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Reise in die Vergangenheit
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ihr habt sehr lange warten müssen, tut mir Leid!
Ich werde ab jetzt die Geschichte etwas schneller vorantreiben, da mir beschwerden zu Ohren gekommen sind, ich würde die Geschichte zu sehr in die Länge ziehen.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass ich die ältesten Kapitel noch einmal überarbeite, um sie meinem aktuellen Schreibstil anzupassen und Logikfehler auszumerzen. Ich würde mich sehr über Rückmeldung freuen!

Nun aber viel Spaß beim Lesen,

ZerosWolf Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich weise darauf hin, dass ich gelegentlich solche kurzen Kapitel einfüge, um näher auf die Beziehungen zwischen den Charakteren einzugehen. Bitte keine weiteren Beschwerden, sie wären zu kurz! Das ist gewollt!

Viel Spaß beim Lesen,
ZerosWolf Komplett anzeigen

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In die Vergangenheit [Überarbeitet]

Ein schöner Sommertag brach an und tauchte Azuria City in ein warmes, goldenes Licht. Die Sonnenstrahlen wanderten über die blauen Dächer der Häuser bis hin zur Arena, auf deren Grundstück bereits eine junge Pokémon-Trainerin neue Manöver mit ihrem Absol übte. Immer wieder warf Shio Katchum, die sechzehnjährige Tochter der Arenaleiterin Misty, Tonscheiben in die Luft, die Abby mit einem zielgerichteten Klingensturm zerschnitt. Ziel des Trainings war es, die Vorbereitungszeit dieser starken Attacke zu verringern.

Eine weitere Herausforderung stellte die Tatsache dar, dass ihre Mutter nichts von dem Training mitbekommen durfte. Misty hielt nicht viel von der Leidenschaft ihrer einzigen Tochter für Unlicht-Pokémon. Die Arena von Azuria-City spezialisierte sich seit Generationen auf Wasserpokémon und auch Shios großer Bruder bevorzugte die Unterseewesen. Es war ja nicht so, dass die auserwählte Nachfolgerin gar kein Interesse an diesem Typ hatte. Aber das Training von Unlicht-Pokémon machte ihr einfach mehr Spaß!

Um sowohl ihren Pflichten im Haushalt, in der Arena und ihren Pokémon gegenüber gerecht zu werden, stand Shio jeden Tag sehr früh auf, um die Zeit vor Sonnenaufgang mit ihren Lieblingen verbringen zu können.

„Okay, das wars für heute!“, rief sie ihrem Absol zu und sammelte die Scherben vom Rasen auf. Nur einen kurzen Moment hielt sie inne, um dem Spiel des Lichts auf den Baumkronen zuzusehen. Die Szenerie erinnerte sie an den Tag, an dem Sie Absol begegnete.
 

Vor sechs Jahren zerstritt sie sich mit ihrer Mutter so heftig, dass sie ihren Rucksack packte und davon lief. Andere Kinder durften auch mit zehn Jahren zu einer Trainerreise aufbrechen – warum dann also sie nicht? Ihr großer Bruder streifte längst arglos durch die Länder und sandte von jedem neuen Ort eine Ansichtskarte und Fotos seiner Abenteuer. Shio wollte auch endlich los, doch Misty blieb stur. Die Mutter entschied, dass eine solche Reise viel zu gefährlich für ihre außergewöhnliche Tochter wäre, die noch nichteinmal ihr erstes Pokémon besaß.

Wütend hatte Shio sich nachts heimlich aus dem Haus geschlichen und sich auf den Weg in die Berge gemacht. Dorthin, wo es von Käferpokémon nur so wimmelte! Dorthin, wo ihre Mutter ihr niemals folgen würde!

Es war nicht ihre beste Idee, im Dunkeln durch einen dichten Wald zu streifen, auch wenn sie die Dunkelheit mochte. Ihre Augen waren immernoch die eines Menschen und so übersah Shio einen Abhang, der zu einem breiten Bach mit starker Strömung führte. So gut es ging kämpfte die Zehnjährige gegen die reißenden Wassermassen an, doch wurde sie immer weiter mitgezogen. Als sie die Kräfte verließen, erblickte sie den Vollmond am Himmel. Welch Ironie, wie unschuldig er ihrem Ableben zusah.

Doch dann packte sie etwas an der Kleidung und das Mädchen wurde an Land gezogen. Als sie wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte wagte sie es, ihren Retter anzusehen. Im Mondlicht leuchtend stand dort Abby und musterte sie eingehend. Wie schön doch dieses so verleumdete Pokémon war. Absol brachten kein Chaos, sie beschützten davor. Das Kind und das Pokémon spürten sofort eine geheimnisvolle Bindung zwischen sich. Abby legte sich nah an den kleinen, durchnässten Menschenkörper um sie zu wärmen. Am Morgen wurden sie von einem Wanderer entdeckt und zurück in die Stadt gebracht. Absol folgte ihr treu und ließ sich von niemandem von der Seite des Menschenmädchens vertreiben.

Hartnäckigkeit und Geduld hatte Shio aufbringen müssen, um ihre sture Mutter überzeugen zu können, dass Abby bleiben durfte. Doch das Mädchen hatte nicht umsonst den Starrsinn ihres Vaters geerbt und gesiegt. Nun hatte Misty auch kein Argument mehr, ihre Tochter nicht auf die Reise zu schicken und Shio durfte von dannen ziehen.
 

Nachdenklich kraulte sie den Kopf ihres ersten Pokémons. So viel hatten sie seither erlebt! Bisher kamen sie noch nicht an die Erfolge ihres Vaters und dessen Teams heran, doch das war auch gar nicht Shios Ziel. Sie wollte mehr über Unlichtpokémon erfahren und eine Arena dieses Typs eröffnen. Wenn nicht in Azuria City, dann eben anderswo.

Überrascht sah das junge Mädchen auf, als sie es rascheln hörte. Ein Evoli war aus dem Gebüsch ihr gegenüber gesprungen. Wilde Evoli gab es hier in der Gegend nicht, irgendwo musste sein Trainer sein. Doch dieser zeigte sich nicht, während sein Pokémon den Menschen vor sich aufmerksam musterte.

„Warum kommst du nicht raus?“, fragte Shio die nicht sichtbare Person, doch ihre Sinne schlugen Alarm, so dass sie sich kampfbereit aufstellte. „Wer bist du, und was willst du von mir?“

Wer auch immer dort zwischen den Bäumen stand, er rührte sich nicht. Shio sah eine Silhouette, doch konnte sie nicht erkennen, ob es ein Junge oder ein Mädchen war, alt oder jung. Sie musste näher ran, um ihr inneres Gehör nutzen zu können.

Shio war kein gewöhnlicher Mensch, sondern eine ESP und eine ihrer Fähigkeiten war das Lesen von Gedanken. Nicht, dass sie das beabsichtigt machen würde. Sie hörte sie Gedanken der Menschen und Pokémon einfach, ohne darüber Kontrolle zu haben. Aber auch nur in einer bestimmten Reichweite.

Langsam und aufmerksam ging Shio auf das Wäldchen am Rande des Grundstücks zu. Innen regte sich noch immer nichts, doch langsam hörte sie eine geistige Stimme. Gedanken hatten einen anderen Ton als richtige Stimmen, aber man konnte doch die Spezifiken heraushören, die Alter und Geschlecht des Gegenüber preisgab. Im Falle des Fremden handelte es sich um einen männlichen Jugendlichen, vermutlich in ihrem Alter.

„Du suchst meinen Vater?“, interpretierte sie die Gedanken des Unbekannten, dessen Überraschung über ihre Aussagen seine Gedanken zu einem zusammenhangslosen Wirrwarr werden ließ. „Nun, wir suchen ihn auch.“ Der Mann galt seit zwei Jahren als verschwunden. Nicht, dass Shio das groß interessieren würde. Noch vor ihrer Geburt war ihr Vater zu einer weiteren Reise aufgebrochen und hatte sich seitdem nicht mehr bei Frau und Kindern blicken lassen. Vermutlich wusste er nichteinmal von ihr.

„Du nervst!“, rief der Fremde wütend und befahl sein Evoli an seine Seite. Was für ein ungeduldiger Zeitgenosse! Er suchte den verschollenen Pokémonmeister, damit er sich mit ihm messen konnte, so wie einst sein eigener Vater es getan hatte.

„Wenn du mit mir reden würdest, Sohn von Gary Eich, dann müsste ich nicht jede Antwort aus deinem Kopf entnehmen.“, seufzte Shio. Wenn jemand nervte, dann er!

„Du Hexe!“ Oh, fiel ihm denn nichts besseres ein? Hexe gehörte noch zu den schwächeren Beleidigungen, die in Shios Leben ihre Ohren ertragen mussten. Doch bevor sie etwas erwidern konnte, schoss ein Schwalbini aus dem Geäst des Baumes neben dem fremden Trainer auf sie zu. Das Schwalbini des Trainers, dass sich auf eigene Faust entschlossen hatte, den Feind seines Meisters anzugreifen. In diesem Moment intervenierte Absol, das sich bisher hinter Shio gehalten hatte. Es blockte das Flugpokémon, wobei sein Körper seltsam zu leuchten begann. Noch ehe seine Trainerin irgendetwas begreifen konnte fühlte diese sich, als würde sie in einem Strudel hinunter gesogen, bis sie das Bewusstsein verlor.
 

Die Erde unter ihr war kalt, doch Shio spürte Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Es konnte also nicht viel später sein, als das Mädchen wieder erwachte. Jemand rüttelte sie und mehrere feuchte Pokémonnasen stupsten ihr Gesicht an. Eine der geistigen Stimmen um sie herum gehörte Abby, noch eine dem anderen Trainer. Eine weitere glaubte Shio zu erkennen, doch klang sie weitaus höher, als die ihr bekannte. Sie öffnete ihre Augen – und hatte das Gefühl in ihre eigenen zu schauen. Doch das Mädchen, dass sich über sie beugte, hatte durchgehend feuerrote Haare, ein etwas schmaler geschnittenes Gesicht und eine hellere Hautfarbe. Dennoch erkannte Shio das Mädchen als jemanden, der ihr sehr bekannt war. Ihr Mutter! Als sie sich erschrocken aufsetzte, stieß sie fast mit der Rothaarigen zusammen.

„Nicht so eilig!“, lachte ein junger Mann, der etwas älter als seine Freunde erschien. Ganz schmale Augen, wie sie nur wenigen Menschen gegeben waren. Ihr Patenonkel!

Neugierig sah Shio zu dem schwarzhaarigen Jungen, der neben dem anderen Trainer saß, welcher ebenso unverhohlen mit seinen braunen Augen zurück sah. Auch wenn es ihre erste Begegnung war wusste Shio sofort, wen sie da vor sich hatte. Ihren Vater, Ash Ketchum. Oder zumindest ihren zukünftigen Vater, denn sie gehörte zu der Zukunft dieses Sechzehnjährigen. So wie sie nun in der Vergangenheit gelandet war.

„Du scheinst ja ganz fit zu sein“, stellte Misty fest, stand wieder auf und klopfte sich den Sand von den Knien. Schulterfreies Shirt und Hotpants – war Shios Mutter tatsächlich mal so Modebewusst gewesen?

„Ja, danke“, murmelte Shio, blieb aber noch sitzen. Irgendwie war ihr gerade schlecht. Und das hatte nicht nur mit dem Strudelgefühl zu tun.

„Wir sollten Jaze und das Mädchen vorsichtshalber in die Stadt begleiten“, meinte Rocko und schlug seinen Reiseführer auf, um nach der nächsten Ortschaft zu suchen. Jaze hieß der Junge also, der mit ihr durch die Zeit gereist war.

„Dann sollten wir aber auch ihren Namen kennen“, grinste Ash und reichte Shio die Hand um ihr aufzuhelfen. „Ich bin Ash Katchum! Und du bist?“ Mit einem milden Lächeln nahm seine zukünftige Tochter die Hilfe an und ließ sich wieder auf die wackeligen Beine ziehen.

„Shio“, entgegnete sie und suchte halt an der starken Schulter des Schwarzhaarigen. Wie lange hatte sie sich dieses Zusammentreffen vorgestellt? Aber dieser Junge wusste noch nichts von dem, was er einmal tun würde.

„Was für ein schöner Name“, meinte Misty. „Meerwasser.“ Ja, Meerwasser. Nach dem Meer, dass ihre Mutter so liebte und dessen Farbe ihre Augen hatten. War dieses freundliche Mädchen wirklich die Mutter, mit der sie sich in der Zukunft durchgehend stritt?

In der Zukunft. Ein viel dringlicheres Problem schoss Shio in den Kopf. Wie waren sie hierher gekommen? Wie sollten sie wieder zurückkehren? Sie wusste es nicht. Sie musste es herausfinden.

Kennenlernen [Überarbeitet]

Der Abend dämmerte bereits, als Ashs Trainergruppe mit Shio und Jaze im Schlepptau in einem PokémonCenter ankamen, das an ihrer Route lag. Je länger Shio lief, desto besser fühlte sie sich. Die klare Luft in diesem dichten Wald half ihr, einen kühlen Kopf zu bewahren und Pläne zu schmieden. Pläne, wie sie sich in dieser Zeit verhalten musste, um nicht aufzufliegen. Sie entschied, dass es besser wäre, wenn niemand von ihrer Zeitreise wusste. Sie beherrschte zwar eine psychische Fähigkeit die es ihr erlaubte, Gedächtnisse und Träume zu beeinflussen, jedoch kostete diese viel Kraft und sollte nur im äußersten Notfall eingesetzt werden.

Jaze entpuppte sich als alles andere als hilfreich. Nicht nur, dass er seine Nase sehr weit oben trug und sich dem ersten Eindruck nach für den tollsten Jungen auf Erden hielt, nein, besonders schnell begreifen tat er auch nicht. Gleich nach ihrem Erwachen hätte der Sohn des berühmten Professors Gary Eich sie auffliegen lassen, indem er beinahe Ash als „verjüngt“ bezeichnet hätte. Ein gut gezielter Steinwurf Shios stopfte ihm jedoch den Mund.

Nachdem sie sich wieder etwas sicherer auf den Beinen gefühlt hatte, ließ Shio sich mit Jaze zurückfallen und versuchte, ihm die Dringlichkeit ihrer Lage klar zu machen. Sie war sich immernoch nicht sicher, ob der Junge diese wirklich verstanden hatte, aber immerhin hielt er den Mund und sah sie nur finster an. Nun war es an Shio, das Chaos zu erklären, in dem die Trainer sie gefunden hatten. Zum Glück kamen ihr die Gedanken der anderen Centergäste zugute.

„Wir haben gerade einen Kampf ausgetragen, als wie von einer Gruppe Muntier überrascht wurden“, log sie. Laut den anderen hier gab es ein Problem mit einer Bande dieser wilden Pokémon in diesem Wald. Die Kratzer auf ihren Armen, die sie sich nicht erklären konnte, halfen dabei, die Lüge zu unterstützen. Während Ash und Rocko ihr das problemlos abkauften blieb Misty misstrauisch.

„Deine Kratzer sehen nicht gerade aus wie Krallenspuren.“, bemerkte die Rothaarige und fixierte das andere Mädchen mit einem bohrenden Blick. Nichts anderes hatte Shio von ihrer zukünftigen Mutter erwartet.

„Wenn ich ehrlich bin weiß ich gar nicht, was uns angegriffen hat“, mischte Jaze sich ein. „Es könnte die Muntier-Bande dieser Gegend gewesen sein, aber da wir uns voll auf den Kampf konzentriert haben bezweifle ich, dass Shio hier auch genau weiß, wer uns niedergeschlagen hat.“ Anerkennend zog Shio die schmalen Augenbrauen hoch. So viel Cleverness hatte sie dem Angeber gar nicht zugetraut. „In jedem Fall ist unser gesamtes Gepäck weg. Wenigstens unsere Pokémon haben sie uns gelassen.“ Das er allerdings im Anschluss dachte, dass Shio ihm jetzt was schulde, machte den gesamten positiven Eindruck wieder zunichte. Was für ein Idiot.

„Vielleicht Straßenräuber“, vermutete Rocko. „Man kann nie vorsichtig genug sein.“ Ein verächtliches Schnauben zog Shios Aufmerksamkeit zu ihrem Absol, dass sich auf dem Fliesenboden ungewöhnlich lang ausgestreckt hatte. Abby teilte mit, dass sie simple Straßenräuber zum Teufel gejagt hätte. Doch ihre Stimme klang unnatürlich schwach und Jaze Evoli fühlte bereits die Nase des größeren Pokémon und verkündete, dass Absol Fieber hätte.

„Schwester Joy!“, rief Shio panisch nach der Pokémonkrankenschwester. Dieses starrköpfige Absol sagte und zeigte seiner Trainerin nie, wenn es ihm schlecht ging! Und gerade sah es so ganz und gar nicht gesund aus! Wenn sie das gewusste hätte, Abby hätte den Weg zum Center in seinem Pokéball verbracht!

Die Krönung war allerdings, dass genau dieses schwerkranke Pokémon jetzt meinte, sie solle nicht aus einer Mücke einen Elefanten machen.

„Spiel du nicht ständig einen Elefanten zu einer Mücke herunter!“, entfuhr es Shio, die nicht an die Menschen neben ihr dachte.

„Mit wem redest du?“, fragte Ash verwirrt.

„Das ist gerade nicht wichtig!“, fuhr Shio ihn an. Die Sorge um ihr Pokémon war größer als die Sorge, auffliegen zu können. Dieser verdammte Stolz ihres Absols würde nochmal sein Verhängnis werden!

Mit besorgtem Blick begleitete Shio ihr krankes Pokémon bis vor die Türen des Behandlungsraums. Weiter durfte sie nicht. Sie musste sich beruhigen, sie musste vertrauen. Abby würde auch das überstehen.

„Hey, Schnecke“ Wer wagte es...? „ich habe etwas herausgefunden“, beendete Jaze seinen Satz. Der Idiot war ihr gefolgt und saß nun auf der Wartebank neben dem Krankenzimmer. Den blondierten Pony seiner sonst Brünetten Haare hatte er mit einer Klemme nach hinter festgesteckt und eine Brille thronte auf seiner Nase, die ihn schon fast intelligent wirken ließ. In seiner Hand hielt er einen Pokédex. Shio besaß auch einen, Gary Eich selber hatte ihn für sie programmiert. Natürlich besaß sein Sohn auch einen – noch dazu den neuen Prototypen, den der Pokémonprofessor ihr noch nicht aushändigen wollte!

„Eifersüchtig?“, grinste Jaze. Natürlich, was dachte er denn? Einen Pokédex durften schließlich nur auserwählte Trainer tragen! Er hatte den Familienbonus, aber Shio hatte hart dafür kämpfen müssen, sich einen zu verdienen. Trotz der Freundschaft ihrer Väter mussten Mistys Kinder sich eines Tests unterziehen, bevor ihnen die Geräte ausgehändigt wurden. Aber das durfte dieser eh schon hochnäsige Kerl nie erfahren.

„Was hast du denn so wichtiges herausgefunden?“, fragte Shio ruhig, doch sie konnte nicht verhindern, dass Ungeduld in ihrer Stimme mitschwang.

„Oh, du musst mich schon vernünftig darum bitten!“, verlangte Jaze. Oh, wie er sie auf die Palme brachte! Aber es nützte alles nichts, sie saßen im selben Boot und mussten sich gegenseitig helfen.

„Zeig mir bitte was du herausgefunden hast.“ Das „bitte“ rutschte nur sehr schwierig über ihre Lippen. Für gewöhnlich bat man sie um Hilfe und Informationen, nicht umgekehrt!

„Ich will mal nicht so sein“, lachte der Brünette und reichte ihr seinen Pokédex. Nicht nur handelte es sich um den Prototypen, sondern auch noch um einen mit Sonderfunktionen! Ein Legendenlexikon der Pokémonwelt gehörte nur zu einem dieser Zusätze. In diesem Programm befand sie sich gerade und eine Legende über Absol war aufgeschlagen. Eine Sage, nach der Eines von Tausend Absol ab einem bestimmten Alter eine besondere Fähigkeit erlernte, die sich „Timeline“ nannte. Diese Fähigkeit ermöglichte aktive Eingriffe in den Zeitverlauf ebenso wie Zeitreisen.

„Du willst sagen, dass Abby dieses Eine von Tausend ist?“, seufzte Shio und reichte den erweiterten Pokédex zurück an seinen Besitzer. Wie gern würde sie es behalten, aber sie war keine Diebin.

Die Tür zum Behandlungsraum öffnete sich und verhinderte Jaze Antwort. Schwester Joy kam heraus, jedoch ohne Abby.

„Mach nicht so ein entsetztes Gesicht“, lächelte die Krankenschwester. „Dein Absol hat sehr viel Energie verbraucht und wird eine Weile brauchen, um wieder zu Kräften zu kommen. Heute Nacht werde ich es ein wenig aufbauen können, aber du solltest ihm Ruhe gönnen und Kämpfe vermeiden, bis es sich wieder vollständig erholt hat.“ Das war leicht, Abby kämpfte sowieso nicht gerne! Überschwängliche bedankte Shio sich bei der Heilerin. Durch eine Glasscheibe durfte sie einen Blick auf ihr friedlich schlafendes Pokémon werfen, der ihre Gemütsverfassung beruhigte.

„So ein Glück“, seufzte Shio erleichtert und legte ihr Hände an die Brust. Sie konnte Abbys ruhige Träume empfangen und das beruhigte die junge Trainerin.

„Du kannst ja doch ganz süß sein“, meinte Jaze, der sie noch immer begleitete. „Obwohl du ein bisschen gruselig bist, wenn du dauernd meine Gedanken liest.“

„Ich lese sie nicht, ich höre sie einfach“, erklärte Shio und nahm lieber etwas Abstand zum Krankenzimmer, denn ihr Gespräch sollte Abby nicht wecken. Außerdem verkündete ihr Magen soeben lautstark, dass er gefüllt werden wollte. „Ich würde deine selbst eingenommenen Fantasien gar nicht lesen wollen.“

„Was ist falsch daran, von sich selbst überzeugt zu sein?“, wollte Jaze ernsthaft wissen. „Ich bin schlau, ein starker Trainer und sehe obendrein noch verdammt gut aus.“

„Das liegt jawohl im Auge des Betrachters“, lachte Shio und schüttelte ungläubig den Kopf. Dieser Junge war wirklich eine Nummer für sich.

In der Kantine trafen sie erneut auf Ash, Misty und Rocko. Die drei luden die neuen Bekanntschaften ein, sich dazu zu setzen. Shio schob jegliche Bedenken beiseite und nahm die Einladung an. Wenn sie in dieser Zeit überleben wollten, brauchten sie Menschen, die ihnen das richtige Verhalten zeigten. Außerdem, so musste sie sich eingestehen, wollte sie Ash besser kennen lernen. Sie wollte ihren Vater verstehen lernen, bevor sie ihn verurteilte.

„Geht es deinem Absol besser?“, fragte Misty besorgt.

„Abby ist zäh“, entgegnete Shio. „Es wird sich wieder fangen, es wird nur eine Weile dauern, meinte Schwester Joy.“

„Wenn diese wundervolle Schwester Joy das sagt, wird es stimmen“, schwärmte Rocko. Shio kannte dieses liebeskranke Verhalten, immerhin war es der Grund dafür, dass ihr Patenonkel noch immer Single war.

„Was hast du denn sonst noch für Pokémon?“, fragte Ash neugierig. Laut ihrer Mutter interessierte der Schwarzhaarige sich mehr für Pokémon als alles andere. Am besten einfach mitspielen.

„Dabei habe ich noch Magnayen, Nachtara, mein Wettbewerbs Enekoro, ein Ponita, um das Reisen angenehmer zu machen und ein Altaria.“

„Altaria!“, schwärmte Ash gleich. „Ich habe bisher nur ein Wablu. Aber ich hoffe sehr, dass es sich bald zu Altaria entwickelt.“ Ja, das würde es. Ihr Altaria war Ashs Altaria, welches bis vor zwei Jahren den Briefkontakt zur Familie aufrecht erhalten hatte. Bis ihr Vater spurlos verschwand. Seitdem trainierte Shio den Drachenvogel, der ihr aber auch nichts über die Gründe verraten wollte, aus denen Ash nicht mehr nach Hause zurückkehrte. Vielleicht konnte es auch nichts verraten, denn Pokémon verstanden menschliches Verhalten für gewöhnlich nicht.

„Ansonsten besitze ich noch diverse Wasser- und Unlicht-Pokémon“, endete Shio. „Letzteres sind meine Favoriten. Ersteres soll ich von meiner Mutter aus trainieren, damit ich mal ihre Arena übernehmen kann.“

„Eine Arena?!“, aufgeregt sprang Ash auf. Was war denn nun in ihn gefahren? „Wo ist die? Ist deine Mutter stark? Welchen Orden bekomme ich, wenn ich sie besiege? Und zu welcher Liga gehört der Orden?“ Kampflustig blitzten seine braunen Augen. Shio hätte das wohl besser nicht ausgeplaudert. Klar, ihr Vater war ein Pokémon-Trainer der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, sämtliche Arenen und Ligen der Welt herauszufordern und sich so zum Pokémon-Meister hochzukämpfen. Als solches galt er in ihrer Zeit bereits. Aber mit sechzehn Jahren befand er sich noch mitten auf dem Weg, Berühmtheit zu erlangen.

„Das verrate ich dir nicht“, entgegnete Shio. „Du wirst sicher irgendwann von selbst dorthin gelangen.“ Er durfte nicht wissen, dass irgendwann schon gewesen ist und das er den Orden schon besaß – sogar aus einem Kampf gegen ihre Mutter.

Ash war mehr als unzufrieden mit dieser Antwort. Er suchte gerade ein neues Ziel und eine neue Arena klang für ihn verlockend. Doch Misty schaffte es, ihn davon abzuhalten, Shio weiter mit dem Thema zu nerven. Dann wandte die Arenaleiterin sich an ihre zukünftige Tochter.

„Du klingst nicht gerade begeistert, wenn du über deine Wasserpokémon sprichst“, merkte die Rothaarige an. „Magst du sie nicht?“ Ups, Landmine. Jetzt bloß nichts falsches sagen!

„So ist das nicht gemeint“, winkte Shio eilig ab. „Ich liebe jedes einzelne meiner Pokémon, aber das ändert nichts an dem Druck, den meine Mutter auf mich ausübt. Ich soll nämlich unbedingt die Arena übernehmen, auch wenn ich lieber Unlichtpokémon trainiere.“

„Kannst du die Arena nicht umrüsten?“, fragte Rocko verwirrt. Ihr guter Patenonkel, der auch in ihrer Zeit auf ihrer Seite stand.

„Das lässt sie nicht zu, Tradition und so“, seufzte Shio und konnte sich einen Seitenblick zu ihrer zukünftigen Mutter nicht verkneifen.

„Ich würde auch nicht wollen, dass die Azuria Arena umgerüstet wird“, bemerkte diese. „Sie wird schon seit Generationen von unserer Familie geleitet und alle lieben Wasserpokémon.“ Und genau da lag das Problem. Shio liebte Unlichtpokémon. Deswegen gab es dauernd Streit, weil ihre Mutter das nicht verstand.

„Es gibt doch ein paar Wasser-Unlicht-Pokémon“, bemerkte Jaze und holte seinen Pokédex raus. „Da haben wir zum Beispiel Tohaido“, eine 3D-Projektion des Haipokémons wurde in die Luft geworfen, was bei ihren Pokédex serienmäßig war.

„Das hab ich längst“, seufzte Shio, während Jaze weiter sein Lexikon durchsuchte. Wenn ihre Mutter mit dem Kompromiss einverstanden wäre, könnte sie sich mit diesem Schicksal abfinden. Aber Misty bestand darauf, dass ihre Tochter auch reine Wasserpokémon und solche mit anderen Nebentypen trainierte.

Ash, Misty und Rocko waren inzwischen mächtig verwirrt und ihr Gedankensturm lenkte Shios Aufmerksamkeit wieder auf die drei Trainer. Mit großen Augen und weit geöffnetem Mund starrten sie das schwebende Bild an. Ach, stimmte ja, Hologrammtechnologie wurde ja erst in etwa zehn Jahren entwickelt.

Als wollte sie einen Wecker ausschalten, schnellte Shios Hand zu Jaze' Pokédex und klappte ihn mit solcher Wucht zu, dass der Brünette laut aufschrie, weil seine Finger im Weg waren.

