Zum Inhalt der Seite

PS: Ich töte dich

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die dicken Vorhänge aus schwerem Stoff ließen kein Licht hinein.

Lautlos trat Simon durch das Zimmer und zögerte einen Augenblick, ehe er Schuhe und Jeans auszog und auf den Boden fallen ließ. Neben Raphaels Sachen.

Der Vampir lag im Bett, schlief aber anscheinend noch nicht. Er sagte jedoch kein Wort, als Simon neben ihm unter die Bettdecke schlüpfte.
 

Es war keine zwei Wochen her, dachte Simon, da hätte er sich noch vertraut an ihn geschmiegt.

Diese Kälte, die nun zwischen ihnen herrschte, hielt er kaum noch aus.
 

Er starrte ins Dunkle und fühlte ein Gewicht auf seiner Brust liegen, wie das eines schweren Steins, der ihn zu erdrücken schien.

Abermals hatte er einen dicken Kloß im Hals, doch er wusste eh nichts, was er im Augenblick hätte sagen können.

Außer: Es tut mir leid.
 

Zu seiner Überraschung war es der Latino, der ihn schließlich leise ansprach.

„Simon?“

Ein Rascheln war zu hören, als der ältere Vampir sich zu ihm umdrehte.

„Ja?“
 

„Kann ich dich was fragen ...?“

Simon blinzelte in die Dunkelheit. Seine Augen funktionierten perfekt und er betrachtete die attraktiven Gesichtszüge des ewig jung gebliebenen Spaniers.

„Ja, natürlich.“
 

Eine Weile schwieg Raphael.

Dann wichen seine Augen ihm aus und es war offensichtlich, wie unangenehm ihm seine Frage war.

„Darf ich vielleicht ...“ Er schluckte. Seine Fänge hatten sich verlängert und ragten nun unübersehbar zwischen seinen Lippen hervor.

„Ich fühl mich nicht besonders ... und ähm ...“ Das kleine Glas Blut von Magnus war ehrlich gesagt für den hohlen Zahn gewesen, dachte Raphael, aber er wollte nicht, dass sein Adoptivvater sich Sorgen um ihn machte. Allmählich dämmerte es Simon, was der Andere von ihm wollte und seine geschärften Sinne nahmen augenblicklich das brennende Verlangen wahr, mit dem Raphael zu kämpfen hatte. Den Hunger.
 

„Ich will Clary nicht fragen“, fuhr Raphael hastig fort, wie um sich zu rechtfertigen. „Wenn raus kommt, dass ich jetzt auch noch eine Schattenjägerin gebissen habe, kann ich gleich mein Testament schreiben und ...“

Weiter kam er nicht.

Simon hatte ihm zwei Finger auf die Lippen gelegt und brachte ihn zum Schweigen.

Unsicherheit blitzte in den dunklen Augen auf, die ihn vorhin noch voller Hass angesehen hatten und Simon konnte die gemischten Gefühle und den inneren Konflikt förmlich in der Luft schmecken, den Raphael gerade mit sich selbst ausfocht.
 

Weich lagen seine Lippen auf Simons Haut. Streiften über seine Fingerkuppen. Ehe er nadelspitze Eckzähne fühlte, die nur einen Hauch davon entfernt waren, sich in sein Fleisch zu bohren. Fänge, die mit tödlicher Schärfe an seinen Fingern entlang fuhren.

Simon schluckte.

Gefesselt von der Nähe des Anderen.

Dann schob er sich ein Stück dichter an ihn heran, legte einen Arm um ihn und streckte ihm den anderen entgegen.
 

Zwei schlanke Hände schlossen sich um seinen Arm. Zögerlich und doch kraftvoll und es kostete den Unterweltler all seine Selbstbeherrschung, dem Jüngeren nicht auf der Stelle die Venen zu zerfetzen. Magnus hatte Recht. Er hätte nicht so lange warten sollen!
 

Als sie noch einen letzten Blick austauschten, erkannte Simon den Ausdruck wieder, den er so schmerzlich vermisst hatte. Den Blick, in dem er ertrank. Immer und immer wieder.
 

