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Josephine Klick - Allein unter Cops

von

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Im Büro war noch alles dunkel als ich am nächsten morgen eintraf. Ich streckte mich vor meinem Schreibtisch. Wieder eine Nacht ohne viel Schlaf. Seit dem Tag meiner Entführung und der Verhaftung von Fritz war der Schlaf nur sehr schwer gekommen. Wenn die nächste Nacht wieder so verlief, bekäme ich morgen sicherlich keinen klaren Gedanken mehr zu Stande. Ich war bereits heute am Ende meiner Kräfte.

Gerade als ich mich in meinen Stuhl setzen wollte, kam ein Fax. Ich legte meine Jacke beiseite und holte das Stück Papier aus dem Gerät. Es war der Bericht zu den Blutproben.

Ich musste mich durch einen Wust an medizinischen Begrifflichkeiten kämpfen bis ich überhaupt ansatzweise die Aussagen verstand. Die Tür vom Büro öffnete sich, aber ich war zu vertieft um das mitzubekommen.
 

„Sage mal, Josephine. Bist du immer noch hier oder schon wieder...? Josephine, Haallooo?“ Ich guckte kurz vom Blatt auf. Waldi stand vor mir und schnipste mit seinen Fingern direkt vor meinem Gesicht. Er sah besorgt aus.

„Was? Ah, Waldi. Guten Morgen.“

„Sage mal, warst du die ganze Nacht hier? Du siehst schlecht aus.“

„Nein, ich konnte einfach nur nicht gut schlafen.“ Er sah mich unzufrieden an, drehte sich dann aber um und brabbelte so was wie `...nichts Neues´ und `...tot umfallen´. Ich ging mit dem Dokument zu meinem Schreibtisch, schnappte mir meine Tasche und Jacke.

„Wo willst du denn jetzt schon wieder hin?“ rief Waldi, als ich schon fast aus dem Zimmer war. Im Türrahmen blieb ich stehen und drehte mich zu ihm. Mit hochgezogenen Schultern und ausgebreiteten Armen stand er fragend im Raum.

„Zu Tereza“, erklärte ich. „Die Ergebnisse der Blutproben sind da.“

„Willst du nicht auf Alex warten?“, fragte er mich.

„Der ist frühestens in ner Stunde da. Solange kann ich nicht warten. Er soll einfach nachkommen“, sagte ich und war aus der Tür verschwunden, bevor ich noch weitere Proteste von ihm hören konnte.
 

***
 

„Was denkst du Tereza?“, fragte ich während sie noch immer den Bericht in ihrer Hand studierte.

„Die Probe zeigt eindeutig, dass im Blut noch Rückstände von Propofol zu finden waren. Das war kein einfaches Ruhigstellen. In der Medizin nutzt man das Mittel für Narkosen. Der Patient sollte unter Beobachtung sein, wenn er so ein Mittel bekommt. Es gab schon Patienten mit Atemstillständen, da es hemmend wirkt. Der Junge kann froh sein, dass er noch lebt.“

„Du denkst also auch, dass er damit endgültig als Tatverdächtiger wegfällt?“

Sie nickte und gab mir die Papiere zurück. „Ich denke, dass es mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann...“ Erleichtert atmete ich einmal tief durch. Dann sah ich zu dem leblosem Körper der jungen Frau, die Tereza gerade untersuchte.
 

„Wie lange dauert eigentlich so ein Vaterschaftstest?“, fragte ich Tereza. Sie sah mich verdutzt an. „In der Regel vier Tage, aber auf Antrag es geht auch schneller. Warum? Was hast du vor?“

„Den Vater finden“, stellte ich klar.

„Willst du wahllos DNA sammeln gehen?“ Tereza klang skeptisch.

