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Strong enough

Victor in der U21
von

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My Girl

Die Tür öffnet sich und auf den Gang hinaus tritt Jenny, die Lippen gerötet, die Haare zerzaust. Rasch richtet sie ihr Äußeres und läuft in schnellen Schritten den Gang hinunter. Ohne ihn zu bemerken, kommt sie geradewegs auf ihn zu. Victors Hände verkrampfen sich. In seinem Kopf überschlagen sich die Gedanken…

„Oder Victor, was sagst du zu der Aufstellung?“

Victor zuckt bei der Erwähnung seines Namens zusammen. Fragend schaut er in Chris‘ Gesicht. Dieser schaut genauso fragend zurück.

„Entschuldige,“ Victor rafft sich auf und konzentriert sich wieder auf das aufgezeichnete Spielfeld vor sich auf dem Konferenztisch. Chris hat darauf kleine bunte Holzfiguren drapiert um die Taktik für das morgige Spiel gegen Liverpool zu erläutern.

„Hast du schlecht geschlafen, oder was?“ Connor stößt ihm von der Seite mit dem Ellenbogen in die Rippen. „Hoffentlich bist du morgen wacher, wenn du im Tor stehst.“

„Keine Sorge, wir sind ja auch noch da. Wenn’s weiter so läuft, muss Victor gar nicht aufwachen.“ lacht Luke von der anderen Seite des Tisches in die Runde.

Victor blinzelt seinen Gegenüber böse an. >Du solltest mal ganz still sein...<

„Haha, unserem neuen Abwehrchampion steigt der Erfolg langsam zu Kopfe was? Pass bloß auf, dass du es nicht bist, der das Tor macht.“ Alles stimmt in Mikes Lachen mit ein. Nur einer lacht nicht.
 

Draußen im Flur schlägt Victor wütend mit der Faust gegen die Wand. >Idiot!< Es war doch alles seine Schuld. Sein naives Lachen, seine demonstrative Unbeschwertheit, Lukes ganze Präsenz brachte Victor seit ein paar Tagen einfach nur zur Weißglut. Ja, er hatte schlecht geschlafen, hatte sich hin- und hergewälzt. Die Gedanken in seinem Kopf hatten keine Ruhe gegeben. Wie in einer Endlosschleife sah er Luke und Jenny aus dem Therapiezimmer kommen, sich nicht einmal Mühe gebend, zu verbergen, was sie hinter dieser Tür getan hatten. Noch am Morgen des gleichen Tages hatte er Jenny endlich fragen wollen: Sind wir nun ein Paar? Bin ich der einzige? Sie hatte ihm keine Antwort gegeben. Stattdessen fand er die Antwort nur Stunden später selbst heraus. Ausgerechnet Luke….

Am Ende des Ganges ertönen Schritte auf der Treppe. Jemand kommt in den ersten Stock. Victor fasst sich, nimmt die Faust von der Wand, reibt sich noch einmal die Augen und hebt den Kopf. >Nur nichts anmerken lassen.< Fragen konnte er gerade nicht gebrauchen.

Die Schritte erreichen den Flur und bleiben abrupt stehen. Victor blinzelt. „Jenny!“

Mit ausgestrecktem Arm stürmt er auf sie zu. Sie sollte antworten. Jetzt. „Warte!“

Jenny macht ein paar schnelle Schritte in seine Richtung. Doch kurz bevor er sie erreicht, öffnet sie eine Tür, stürzt hinein und knallt sie ihm vor der Nase zu. Victor unterdrückt einen Fluch. Damentoilette.
 