Dann stachen Raphaels Fänge mit einer Wucht in ihn, die ihn erschrocken aufkeuchen ließ. Hemmungslos vergrub er sich in Simons Unterarm und ein stechender Schmerz durchfuhr diesen. Für einen kurzen Augenblick bekam er ernsthafte Panik, dass der Vampir ihm womöglich seine Knochen brechen würde, so fest umklammerte dieser ihn, während er gierig aus seinen Adern trank.

Dann breitete sich das Nervengift in ihm aus und die Schmerzen in seinem Arm wurden abgelöst von dem intimsten Gefühl, das er je verspürt hatte.
 

Seine freie Hand krallte sich in Raphaels Rücken und zog den Vampir an sich. Ja, der Latino hatte ihn schon zwei, drei mal gebissen ... Jedoch nie so!

Die kleinen Bisse, die er von ihm kannte, waren beim Sex entstanden. Ein mehr als angenehmer Bonus und zweifelsohne unglaublich heiß.

Zärtlich hatten seine Fänge das Vampirgift sich in ihm ausbreiten lassen und ihn jedes Mal damit zum Höhepunkt gebracht.

Doch das hier war etwas Anderes. Der Vampir brauchte ihn. In diesem Augenblick floss in Simons Adern, was Raphael zum Überleben benötigte.
 

Er ließ es zu, dass Raphaels Beine zwischen seine eigenen rutschten.

Und er legte das Gesicht an seinen Nacken. Wünschte sich, er hätte ihn an seinem Hals trinken lassen.

Für eine gefühlte Ewigkeit benebelte das Gift all seine Sinne und er nahm nichts wahr, außer der vertrauten Nähe, dem Duft des Anderen, dem Gefühl seiner weichen, schwarzen Haare und seines Körpers, so dicht an seinem, wie es ihnen möglich war.
 

Als Raphael von ihm abließ und mit seiner Zunge träge über die Wunde fuhr, um sie zu schließen, brauchte Simon eine Weile, um wieder zu sich zu kommen.
 

„Tut mir Leid ...“, drangen Raphaels Worte langsam zu ihm durch und es dauerte einen Moment, bis er sie verstand.

Dann sah er auf seinen Arm, den ein Bluterguss zierte, der sich sehen lassen konnte. Neben zwei kleinen Einstichwunden.
 

„Nicht schlimm“, sagte er schnell und sah den Vampir an, der sich von ihm abgewandt hatte.

„Heilt doch schnell wieder ...“

Raphael sagte nichts.
 

In der Luft lag ein Durft, der Simon fremd war. Der Geruch ähnelte dem von Salzwasser und Meeresluft und gesellte sich zu jenem, den er unter tausenden immer wieder unverwechselbar als Raphaels herausfiltern würde. Vermischt mit einem Hauch seines Parfums.
 

„Was ist los?“, fragte er beunruhigt und versuchte die Welle an Gefühlen einzuordnen, die ihm entgegenkam.

Als der Ältere ihm nicht antwortete, ließ er sich nicht abwimmeln.

„Raphael, ich riech das.“

Ihm war nicht aufgefallen, wann er eigentlich begonnen hatte, seine geschärften Sinneseindrücke derart wahrzunehmen. Doch als er das Schattenwesen an der Schulter zu sich drehte und dazu zwang, ihn anzusehen, verlor dies jede Relevanz.
 

Tränen liefen über das Gesicht des Latinos, als dieser aufgab und ihn ansah.
 

Simon wollte etwas sagen, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken.
 

Zögerlich fuhr er über seine Wange.

Fing mit dem Daumen seine Tränen auf. Strich zärtlich über seine Haut und durch sein Haar.
 

Als sie sich küssten, blickte Raphael ihm direkt in die Augen.

Dann wandte er den Blick ab.
 

„Ich kann das grad nicht.“
 

Seine Worte durchschnitten die Stille und stachen Simon mitten ins tote Herz.

Raphael rückte ein Stück von ihm ab und Simon merkte, wie sich seine Kehle zuschnürte.
 

Lass mich bitte allein, sprachen seine dunklen Augen Raphaels stumme Bitte aus.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück