Was brabbelst du denn da für Zeug zusammen?“, hakte mein bester Freund verwirrt nach und ließ dann auch endlich meine Schulter los, an der er gerüttelt hatte. Trotzdem sprach er weiter … allerdings nicht zu mir: „Hallo? … Ja, ich bin's schon wieder … nein nein, ihm geht’s gut. Den Rest soll er dir mal selbst erzählen, er will aber nicht aufwachen und faselt im Halbschlaf irgendwelchen Mist. Ich sag ihm, dass du angerufen hast, sobald ich ihn wach gekriegt hab … ja, hab ich schon gemerkt, hehe. Da muss ich wohl zu härteren Mitteln greifen … Gott bewahre, nein! Aber ich lass mir schon was einfallen … jup, man sieht sich sicherlich. Tschüss.“

Anscheinend telefonierte Tetsu mit irgendjemandem … Ken, Yuki oder Ayana vielleicht. Sie hatten meinen Abgang gestern Abend schließlich alle mitbekommen und machten sich jetzt bestimmt Sorgen, ob auch alles in Ordnung war. Ich freute mich über ihre Sorge, denn das zeigte mir nur wieder einmal, was für tolle Freunde ich hatte … und trotzdem war ich nicht gewillt, mich jetzt schon der Realität zu stellen. Denn auch da hatte der Traum recht gehabt: Selbst ein klarer Schnitt mit Gackt verwandelte die Welt nicht augenblicklich in Friede, Freude, Eierkuchen. Es würde sicherlich dauern und einiges an Energie kosten und-

Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als Tetsu sich auf einmal über mich beugte und seine Lippen auf meine drückte. Und dabei beließ er es nicht, sondern knabberte auch noch an meiner Unterlippe und krönte das Ganze damit, dass er versuchte, seine Zunge zwischen meinen Lippen hindurchzuschieben. Was zum …?!

„Tetsu!“, rief ich augenblicklich, wich dabei an die Wand zurück, an der mein Bett stand, und öffnete auch endlich die Augen. Ich sah zu Anfang nicht viel, weil alles zu hell für mich war, sondern konnte erst einmal nur vage Umrisse erkennen. Aber auch das fand ich komisch, denn wenn mich selbst mein schlaftrunkener Blick nicht täuschte, war die Person, die vor mir saß, zumindest obenherum nackt. Und das konnte eigentlich gar nicht Tetsu sein! Wenn der auf meiner Couch schlief, dann behielt er immer alles an.

„Falsch“, sagte mein Gegenüber daraufhin auch, „rate nochmal.“

Aber ich würde nicht raten. Ich rieb mir über die Augen und das Gesicht, um die Müdigkeit hoffentlich abschütteln und wieder klarer sehen zu können. Und als ich dann ein zweites Mal hinsah und der verschwommene Umriss schärfere Formen annahm, stand ich zwischen der Entscheidung, in Jubelgeschrei auszubrechen oder ihn ungläubig anzustarren.

Ich wählte Letzteres: „Gackt?!“

„Da scheint ja jemand unter bösem Gedächtnisverlust zu leiden“, lachte der aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht … und einem blühenden Veilchen unterm Auge, „soll ich dir ein bisschen auf die Sprünge helfen?“ Und ohne auf meine Zustimmung zu warten, kam er mir wieder näher, legte eine Hand in meinen Nacken, stützte sich mit der anderen auf der Matratze ab und küsste mich dann wieder. Diesmal kam es auch nicht so plötzlich wie eben noch, sodass ich nicht zurückschreckte, sondern es zuließ. Und es fühlte sich genauso an wie in meinem Traum: sanft und dennoch verlangend.

Ich seufzte leise, legte eine Hand auf Gackts nackten Oberarm und spürte, wie mir langsam, aber sicher etwas bewusst wurde: Es war kein Traum gewesen. Alles war wahr und ich hatte mir unser Treffen am Bahnhof nicht nur eingebildet. Stattdessen war das andere, die Alternative, die ich bis eben noch für die Wahrheit gehalten hatte, nicht real. Er war wirklich hier, er war hier und küsste mich! Es war einfach nur … wow!

Als wir uns gefühlte Minuten später wieder voneinander lösten, grinste Gackt mich noch immer an: „Na, jetzt wieder alles klar?“

„Ich denke schon“, entgegnete ich und lächelte nun ebenfalls.

„Schön.“ Mit diesem Kommentar machte er es sich dann auch endlich – oder wieder? – neben mir bequem und schlüpfte zu mir unter die Decke, sodass sich bemerkte, dass er tatsächlich fast nackt war und nur noch seine Unterwäsche trug. Ich hingegen steckte in meinen normalen Klamotten für die Nacht: eine abgetragene Jogginghose und ein T-Shirt. „Tetsu hat übrigens angerufen und wollte wissen, wie es dir geht. Ich würde sagen, er war positiv überrascht, als er schon wieder mich dran hatte und nicht dich. Du kannst dir mit dem Rückruf Zeit lassen, hat er gesagt.“

Er hatte also tatsächlich telefoniert!

„Ist das nicht nett von ihm?“, fragte Gackt dann auch noch nach und malte mit dem Zeigefinger der rechten Hand meine Lippen nach. Mit der linken hielt er seinen Kopf, da er sich mit dem Arm auf der Matratze abstützte. Dabei lag seine Hand an seiner Schläfe … genau neben dem Veilchen, das ich ihm verpasst hatte.

„Hm …“, machte ich daher leicht abwesend und streckte meine Hand ebenfalls aus, um ihn an der Wange zu berühren und sachte über den blauen Fleck zu streichen, „tut's denn noch weh?“

„Wenn du draufdrückst schon“, beantwortete er meine Frage noch immer schmunzelnd, „aber sonst nicht. Und ich hab dir ja schon gesagt, dass ich es sogar irgendwie verdient hab – mach dir da also mal keine Gedanken drüber. In ein paar Tagen ist es sowieso wieder weg und bis dahin trage ich es wie ein Mann, der von seinem Freund eins auf die Nase bekommen hat.“

Freund … er hatte von seinem Freund gesprochen – nicht von einem, sondern seinem. Ich biss mir leicht auf die Unterlippe und freute mich im Stillen über seine Wortwahl.

„Was auch immer für schmutzige Gedanken du gerade hast, ich will mitmachen“, holte mich Gackt dann – erneut – ins Hier und Jetzt zurück und setzte dabei wieder sein diebisches Grinsen auf, das ich mittlerweile schon ziemlich gut kannte.

„Ist nichts Schmutziges“, widersprach ich ihm allerdings und lehnte mich dann nach vorne, um ihm erst einen federleichten Kuss auf das Veilchen zu hauchen und mich dann seinen Lippen zuzuwenden. Und Gackt schien zu ungeduldig zu sein, um darauf warten zu können, denn kaum dass meine Lippen seine Wange verlassen hatten, drehte er den Kopf etwas in meine Richtung, sodass sein Mund schneller auf meinem war, als ich es erwartet hatte. Aber es sollte mich nicht stören, schließlich hatte ich genau das beabsichtigt. Und während wir uns küssten, konnte ich auch nicht anders, als noch näher an ihn heranzurutschen, sodass wir kurz darauf die Arme umeinander schlangen, weil sie uns sonst im Weg gewesen wären. Irgendwann lag ich schließlich halb auf ihm, eine Hand auf seiner Schulter, die andere an seiner schlanken Taille.

So verbrachten wir den gesamten Morgen und ich rief Tetsu erst zurück, als es schon fast Mittag war.
 

*
 

Die nächsten Wochen verliefen nahezu reibungslos und versetzten mich dabei in eine Laune, die mich auch unitechnisch wieder zu Höchstformen auflaufen ließ. Mein Elan war zurückgekehrt, das Lesen und Notizen machen fiel mir wesentlich einfacher und ich hatte schon große Fortschritte beim praktischen Teil meiner Abschlussarbeit gemacht. Wenn ich dieses Tempo hielt, würde ich mit allem bequem fertig werden und könnte es sogar noch eine Woche ruhen lassen, bevor ich mich an die Endkorrektur setzte.

Besonders gut konnte ich mich auf meine Arbeit konzentrieren, wenn ich genau wusste, das ich Gackt später noch treffen würde und daher nicht zu sehr herumtrödeln sollte. Ich sah die Dates mit ihm quasi als Belohnung für gute Leistungen an und es war wirklich ein großartiger Ansporn.

Sogar die anderen kamen nicht umhin, zu bemerken, wie wohl ich mich in letzter Zeit fühlte. Ich war weniger muffelig, wenn es darum ging, einen draufzumachen, und strengte mich stattdessen sehr an, dass ich gleichzeitig alles rechtzeitig schaffte und trotzdem genug Zeit mit allen verbringen konnte. Sie hatten sogar nichts dagegen, dass ich Gackt ab und an mitschleppte. Sogar You wurde herzlich begrüßt, aber Tetsu und er hatten sich ja auch vorher schon gekannt, also hatte ich das sowieso nie als Problem angesehen.
 

„Das ist der Doiha, den ich kennengelernt hab“, flüsterte Tetsu mir eines Abends mit einem Bier in der Hand zu, „und nicht dieser mürrische Kerl, der absolut keinen Spaß mehr versteht.“

„Äh … was soll denn das nun wieder heißen?“, fragte ich daraufhin und guckte ihn ganz verwirrt an.

„Och, nichts Besonderes. Gackt scheint dir nur ganz gut zu tun, finde ich.“

„Ach so …“, sagte ich verstehend und schmunzelte ein bisschen, „finde ich auch.“

„Und wie kommt ihr voran? Hat sich bei euren Baustellen schon irgendwas ergeben?“, hakte Tetsu weiter nach und sprach damit ein ziemlich heikles Thema an. Natürlich hatte ich ihm alles von meiner Versöhnung mit Gackt und der kleinen Abmachung bezüglich unserer Beziehung erzählt. Er war natürlich nicht unbedingt begeistert von dieser Art Deal gewesen, hatte mir aber gesagt, er würde mir die Daumen drücken, dass es nicht böse ausging und wir bald herausfanden, was wir wirklich wollten.

„Nein, nichts“, gab ich dennoch direkt zu. Was half es denn auch, es zu verheimlichen? „Uns geht’s so weit ja ganz gut, denke ich … und bei ihm ist anscheinend kein Änderungsbedarf da. Jedenfalls hat er nichts gesagt und nichts mehr versucht … na ja … wir werden sehen …“

„Hm … okay“, sagte mein bester Freund daraufhin nur und wechselte dann das Thema. Aber ich wurde aus seiner Antwort nicht schlau und fragte mich, ob das vielleicht doch ein Ansporn sein sollte, damit einmal auf Gackt zuzugehen, oder eine Bestätigung á la „Das machst du gut, lass dich nur zu nichts drängen!“

Und so ganz die Wahrheit hatte ich ihm auch nicht gesagt, aber das lag ausschließlich daran, dass ich mir da selbst noch nicht ganz sicher war. Es hatte in den letzten Wochen schon so einige kleine Veränderungen gegeben, bei denen ich mich fragte, ob ich mich dabei nur daran gewöhnte, dass ich mit einem Mann zusammen war, oder ob es wirklich von innen heraus kam. Denn je länger meine Beziehung zu Gackt dauerte und je öfter ich bei ihm war, desto wohler fühlte ich mich mit ihm. Ich kannte ihn ja nun auch wesentlich besser als bei den paar Treffen zuvor, die unsere gesamte Freundschaft ausgemacht hatten.