„Nein, es werden gezielt die Arbeitskollegen überprüft. Hast du Tests hier?“

„Nicht in der Anzahl in der du sie brauchst“, begann Tereza und breitete ihre Hände in dem Raum aus. „Das ist ein Obduktionssaal. Wir haben seltener mit Massen-DNA-Tests zu tun. Aber ich gebe einer Kollegin Bescheid. Sie wird dir sicher weiterhelfen können “, bot sie an.

„Danke, Tereza. Das wäre super.“

„Kannst du bitte dem Kind eine DNA Proben entnehmen?“

„Bis wann?“

„A.S.A.P.“

„Also wie immer“, verdrehte sie die Augen.

„Bis später, Tereza. Du bist die Beste.“
 

***
 

„Wie ist Ihr Name?“, fragte ich den Mann vor mir höflich.

„Frank Möller“, antwortete er mit einem zaghaften Lächeln und zeigte mir seinen Ausweis.

„Herr Möller, vielen Dank, dass Sie sich beteiligen.“

„Wir möchten doch alle, dass der Täter gefasst wird. Arme Elisabeth, sie war noch so jung.“ Er sah mich traurig an und ich erwiderte seinen Blick mitfühlend.

„Deswegen sind wir hier. Wenn Sie soweit sind entnimmt Frau Dr. Beck Ihnen dann jetzt die Probe.“ Er ging zu Vivienne und ließ sich seine DNA entnehmen. Ich schrieb in derzeit seinen Name auf die Tüte und strich ihn von meiner Liste. Vivienne packte die Probe in die beschriftete Tüte und legte sie in einen Karton.
 

Die Beteiligung war erwartungsgemäß groß. Wir hatten Glück. Es war keine Urlaubszeit und die meisten waren vor Ort. Ich rechnete fest damit, dass alle Anwesenden sich dem Test unterziehen würden, außer sie versuchten etwas zu verheimlichen.

Ich hatte nicht gesagt, dass wir die DNA für einen Vaterschaftstest nutzten – nur das sie den allgemeinen Untersuchen dienten. Sollten Sie ruhig glauben, dass wir immer noch mit dem Tatort an sich beschäftigt waren. Aber die SpuSi hatte nichts Verwertbares ermitteln können. Wer immer es gewesen war, hatte seine Spuren gut verwischt.
 

„Was ist denn hier los?“, kam Alex ins Zimmer. Er sah nicht glücklich aus. Ich seufzte und stand schnell auf um ihn beiseite zu nehmen. Nicht, dass er unser Vorhaben vor allen rausposaunte. Ich hatte auch Vivienne oder der Direktorin nichts davon erzählt. Es waren immerhin laufende Ermittlungen.

„Pssst“, sagte ich und zog ihn aus dem Zimmer.

Er verengte seine Augen, sprach aber im Flüsterton. „Haben wir nicht über das Thema Alleingänge gesprochen?“

„Alex, also wirklich. Erstens, habe ich weder mich noch jemand anderen in Gefahr gebracht und Zweitens ist das auch kein Alleingang. Was mach ich schon? Ich sitze auf einem Stuhl und helfe Vivienne bei DNA Tests.“


„Das ist ja der Punkt. Wir haben dafür doch überhaupt keine Genehmigung. Wenn das der Chef rausfindet, macht er uns BEIDE einen Kopf kürzer.“
 

„Aber wir brauchten doch keine Genehmigung.“

„Natürlich brauchen wir die, Josephine. Du kannst doch nicht die Männer zwingen...“

„Wir zwingen niemanden“, unterbrach ich Alex. „Das sind freiwillige Abgaben. Wer will der macht mit und wer nicht... Nun ja, der sollte ein wasserdichtes Alibi später aufweisen können.“ Als er mich weiterhin ungläubig anblickte, wurde mein Blick ernst. „Was sollen wir denn sonst tun?“

Er sagte eine Weile nichts, ließ sich das Thema durch den Kopf gehen. Mit seiner Hand fuhr er sich frustriert durch die Haare. „Du machst mich fertig, Josephine. Wirklich.“
 

***
 

Gerade als ich die Sachen für heute zusammen packte, kam ein weiterer Teilnehmer in den Raum. Er stand im Türrahmen und schaute vorsichtig um die Ecke.