„Was war das?“, fragte Ash begeistert. Hier galt diese Form der Darstellung noch als Zukunftsmusik. „Wo bekomme ich so einen Pokédex?“ Er machte Anstalten, nach dem taschenspiegelgroßen Gerät zu greifen, doch Jaze war dieser Pokédex wichtiger als alles andere.

„Finger weg!“, schnauzte er den Schwarzhaarigen an. „Den hat mein Vater, der große Professor Gary Eich nur für mich programmiert.“ Wie schön, dass er sich was darauf einbildete, aber damit hatte er gerade ihre Deckung vollkommen auffliegen lassen. Das wurde ihm auch klar, aber erst nachdem es schon ausgesprochen war.

„Gary?“, fragte Ash nur noch verwirrter, als das Gespräch ihn sowieso schon gemacht hatte.

„Er sieht ihm ähnlich“, bemerkte Rocko nachdenklich. „Das wundert mich schon die ganze Zeit.“

„Wer seid ihr wirklich“, mit scharfen Blick hatte Misty Shio fixiert. Ihre Gesichtsfarbe wich sehr schnell nachdem sie feststellte, das ihre neue Bekanntschaft die Ideale Mischung aus Ash und ihr selbst war: Körperbau und Augen der Mutter, Gesicht und Hautfarbe des Vaters und zweifarbig rot und schwarz gestreiftes Haar.

„Die Katze ist aus dem Sack“, grummelte Shio und wusste, dass es nur eine Möglichkeit gab, das Problem zu beheben. Dafür würde sie Jaze seinen Pokédex später um die Ohren schlagen!

Konzentration war jetzt gefragt. Tiefe Konzentration. Sie musste den geistigen Weg in die Köpfe der anderen finden, um dort das zu löschen, was sie nicht wissen durften. Der bewusste Einsatz ihrer stärksten psychischen Kraft verlieh ihr immer ein, wie sie fand, gruseliges Aussehen. Ihre Augen leuchteten ebenso blau wie die Aura, die sie umgab. Die gebündelte Energie ließ ihre Haare ein bisschen abstehen, wie nach einem elektrischen Schlag.

„Was machst du da?“, fragte Misty nun ernsthaft schockiert.

„Das, was du an mir am Meisten hassen wirst“, murmelte Shio, bevor sie ihr Werk vollendete, welches die drei Trainer dieser Zeit das Bewusstsein verlieren ließ. Zum Glück befand sich aufgrund der fortgeschrittenen Stunde niemand im Raum, der ihren Kräfteeinsatz hätte bemerken können und Ashs Pikachu und Mistys Azurill würden ihren Trainern niemals klar machen können, was geschehen war.

Jetzt musste Shio sie nur noch in ihr Zimmer bekommen, was zwar dank Telekinese nicht schwer werden dürfte, aber sie mussten ja auch irgendwie an Schwester Joy vorbei. Das Ablenkungsmanöver übernahm Jaze freiwillig, denn er wagte es nicht mehr, Shio zu widersprechen. Seine stille Vermutung, dass sie noch viel mehr mit seinem geistigen Eigentum anstellen konnte, als es zu ändern und zu löschen war richtig, aber das bestätigte Shio ihm lieber nicht.

Während Jaze nun also Schwester Joy mit einer vorgespielten Sorge um sein Evoli, das Bauchschmerzen vortäuschte, ablenkte, ließ seine Begleiterin Ash, Misty und Rocko hinter dem Rücken der Pokémonkrankenschwester zu deren gebuchtem Dreibettzimmer schweben. Sie schloss gerade die Zimmertür hinter sich, als Jaze den Flur hinunterkam mit einem fröhlich hopsenden Evoli als Anhang.

„Du hast ganz schön fiese Tricks auf dem Kasten“, meinte er und stemmte die Hände in dir Hüften. „Da wir zwei hier aufeinander angewiesen sind, solltest du mich lieber aufklären, was du so alles drauf hast.“ Shio hörte jedoch nur mit einem Ohr hin. Sie war so müde. Der Einsatz so vieler psychischer Kräfte strengte an und ließ sie schwach werden. Ihr Beine gaben nach und sie sank in die Arme des Gleichaltrigen, den sie erst am Morgen kennengelernt hatte. Zu erschöpft, um auch nur noch irgendetwas wahrzunehmen hörte sie nicht einmal mehr seine Gedanken. Ruhe konnte so schön sein, wenn man einschlief.

Erste Treffen mit Team Rocket [Überarbeitet]

Der Sonnenaufgang strahlte in facettenreichen Farben. Fast wie zu Hause, dachte Shio, während sie gedankenverloren an ihrem Kaffee nippte. Ekelig, aber sie brauchte das Koffein. Niemand brauchte wissen, wie müde sie war.

Jaze saß ihr mürrisch gegenüber. Der rote Handabdruck auf seiner Wange begann bereits zu verblassen. „Ich wollte dich nur wecken“, knurrte er.

„Ja, sicher“, entgegnete Shio und sah ihn mit skeptisch hochgezogener Augenbraue an. Sie wusste es besser und er wusste das. Vermutlich würde er noch einige Zeit brauchen, bevor er sich an seine neue Begleiterin und ihre Besonderheit gewöhnt hatte.

Ash, Misty und Rocko betraten die Cafeteria und gesellten sich zu ihnen. „Guten Morgen“, grüßte Ash mit einem breiten Lächeln. Pikachu auf seiner Schulter wirkte weniger begeistert, die Beiden zu sehen. Misstrauische Blicke folgten jeder von Shios Bewegungen.

„Ihr seid aber früh auf“, bemerkte Misty.

„Nun, wir mussten noch ein paar Pläne schmieden, wie wir unsere verlorene Ausrüstung zurückbekommen“, log Shio. „Außerdem habe ich mir Sorgen um Abby gemacht, aber es ist alles in Ordnung.“ Sie tippte den Pokéball an ihrem Kropfband an.

„Das ist ein Pokéball?“, rief Ash verwundert aus. Er holte einen seiner eigenen zweiteilig rot-weißen heraus und hielt ihn neben Shios vierteilig hellblau-roten.

Shio tauschte einen Blick mit Jaze. Waren diese Pokébälle nicht schon erfunden? Nein, Jaze schüttelte fast unmerklich den Kopf, dass wurden sie erst noch im Laufe dieses Jahres und die Massenproduktion startete im nächsten.

„Nur eine Besonderheit unserer Heimat“, winkte Shio ab.

„Da frage ich mich, wo die ist“, fragte Misty misstrauisch.

„Weit weit weg“, kam Jaze Shio mit einer Antwort zuvor und trank weiter seinen Kaffee. „Frühstückt, dann können wir los.“

Shio hatte den drei Freunden am Abend die Erinnerung in den Kopf gesetzt, dass sie Shio und Jaze einluden, sich ihnen anzuschließen und diese annahmen. Jaze nahm es ihr übel, dass sie es nicht mit ihm besprochen hatte, doch es war für sie der einfachste Weg, die Welt dieser Zeit zu studieren – und ihren Vater kennenzulernen.

Ihr Ziel hieß Saihon, eine Region, die berühmt war für Bergbau und deftiges Essen. Seine Pokémonliga war weniger berühmt, aber daher ein echter Geheimtipp unter Trainern. Shio und Jaze hatten sich bereits in ihrer Zeit dieser Herausforderung gestellt, beide jedoch ohne nennenswerte Platzierung, Jaze ein Jahr vor Shio.

Die Gruppe brach nach dem Frühstück und einer fast herzzerreißenden Abschiedsszene von Seiten Rockos von Schwester Joy in Richtung Süden auf. Gegen Mittag rastete die Gruppe in einer kleinen Stadt. Während Ash, Rocko und Misty zu Mittag aßen, nutzten Shio und Jaze die Zeit, um die wenigen Pokédoller in ihren Hosen, beziehungsweise Rocktaschen in neue Rucksäcke und Wechselkleidung zu verwandeln. Jaze Laune verbesserte sich dadurch nicht, wohingegen Shio ihre Reise in Höchstlaune fortsetzte.

„Alles in Ordnung?“, wollte Rocko wissen.

„Frauen und shoppen“, entgegnete Jaze knurrig. Ash und Rocko nickten verständig.

„Habt ihr was gesagt?“, wollte Misty wissen, die gerade die Errungenschaften ihrer neuen Begleiterin begutachtete.

„Nein, gar nichts“, entfuhr es den Jungs einheitlich.

„Na dann“, grinste Shio und führte ihr Gespräch mit der Rothaarigen weiter.

Es dämmerte bereits, als sie an einer Kreuzung ankamen. „Wo müssen wir lang?“, wandte Ash sich an Rocko, der die Karte studierte.

„Merkwürdig, ich kann die Kreuzung hier nirgends finden“, antwortete dieser. Shio riss ihm das Papier aus der Hand und breitete sie auf dem Boden aus. Sie kniete sich davor und verfolgte mit dem Finger die Straßenlinien. „Wir sind in die falsche Richtung gegangen“, stellte sie fest und bohrte ihren Finger auf einen Punkt in der Karte. „Wir haben in der Stadt die Flasche Straße genommen.“

„Heißt das, wir müssen den ganzen Weg zurück?“, stöhnte Misty.

„Nicht unbedingt“, überlegte Rocko. „Wenn wir hier rechts und an der nächsten Kreuzung nochmal rechts gehen, kommen wir auf die Straße, die wir eigentlich nehmen wollten.“

„Aber nicht mehr heute“, protestierte Misty.

„Misty hat recht, wir sollten hier unser Lager aufschlagen“, schlug Ash vor und deutete auf ein einladendes kleines Wäldchen zu seiner linken, nicht weit vom Weg entfernt, dass ihnen Schutz bieten würde. Der Rest der Gruppe stimmte zu und sie verließen gemeinschaftlich den Weg. Nur wenige Schritte später brach der Boden unter ihnen weg und sie landeten in einer Fallgrube.

„Nicht schon wieder“, stöhnten Ash, Misty und Rocko, während Shio und Jaze verwundert und ahnungslos unter ihnen lagen und sich wünschten, dass die anderen von ihnen runtergehen würden, doch dafür war die Grube zu schmal.

„Jetzt gibt’s Ärger!“, erklang Jessies Stimme.

„Nein, ihr wollt welchen“, knurrte Shio, während Team Rocket weiter ihren Spruch aufsagten.

„Das könnte man meinen... Was machst du da?!“, schrie Misty auf, als sie Bewegung an ihrem Hintern spürte.

„Wirst du gleich sehen“, murmelte Shio. Noch bevor Mauzi den Abschluss sagen konnte, warf sie einen Pokéball in die Luft und rief: „Altaria! Drachenherz!“

Der Ball öffnete sich blütenförmig und entließ den blauen Drachenvogel an die Luft. Es spie einen herzförmigen Feuerkranz, der Team Rocket in die Luft beförderte. Im davonfliegen protestierten sie, wie unhöflich es sei, jemanden so zu unterbrechen.

„Sie lernen es einfach nicht“, lachte Ash, während er sich an Altarias Beinen aus dem Loch heben ließ.

„Sechs Jahre und immernoch die gleiche Laier“, meinte Misty, die ihm bald darauf folgte.

„Wenn man sonst keine Hobbys hat“, kommentierte Jaze, als alle sich wieder auf festen Boden bewegten.

„Dein Altaria ist wirklich stark“, lobte Ash Shio und streichelte die flauschig weichen Federn des Pokémons.

„Das Lob gebührt nicht mir, ich habe es nicht trainiert“, gab Shio zu und fütterte Altaria einen Pokémon-Keks, den sie zuvor von Rocko bekommen hatte. „Es gehörte meinem Vater.“

„Ist deinem Vater etwas geschehen?“, wollte Misty wissen. Sie fand, dass Shios Stimme bedrückt klang.

„Wir wissen es nicht, er ist seit zwei Jahren verschwunden“, antwortete Shio wahrheitsgetreu.

„Oh, wie schrecklich!“, rief Misty mitfühlend aus.

„Schrecklich? Keine Ahnung. Ich kenne ihn gar nicht. Er hat sich seit vor meiner Geburt nicht mehr bei uns blicken lassen, nur ab und zu durch Altaria Briefe geschickt. Wahrscheinlich weiß er nicht einmal, dass es mich gibt. Wollte ja nie einen Brief zurückhaben“, zischte Shio verbittert vor sich hin.

Ihre vier Begleiter sahen sich untereinander an. Zu einer solchen Verbitterung konnten sie nichts sagen, selbst Ash spürte das. Sie suchten eine Möglichkeit, das Thema zu wechseln.

Shio beachtete sie nicht groß und rief ihre restlichen fünf Pokémon heraus. „Zeit, für ein wenig Pflege.“ Sie holte eine Bürste aus ihrem Bodybag. „Wer möchte zu erst?“ Alle ihre Pokémon drängten auf sie ein. Wer brauchte schon Väter, wenn er Pokémon hatte.

„Gute Idee!“, lachte Ash und ließ sein Wablu herauskommen.

„Hast du nur zwei Pokémon dabei?“, wunderte sich Jaze und gönnte auch seinen Pokémon, Schwalbini, Evoli, Muntier, Camerupt und Georock Freiraum.

„Ich lasse immer vor dem Betreten einer neuen Region meine Pokémon zu Hause. Das ist wie jedes Mal neu anfangen“, erzählte Ash. „Nur Pikachu bleibt bei mir. Wablu habe ich noch dabei, da ich mir sicher bin, dass es sich bald entwickelt.“

„Aber da ist doch noch ein Pokéball an deinem Gürtel“, stellte Jaze fest.

„Tauboss und Wablu vertragen sich nicht. Ich lasse es nachher eine Runde fliegen“, erklärte Ash.

„Hey ihr zwei, wenn ihr quatschen könnt, dann macht das beim Feuerholzsammeln“, rief Misty ihnen zu, die eine Feuerstelle baute, während Rocko seine Kochutensilien herausholte.

Die Jungs winkten ihr und verschwanden redend zwischen den Bäumen. Shio bot Rocko ihre Hilfe an, jedoch winkte er ab. Er war immer alleine für das Essen zuständig, Shio solle sich man weiter um die Pokémon kümmern.

„Das ist ja fast wie mit Mum“, schmollte Shio. „Sie gibt mir auch immer das Gefühl, überflüssig zu sein.“

„Ach, lass dich nicht von soetwas runterziehen“, munterte Misty sie auf. „Rocko ist pingelich, wenn es ums Essen geht, dafür schmeckt es aber auch sehr lecker. Lass uns die Pokémon versorgen und das Lager aufbauen.“

Shio nickte nur bestätigend, beobachtete jedoch weiter Misty. Wann würde aus diesem freundlichen, positiven Mädchen ihre unerbittlich strenge, zänkische Mutter werden? Wenn ihr Mann sie mit ihren Kindern zurückließ? Vielleicht schon davor, nachdem sie ihr erstes Kind geboren hatte? Oder später, als sie es mit Shio und ihrer Besonderheit zu tun bekam? Shio schüttelte diese Gedanken aus ihrem Kopf.

Alles in Ordnung?, wollte ihr Nachtara wissen.

„Bestens“, flüsterte Shio und setzte ein Lächeln auf. Das fehlte gerade noch, dass ihre Pokémon ihre persönliche Krise mitbekamen. Nach dem Pflegen rief sie diese in ihre Bälle zurück.

Die Jungs kamen mit dem Holz zurück und entfachten das Feuer. Bald darauf füllte der Duft von frischem Eintopf ihre Nasen. Das Ergebnis schmeckte noch viel besser. „Soo lecker!“, schwärmte Shio. „Meine Mutter kocht längst nicht so gut!“

„Ach ja?“, grinste Jaze hämisch und sein Blick wanderte zu Misty, woraufhin er von Shio einen Stoß in die Seite bekam.

„Verkneif die deinen Kommentar“, fauchte sie ihn an, auch wenn sie ihn bereits gehört hatte.

„Du bist ganz schön launisch, was?“, stellte Ash amüsiert fest, fügte jedoch in Gedanken hinzu, dass sie wie Misty sei. Dies brachte Shio dazu, sich zu verschlucken, hatte sie doch, von ihren Augen abgesehen, noch nie einen direkten Vergleich zwischen sich und ihrer Mutter gehört.

„Hab ich was falsches gesagt?“, wunderte sich Ash.

„Na ja, vielleicht gedacht“, entgegnete Jaze achselzuckend.

„Wie meist du das?“, fragte Misty und sah Shio forschend an.

Noch ehe diese ihren Mitzeitreisenden aufhalten konnte, antwortete dieser: „Sie kann Gedanken lesen.“

Ein Sturm aus Gedanken brach bei Ash, Rocko und Misty aus. Für Shio klang es, als hätte jemand in einer leeren Halle drei Radios mit verschiedenen Sendern angeschaltet. Dennoch hörte sie einige Dinge heraus, die sie von früher schon kannte. Verletzende Bezeichnungen, Angst vor ihr, Ablehnung. Sie hörte schon die Schimpftiraden ihren Mutter, dass wieder jemand ihre Abnormalität herausgefunden hatte. Shio hielt es nicht mehr aus. Sie sprang auf und rannte in den Wald davon, Tränen in den Augen.

Ihre Begleiter sahen ihr irritiert nach. „Warum ist sie jetzt weggelaufen?“, wollte Ash wissen.

„Vielleicht denkt sie, dass wir deswegen nicht mehr ihre Freunde sein wollen“, überlegte Rocko.

„Warum sollte sie DAS denken?“, wunderte sich Ash.

Misty sah betreten drein. „Vielleicht, weil ich gerade an unser Abenteuer in Safronia City denken musste. Ich konnte nicht anders.“

„Das ist doch was ganz anderes gewesen!“, rief Ash und stand auf. „Shio ist keine Sabrina, die zum Spaß Menschen in Puppen verwandelt!“

„Das weiß ich!“, fuhr Misty auf. „Aber ich konnte nicht anders! Mein Kopf hat diese Verbindung selbst gebaut!“

„Ich bin auch nicht unschuldig“, gab Rocko zu. „Ich konnte auch nichts Positives denken. Dabei hat Shio daran keine Schuld.“

„Wir müssen sie suchen!“ Ohne die Reaktion seiner Freunde abzuwarten, stürmte Ash Shio nach in den Wald davon. Misty und Rocko folgten ihm.

„Ich passe auf das Lager auf“, sagte Jaze, sich bewusst, dass ihn niemand hörte.

Ash, Misty und Rocko trennten sich, um eine größere Reichweite zu haben. Ash rannte noch ein Stück, bevor er Shios Schrei hörte. „Gebt mir meine Pokémon wieder!“ Er ahnte, was das bedeutete: Shio war auf Team Rocket gestoßen. Er brach durch das Unterholz und fand sich auf einer Lichtung wieder. Shio stand am Boden und starrte zu dem mauziförmigen Heißluftballon hinauf.

„Was ist passiert?“, wollte Ash wissen.

„Ich habe nur einen Moment nicht aufgepasst, da haben sie sich meinen Gürtel gegriffen!“, erzählte Shio. James hantierte viele Meter üben ihren Köpfen mit eben jenem herum.

„Hey Jessie, was sind das für Bälle?“, fragte er seine Partnerin.

„Nie zuvor gesehen“, entgegnete diese und nahm einen in die Hand. Sie untersuchte ihn auf einen Öffnungsmechanismus.

„Die sind bestimmt ein hübsches Sümmchen wert. Hoffentlich auch die Pokémon darin“, grinste Mauzi.

„Dafür müssten wir sie erstmal aufkriegen!“, keuchte James, der es mit Gewalt versuchte, die vier Seiten auseinander zu ziehen.

„Ey, Knirpsin! Wie gehen die blöden Dinger aus?“, rief Jessie zu Shio hinunter.

Diese antwortete nicht, unschlüssig darüber, wie sie ihre Partner wiederbekommen sollte. In ihrer Verzweiflung wandte sie sich an Ash. „Sie werden sie noch kaputt machen“, sagte sie. „Die Pokébälle sind sprachgesteuert, nur ich kann sie öffnen. Aber ich bin außer Reichweite!“

Ash sah von seiner neuen Begleiterin nachdenklich zum sich immer weiter entfernenden Ballon hinauf. Er grinste breit, als ihm eine Idee kam. „Mein Tauboss kann dich hochbringen!“, verkündete er und ließ das Vogelpokémon frei. „Bring Shio so nah wie möglich an den Ballon!“, befahl er, während Shio aufstieg. Diese klammerte sich fest, als es abhob. Sie war kein Fan vom Fliegen.

„Was macht die Knirpsin da?“, wollte Jessie wissen.

„Sieht nach einem Gegenangriff aus“, überlegte James.

„Das wird ihr nicht bringen!“, grinste Mauzi und drückte einen Knopf. Unterhalb des Ballon fuhr eine Kugel heraus, aus der ein Rohr ragte. Die Vorrichtung begann, mit einer rosafarbenen, kaugummiähnlichen Masse auf Shio zu schießen. Diese lenkte Tauboss durch einen Druck neben die Flügel zu einem Ausweichmanöver nach dem anderen.

„Verdammt, die Kleine ist gut!“, stellte James missbilligend fest.

„Nicht so gut wie wir!“, rief Jessie und rief ihr Pudox heraus. „Stachelspore!“

„Wirbelwind!“, konterte Shio. Tauboss blieb in der Luft stehen und warf die Sporen mit einem Flügelschlag zurück zu ihrer Quelle.

„Hey, das ist nicht fair!“, beschwerte sich Mauzi, doch Shio war nun hoch genug, um den Sprachsensor zu erreichen.

„Nachtara, komm heraus!“, befahl sie und die Unlichtkatze erschien akrobatisch auf dem Geländer stehend. Noch ehe James sich versah, schnappte es sich den Gürtel seiner Herrin mit dem Maul. „Dunkle Macht auf den Brenner!“ Nachtaras rote Augen leuchteten auf und ein rötlicher Nebel waberte einen Augenblick um das Feuer, bevor es explodierte.

Mit einem eleganten Rückwärtssalto sprang Nachtara ab, bevor der Ballon fortgerissen wurde. Tauboss flog eine Kurve und ließ es auf seinem Rücken landen. „Das hast du gut gemacht“, lobte Shio und kraulte den Kopf ihres Pokémon, bevor sie es in seinen Ball zurückschickte.

Tauboss landete neben Ash. „Sind alle wieder da?“, wollte er wissen, nachdem er sein Pokémon ebenfalls wieder zurückgerufen hatte.

„Alle hier“, lächelte Shio und schnallte sich ihren Gürtel wieder um. Dann standen sie sich schweigend gegenüber. Shio mochte Ash nicht ansehen und Ash fand nicht die richtigen Worte. Letztendlich bot er Shio seine Hand an und grinste: „Komm!“

Shio sah ihn erstaunt an. Sie konnte in seinen Gedanken nichts böses finden, daher legte sie ihre Hand in seine und ließ sich mitziehen. Irgendwann unterwegs ließ er los. Shio lächelte bei dem Grund, den er dachte: Er wollte nicht, dass Misty eifersüchtig wurde.

Im Lager trafen sie auf Rocko und Misty, die nach erfolgloser Suche an den Ursprungsort zurückgekehrt waren. Die beiden entschuldigten sich überschwänglich und versicherten Shio, dass sie nichts gegen sie hätten. Sie erzählten ihr von ihrer früheren Erfahrung mit der ESP Sabrina und Shio lachte mit ihnen über Ashs Begriffsstutzigkeit, als es um ihren Vater ging.

Später lag Shio wach und betrachtete den Sternenhimmel. Ihr Vater war nett. Vielleicht nicht der klügste, aber durch und durch offenherzig. Sie stellte sich vor, wie sie als Kind mit so einem Vater gelebt hätte, wie viel Spaß sie zusammen gehabt hätten.

„Hey, Shio“, flüsterte Jaze neben ihr, um nicht die anderen zu wecken.

„Was ist?“, zischte sie zurück. Sie nahm ihm seine Petzerei sehr übel.

„Fühlst du dich jetzt besser?“ Irritiert sah sie zu ihm. Er lag auf der Seite und seine schwarzen Augen beobachteten sie. „Zu viele Geheimnisse sind schlecht für die Seele, sagt meine Mutter immer.“

Shio errötete und drehte sich weg. „Das geht dich nichts an.“, behauptete sie, doch sie spürte tatsächlich eine gewisse Erleichterung in ihrem Herzen. Endlich war sie mal so akzeptiert worden, wie sie war. Ein befreiendes Gefühl.

Der Wettbewerb / Kontakt nach Hause [Überarbeitet]

„Wahnsinn!“, staunte Ash beim Anblick dieser paradiesischen Stadt direkt am türkisblauen Meer. Im Wasser tummelten sich Schwimmer und Surfer und die Bikinischönheiten am Strand ließen Rocko verrücktspielen. „Das ist das Paradies!“, rief er begeistert und rannte an den Strand, um den Damen seine Hilfe beim Auftragen der Sonnenmilch anzubieten. Jaze sah ihm angewidert nach.

„Der ändert sich wohl nie“, lachte Ash, ihm langsamer folgend.

„Nein, nie“, seufzte Shio geistesabwesend. Ihr Patenonkel hatte sie schon häufig auf diese Weise in Verlegenheit gebracht.

„Lasst uns doch ein wenig bleiben“, schlug Misty vor. Es juckte sie nach einem ausgiebigen Schwimmgang, hatte sie doch schon so lange auf ihr einstiges alltägliches Training verzichten müssen.

„Gute Idee, ein wenig Entspannung wird uns vor der Saihon-Region gut tun“, stimmte Ash zu.

„Wenn Faulheit Stärke wäre, wärst du wahrscheinlich der stärkste Trainer der Welt“, kommentierte Jaze.

„Was hast du gerade gesagt?!“, rief Ash aufgebracht und stellte sich Jaze in den Weg. „Soll das eine Herausforderung sein?“

„Wenn du es so verstehen willst“, seufzte Jaze und warf den blonden Pony zurück. „Für dich brauche ich mich nicht mal anstrengen.“

„Das werden wir ja sehen! Wie viele Pokémon?“, forderte Ash zu wissen.

„Eins gegen eins!“, bestimmte Jaze. „Los, Camerupt!“

„Tauboss!“, rief Ash und schickte seinen Riesenvogel in den Kampf.

Misty seufzte. „Kämpft ihr man, wir gehen schon mal weiter und amüsieren uns.“ Sie nahm Shio am Handgelenk und zog sie von der Szene weg. Diese ließ es zu, auch wenn sie gerne den Kampfstil der Beiden beobachtet hätte.

Sie gingen in eine Umkleide. Den Strand genoss man schließlich nicht in voller Montur.

„Ist der nicht hübsch?“, rief Misty und präsentierte einen roten Neckholder-Bikini. Shio betrachtete ihn kurz verdutzt und hielt dann ihren eigenen hoch: Der gleiche in schwarz. Jaze hatte es für eine Geldverschwendung gehalten, aber Frauen brauchten nun einmal was zum Sonnen und Schwimmen!

„So ein Zufall“, meinte Misty erstaunt. Shio nickte zustimmend. Normalerweise unterschied sich ihr Geschmack von dem ihrer Mutter wie ein Kleinstein von einem Hubelupf. Vielleicht würde Misty auch in zwanzig Jahren vergessen haben, wie es ist ein Teenager zu sein.

Durch die Wand der Umkleide drang das Megafon eines Werbewagens. Es verkündete lauthals einen Strandwettbewerb. Misty lauschte andächtig, bevor sie grinsend zu Shio sah. „Nehmen wir teil?“

Shio grinste zurück. Der Idee war sie keineswegs abgeneigt!

Von diesen Plänen der Mädchen bekamen die Jungs jedoch nichts mit. Sie befanden sich noch immer bei ihrem Kampf. Gerade griff Jaze' Camerupt Tauboss mit einem Flammenwurf an, dem dieses nach oben auswich. Ash ließ es mit einem Windstoß kontern. Dies war das I-Tüpfelchen, dass zum Ende des Kampfes gefehlt hatte.

Grummelnd rief Jaze sein Pokémon zurück, während Ash sein Tauboss lobte. „Na?“, fragte er neckisch.

„Ich habe mich zurückgehalten“, behauptete Jaze.

„Ja, sicher“, grinste Ash und fand, dass sich sein neuer Freund einem seiner alten Freunde sehr ähnlich benahm.

„Wo sind eigentlich die Mädels?“, wollte Jaze wissen, um von seiner Niederlage abzulenken.

„Gute Frage“, meinte Ash und blickte den Strand entlang, doch er sah nur Rocko, wie er die x-te Abfuhr einer jungen Frau erhielt. „Rocko, hast du Misty und Shio gesehen?“

„Sie sind da entlang gegangen“, antwortete dieser und deutete auf eine Bühne, die ein Stück entfernt stand. Bevor er den nächsten Frauen hinterherjagen konnte, packten Jaze und Ash ihn an den Oberarmen und zerrten ihn entgegen seiner Protestrufe mit.

Sie kamen gerade rechtzeitig zur Eröffnungsrede des Moderatoren. „Meine Damen und Herren, wir beginnen nun unseren Bikini-Girl-Schönheitswettbewerb! Einen donnernden Applaus für unsere zahlreichen Teilnehmerinnen!“ Eine Reihe von fast vierzig Mädchen schritt von der Seite auf die Bühne. Mitten drin: Shio und Misty!

Ash und Jaze blieb beim Anblick der beiden durchtrainierten Mädchen die Luft weg. Rocko legte verständnisvoll jedem eine Hand auf die Schulter. „Ja ja, die Wunder der Pubertät. Auch wenn ich reifere Frauen bevorzuge.“ Sein Blick wanderte zwischen den älteren Teilnehmerinnen hin und her, als könne er sich nicht entscheiden, welche wirklich sein Typ war.

Ash sah zwischen Misty und Shio hin und her. Von Haarfarbe, Gesichtsform und Hautfarbe abgesehen, hätten die beiden Zwillinge sein können, so glich sich der Rest. Irritierend, fand er.

Der Moderator hatte während seiner Bewunderung für seine Begleiterin begonnen, die Teilnehmerinnen eine nach der anderen Aufzurufen, damit diese sich einzeln präsentieren konnten. Erst jetzt bemerkte Ash, dass Jessie ebenfalls unter ihnen war. James befand sich gar nicht weit von ihm und feuerte seine Partnerin an.

„Gegen Jessie sind die anderen chancenlos!“, behauptete er. Tatsächlich fand sie im Publikum ihre Fans.

„Wann heiratet ihr endlich?“, wollte Ash scherzeshalber wissen.

„Sobald ich genug Geld für den Verlobungsring ihrer Träume habe“, antwortete James wahrheitsgetreu.

Ash wusste nicht so recht, was er darauf antworten sollte, während er James weiter beim Prahlen zu sah, dass es ja seine Jessie wäre. Scheinbar traten seine ewigen Widersacher doch nicht so sehr auf der Stelle, wie er geglaubt hatte.

„Nummer 26: Misty, eine der bezaubernden Schwestern aus Azuria City!“ Die Ansage lenkte Ashs Aufmerksamkeit wieder auf die Bühne. Misty ging elegant ein paar Schritte vor, drehte sich anmutig und kehrte dann an ihren Platz zurück, nicht ohne ihren wohlgeformten Hintern schwingen zu lassen. Ash spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. Er glaubte fast, Nasenbluten zu bekommen.

„Nummer 27: Die geheimnisvolle Shio Katchum!“ Diese wählte für ihren Auftritt einen Modelgang. Bei der Drehung umspielten ihre Haare ihren Körper und sie zwinkerte dem Publikum zu, bevor sie ebenso beschwingt wie Misty in die Reihe zurückkehrte.

Ash sah ihr nachdenklich nach. Katchum, der gleiche Nachname wie er. Hinzu kam, dass er bei ihr nichts spürte. Rein gar nichts. Das war ungewöhnlich. Er war vielleicht ein Spätzünder, aber inzwischen gefielen ihm weibliche Reize doch sehr gut. Aber Shio war ihm gleichgültig. Merkwürdig.

Misty sah neiderfüllt zu Shio. „Ich hätte auch gerne so lange Haare“, gab sie zu. Ihr reichten bisher gerade erst zu ihren Schultern.

„Kriegst du noch, aber du wirst sie nie offen tragen“, entgegnete Shio, von Jaze übertrieben lauten Buh-Rufen abgelenkt.

„Woher weißt du dass jetzt wieder?“, forschte Misty nach.

Shio schreckte ein klein wenig zusammen, kaum merklich. Das war schon der zweite Patzer an diesem Tag – und dieses Mal war er gehört worden. Sie brauchte einen Rettungsplan! „Ich habe manchmal Visionen“, behauptete sie, auch wenn sie diese Fähigkeit nicht besaß. „Nichts konkretes, nur unzusammenhängende Sekundenbruchteile.“ Misty glaubte ihr zwar, blieb aber dennoch misstrauisch.

„Meine Damen und Herren, dass waren unsere Kandidatinnen!“, rief der Moderator nach einer gefühlten Ewigkeit. „Nach einer kurzen Pause kommen wir zum zweiten Teil unseres Wettbewerbs, in dem unsere Schönheiten im Pokémonkampf gegeneinander antreten werden! Die Gesamtsiegerin erhält den Preis: 100 000 Pokédollar und einen Reisegutschein für sich und einen Freund oder eine Freundin in die Saihon-Region! Die Zweitplatzierte erhält ebenfalls einen Gutschein! Wir sehen uns nach der Pause!“

Unter tobendem Applaus verließen die Mädchen die Bühne.

„Hey, wenn unsere Mädels gewinnen, müssen wir weniger bezahlen!“, stellte Ash fest.

„Na, ob sie das schaffen“, bezweifelte Jaze.

„Wieso sollten sie das nicht hinbekommen?“, wollte Ash wissen.

„Na weil sie im Pokémon-Kampf UND durch Schönheit gewinnen müssen“, gab Jaze zu bedenken. „Ersteres werden die zwei wohl irgendwie hinbekommen, aber letzteres...“

„Na ja, sie sind nicht das Gelbe vom Ei, aber was soll man machen?“ Ash hob gespielt hilflos die Achseln, während Rocko scherzhaft zustimmend nickte. Niemand von ihnen meinte es wirklich ernst, doch Pikachu war der einzige, der den Spaß nicht verstand.

Pikachu und die Mädchen. „Wie war das?!“, rief Misty empört. Sie und Shio hatten den direkten Weg zu den Jungs gewählt und das erste, was sie hörten, war Kritik! Ash wich erschrocken vor ihr zurück.

„Ist nur die reine Wahrheit“, behauptete Jaze, zu stolz um seine Worte zurückzunehmen.

„Nur ein Scherz“, las Shio aus seinen Gedanken und sah Jaze triumphierend über die Erinnerung an ihren Auftritt an.

„Bitte, reg dich doch nicht so auf“, flehte Ash Misty an.

„Ich soll mich nicht aufregen?!“, fuhr Misty ihn an. „Worüber denn auch?! Dein Mangelndes Vertrauen in mich? Sorry, dass ich nicht dein Typ bin, aber andere Männer finden mich durchaus attraktiv.“

„Ach ja, wer denn?“, forderte Ash heraus. Misty begann, ihn mit Namen zu bombardieren, die angeblich zu ihrem persönlichen FanClub gehörten.

Die anderen konnten nur peinlich berührt Abstand nehmen. „Was für ein Pärchen“, seufzte Shio.

„Nun ja, so sind die be...“, Rocko hielt in seiner Antwort inne, „Oh mein Gott! Was passiert hier?“

Er starrte das Mädchen neben sich an, als hätte er einen Geist gesehen. Diese verstand nicht, was er von ihr wollte.

Jaze erschrak ebenso, als er seine Mitzeitreisende ansah. „Shio, du bist durchsichtig!“

Shio blickte auf ihre Hände. Tatsächlich konnte sie durch sie hindurch den Sandboden zu ihren Füßen sehen. Ihr Schrei unterbrach Ash und Mistys in ihrem Streit und lenkte sämtliche Aufmerksamkeit auf Shio, deren Umrisse sich langsam wieder festigten. Sie war bleich im Gesicht und kalter Angstschweiß stand ihr auf der Stirn.

„Was war das?“, fragte Rocko.

„Was ist passiert?“, wunderte sich Ash.

„Alles in Ordnung?“, wollte Misty wissen und fühlte Shio Temperatur. Diese nickte nur, langsam und bedächtig. Sie ahnte den Auslöser für diesen Zustand und er machte ihr Angst. Wenn Ash und Misty nicht zusammen kämen, würde es sie nie geben. Sie musste irgendwie dafür sorgen, dass die zwei sich nicht mehr stritten!

Sie musste Jaze auf dieses Problem aufmerksam machen, doch da ertönte eine weitere Ansage des Wettbewerbs. „Meine Damen und Herren, in kürze fahren wir fort mit dem zweiten Teil unseres Strandwettbewerbs! Wir bitten folgende Teilnehmerinnen, sich hinter der Bühne einzufinden: ...“

Sie hatten die Mädchen nach Stimmzahl aus der Vorrunde sortiert. Zwanzig Mädchen und junge Frauen durften an der Endrunde teilnehmen. Shio und Misty befanden sich im unteren Mittelfeld, wobei sie beide fast punktgleich lagen.

„Das hätte ich fast vergessen!“, rief Misty und wandte sich wieder an Ash. „Ich brauche Pikachu und Wablu!“

„Warum ausgerechnet meine Pokémon?“, wollte Ash wissen.

„Bitte!“, flehte Misty und nahm seine Hände in ihre, wobei sie ihm ganz nah kam. Ash lief tomatenrot an und gab klein bei. Misty bedankte sich überschwänglich und gab ihm in ihrer Freude einen Kuss auf die Wange. Wenn Ash noch röter hätte werden können, sein Kopf hätte geglüht, während er Misty und Shio beim Davoneilen zusah.

Sie kamen gerade noch rechtzeitig. Eine Verspätung hätte den Ausschluss vom Wettbewerb bedeutet. Ein Blick auf die Kampfaufstellung verriet ihnen, dass sie erst im Finale aufeinander treffen würden. Die erste Begegnung lautete Shio gegen Jessie.

„Na, sieh mal einer an, das wird leicht!“, behauptete Jessie großspurig hinter ihnen. „Ich lag in der Schönheit vorne, also werde ich auch im Kampf gewinnen.“

Shio beachtete sie nicht weiter.

„Hast du schon Angst, Knirpsin?“, höhnte Jessie. „Dich mache ich mit Leichtigkeit platt!“

„Reiß deine Klappe nicht so auf! Shio wird dich in den Boden stampfen!“, verteidigte Misty ihre neue Freundin.

„Das werden wir noch sehen!“, lachte Jessie abwertend und ging davon. Shio würdigte sie weiterhin keines Blickes.

„Wie kannst du nur so ruhig bleiben?“, wollte Misty wissen, die ihrer Erzfeindin die Zunge hinterher gestreckt hatte.

„Große Klappe, nichts dahinter“, antwortete Shio ruhig. „Großmäuler sind meist die Schwächstens. Sie kümmert mich nicht.

„Da hast du recht, eine gute Einstellung“, fand Misty. Shio warf einen Seitenblick auf sie und erinnerte sich selbst daran, dass sie diese Einstellung der Weisheit ihrer Mutter verdankte.

Auf das Signal eines Bühnenarbeiters hin betrat Shio das Kampffeld.

„Kommen wir zum ersten Kampf des Tages: die Mystery Shio gegen Sexy Hexy Jessie!“ Shio seufzte. Musste der unbedingt Spitznamen vergeben? Das war doch albern.

Sie stellte sich ihrer Kontrahentin gegenüber. Ihre Blicke könnten nicht feindseliger sein.

„Der Kampf geht drei gegen drei. Die Siegerin steigt in die nächste Runde auf“, erklärte der Schiedsrichter. „Beginnt!“

„Vipitis!“ Jessies erste Wahl fiel auf ihre Riesenschlange.

„Ponita!“, wählte Shio daraufhin.

„Giftschweif!“, befahl Jessie. Die Schwanzspitze der Schlange begann lila zu glühen und es schlug damit nach dem Flammenpony. Dieses war unfähig auszuweichen und steckte einen Volltreffer ein.

„Halte durch!“, feuerte Shio es an. „Laternenlichter!“

Das Pony wieherte angriffslustig und acht Flammenkugeln schossen aus seiner Mähne hervor und umkreisten Vipitis. Dieses sah verwirrt zwischen den leuchtenden Punkten hin und her, doch dann prasselten diese auf es ein. Es schaffte noch, den ersten beiden auszuweichen, doch die restlichen sechs trafen, nachdem der dritte Schuss es aus dem Gleichgewicht gebracht hatte.

Der Schaden war zu hoch, Vipitis war besiegt. Kurz darauf brach Ponita zusammen. Das Gift hatte es kampfunfähig gemacht.

„Unentschieden!“, verkündete der Schiedsrichter und die Kämpferinnen holten ihr besiegten Pokémon zurück.

Derweil wunderte Ash sich im Publikum, was das für eine Attacke sei. Sein Pokédex kannte darauf keine Antwort.

„Wie kann das sein?“, wunderte Rocko sich.

„Der Pokédex ist nicht ganz aktuell“, behauptete Jaze hochnäsig und zog seinen eigenen hervor. Dieser verkündete in einer mechanisch-weiblichen Stimme: „Laternenlichter; Feuerattacke; Nur von Ponita und Galoppa erlernbar; jedes Geschoss hat die Stärke einer Glutattacke.“

„Heftig“, kommentierte Ash verbittert. Laut Professor Eich war sein Pokédex der Aktuellste der Aktuellen. Wie konnte es sein, dass Jaze' besser war?

„Das war unfair!“, beschwerte sich Jessie über den Einsatz einer ihr unbekannten Attacke.

„Was denn, nur weil ich die Attacken meines Pokémon besser kenne, als du die der deinen?“, lachte Shio.

„Du großmäulige kleine Ziege!“, fluchte Jessie. „Dir werde ich es schon zeigen! Woingenau!“ Das wabbelige blaue Pokémon sah Shio zum ersten Mal. Sie wählte ihr Magnayen.

„Bissattacke!“, befahl sie zum Auftakt.

„Konter!“, rief Jessie siegessicher. Eine rote Schutzbarriere bildete sich um den Wabbelkloß, die das angreifende Pokémon zurückwarf und schädigte.

„Magnayen, alles in Ordnung?“, rief Shio besorgt. Das graue Hundepokémon bellte laut, um die Sorgen seiner Trainerin zu mindern. „Gut, dann setz jetzt Angeberei ein!“ Magnayen sah Woingenau hochmütig an, was dieses verärgerte. Sein Angriff stieg, doch dann schwang es mit drehenden Augen hin und her: Es war verwirrt worden.

„Was für ein vulgärer Angriff“, merkte Jessie an.

„Aber er hat seinen Zweck erfüllt“, grinste Shio. „Tackel!“

„Konter!“

Magnayen rannte mit aller Kraft auf Woingenau zu. Dieses versuchte erneut die rote Barriere zu errichten, doch es scheiterte und verletzte sich dabei selbst. Magnayen traf es mit voller Stärke und das blaue Pokémon wurde es dem Ring gegen die Rückwand gefegt.

„Woingenau kann nicht mehr weiterkämpfen“, entschied der Schiedsrichter, „diese Runde geht an Shio!“

Die Menge johlte. Ein spannender Kampf gleich zu Anfang, in dem das Ende noch vollkommen offen stand.

„Eine sehr gute Strategie“, stellte Rocko fasziniert fest.

„Das war doch nur zweitklassig“, winkte Jaze ab. „Das kann sie besser, sonst wäre sie nicht so berühmt. Zumindest dort, wo wir herkommen“, fügte er eilig hinzu, als Rocko und Ash ihn skeptisch ansahen. Sie hatten noch nie von Shio gehört.

Unzufrieden wandten sich die Jungs wieder dem Kampf zu. Diese ganze Geheimnistuerei um ihre Heimat machte Ash und Rocko nur noch neugieriger.

Nicht weit von ihnen entfernt dämmerten in James und Mauzi schon die Horrorvorstellungen, was Jessie mit ihnen im Fall ihrer Niederlage anstellen würde.

„Au backe, sie ist echt in Schwierigkeiten. Die neue Knirpsin ist stark“, gab Mauzi ungern zu.

„Los, Jessie!“, rief James aus vollem Hals. „Die machst du Platt!“

Mauzi betrachtete besorgt diesen unvoreingenommenen Optimismus. „Und wenn sie verliert, macht sie uns das Leben zur Hölle“, sinnierte es, doch James hörte es gar nicht.

„Ich habe wohl keine Wahl“, stellte diese gerade auf der Bühne fest. „Du bist dran, Flurmel!“ Dieses Pokémon hatte sie erst vor wenigen Tagen gefangen. Es war noch völlig untrainiert, aber auch ihr letzten Pokémon. Es wurde zusätzlich durch Magnayens Spezialfähigkeit „Bedroher“ eingeschüchtert.

„Ist das dein ernst?“, lachte Shio ungläubig. „Magnayen, Ruckzuckhieb!“ Ihr graues Hundepokémon machte dem Kampf ein schnelles Ende. Die Attacke war nicht stark, aber bei dem Levelunterschied zwischen den beiden ausreichend.

„Flurmel kann nicht mehr weiterkämpfen!“, verkündete der Schiedsrichter. „Siegerin des ersten Kampfes: Shio!“

„Was für ein aufregendes Eröffnungsmatch!“, ließ der Moderator verlauten. „Ladies, wir erwarten noch viel von euch!“

Das Publikum tobte begeistert. Nur James und Mauzi sahen missmutig drein. „Arme Jessie, sie wird am Boden zerstört sein“, mutmaßte James.

„Wir sollten lieber etwas warten, bis sie sich abgeregt hat“, schlug Mauzi vor.

„Mauzi, du bist so herzlos! Gerade jetzt braucht Jessie unsere Fürsorge!“, widersprach James. Er schnappte sich Mauzi und macht sich auf die Suche nach Jessie.

„Hey, ich will weiter zugucken!“, beschwerte Mauzi sich, doch James ließ es nicht gehen. Er fand Jessie hinter der Bühne.

„Das war so unfair! Diese kleine Göre hat nur gewonnen, weil das Publikum auf sie fixiert war!“, ließ Jessie Dampf ab.

„Daran kannst du jetzt aber nichts mehr ändern“, stellte James klar.

„Nichts mehr daran ändern? Hah, und ob ich das kann!“, rief Jessie energiegeladen. „Die werden es noch bereuen, meine Schönheit nicht wertgeschätzt zu haben!“

„Ich ahne schlimmes“, murmelte Mauzi.

Während Team Rocket Jessies Plan lauschte, eilten Shio und Misty zum städtischen Pokémon Center. Mistys Kampf war einer der letzten, sie hatte also noch etwas Zeit. Ash, Rocko und Jaze schlossen sich ihnen an.

Schwester Joy konnte Shios Sorgen um ihr Ponita beruhigen. „Es muss sich ausruhen, aber es wird sich wieder vollständig erholen. Trotzdem solltest du es heute nicht mehr kämpfen lassen.“ Shio atmete erleichtert auf. Die Verletzung war also doch nicht so schlimm, wie sie ausgesehen hatte.

„Danke!“, lächelte sie glücklich und nahm Ponitas Pokéball wieder an sich.

„Das war ein guter Kampf. Du bist sehr stark, was?“, stellte Ash fest.

„Dein Kampfstil ähnelt dem von Ash“, merkte Rocko an.

Shio zuckte mit den Schultern. Das Gleiche behauptete ihre Mutter auch immer, aber sie selbst hatte keine echten Referenzen.

„Das war schwach“, behauptete Jaze. „So einen schwachen Gegner hätte ich mit links platt gemacht.“

„Aber gegen Ash hast du haushoch verloren“, rieb Shio ihm unter die Nase, was sie aus Ashs Gedanken erfahren hatte.

„Musst du immer unsere Gedanken lesen?“, beschwerte sich dieser.

„Mach' ich doch nicht mit Absicht!“, verteidigte sich Shio.

Gemeinsam verließen sie das Pokémon Center und gingen zurück in Richtung Bühne.

„Heißt das, du hörst sie einfach? Als würden wir sprechen?“, fragte Misty nach.

„Du hast es erfasst“, bestätigte Shio.

„Dann kann man vor dir also nicht verheimlichen?“, rief Ash aufgeschreckt, denn er musste an seine Gefühle für Misty denken.

Shio lachte und zog Ash das Cappy vom Kopf, um es sich selbst aufzusetzen„Nein, nicht einmal die“, grinste Sie. „Aber keine Bange, ich petze nicht.“ Ash lief rot an und schnappte sich seine Mütze zurück.

„Was petzen?“, wollte Misty wissen.

„Gar nichts“, wehrte Ash ab und zog dich den Schirm tief ins Gesicht, um seine Röte zu verbergen. Misty ließ jedoch nicht locker und rückte ihm noch näher auf die Pelle.

Shie schmunzelte bei dem Anblick und warf einen Blick auf ihren PokéTerm, ein High-Tech-Gerät aus ihrer Zeit, welches ihr unter anderem erlaubte, überall in der Welt Team-Pokémon auszutauschen. Außerdem gab es ihr jederzeit Auskunft über den Zustand ihrer Pokémon. Jetzt interessierte Shio jedoch nur die Zeitanzeige.

„Misty, bist du nicht gleich dran?“, stellte sie fest und präsentierte die Uhrzeit.

Diese bekam einen riesigen Schreck. „Das hatte ich ja ganz vergessen!“ Sie eilte so schnell sie konnte davon. Ihre Freunde folgten ihr, wollten sie doch den Kampf nicht verpassen.

Nebenbei wandte Rocko sich an Shio. „Was ist das für ein Gerät?“, wollte er wissen.

Shio wollte darauf nicht antworten, darum sagte sie nur: „Scheinbar etwas, das Jaze eifersüchtig macht.“ Sie lief schneller, um weiteren Fragen zu entkommen.

Mistys Kampf verlief reibungslos. Ihre Gegnerin war zwar eine wahre Schönheit, jedoch eine unfähige Trainerin. Alle drei ihrer Pokémon mussten sich Mistys Starmie ergeben. Zu allem Überfluss war die einzige Reaktion der Verlierein, über Mistys Gemeinheit zu heulen.

„Was ist das denn für eine?“, seufzte Misty.

Sie und Shio kamen problemlos durch die nächsten Runden. Shio erreichte als erste das Finale. Wenn sie gerade nicht kämpfte, programmierte sie an ihrem Terminal herum. Es nach langer Zeit wieder in die Hand zu nehmen hatte sie auf eine Idee gebracht. Die einzige Reaktion, die sie auf Nachfragen ihrer Freunde gab, war ein düsterer, abweisender Blick. „Die ist unheimlich“, flüsterte Ash leise den anderen Jungs zu, nachdem sie gemeinschaftlich etwas Abstand genommen hatten.

Shio war zu vertieft in ihre Arbeit, um ihre Freunde zu beachten. Kurz vor Mistys letztem Kampf nahm sie einen Pokéball von ihrem Gürtel und hielt ihn vor eine kleine Linse an der Seite des PokéTerm. Ein weißer Strahl kam heraus und sog diesen in das Gerät hinein.

„Komm schon“, beschwor Shio die Technik. „Komm schon, komm schon, komm schon!“

Der Ball blieb lange in dem Terminal. Sie machte sich schon große Sorgen um das enthaltene Pokémon, als ein Piepgeräusch erklang und ein weiterer weißer Strahl legte ihr einen Pokéball in die freie Hand. Diesen betrachtete sie argwöhnisch. „Sailoren?“, murmelte sie unsicher. Der Pokéball öffnete sich und ein Ash unbekanntes Pokémon das einem Molch ähnelte erschien auf dem Sitz neben Shio. „Geschafft!“, rief diese. Außer sich vor Freude sprang sie in die Luft.

„Was hast du geschafft?“, wollte Ash wissen.

„Uns lächerlich zu machen“, knurrte Jaze.

Die Augen alles Zuschauer um sie herum lagen auf Shio. „Ups“, murmelte diese und setzte sich errötend wieder hin.

„Daran gewöhnt man sich, Ash macht das ständig“, sagte Rocko versöhnlich.

„Gar nicht wahr!“, behauptete dieser. Rocko ging nicht darauf ein.

„Was hast du denn jetzt geschafft?“, fragte er stattdessen.

„Einen Link nach Hause herzustellen“, entgegnete Shio glücklich und holte ihr Sailoren in seinen Ball zurück.

„Schön für dich“, murrte Jaze, ohne zu begreifen, was das bedeutete. Er sah darin nur einen Vorteil für Shio, was ihm missfiel.

„Und was ist daran besonders?“, hakte Rocko nach.

Shio merkte erst jetzt, dass sie zu nah an der Wahrheit war. „Eigentlich nichts. Ich hatte nur Verbindungsprobleme“, behauptete sie schnell und bat Jaze, mit ihr wegzugehen.

„Wozu?“, wollte dieser wissen.

„Um dir zu erklären, wie es funktioniert“, zischte Shio und ruckte mit dem Kopf in Richtung Ausgang. Widerwillig stand Jaze auf und ging mit ihr davon. Rocko und Ash sahen ihnen misstrauisch nach.

„Warum wollen die beiden nicht, dass wir herausfinden woher sie kommen?“, wunderte sich Ash.

„Ich habe keine Ahnung“, gab Rocko zu. Pikachu sah seinen Trainer an. Wenn es gekonnt hätte, es hätte seinem Trainer alles erzählt, denn seine Erinnerungen konnte Shio nicht löschen. Aber es gab keine Möglichkeit, wie es Ash Zeitreisen klar machen sollte.

Ihre Aufmerksamkeit wurde durch den Moderator auf das Kampffeld gelenkt. Mistys letzter Kampf begann. Ihr Gegnerin stammte aus Lianas in der Saihon-Region. Ihr Name war Sakura. Sie gab sich elegant und stolz, wie eine Tochter aus hohem Haus.

„Möge der Kampf beginnen!“, bat der Schiedsrichter.

„Los, Liebiskus!“, rief Misty das herzförmige Fischpokémon aufs Kampffeld, welches je zur Hälfte aus Wasser und Land bestand.

„Beginnen wir, Zoneris.“ Ein gepanzerter Fisch erschien im Wasserbecken und fixierte Mistys Liebiskus mit seinen dunklen Augen. Misty überkam ein kalter Schauer: Dieses Pokémon musste sehr stark sein!

Von dem Kampf bekamen Shio und Jaze nichts mit. Sie befanden sich unter der Tribüne. „Daten aktualisiert. Die Verbindung mit dem Labor von Professor Gary Eich wird hergestellt“, gab Shios Pokéterm aus. Gespannt starrten die beiden Jugendlichen auf den Bildschirm. Es dauerte sehr lange. Das Verbindungszeichen begann plötzlich rot zu blinken, bevor es verschwand und das flackernde Bild eines Mannes sichtbar wurde.

Jaze riss Shio den PokéTerm aus den Händen. „Dad, hörst du mich?!“, rief er.

Das Bild flackerte stärker. „Nu ... sch … er.“

Shio schnappte sich ihr Eigentum zurück. Das Bild verbesserte sich wieder. Sie ging ein paar Schritte, bis der Empfang stabil war. Ihr Gesprächspartner war ein Mann mitte Dreißig mit braunen Haaren, schwarzen Augen und einem Laborkittel an.

„Verstehen sie uns jetzt besser?“, wollte Shio wissen.

„Ja“, bestätigte Gary. „Wo steckt ihr? Eure Mütter sind krank vor Sorge!“

„In der Vergangenheit“, gestand Jaze unverblümt. Sein Vater sah ihn ungläubig an, als würde sein Sohn öfter lügen, um seine Haut zu retten.

„Es ist wahr!“, sagte Jaze nachdrücklich. „Alles ihre Schuld!“

„Meine Schuld?“, empörte sich Shio. „Du hast mich angegriffen, weswegen Abby mich verteidigen musst!“

„Es ist DEIN Absol, also ist es auch DEINE Schuld!“, behauptete Jaze.

„Das ist überhaupt nicht wahr! DU kriegst gleich mächtig Ärger, Freundchen!“, zischte Shio und ihre Augen begannen bedrohlich blau zu leuchten.

Während Shio und Jaze sich stritten, kam Misty in echte Bedrängnis. Sakuras Zoneris hatte ihr Liebiskus gnadenlos mit einer Eisenrammenattacke fertig gemacht, nachdem dessen Angriffe dem Stahlfisch kaum schadeten.

„Angriff ist die beste Verteidigung, doch vergiss dabei nie die Ruhe“, sprach Sakura. „Hitzköpfigkeit macht schwach und angreifbar.“

„Du redest zu viel!“, rief Misty wütend und rief ihr Quaxo in den Kampf. Es tanzte und klatschte vor Freude, dass es kämpfen durfte.

„Aquaknarre!“, befahl Misty.

„Panzerschutz“, konterte Sakura. Der Wasserstrahl glitt an Zoneris Stahlkörper ab, ohne viel Schaden anzurichten. „Zoneris, setze Eisensturm ein.“ Das Pokémon begann, runden im Wasser zu drehen und dabei immer schneller zu werden, wodurch sich ein Strudel in die Luft erhob, in dem scheinbar Metallstücke umher flogen. Er erfasste Quaxo und wirbelte es eine Zeit lang mit, wobei es immer wieder von umherfliegenden Stücken getroffen wurde, bevor der Sturm sich durch Zoneris plötzliches anhalten auflöste und Quaxo zu Boden fiel. Es versucht, aus eigener Kraft noch einmal aufzustehen, doch es brach zusammen, wodurch der Schiedsrichter es als besiegt erklärte.

„Oh nein, Quaxo!“, rief Misty verzweifelt und prüfte die Verletzungen des Froschpokémon, bevor sie es in seinen Ball zurückschickte.

„Und wieder geht eine Runde an Sakura! Misty ist in echter Bedrängnis! Kann sie das Ruder noch herumreißen?“, fragte der Moderator und stachelte somit die Anfeuerungsrufe des Publikums an.

Sakura lächelte selbstsicher, während Misty knurrte wie ein Hunduster. „Jetzt mache ich dich fertig!“, drohte sie und rief ihren Trumpf aufs Feld.

Unter der Tribüne, von allen unbemerkt, ging der Streit zwischen Jaze und Shio weiter, bis Gary einschritt. „Ruhe jetzt! Ich habe nicht ewig Zeit!“, ertönte es ungeduldig aus dem PokéTerm. „Was genau ist denn jetzt passiert?“

Schnaubend wandte Shio sich wieder ihrem Terminal zu, jedoch nicht ohne Jaze mit einem eiskalten Blick fernzuhalten. „Er hat meinen Vater gesucht, mich gefunden und dann angegriffen“, schilderte sie die Umstände.

„Und du bist wer?“, wollte Gary wissen.

„Shio Katchum“, stellte sie sich vor.

„Ah, Ashs geheime und außergewöhnliche Tochter“, grinste Gary. „Deine Mutter hat mir von dir erzählt. Fahr fort.“

„Als Reaktion auf den Angriff hat mein Absol mich verteidigt und die Attacke Timeline eingesetzt, weshalb wir uns jetzt zwanzig Jahre in der Vergangenheit befinden“, erzählte Shio weiter.

„Wirklich? Timeline?! Was für eine großartige Entdeckung!“, rief Gary aufgeregt und wandte sich vom Bildschirm ab. Er wühlte in irgendwelchen Unterlagen und schrieb Dinge auf und murmelte neue Thesen vor sich hin.

Shio versuchte, sich bemerkbar zu machen, doch der Pokémonprofessor reagierte überhaupt nicht.

„Wenn Dad was interessantes gefunden hat, kann man ihn abschreiben“, seufzte Jaze.

„Das ist nicht witzig. Die Citro-Zelle ist fast leer“, gab Shio zu bedenken.

„Aha, schlechte Qualität! Etwas anderen hätte ich von dir auch gar nicht erwartet“, behauptete Jaze und warf seinen Pony zurück. In diesem Moment schaltete der Bildschirm sich ab.

„Es ist zwar nicht das neueste Modell, aber trotzdem leistungsstark“, verteidigte Shio ihre Technik. „Ich denke, dass Telefonate durch die Zeit einfach sehr viel Strom kosten.“

Jaze Blick lag nachdenklich auf ihrem Terminal. „Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, ein Zeittelefonat zu versuchen? Das sollte doch eigentlich unmöglich sein.“

„Das dachte ich auch, darum habe ich mein Terminal bisher auch nicht benutzt“, meinte Shio, „aber als ich vorhin die Zeit nachgeguckt habe, war jemand in meiner Freundesliste online, was eigentlich nicht sein dürfte.“

„Nein, wirklich nicht“, stimmte Jaze ihr zu. „Wirklich merkwürdig, aber immerhin besteht so ein Link nach Hause.“

„Wenn du mir nachher deinen Transfercode gibst, kann ich es so einrichten, dass du mit meinem Terminal Pokémon austauschen kannst“, bot Shio an. Jaze traute ihr nicht ganz, aber entschied sich für diese Option.

Ashs und Rockos Stimmen ließen sie zusammenfahren. Sie hörten eilige Schritte vor der Tribüne. Langsam traten Shio und Jaze hinter der Tribüne hervor und gingen auf ihre Freunde zu.

„Was ist passiert?“, wollte Jaze wissen.

„Mistys Kampf“, keuchte Ash außer Atem, „das müsst ihr sehen!“

„Wie, Mistys Kampf läuft schon?“, fragte Shio verwirrt, als sie von ihm mitgezogen wurde.

„Längst!“, entgegnete dieser. „Was habt ihr denn die ganze Zeit gemacht, dass ihr nichts mitbekommen habt?“

„Unanständigen Sachen?“, mutmaßte Rocko.

„Mit dem/der nicht!“, widersprachen Shio und Jaze heftig.

Die Freunde erreichten den Tribünenausgang und hörten nur noch, wie der Moderator verkündete: „Aus und vorbei! Misty hat spektakulärt aufgeholt und gewonnen! Somit lautet des Finale: Mystery Shio gegen Mermaid Misty!“

Misty stand vor einem komplett verwüsteten Kampffeld, auf dem sich noch immer Staub legte. Ihre Gegnerin kauerte am Boden und umklammerte einen Pokéball. Mistys und Shios Blicke trafen sich und beiden wirkten kampflustig, während sie ihre Begegnung kaum noch abwarten konnten. Zukünftige Mutter gegen Tochter, ein Kampf, den beide herbeisehnten.

Misty vs Shio [Überarbeitet]

Shio saß auf dem Fensterbrett ihres Zimmers im Pokémon Center. Aufgrund der unerwartet langen Kämpfe war das Finale auf den nächsten Tag verlegt worden. Während sie sich eine Strategie gegen Mistys Taktiken überlegte, sprach Jaze im Hintergrund mit seinem Vater. Solange sie sich nicht 100 % sicher sein konnte, dass er sich nicht verplapperte, würde sie ein Zimmer mit ihm teilen müssen. Außerdem gefiel es ihr, einen Ort zu haben, an dem sie frei sprechen konnte. Gedankenverloren sah sie zum Vollmond auf.

„Shio!“, brüllte Jaze ihr ins Ohr. Diese kippte vor Schreck von der Fensterbank und landete unglücklich auf ihrem zu ihren Füßen schlummernden Absol, welches sie aus Reflex biss und sich dann unter ihr Bett flüchtete.

Nur unter Schmerzen richtete Shio sich auf und begutachtete ihr blutendes Bein. Sie würde sich von Schwester Joy Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial holen müssen. Mordlustig sah sie Jaze an, welcher in Gedanken der Ansicht war, dass es ihr recht geschah, mal tief zu fallen.

„Du sollst deine Mutter anrufen, sie glaubt meinem Vater nicht“, leitete er die Nachricht weiter, jedoch nicht ohne ein schadenfrohes Grinsen auf den Lippen. Shio nahm ihm das übel und riss ihm ihren PokéTerm aus den Händen, dessen spitze Kante einen tiefen Kratzer hinterließ.

„Sag mal, hast du sie noch alle?“, schrie er sie an, doch Shio ließ sich, eingeschnappt wie sie war, nicht auf ihn ein. Fast schon widerwillig wählte sie ihre Haustelefonnummer.

„Katchum“, meldete sich Mistys Stimme, jedoch ohne Bild. Der Apparat war also noch immer kaputt.

„Ich bin's, Shio“, antwortete ihre Tochter.

„Wo steckst du?!“, brüllte Misty los. „Komm sofort nach Hause! Spinnst du eigentlich? Einfach abzuhauen ohne etwas zu sagen! Was meinst du eigentlich, was für Sorgen ich mir gemacht habe!?“ Misty klang stink sauer. Mal wieder.

„Gar keine?“, behauptete Shio, auch wenn sie wusste, dass sie ihrer Mutter damit Unrecht tat. Es macht ihr nur Spaß, diese ein bisschen zu ärgern.

„Was fällt dir ein, willst du frech werden?!“, empörte Misty sich. „Du kommst jetzt auf der Stelle nach Hause!“

„Würde ich gerne, wenn ich denn könnte“, seufzte Shio. „Aber wie du von Professor Eich schon gehört hast: Ich stecke zwanzig Jahre in der Vergangenheit fest.“

„Hör doch mit dem Unsinn auf!“, wütete Misty. „Glaubst du wirklich, ich nehme dir und Gary das ab? Das ist doch viel zu abgedreht! Absol sind doch keine Celebi!“

Shio war in Begriff zu antworten, doch da riss jemand die Zimmertür auf. Reflexartig klappte Shio ihr Terminal zusammen und brachte so das Gespräch zu einem erzwungenen Ende.

„Alles in Ordnung hier? Ich habe Schreie gehört“, fragte Ash nach und sein Blick erfasste Shios Bein und Jaze Hand.

„Nur ein kleiner Streit“, winkte Shio ab. Ihr Herz raste vor Panik.

„Klein?“ Ash sah sich sie Verletzungen genauer an, doch er dachte sich nur seinen Teil.

„Nein, nicht wegen so etwas!“, fuhr Shio auf, der Ashs Vermutungen einen kalten Schauer über den Rücken schickten.

„Dann bin ich beruhigt“, meinte Ash und fragte sich selbst, warum er sich überhaupt so große Sorgen um Shio machte. Er sah sich weiter im Zimmer um. „Ich hätte schwören können, Mistys Stimme gehört zu haben.“

„Das war meine Mutter am Telefon, sie klingt ähnlich“, antwortete Shio, hielt ihren PokéTerm kurz hoch, bevor sie ihn aufs Bett warf.

„Na dann“, murmelte Ash und sah noch einmal zwischen Jaze und Shio hin und her. „Seid ihr sicher, dass ich euch alleine lassen kann?“

„Ja, wird schon schief gehen!“, lachte Shio verlegen.

„Wenn die nicht mehr so brutal ist“, schnaufte Jaze.

„Dann musst du mich nicht reizen“, fauchte Shio zurück.

„Ich geh dann mal“, sagte Ash schnell und schloss die Tür hinter sich. Shio und Jaze sahen ihm verwirrt nach.

„Also was der für Gedanken hat“, seufzte Shio.

„Was denn für welche?“, fragte Jaze neugierig.

Shio schüttelte den Kopf. „Deinen nicht unähnlich. Pubertierende Jungs sind scheinbar alle gleich.“

„Und ihr Mädchen seid besser oder was?“, schnaubte Jaze.

Shio seufzte und verstand selbst nicht, warum sie das jetzt tat, aber sie holte ihr Stofftaschentuch heraus und verband damit Jaze Hand. „Tut mir Leid“, flüsterte sie, bevor sie sich von ihm abwandte und das Zimmer verließ, um ihr Bein verarzten zu lassen, begleitet von Jaze irritierten Gedanken. Zum ersten Mal vernahm sie, dass er es ernst meinte, dass er sie süß fand.

Schnellen Schrittes bewegte Shio sich durch den Flur. Sie musste das jetzt aus ihrem Kopf bekommen. Es gab wichtigeres als Jaze! Ihr Kampf gegen Misty! Sie musste sich vorbereiten! Ein wenig frische Luft würde ihr sicher beim Denken helfen. Das und die Röte aus ihrem Gesicht vertreiben.

Jaze lag unterdessen auf seinem Bett und betrachtete die verbundene Hand. Er fragte sich, ob er das eben wirklich Gedacht hatte. Süß? Shio? Hoffentlich hatte sie das nicht mitbekommen! Aber das war eine vergebliche Hoffnung. Natürlich hatte sie es gehört. Was sie jetzt wohl von ihm dachte? Sicher machte sie sich gerade darüber lustig. Es war ihm so peinlich! Doch er konnte es nicht verleugnen: Shio war in seinen Augen ein ziemlich süßen Mädchen – zumindest, wenn sie mal lächelte. Sie sah immer so ernst aus, als stünde sie ständig unter Strom. Nicht die Sorte, die ihre kleine Reise anging, eher eine über viele Jahre andauernde. Er kannte diese Anspannung von einer Frau aus seinem Dorf, Alabastia, die sich ständig Sorgen um ihren verschwundenen Sohn machte.

Während er so da lag und nachdachte, fasste er einen Entschluss: Shio musste gegen Misty gewinnen! Und er hatte die perfekte Idee, wie er sie dabei unterstützen konnte. Er musste nur ihren PokéTerm ein wenig länger in Beschlag nehmen.

Zur gleichen Zeit lag auch Misty auf ihrem Bett, jedoch um zu schlafen. Sie machte sich keine Sorgen um ihren Kampf. Er würde sicher ähnlich wie der vorherige verlaufen. Erst die schwachen Pokémon einsetzen, dann den Trumpf ausspielen. Sie vertraute ihrem stärksten Pokémon. Nur Ash kannte es, zumindest bis zu ihrem Kampf gegen Sakura. Doch Shio hatte es nicht gesehen. Solange es ihr niemand erzählte, blieb das Überraschungsmoment auf ihrer Seite.

Doch auch wenn sie selbst siegessicher war, an ihrer Stelle machte Ash sich Gedanken. Misty benahm sich schon fast überheblich. Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, wenn Shio gewann. Er brachte es jedoch nicht übers Herz, seine Freundin hängen zu lassen. Er liebte sie. Er wusste es schon ewig, seit er zehn Jahre alt war und mit ihr auf einem Sommerfest tanzte. Das es Liebe war begriff er erst viel später, als er sie wiedersah, doch er zweifelte es nicht mehr an.

Ash grübelte darüber nach, wie er sie am besten unterstützte. Ein paar seiner Pokémon würden ihr Team sicher gut ergänzen. Er hatte viele bei Professor Eich gelagert, doch für sie würde er jedes herholen. Er entschied sich für zwei seiner Stärksten. Sicher würde sie mit diesen den Kampf gewinnen.

Erst spät in der Nacht kehrte Shio auf ihr Zimmer zurück. Jaze schlief bereits tief und schien schöne Träume zu haben: er grinste wie ein Honigkuchenpferd. Shio merkte, dass sie bei seinem Anblick lächelte und schüttelte schnell den Kopf. Peinlich! Aber irgendwie sah er aus, wie ein Kind, das einen Haufen Süßigkeiten vor sich hatte.

Leise wandte sie sich ihrem Bett zu und entdeckte neben ihrem PokéTerm zwei PokéBälle, die eindeutig nicht ihr gehörten. Ein Zettel lag dabei auf dem in einer verschnörkelten Jungenhandschrift stand, dass sie ihr morgen helfen würden. Verwunderte blickte sie zu Jaze, fand das aber unheimlich süß. Dankbar hauchte sie ihm einen Kuss auf sie Wange, bevor sie die geliehenen Pokémon zusammen mit ihren eigenen auf das Nachttischchen legte und selbst unter die Decke kroch. Sie brauchte Schlaf, wenn sie diese Leihgabe würdig einsetzen können wollte.
 

Der Tag kam früh. Der Tag der Entscheidung. Misty versus Shio, der Kampf der Generationen. Dies mochten nur Shio und Jaze wissen, doch stuften sie es als bedeutsam ein.

Der Ansager rief die letzte halbe Stunde vor dem Wettkampf aus. Die Kontrahentinnen befanden sich in weit auseinandergelegenen Kabinen und gingen noch einmal ihre Strategien durch. Misty wurde von Ash und Rocko unterstützt, wohingegen Shio Jaze und sein Vater zu Seite standen.

„Deine Mutter setzt sehr auf Offensivangriffe. Am besten bleibst du in der Defensive und greifst an, wenn sie aus dem Takt gerät“, erklärte Gary. „Einige deiner Angriffe wird sie nicht kennen, damit kannst du sie aus der Bahn werfen. Sollte es nicht funktionieren, verhalte dich trotzdem weiter defensiv.“

„Okay, ich versuchs“, antwortete Shio nervös. Selbst in ihrer Zeit hatte sie nie mit ihrer Mutter gekämpft. Es gab wohl für alles ein erstes Mal.

„Ähm, Shio...“, machte Jaze sich von der Tür her bemerkbar, „das solltest du sehen.“ Aus dem Spalt, durch den er hinaus lugte, drang Stimmengewirr. Shio schloss die Terminalverbindung und gesellte sich zu ihrem Partner. Vor der Tür standen unzählige Männer. Als sie Shio erblickten, drangen sie weiter auf den Raum zu. Shio erschrak, schlug die Tür zu und stemmte sich dagegen. Ihr Gesicht spiegelte bloßes entsetzen.

„Da kann ich nicht rausgehen“, hauchte sie mit erstickter Stimme.

„Tja, denen hast du gestern den Kopf verdreht“, grinste Jaze.

„Ach, und dir nicht?“ Shio sah Jaze forschend an. „Bist du nicht eifersüchtig?“ Durch die Masse der Gedanken, welche auf sie einprasselten, war sie nicht in der Lage, speziell seine herauszufiltern.

„Was du wieder denkst“, wehrte Jaze ab und drehte sich weg.

„Wohl eher, was du denkst“, neckte Shio. Er wusste ja nicht, dass sie ihn gerade nicht verstand.

„Hör weg!“, befahl Jaze, peinlich berührt.

„Aber so weiß ich...“ Shio wurde durch die Stimme des Moderatoren aus den Lautsprechern auf dem Flur unterbrochen. Noch zehn Minuten, die Finalistinnen sollten sich hinter der Bühne einfinden.

„So ein Mist, ich muss da jetzt durch“, sagte Shio missmutig, ohne ihren vorherigen Satz zu beenden. Sie öffnete die Tür, blieb jedoch wie erstarrt stehen und knallte sie erneut zu.

„Ich kann das nicht!“, schluchzte sie. Sie konnte nicht gut mit Menschenmassen umgehen. Sie fühlte sich in ihnen verloren, besonders wenn sie der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit war. „Was mache ich denn jetzt?“ Hilfesuchend sah sie zu Jaze. Dieser seufzte und ging auf sie zu. Ehe sie sich versah lag sie im Prinzessinnenstil auf seinen Armen.

„W-was soll das?“, stammelte sie.

„Wir brechen durch!“, rief Jaze und verließ mit ihr den Raum. Der Lärm der Menge ging in seinem Kampfschrei unter. Shio konnte nichts weiter tun, als sich an ihm festklammern.

Unerwartet blieb er stehen. „Da wären wir“, sagte Jaze und setzte sie wieder ab. Shio stand vor dem Bühneneingang, der sie auf das Kampffeld führte. „Viel Glück, Süße“, wünschte Jaze und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, dann eilte er zu den Tribünen. Shio legte die Hand an ihre Stirn, perplex von dem, was er gerade getan hatte. Sie konnte es noch nicht so ganz glauben.

„Es ist so weit, meine Damen und Herren! Hier sind unsere Finalistinnen!“, verkündete der Moderator und Shio schreckte zusammen. Sie eilte die Treppe hinauf und trat ins Rampenlicht. Es herrschte ein unglaublicher Tumult. Die Gerüchte vom Vortag hatten noch mehr Zuschauer angelockt. Misty schritt ebenfalls auf die Bühne, jede Faser ihres Körpers strahlte Selbstsicherheit aus. Shio kannte diesen Blick und wusste, wie sie reagieren musste: Ruhig bleiben und sich konzentrieren.

Jaze stieß zu den anderen beiden Jungs im Publikum hinzu. „Da bist du ja“, begrüßte ihn Ash und hob sein Pikachu von dem freigehaltenen Platz in einer der vordersten Reihen.

„Wo warst du so lange? Du siehst ganz schön abgekämpft aus“, stellte Rocko fest, während er Reisbällchen verteilte.

Jaze nahm dankend an und biss genüsslich hinein. „Ich musste durch Shios Fanmeute durchbrechen, sonst könnte sie jetzt nicht dort oben stehen“, schmatzte er. Dabei deutete er auf die Verrückten, die mit Plakaten und schwarzer Montur hinter Shio saßen und sich wild gebärdeten, ohne dass der Kampf überhaupt angefangen hätte.

„Misty brauchte keine Hilfe, um mit denen fertig zu werden“, seufzte Ash und zeigte in die entgegengesetzte Richtung, in der eine rote Masse sich gerade mit der schwarzen anfeindete.

„Aber wir sind die Gewinner“, grinste Jaze, stolz auf seine Shio.

„Was meinst du?“, fragte Ash verdutzt.

„Irgendwann verstehst du es vielleicht auch“, meinte Jaze nur und versiegelte seinen Mund mit dem Rest Reisbällchen.

Auf der Bühne wurden gerade die Regeln bekannt gegeben. „Ein Kampf vier gegen vier! In jeder Runde darf nur ein Pokémon eingesetzt werden. Wird eines besiegt werden beide ausgetauscht. Kein Pokémon darf zweimal kämpfen. Möge die bessere Schönheit gewinnen!“

„Lampi, du bist dran!“, rief Misty. Das Wasser-Elektropokémon in der ungewöhnlichen Farbe Gelb zeigte sich geladen und bereit auf dem Feld.

„Sailoren!“, entschied Shio. Das kleine Pokémon, welches Ash, Jaze und Rocko am Tag zuvor auf der Bühne gesehen hatten, tauchte lang ausgestreckt auf einem Stein auf.

„Das da soll kämpfen?“, lachte Misty ungläubig. „Lampi, Funkensprung!“ Ihr Pokémon sammelte Strom in seinen Fühlern und schoss ihn dann auf Shios Pokémon ab.

„Schaufler!“ Mit einem Mal erwachte Sailoren zum Leben und grub sich schneller als ein Onix in die Erde, nur um an einer anderen Stelle wieder empor zu kommen und sich wieder platt hinzulegen.

„Was zum...?“ Misty fiel es schwer, den schnellen Moduswechsel des Pokémons nachzuvollziehen. „Was solls, du kannst nicht ewig weglaufen! Bodycheck!“

„Konter!“

Lampi rannte mit aller Kraft aus Sailoren zu, bereit sich selbst dabei zu verletzen, doch eine leuchtend rote Aura verhinderte Kontakt und warf Lampi zurück. Der kombinierte Schaden von eigener und gegnerischer Attacke war zu viel für es.

Der triumphierende Aufschrei aus Shios Fankurve wurde von den Buhrufen aus Mistys fast übertönt.

„Lampi ist kampfunfähig, diese Runde geht an Shio!“, entschied der Schiedsrichter.

„Geschafft!“, rief Shio, wobei sie stark an Ash erinnerte.

„Freu dich nicht zu früh, noch ist es nicht vorbei!“, mahnte Misty. Sie wählte als nächstes Tropius, eines von Ashs neueren Fängen. Das Pflanzenpokémon erschien kampflustig schnaubend auf dem Feld.

Den Regeln entsprechend rief Shio ihr Sailoren zurück und ließ Jaze' Camerupt den Kampf bestreiten.

Im Publikum wandte Jaze sich an Ash. „Du hast deiner also auch Pokémon geliehen.“

„Ist ja auch nicht verboten“, entgegnete dieser kühl.

„Vielleicht hättest du deiner Mieze lieber ein anderes Pokémon mitgeben sollen“, lachte Jaze höhnisch, denn er sah sein Feuerpokémon gegen das Pflanzenpokémon klar im Vorteil.

„Das werden wir noch sehen!“, rief Ash aufgebracht. Es war nicht die Häme gegenüber seinem Pokémon, die ihn so wütend machte, sondern die Bezeichnung für seine Freundin. Ash hätte Jaze am liebsten eine heruntergehauen, doch Rocko saß zwischen ihnen.

„Hey, ihr zwei Streithähne, der Kampf läuft auf der Bühne“, erinnerte er. Die Mädchen hatten bereits einen ersten Schlagabtausch mit den neuen Pokémon hinter sich. Beide waren nicht ungeschoren davongekommen.

„Zauberblatt!“, verlangte Misty nun von Tropius, welches gehorchte. Camerupt, dessen Spezialität eher in der Verteidigung anstatt der Geschwindigkeit lag, konnte nicht mehr ausweichen und wurde getroffen.

„Bitte, halte durch!“, flehte Shio, doch Camerupt konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Der Sturz seines schweren Körpers brachte die Bühne zum Beben und riss Tropius den Boden unter den Füßen weg. Es prallte mit seinem Kopf auf einen Stein auf, wodurch es nur noch Sterne sah,

„Beide Pokémon können nicht mehr weiterkämpfen. Diese Runde geht unentschieden aus!“, entschied der Schiedrichter.

„Grr, so etwas Ärgerliches!“, knurrte Misty. „Pikachu, es hängt an dir!“ Energiegeladen sprang Pikachu an Misty vorbei auf das Kampffeld.

„Dagegen setze ich Georock!“, wählte Shio ebenfalls das zweite geliehene Pokémon. Die Kontrahentinnen und ihre Pokémon starrten sich unerbittlich an. Sie machten sich bereit für die ersten Befehle, da gab das Gerüst unter ihnen nach. Die gesamte Bühne brach in sich zusammen, Menschen nahmen schreiend Abstand. Ash, Jaze und Rocko eilten zu den Mädchen und halfen ihnen aus den Trümmern, während die Staubwolke langsam die Sicht auf einen Roboter in Dummiselform freigab. Auf dem Kopf erschienen Team Rocket und begann mit der Aufführung ihres üblichen Spruchs.

„Was wollt ihr Flachpfeifen denn hier?“, rief Misty ihnen entgegen. „Du hast schon verloren, Jessie!“

„Wenn ich nicht die Schönheitskönigin werde, dann wird es keiner!“, entgegnete diese zurück. Ein langer Greifarm erschien aus der Seite des Roboters und griff nach den offen herumliegenden Preisen.

„Ihr verdammten Mistkerle!“, rief Ash und beschwor sein Tauboss.

„Das wir dir nichts bringen!“, behauptete Jessie. „Vipitis!“ Der Giftschlange hinterher schickte James sein Tuska. Die beiden Pokémon verwickelten Georock, Pikachu und Tauboss in einen erbitterten Kampf.

„Nanu? Ich kann den Greifarm nicht mehr bewegen“, stellte Mauzi plötzlich fest.

„Hast du wieder das billigste gekauft?“, wollte James verärgert wissen.

„Wenn ihr erfolgreicher wärt, hätten wir ein größeres Budget!“, verteidigte sich Mauzi.

„Am falschen Ende gespart?“, kommentierte Jessie ärgerlich.

„Ich glaube nicht, dass es an der Technik liegt“, meinte Mauzi und bewegte sie Fernsteuerung. „Seht doch, der Arm will sich bewegen, aber er scheint irgendwie festgehalten zu werden.

„Abby, Schlitzer!“, erklang Shios Stimme. Ihr Absol durchschnitt das Metall, doch der Greifarm blieb trotzdem in der Luft schweben, während der Stummel am Roboter sich wild drehte.

„Was?!“, rief Team Rocket verängstigt. Der Arm schwebte vor ihnen lang und landete direkt vor Shios Füßen.

„Ash, greif die Schwanzspitze mit Pikachus Donnerblitz an“, schlug Shio vor. Dieser tat wie ihm geheißen, nachdem seine Pokémon die gegnerischen zurück zu ihren Besitzern geschleudert hatten. Der Stromschlag durchfuhr den gesamten Roboter, erreichte den Motor und brachte ihn zum Explodieren. Team Rocket flog mit den Schrotteilen davon.

„Geschafft!“, freuten Ash und Shio sich gemeinsam.

„Aber den Wettbewerb können wir vergessen“, sagte Misty traurig.

„Ich hätte doch eh gewonnen“, behauptete Shio.

„Und mit welchem Recht glaubst du das sagen zu können?“, wollte Misty wissen.

„Weil ich keine Angst vor seinem Garados habe“, entgegnete Shio entspannt. Ganz im Gegenteil: sie liebte es, sie hatte mit ihm Schwimmen gelernt.

Misty murrte unglücklich.

„Meine Damen, bitte beruhigen sie sich“, bat ein älterer Mann, der sich als Schirmherr der Veranstaltung vorstellte. „Ihr seid beide unglaublich stark. Ich würde sagen, ihr habt beide gewonnen. Das war wirklich eine spektakuläre Show.“

Die Mädchen willigten ein, auch wenn keine von beiden dieses Ergebnis befriedigte. Der Preis wurde zu beiden Teilen zwischen ihnen aufgeteilt. Somit mussten sie immerhin nur noch eine Fahrkarte nach Saihon bezahlen und jede von ihnen war um 50 000 Pokédollar reicher.

Die Freunde gingen abends noch feiern, doch Shio war danach nicht zumute. Sie verkroch sich in ihr Zimmer und ruhte sich aus. Ihre Telekinese kostete sie mehr Kraft, als sie zugeben mochte. Bei manchen ESP wirkte es, als machte es ihnen keine Mühe. Ihr schon.