So wusste ich nun endlich, wo er überall arbeitete, wo er vorher gelebt hatte, wie seine Familie so war, dass er zwei Geschwister – eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder – hatte, was er mochte und nicht mochte und so weiter. Nur was er mit seinem Leben einmal anfange wollte, das wusste ich nicht. Aber das lag eher daran, dass er da selbst keinen genauen Plan hatte. Der Job bei Chacha im Tonstudio machte ihm ziemlich viel Spaß und durch You, der nicht nur Violine, sondern auch Gitarre spielen konnte, war er ja ständig von Musik umgeben, sodass er durchaus mit dem Gedanken spielte, in der Richtung irgendwas zu machen. Sicher war er sich trotzdem nicht, doch das nahm er nicht allzu ernst, da es ihm im Augenblick ziemlich gut ging, selbst wenn er dafür drei verschiedene Jobs brauchte. Er würde sich entscheiden, wenn er müde wäre, die zu machen, was mir natürlich schon einige Sorgen bereitete. Ich war schließlich ein ganz anderer Typ und eher darauf bedacht, dass alles sicher und stabil war. Zugegeben, ein Kunststudium war jetzt nicht gerade der Garant für einen festen Job, aber zumindest ließ ich mich nicht ganz so treiben wie Gackt. Trotzdem redete ich ihm da nicht rein, weil ich fand, dass wir dazu einfach noch nicht lange genug zusammen waren und es schließlich sein Leben war, mit dem er anfangen konnte, was er wollte. Und wer wusste schon, ob er nicht nächste Woche plötzlich einen Geisterblitz hatte, der alles ändern würde? Ich genoss einfach die Momente meines Lebens, die ich mit ihm teilte. Es würde eben nur Probleme geben, wenn ich mich enger an ihn band und seine Belange mich dann auch etwas mehr angehen würden.

Und genau das schien so langsam zu geschehen, was mir nur wenige Tage, nachdem mich Tetsu auf einer Party nach meiner Beziehung zu Gackt ausgefragt hatte, ziemlich klar wurde.
 

*
 

4. Dezember …
 

Es war ein Sonntag Morgen Anfang Dezember und ich hatte die letzte Nacht in Gackts Wohnung im Allgemeinen und in seinem Bett im Speziellen verbracht. Wir schliefen noch immer nicht miteinander, aber wie ich Tetsu schon gesagt hatte, machte Gackt keine Anstalten, von sich aus irgendwas ändern zu wollen. Also, vollkommen unschuldig war unsere Beziehung nun auch wieder nicht, denn wir küssten uns nicht nur, sondern suchten schon körperliche Nähe zueinander – fummelten, wie man im Volksmund so schön sagte – und brachten uns dabei manchmal gegenseitig zum Höhepunkt … so wie damals, kurz bevor ich ihn einfach sitzengelassen hatte. Aber da hörte es eben auf und Gackt nahm das bereitwillig hin.

Auch letzte Nacht und vor einer halben Stunde war es so abgelaufen, sodass wir beide in diesem Moment so gut wie nichts an hatten. Also … ich hatte so gut wie nichts an, sondern nur ein paar Shorts, Gackt war komplett nackt. Er mochte es, nackt zu schlafen, und weil wir ja nun schon mehrfach intim miteinander geworden waren, hatte er kein Problem damit, vor mir nackt durch die Gegend zu laufen, wenn ich denn damit einverstanden wäre. Mir hatte es ebenfalls nichts ausgemacht – aus demselben Grund und auch wegen der Tatsache, dass ich ebenfalls ein Mann war und ihm so nichts weggucken könnte. Alles schon gesehen, passt. Nur an diesem Morgen war es eben anders.

