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Sherlock Holmes - Das Phantom von Maiwand

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Maiwand

So kam es, dass wir das Hotel verließen, Holmes in Richtung des Yards, ich zurück in die Baker Street. Nachdem ich Mrs. Hudson informierte, wollte diese einen kleinen Snack für Holmes vorbereiten, wenn dieser zurückkehrte. Ich hingegen suchte mein Zimmer auf und kam erst jetzt dazu, meinen Koffer auszupacken. Das meiste landete auf meinem Bett. Der Gegenstand, den ich eigentlich suchte, verbarg sich wider einmal ganz unten.

Es handelte es sich um mein altes Tagebuch, das ich 1880 begonnen und in welchem ich zahlreiche Einträge meiner Zeit in Afghanistan niedergeschrieben hatte.

Ich setzte mich auf mein Bett und studierte Seite für Seite. Ich konnte mich auch irren und etwas verwechseln, wollte aber unbedingt sicher gehen. Meine Hände zitterten jedes Mal, wenn ich von einem weiteren gefallenen Kameraden geschrieben hatte. An die 970 Briten fielen in der Schlacht von Maiwand und 1757 insgesamt in diesem sinnlosen Krieg, vermutlich eine der größten Niederlagen für das britische Empire. Erst im September 1880 beendete General Frederick Roberts diesen Krieg in der Schlacht von Kandahar. Die Briten sahen jedoch ein, dass es für die Durchsetzung ihrer politischen Interessen keine militärische Lösung gab, und zogen sich bald darauf aus Afghanistan zurück. Am Ende des Tages war nichts erreicht worden, kein Ort, der mühsam eingenommen werden konnte, hatte irgendeinen essentiellen Wert. Schließlich fand ich einen Eintrag von 20ten Juli, etwa 7 Tage, bevor mich diese verdammte Kugel ins Bein getroffen hatte. Ich hatte die Seite mit den Worten 'Almawt Algharib' gekennzeichent. Ich durchflog sie schnell und mir stockte der Atem als ich am letzten Satz angekommen war.

Zwei Patronenhülsen. Die Spitzen aneinander gelegt. Ich versuchte mich zur Ruhe zu mahnen. Immerhin konnte es sich immer noch um einen Zufall handeln. Auf der anderen Seite... hatte Holmes von einem sehr begabten Schützen gesprochen.

Ich legte das Tagebuch beiseite und legte mich auf das Laken. Immer wieder spielten sich die Bilder vor meinem Auge ab. 27. Juli, 1880. Maiwand. Der Moment, als ich mich umdrehte und in den Lauf des Jezail starrte, das ein älterer Afghane auf mich gerichtet hatte. Es war nur einem Kameraden zu verdanken, der schnell genug reagierte, dass die Kugel lediglich mein Bein traf.

Es hätte auch anders ausfallen können.

Schließlich hörte ich Holmes die Treppe nach oben eilen und in seinem Arbeitszimmer verschwinden.

Ich raffte mich auf und schritt zu meinem Freund. Dieser war in älteren Ausgaben der Times vertieft, er schien nach etwas zu suchen.

„Watson, mein Guter. Fühlen Sie sich besser?“, hakte er nach.

Langsam schritt ich zu meinem Sessel und ließ mich nieder. Holmes erkannte, dass mit mir etwas nicht stimme und schenkte mir ein Glas Whisky ein.

Ich trank es mit großen Zügen leer und starrte zur Decke.

„Holmes, ich muss mich entschuldigen. Es gab einen Grund, warum ich Sie nicht begleitet habe.“, gestand ich nun.

Jedoch schien ich den Detektiv mit meiner Aussage nicht zu überraschen.

„Sie haben die Hülsen wiedererkannt, die wir auf dem Dach sichergestellt haben? Woher?“

Es überraschte mich keineswegs, dass Holmes mich durchschaut hatte. Für ihn war ich wie ein offenes Buch.

Ich genehmigte mir noch einen Schluck, bevor ich zu erzählen begann.

„Afghanistan. Juli 1880.“, verriet ich dann.

Holmes musterte mich prüfend.

„Sie haben sie zuvor auf dem Schlachtfeld gesehen?“, hakte er nach.

Ich verneinte.

„Nein, gesehen habe ich sie nie. Nur... von ihm gehört.“

Der Detektiv hob eine Augenbraue.

„Von ihm? Auf wen genau beziehen Sie sich?“, wollte er wissen.

Ich holte tief Luft.

„Dem Phantom von Maiwand.“

Ich hatte nicht erwartet, dass Holmes dieser Name auch nur irgendetwas sagen würde. Immerhin handelte es sich nur um eine Spukgeschichte Eine Spukgeschichte unter Soldaten. Dennoch unterbrach mich Holmes nicht, sondern gestand mir die Zeit zu, die ich brauchte.