Müde lächelnd sah sie ihrem Absol beim Schlafen zu. „Ruh dich nur aus“, flüsterte sie, „dann können wir bald wieder nach Hause.“ Sie sah aus dem Fenster und dachte an ihre Familie in der Zukunft und zum ersten Mal packte sie Heimweh, weil sie auf dieser Reise nicht einfach wieder zurückkehren konnte.

Erwischt... [Überarbeitet]

Die Sonne erhob sich aus dem Meer. Im faden Licht glitt sie Fähre in die Saihon-Region friedlich über das ruhige Wasser. Shio trat auf des menschenleere Decke und reckte sich ausgiebig, ließ die salzige Seeluft ihre Lungen füllen und ihren Geist wecken. Sie fühlte sich pudelwohl hier draußen auf dem Meer.

„Guten Morgen“, gähnte Ash hinter ihr.

„Schlecht geschlafen?“, fragte Shio beim Anblick der dunklen Schatten unter seinen Augen.

„Es geht“, seufzte Ash und dachte an Misty, die in der Großraumkabine mit nur drei Betten unbedingt direkt neben ihm schlafen musste.

„Sei doch froh, dass sie neben dir liegen wollte“, grinste Shio. Auf diese Art war ihre Zukunft wenigstens gesichert.

„Wir haben doch gelost“, erinnerte Ash sie.

„Ach ja, da war ja was“, meinte Shio beiläufig. Natürlich hatte sie Schicksal gespielt. Ein bisschen Telekinese auf das richtige Los, schon war alles geregelt. Brauchte ja niemand wissen.

Die Tür hinter ihnen öffnete sich und heraus trat ein sehr müder und blasser Jaze. „Auch schon aus den Federn gekippt?“, fragte Shio mit einem fiesen Grinsen.

Jaze sah sie abweisend an, verkniff sich eine beleidigende Geste und torkelte stattdessen zur Reling, über die er sich hängen ließ.

„Ich glaube, er ist seekrank“, vermutete Ash. Pikachu schien der einzige zu sein, der Mitleid mit Jaze empfand, während Ash und Shio sich angeregt über das Reisen unterhielten.

Zu Jaze' Erlösung kamen sie gegen Mittag im Hafen von Perla City, einer Stadt mit dem Beinamen „Tor Saihons“, an. Die Mädchen mussten allerdings gezwungen werden, das Schiff zu verlassen. Beide hätten lieber eine weitere Fahrt unternommen, um noch ein Mal den Piressioschwarm zu sehen, welcher das Schiff ein Stück begleitet hatte.

„Oh, sie waren so niedlich!“, seufzte Misty hingerissen.

„Und wie sie gespielt haben!“, bekräftigte Shio.

„Einfach süüüß!“, schwärmten die Mädchen im Gleichklang.

„Ich dachte, Shio steht auf Unlicht-Pokémon“, wunderte sich Rocko. Er bekam von Jaze dessen Pokédex, mit abgeschalteter Hologrammfunktion, als Antwort gereicht, der verkündete: „Piressio, das Seedrachen Pokémon. Trotz seines verspielten Naturells ist es ein gefährlicher Gegner, wenn ihm oder seinen Kameraden Gefahr droht. Es wurde lange Zeit für ein Drachenpokémon gehalten. Dieses wurde von Professor Eich widerlegt, wodurch sein wahrer zweiter Typ, Unlicht, bekannt wurde.“

„Verstehe, Unlicht also“, murmelte Rocko.

„Hat dein Pokédex gerade Professor Eich gesagt?“, wunderte sich Ash. „Das kann doch nicht sein, mein Pokédex sagt, es ist Drache!“

„Mein Vater hat das rausgefunden“, stellte Jaze stolz klar.

„Du heißt auch Eich?“, fragte Ash verwirrt. „Und du siehst auch noch aus wie Gary. Seid ihr irgendwie verwandt?“

„Jup...“, sagte Jaze nur. Ihm wurde gerade klar, welche Stein er ins Rollen gebracht hatte. Er suchte in seinem müden Gehirn nach einer Ausrede, wie er seine Beziehung zu seinem zukünftigen Vater und Urgroßvater erklären könnte.

Der Piepton, welchen Shio als Klingelton für ihren PokéTerm gewählt hatte, half da nicht gerade. Sie hatte ihn auch noch tief in ihrem Rucksack vergraben, doch es hörte nicht auf zu klingeln, bis sie endlich verwundert abnahm.

„Wo steckst du?!“, brüllte es ihr aus dem Gerät entgegen.

„Mum!“, seufzte Shio genervt und hielt sich ein Ohr zu.

„Deine Mutter?“, fragte Misty verwundert, denn die Stimme kam ihr bekannt vor, und riskierte einen Blick auf den Bildschirm. Es fühlte sich für sie an, als blickte sie in einen Spiegel. In einen Spiegel, der sie älter aussehen ließ.

Die Jungs kamen hinzu. Ash musste Misty stützen, die kurz vor einer Ohnmacht zu stehen schien. Neugierig warf er ebenfalls einen Blick auf Shios Mutter und auch sein Gesicht verließ die Farbe.

„D-das kann doch nicht sein“, stammelte die Misty der Zukunft.

„Glaubst du mir jetzt endlich?“, fragte Shio herausfordernd. Ihre Mutter nickte langsam und legte auf. Sicher gönnte sie sich jetzt ein Schluck, vermutete Shio, von den guten Sachen aus der Vitrine, die Shio nicht ungestraft ansehen durfte.

Bei der jungen Misty schien der Groschen zu fallen. „Du bist...!“, rief sie verstört und zeigte mit dem Finger auf Shio.

„Die zukünftige Tochter von dir und Ash“, setzte Shio den Satz fort. „Ein Problem damit?“

„T-Tochter? Meine?“, stammelte Ash. Er brauchte länger, um diese Offenbarung zu verarbeiten.

„Aber natürlich!“, fuhr es Rocko heraus. „Darum bist du durchsichtig geworden, als Ash und Misty sich stritten! Jetzt ergibt das alles einen Sinn!“

Shio sah sich unter den schockierten Jugendlichen um. Dies war kein gutes Zeichen. Sie wechselte einen Blick mit Jaze, der ihr Vorhaben verstand und ihr ermutigend zunickte.

Shio atmete tief durch und konzentrierte sich. Sie hasste diese Fähigkeit, fühlte es sich doch wie mogeln an, aber sie wusste nicht, wie sie sich und Jaze sonst hätte retten können. Keine Menschenseele in der Nähe, vergewisserte sie sich, das PokémonCenter nicht weit entfernt. Ash, Rocko und Misty verloren nacheinander das Bewusstsein. Ein weiteres Mal hatte Shio ihre Gedächtnisse verändert.

Seltsame Gestalten

Ash erwachte früh am Morgen. Verschlafen blickte er sich in seinem Zimmer um. Er hatte einen wirklich sehr merkwürdigen Traum gehabt. Shio hatte in ihm behauptet, seine und Mistys Tochter zu sein.

>Unsinn!<, dachte Ash. >Das kann doch gar nicht sein!< Müde pellte er sich aus seiner Bettdecke. Misty und Rocko befanden sich noch tief im Reich der Träume. Auch Pikachu döste noch vor sich hin. Vorsichtig, darauf bedacht niemanden zu wecken, stand Ash auf und schlich aus dem Zimmer. Ein kleiner Spaziergang würde ihm diesen blöden Traum schon aus dem Kopf jagen. Doch er musste enttäuscht feststellen, dass draußen Weltuntergangsstimmung herrschte. Ein heftiges Gewitter zog über das Pokémoncenter hinweg. Ein klatschnasser Mann kam ins Center geeilt.

"Brrr, was für ein Mistwetter", schimpfte er. Ein Pikachu sprang von seiner Schulter und schüttelte sich das Wasser aus dem Fell. Der Mann sah Ash an.

"Du siehst aus, als wolltest du raus", bemerkte er. "Ich an deiner Stelle würde es lassen." Irgendetwas an diesem Mann kam Ash furchtbar bekannt vor. Der Fremde sah ihm unglaublich ähnlich.

"Ash? Schon auf den Beinen?" Ash drehte sich verwundert um. Der Fremde schien sich auch angesprochen zu fühlen und sah ebenfalls auf das Mädchen hinter Ash. Es war Shio.

"Na ja, ich hab schlecht geschlafen", sagte Ash.

"Misty?", grinste Shio hinterlistig.

>Schön wärs...<, dachte Ash seufzend.

"Bitte? Träumst du etwa fremd?", fragte Shio empört.

"Nee...", nuschelte Ash, "das war irgendwas komisches, hab es schon wieder vergessen."

"Spinner", grinste Shio.

"Selber!", entgegnete Ash. Merkwürdigerweise rief der Fremde das gleiche mit Ash zusammen. Ash sah verwundert zu dem Unbekannten, der sich den Mund zuhielt. Shio beäugte ihn misstrauisch und wühlte in seinen Gedanken. Sie schob Ash beiseite und sah dem Fremden tief in die Augen.

"Ist etwas?", fragte dieser verwundert.

"Kennst du den, Shio?", fragte Ash.

>Shio? Woher kommt mir der Name so bekannt vor?<, wunderte sich der Fremde in Gedanken. >Hatte Misty nicht mal so einen Namen nicht mal für eine eventuelle Tochter genannt? Aber wir haben nur Ace...< Shio ging ein Licht auf.

"Kein Zweifel." Ash und der Fremde sahen verwundert Shio an. Diese trat auf den Unbekannten zu und sah ihm noch fester in die Augen.

"Man, sag schon, wofür gibt es keine Zweifel?", fragte Ash verwirrt. Shio holte tief Luft und deutet auf den Fremden. "Das ist mein Vater."

"WAS?!", riefen Ash und der Unbekannte synchron. Shio musste kichern. Es war typisch. Immerhin waren Ash und ihre Vater ein und dieselbe Person.

"Das da ist dein Vater? Der sich über sechzehn Jahre nicht hat blicken lassen?", fragte Ash.

"Du hast es erfasst", murmelte Shio. "Und ich denke ich weiß jetzt, warum er sich die letzten Jahre nicht mehr gemeldet hat." Sie ging zu ihrem Vater und packte ihn am Arm. "Und ich denke, ein 'vier-Augen-Gespräch' ist mal nötig." Sie zog den verwirrten erwachsenen Ash mit sich und verschwand um eine Ecke.
 

Ash traf später am Morgen mit den Anderen zusammen. Als erstes kam ihm Misty gut gelaunt entgegen. Gemeinsam gingen sie frühstücken. Rocko und Jaze gesellten sich später dazu. Shio aber, ließ sich nicht blicken. Auf die Fragen nach ihr antwortete Ash nur, sie habe zu tun.

"Was macht sie denn?", fragte Misty misstrauisch.

"Weiß ich doch nicht", entgegnete Ash genervt.

"Klingt aber sehr nach Lüge!", knurrte Misty.

"Ich weiß wirklich nicht, was sie macht!", log Ash.

"Streiten bringt auch nichts", seufzte Rocko genervt.

"Worüber streitet ihr denn?", fragte Shio verwundert. Sie und ihr Vater waren am Frühstückstisch erschienen. Wieder einmal unbemerkt. Ihre Freunde sahen Shio überrascht an.

"Wer ist das?", fragte Jaze.

"Mein Vater", antwortete Shio lässig.

"Nennt mich einfach Mike", grinste der erwachsene Ash. Das war der beste Deckname, der ihm eingefallen war. Zumal er eh unter diesem Namen in dieser Zeit lebte. Das wäre nicht Shios erste Wahl gewesen, aber es wat ein häufiger, leicht zu übergehender Name.

"Ich dachte, du kennst deinen Vater nicht.", bemerkte Misty verwirrt.

"Ich sehe ihn ja auch heute zum ersten Mal", entgegnete Shio und setzte sich neben sie.

"Woher weißt du dann, dass es dein Vater ist?", fragte Jaze.

"Lass mich raten: aus seinen Gedanken", gähnte Misty. Shio zuckte nur mit den Schultern und klaute sich etwas von Mistys Frühstück.

"Wussten sie von Shio?", fragte Rocko den erwachsenen Ash. Dieser schüttelte den Kopf und nahm sich bei seiner jüngeren Version Essen.

"Hat mich ganz schön geschockt", gab er zu.

"Jah... und Mum's Standpauke hat dich umgehauen", grinste Shio kühl.

"Ich an ihrer Stelle wäre auch sauer!", bemerkte Misty.

"Ist ja auch verständlich", gab Rocko zu. "Wenn man ganze sechzehn Jahre weg ist."

"Ich habs kapiert!", rief der erwachsene Ash wütend.

"Warum sind sie überhaupt weggegangen?", fragte Misty.

"Ich mag es nicht, lange an einem Ort zu sein", erklärte Shios Vater. "Ich mag es lieber, frei zu sein und überall herumzustreifen. Ich bin kein Familienmensch."

>Er ist Ash sehr ähnlich... zu ähnlich!<, dachte Misty. Shio verschluckte sich an Mistys Kakao. Warum musste Misty auch so scharfsinnig sein? Es wäre besser, sie würde nicht immer alle Gemeinsamkeiten mitbekommen.

>Warum kann ausgerechnet MEINE Tochter Gedankenlesen?<, fragte sich der erwachsene Ash in Gedanken.

"Um uns den Allerwertesten zu retten!", knurrt Shio und sah ihren Vater scharf an.

"Du bist ganz schön frech!", rief dieser wütend.

"Ich bin DEINE Tochter!", entgenete Shio. Vater und Tochter starrten sich feindselig an. Die Spannung zwischen ihnen hätte Blitze hervorbringen können. Nein, es blitzte wirklich zwischen ihnen und stellte die Beiden unter Strom. Die anderen wichen erschrocken nach hinten. Doch es war nur das Pikachu des erwachsenen Ash, das den Streit schlichten wollte.

"Peka pi!", schimpfte es.

"Schäm dich selber!", rief Shio wütend und quetschte wütend den Kopf des gelben Pokémons. Ihr Vater versuchte seinen Freund aus den Fängen seiner Tochter zu befreien. Die Anderen sahen sprachlos diesen Chaoten zu. Es war schwer zu glauben, dass sie verwandt sein sollten.

"Die zwei sind beängstigend", flüsterte Jaze. Rocko, Ash und Misty nickten zustimmend.
 

"Endlich hat sich das Gewitter gelegt", bemerkte Ash Stunden später.

"Das draußen oder das hier drinnen?", fragte Misty ironisch. Sie wusste sehr genau, dass Ash das Wetter meinte. Zwischen Shio und ihrem Vater hatte die Spannung noch immer nicht abgenommen. Wenigstens waren sie zu einem Waffenstillstand übereingekommen und knurrten sich nur noch an. Es blitzte nicht mehr, aber es donnerte noch.

"Wir sollten endlich nach Lauben aufbrechen", schlug Rocko vor. "Professor Tann wird schon auf das Packet von Profesor Eich warten."

"Ein Packet?", fragte Shio verwundert.

"Ja, der Professor hat uns gebeten es seinem Freund zu bringen", erklärte Ash.

"Ich seid nicht wegen der Sai-Liga hier?", wunderte sich Jaze.

"Hier gibt es eine Liga?", fraget Ash interressiert.

"Jup.", grinste Shio. "Und man muss nur vier Arenaorden sammeln, um teilnehmen zu können."

"Da MUSS ich mitmachen!", rief Ash aufgeregt.

"Mach doch.", lachte Shio. "Dafür musst du dich nur in Lauben im Pokémoncenter registrieren."

"Dann sollten wir sofort aufbrechen.", sagte Misty. Sie wusste, dass Ash eh bald losstürmen würde. Sobald er die Worte 'Liga' und 'Arenen' hörte war er nicht mehr zu bremsen. Irgendwie fand sie diese Angewohnheit von ihm süß.

"Ich muss auch nach Lauben, ich komme mit euch.", bemerkte der erwachsene Ash. Shio wollte das zwar nicht, aber sie behielt es für sich. So machte sich die Gruppe auf den Weg nach Lauben. Sie benögtigten lediglich einen halben Tag, da sahen sie bereits das hölzerne Stadttor. Shios Vater kannte den Weg zu Professor Tann und führte die Gruppe. Unterwegs kamen sie an einem Pokémoncenter vorbei. Shio trennte sich von der Gruppe, ihr ginge es nicht gut. Jaze blieb bei ihr. Die anderen erreichten bald Professor Tann's Labor.

"Ich müsst euch drinnen vorsichtig bewegen. Der Professor ist ein Chaot, aber er hat einen Überblick, solange kein Anderer seine Daten durcheinander bringt.", erklärte der erwachsenen Ash und öffnete die Tür. Er sah sich drinnen um und rief den Professor. Ash, Misty und Rocko hatten mühe, sich zwischen den herumliegenden Büchern und den Aktenstapeln zu bewegen. Hinzu kam, dass der Raum lediglich schwach beleuchtet wurde. Nur wenig Licht drang durch die verschmutzten Fenster.

"Wer seid ihr?" Erschrocken drehten sich die drei Jugendlichen um. Hinter ihnen stand ein geisterhafter Mann und erschreckte sie zu Tode. Er war sehr jung aber schmächtig gebaut und die Gläser seiner Brille glühten in der Dunkelheit.

"Guten Tag, Professor Tann.", grinste der erwachsenen Ash.

"Oh? Lange nicht gesehen, Mike. Sind das Freunde von dir?", fragte Professor Tann mit geisterhafter Stimme.

"So kann man es sagen.", lachte der Angesprochene. "Sie haben ein Packet für sie, von Professor Eich."

"Ohooo? Sehr gut... ich habe schon gewartet..." Der Profesor streckte seine dürren Hände zu Ash und schien darauf zu warte, dass dieser ihm das Packet gab. Ash kramte es aus seinem Rucksack hervor und übergab es zögernd dem komischen Professor.

"Guuuut.", sagte der Professor. "Dann auf Wiedersehen..." Der merkwürdige Professor schlich davon, bis er wieder zwischen seinen Akten verschwand.

"Puah, der braucht mal eine Putzfrau.", ächzte Misty, als sie endlich wieder ins Freie getreten waren.

"Er hatte eine, aber die kam nicht nach.", lachte der erwachsene Ash.

Zurück im Pokémoncenter gingen Ash, Rocko und Misty ersteinmal etwas essen. Der erwachsene Ash aber erkundigte sich nach Shios Zimmer. So sehr ihn Shio auch nerven mochte, sie war seine Tochter. Er hoffte inständig das Eis brechen zu können oder zumindest den Grund für ihr Verhalten ihm gegenüber zu erfahren. Er Klopfte und trat ein. Das Zimmer war dunkel. Er konnte Jaze erkennen der auf seinem Bett zu schlafen schien. Vom anderen Bett funkelten ihn die Blaugrünen Augen seiner Tochter im Schein des Bildschirms ihres Pokéterms an.

"Was willst du?", fragte sie desinteressiert.

"Sehen, wie es meiner Tochter geht. Wird ja wohl erlaubt sein.", entgegnete ihr Vater.

"Es hat dich sechzehn Jahre nicht gekümmert, wie es deiner Familie geht. Warum sollte es dich jetzt interessieren wie es mir geht?", entgegnete Shio. Ihre Stimme klang gereizt und anklagend. Ash merkte, seine Tochte hegte wirklich einen Groll gegen ihn.

"Du bist wirklich hart, Shio.", erklang es aus dem Pokéterm. Shio hatte sich gerade mit Gary unterhalten, als Ash hereingekommen war.

"Lass sie, ich habe es nicht anders verdient.", seufzte Ash, denn es war ihm sehr wohl bewusst. Er kam auf Shio zu und setzte sich auf die Bettkannte.

"Ich schalte mal ab. Green will irgendetwas von mir.", bemerkte Gary und schloss die Verbindung. Ash musste unweigerlich lächeln. Sein alter Freund wusste, wann er sich raushalten musste. Er verstand Ash eben doch am Besten, gleich nach Misty. Jetzt saß er da und wusste nicht, wie er anfangen sollte, wie er seinen Fehler wieder gutmachen konnte.

"Warum sagst du nicht einfach, dass es die Leid tut?", fragte Shio. "Auch wenn es zu spät ist..."

"Es ist nie zu spät etwas zu ändern, solange man daran glaubt.", entgegnete Ash. Die zwei schwiegen wieder. Sie sahen sich auch nicht an.

"Mama... ist andauernd wütend auf mich.", murmelte Shio nach einiger Zeit. "Sie lässt ihren ganzen Frust an mir aus. Ihren Frust darüber, dass du weggegangen bist."

"Das klingt aber gar nicht nach Misty.", sagte Ash verwundert.

"Was weiß ich...", seufzte Shio. "Sie sagt es nicht, aber sie gibt mir die Schuld an allem."

"Muss hart sein, das so mitzukriegen." Ash sah seine Tochter mitleidig an. Gedanken lesen zu können hatte also auch seine Nachteile. Sehr große Nachteile.

"Ich habe mich damit abgefunden...", sagte Shio ruhig.

"Das glaube ich dir nicht.", sagte Ash gerade heraus.

"Warum nicht?" Shio sah ihn verwundert an und legte den Kopf schief.

"Weil du meine Tochter bist.", grinste Ash. Shio sah ihn mit großen Augen an. Er hatte es gesagt, sie war seine Tochter. Nur die seine.

"Nun denn, ich denke, ich lass dich jetzt in Ruhe.", sagte Ash und stand auf. "Ich lasse dir jetzt deine Ruhe, gute Nacht." Mit diesen Worten verließ er das Zimmer. Shio blieb verwundert aber beruhigt zurück. Sie hatte einiges über ihren Vater gelernt, ohne viele Worte von ihm gehört zu haben.

Allein zu zweit (Shortstory)

sooo... hier habt ihr eine shortstory! Ab jetzt wird es die öfter geben^^ (nach jedem kap, wenn ich genug ideen dafür krieg ^^'''')

in diesen storys geht es meist zwischen den beiden Pärchen ein wenig tiefgründiger zur Sache *höhö*
 

have phun

Zero
 

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"Hah.. ich werde aus meinem Vater einfach nicht schlau...", seufzte Shio später am gleichen Abend. Sie saß auf ihrem Bett und starrte vor sich hin. Ihre Gedanken wirbelten durch ihren Kopf wie ein Sturm, wie das Gewitter vom Morgen.

"Er klang jedenfalls, als würde er es ernst meinen.", murmelte Jaze vom anderen Bett herüber.

"Warst du wach?" Shio sah, auch wenn er es nicht sehen konnte, wütend zu Jaze hinüber.

"Und wenn?" Seine Stimme klang nach einem fiesen Grinsen.

"Du Arsch!", rief Shio und sprang auf.

"Ich habe nie behauptet das ich schlafen wollte!", entgegnete Jaze ruhig. "Wie hätte ich außerdem schlafen sollen, wenn du die ganze Zeit mit meinem Vater und danach mit deinem quatscht? Ich hab auch Ohren!"

"Idiot.", knurrte Shio und ließ sich wieder aufs Bett sinken. Nun herrschte Stille. Dabei hatte Shio eine wütende Reaktion von Jaze vermutet. Sie wusste nicht, wo er sich im Augenblick befand. Sie konnte seine Gedanken nicht hören. Diese Stille, die sie zum ersten Mal in ihrem Leben erlebte, machte ihr Angst. Sie hörte selbst die Schlafgedanken der Menschen, sie hatte schon in den Träumen anderer Leute gewütet. Warum also konnte sie Jaze nicht mehr wahrnehmen?

"Buh!" Shio kreischte auf, dass es im ganzen Pokémoncenter zu hören war. Jaze hielt ihr so schnell wie möglich den Mund zu. Er hatte sie ein wenig ärgern wollen und sie ein wenig erschreckt. Eine Umarmung von Hinten hatte er für ausreichend gehalten und sich hinter Shio geschlichen. Dass sie so überreagiren würde, hätte er nicht gedacht.

"Meine Güte, geht's noch?", fragte er verwundert. Shio antwortete nicht, sondern sackte nach hinten und lehnte sich an Jaze.

"Ich bin müde, ich höre dich nicht einmal mehr...", nuschelte sie.

"Oh, das macht mein Noctara.", grinste Jaze.

"Noctara?" Shio hat von diesem Pokémon noch nie gehört.

"Mein Evoli hat sich entwickelt. Sieht nach einer Mischentwicklung zwischen Psiana und Nachtara aus.", erklärte Jaze. Shio antwortete wieder nicht. Jaze stupste sie vorsichtig an, sie gab keine Reaktion von sich. Jaze hörte ihren ruhigen, gleichmäßigen Atem, spürte die sanfte auf und ab Bewegung ihrer Brust. Noch immer umarmte er sie. Shio war in seinen Armen eingeschlafen.

Shio vs. Ash / Teammatches

Ein wolkenverhangener Morgen. Ash, Misty, Rocko, Jaze, Shio und Shios Vater standen vor dem Pokémoncenter.

"Ich werde nach nach Cobal City gehen. Ihr solltet zuerst nach Uron City, dort gibt es eine gute Arena.", erklärte der erwachsene Ash.

>Und vor allem schön schwach...<, dachte Shio und gähnte herzaft. Gegen die Arenaleiter von Uron City hatte sie bereits gekämpft. Es waren Alte Männer, leicht zu durchschauen. Ihre Kampfweise war zu selbstsicher, man konnte sie leicht austricksen. Dafür musste man nicht einmal Gedanken lesen können. Shio fragte sich nur, ob Ash das auch merken würde.

Ash der Junge und seine Freunde trennten sich also nun von Ash dem Alten und gingen in verschiedene Richtungen.

"Ob dein Vater auch an der Liga teilnehmen wird?", überlegte Misty, während sie sich mit Shio unterhielt..

"Das wäre doch unfair.", bemerkte Shio. "Er hat doch viel mehr Erfahung als Ash oder andere Teilnehmer."

"Glaubst du wirklich, ich kann ihn nicht schlagen!?", rief Ash wütend.

"Exakt.", entgegnete Shio ruhig.

"Woher willst du das wissen!?", fuhr Ash sie an. "Hälst du mich für so schwach?!"

"Willst du es austesten?", fragte Shio angriffslustig. "Sagen wir... gegen mich?"

"Jederzeit!" Ash sah sie wütend und entschlossen an. Er konnte nicht glauben, dass Shio, die doch sonst nicht so kampflustig war, ihn nun herausforderte. Er und Shio starrten sich feindselig an.

Misty sah derweil zwischen den Beiden hin und her. Eine gewisse Ähnlichkeit fiel ihr auf. Shios Augen mochten eher den ihren gleichen, doch im Moment hatten sie den gleichen, heißblütigen Ausdruck wie die Ashs, wenn er einen guten Kampf roch.

"Wie viele Pokémon?" Ashs Augen flammten.

"Drei gegen drei. Aufgeben verboten." Shio sah ihn an, nicht minder Feuer und Flamme als ihr Gegner. Die zwei stellten sich gegenüber auf und funkelten sich an.

"Los, Wablu!", Ash schickte das kleine blaue Vogelpokémon mit den Wolkenflügeln in den Kampf. Pfeifend flatterte es umher. Es freute sich, für seinen Herrn kämpfen zu dürfen.

"Schnapp es dir, Enekoro!" Das katzenähnliche Pokémon erschien, sich würdevoll streckend. Herablassend sah es das aufgedrehte Vögelchen an.

"Runde 1, Wablu gegen Enekoro, fangt an!", rief Rocko und spielte den Schiedsrichter.

"Wablu, Schnabel!" Der kleine Vogel stürzte im Sturzflug auf seinen Gegner zu. Sein scharfer Schnabel glänzte in der Sonne. Enkoro konnte kaum noch ausweiche. Es wurde am Bein verletzt.

"Rückkehr!", befahl Shio. Das treue Enekoro griff das Wablu mit all seiner Kraft an. Das Vögelchen flog davon und landete klatschend an einem Baum. Es ging zu Bode, versuchte wieder aufzustehen, schaffte es. Es flatterte wieder. Es begann zu leuchten und wurde größer. Es entwickelte sich zu Altaria. Sogleich setzte es eine Attacke ein. Es spieh einen Herzförmigen Flammenwirbel aus und brachte Enekoro zu Boden.

"Enekoro ist kampfunfähig, Altaria hat gewonnen!", rief Rocko.

"Nein, so ein Mist!", ärgerte sich Shio und holte das besiegte Pokémon zurück.

"Super! Altaria, du bist Klasse!", rief Ash und umarmte sein neues Pokémon.

"Wenn du mit Altaria kämpfst", sagte Shio, "Dann tue ich es auch!" Sie warf ihren Pokéball und rief somit ihr Altaria auf den Plan. Es war größer als das Frischentwickelte von Ash. Was wiedereinmal nur Shio wusste: Sie waren ein und dasselbe Pokémon. Shio hatte in Erfahrung gebracht, dass ihr Altaria wirklich das ihres Vaters war. Sie wollte es ihm zurückgeben, doch er meinte, sie solle es noch ein Weilchen behalten. Shio hatten seinen Gedanken entnommen, das Altaria sie beschützen sollte. Shio konnte sich nicht helfen, sie war ihrem Vater dankbar.

"Runde 2, Altaria gegen Altaria, legt los!", rief Rocko.

"Drachenherz!", befahl Ash.

"Agilität, dann Schnabel!", rief Shio ihrem Pokémon zu. Es verschwand und die Drachenherzattacke ging ins Leere. Ihr Altaria erschien an einer anderen Stelle wieder und verschwand gleich darauf noch einmal. Dieses Mal tauchte es direkt vor Ash's Altaria auf. Ein scharfer Treffer mit dem Schnabel und das jüngere Altaria ging zu Boden. Es stand nicht wieder auf.

"K.O., Shios Altaria gewinnt!", rief Rocko.

"Nein... wie...?!", stammelte Ash.

"Dein Altaria war bereits stark angeschlagen, als es sich entwickelte.", erklärte Shio. "Mein Enekoro ist nicht so schwach, wie es scheint. Auch wenn es ein Wettbewerbspokémon ist." Ash sah sie gereizt an. Er wollte nicht gegen sie verlieren. Er hasste es, zu verlieren.

"Los, Tauboss!" Das Vogelpokémon erschien. Altaria sah es fiesgrinsend an. Tauboss wurde sichtlich wütend.

"Runde 3, Tauboss gegen Altaria, fangt an!"

Die beigen Pokémon des Typs Flug stürzten auf einander zu. Ihre Trainer hatten noch nichts befohlen, da hackten sie bereits aufeinander ein. Die fünf Trainer sahen verdutzt die beiden Streithähne an.

"Was soll das denn?", wunderte sich Misty.

"Tauboss, lass das!", rief Ash. Doch sein Pokémon hörte nicht auf ihn. Es prügelte sich mit Altaria.

"Heftig, Alter!", sagte Jaze halb lachend. Ein Stein flog ihm gegen den Kopf. Er sah in die Richtung aus der der Stein gekommen war, doch da war niemand. Weder ein Mensch, noch ein Pokémon.

Zwischen den kämpfenden Pokémon ging es inzwischen heiß her. Sie hatten begonnen, sich auch mit richtigen Attacken anzugreifen.

"Vedammt, hört auf!", rief Ash und versuchte, sein Tauboss zurückzuholen. Doch er schaffte es nicht, es mit dem roten Strahl aus seinem Pokéball zu treffen.

"Jetzt reichts, hört auf!!!", rief Shio. Ihre Haare begannen zu wehen, eine leuchtend blaue Aura bildete sich um sie und auch um die Pokémon. Shios Pupille war verschwunden. Sie hob ihre Arme, überkreuzte sie vor ihrem Gesicht, schlug sie schnell zur Seite auseinander. Im gleichen Augenblick wurden Tauboss und Altaria voneinander getrennt. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit landeten sie in verschwidenen Baumkronen.

"Hilfe?", murmelte Misty erschrocken. Die Anderen waren sprachlos.

"Beeil dich, bevor sie wieder aufwachen!", rief Shio Ash zu und holte ihr Altaria in seinen Pokéball zurück. Ash schreckte auf und beeilte sich, auch sein Tauboss wieder einzusperren.

Ich würde sagen, Runde 3 ist unentschieden.", lächelte Shio. "Was ist, machen wir weiter?"

"Schummelst du?", fragte Ash misstrauisch.

"Hab ich doch gar keinen Grund zu.", entgegnete Shio hochmütig.

"Na warte, Du bist dran, Pikachu!", rief Ash. Die gelbe Elektromaus sprang ins Kampffeld. Seine roten Wangen blitzten angriffslustig.

"Dann setzte ich Magnayen ein, los!" Der Unlichthund erschien und reckte sich ersteinmal ausgiebig.

"Pikachu, Ruckzuckhieb!", rief Ash verärgert. Magnayen wich der Geschwindigkeitsattacke mit Leichtigkeit aus und gähnte herzaft. Dies ärgerte sowohl Ash als auch Pikachu.

"Donnerschock!" Pikachu schoss mit Blitzen nach Magnayen, doch dieses wich einfach aus. Es sah aus, als würde es tanzen. Jaze lachte bei diesem verhöhnenden Anblick. Auch Misty fand es amüsant, auch wenn sie versuchte nicht zu lachen.

"Verdammt...", knurrte Ash. "Agilität!" Pikachu rannte schnell im Kreis um das gelangweilte Magnayen herum. "Tackle!"

"Nach links!" Magnayen wandte sich nach Links. Von dort kam Pikachu auf ihn zugeschnellt. Magnayen rannte ebenfalls los. Zwei Tackleattacken trafen mit einer unglaublichen Wucht aufeinander. Die beiden Pokémon wurden weggeschleuder, fingen sich aber wieder.
 

"Sie sind gleichstark.", murmelte Misty.

"Nein", entgegnete Rocko, "Magnayen ist stärker."

"Wie kommst du darauf?" Misty sah ihn verwundert an.

"Sie dir die zwei genau an! Pikachu atmet schwer, aber Magnayen ist vollkommen ruhig.", erklärte Rocko. Misty wandte sich zum Spielfeld. Rocko hatte recht. Pikachu war bereits am Ende, doch Magnayen sah noch immer so stark wie am Anfang aus.

"Ash wird verlieren...?", fragte Misty mehr sich als die Jungs.
 

"Magnayen, mach dem ganzen ein Ende! Bissattacke!", befahl Shio. Der schwarze Hund jagte auf Pikachu zu. Dieses war zu müde um ausweichen zu können. Magnayen packte es mit seinem Maul und schleuderte es beiseite. Es blieb regungslos liegen. Ash rannte zu ihm und nahm es sanft in den Arm. Entschuldigend sah Pikachu seinen Trainer an.

"Schon okay Kumpel, du hast dein Bestes gegeben.", lächelte dieser verständnisvoll.

"Wenn das sein Bestes war", Shio holte ihr Magnayen in seinen Pokéball zurück, "und Pikachu dein bestes Pokémon ist, dann bist du schwach." Shio sah Ash ernst an. "So kommst du nie durch die Saihon Liga."

"Woher willst du das wissen?!", rief Ash wütend.

"Ich habe bereits einmal teilgenommen... und ich habe verloren.", sagte Shio ernst. "Solange du mich nicht besiegst hast du in der Saihon Liga keine Chance."

"Dann werde ich hart trainieren.", grinste Ash.

"Und ich werde dir dabei helfen.", sagte Misty bestimmt.

"Warum ausgerechnet du?", fragte Ash nicht sonderlich begeistert.

"Hast du etwas dagegen?!", fauchte Misty.

"Und ob!", entgegnete Ash sturköpfig.

"Bin ich dir nicht gut genug, oder was?!", meckerte Misty beleidigt.

"Du hasst es erfasst!" Die zwei knurrten sich an wie zwei alte Hunde. Shio sah, wie ihre Umrisse wieder anfingen zu verschwimmen. Sie musste eingreifen!

"Waruuum..." Sie packte die beiden um die Schultern und zog sie an sich. "Warum bildet ihr zwei nicht ein Team für die Saihon Liga?"

"Ein Team für die Liga?", fragte Ash verwirrt.

"Habt ihr etwa das Infoheft der Liga noch nicht gelesen?", fragte Jaze und zog dieses aus einer Seitentasche von Rockos Rucksack. Er blätterte ein paar Seiten um und hielt es Ash und Misty vor. Dort stand es schwarz auf weiß: In der Saihon Liga zählten nur Team Matches.

"Warum soll ich mit Misty kämpfen?", rief Ash. "Shio, Jaze oder Rocko, ihr seid doch viel besser als sie!"

"Jaze und ich werden ein Team bilden!", warf Shio schnell ein.

"Und ich halte mich aus den Kämpfen meistens raus, das weißt du, Ash.", bemerkte Rocko der solangsam merkte, was Shio plante.

"Dann werde ich sicher verlieren.", maulte Ash. Ein lauter Knall, erstaunte Freunde und eine wegrennende Misty. Sie hatte Ash eine Ohrfeige verpasst. Dieser sah verwirrt seiner Freundin nach.

"Shio, du verschwindest!", bemerkte Rocko entsetzt. Shio war durchsichtiger als beim letzten Mal.

"Verdammt...", murrte sie.

"Wieso...?", wunderte sich Ash. "WAS...?!" Überrascht sah er Jaze an. Dieser hatte ihn am Kragen gepackt und hob ihn hoch.

"Du hast eine Stunde, um dich wieder mit Misty zu versöhnen, sonst bist du dran!", drohte Jaze. Seine Augen hatten einen Mörderblick drauf. Er setzte Ash wieder ab und schubste ihn in die Richtung, in die Misty gelaufen war. Ash sah noch kurz nach hinten, sah Jaze' drohenden Blick. Dann sah er Shio. Ihr Blick war flehend aber mutmachend. Ash überlegte nicht mehr lange und rannte los. Er würde SEINE Misty schon zurückholen. Sogar sein verletztes Pikachu lies er einfach zurück.

>Shio verschwindet, weil ich mich mit Misty gestritten habe.<, dachte er noch. >Sie muss wirklich unsere Tochter sein.<
 

"Shio, bist du in Ordnung?", fragte Jaze besorgt. Er kümmerte sich richtig um Shio. Diese war auf dem Boden zusammengesackt, denn ihre Beine hatten nachgegeben.

"Es geht mir gut, das hat nichts mit dem verschwinden zu tun.", erklärte Shio. "Ich darf meine 'wahren' Fähigkeiten eigentlich nicht anwenden, das verkraftet mein Körper nicht."

"Dann schlage ich vor du ruhst dich aus, ich kümmere sich um Pikachu und Jaze macht das Lager fertig.", sagte Rocko.
 

Ash rannte derweil Misty nach. Er hatte sie schon fast eingeholt, er konnte sie schon vor sich sehen. Sie schien ihn bemerkt zu haben. Ash lief schneller, kam ihr immer näher.

"Warte!", rief er. Misty beschleunigte ihr Tempo nur. Ash kam kaum noch mit. Doch er gab sein Bestes und rannte so schnell wie noch nie. Er holte auf, war schon fast bei ihr. Er ergriff ihre Schultern und gemeinsam stürzten sie zu Boden. Sie rollten ein Stückchen weiter, dann blieben sie liegen. Misty rappelte sich sofort wieder auf und wollte weiter rennen, doch Ash hielt sie fest.

"Wohin willst du?", fragte er ruhig.

"Egal, hauptsache weg von dir." Ash hörte aus ihrer Stimme heraus, dass Misty weinte. Er setzte sich auf und sah sie an, wie sie da saß und ihr Gesicht von ihm abwendete. Ganz zerkratzt von dem Gebüsch des Waldes, in dem sie sich befanden.

"Sieh mich an.", sagte er ruhig und drehte ihr Gesicht zu sich.

"Lass mich in Ruhe!", wehrte Misty ab und sah zu Seite. Dicke Tränen rannen ihre Wangen hinunter. Ash konnte nicht anders, er musste sie einfach in den Arm nehmen. Er umarmte sie, spürte ihre weiche Haut, atmete ihren Duft ein.

"Tut mir Leid, Misty.", flüsterte er in ihr Ohr. Misty wusste nicht wie ihr geschah. Sie lag in Ash's Armen, in den Armen ihres Geliebten. Dieser entschuldigte sich auch noch und dass mit einer Stimme, die ihr vollkommen neu war. Eine sanfte Stimme, die Wärme in ihr aufsteigen ließ.

"Es tut mir wirklich Leid Misty, ich wollte dich nicht verletzen.", sagte Ash Misty leise ins Ohr. "Ich würde gerne mit dir ein Team bilden. Aber..." Er ließ wieder von Misty ab und sah dieser direkt in die Augen. "...vorher muss ich dir noch etwas sagen." Misty sah Ash mit großen Augen erwartungsvoll an. Ash liebte ihre Augen. Er konnt ihn ihnen ertrinken. Diese Augen hatten ihn verzaubert und zogen ihn wieder in ihren Bann.

"Was? Was möchtest du mir sagen?", fragte Misty. Ash sah sie an, seine wunderschöne Misty. Er wollte es ihr schon so lange sagen, aber jedes Mal hatte er zu große Angst vor der Abweisung. Doch jetzt sammelte er allen Mut. Er wusste: Es war Zeit ihr alles zu gestehen. Er sah Misty dazu direkt ins Gesicht.

"Ich liebe dich...!", sagte er. "Ich liebe dich schon sehr lange." Ash fühlte sich, als hätte er eine Last verloren die er schon lange mit sich herumgeschleppt hatte. Eine große Last, die nun von seinem Herzen genommen war.

Misty sah Ash an. Sie wusste nicht, ob es real oder ein Traum war. Ash hatte die drei Worte gesagt, auf die sie so lange gewartet hat. Diese drei Worte, die sie ihm auch schon immer sagen wollte. Glücklich lächelte sie.

"Ich dich auch...", sagte sie leise. Wieder hatte sie Tränen in den Augen. Doch dieses Mal waren es Freudentränen. Sie fiel Ash in die Arme, drückte sich an ihn. Ash wusste zunächst nicht, wie ihm geschah. Doch dann ging er darauf ein und drückte sie fest an sich, als habe er Angst, sie wieder zu verlieren. So saßen die Beiden da, nah beieinander. Wie lange, das wussten sie nicht. Irgendwann sah Misty auf. Sie schnupperte in der Luft. Ash tat es ihr gleich.

"Wonach riecht es denn hier?", fragte Misty verwundert.

"Das riecht nach Rockos Eintopf.", grinste Ash.

"Ich glaube, das soll 'Kommt endlich zurück' heißen.", lachte Misty.

"Gehen wir?", fragte Ash, auch wenn er noch nicht wollt. Misty nickte und die Zwei erhoben sich. Hand in Hand gingen sie zurück, doch ließen sie sich viel Zeit.
 

Im Lager hatten zwei von dreien bereits gemerkt, dass zwischen Ash und Misty wieder alles im Grünen war. Shio war vollkommen sichtbar. Auch ging es ihr besser: Sie kommandierte Jaze herum.

"Stell lieber Zelte auf, es sieht nach Regen aus.", befahl sie und sah belustigt zu, wie Jaze sich abrackerte.

"Peka, Peka!", unterstürzte sie Pikachu. Auch ihm ging es inzwischen um einiges Besser. Rockos Medizin hatte mal wieder Wunder gewirkt.

"Meint ihr, sie kommen bald?", fragte Rocko und sah ein wenig besorgt zu Iksbat und Schwalbini, die mit ihren Flügeln den Dampf aus seinem Kochtopf in den Wald wedelten.

"Sicher, ich kann sie schon hören.", lächelte Shio. Wie auf Befehl traten Ash und Misty genau in diesem Augenblick aus dem Gebüsch. Sie taten so, als wäre nichts gewesen, doch Shio kriegte mal wieder alles mit.

"Geht doch!", grinste sie die Beiden an. Ash und Misty wurden unmerklich ein wenig rosa im Gesicht.

"Setzt euch, das Essen ist schon fast übergar.", sagte Rocko. Die Fünfergruppe setzte sich gemeinsam um das Feuer und aß in aller Seelenruhe ihren Eintopf. Er schmeckte vorzüglich, wie immer.

"Ihr zwei werdet also zusammen kämpfen?", fragte Shio irgendwann und sah zu Ash und Misty. Die Zwei sahen sich kurz an und nickten dann.

"Dann solltet ihr an euren Teamwork arbeiten.", sagte Jaze streng.

"Wir auch.", bemerkte Shio. "Von uns Beiden bist du der Schwächere."

"Was soll das denn heißen?!", rief Jaze wütend.

"Du hast gegen mich verloren.", grinste Ash.

"Shio nicht.", fügte Misty hinzu.

"Das war reine Glückssache!", behaubtete Jaze.

"Ja~ sicher...", gähnte Shio. Sie stellte die Schüssel ab. Nachdenklich sah sie gen Himmel. Er war pechschwarz, die Wolken ließen kein Licht durch.

>Shio? Hörst du mich?< Die angedachte sah zu Ash hinüber. Er sah aus, als wollte er sie heimlich etwas fragen. Sie sah ihn erwartungsvoll an.

>Bist du vielleicht die Tochter von Misty und mir? Ist dein Vater mein erwachsenes Ich?<

"Wie kommst du darauf?", fragte Shio und sah Ash verunsichert und ängstlich an.

>Es stimmt also...<, dachte Ash und sah zu Boden.

"Wie kommt wer worauf?", wollte Misty verwundert wissen. Auch Rocko und Jaze sahen Shio unverständlich an. Klar, sie konnten ja keine Gedanken lesen.

"Schon ok...", murmelte Ash. Der Abend verstrich nur langsam, bis alle sich in ihre Zelte begaben. Shio & Jaze und Ash & Misty teilten sich jeweils ein Zelt. Rocko musste sich mit dem kleinen Einmannzelt zufrieden geben. Es sollte eine merkwürdige Nacht werden.

Eine beängstigende Nacht

hi^^

juhu 30 Kommis

*freu freu*

dankeee euch allen^^

Nun bitte ich aber um eines: bitte schreibt nicht mehr 'schreib schnell weiter' oder 'du hast dir ja wieder viel Zeit gelassen' oder so'n stuss! Ich bin auch nur ein mensch, ein mensch der sich auf sein neues Leben als Gymnsiastin vorbereiten muss und der mehr als nur diese eine FF aktiv hat! Darum KANN ich gar nicht schnell weiter schreiben oder so!

ich bitte euch also, solche kommis zu unterlassen! wenn ihr nichts besseres zu schreiben habt, dann lasst doch bitte das Kommi schreiben, das bring namlich überhaupot nichts!

Bitte nehmt das hier jetzt nciht persönlich, aber ich habe bereits eine FF wegen den 'schreib schnell weiter'-kommentaren abgebrochen und ich bin sicher, ihr wolt ncith das es auch mit dieser hier passiert, ne wa?
 

MFG ZerosWolf
 

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Es blitzte und donnerte. Ash und Misty saßen aneinandergekuschelt in ihrem Zelt. Beide konnten nicht schlafen. Die Zeltdecke sank unter den Regenmassen ein. Misty klammerte sich an Ash, Ash hielt sie fest, bot ihr Schutz. Ein Gewitter wie in dieser Nacht hatten sie beide noch nie außerhalb eines Pokémoncenters erlebt.

"Ich habe Angst...", flüsterte Misty.

"Brauchst du nicht, ich beschütze dich.", versuchte Ash sie zu beruhigen. Misty kuschelte sich noch mehr an ihn. Auch Pikachu kuschelte sich an sie und versuchte sie so zu beruhigen. Misty fühlte sich wohl.
 

Im Nachbarzelt, bei Shio und Jaze, sah es derweil schlimmer aus. Shio rollte sich auf dem Boden hin und her und hielt sich den Kopf. Jaze konnte nichts tun als hilflos zu zu sehen. Er konnte nichts machen, Shio hörte ihn nicht einmal. Noctara und Absol mussten der total verstörten Shio immer wieder ausweichen. Noctara versuchte verzweifelt, Shio irgendwie unter Kontrolle zu bekommen, doch es konnte sich einfach nicht konzentrieren. Absol war unfreiwillig draußen. Shio hatte es in ihrem Wahn gerufen und somit aus seinem Pokéball befreit. Da Jaze es nicht wieder einsperren konnte, musste es wohl oder übel draußen bleiben. Die beiden einen Meter großen Pokémon füllten das Zelt ziemlich und es drohte zusammenzustürzen. Jedoch wollte auch niemand hinaus in den Sturm.

"Krieg dich wieder ein!", rief Jaze irgendwann und packte Shio an den Schultern. Er schüttelte sie, bis sie ihn irgendwann ansah. Ich Gesicht war Käseweiß und ihre Augen weit aufgerissen.

"Was ist denn los? Drehst du jetzt komplett durch oder was?", fragte Jaze sie.

"Es... es tut weh...", jammerte Shio. "Mein Kopf platzt..." Sie schlug um sich, um von Jaze loszukommen, doch dieser hielt sie fest. Prompt steckte er einen Kinnhaken ein.

"Warum?", fragte er. Irgendwie musste er sie davon abhalten wieder das Zelt zu zerlegen.

"Stimmen... Stimmen... sie sind überall.... in meinem Kopf!", rief Shio verängstigt. Jaze verstand nicht ganz, aber immerhin hatte er eine Idee.

"Noctara, stop den telepatischen Fluss zu ihr!", befahl er seinem Pokémon. Dessen Augen begannen gelb zu leuchten. Auch Shio leuchtete kurz in der gleichen Farbe, dann war alles ruhig. Shio gab keinen Ton mehr von sich. Jaze strich ihr vorsichtig durchs Haar. Sie sah auf, sah ihn an, fiel ihm um den Hals. Sie kippten nach hinten, so das Shio jetzt auf ihm lag. Sie lag auf ihm und weinte. Jaze nahm sie in seine Arme.

"Ich habe Angst...", flüsterte Shio.

"Brauchst du nicht, ich beschütze dich.", versuchte Jaze sie zu beruhigen. Auch die beiden Pokémon kamen und kuschelten sich an die Beiden. Shio fühlte sich wohl.
 

Weit weg von alle dem hatten sich dunkle Gestallten versammelt. Leise, geheimnisvoll sprachen sie miteinander.

"Ich habe den Kontakt verloren."

"Sie hat uns gehört..."

"Ist doch gut!"

"Wir müssen sie weiter beobachten."

"Das werden wir..."

"Wir brauchen sie!"

"Wir werden dafür sorgen, dass sie unseren Reihen beitritt."

"Das wird sie... sicher..."

Ein grausames Lachen schallte durch die Nacht. Das Lachen des Bösen.

Drive Valley

Früh am Morgen erwachte Ash. Das Erste, was er bemerkte, war seine Misty, die auf seiner Brust lag und sich an ihn kuschelte. Er lief sofort rot an. Vorsichtig schob er sie von sich runter. Leise stand er auf und schlich aus dem Zelt. Draußen hing Nebel in den Bäumen und verschleierte das Land. Ash atmete die frische Luft tief ein. Vorsichtig ging er voran. Irgendwo in der Nähe war ein Bach, den hatte er bei seiner Verfolgungsjagt mit Misty ausgemacht. Plötzlich sah er jemanden, der an einen Baum gelehnt stand. Er kam näher und erkannte Shio. Seine zukünftige Tochter sah ihn an und musterte ihn mit scharfem Blick.

"Morgen...", murmelte Ash ohne sie anzusehen. Shio antwortete nicht. Sie sah nun zum Himmel hinauf, dorthin wo ein schwaches blau durch den Nebel erkennbar war.

"Hmm... Was soll ich tun?", sagte sie. Ash verstand nicht, was sie meinte. Ihr Gesichtsausdruck war ungewöhnlich ernst.

"Wovon... redest du?", fragte er vorsichtig. Shio sah wieder ihn an.

"Ich überlege, ob ich dir die Erinnerung nehmen soll oder nicht.", antwortete Shio kalt.

"Das kannst du?!", rief Ash überrascht.

"Du hast es bereits am eigenen Leib erfahren.", grinste Shio. "Du hast es schon zwei Mal herausgefunden, allerding jedes Mal mit Mistys mithilfe. Ohne Unterschied zwischen Alt oder Jung." Ash überlegte, überlegte genauso wie Shio. Was wäre das Beste? Wollte er überhaupt wissen, dass Shio seine Tochter ist? Er wollte! Somit hatte er einen Beweis für seine Liebe zu Misty.

"Ich werde es für mich behalten.", sagte er.

"Kann ich mir da sicher sein?", fragte Shio.

"Klar!", grinste Ash. Shio sah ihn kurz verdutzt an, dann lächelte sie.

"Gut.", seufzte sie. "Aber sag mal, wie bist du drauf gekommen?"

"Na ja... ich hatte doch vor ein paar Tagen so einen komischen Traum, in dem hattest du das gesagt...", murmelte Ash. "Und dann bist du durchsichtig geworden, als Misty und ich uns gestern gestritten haben. Darum..."

"Geträumt?" Shio sah ihn verwundert an. "Am Tag davor hattest du es zum zweiten Mal herausgefunden..."

"Ach ja?" Ash verstand nicht, was Shio damit sagen wollte.

"Schaut's so aus, als würde es nicht so ganz funktionieren, bei dir...", nuschelte Shio. Ihre Gedankenkontrolle versagte bei ihm. Das war noch nie vorgekommen.

"Was funktioniert bei mir nicht?", fragte Ash verwundert.

"Ach, nichts.", sagte Shio nur und ging an ihm vorbei.

"Sag schon!", rief Ash. Shio reagierte nicht. Sie ging zurück zu ihrem Zelt. Ash sah seiner zukünftigen Tochter wütend nach. Jetzt, wo er darüber nachdachte, gefiel ihm der Gedanke einer Tochter. Shio war zwar etwas ungewöhnlich, aber ihm war es egal. Sie war ein Beweis seiner Liebe zu Misty. Ein Beweis aus Fleisch und Blut. Jauchzend sprang er in die Luft und ging weiter zum Bach. Ihm gefiel seine Zukunft. Er hoffte nur, dass die zukünftige Misty nicht all zu sauer auf sein zukünftiges Ich war. Er verstand sich selbst eben am Besten.

Mit der Zeit stieg die Sonne und der Nebel verzog sich. Alle Mitglieder der Reisegruppe erwachten und nach dem Frühstück konnte die Reise fortgesetzt werden.
 

Gegen Mittag erreichten sie eine Stadt. Sie war groß und geschäftig. In den meisten Geschäften konnte man Pokébälle der verschiedensten Arten kaufen. Von den gewöhnlichen Pokébällen bis zu Spezialanfertigungen. Aprikoko-Bälle wurden hier gehandelt wie Gold. Handwerker führten ihre neuesten Pokéballerfindungen vor. Ein Paradies für jeden Pokémontrainer.

"Das hier ist Drive Valley. Hier dreht sich alles um Pokébälle.", las Rocko aus seinem Reiseführer vor.

"Das ist echt wahnsinn.", staunte Ash.

"Und echt teuer.", bemerkte Misty. "Schaut euch mal die Preise an!" Die Preise ließen jede Freude über diese Stadt der Pokébälle zerfließen und im nu verdampfen. Das war nun wirklich überteuert!

"Iieks!", Shio kreischte plötzlich auf und sprang nach vorne. Wütend sah sie hinter sich. Ein junger Mann hielt einen ihrer Pokébälle in den Händen. Anscheinend hatte er ihn sich einfach von ihrem lose hängenden Gürtel gegriffen.

"Unfassbar! Was für ein ungewöhnliches Design und was für ein starkes Schloss." Der Fremde versuche das Schloss mit einem Schaubenzieher zu öffnen.

"Lassen sie das! Geben sie ihn zurück!", rief Shio.

"Wunderbar! Das Material zerkratzt nicht einmal! Was für ein Wunderbares Werk!", schwärmte der junge Mann.

"Geben sie ihn zurück!", mahnte Shio ein weiteres Mal.

"Wie er sich wohl öffnet..." Der Fremde schien sie nicht zu bemerken. "Ich muss ihn auseinandernehmen!" Er wandte sich zum gehen.

"Kommt ja gar nicht in die Tüte!", rief Shio wütend. "Ponita, komm raus! Flammenwurf!"

Der Pokéball in der Hand des Fremden öffnete sich. Das Flammenpony erschien und setzte sogleich die befohlene Feuer-Attacke ein. Anschließend nahm es mit dem Maul seinen Pokéball aus der verkohlten Hand des Mannes und brachte ihn seiner Trainerin zurück.

"Der ist gut durch!", lachte Jaze.

"Nee, nur Medium.", grinste Shio.

"War das nicht ein bisschen übertrieben?", fragte Misty.

"Wieso, er lebt doch noch.", entgegnete Shio. Sie verstaute gerade ihren Gürtel in ihrem Rucksack. Sie wollte vermeiden, dass noch mehr Verrückte ankamen. Ponita blieb zu ihrem Schutz draußen. Sie wollten erstmal zum Pokémon-Center. Vor diesem wurden sie Zeugen eines Streits. Die Trainer schlängelten sich nach vorne durch und sahen die streitenden verwundert an.