„Kommen Sie rein“, forderte ich ihn freundlich auf, war aber zu müde ihn anzulächeln. Ich fühlte mich kraftlos und erschöpft. Der Tag war bisher nicht anstrengend gewesen, aber ich war einfach komplett ausgelaugt durch die vergangenen Tage. In den Ruhephasen, in denen niemand da war, schlief ich fast ein. Vivienne bot mir an in einem der Behandlungszimmer etwas Ruhe zu finden, aber ich lehnte ab. Ich wollte mir jeden Teilnehmer genau ansehen.
 

„Kann ich noch meine Probe abgeben oder bin ich zu spät?“, fragte der junge Mann.

„Einen Moment“, bat ich ihn und sah mich im Karton nach unbenutzten Tests um. Vivienne war zur Direktorin gerufen worden, aber ich würde das auch alleine hinbekommen. Ich schnappte nach einem Stift und kramte den Zettel raus. Es standen nur noch drei Männer auf dem Zettel die keine Probe abgegeben hatten.
 

“So, jetzt kann es losgehen“, sagte ich und legte den Zettel zum Streichen der Namen auf den Schreibtisch. „Wie ist ihr Name?“

“Marco Schulz“, antwortete er.

“Marco Schulz, Marco Schulz,...“ wiederholte ich und ging die Liste durch, konnte aber nirgends den Namen finden. Hatte ich ihn überlesen? Erneut suchte ich die Liste nach dem Namen ab, aber ein Marco Schulz stand einfach nicht drauf. Merkwürdig... Es wäre ärgerlich, wenn die Liste weitere Lücken aufwies. Ich sollte noch einmal mit Frau Krämer sprechen.

„Herr Schulz, Sie stehen zwar nicht auf meinem Zettel, aber ergänzen Sie doch einfach Ihre Daten. Haben Sie ihren Ausweis dabei?“
 

„Natürlich.“ Er zückte seinen Ausweis und reichte ihn mir. Während er seine Daten eintrug zog ich mir Handschuhe an und bereitete den Test vor.

„Vielen Dank, dass Sie uns unterstützen“, sagte ich, als er mir den Zettel wieder zuschob.

„Das ist doch selbstverständlich. Das ist erst meine zweite Woche hier und Elisabeth habe ich nur ein zwei Mal gesehen, aber alle sind schwer betroffen, dass ihr so etwas Schlimmes passiert ist. Da helfe ich, wo ich kann.“ Er wirkte unsicher und wartete offensichtlich auf weitere Anweisungen.

„Dann öffnen Sie bitte den Mund für die Probe.“
 

***
 

Zunächst brachte ich die DNA Proben ins medizinische Institut. Tereza lieferte morgen nachträglich für den Abgleich die DNA vom Baby. Einen Antrag auf schnelle Abwicklung war gestellt, dennoch konnte ich die Ergebnisse frühestens in zwei Tagen erwarten. Selbst das wäre bei der Menge an Proben eine außergewöhnliche Leistung. Jetzt hieß es warten und geduldig sein - nicht unbedingt meine Stärke. Ich verließ das Institut und rieb mir genervt meinen Nacken.

Ich rief mir ein Taxi und gönnte mir die Augen für einen Augenblick zu schließen. Ob ich wollte oder nicht, heute musste ich früher Feierabend machen. Für den Tag war alles erledigt und ich war erschöpft. Morgen würde ich die Liste von Frau Krämer noch einmal überprüfen lassen und mit der Krankenschwester reden - dieses Mal aber mit Alex. Keine Alleingänge mehr. Er hatte Recht und ich wollte mich bessern.
 

Im Revier angekommen, ging ich gerade am Büro des Chefs entlang, als sich seine Tür öffnete und mir Fritz gegenüber stand.