„… 22. Minute gespielt. Wieder geht Liverpool zum Angriff über. Chelsea heute mit Problemen in der Abwehr. Das haben sie auch schon besser gemacht. Smith auf Spencer. Flanke! Fernschuss! Gaaaaanz knapp vorbei am Tor von Chelsea. Wenn das so weitergeht, wird das erste Tor bald fallen.“
 

„Danny, lass dich nicht so schnell rauslocken! Bleib hinten!“ Wutschnaubend holt sich Victor den Ball aus dem Aus. „Und du Luke, hast du dich jetzt dazu entschlossen auch mitzuspielen?!“

„Sorry, Victor. Das war gar nicht mein Angreifer. Ich sollte mich doch an die Nummer 9 halten…“ Luke hebt hilflos die Schultern.

„Mir doch egal. Stürmer ist Stürmer. Deck ihn!“ Mit aller Kraft schießt er den Ball über die Mittellinie bis vor Chris‘ Füße. Der zögert kurz, blickt noch einmal zurück zum Tor, dann prescht er vor.
 

„Stuart von Chelsea setzt sich im Zweikampf durch. Pass auf McAllister. Zwei Abwehrspieler sind da. Rückpass auf den Captain von Chelsea. Nathan Brown kommt mit vorgelaufen und bietet sich an. Wird er schießen? Abseits! Die Fahne des Linienrichters ist oben! Chelsea scheitert bereits zum dritten Male an der Abseitsfalle von Liverpool.“
 

Victor steht im Tor und sieht mit gerunzelter Stirn zu, wie Liverpools Stürmer durchs Mittelfeld tänzeln. Jennys Haare hatten sich gelöst und waren ihr ins Gesicht gefallen. Eigentlich mochte er diesen Anblick. Vor allem immer dann, wenn er selbst der Grund für diese Unordnung gewesen war. Meistens hatte sie ihn dann gespielt streng angesehen. Hatte Luke den selben Blick bekommen?

„Victor! Der geht durch!“ Victor zuckt zusammen. Joe, der sich gerade noch einmal lang gemacht hat, verfehlt den Ball. Liverpools Stürmer setzt mit links nach. Reflexhaft springt Victor nach oben. Der Ball trifft auf seine erhobenen Fäuste, prallt an die Latte und verschwindet hinter dem Tor.
 

„… Knappe Kiste vorm Tor von Chelsea. Gerade noch so rettet der Keeper, sonst wäre der Ball sicher drin gewesen. Ich kann mich täuschen, aber Uesugi scheint nicht seinen besten Tag zu haben. So einen Ball sollte ein Torwart eigentlich halten können. Jetzt gibt es Ecke für Liverpool. Das wird noch mal heiß….“
 

Alles drängt sich vor Victors Tor. Vor und hinter ihm erwarten drei Abwehrspieler angespannt den Ball. Luke steht vor direkt vor ihm und hält sich mit ausgestreckten Händen einen von Liverpools Spielern vom Leib. Hatte er sie mit seinen Händen angefasst? Hatte er sie genauso anfassen dürfen wie er? Hatte er ihre nackten Brüste genauso umfassen dürfen, wie er es getan hatte? Ein Ruck geht durch die Spieler. Alles strebt dem Ball entgegen, der sich direkt über dem Tor senkt. War er mit seinen Fingerspitzen genauso sanft über die zartesten Stellen ihres Körpers gefahren? Welche Töne hatte er ihr damit entlockt? Victors Augen verfolgen emotionslos den Ball. Er landet auf dem Kopf von Liverpools Nummer 7. Der reißt den Kopf herum. Victor springt nach rechts. >Was?< Hinter der Nummer 7 erscheint ein weiterer Kopf. Zweiter Angreifer. Zweiter Kopfball. Warum hatte er ihn nicht gesehen? Er reißt noch einen Fuß in die Höhe, aber zu spät. Eine Armeslänge von ihm entfernt, fliegt der Ball an ihm vorbei und landet im Netz.
 

„Tor! Tor! Das ist das 1:0 für Liverpool. Sehr gut gemacht von Smith und Evans. Sie haben den Überraschungsmoment voll ausgenutzt. Der erste Kopfball aufs Tor war nur eine Finte und hat den Torwart abgelenkt. Unhaltbar für Uesugi.“
 

Victor knurrt und tritt den Ball erneut ins Netz. >Den hätte ich sehen müssen. Mist! Konzentrier dich!<

Er sieht rüber zu Luke, der wieder seine Position eingenommen hat. So gerne er es täte, er konnte ihm die Schuld für dieses Tor nicht zuschieben. Er beißt die Zähne zusammen. >Mein Fehler. Das darf nicht noch mal passieren.<
 

„McAllister und Brown jetzt mit Druck nach vorn. Das Mittelfeld von Chelsea rückt nach. Sie wollen um jeden Preis den Ausgleich. Gut gespielt von Nathan Brown! McAllister steht frei. Diesmal kein Abseits. Da kommt der kleine Connor Thomson aus den Tiefen des Mittelfeldes herangestürmt. Mit dem hat keiner gerechnet. Niemand deckt ihn. Er holt sich den Ball. Das wird knapp. Schuss! An der Latte abgeprallt. Was für ein Glück für Liverpool!“
 

„Habt ihr das gesehen?“ schreit Victor in Richtung seiner Verteidiger. „Ihr müsst eure Augen überall haben. Passt auf, dass euch das nicht auch passiert.“ Luke und Danny nicken eifrig. Nur Nelson sieht seinen Torwart mit einer hochgezogenen Augenbraue an und sagt nichts.
 

„Schnelles Passspiel von Liverpool quer übers Spielfeld. Ehe sich Chelsea versieht, sind Smith und Spencer schon wieder in ihrer Abwehr angekommen. Spencer gegen Taylor. Kann sich nicht durchsetzen. Aber Smith holt sich den Ball. Wieder Angriff. Der großgewachsenen Nelson Mensah grätscht dazwischen, stört. Smith kickt Richtung Tor…. direkt in die Arme des Torwarts.“
 

Hatte er sie schmecken dürfen? Ohne Schwierigkeiten fängt Victor den von Nelson gebremsten Schuss ab. Ihre honigsüßen Lippen? Schnell wirft er den Ball zurück ins Feld. War sie mit ihnen ebenfalls seinen Körper entlanggewandert, hatte ihn wahnsinnig mit dieser fast nicht vorhandenen Berührung gemacht? Hatte sie ihn…? Victor bohrt seinen Blick in Lukes Rücken. Er bemerkt, dass Liverpool sich schon wieder nähert, aber er kann seine Augen nicht von dem Abwehrspieler nehmen, während seine Gedanken versuchen, das unaussprechliche zu verdrängen.

Er kommt erst in die Realität zurück als er Smiths lauten Tritt gegen den Ball hört. Sofort sind alle seine Sinne alarmiert. Wie eine Kanonenkugel fliegt er Ball auf ihn zu. Der Schuss ist unglaublich hart. >Festhalten ist unmöglich, also abblocken.< Er hebt beide Arme um den Ball nach unten zu schlagen, doch er fliegt ihm zwischen den Unterarmen hindurch, trifft ihn an der Schulter. Victor rudert mit den Armen, wirft sich nach vorne und reißt den Ball irgendwie mit sich nach unten. Kaum hört er den Aufprall auf dem Rasen, stürmt Luke herbei und kickt den Ball zurück ins Mittelfeld.

„Puhh.“ sagt er laut und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Grinsend lehnt er sich zu Victor hinunter, der immer noch auf allen vieren vor dem Tor hockt, und streckt ihm die Hand entgegen. Victor kneift die Augen zusammen. >dieses Grinsen< Bevor Luke sich versieht, springt Victor auf und packt ihn beim Kragen: „Grins nicht so blöd, als hättest du das gerettet!“
 

„Taylor rettet den heißen Ball vor Chelseas Tor und schießt ihn weit ins Spielfeld zurück. Aber der Pass erreicht nicht seinen Adressaten. Evans holt sich den Ball und jagt ihn sofort zurück zum Tor. Smith ist immer noch dort und auch er macht kehrt und stürmt sofort wieder aufs Tor zu. Chelseas Abwehr hat sich von dem Schrecken eben scheinbar noch nicht erholt. Was ist da unten los? Uesugi geht auf Taylor los. Smith nutzt seine Chance, schießt, keiner hält ihn auf!“
 

Mit weit aufgerissenen Augen starrt Luke Victor an. „Victor, was…?“

„Victor!“

„Victor, Ball kommt!“ Nelson und Danny rennen erschrocken auf das Tor zu. Doch zu spät. Victor spürt eine Art Windhauch in seinem Rücken, das Netz bewegt sich auf eine Weise, wie es sich nicht bewegen sollte. Und noch bevor er Luke loslassen kann, ertönt der gellende Pfiff des Schiedsrichters in seinen Ohren.
 

„Ich habe doch gleich gesagt, dass es ein Fehler ist, dich aufzustellen! Was sollte diese Aktion?“ Eddie tobt in der Kabine. Victor sitzt auf einer der Bänke und lässt den Kopf hängen. „Ich begreife nicht, was du dir dabei gedacht hast? Du machst hier einen Fehler nach dem anderen! Ist dir noch nicht klar, dass wir uns in einem offiziellen Spiel befinden? Wenn du den Druck nicht aushältst, dann geh doch wieder auf die Bank! Aber stör uns nicht weiter beim Spiel….“

„Eddie,“ Scharf schneidet Chris‘ Stimme durch Eddies Wortschwall, „es reicht!“

„A- Aber Captain…“

Chris beachtet seinen Stürmer nicht weiter und baut sich vor Victor auf. Zerknirscht schaut Victor ihn von unten an.

„Kriegst du das hin in der zweiten Halbzeit?“

Victor schluckt den Kloß in seinem Hals hinunter. „Es tut mir Leid,“ er meidet Chris‘ Blick, „ich kann verstehen, wenn du mich auswechselst...“

> …. und Ken wieder ins Tor stellst.< Wo steckte der eigentlich? Erst jetzt fällt Victor auf, dass er den ersten Torwart den ganzen Tag noch nicht gesehen hat.

„Das war nicht meine Frage.“ antwortet Chris ungerührt. „Ich will wissen, ob du die zweite Halbzeit so spielen wirst, wie du sonst auch immer gespielt hast.“

Victor starrt seinen Captain mit offenem Mund an. Er wollte ihn auf dem Platz behalten? Nachdem was er an Fehlern abgeliefert hatte?

„Nun, was ist?“ Chris sieht ihn immer noch kühl von oben herab an. „Kannst du Fußball spielen?“

Das lässt sich Victor nicht zwei Mal sagen. „Ja, Captain! Das kann ich!“
 

„Also das muss man erst mal bringen.“ lacht Mike laut, als sie nach dem Spiel im Hoof zusammensitzen. „0:2 hinten liegen und dann das Ding doch noch drehen und Liverpool innerhalb von einer Halbzeit drei Bälle unter die Latte hauen! Oh Mann!“

Connor öffnet feierlich seine dritte Flasche an diesem Abend. „Jupp, die haben nicht schlecht aus der Wäsche geschaut.“

„Und du hast das dritte Tor sogar mit vorbereitet.“ Connor bekommt noch mal einen freundschaftlichen Schlag auf den Rücken, aber er grinst nur. Ganz offensichtlich war der Adrenalin-Kick bei ihm noch nicht verflogen.

„Und unser Star-Keeper hier hat sich dann ja auch zusammengerissen.“ Mike deutet mit der Flasche in der Hand auf Victor.

Connor unterdrückt ein Aufstoßen und sieht seinen Gegenüber beinahe besorgt an „Was war denn bloß los mit dir? Du standest ja in der ersten Halbzeit komplett neben dir.“

Victor blickt ertappt auf. Verlegen dreht er seine leere Flasche in den Händen. Mike und Connor mustern ihn eindringlich.

„Nicht mein Tag“ murmelt er und wendet schnell den Blick wieder ab. Es stimmte, er hatte sich zusammen gerissen. Für die restliche Spielzeit hatte er sich gezwungen, sich auf das Spiel zu konzentrieren und hatte sogar noch einige Bälle von Liverpool gehalten. Aber kaum war der Rausch des Spiels vorüber, kamen auch die Gedanken wieder zurück. Er konnte einfach nichts dagegen tun.
 

Er seufzt. Nein, eigentlich konnte er es Luke nicht verübeln. Wahrscheinlich war der Junge genauso überrascht wie er selbst vor ein paar Monaten. Konnte sein Glück gerade gar nicht fassen. Victor hatte nie jemandem von Jenny erzählt. Woher sollte Luke wissen, dass er ausgerechnet Victor sein Glück wegnahm?

Seine Freunde sind schon wieder in Einzelheiten des Spiels vertieft und beachten ihn nicht weiter. Mit leerem Blick dreht Victor die Flasche in seinen Händen. Vor ihm steht, noch ungeöffnet, eine neue, die Amber in weiser Voraussicht bereits vor einigen Minuten auf ihren Tisch gestellt hatte. Connor und Mike hatten ihre bereits geköpft. Connor war sogar schon bei seiner dritten angelangt.
 

Wütend sollte er auf Jenny sein. Warum tat sie das? War er ihr nicht gut genug? Ausgerechnet jetzt, wo er regelmäßig aufgestellt wurde, er Anerkennung von der Mannschaft und von Bill bekam, Transparente mit seinem Namen im Publikum hochgehalten wurden. Warum suchte sie sich ausgerechnet jetzt jemand anderen?

Seit ihrem Essen in ‚Charlies Burgers’ hatte er gedacht, da sei mehr. Sie war die einzige gewesen, die sich ehrlich für ihn interessiert hatte. Hatte ihm Fragen gestellt, die ihm bis dahin in London niemand gestellt hatte. Es war ihr um ihn gegangen, nicht um Fußball, nicht um die Mannschaft, nicht um seine schreckliche Spielbilanz. Und spätestens als sie langsam und deutlich mit ihren roten Lippen seinen Namen ausgesprochen hatte, war es um ihn geschehen gewesen. Damals hatte er die Verbindung zwischen ihnen ganz deutlich gespürt. Und auch wenn Jenny nie sentimentale Gefühle gezeigt hatte, so war er doch überzeugt gewesen, dass sie dasselbe fühlen würde wie er.
 

Nein, wütend war er vor Allem auf sich selbst. In den letzten Monaten hatte er jede Gelegenheit mit ihr zu reden verstreichen lassen. Und jetzt war es zu spät. Rasch greift er zu der frischen Flasche. Er will sie öffnen und die sich zuschnürende Kehle mit der kühlen Flüssigkeit wieder entspannen.

„Und dann… und dann kommt dieser Schiri an und… und…und…“ Mike bricht bereits in schallendes Gelächter aus, bevor Connor seinen Satz vollenden kann. Victor lächelt etwas gequält zu seinen Freunden hinüber. Irgendwie beneidete er sie für ihre Ausgelassenheit, während er hier saß und Trübsal blas. Er sollte sich ihnen anschließen und alle Gedanken an Jenny in einem angenehm betäubenden Rauschzustand ertränken. Nachdem er diese zweite Flasche geleert hatte, würde er sowieso nicht mehr in der Lage sein, ein richtiges Gespräch zu führen.

Victor blinzelt, seine Hand hält inne.

„Hey Star-Keeper, kriegst du das heute noch hin oder brauchst du Hilfe?“

Perplex sieht er auf.

Vor ihm liegt, den gesamten Oberkörper auf dem Tisch abgelegt, Mike und stiert mit nicht mehr ganz klarem Blick auf die Flasche, die Victor bereits seit ein paar Minuten in der Hand hält. Mit einem wissenden Grinsen hält er ihm den Flaschenöffner entgegen. Er stößt geräuschvoll auf.

„Ey Mann!“ Mit angewidertem Gesicht will Connor seinen Freund von sich wegdrücken. Dabei verschüttet er etwas von seinem Bier, das er sogleich hektisch mit seinem eigenen T-Shirt vom Tisch wischt.

Für einen Moment wandern Victors Augen zwischen den beiden hin und her. Dann stellt er entschlossen die Flasche wieder auf den Tisch zurück. Er springt auf: „Ich hab noch was zu erledigen.“
 

‚Brrrt brrrt.’ Victor steht in dem zugigen Eingangsbereich von Jennys Block und klingelt Sturm. Natürlich antwortete sie nicht, aber davon ließ er sich diesmal nicht abschrecken.

‚Brrrt’

Er hat die verdattert dreinschauenden Mike und Connor im Hoof einfach sitzen lassen und ist direkt hierher gekommen. Seit Tagen versuchte er mit ihr zu reden. Aber sie floh buchstäblich vor ihm, sobald sie ihn sah. Heute Abend würde sie nicht weglaufen können, und wenn das hieß, dass er hier übernachten musste.

‚Brrrrrt‘

Plötzlich ertönen hinter ihm Schritte. Er fährt herum und blickt in Jennys erschrockenes Gesicht.

„Was machst du hier?“ ihre Stimme klingt abweisend.

„Jenny, ich muss mit dir…“

Doch Jenny macht bereits einen Schritt rückwärts, ihr Blick geht auf die Straße hinaus, wie auf der Suche nach einem Fluchtweg.

Victor schließt schnell zu ihr auf.

„Ich will, dass du …

Jenny hört ihn nicht sondern dreht sich in einer raschen Bewegung um. Blitzschnell packt Victor sie am Arm und zieht sie grob zu sich zurück. „Was hat er was ich nicht habe?“ bricht es aus ihm heraus.

„Was!?“ Jenny sieht ihn mit großen Augen an.

„Luke! Warum Luke?!“

„Das geht dich gar nichts an!“

Er schüttelt sie: „Antworte!“

„Du bist betrunken!“

„Nein bin ich nicht! Und ich werde dieses Zeug auch nicht mehr anrühren… Es löst keine Probleme“ ergänzt er leise.

„Ach?“ Ein spöttischer Zug gleitet über ihr Gesicht. Victors Herz zieht sich zusammen. Sofort fällt ihm sein eigentliches Anliegen wieder ein.

„War das alles nur ein Spiel für dich?“

„Nein! …“

„Was dann!“

Jenny versucht ihre Hand aus seinem Griff zu winden, doch Victor hält sie unnachgiebig fest.

„Du hast nie gesagt, dass du es ernst meinst!“

„Ich habe es aber so gemeint!“

„Hör auf!“

„Nein!“ wieder verstärkt er seinen Griff um ihr Handgelenk. Mit der linken drückt er sie gegen die rauhe Wand hinter ihr. „Glaubst du, du könntest mich einfach abschreiben und mich gegen jemand anderen auswechseln? Und ich würde mir das gefallen lassen?“

„Nein!“

„Du tust es aber!“

„Hör auf! Ich habe Angst vor dir.“ schreit sie plötzlich und reißt die Hände an den Kopf.

Erschrocken lässt Victor sie los und bringt einen Schritt Distanz zwischen sie.

„Angst vor mir? Jenny, du weißt, dass ich niemals irgendetwas tun würde, dass…“

Jenny steht an der Wand, den Blick abgewandt. Mit Ihren Händen umschlingt sie schützend ihre Oberarme.

„Ich weiß.“ flüstert sie ruhig. „Du verstehst das nicht. Ich habe Angst vor dir, weil du es schaffen könntest, dass ich mich in dich verliebe.“

Victor starrt sie mit offenem Mund an. Hatte er sich verhört?

„Ich will mich nicht verlieben.“ Jennys Blick verfestigt sich jetzt wieder. Sie ballt die Fäuste. „Verlieben heißt Kontrolle aufgeben, Kontrolle über das eigene Leben. Meinst du ich will den ganzen Tag darauf warten, dass du nach Hause kommst, mich anlächelst, dass du mich in den Arm nimmst? Dass ich mein Glück davon abhängig mache, ob du mich küsst?“ die letzten Worte speit sie förmlich heraus. Sie schüttelt heftig mit dem Kopf. „Darauf habe ich keine Lust. Ich bin stark. Ich habe mein Leben selbst unter Kontrolle. Ich nehme mir, was ich will und was ich brauche. Und wenn ich es nicht mehr will, dann lasse ich es fallen. Liebe kann ich nicht gebrauchen.“

Victor starrt sie immer noch fassungslos an. Er muss erst einmal sortieren, was er gerade gehört hat.

„Das.. das ist doch… Jenny,“ beginnt er so behutsam wie möglich. „ das ist doch alles… nicht richtig. Sich zu lieben heißt doch, dass man zusammen glücklich ist. Da muss niemand auf den anderen warten.“

„…aber es endet so.“ entgegnet sie hart.

Victor tritt noch einen weiteren Schritt nach hinten und entlässt sie aus dem Gefängnis seiner Arme.

„Was kann ich tun, dass du dich einlässt?“

Jenny antwortet nicht. Sie sieht ihn noch einmal an, dann fällt die Tür hinter ihr ins Schloss.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Tasha88
2021-07-12T12:55:19+00:00 12.07.2021 14:55
so, jetzt kommentiere ich noch das dazu gekommene ;)
ein Titel fällt mir leider nicht ein :/ tatsächlich finde ich das immer sehr schwer >.<

Also zu Jenny: klar, so kann man es auch machen ... man hat Angst vor seinen gefühlen, also sucht man sich einen anderen - nicht ungewöhnlich. Ich bewundere Victor, dass er trotz dessen, dass sie mit Luke geschlafen hat und deshalb ja eigentlich auch wirklich wütend ist, es trotzdem mit ihr versuchen will. das ist auch nicht unbedingt normal ...

dass sie ein wenig Angst vor ihm hat, wundert mich nicht. Ich dachte bei der Szene auch, wenn jetzt jemand vorbei kommt, denkt derjenige, dass Victor Jenny etwas tun will.

ich bin sehr gespannt, was bei denen noch passieren wird. Und ich habe mich gerade gefragt - was ist eigentlich mit Ken passiert?

Liebe Grüße und weiter so ;)
Antwort von:  Centranthusalba
12.07.2021 15:06
Hallo Tasha 😃,
Victor ist nicht der Typ dafür einfach aufzugeben, oder? Tatsächlich entschließt er sich zu kämpfen und will sie von sich überzeugen. Kommt im nächsten Kapitel.
Ja, das ist Jennys Version von „strong enough“. So meint sie im Leben bestehen zu können. Leider macht sie sich dadurch auch vieles kaputt. Und eigentlich hat sie sich längst in ihn verliebt (ich hoffe ich habe bei der Weihnachtsfeier genügend Andeutungen gemacht), will sich das nur nicht eingestehen.
Und die Auflösung zu Ken kommt gleich am Anfang zum nächsten Kapitel 😬
Wird nicht mehr lange dauern, ich hänge tatsächlich wieder am Spieleteil fest.
LG
Antwort von:  Centranthusalba
12.07.2021 16:01
Jaja, die wild um sich schlagenden Emotionen 😂
Ich wollte es nicht gewalttätig aussehen lassen, aber Victor ist schon ziemlich aufgebracht. Und das bricht sich gerade Bahn.
Antwort von:  Tasha88
12.07.2021 20:52
Ne, das ist er tatsächlich nicht XD ich finde es gut, dass er das mit Luke seine Gefühle nicht beeinflussen sondern mehr ein "jetzt erst recht" auslöst
ich bin gespannt, wie es mit den beiden weitergehen wird - und auch mit Ken
Antwort von:  Centranthusalba
12.07.2021 21:01
Den hast du „gefressen“, was? Ich hoffe ich enttäusche dich nicht 😁
Antwort von:  Tasha88
12.07.2021 21:11
hmm... nein, tatsächlich will ich einfach nur wissen, ob Viktor jetzt die Nummer Eins wird ;P er ist schließlich eindeutig der bessere Torwart.
und daher muss Ken weg XD
Antwort von:  Centranthusalba
12.07.2021 21:14
Hmm.. wie beantworte ich das? Nein und ja und ja 😂
Antwort von:  Tasha88
12.07.2021 21:18
ich gehe auch davon aus, dass er seine Nummer behalten muss, auch wenn er sie dumm findet XD kann ja wieder seinen Daumen davor halten ;)
Antwort von:  Centranthusalba
12.07.2021 21:19
😂😂😂 nicht ganz, aber gut dass du dir die Szene gemerkt hast. Die ist nämlich gar nicht so unwichtig
Antwort von:  Tasha88
12.07.2021 21:30
also jetzt bin ich ja noch gespannter ;D hau in die Tasten ;)
Von:  Tasha88
2021-07-04T18:57:12+00:00 04.07.2021 20:57
Hallo Rike,
oh je, da kann Viktor einem wirklich nur leid tun. Sein Kopf ist so von dem angefüllt was er gesehen hat,dass einfach nichts anderes mehr Platz hat.
und das ausgerechnet jetzt, wo er eingesetzt wird - apropos, ich bin gespannt, was mit Ken los ist. - da bin ich aber sicher, dass das noch verraten wird ;)
ich fand es gut, dass Chris ihn um seine Meinung gebeten hat, es zeigt, er kommt an und wird als wichtig eingeschätzt.

Ich bin immer noch der Meinung, dass Viktor mit seinen 18 Jahren einfach noch jung ist und vermutlich zu viel von Jenny erwartet ... aber auch hier bin ich auf alles weitere gespannt.

Dass er jetzt zwei Tore durch gelassen hat und gegen Luke geht ... mannoman ... vor allem bezweifle ich, dass Luke von Viktor und Jenny gewusst hat.

Ich freue mich auf den Rest - wirst du das dann hier anhängen oder ein extra Kapitel machen?

LG
Tasha
Antwort von:  Centranthusalba
04.07.2021 21:45
Hallo Tasha,
Ja mit all deinen Vermutungen hast du Recht 😊. Ich muss ja jetzt hier so langsam die Fäden … äh… abschließen.
Nein, Luke versteht wahrscheinlich gar nicht, was aufeinander los ist. Ich gehe mal davon aus, dass niemand sonst von Jenny und Victor weiß.
Er hat jetzt seinen festen Platz in der Mannschaft und feiert -eigentlich- Erfolge. Da kommt im nächsten Kapitel noch ne schöne Szene, wo das richtig deutlich wird.
Es kommen hier noch zwei weitere Szenen, die ich hier unten dran hängen werde. Eine, in der er begreift, dass er zu viel Alkohol trinkt und dann noch eine in der wir Jennys Beweggründe erfahren. Ich war nur so froh diesen Brocken hier vollbracht zu haben, dass ich ihn unbedingt schon hochladen wollte. Eventuell ändert sich noch der ein oder andere Satz, aber sonst steht das fest.
LG Rike
Antwort von:  Tasha88
04.07.2021 22:13
Sehr gut. Gibst du mir bescheid, wenn du den Rest dazu schreibst? Weiß nicht, ob das angezeigt wird und ehe es untergeht...
Antwort von:  Centranthusalba
04.07.2021 22:31
Klar 👍🏻


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