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Sherlock Holmes

das unheilvolle Familienerbstück
von

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von außerordentlicher Ordnung zum hilfsbereiten „Überfall“

Zur gleichen Zeit betrat Sherlock frisch gebadet und sichtlich entspannt das Wohnzimmer. Hatte sich danach wieder seine übliche schwarze Hose und ein weißes Hemd angezogen, nur für den Fall, dass er doch vor hätte, heute Abend noch einmal das Haus zu verlassen. Sein Blick wanderte zur Couch und blieb an dem kleinen Notfallkoffer hängen, den sein Freund wohl vergessen hatte, wieder mit nach oben zu nehmen. Nachdenklich ging der Detektiv auf das Sofa zu und entschied sich dann kurzerhand, den Koffer einfach schnell zu seinem Mitbewohner zu bringen, eh dieser Gegenstand noch in der allgemeinen Unordnung unterging oder gar unnötig Platz auf Sherlocks Couch einnahm. Warum auch immer es ihn plötzlich interessierte, das hier etwas unordentlich sein könnte oder warum auch immer er sich ausnahmsweise freiwillig dazu entschloss, auch nur einen Finger dafür zu rühren, anstatt, wie gewohnt, John oder Mrs. Hudson das Aufräumen zu überlassen - war ihm ein Rätsel. Aber warum auch immer - sein Körper schien sich regelrecht selbstständig zu machen. Deshalb griff Sherlock nach dem Koffer, ging die Treppe hinauf, blieb vor Johns Tür stehen und klopfte zweimal an. Die Tür glitt überraschenderweise beim Klopfen selbstständig auf, was Sherlock verriet, dass John wohl schon schlafen und vor lauter Müdigkeit zuvor versäumt haben musste die Zimmertür ordentlich zu schließen.
 

Langsam öffnete der Detektiv diese mit sanftem Druck ein Stück weiter und betrat dann auch schon wortlos den dunklen Raum dahinter. Leises, regelmäßiges Atmen bestätigte ihm seine Vermutung. Er drehte seinen Kopf zum Bett und erblickte dort im Zwielicht der Straßenlaternen dann auch seinen Mitbewohner, welcher friedlich, tief und fest zu schlafen schien. Sherlock schloss die Tür leise hinter sich. Der Doktor musste wirklich fix und fertig gewesen sein - dachte sich der Detektiv, während er kopfschüttelnd, eine Hand in der Hosentasche, mit langsamen Schritten zum Schreibtisch hinüber ging und den Koffer dort abstellte. “Mhmhh…” Der Doktor schien gerade wohl zu träumen, wie dessen gemurmelten Laute eindeutig verrieten. Der Größere konnte sich darauf hin ein Schmunzeln nicht verkneifen, drehte sich, den Blick auf seinen Mitbewohner gerichtet, um und kam dem Bett etwas näher.
 

Sherlock blickte auf seinen Freund hinab und musste unweigerlich zugeben, dass ihn das Bild vor ihm ganz und gar nicht kalt ließ. John hatte sich auf den Rücken gedreht, lag dort auf seiner Bettdecke, den Kopf auf sein Kissen gebettet. Der Bademantel, den er immer noch trug, war oben rum etwas offen. Dadurch hatte der Beobachter einen sehr guten Blick auf den freien, um die Brust und Schulter herum verbundenen, Oberkörper. So verletzt und schlafend wirkte der Doktor beinahe unschuldig,… fast schon zerbrechlich und das obwohl John, wie Sherlock wie kein anderer wusste, durch seine Vergangenheit stärker und abgehärteter war, als man auf den ersten Blick auch nur erahnen konnte. Sherlock wollte ja wirklich nicht sentimental werden aber… der Anblick, welcher sich ihm hier gerade bot,... John in dem diffusen Licht der Straßenlaternen, in kontrastreicher Verbindung mit der momentanen Dunkelheit im Zimmer, seelenruhig schlafend und vollkommen entspannt im Bett liegend,… sein Brustkorb hob und senkte sich im Takt seiner regelmäßigen Atemzüge.
 

In Sherlocks Augen, dagegen konnte er sich bewusst wehren wie er wollte, sah die gegenwärtige Szene einfach... schön aus. Ja,…schön. Kaum zu glauben. … Der Ort und die Zeit waren perfekt, ein Bild von dem Doktor, welches der Meisterdetektiv wohl möglich nur einmal in seinem Leben zu sehen bekommen würde. Er speicherte sich deshalb alles sofort in seinem Kopf ab, prägte sich Johns entspannten Gesichtsausdruck genauestens ein, während er beim Betrachten seines Freundes ganz langsam um das Bett herum ging… Erneut vernahm Sherlock leise unverständliche Worte, welche seine zuvor konzentrierten Gesichtszüge durch ein erneutes Schmunzeln auflockerten und setzte sich schließlich vorsichtig seitlich auf die Bettkante, das friedlich wirkende Gesicht des Kleineren dabei nicht aus den Augen lassend.
 

“Was macht dieser Mann nur mit mir?…”, flüsterte Sherlock mehr zu sich selbst und hob seufzend den linken Arm in Richtung Johns Kopf. Seine Finger berührten die frisch gewaschenen, blonden Haare nur ganz leicht. Strichen sie dem schlafenden Mann federleicht ein wenig aus der Stirn, bevor sich die Hand dann auch schon weiter nach unten bewegte und Anstalten machte kurz über Johns Wange zu streichen. Doch im gleichen Augenblick legte der Arzt seinen Kopf ein wenig auf die Seite, genau in die Richtung seines Kollegen. Sherlock hielt still und wartete. Erst als der Kleinere wieder ruhig da lag, wanderte die Hand des Größeren zu Johns Wange, strich einmal ganz kurz über die warme Haut. Sherlock wusste beim besten Willen nicht, wieso er hier saß und sich die Zeit damit vertrieb seinen Freund - nicht zum ersten Mal - im Schlaf zu beobachten, die Chance zu nutzen, ihn ungestört näher betrachten zu können. Doch …. Er konnte einfach nicht anders. Die Hand wanderte weiter und der Detektiv beugte sich unbewusst etwas zu dem Doktor hinunter, sein Gesicht näherte sich dessen. Johns Mund war leicht geöffnet, lockte Sherlock geradezu ihn in Beschlag zu nehmen.
 

Ein untypischer Drang, diesem Wunsch nach zu geben, suchte den Dunkelhaarigen heim, worauf dieser sich noch ein Stück weiter nach unten beugte, darauf bedacht, den Älteren nicht aufzuwecken. Wenn John diesen Kuss für einen Traum halten würde, wäre er ihm dann willkommen(er)?! So gerne, so verdammt gerne hätte er jetzt diese Lippen berührt,… nicht nur mit seinen Fingerspitzen. Sherlock haderte mit sich selbst, schloss für wenige Sekunden die Augen und versuchte sich zu konzentrieren. Doch plötzlich kam Bewegung in die Situation, durch ein Geräusch, welches der Detektiv vernahm und darauf mit seinem Kopf zurück ruckte. John hatte unvorhergesehen seine Arme gehoben, sich im Schlaf vollständig zu seinem Mitbewohner gedreht und hielt sich nun mit seinen Händen an dessen Hemd fest. Leicht erschrocken sah Sherlock an sich herunter, dachte sich dann aber im Stillen, dass sie beide jetzt wohl quitt waren - was das ‘sich im Schlaf an seinem Mitbewohner festhalten’ anging zumindest - und schüttelte langsam und belustigt den Kopf. So musste es auch an jenem Tag abgelaufen sein, als er sich selbst an Johns Badehandtuch festgehalten hatte.
 

Doch Sherlock wusste nicht genau, ob er diese Aktion zulassen oder Johns Zimmer lieber wieder verlassen sollte. Dachte ernsthaft darüber nach, ob es für ihn hier am Bettrand bequem genug wäre, falls John vor hatte die ganze Nacht durchzuschlafen. Ein egoistischer Gedanke machte sich in dem Detektiv breit. Einfach hier und jetzt die Sache auszunutzen, anstatt den eigenen Gehirnzellen wie üblich Folge zu leisten und alles in Frage zu stellen, die gedanklichen Einwände einfach mal ignorieren und lieber den Gefühlen nachgeben. Wenn nicht jetzt, wann dann? Mit diesem festen Gedanken wollte Sherlock nun auch handeln. Er lockerte seine Position, ließ sich weiter nach unten sinken und platzierte seine Hände sachte auf Johns Schultern. So würde es gehen ohne das die sitzende Position unangenehm war. Wenigstens nur für ein paar Minuten wollte Sherlock hier verweilen,…nur ein paar Minuten. … Vorsichtig und bedacht fuhren Sherlocks Hände die Schultern des anderen Mannes entlang. Strich kurz nach hinten über den Rücken und weiter über den weichen Stoff des Bademantels zurück zu den Armen.
 

John unterdessen bekam davon offenbar bewusst nichts mit, atmete ruhig, schien sogar außerhalb seines Traumes recht zufrieden. Anscheinend konnte der Doktor aber die Berührungen mehr als deutlich in seinen Träumen spüren. Es war schon ein seltsames Gefühl für den Consulting Detective und, wie schon öfter erwähnt, war es neu. Neu und…aufregend. Doch nicht auf experimentelle Art und Weise. Sondern aus Gründen, die schlichtweg Neugierde und neu entdeckte Interesse beinhalteten. Es hatte einen gewissen Reiz, den Sherlock ergründen wollte. Ein leises Seufzen holte den Jüngeren wieder aus seiner Trance. John hatte sich bewegt, zog sich ein wenig näher an den anderen Körper und atmete tief aus. Die Hände an Johns Schultern begannen sich wieder zu bewegen, fuhren unter den Bademantel zum Rücken und verweilten dort.… Mit einem Mal zog der Detektiv die Augenbrauen misstrauisch ins Gesicht. … Irgendetwas spürte er da doch.
 

Nachdenklich drückte er seine linke Hand etwas stärker gegen Johns Rücken, strich einmal fester über den Verband und hörte sogleich einen, nicht gerade erfreuten, Laut von John. Der Veteran zuckte unwillkürlich zusammen, seine Miene veränderte sich auf der Stelle und er sah jetzt aus als hätte er tatsächlich Schmerzen. Der Größere zog augenblicklich seine Hand von Johns Rücken zu sich, sah genauer hin und konnte tatsächlich etwas Dunkles auf seiner Handfläche erkennen. Ihm wurde sofort klar, dass es sich hierbei um Blut handeln musste. Johns Wunde war bei dessen Bewegungen im Schlaf wieder aufgegangen?! Sofort packte Sherlock seinen Mitbewohner an den Schultern, drückte ihn zurück ins Bett, sodass dieser dort wieder in der Mitte lag und stieg kurzerhand hinterher, kniete sich über den Doktor, auf Höhe dessen Oberschenkel. Durch diesen plötzlichen Ruck wurde John geradezu wachgerüttelt. Anfangs noch verschlafen und vollkommen verwundert, öffnete er ein wenig die Augen, sah nach oben und rieb sich mit dem Handrücken über die Stirn. “…Was…ist denn los?…”, wollte der Doktor wissen, worauf noch ein leises und genervtes Stöhnen folgte. Keinen Atemzug später zog Sherlock ohne Vorwarnung Johns Bademantel oben rum auf, während er sich hockend über diesen beugte.
 

Erschrocken riss der Doktor die Augen auf - war jetzt wacher denn je. Was zum Teufel machte der Detektiv da?! Seine Hände, die, wie er selbst nun realisierte, in Sherlocks Hemd gekrallt waren, wollte er nun nutzen um diesen von sich zu schieben. Mit offenem Mund starrte er dabei fast schon entsetzt den Mann über sich an, brachte in diesem Moment kein einziges Wort heraus. Sherlock merkte das natürlich, ignorierte es aber vollkommen und widmete sich dem Verband seines Freundes. Er hatte Recht gehabt. Als er mit seiner linken Hand erneut unter Johns Rücken griff, den Verband dort berührte, fühlte er wieder etwas warmes, feuchtes an seinen Fingerspitzen. Dass John das aber auch selbst überhaupt nicht mitbekommen hatte - sein Schlaf war wohl wirklich beachtlich tief gewesen. “Umdrehen!”, befahl der Detektiv, schaute ernst zu seinem Freund herunter, welcher nur verwirrt und immer wütender werdend drein schauen konnte. “Wie Bitte? Sherlock-” Doch weiter kam er nicht, als er abermals gepackt und einfach herum gedreht wurde, dabei ließ er das Hemd des Größeren automatisch los. John mit der Vorderseite ins Bett drückend, rückte Sherlock gleich höher, zog den Bademantel weiter runter und öffnete geschickt den sich rötlich verfärbten Verband. Doch so kam er nicht weiter, wie er sofort feststellen musste.
 

