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PS: Ich töte dich

von

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Was zuvor geschah...
 

Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, Simon ging durch die Lobby und betrat schließlich den großzügigen Wohnraum mit seinen auffälligen Möbelstücken und goldenen Sesseln. Auf einer Couch saß Raphael, wie ihm nun auffiel, als er gerade vorbeigehen und sich auf sein Zimmer verziehen wollte. Er hielt inne und blieb stehen.

Der ältere Vampir schenkte ihm keine Beachtung. Kein Spruch kam, kein Kommentar. Er saß nur da und starrte einige Papiere an, die vor ihm ausgebreitet auf einem Beistelltisch lagen.

Was arbeitete er da eigentlich alles? Hotelrechnungen bezahlen? Vampirpolitik? Eigentlich wollte er es gar nicht wirklich wissen, aber Raphaels Blick ließ ihn stocken.

Er kannte diesen Blick, der durch Papiere und Tisch hindurchzugehen schien. Der Latino war mit seinen Gedanken ganz wo anders.
 

Einem spontanen Impuls nachgebend ging er zur Bar, goss zwei Blody Marys ein und stellte einen davon vor Raphaels Nase auf den Tisch.

Dieser hob endlich den Kopf und sah ihn fragend an.

Simons Blick fiel in dem Moment auf das Glas Bourbon.

„Dachte du könntest nen Drink vertragen.“, sagte er und hätte sich im nächsten Augenblick dafür auf die Zunge beißen können. Was für eine dämliche Aussage, wo sich sein Gegenüber doch offensichtlich bereits selbst bedient hatte.
 

Zu seinem Erstaunen aber glaubte er so etwas wie positive Überraschung im Gesicht des Anderen zu erkennen.
 

„Danke.“
 

Der Latino trank einen Schluck des Blut und Wodka Cocktails und sparte sich die Mühe, einen bissigen Kommentar von sich zu geben. Er wirkte müde.

Simon setzte sich halb auf die Armlehne der Couch.
 

„Alles okay bei dir?“

Noch so ein Satz, bei dem er sich wünschte, erst zu denken und dann zu reden. Als ob er ernsthaft eine Antwort darauf bekommen und Raphael sein untotes Herz bei ihm ausschütten würde.

Aber zu seiner Überraschung schüttelte der Ältere langsam mit dem Kopf.

Er starrte erneut mit leerem Blick auf seinen Papierkram und Simon wusste nicht wieso, aber am liebsten hätte er ihn in den Arm genommen.

Ihm fiel plötzlich wieder auf, wie jung der Vampir aussah, dessen wahres Alter er überhaupt nicht kannte.

Er trank selbst ebenfalls einen Schluck aus seinem Glas und musterte den Unterweltler nachdenklich.
 

„Was machst du hier...?“, fragte er schließlich und deutete mit einem Kopfnicken auf die Unterlagen, um das Schweigen zu durchbrechen.
 

"Nachdenken."
 

Simon legte die Stirn in Falten und fragte sich was einen Vampir wie Raphael wohl zum Nachdenken bringen konnte.
 

Das Hemd des Schwarzhaarigen war relativ weit aufgeknöpft und gab einen guten Blick auf seinen makellosen Oberkörper frei. Um den Hals trug er eine feine, goldene Kette, dessen Anhänger unter dem dunkelblauen und wie üblich teuer aussehenden Hemdstoff verschwand.

Er biss sich leicht auf die Unterlippe und ertappte sich dabei, dass ihm dieses unauffällige Mustern des anderen in letzter Zeit viel zu häufig passierte.

Er zwang sich, den Blick abzuwenden und nahm einen weiteren Schluck aus seinem Glas.
 

Frustriert schob Raphael die Papiere zusammen und beendete seinen Versuch, einen beschäftigten Eindruck zu machen. Hatte sowieso nicht besonders gut funktioniert.

Er hob den Blick und sah zu Simon.

„Und was machst du hier?“
 

„Ohh ähm ich war bei Clary.“, wurde Simon aus seinen Gedanken gerissen und sprang prompt auf den Themenwechsel an.

„Das heißt, wir waren nicht bei ihr, sondern wir waren in der Stadt. Genau genommen hat sie ja gar kein richtiges Zuhause mehr. Ihre Wohnung ist ja komplett zerstört und sie wohnt jetzt erst mal im Institut. Aber dort sind Unterweltler scheinbar nicht sonderlich willkommen. Jedenfalls fühle ich mich immer total unwohl dort.“, begann er zu erzählen und einen Augenblick hing Raphael an seinen Lippen, an denen das Blut haftete, das Simon in seinem Glas auf seinen Knieen balancierte.
 

„...und dann hab ich mich gefragt, ob ich denn überhaupt mitkommen könnte und wie mein Leben in Zukunft überhaupt ablaufen würde, aber Kinofilme laufen ja zum Glück eh abends, also wäre das überhaupt kein Problem! Und...“
 

Dios Mio, er hätte nicht fragen sollen!
 