„Hallo Fritz.“ Ich war froh ihn zu sehen. Auch wenn wir momentan nicht miteinander arbeiten konnten, tat es gut mit ihm ab und an zu sprechen.

„Bielefeld“, antwortete er knapp und ließ mich im Gang stehen. Ich blickte Fritz ganz perplex hinterher. Was sollte das denn? War er einfach nur genervt oder sauer, weil Alex ihm von diesem Alleingang mit den DNA Tests erzählt hatte? Dafür hatte ich jetzt wirklich keinen Nerv. Ich würde meine Sachen packen und gehen. Ich brauchte dringend Schlaf. Mir war schon ganz schwindelig.

„Josephine“, rief mein Chef aus seinem Büro. Ich zuckte zusammen. Es war nie gut, wenn er mich sprechen wollte. Ich sah mit meinem Kopf durch die Tür.
 

„Ja, Chef?“, fragte ich vorsichtig.

„Kommen Sie doch mal bitte rein.“

Ich schloss die Tür hinter mir und drehte mich zu ihm. „Ich habe niemanden angeschossen und gefochten hab ich auch nicht“, sprudelte es aus mir raus und ich hob abwehrend meine Hände, bevor er auch nur ein Ton sagen konnte.

„Vaterschaftstest?“, fragte er mich ungläubig.

„Ja“, sagte ich etwas kleinlaut und sah zu Boden, richtete dann aber meinen Kopf wieder auf und blickte ihn entschieden an. „Es war notwendig, Chef. Natürlich erfolgte das alles auf freiwilliger Basis. Drei Männer haben keinen Test abgegeben. Wir warten die Ergebnisse ab, die Donnerstag da sein sollen und dann klären wir noch mal das Alibi der restlichen Männer. Je mehr Zeit vergeht, umso mehr Beweise werden vielleicht vernichtet. Das verstehen Sie doch, oder?“
 

„Sie haben wirklich außergewöhnliche Methoden.“

„Und bisher konnte Sie immer auf diese Vertrauen.“ Ich sah Herrn Amann ernst an. „Chef, ich mache meinen Job gut und gründlich.“

„Das weiß ich, Josephine“, setzte er an und schwieg einen Augenblick. Er sah besorgt aus. „Aber was ist mit Ihnen? Sie sehen müde aus. Vergessen Sie nicht, dass Sie neben der Arbeit auch noch ein Privatleben haben sollten.“
 

Ich hatte erwartet ein Donnerwetter wegen den DNA Tests zu erleben und war überrascht, dass es hier um etwas ganz anderes ging. „Sie haben Recht. Ich wollte heute auch früher Feierabend machen.“

„Und morgen will ich Sie hier auch nicht sehen. Kommen Sie wieder, wenn die Testergebnisse da sind.“

„Aber wir müssen noch einige Leute befragen und die Teilnehmerlist-„

„Kein `Aber´, Josephine! Alexander wird das erledigen.“ Jetzt klang er nicht mehr besorgt, sondern bestimmt. “Haben wir uns verstanden?“

Widerwillig stimmte ich zu. „Ja, Chef.“

„Gut“, sagte er und wirkte erleichtert. „Dann machen Sie jetzt Feierabend. Wir sehen uns Donnerstag. Schlafen Sie sich mal richtig aus.“
 

Ich verließ sein Zimmer und ging über den Flur. Mein Kopf summte und ich kämpfte gegen den Schwindel an. Kurz vor meinem Büro war es so schlimm, dass ich mich an der Wand festhalten musste. Ich hielt meine Hand an die Stirn. Sie fühlte sich warm an. Wurde ich krank oder waren meine Hände einfach nur kalt? Das konnte ich jetzt gar nicht gebrauchen.

Die Tür zum Büro war einen Spalt geöffnet und ich bekam einzelne Wortfetzen aus einem Gespräch meines Teams mit.