Um besser sehen zu können beugte sich Sherlock zur Seite und schaltete die Nachttischlampe neben dem Bett an, woraufhin sich das Zimmer mit einem angenehmen Licht erhellte. “Verdammt Sherlock, was soll das bitte werden?” Die momentane Situation überhaupt nicht begreifend, wollte sich der ehemalige Militärarzt aufrichten, sich wieder herum drehen und vor allem gefälligst endlich einmal eine Erklärung für Sherlocks Überfall in Johns Bett bekommen. “Ich bin müde, ausgelaugt, bekomme langsam wieder Hunger und habe Schmerzen! Ich verlange also sofort eine Erklärung was das hier-” “Genau das ist es ja.”, wurde John mit ruhiger Stimme unterbrochen, woraufhin der Verband wieder ganz von Johns Oberkörper verschwand. Letztgenannter wollte gerade etwas erwidern, als ein Luftzug an seiner offenen Wunde ihm endlich seine Frage beantwortete. ‘Das’ hatte sein Kollege also gemeint - erst jetzt spürte John ’was genau’ für Schmerzen er hatte.
 

Augenblicklich verstummte er, griff unter sein Kissen und legte seinen Kopf zur Seite, so dass Sherlock einen guten Blick auf seine pikiertes Gesicht hatte. Grummelnd blieb John ruhig, wusste nun was sein Mitbewohner vor hatte und würde auch nichts dagegen haben, da er sich ohnehin nicht selbst verarzten konnte. Nur hätte der Andere wenigstens gleich die Sache erläutern können. Das wäre das Mindeste gewesen. Aber nein - Sherlock holte John lieber eigenhändig und ruppig aus dem Schlaf, als wäre ihre Wohnung am abfackeln oder jemand gestorben. Irgendwann bekam der Doktor wegen solchen plötzlichen Aktionen noch einen Herzinfarkt. Sherlocks Augen verengten sich und er entfernte schließlich endlich wieder von seinem Freund. “Ich hole nur schnell den Notfallkoffer.”, kam es monoton.
 

Als der Detektiv zum Schreibtisch lief, richtete sich John etwas auf, stöhnte kurz leise, da die Wunde langsam ein wenig zu brennen anfing. “Aufs Bett knien... bitte, dann komme ich besser ran.” Wie das schon wieder klang. Kam es John nur so vor, oder waren diese ganzen Dinge und Szenen die sich neuerdings zwischen ihnen beiden abspielten extrem zweideutig? John wollte kopfschüttelnd auflachen, doch hielt ihn der Schmerz in seinem Rücken davon ab, weshalb er es lieber sein ließ. Ohne seinen Blick vom Kissen vor sich abzuwenden, richtete sich der Doktor auf, kniete sich mit aufgerichtetem Oberkörper hin und drehte sich mit dem Rücken zur Zimmertür in Sherlocks Richtung. John wollte sich gerade fragen, warum sich der Notfallkoffer, den er selbst eindeutig im Wohnzimmer gelassen hatte, nun in seinem Zimmer befand, als Sherlock auch schon mit einigen der Utensilien daraus wieder zum Bett zurück kam. Sherlock sah zu, wie sein Freund sich den Bademantel vollständig auszog und ihn einfach auf den Boden vor dem Bett fallen ließ. Dieser war nun vermutlich eh voller Blut und musste, wenn es überhaupt möglich war, gereinigt werden. Mrs. Hudson würde sich freuen, das Blut befleckte Hemd und versaute Bademantel würden ihr einen gehörigen Schrecken einjagen. Sherlock beobachtet das Tun des Kleineren und hielt unbewusst für einen Moment den Atem an. …



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  White-Orchidee
2023-12-15T08:07:03+00:00 15.12.2023 09:07
Das war so toll, so romantisch, die Stimmung baut sich immer mehr auf und Zack
Hohoho du gehst aber ganz schön… oh ach so 🤦🏼‍♀️😂


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