"Gib endlich auf, Duffon! Dein Pokéball wird niemals funktionieren!", rief ein älterer Mann höhnisch, anscheinend der Chef einer Firma. "Du hast die Wette verloren! Gib mir mein Geld, bevor du alles in diese lächerliche Erfindung verschwendest!" Die Bodyguards des Mannes knackten mit den Knöcheln.

"Bitte, nur etwas mehr Zeit!", flehte ein jüngerer Mann.

"Du hast schon genug Zeit vergeudet!", rief der alte Mann. Auf eine Geste hin trat ein Bodyguard auf den jungen Mann ein. Ash konnte das nicht mit ansehen und rammte mit aller Kraft den Muskelprotz. Dieser taumelte ein paar Schritte beiseite. Seine Freunde staunten, was für Power in Ash steckt, wenn er wollte. So eine Kraft vermutete man nicht in einem Jungen seiner Größe (Anmerkung: Ash ist immernoch der Kleinste der Truppe XD).

"Misch dich nicht ein, du kleiner Bengel!", rief der Geschäftsman. Sein zweiter Bodyguard ging auf Ash los. Der Erste wollte sich wieder dem Mann namens Duffon zuwenden. Shio bereitete sich darauf vor, ihre Kräfte einzusetzen.

"Hören sie sofort auf!" Die Menge teilte sich, Officer Rocky kam zum Vorschein. Die Handschellen hielt sie bereits in der Hand.

"Verdammt, die Bullen!", knurrte der Geschäftsmann und zog sich in mit den Bodyguards in seine Stretchlimousine zurück. Schnell fuhren sie davon. Officer Rocky folgte ihnen nicht.
 

Als Ash wieder zu sich kam, sah er als erstes Pikachu das besorgt auf seiner Brust saß.

"Hey Kumpel.", lachte er und kraulte sein Pokémon hinterm Ohr. Außer Pikachu konnte er allerdings nichts erkennen, das Zimmer war dunkel. Unter einem Vorhang vor einem Fenster lugte sanft das Mondlicht durch. Er hörte neben sich eine vertraute Stimme.

"Na, wieder wach?", hörte er Shio erleichtert sagen.

"Wo bin ich?", fragte Ash.

"Im Pokémoncenter.", antwortete Shio. "Die Anderen schlafen, hoffe ich zumindest. Wir alle haben uns Sorgen um dich gemacht."

"Mir geht's gut!", rief Ash und richtete sich auf. Dabei spürte er einen stechenden Schmerz im Oberkörper.

"Wenn man von der gebrochenen Rippe absieht sicher.", lachte Shio und drückte ihn vorsichtig zurück aufs Bett. "Ruh dich aus, sonst gibt's noch Ärger mit Misty."

"War sie besorgt?", fragte Ash.

"Natürlich, was denkst du denn.", antwortete Shio. Es war ihr unbegreiflich wie man so etwas fragen konnte. Natürlich machte sich ein Mädchen um ihren Geliebten sorgen, wenn es diesem schlecht ging. So eine dämliche Frage.

"Du dir auch, oder?" Ash sah zu den Umrissen seiner zukünftigen Tochter hoch. Diese stutzte. Was sollte denn jetzt diese Frage schon wieder? War das nicht klar?

"Ist doch logisch!", rief sie entrüstet. "Wenn ich sage 'wir alle' bin ich natürlicher Weise mit eingerechnet!"

"Eine Reaktion wie bei Misty.", lachte Ash.

"Na und...", nuschelte Shio und sah beiseite. Zum Glück konnte Ash nicht sehen, dass sie ein wenig rot geworden war. Jetzt, wo sie das frühere Ich ihrer Mutter kannte, war ihr der Vergleich mit ihr egal. Plötzlich piepte ihr Pokéterm. Ihre Mutter war dran.

"Wenn man vom Teufel spricht.", lachte Shio erstaunt.

"Wieso, hast du dich gerade über ich unterhalten?", fragte ihre Mutter verwundert.

"Nicht ganz, aber ähnlich.", grinste Shio. "Warum rufst du an?"

"Na hör mal, ich mache mir Sorgen um dich!", rief die erwachsene Misty empört. "Und da du am Tag nicht zu sprechen bist, rufe ich eben nachts an." Ash lag still auf seinem Bett und starrte auf die Rückseite des Pokéterm. Er wollte die Beiden nicht stören. Dass Shio sich nicht so gut mit ihrer Mutter verstand, wusste er ja. Er wollte nicht, dass Misty wütend wurde, weil Shio sich ihm anvertraut hatte. Shio sah dies genauso.

"Was willst du?", fragte sie kalt ihre Mutter. "Du machst dir doch sonst keine Sorgen um mich."

"Ich bin deine Mutter!", rief Misty empört.

"Du rufst mich nie ohne triftigen Grund an." Shio beharrte auf ihren Erfahrungen. Ihre Mutter hatte noch nie angerufen, um zu wissen wie es ihr ging. Warum sollte sie plötzlich damit anfangen? Das ergab keinen Sinn.

"Also nun hör mal..!", begann Misty, doch sie wurde beiseite geschoben. Ein rothaariger Junge, Ash sehr ähnlich, erschien vor dem Bildschirm.

"Geh dich beruhigen, Mum, ich rede solange mit Shio.", sagte er anscheinend zu seiner Mutter, die nicht mehr im Bild war. Eine kleine Diskussion war zu hören, doch nur leise und unverständlich. Am Ende hörte man irgendwo eine Tür zuschlagen und der Junge erschien wieder auf dem Bildschirm.

"Ace-o-nii-san!", rief Shio freudig.

"Hallo Schwesterchen.", lächelte ihr großer Bruder. "Wie ist es denn so in der Vergangenheit?"

"Es ist toll!", grinste Shio. "Alle akzeptieren mich so, wie ich bin!"

"Das freut mich für dich.", lachte Ace. Die Geschwister fingen an, sich angeregt zu unterhalten. Ash lauschte aufmerksam. Sein Sohn schien ein ruhiger Mensch mit viel Verständnis zu sein. Noch dazu redete Shio mit ihm, wie mit keinem Anderen. Aufgeregt wie ein kleines Kind erzählte sie ihrem Bruder von den Dingen, die sie in dieser Zeit erlebt hatte. Ace schien ihre Vertrauensperson zu sein. Ash fand dies verständlich. Die zukünftige Misty schien ihre Tochter sehr streng zu erziehen und er würde nicht da sein, um sich um sie zu kümmern.

In seine Gedanken versunken merkte Ash nicht, dass Shios Telefonat bereits lange beendet war. Sie sah ihm zu, wie er grübelte und bekam jeden einzelnen Gedankengang mit. Sie musste ein wenig schmunzeln. Dass der Ash in dieser Zeit genauso dachte wie der zukünftige, wunderte sie schon. Bei ihrem ersten Gespräch unter vier Augen hatte sie Misty angerufen, weil der erwachsene Ash nicht glauben wollte, dass Shio seine Tochter war. Nachdem Misty ihrer Wut auf ihren Mann Luft gemacht hatte, hatte auch hier Ace das Ruder übernommen. In der kurzen Zeit des sechs-Augen-Gesprächs hatte ihr Vater genau die gleichen Schlussvolgerungen gezogen.

"Ich wüsste nicht, was ich ohne Ace machen würde.", sagte sie und holte Ash somit etwas plötzlich aus seiner Gedankenwelt zurück. "Wenn Ace nicht da gewesen wäre, vielleicht würde ich dann heute nicht mehr leben..."

"Sag so etwas nicht!", rief Ash und richtete sich ruckartig auf. Sofort spürte er wieder die Schmerzen in seinen Rippen. Shio reichte ihm ein Schmerzmittel, das Schwester Joy für den Fall der Fälle da gelassen hatte. Ash nahm es dankbar und legte sich hinterher wieder hin.

"Ich glaub, ich gehe schlafen.", gähnte Shio nach einiger Zeit der Stille. "Jetzt wo du aufgewacht bist, muss ich ja nicht mehr Wache halten." Ash bekam nicht mehr mit, wie sie dies sagte und den Raum verließ. Er war längst eingeschlafen.

Der Pokeballdesigner

Ganz dick sorry, dasses mit dem Hochladen so lange gedauert hat, ich habe an meinem Cos für die LBM gearbeitet und außerdem hatte ich die übertragungs CD verloren^^'

ich hoffe, es gefällt euch^^
 

MFG Zero
 

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Die Tage bis Ash wieder aufstehen durfte verstirchen nur langsam, dabei waren es nur ein paar. Doch nun endlich war es soweit. Da Ash noch weiterhin untersucht wurde, mussten sie noch länger in der Stadt bleiben. Sie nutzten die Zeit, sich in aller Ruhe umzusehen. Sie waren noch nicht weit gegangen, da kam ihnen ein bekanntes Gesicht entgegen: Gary.

"Hey Ash, lange nicht gesehen!", grüßte er. "Immernoch auf Ordenjagt?"

"Aber klar doch, was denkst du denn?", grinste Ash.

"Wie ich sehe, hast du auch neue Freunde.", bemerkte Gary. >Warum zum Teufel sieht der Typ so aus wie ich?< Ungewollt prustete Shio los. Sie wusste ja, dass Gary noch nichts von Jaze wissen konnte, doch die Bezeichnung als 'der Typ' und dazu den Ausdruck 'zum Teufel' fand sie einfach zum Schießen.

"Hat hier wer etwas komisches gedacht?", fragte Misty verwundert.

"Schon gut, schon gut.", kicherte Shio. "Nicht so wichtig."

"Wieso gedacht?", fragte Gary verwirrt.

"Wenn ich mich vorstellen darf: Shio Ketchum, ESP.", grinste das Mädchen aus der Zukunft. "Deine Gedanken sind vor mir nicht sicher." Gary sah sie kurz überrascht an, dann sagte er zu Ash: "Und mit so einer reist du herum?"

"Wieso sollte ich nicht?", entgegnete Ash gelassen. "Es macht Spaß."

"Genau!", bekräftigte Misty seine Aussage. "Man kann zwar keine Geheimnisse vor ihr haben, aber dementsprechend kann sie uns auch helfen."

"Aber bei Pokémonkämpfen ist es Schummelei.", bemerkte Gary.

"Nein, denn der Abstand zum Gegner ist immer groß genug, so dass ich nichts höre.", erklärte Shio.

"Außerdem haben wir inzwischen noch eine weitere Methode zu verhindern, dass sie jeden unserer Gedanken mitbekommt.", sagte Jaze und lies sein Noctara heraus.

"Wow!", rief Gary fasziniert und kniete sich vor das Pokémon. "Das ist unfassbar! Diese Pokémon ist legendär! Es ist Teil einer Legende, der ich nachgehe."

"Was für eine Legende?", fragte Ash neugierig.

"Eine Legende über Absol und Noctara.", erklärte Gary. "Es heißt, dass nur Evolis die gemeinsam mit einem Absol und seiner legendären Attacke Timeline in eine andere Zeit gereist sind sich zu Noctaras entwickeln." Shio und Jaze sahen sich kurz überrascht an. Das hatte der zukünftige Gary noch nicht erwähnt. Ohne zu überlegen schnappte sich Jaze Shio's Pokéterm und wählte seinen Vater an. Dieser meldete sich schneller, als das Shio Jaze ihr Gerät wieder wegnehmen konnte.

"Nanu, Jaze?", sagte er überrascht. "Ist etwas passiert oder warum rufst du mich mitten am Tag an?"

"Weil du mir was verheimlicht hast!", schimpfte sein Sohn.

"Hab ich?", fragte der erwachsene Gary verwundert.

"Ja! Und zwar dass.... hey!" Shio hatte ihr Eigentum wieder an sich gerissen.

"Später!", sagte sie mit gefährlichem Blick und schaltete die Verbindung ab. Danach entwickelte sich ihr Blick zu mörderisch und sie sah zu Jaze. Dieser ging vorsichtshalber hinter Rocko in Deckung. Ash suchte nach einem Themawechsel.

"Was machst du eigentlich hier?", fragte er Gary.

"Ich soll einen alten Freund meines Großvaters unterstützen." Gary wandte seinen misstrauischen Blick von Shio und Jaze ab und sah zu seinem besten Freund. "Duffon ist ein Pokéballdesigner. Sein Ziel ist es, einen Pokéball zu erfinden, der besser als der normale Pokéball ist, aber genauso leicht herzustellen."

"Wegen des Preises, verstehe.", sagte Rocko.

"Hieß nicht der Mann, wegen dem Ash sich die Rippen gebrochen hat nicht auch Duffon?", überlegte Misty.

"Stimmt, du hast recht!", rief Rocko verwundert.

"Du hast dir die Rippen gebrochen um jemanden zu beschützen den du gar nicht kennst?" Gary schüttelte ungläubig den Kopf. "Typisch!"

"Ist ja gut! Es reicht!", rief Ash entnervt. Alle seine Freunde hatten ihm bereits jeder für sich eine Standpauke gehalten. So langsam musste das doch ein Ende haben.

"Gut, Themawechsel.", grinste Shio. "Wie wäre es, wenn wir alle gemeinsam zu Duffon gehen und ihm unter die Arme greifen?"

"Gute Idee, wir haben ja eh nichts vor.", sagte Misty.

"Und wie kommt ihr darauf, dass ihr ihm helfen könntet?", fragte Gary hochmütig. Shio sah ihn an, sah ihm tief in die Augen, las seine Gedanken. Sie ließ sich den einen Gedanken von ihm durch den Kopf gehen. Er konnte sich die Herkunft von Shio und Jaze und ihre Ankunft in dieser Zeit ungewöhnlich ausführlich vorstellen. Shio ging langsam auf ihn zu.

"Ich denke, du weiß genau was wir tun können. Dein Gedanke eben entspricht der Wahrheit." Keck und geheimnisvoll war der Blick, mit dem sie ihn jetzt ansah. "Aber tu mir den Gefallen und frag nicht nach", sie beugte sich vor und sprach leise direkt in Garys Ohr, "denn dann musst du alles wieder vergessen." Danach ging sie einfach an Gary vorbei, ohne ihn weiter zu beachten. Gary jedoch sah sie an, starrte sie förmlich an. Danach drehte sich sein Kopf ruckartig zu Ash und den Anderen um. Misstrauisch musterte er Jaze, anschließend wandte er sich an alle.

"Wie haltet ihr es mit der aus?", fagte er verwundert.

"Wie gesagt, man gewöhnt sich dran.", sagte Ash nicht ganz überzeugend. Gary sah ihn kurz ratlos an, dann fing er sich wieder. Hähisch grinsend drehte er sich wieder zu Shio. Diese hatte sich inzwischen ziemlich entfernt.

"Hey, Duffon wohnt in der anderen Richtung.", rief Gary ihr zu. Shio blieb stehen und drehte sich ganz lässig zu Gary um.

"Wer sagt denn, dass ich da hin will?", entgegnete sie. "Ich komme später nach." Sie winkte ihren Freunden noch kurz zu, dann verschwand sie um die Ecke. Gary ärgerte sich, dass sie schon wieder gegen ihn gekontert hatte. Ash's Tochter hin oder her, dieses Mädchen ging ihm auf die Nerven!

"Wo will sie hin?", fragte Misty verwundert.

"Sie macht irgendetwas zusammen mit meinem Vater. Kein Plan was." Jaze zuckte gleichgültig mit den Schultern.

"Das ist ihre Sache.", sagte er zeitgleich mit Gary. Es klang fast, als wäre es ein und die selbe Stimme.

"Also jetzt wird es wirklich total verrückt.", sagte Rocko.

"Sie sehen gleich aus, haben ähnliche Stimmen und denken ähnlich.", zählte Misty auf. "Fast wie Zwillinge."

"Das ist purer Zufall.", ging Ash dazwischen. "Ich kenne Gary schon ewig und er hat keinen Bruder."

"Aber ein sehr merkwürdiger Zufall.", bemerkte Misty misstrauisch.

"Zufälle sind immer merkwürdig.", entgegnete Gary. "Aber egal, wir sollten jetzt gehen. Duffon wartet." Ohne weitere Umwege gingen sie zu der Werkstatt, in der Duffon arbeitete. Sie war klein und schäbig, doch nett eingerichtet und voller hochmoderner Apparate. An einer kleinen Pinnwand hingen lauter Notizzettel und Pläne. Mittendrin und halbverdeckt zog ein Foto Mistys Aufmerksamkeit auf sich. Es zeigte eine hübsche junge Frau mit einer Blume in ihren Händen. Die Form und Farbe der zierlichen Blüte erinnerte sie an die Pokébälle von Shio und Jaze.

"Schön, nicht?", sagte eine Stimme hinter ihr.

"Verzeihung!", erschrocken drehte sich Misty um. Der junge Mann, dem Ash vor mehreren Tagen geholfen hatte, stand plötzlich und unerwartet hinter ihr. Duffon lächelte verständlich.

"Kein Grund zur Entschuldigung.", lachte er, doch sein Blick sah traurig aus. Er wandte sich zu Ash und den anderen um.

"Ihr seid also die Unterstützung, die Professor Eich mir geschickt hat.", sagte er. "Aber sag mal Gary, seit wann bist du ein Zwilling?"

"Bin ich nicht!", entgegnete Gary genervt.

"Ah! Dann ist dieser Junge wohl das berühmte Double, das angeblich jeder irgendwo auf der Welt hat."

"Scheint so." Gary zuckte desinteressiert mit den Achseln. Wäre es so, wäre es ihm wahrscheinlich etwas wohler zumute. Er fragte sich ganz ehrlich, wer wohl Jaze' Mutter war. Bis jetzt kannte er noch kein Mädchen, das ihm wirklich gefiel.

"Also dann.", sagte Duffon. "Fangen wir an zu arbeiten."

Es dauerte nicht lange da fragte sich Ash, ob man das Arbeitsteilung nennen könnte. Er, Gary, Jaze, Rocko und Misty taten eigentlich nichts anderes als die Werkstatt aufräumen, während Duffon über irgendwelchen Skizzen grübelte. Dabei durfte man ihn nicht stören, sonst wurde er äußerst wütend. Ash hatte ihn nur gefragt, wo er ein Gerät hinlegen sollte, da war Duffon vollkommen ausgeflippt. Danach wagte sich niemand in sein Büro, auch wenn es nun aufräumbedürftiger als vorher war.

"Er hat Probleme bei der Entwicklung des Schließmechanismus.", erklärte Gary. "Der geöffnete Pokéball soll aussehen, wie die Blume auf dem Foto dort düben." Er deutete auf das Foto mit dem Mädchen.

"Aber solche Pokébälle git es doch schon.", bemerkte Misty vorsichtig. Die Tür zum Büro wurde aufgerissen und Duffon stand mit bleichem Gesicht da.

"Es... gibt sie schon?", fragte er vollkommen verwirrt.

"Nein.", entgegneten Gary, Jaze und Ash bestimmt.

"Aber Jaze hat doch solche.", sagte Misty. "Und Shio auch!"

"Das sind andere.", log Jaze.

"Darf ich sie mal sehen?", bat Duffon. Jaze drehte sich ohne Antwort um und räumte weiter auf. Gary und Ash taten es ihm nach. Mistys misstrauische Blicke trafen sie im Nacken und Ash tat die ganze Lügerei leid. Doch die Zukunft wollte er lieber nicht aufs Spiel setzen. Er und Jaze wünschten sich Shio her, damit sie an den Gedächtnissen Hand anlegen konnte. Doch sie ließ sich nicht blicken.

"Shio hat diese ganze Arbeit gerochen!", berschwerte sich Jaze.

"Aber sie verschwindet doch schon seit Tagen.", bemerkte Rocko.

"Aber wohin?", fragte Jaze. Keiner antwortete ihm. Alle gingen weiter ihren Arbeiten nach. Irgendetwas war an der Sache faul und er war der Einzige, der nichts davon wusste. Ihm gefiel das gar nicht. Zu allem Überfluss nahm Ash später Gary beiseite und schien ihm etwas zu erzählen. Als Jaze näher kam verstummte er und redete weiter, als Garys zukünftiger Sohn außer Hörweite war. Genervt stieß Jaze die Tür zum Lagerraum auf. Was er sah, gefiel ihm noch viel weniger als diese Heimlichtuerei.

"Oh nein, einer der neuen Knirpse!", rief Jessi erschrocken.

"Das die auch immer da sein müssen wo wir sind!", beschwerte sich James.

"Ich hab auch ohne euch schon 'nen schlechten Tag.", grummelte Jaze. "Los, Schwalbini!" Der kleine Vogel reckte angriffslustig seinen Schnabel in die Höhe.

"Wir lassen uns doch nicht von dir den Plan versauen!", rief Jessie. "Los, Vipitis!"

"Tuska!" James Zwergkaktus und Jessies Giftschlange stellten sich dem kleinen Vogel zum Kampf. Ein ungleicher Kampf. Trotz der Zähigkeit Schwalbinis ging es schnell zu Boden. Wiedereinmal hatte sich Jaze überschätzt.

"Schwalbini, zurück!" Das erschöpfte Pokémon kehrte in seinen Pokéball zurück.

"Dieser Knirps überschätzt sich ganz schön.", lachte Mauzi höhnisch.

"Er ist eben nur ein Schwächling.", grinste Jessie.

"Das Sprachsystem ist so gut wie unsers!", sagte James. Jessie verpasste ihm eine Kopfnuss.

"Bist du verrückt?", rief sie.

"Du verrätst ja unseren schönen Plan!", maulte Mauzi.

"Das könnt ihr genauso gut.", sagte Jaze. "Du bist dran, Noctara!" Die psychische Unlichtkatze stellte sich drohend den anderen Gegner gegenüber.

"Psystrahl!" Noctara lies einen Strahl auf Team Rockets Pokémon zufliegen der alle Farben des Regenbogens enthielt. Es gab eine Explosion und die drei Möchtegerndiebe machten den üblichen Abgang durch de Luft. Jaze hatte gerade seinen Pokéball wieder wegesteckt, als seine Freunde und Duffon auf der Bildfläche erschienen.

"Was war hier los?", fragte Duffon und besah sich das Loch in seiner Decke.

"Team Klotip wollte das hier stehlen." Jaze hielt Duffon ein kleines Bauteil hin. Dessen Augen begannen zu leuchten, als er das Stückchen Metall betrachtete.

"Das ist es! Das ist es!", rief er und riss es Jaze aus den Händen. "Natürlich! Ein sprachgesteuertes Schloss!" Er eilte in seine Werkstatt zurück. Ash und co folgten ihm neugierig. Gerade als sie zu seiner Tür kamen trat er heraus. Er hielt ihnen einen Pokéball vor der genauso aussah wie die von Jaze und Shio. Der Pokéball der Zukunft.

"Ich bin sicher, das wird ein riesen Erfolg!", rief er. Seine Augen glänzten vor Freude. "Endlich konnte ich das Versprechen vollenden, das ich meiner Frau gab als sie starb." Ash und die Anderen sahen Gary an.

"Hatte ich euch das verschwiegen?", fragte dieser und zuckte mit den Schultern.

"Die Frau auf dem Foto..." Misty sah zur Pinnwand.

"Ja, das war Milenna. Und endlich kann ich es wagen, unseren Traum zu präsentieren.", lächelte Duffon glücklich.
 

Am Abend im Pokémon Center kehrte Shio endlich zur Gruppe zurück. Jaze stellte sie in ihrem Zimmer zur Rede.

"Wo warst du?", fragte er wütend. "Du hast dich vor der Arbeit gedrückt!"

"So ein Quatsch!", entgegnete Shio. "Ich habe auch etwas getan."

"Was denn, Däumchen gedreht?", rief Jaze entrüstet. Shio packte wütend seinen Arm und zog ihn hoch. Überrascht sah Jaze zu, wie Shio einen Pokéterm in seine Hand legte.

"Ich habe dein Geburtstagsgeschenk in diese Zeit geholt!" Eingeschnappt drehte sie ihm den Rücken zu und verließ den Raum. Der laute Schlag der Tür ließ Jaze zusammenzucken. Mit offenem Mund betrachtete er sein neues Gerät. Das hatte Shio also mit seinem Vater zusammen ausgetüfftelt. Sie hatte an ihn gedacht, während er seinen eigenen Geburtstag verschlafen hatte. Sein neuer Pokéterm piepte. Jaze öffnete die Verbindung.

"Ales gute zum Geburtstag mein Sohn.", grinste sein Vater ihn an. Nur war Jaze nach Glückwünschen im Moment nicht zu Mute.

"Danke.", sagte er leise. "Wir reden später, ok?" Er schaltete den Pokéterm aus, legte ihn auf sein Bett und verlies das Zimmer. Wo konnte Shio nur hingegangen sein? Jaze suchte im ganzen Pokémon-Center. Nach draßen konnte sie nicht gegangen sein, es stürmte mal wieder sehr stark. Sie war nicht in der Lobby und auch nicht in der Cafeteria. Auch bei den Pokémon Krankenzimmern oder in einem der Lagerräume war sie nicht aufzufinden. Als letztes stand er vor der Zimmertür von Ash, Misty und Rocko. Zögernd klopfte er an und trat ein.

"Alles gute zum Geburtstag!", riefen ihm alle entgegen. Alle waren da. Ash, Misty, Rocko, Gary und Shio. Sie alle grinsten ihn an und gratulierten ihm. Auch Shio lachte. Hatte sie ihm verziehen?

Als sie frühmorgends nach der Geburtstagsparty wieder in ihr Zimmer kamen, war sie jedenfalls super drauf. Wie im Rausch laberte sie fröhlich vor sich her. Er schnitt das Thema lieber nicht an. Shio war schnell eingeschlafen, doch er saß noch auf seinem Bett und betrachtete sein Geschenk. Er hatte sich schon lange einen Pokéterm gewünscht und nun hatte er endlich einen. Neugierig stöberte er durch die installierten Dateien. Shio schein alles schon eingestellt zu haben. Er konnte seine Pokémon mit der Zukunft austauschen. Er musste sich eingestehen, er selbst hätte es wahrscheinlich nicht hinbekommen. Er sah zu ihr hinüber. Sie schlief tief und lächelte geheimnisvoll. Er lächelte zu ihr und legte sich dann selbst schlafen.

Wettbewerbe und Liponsteine

Ich weiß, es ist sehr sehr sehr sehr sehr sehr ..... auf jedenfall ewig lange her, dass ich das letzte Mal etwas hochgeladen habe. Ich arbeite Momentan mehr an Moon's Heart (sorry).
 

Aber da ich bedrängt wurde, kommt hier jetzt erstmal Kapitel 12.
 

Have Fun,

Zero
 

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Ein warmer, sonniger Tag. Ash, Shio und die Anderen befanden sich in Oxida City, einer Stadt mitten in den Bergen. Der Höhepunkt an diesem Ort war ein Pokémon Wettbewerb. Ash und seine Freunde standen vor einem Plakat das den „S-Cup“ ankündigte. Es gab einen gelben „Liponstein“ zu gewinnen.

„Was ist denn ein Liponstein?“, fragte Rocko interessiert.

„Aus ihnen kann man wirksame Kraftverstärker, so genannte Elementartalismane, herstellen.“, erklärte Shio und holte Abby aus seinem Pokéball. Erst jetzt fiel Ash, Misty und Rocko der schwarze Anhänger auf, den das Pokémon fast unter seinem Fell versteckt an seinem Hals trug.

„Aber nicht jeder Liponstein ist gleich.“, ergänzte Jaze. „Jeder Stein verstärkt unterschiedliche Attacken. Ein gelber zum Beispiel ist gut für Elektropokémon, ein schwarzer verstärkt Unlicht Attacken. Man darf aber keine verschiedenen Steine kombinieren. Die Abstoßreaktion würde dem Pokémon nur Schaden zufügen.“

„Cool!“, rief Ash. „Ich muss unbedingt einen haben! Wo geht es zu Anmeldung?“

„Aber du hast doch noch nie in einem Pokémonwettbewerb gekämpft!“, erinnerte ihn Misty.

„Und außerdem kann man an einem Wettbewerb der Stufe S nur mit mindestens vier Bändern teilnehmen.“, fügte Shio hinzu.

„Och menno.“, schmollte Ash.

„Keine Sorge.“, kicherte Shio. „Ich werde für dich dran teilnehmen. Ich habe die fünf Bänder aus Hoenn und zwei hier aus Saihon. Es sollte also kein Problem für mich sein teilzunehmen.“

„Das würdest du für mich tun?“ Ash sah seine zukünftige Tochter mit Augen voller Freudentränen an.

„Na klar!“, lachte Shio. „Ohne die Talismane kommt ihr nämlich in der Saihon Liga nicht sonderlich weit.“

„Häh?“ Ash sah sie verwundert an.