„Es war der 20te Juli, als das 66te Berkshire-Regiment in Kandahar eintraf. Wir sollten die 65te Einheit unterstützen, doch von jener war kaum etwas übrig geblieben. Es gab mehr Einheimische, die ich zu versorgen hatte als unsere eigenen Leute. Es war schließlich ein kleiner Junge, der immer wieder dieselben Worte murmelte, als ich ihn behandeln wollte. Almawt algharib. Fremder Tod. Ich nahm erst an, er würde uns meinen, doch dem war nicht so. Vor uns hatte ein Monster in Maiwand gewütet. Es machte weder vor feindlichen Soldaten, noch vor Zivilisten halt. Immer wieder hörte ich Geschichten von Leuten, denen dieses Monster begegnet war. Es hatte selbst Kinder und alte Greise getötet. Und immer wenn es sein Gewehr benutzte... legte es zwei Patronenhülsen auf den Boden. Die Spitzen aneinandergelegt, wie ein Pfeil, die auf sein fertiges Werk zeigten. Manche behaupteten dieses Monster wäre selbst getötet worden, andere meinten, es wurde nur verwundet. Jedenfalls blieb es bei Geschichten. Nur sieben Tage später wurde ich verwundet und nach Hause geschickt. Ich habe diese Erzählungen in meinem Tagebuch festgehalten. Aber das Gesicht des Jungen... und die anderen.... sehe ich noch vor mir. Dieses geschockte Gesicht als sie diesem Monster begegnet waren.“, endete ich meinen Bericht.

Holmes zündete sich seine Pfeife an und studierte meine Erzählung eine Weile für sich.

Dann kramte er erneut in den alten Ausgaben der Times herum.

„Ich muss gestehen, alter Freund, auch mir sind diese beiden Hülsen nicht fremd.“

Sofort hatte Holmes meine ganze Aufmerksamkeit. Ich wollte ihn drängen zu erzählen, wusste aber, dass dies noch keinen Sinn hatte.

Schließlich wurde er fündig.

„Hier haben wir es ja. Vor fünf Jahren wurde ein Geschäftsmann in Whitechapel Opfer eines Attentats. Ein Scharfschütze jagte ihm eine Kugel in den Kopf und verschwand spurlos. Scotland Yard war es zwar möglich die Position ausfindig zu machen, jedoch...“

„Jedoch war alles was sie fanden zwei Hülsen. Mit den Spitzen auf die Position der Leiche zeigend.“, beendete ich den Satz für ihn.

Holmes nickte.

„Ja, ich erinnerte mich sofort an den Fall, den ich über zwei Ecken bearbeitet habe. Dadurch war mir auch sofort bewusst, dass wir es mit dem selben Täter zu tun haben. Den Mann, den Sie als 'Das Phantom von Maiwand' bezeichnen.“

Ich wurde stutzig.

„Was genau meinen Sie mit 'über zwei Ecken', Holmes?“, hakte ich nach.

Mein Freund lehnte zurück.

„Es war mir möglich die Auftraggeber ausfindig zu machen und der Gerechtigkeit zuzuführen. Leider schwiegen sie was die Identität dieses sogenannten Phantoms anbelangt.“

Ich stand ruckartig auf.

„Also sitzen diese Auftraggeber im Gefängnis? Wenn wir jetzt etwas nachhaken, dann könnten wir diesen Schweinekerl kriegen!“, schlug ich mit der Faust auf den Tisch.

Holmes stimmte mir zu.

„Dieser Meinung bin ich ebenfalls. Die meisten dieser Auftraggeber sind bereits verstorben, doch einer sitzt momentan im Old Baily und wartet auf seine Hinrichtung. Ich habe Inspektor Bradstreet gebeten, diesen morgen in einen Verhörraum des Yards zu bringen um dort mit ihm zu sprechen. Ich hätte Sie gerne dabei, alter Freund.“

Es kostete mich keine volle Sekunde um zuzusagen. Wenn ich etwas dazu beitragen konnte diesen Kerl zu schnappen, umso besser.

Es machte Sinn. Nach dem Krieg waren wir Soldaten nichts weiter als ein Ballast für die britische Regierung. Die meisten verwundet und ein lästiger Kostenfaktor. Für begabte Leute gab es aber immer wieder etwas zu tun. Als Arzt hätte ich natürlich niemals auch nur daran denken können mich als Auftrags-Attentäter zu versuchen. Beim Phantom sah es aber schon anders aus. Wenn es nicht einmal Probleme damit hatte Zivilisten zu töten, dann hatte es inzwischen den perfekten Beruf gefunden. Doch nichts änderte sich daran, dass es aufgehalten werden musste. Und das so schnell wie möglich.



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