„Seht sie euch doch an. Sie ist jeden Morgen vor mir da und arbeitet noch, wenn ich schon längst Zuhause in meinem Bett liege. Sie schlägt sich eine Nacht nach der anderen um die Ohren...“
 

Als ich das Büro betrat, unterbrach Waldi seinen Satz und alle vier sahen mich an.

„Na?“, fragte ich. „Nichts zu tun oder warum ist hier so ein Kaffeeklatsch?“

Eigentlich wollte ich es mit einem witzigem Unterton sagen, aber irgendwie klang es schal und betrübt. Ich ignorierte die besorgten Blicke von Karin und Waldi. Die Augen von Fritz hingegen waren verengt und er wirkte alles andere als besorgt. Er schien sauer zu sein. Seine Faust war geballt als er aufstand und zügig auf mich zukam.
 

„Fritz“, rief Alex.

„Lass mich“, schnaubte er ohne Alex auch nur anzusehen. Seine Augen waren auf mich fixiert. „Ich muss da was klären.“

„Komm mit!“, sagte er mir, während er an meinem Oberarm zerrte und mich in das erste Besprechungszimmer zog. Ich hatte heute nicht genug Kraft und ließ es daher zu. Aber ein protestierendes `Ehhh´ brachte ich dennoch zu Stande. Im Zimmer ließ er mich los und ich taumelte etwas. Also lehnte ich mich gegen die Wand und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Sein schneller Schritt hatte Kraft gekostet.
 

„Was soll das?“, fuhr er mich an.

„Die Frage wollte ich dir eigentlich stellen?“, antwortete ich in einem möglichst ruhigen Ton.

„Ich hab dich nicht aus dem Auto gezerrt, damit du dich jetzt tot arbeitest.“

„Ich arbeite mich nicht tot“, gab ich noch immer ruhig zurück.

„Oder gibt es einen anderen Grund, warum du momentan keinen Schlaf findest?“, fragte er scharf nach. Wie meinte er das denn jetzt schon wieder? Ich sah ihn nur verständnislos an. Die Wut brodelte nur so in ihm.
 

„Vielleicht solltest du lieber mal ausschlafen, anstatt dir mit dem Typen die Nächte um die Ohren zu schlagen.“

„Dem Typen...?“, wiederholte ich verwirrt. Dann begriff ich. Hatte er mich gestern noch mit Herrn Altenburg gesehen? Ich wusste ja, dass er ihn nicht leiden konnte, aber das gab ihm nicht das Recht mich so aggressiv anzugehen nur weil ich mich mit Herrn Altenburg ein bisschen unterhielt. Immerhin diente das einem Zwecke. Hatte er das vergessen?

„Meinst du Falk Altenburg?“, fragte ich nach. Seine Wut schien immer mehr überzukochen.

„Ach, nennen wir ihn jetzt Falk? Was machst du eigentlich mit diesem Affen?“, fragte er gereizt. Ich hatte keine Lust auf diesen Kindergarten. Fritz ging vor mir auf und ab.
 

„Kann dir doch egal sein“, fuhr ich ihn an.

„Der steckt mich vielleicht ins Gefängnis und du gehst mit ihm aus?“, keifte er fassungslos. Genauso fassungslos war ich über seine Reaktion.

„Jetzt bleibe mal auf dem Teppich“, giftete ich zurück. Ich ließ mir ja einiges gefallen, aber falsche Unterstellungen gehörten nicht dazu. „Ich habe doch gar nicht gesagt, dass ich mit ihm aus war. Er ist zum Bus gegangen. Ich bin zum Bus gegangen. Wir hatten einen Weg - Ende der Geschichte... Außerdem, vergiss nicht, dass er auch derjenige sein könnte, der dich vor dem Gefängnis bewahrt.“

Fritz lachte nur einmal höhnisch auf. „Bist du deswegen so nett zu ihm?“
 

„Fritz, also ehrlich“, mahnte ich und hatte das Gefühl im falschen Film zu sein. Was war denn mit ihm los? Er hatte wirklich größere Probleme als das hier. Diese Diskussion raubte mir wirklich die letzte Kraft, die ich noch hatte.