Wir lagen schon seit einer Weile wach im Bett und genossen die morgendliche Ruhe und die Nähe des jeweils anderen. Gackt hatte einen Arm um meine Taille geschlungen und mich eng an sich gezogen – sonst hätte seine Bettdecke auch gar nicht für uns beide ausgereicht. Den anderen Arm hatte er angewinkelt und seinen Kopf darauf gebettet, sodass möglichst keine Körperteile im Weg waren oder wir unbequem lagen. Schließlich war es an sich schon schwierig genug, uns in seinem Einzelbett richtig zu koordinieren. Aber eins seiner Körperteile war mir nur allzu bewusst, denn es lag nun wieder erschlafft an meinem Oberschenkel. Aber das störte mich im Augenblick weniger, als man jetzt vielleicht denken könnte, denn vor nicht allzu langer Zeit hatte ich es noch in der Hand gehabt und Gackt so die süßesten Laute entlockt, während er mit mir dasselbe getan hatte. Sein Stöhnen und Keuchen hallte noch immer in meinen Ohren und ich musste unwillkürlich schmunzeln, als ich es mir wieder in Erinnerung rief.

„Wieso das Grinsen, Hy-chan?“, fragte Gackt darauf direkt neckend. Er mochte es, mich zu beobachten, das hatte er mir schon ziemlich früh in unserer Beziehung gesagt, und tat das dementsprechend häufig, weshalb es ihm jetzt ebenfalls nicht entgangen war.

„Nichts Besonderes“, antwortete ich ihm jedoch und reckte den Hals etwas, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken.

Aber Gackt ließ sich nicht ablenken, er hatte erstaunlich schnell gelernt, mich richtig einzuschätzen: „Nichts besonders Jugendfreies, wolltest du wohl sagen, ne? Du scheinst mal wieder zu vergessen, dass das nun schon seit ein paar Monaten kein Hindernis mehr für mich ist.“

Mein Grinsen wurde augenblicklich breiter und ihm schien das wohl als Antwort zu genügen, denn er begann, leise zu lachen, und raubte mir dann seinerseits einen weiteren Kuss, ehe er sich aber so langsam von mir löste.

„Kommst du mit unter die Dusche oder willst du sie später für dich alleine haben?“, wollte er von mir wissen, als er bereits ein Bein aus dem Bett geschwungen hatte und Anstalten machte, sich aufzusetzen.

Und ich wusste nur zu genau, worauf er hinaus wollte, weshalb ich ihm auch direkt den Scherz von eben heimzahlte: „Denkst du denn, du schaffst das jetzt schon wieder? Wir haben doch eben erst …“

„Eben erst was?“ Ouw~ wie gemein er manchmal sein konnte!

„Das weißt du ganz genau“, versuchte ich mich zu retten, aber es half mir nicht aus der Patsche.

„Ja, und du auch“, schoss Gackt zurück und stupste mit dem Zeigefinger gegen meine Nase, „also könntest du es doch langsam mal aussprechen. Du tust ja gerade so, als würdest du sofort verhaftet werden, wenn du die ganzen schmutzigen Dinge, die wir miteinander tun, in den Mund nehmen würdest. Außerdem könnte ich wetten, dass deine Gedanken voll davon sind. Also mach den letzten Schritt doch einfach mal.“

„Na~“, machte ich abweisend, drehte mich auf den Rücken und krallte mir die gesamte Decke, da Gackt mittlerweile sowieso komplett saß und sicherlich gleich aufstehen würde, „ich steh nicht so auf Dirty Talk, weißt du doch.“

„Wo ist es denn Dirty Talk, wenn du nur einmal sagst, dass du mir einen runtergeholt hast? Ist ja nicht so, dass du schlecht dabei wärst, obwohl du ziemlich abgelenkt gewesen sein dürftest. Ich bin zumindest auf meine Kosten gekommen und man kann ja auch mal stolz auf was sein.“

„Na~“, machte ich wieder und konnte nur zu genau zu genau spüren, wie mir das Blut in die Wangen stieg und ich wahrscheinlich knallrot wurde. Das konnte Gackt ja nun gar nicht entgehen!

Tat es natürlich nicht, denn er griff es direkt auf: „Manchmal glaube ich, dass du eigentlich doch ein Mädchen werden solltest und die Schöpfer da nur was verwechselt haben. Vielleicht hätten wir es doch bei unserem kleinen Missverständnis belassen sollen, Hachiko.“

Aus Rache warf ich sein Kissen nach ihm, traf aber trotz der geringen Entfernung nicht, da ich auf dem Rücken lag und er sich in einer Position befand, in der er dem Geschoss rechtzeitig ausweichen konnte.

„Bäh, jetzt will ich dich gar nicht mehr mit unter die Dusche nehmen!“, drohte Gackt mir anschließend scherzhaft und streckte kurz die Zunge heraus. Ich tat es ihm gleich und fing schließlich das Kissen auf, das er mir wieder hinwarf – es landete direkt auf meinem Gesicht, sodass meine Nase augenblicklich voll von dem Geruch von Gackts Parfüm war. Eigentlich nahm ich es schon gar nicht mehr richtig wahr, wenn ich hier war, aber wenn einem plötzlich alle andere Luft abgeschnitten war, dann kam man einfach nicht umhin. Und es roch gar nicht mal so schlecht.

Als ich mich wieder von dem Kissen befreit und es zurück unter meinen Kopf gepackt hatte, war Gackt nun wirklich aufgestanden und steckte bereits halb in seinem Kleiderschrank … vermutlich auf der Suche nach einem sauberen Handtuch, denn mir war gestern Abend schon der Berg Wäsche im Bad aufgefallen, der wahrlich danach schrie, dass man sich endlich um ihn kümmerte.

Und dann traf es mich und ich wusste plötzlich ganz genau, was sich in den letzten Wochen in unserer Beziehung verändert hatte: Ich betrachtete Gackt in diesem Moment nicht einfach nur als einen anderen Mann, der zufällig nackt im Raum stand, ich betrachtete nun auch seinen nackten Körper – und zwar ausgiebig! Mein Blick glitt über seinen Rücken und die Muskeln, die sich unter seiner Haut bewegten, wenn er sich bewegte, sein Gewicht verlagerte oder einen kleinen Schritt nach vorn oder hinten machte. Dann musterte ich seine schlanke Taille für einen Moment und seinen straffen Hintern um einiges länger. Und wenn Gackt nicht so weit weg gewesen wäre, dann hätte ich jetzt meine Hand nach ihm ausgestreckt und die sicherlich weiche Haut seines Hinterteils gestreichelt. Das hatte ich noch nie bewusst gemacht, denn so wenig wie ich mich von ihm nehmen lassen wollte, wollte ich das bei ihm tun. Dabei war es zwar nicht die Angst, die mich zurückhielt, aber doch eine gewisse Unsicherheit, irgendetwas Schlimmes anstellen zu können. Trotzdem konnte ich mich jetzt einfach nicht von dem Anblick, der sich mir bot, lösen. Selbst seine Beine waren toller als die der meisten Mädchen, mit denen ich mal was gehabt hatte.

Gackts Körper sah einfach nur gut aus, das konnte man wirklich nicht bestreiten – hatte ich ja auch noch nie, aber das hier war etwas anderes und in mir machte sich noch ein weiteres neues Gefühl breit. Es sagte mir voller Stolz, dass das alles meins war. Meins, meins, meins! Gackt war meins und somit auch der Körper, den ich gerade so ausgiebig musterte und bewunderte, und … das Blut schoss nun von meinen Wangen zurück in tiefere Regionen meines Körpers, wo es sich zu stauen begann und dafür sorgte, dass mir wieder ganz warm wurde. Dabei hatten wir doch vorhin erst … ich biss mir auf die Unterlippe, schob die freie Hand unter die Bettdecke und näherte mich damit vorsichtig meinem Unterleib. Vielleicht übertrieb ich etwas, denn so empfindlich war ich dann doch nicht, aber es war neu für mich, dass mich Gackts bloßer Anblick so erregte. Bisher hatte er immer etwas mit mir anstellen müssen, bevor ich reagiert hatte – zumindest ein paar seiner forschen, hungrigen Küsse hatte es gebraucht – und nun machte er noch nicht einmal den kleinen Finger krumm und ich war schon wieder voll und ganz auf dem Weg in höhere Sphären. Meine Mitte war ganz heiß und von der Beule in meinen Shorts wollte ich gar nicht erst anfangen.

„Bin gleich wieder da“, erteilte Gackt mir jedoch unbeabsichtigt eine Absage und verschwand nur einen Augenblick später mit einem großen, dunkelgrauen Handtuch über der Schulter durch die Tür.

„Ah, Morgen, You“, hörte ich ihn dann draußen auf dem Flur noch sagen, während mir so langsam die Konsequenzen dieser Situation einsanken.

„Kannst du dir nicht mal was anziehen?“, wurde Gackts Morgengruß in einem nur halbernsten Ton erwidert.

„Und willst du dich nach all den Monaten nicht endlich mal dran gewöhnen?“

„Mich stört's ja auch nicht. Aber deinen Lover vielleicht, wenn du dich anderen Kerlen nackt präsentierst.“

„Ach, wozu denn? Bist doch nur du. Das stört ihn schon nicht.“

„Gackt, warte!“, war schließlich mein Beitrag zu dem Gespräch, ich sprang aus dem Bett und hastete hinter ihm her. Dabei rannte ich – schon wieder – fast in You hinein, als ich aus dem Schlafzimmer geschossen kam.

Der begrüßte mich nur mit einem verwirrten „Hyde, du bist ja da!“, was ich allerdings kaum beachtete. Ich warf ihm maximal noch ein Ja zu, wenn überhaupt, und machte dann, dass ich ins Bad kam, wo Gackt bereits verschwunden war. Und anders als er schloss ich die Tür hinter mir ab.

„Huh, was machst du denn hier?“, gab sich Gackt dabei ganz überrascht, zog eine Augenbraue in die Höhe und musterte mich, wie ich nur in Shorts vor ihm stand. In Shorts, unter denen sich eine verräterische Beule abzeichnete. Und er schien einen Radar dafür zu haben, denn schon nach wenigen Augenblicken begann er zu grinsen. „Aha, daher weht der Wind. Willst du jetzt etwa doch mit duschen?“

„Halt die Klappe“, sagte ich allerdings und viel ihm um den Hals, um mich ganz eng an ihn zu drücken und ihn zu küssen, bis ihm und mir die Luft ausgehen würde. Bevor es dazu kam, hauchte ich jedoch noch: „Und zieh dir demnächst was an, wenn du aus dem Bett steigst!“

Das war der Tag, an dem ich das erste Mal von Gackts Körper angezogen wurde und ihn auch gleich für mich – für mich allein – beanspruchte.
 

tbc.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Soho~ Leute, wie fandet ihr das? Mir kommt es ja mal wieder ein bisschen gerafft vor (könnte dran liegen, dass es das auch ist) und mit der Teilung bin ich auch nicht so ganz zufrieden. Aber auf der anderen Seite wollte ich eben auch nicht noch mehr rumschwafeln, was sie tagein tagaus so miteinander genau anstellen. Man liest ja nicht, um den selben Alltag präsentiert zu bekommen, den man selber auch schon hat. Action muss her und am besten noch Leid, denn wie sagte *keine Ahnung, hab's vergessen* so schön: Wir wollen das lesen, was uns selbst nicht passieren soll. Und ich muss sagen: Stimmt! :3
Wie seht ihr das? War's zu gehetzt oder genau richtig zusammengefasst? Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Shimanai
2013-12-23T01:18:04+00:00 23.12.2013 02:18
Ich habs doch gesagt: Hyde entwickelt mehr oder weniger Gefühle... jetzt sind wieder neue Möglichkeiten offen: Hyde verknallt sich nun doch in G, der aber ignoriert es herzlichst und daraus kommt wieder DRAMA! (Uhhh, yeah, drama, baby, drama!)

Wie auch immer, ich empfinde es nicht als gerafft, weil es mich wahrscheinlich auch langweilen würde, einfach nur Turteleien zu lesen, wenn doch nichts Interessantes passiert xD


Zurück