„...hörst du mir überhaupt zu?“

Braune Augen fixierten ihn und der junge Vampir sah ihn mit gerunzelter Stirn kritisch an.

Raphael kippte den Rest seinen Cocktails in einem Zug hinunter und sagte betont desinteressiert: „Du versuchst dich in deinem neuen Leben zurecht zu finden, machst das Beste daraus und kapierst immer noch nicht, dass du hier ein Zuhause hast, in dem du willkommen bist.“
 

Überrascht sah Simon ihn an und schwieg einen Augenblick.

Er hätte schwören können, dass der Ältere ihm spätestens nach dem zweiten Satz überhaupt nicht mehr zugehört hatte.

Stattdessen war diesem nicht entgangen, dass es ihm immer noch zu schaffen machte, wie sein Leben komplett auf den Kopf gestellt worden war.

Und ein Zuhause, hier?

Es fiel ihm schwer, sich daran zu gewöhnen.
 

Er zuckte zusammen, als die schwere Eichenholztür sich öffnete und zwei Vampire den Raum betraten.

Genau das war das Problem! Augenblicklich fühlte er sich unwohl. Wusste nicht, was er sagen oder wie er sich verhalten sollte.
 

Allerdings schien auch Raphael gerade nicht in Stimmung auf weitere Gesellschaft zu sein, der sich nun von seinem Platz erhob und Richtung Fahrstuhl ging.

Und zu seiner Verwunderung bedeutete er ihm mitzukommen.

Ungeschickt stellte Simon sein Glas auf den Tisch und folgte ihm.
 

Die Zimmertür Raphaels Appartement fiel mit einem leisen Klicken ins Schloss und mit gemischten Gefühlen sah der junge New Yorker sich um.

Die Wohnung entsprach nicht wirklich den Vorstellungen, die er gehabt hatte. Wobei er eigentlich gar nicht wusste, was er sich vorgestellt hatte und bei genauerem Betrachten, passten die Zimmer samt Einrichtung sehr sehr gut zu Raphael. Sehr geschmackvoll, teures Design, wenig Persönliches und trotzdem auf irgendeine unerklärliche Weise einladend, die Simon sich überraschenderweise schnell wohlfühlen ließ.

Damit hatte seine Wohnung also exakt die gleichen Eigenschaften wie Raphael selbst.
 

Dieser hatte sich soeben auf die Kante seines Bettes gesetzt und ließ sich jetzt rücklings nach hinten auf die Matratze fallen.

Simon registrierte in diesem Moment, dass sie sich im Schlafzimmer befanden.

Okay?
 

Einen Moment herrschte Schweigen zwischen ihnen. Simon stand etwas unbeholfen im Zimmer herum und gerade, als die Situation anfing merkwürdig zu werden, sagte Raphael ohne ihn anzusehen:

„Ich war bei meiner Mom.“
 

Ein paar Sekunden vergingen in denen Simons Kopf wie leergefegt war.
 

Dann fasste er sich wieder und blickte den Latino irritiert an.

„Du warst... Was?“

Verwirrt löste er sich aus seiner Starre und setzte sich langsam zu Raphael auf das Bett.

„Du hast eine Mom?“, sagte er leise und wusste nicht, ob das eine Frage oder eine Feststellung war.

Raphael drehte den Kopf zu ihm und sah ihn an, als sei er bescheuert.

„Nein, mich hat der Storch gebracht.“, gab er trocken zurück.
 

In einer anderen Situation hätte Simon vermutlich darüber gelacht.

Aber das müde Glänzen in den dunklen Augen des spanischen Vampirs bereitete ihm Sorgen.

Wie viel von dem Whiskey hatte er schon getrunken, bevor Simon nach Hause gekommen war?

Nachdenklich legte er sich neben ihn, drehte sich auf die Seite und betrachtete den Vampir.
 

„Möchtest du darüber reden?“
 

Er wusste nicht, wie seine Chancen standen, dass der Unterweltler sich ihm öffnen würde. So oft konnte er ihn einfach nicht einschätzen und er wünschte sich, der Ältere würde ein bisschen mehr von sich preisgeben. Und in einem Punkt sollte der Latino Simons Erwartungen erfüllen: Er sagte wirklich nur ein, zwei Sätze zu dem Thema.

Jedoch erzählten diese paar Worte ihm mehr über Raphael, als er in den ganzen letzten Monaten zusammen über ihn erfahren hatte.
 

„Sie ist 97. Ich glaube nicht, dass sie ihren nächsten Geburtstag noch erlebt.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Neko_Love-moon
2021-01-15T19:54:20+00:00 15.01.2021 20:54
ok liest sich gut ... du kannst das wirklich gut schreiben und ich bin gespannt wie es weiter geht^^


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