„Mach dich doch nicht lächerlich. Hast du nichts Besseres zu tun, als dir über so einen Quatsch Gedanken zu machen? Vielleicht solltest du aufhören nur daran zu denken, dass du ins Gefängnis kommst. Der Chef sagt, dass du eine reelle Chance hast. Herr Altenburg sagt, dass du eine reelle Chance hast. Du bist der Einzige, der daran glaubt, bereits verurteilt zu sein.“
 

„Wenn die Bremer klagt“, begann Fritz. Aber ich unterbrach ihn. Dieser Mann machte mich rasend.

„Die kann nicht klagen, verdammt nochmal“, brüllte ich ihn halblaut an. Ich hatte seine Wut durchbrochen und er sah mich nun verwirrt an. Ich versuchte meine Stimme zu beruhigen, hatte jetzt aber selber mit meiner eigenen Wut zu kämpfen, die in mir hochkochte. „Hast du dich eigentlich überhaupt informiert oder unserem Juristen zugehört? Die Staatsanwaltschaft untersucht den Fall und trifft eine Entscheidung. Wenn die Staatsanwaltschaft nicht klagt, kann Frau Bremer, sofern sie überhaupt Beweismittel hat einen Antrag stellen, dass der Fall noch einmal beleuchtet wird. Sie selber kann aber nicht wegen Mord klagen.“
 

Ich holte einmal tief Luft bevor ich fortfuhr. „Warum liest du nicht mal ein bisschen darüber oder fragst unsere Juristen im Haus? Wozu haben wir die eigentlich? Bin ich hier die Einzige, die was macht? Anstatt die ganze Zeit nur Abschied nehmen zu wollen, habe ich den ganzen verfluchten Sonntag recherchiert und mir die Nächte um die Ohren geschlagen. Ich bin hundemüde kann aber nicht schlafen, weil mich zwei Fälle beschäftigen. Und DEINE einzige beschissene Sorge ist, dass ich mit dem Altenburg Hase mit Pommer essen gehe?“ Mir stiegen Tränen in die Augen. Durch die Anstrengung, die Verzweiflung und die Wut.
 

Ich hielt mich erschöpft an der Wand fest und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Mein Kopf dröhnte und mir tanzten schwarze Punkte vor den Augen.

„Bielefeld“, sagte er sanft. Ich konnte noch immer die Verwirrung in seinen Augen sehen, wie er versuchte zu fassen, was ich gerade gesagt hatte. Ich sah Schmerz, Freude, Trauer und Hoffnung...?

„Josephine“, sprach er und kam auf mich zu. Fritz verschwamm vor meinen Augen und die schwarzen Punkte wurden immer größer. „Das hast du für mich getan?“, frage er in einem Tonfall, der so verletzlich wie ein kleines verlorenes Kind klang. Mit letzter Energie drückte ich mich von der Wand ab und ging auf ihn zu. Ich boxte ihm einmal schwach gegen seinen Brustkorb. Er würde das wohl kaum gespürt haben.
 

„Natürlich, du Dummkopf“, sagte ich schwach mit gesenktem Kopf. Ich wollte noch mehr sagen, wollte ihn ansehen, aber mir fehlte die Kraft.

Er sagte etwas, dass ich nicht klar verstand, spürte seinen Atem an meiner Haut und sein angenehmer Duft umhüllte mich, als er mein Gesicht ergriff. Seine Hände waren im Vergleich zu meiner Haut angenehm kühl. Ich fühlte mich geborgen und gab im selben Moment der Schwärze nach, die sich in meinem Kopf ausbreitete.

Als ich in mich zusammen sank, hielt Fritz mich fest und rief immer wieder mit warmer und sanfter Stimme nach mir.



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