„Jeder in der Saihon Region benutzt sie.“, erklärte Shio. „Dadurch sind sie klar im Vorteil.“

„Du bist eben schlecht!“, höhnte Jaze.

„Hast du denn welche?“, fragte Misty. Sie hatte noch keine Talismane an seinen Pokémon entdeckt.

„Im Gegensatz zu Shio benutze ich sie nicht dauerhaft.“, erklärte Jaze. Er griff in seine Jackentasche und holte die glitzernden Talismane heraus.

„Och, wieso?“, grinste Shio. „Sie sehen doch cool aus!“

„Stimmt, da hast du recht!“, bestätigte Misty.

„Das Frauen auch immer darauf achten müssten.“, sagte Jaze genervt.

„Ist doch egal.“, lachte Ash.

„Kommt, wir müssen los.“, bemerkte Rocko. „Sonst ist die Anmeldezeit vorbei.“

„Auf in den Wettbewerb!“, rief Shio energiegeladen und lief schonmal voraus.
 

Im Warteraum war viel los. Die unterschiedlichsten Trainer bereiteten sich auf ihre Art auf den Wettstreit vor. Shio saß auf einem Sofa und las. Ihr Enekoro lag daneben und döste vor sich hin. Ash, Rocko, Misty und Jaze hatten sich lieber ein paar Plätze gesucht, bevor es zu voll wurde. Der Menschenandrang zu diesem Wettbewerb war wirklich unnormal. Aber die S-Klasse war ja auch nichts gewöhnliches. Hier wurde nur das Beste vom Besten erwartet. Alle Trainer waren auf ihre Weise kleine Berühmtheiten und die meisten kannten sich untereinender. Nur Shio kannte verständlicherweise keiner. Sie tuschelten hinter ihrem Rücken über sie. Shio hörte was sie sagten und was sie dachten, doch sie kümmerte sich nicht weiter drum. Sie wollten kein Aufsehen erregen. Ein grünhaariger Trainer kam zu ihr mit einem Roselia im Schlepptau – Drew. Maikes Rivale und Verehrer musterte Shio eingehend.

„Ich habe dein Gesicht noch nie gesehen.“, sagte er mit seiner ruhigen, eingebildeten Stimme.

„Sollte mich das stören?“, fragte Shio lässig.

„Du scheinst sehr von dir überzeugt zu sein, du bist mutig.“, sagte Drew.

„Wenn man einem Menschen anspricht stellt man sich ersteinmal vor.“, bemerkte Shio gelangweilt, auch wenn sie aus seinen etwas sehr von sich eingenommenen Gedanken bereits erfahren hatte, wer er war.

„Als Koordinatorin solltest du mich eigentlich kennen.“, sagte Drew verwundert.

„Entschuldige,“ sagte Shio zuckersüß, „aber dich kennt dort wo ich herkomme keiner.“ Sie stand auf und ging zu einem Aushang um den sich die Menschenmenge langsam auflöste. Hier stand, wer wann mit seiner Vorführung dran war. Sie hatte die Nummer 17 erhalten. Drew war gleich nach ihr dran.

„Shio Katchum? Bist du das?“, fragte dieser verwundert.

„Ja, aber ich bin nicht mit Ash verwandt.“, log Shio. >Noch nicht.< Das Drew ihre Ähnlichkeit mit ihrem Vater auffiehl gefiel ihr nicht. Sie verteufelte gerade, dass sie sein Gesicht geerbt hatte. Sie entfernte sich von Drew und zog sich wieder in eine ruhige Ecke zurück. Hier blieb sie und las, bis sie aufgerufen wurde. Gewohnt aufgeregt betrat sie die Bühne mit ihrem Pokémon.

~Und jetzt Shio Katchum mit ihrem Enekoro!~, sagte die Ansagerin. ~Sie hat bereits sieben Bänder, wir dürfen also gespannt sein.~

Shio begann ihre Vorführung mit einer Verbeugung ihres Pokémons. Dann befahl sie ihrem Enekoro die Blizzard Attacke, kombiniert mit einem Donnerblitz. Sobald Enekoro die Blitze zucken ließ warf Shio einen Ball. Während die Elektrick zwischen den Schneeflocken des Blizzards hin und her zuckte, fing Enekoro den Ball und ballancierte ihn auf der Nase wobei es auf den Hinterpfoten stand vor dem Lichterspiel. Begeisterter Applaus aus dem Publikum. Enekoro spielte den Ball wieder zu seiner Trainerin zurück, als die Blitze sich entladen hatten. Die Vorführung beendete sie wieder mit einer Verbeugung. Lässig ging sie von der Bühne ab.

~Das war eine wunderschöne Darbietung! Was sagt die Jury?~ Schwester Joy gab 9.6, der Komiteevorstandsvorsitzende 9.4 und der Vorstand des Oxida City-Pokémonfanclubs 9.7 Punkte.

~Insgesamt also 28.7 Punkte, eine beachtliche Leistung!~, lobte die Ansagerin. Wieder erklang großer Applaus aus dem Publikum.

„Du bist nicht schlecht.“, gab Drew hinter der Bühne zu.

„Machs besser.“, sagte Shio lässig und ging wieder in den Warteraum. Was die anderen Vorführten interessierte sie nicht. Warum sollte es auch? Es würde wahrscheinlich der einzigste Wettbewerb sein, an dem sie in dieser Zeit teilnahm.

Nicht unerwartet kam Shio ins Finale. Ihren Gegner in der ersten Finalrunde besiegte sie schneller als ihr lieb war. Sie hatte sich so sehr hinein gesteigert, dass sie vergessen hatte, dass sie eigentlich nicht auffallen wollte. Sie beobachtete den zweiten Kampf von Drew. Einer von den Beiden würde schließlich im Endkampf ihr Gegner sein. Drew siegte.
 

„Das wird nicht leicht.“, sagte Ash.

„Ach was, Shio ist doch gut!“, meinte Misty.

„Ich würde sagen, die beiden sind auf dem gleichen Level.“, meinte Rocko.
 

~Und nun der Endkampf!~, rief die Ansagerin. ~Fangt an!~

Drew begann mit Stachelspore. Shio konterte mit dem Wirbelwind. Sie kombinierte ihn mit dem Blizzard. Roselia wich nur schwer den wild umherfliegenden Schneeflocken aus. Drew setzte den Blättertanz ein und bekämpfte mit diesem Wirbel den Shios. Beide Pokémon bekamen einen kleinen Punkteabzug.

„Lichterball!“, befahl Shio. Elektrische Energie entlud sich aus Enekoros Körper und sammelte sich über ihrem Kopf zu einer Kugel die in allen sieben Farben des Regenbogens leuchtete.

~Meine Damen und Herren, ein Highlight wie man es in diesem Wettbewerb noch nie gesehen hat!~, rief die Ansagerin. ~So eine Attacke haben wir hier noch nie gesehen!~

„Und wenn schon, mit so etwas beeindruckst du mich nicht.“, sagte Drew gelassen. „Roselia, Solarstrahl!“

„Spiegelcape!“ Die gesammelte Energie Roselias entlud sich in Richtung Enekoros, doch durch das Spiegelcape wurde es zurückgeschleudert.

„Wieso kann dein Pokémon Spiegelcape?“, rief Drew verdutzt.

„Es kann noch viel mehr!“, grinste Shio. „Spiegeltrick!“ Enekoro sammelte Energie wie zuvor Roselia und entliß sie dann auf das Pflanzenpokémon. Der Punkteabzug war so stark, dass Roselia K.O. ging. Shio hatte gewonnen.

~Eine beeindruckende Leistung der jungen Trainerin Shio Katchum.~ Die Masse applaudierte, dass fast die Kuppel bebte.
 

Nach dem Kampf saß Shio noch zum Ausklang im Warteraum und betrachtete ihr neues Band.

„Die Bänder haben sich doch mit der Zeit verändert...“, sagte sie leise und musste grinsen.

„Sag“, Drew stand plötzlich vor ihr, „Wie hast du deinem Enekoro Spiegeltrick und Spiegelcape beibringen können?“

„Training. Einfach nur viel Training.“, entgegnete Shio. „Und die Tatsache, das ich weiß was meine Pokémon denken.“ Sie stand auf und ging an Drew vorbei nach draußen. Sie hatte das ungute Gefühl das sie ihn nicht zum letzten Mal gesehen hatte.
 

Ash und die anderen saßen in einem Restaurant und feierten Shios Sieg. Shio gab ihren Preis an Ash weiter.

„Bevor du ihn allerdings benutzen kannst, musst du ihn verfeinern lassen.“, erklärte sie. „Der Schmuck-Schöpfer lebt in Adaman City nördlich von hier. Auf dem Weg liegt eine Liponstein-Miene. Für einen geringen Geldbetrag kann man dort für ein paar Stunden Steine ausgraben. Betragshöhe und Grabdauer sind von Miene zu Miene unterschiedlich.“

„Cool!“, rief Ash. „Da müssen wir auf jeden Fall hin!“

„Solche Mienen gibt es in ganz Saihon. In jeder lassen sich andere Liponsteine finden. In der Adaman-Miene findet man hauptsächlich gelbe, rote und braune Liponsteine.“, ergänzte Jaze. „Rot steht für Feuer und braun für Kampf. Man findet aber auch selten dort graue Gesteins Liponsteine.“

„Das ist doch der richtige Stein für Rocko.“, grinste Misty. „Aber wo gibt es Wasser Liponsteine?“, fragte sie neugierig.

„In Alum City, das liegt aber weit weg.“, sagte Shio. Misty zog eine missfallende Grimasse.

Die Gruppe wusste nicht, dass Team Rocket sie mal wieder belauschte.

„Diese Talismane würdem dem Boss sicher gefallen.“, meinte Mauzi. Jessie schwelgte in Gedanken, was sie mit der Belohnung machen würde.

„Aber wie an sie rankommen?“, fragte James. „Sie tragen sie doch immer bei sich.“ Mauzi grinste verschwörerisch. „Wir lassen sie in der nächsten Miene nach diesen Steinen graben. Wenn sie raus kommen lenkt ihr sie ab und ich kralle mir die Steine. Bevor sie wissen wie ihnen geschieht sind ihre Taschen um einiges Leichter.“ Team Rocket feixte über ihren neuen, 'genialen' Plan und strickten sich Gedanken, wie es ablaufen würde. Dabei bemerkten sie nicht, dass nicht alszuweit von ihnen zwei weitere finstere Gestalten in lila-schwarzen Uniformen im Schatten verborgen standen.

„Was für ärmliche Kreaturen.“, sagte eine der Gestalten, ein junger Mann, verächtlich. „Nichtsnutze auf der Suche nach 'Macht'“. Er lachte kalt. Ein dünnes, kaltes Lächeln spielte auf den Lippen seiner Begleiterin.

„Ja, sie ist sich ihrer wahren Kraft nicht bewusst.“, sagte der Mann, als habe seine Partnerin etwas gesagt. „Eine Schande, sich mit solchem Potential mit gewöhnlichen einzulassen. Erstatten wir Psy unseren Bericht.“ Er legte ihr eine Hand auf die Schulter und beide verschwanden auf der Stelle.

Mistys Wahrheit

Ash saß draußen vor dem Pokémon Center auf einer Bank und pflegte sein Altaria. Misty gesellte sich zu ihm. Eine kurze Weile saßen sie nur still nebeneinander.

„Sie ist schon merkwürdig.“, sagte Misty dann leise. Ash sah sie fragend an. Er verstand nicht, von wem Misty sprach.

„Du weißt wer Shio wirklich ist, nicht wahr?“ Ash schreckte zurück.

„Nein, überhaupt nicht!“, rief er halb panisch. Misty sah ihn ungläubig an.

„Diese Reaktion spricht Bände.“, meinte sie trocken. Ash kratzte sich beschämt am Hinterkopf. Misty kicherte.

„Ich glaube ich weiß, wer Shio ist.“, sagte sie leise. „Sie kommt aus der Zukunft, nicht wahr?“ Ash sah zu Boden und nickte leicht. Er wusste, er durfte den Mund nicht aufmachen, sonst würde Shio ihm das sehr sehr übel nehmen.

„Warum weißt du es, und ich nicht?“ Misty sah etwas gekränkt aus. Ihre grün-blauen Augen lagen auf den braunen von Ash.

„Bei mir scheint das Gedächtnisverändern nicht so gut zu funktionieren wie bei euch.“ Misty schwieg eine Zeit. Ash beobachtete sie. Ihr rotes Haar war gegen die Abendsonne noch flammender. Seine Misty war einfach wunderschön.

„Wahrscheinlich vergisst du nicht so leicht, weil du zweimal in dieser Zeit existierst.“, überlegte Misty und sah ihn dabei mit einem merkwürdigen Blick an, den Ash noch nie bei ihr gesehen hatte.

„Wahrscheinlich.“, stimmte er leise zu. Er hatte nicht bemerkt wie nah sie sich gekommen waren. Bevor er wusste, wie ihm geschah spürte er ihre Lippen auf seinen.

Psy-Park

Nach einiger Zeit des Überlegens lasse ich das Kapitel vorzeitig enden, da es mir sonst zu lang geworden wäre^^'

ich hoffe, es gefällt euch trotzdem.
 

MFG

Zero
 

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Am nächsten Morgen herrschte eine noch nie da gewesene Stimmung innerhalb der Gruppe. Ash und Misty gingen vorsichtig aber liebevoll miteinander um, obwohl sie sich hin und wieder doch noch etwas pisackten.

>Was sich liebt das neckt sich eben<, dachte Shio während sie die beiden Liebenden beobachtete. Einerseits freute sie sich, dass ihr Zukunft schon mal etwas gesicherter schien als vorher, andererseits war sie sauer weil Misty jetzt auch ihr Geheimnis kannte und Ash ihr verboten hatte Mistys Gedächtnis zu löschen.

>'Nen halben Kopf kleiner als ich und in meinem Alter und führt sich auf, als wär er mein Vater.<, dachte sie grimmig. >Na ja, er ist es ja auch. Aber ich lasse mich ungern von einem gleichaltrigen Jungen herumkommandieren.< Murrend stocherte sie in ihrem Rührei. Die Entwicklung ihrer kleinen Zeitreise gefiel ihr ganz und gar nicht.

„Du siehst aus, als hättest du einen ganzen Liter Zitronensaft verschluckt.“, bemerkte Jaze ruhig.

„Ist das verwunderlich?“, fragte sie und schielte zu ihren zukünftigen Eltern, die sich gerade über Tischmanieren stritten. „Ich hatte eigentlich geplant, dass keiner hier Bescheid weiß. Und jetzt weiß es die ganze Gruppe.“ Mit Misty war auch Rocko eingeweiht worden. Die beiden hatten es nicht übers Herz gebracht, ihren alten Freund, der sie von Anfang an begleitet hatte, im Ungewissen zu lassen. Als er nach seiner Zukunft gefragt hatte, hatte Shio ihm beichten müssen, dass sie ihn in der Zukunft persönlich gar nicht kannte. Deprimiert hatte er sich in eine Ecke verkrochen.

„Ist doch besser so.“, meinte Jaze. „Dann brauchen wir uns wenigstens nicht verstecken. Und du löschst ihr Gedächtnisse eh wieder, wenn wir von hier wieder verschwinden.“

„Ist ja gut.“, seufzte Shio und pickte weiter in ihrem Essen. „Wie sehen die Pläne für heute aus?“ Erwartungsvoll sah sie zu Rocko.

„Ich sehe nichts außergewöhnliches auf unserer Reiseroute.“, sagte Rocko. „Es sieht nach einem gewöhnlichen Wandertag aus.“

„Dann brechen wir gleich nach dem Frühstück auf.“, meinte Ash. „Je schneller wir voran kommen, desto schneller kann ich um den Orden von Uron City kämpfen!“

„Peka Pi!“, stimmte ihm sein Pikachu zu.

„Dein Pikachu wird dir nicht helfen.“, bemerkte Jaze. „Die Arenaleiter trainieren Pflanzen-Pokémon.“

„Dafür habe ich ja Altaria und Tauboss.“, grinste Ash.

„Du weißt, das die beiden sich auf den Tod nicht ausstehen können?“, bemerkte Shio zwischen zwei Bissen Rührei. „Das wird sich sicher nicht verbessern, wenn das eine den Sieg einstreicht während das andere nur die Vorarbeit geleistet hat.“

„Zudem besitzt einer der Arenaleiter ein Banwo, ein Pflanzen-Gestein Pokémon.“, fügte Jaze hinzu. „Da helfen auch keine Flug Attacken.“

„Und ich habe nur Wasserpokémon.“, meinte Misty. „Das heißt, ich müsste mir noch ein Pokémon eines anderen Typus fangen.“ Seiner Kampflust beraubt sank Ash wieder auf seinen Platz zurück. „Und was machen wir jetzt?“, fragte er grübelnd.

„Wir machen einen Umweg über den Vulkansee.“, sagte Shio und breitete die Karte vor ihnen aus. Sie ließ ihren Blick über die Gegend schweifen und zeigte dann auf einen der etwas weiter entfernten Berge. „Der Vulkan ist schon lange inaktiv, aber es ist dort noch ungewöhnlich warm. Darum leben dort viele Feuer Pokémon. In dem See, der sich im Krater gebildet hat, leben Anofisch, Wasser-Feuer Pokémon. Das wäre doch etwas für Misty.“

„Du weißt wirklich eine ganze Menge.“, meinte Misty.

„Du vergisst, dass ich diese Reise schon einmal gemacht habe.“, erinnerte Shio sie und gab Rocko die Karte zurück. Dieser sah sich die Strecke noch einmal genau an.

„Für den Umweg werden wir Wochen brauchen, bis wir nach Uron City kommen.“, sagte er.

„Aber notwendig, wenn ihr gewinnen wollt.“, entgegnete Jaze. Ashs Miene verdüsterte sich mit jedem Wort mehr.

„Tja, ich weiß warum ich ein Ponita besitze.“, grinste Shio hinterhältig. „Reiten ist wirklich viel angenehmer als laufen. Und schneller noch dazu.“ Sie nahm ihr leeres Tablet und brachte es weg. Anschließend verließ sie den Raum um noch einmal ihren Rucksack zu packen.

„Von wem hat sie bitte ihren Charackter?“, fragte Misty. „Von mir sicher nicht.“ Ash verkniff sich seinen Kommentar und aß sein übriges Frühstück. Er fragte sich, wieso er nicht auf die Idee gekommen war, zum Reisen eines seiner Pokémon zu reiten. Allerdings sah er auch ein, dass er eigentlich kein Pokémon hatte, das man reiten konnte. Tropius vertrug es nicht, wenn er etwas auf dem Rücken hatte. Auf ein Tauros wagte er sich nicht, dafür waren diese Pokémon zu nervös. Ansonsten konnte er sich nicht eines Pokémon entsinnen, dass man reiten konnte und das er, Misty oder Rocko besaßen.

„Was soll's, laufen hat noch nie jemandem geschadet.“, meinte Jaze und räumte ebenfalls ab. „Machen wir den Umweg oder nicht?“

„Müssen wir wohl, wenn wir eine Chance haben wollen.“, seufzte Misty. Somit ging nur eine halbe Stunde später die Reise los. Die erste Woche verlief ohne Zwischenfälle. Ash schaffte es gegen Ende der ersten Woche ein Famian zu fangen, ein Drache-Geist Pokémon. Ash befragte seinen Pokédex.
 

'Famian, der Geisterdrache. Famian lieben es den Menschen Streiche zu spielen. Sie leben ausschließlich in der Umgebung des Pokémonschutzgebietes 'Psy-Park' in der Saihon-Region. Es wird gesagt, dass sie die Seelen einer ausgestorbenen Drachenpokémonrasse sind die einst in dieser Gegend lebte.'
 

Ash strahlte. So ein cooles und seltenes Pokémon hatte er sich gefangen! Er holte es aus seinem Pokéball und betrachtete es stolz. Famian schwebte vor ihm in der Luft. Es hatte vom Kopf bis zur Schwanzspitze in etwa die Körperlänge eines Dratini, einen Körper wie ein Brutalanda und einen langen, schmalen Kopf mit geheimnisvollen grünen Augen. Die Schuppen auf seinem Rücken und seinen fledermausartigen Flügeln waren blass blau, die Schuppen an seiner Brust und seinem Bauch weiß. Eine nebelartige weiße Aura umgab es.

„Für einen Geist ist es richtig niedlich.“, meinte Misty und die streckte ihre Hand aus um es zu streicheln. Ihre Hand ging glatt durch den Körper des Geistes. Schnell zog sie ihre Hand zurück und erschauderte.

„Eisig.“, sagte sie mit den Zähnen klappernd.

„Geister lassen sich nur von Menschen berühren, denen sie vertrauen.“, erklärte Jaze. Das Famian schwebte zu Ash und legte sich um dessen Schultern. Pikachu, dass gerade auf dem Boden saß, beäugte es misstrauisch.

„Sieht so aus, als hätten wir eine zweite Endivie.“, meinte Rocko.

„Was war denn mit Endivie?“, fragte Shio.

„Mein Lorblatt hängt sehr an mir. Als es noch ein Endivie war mussten wir es sogar therapieren, damit es nicht mehr so eifersüchtig war.“, erklärte Ash.

„Also ich hab ja von der Macke gehört, dass sich weibliche Pflanzenpokémon gerne mal in ihren männlichen Trainer verlieben, aber es so direkt zu hören finde ich doch mehr als amüsant.“, grinste Shio. „Aber ich habe noch nie von so einer Situation mit einem Geisterpokémon gehört.“

„Einmal ist immer das erste Mal.“, meinte Misty und sah zu Ash.

„Wenn es stört kommt es in den Pokéball.“, meinte dieser und schickte Famian auch gleich zurück. Munter plaudernd setzten sie ihre Reise fort.

Nicht weit von ihnen saß Team Rocket im Gebüsch und beobachtete sie. Mauzi dachte sich mal wieder einen möchtegern genialen Plan aus.

„Mit diesem seltenen Pokémon könnten wir beim Boss Eindruck machen.“, meinte es.

„So selten wie es ist wird der Boss uns mit Geld überhäufen.“, schwärmte Jessie und sah sich im edlen Abendkleid. „Wir werden die Stars von Team Rocket sein!“

„Endlich wieder Schlemmen bis zum Abwinken.“, träumte James vor sich hin und die Spucke lief ihm aus dem Mund.

„Ich habe auch schon den richtigen Plan und das passende Zubehör um es zu fangen.“, sagte Mauzi hinterlistig.
 

Nicht weit von Famians Fangort stand den Freunden ein unüberwindbares Hindernis im Weg. Eine zehn Meter hohe Mauer erstreckte sich sowohl nach links als auch nach rechts soweit das Auge reichte. Shio und Jaze betrachteten sie kritisch.

„Die steht da aber in der Zukunft nicht mehr.“, meinte Jaze und sah zu Shio.

„Definitiv nicht.“, bestätigte diese.

„Aber wo eine Mauer ist muss auch irgendwo ein Eingang sein.“, bemerkte Rocko.

„Das sieht nach einer langen Suche aus.“, seufzte Misty und sah die scheinbar endlosen Reihen weißer Ziegelsteine entlang die sich im tiefen Gebüsch des Waldes verlor.

„Hat der Pokédex nicht irgendetwas von einem Pokémonschutzgebiet gesagt?“, bemerkte Rocko.

„Wer umstellt ein Gebiet nur wegen Pokémonschutz mit einer zehn Meter hohen Steinmauer?“, wunderte sich Misty. Shio hob eine Augenbraue, ging auf die Wand zu und streckte die Hand aus um sie zu berühren. Ihre Hand jedoch glitt glatt durch den Fest aussehenden Stein hindurch. Während die anderen sie schockiert ansahen ging sie einfach durch. Jaze folgte ihr ohne zu zögern. Während Ash, Misty und Rocko noch zögerten tauchte Shios Kopf wieder auf ihrer Seite auf.

„Kommt, es ist nur eine Illusion.“, sagte sie und nahm ihren Kopf wieder zurück auf die andere Seite. Misstrauisch folgten nun auch die drei anderen. Auf der anderen Seite fanden sie sich am Rande einer weiten Ebene wieder auf der Girafarig umher galoppierten, Kirlia in kleinen Gruppen unter Aufsicht von Guardevoir tanzten und Abras ausgelassen im Schatten der Bäume dösten.

„Ein Psy-Park, im wahrsten Sinne des Wortes.“, meinte Rocko. „Hier leben wirklich nur Psycho-Pokémon.“

„Wie bist du hinter den Trick mit der Illusion gekommen?“, fragte Misty Shio.

„Wie ich bereits sagte kann ich mich nicht an eine Mauer auf diesem Weg erinnern.“, antwortete diese. „Es gab nicht einmal Mauerfragmente. Mit anderen Worten: Es konnte gar keine Mauer geben. Zudem hat der Name mich stutzig gemacht.“

„Klar, als ESP hast du damit ja Erfahrung.“, grinste Jaze und wich einer Kopfnuss von Shio aus.

Sie gingen weiter in die Ebene hinein auf der Suche nach der anderen Seite des Gebiets. Unschuldig daher schlendernd beobachteten sie die Schwärme von Galoan, einem Psycho-Flug-Pokèmon, als sie aus heiterem Himmel eine Funkensprungattacke traf. Ein Plusle stand vor ihnen. Angriffslustig zuckten Blitze über seinen kleinen Körper. Hinter ihm stand ein hübsches Mädchen mit blauen Haaren und rot-schwarzer Uniform und hielt ein paar Handschellen bereit. Hinter ihr standen sieben Psycho-Pokémon und sahen genauso grimmig drein wie das Mädchen

„Ihr seid festgenommen wegen unerlaubtem Betretens des Psy-Parks!“, rief die Fremde.

„Moment mal...!“, rief Ash schockiert.

„Wir wussten doch nicht, dass es verboten ist!“, verteidigte sich Misty.

„Es war eigentlich logisch, wenn sie schon eine Mauer um das Gebiet erscheinen lassen.“, meinte Jaze.

„Dann hätten sie wohl besser eine echte Mauer gebaut.“, bemerkte Shio. In diesem Moment wurde das Mädchen mit den Handschellen von hinten von einem schwarzhaarigen Jungen der ebenfalls eine Uniform trug umarmt. Ein Minun versuchte das Plusle zu beruhigen.

„Sei doch nicht so hitzköpfig, Solana.“, meinte der Junge. „Lass sie sich doch erst einmal erklären.“

„Lunas...!“, rief das Mädchen gereizt und wand sich aus dessen Umarmung.

„Ihr habt sicher Gründe, warum ihr hier seid, nicht wahr?“, lächelte der Junge namens Lunas die Gruppe an. „Darf ich euch in unser Ranger-Hauptquartier einladen damit wir euch überprüfen können?“ Dieses falsche Lächeln des Neuankömmlings machte den fünf Jugendlichen mehr Angst als das Temperament Solanas. Vorsichtig, darauf bedacht nichts falsches zu sagen oder zu tun folgten sie den beiden Rangern zu einem einsamen aber großem Gebäude im Herzen des Parks.

„Nanu, Solana, Lunas, wen bringt ihr mir denn da?“, fragte eine wunderschöne junge Frau mit langen glatten schwarzen Haaren die eine figurbetonende lila-schwarze Uniform trug. Rocko fiel bei ihrem Anblick sofort vor ihr auf die Knie.

„Oh schönste Göttin der Nacht, wie habe ich mich nach dir gesehnt.“, begann er liebesblind daher zureden. „Das Schicksal muss uns heute hier zusammengeführt haben und die Bestimmung unserer Liebe zu erfüllen.“ Misty griff beherzt sein Ohr und zog ihn von der überraschten Frau weg.

„Dein Schicksal ist es mit Ohrenschmerzen zu leben.“, meinte sie dabei nur. Ihre Chance witternd ergriff Solana das Wort.

„Diese Verbrecher sind unerlaubt in dieses Gebiet eingedrungen und haben die Pokémon gestört!“, rief sie aufgebracht. „Ich bin mir sicher das es die Wilderer sind die wir suchen!“

„Beruhige dich, Kind.“, sprach die Frau ruhig. „Mich würde erst einmal interessieren wie sie meine Illusion durchschauen konnten.“

„Dann sind sie eine ESP?“, fragte Misty.

„So ist es, ich vergaß mich vorzustellen.“, lächelte die Frau. „Mein Name ist Natasha, ich bin die Aufseherin dieses kleinen Psycho-Pokémon Paradieses.“

„Mein Name ist Ash Ketchum und ich bin auf einer Pokémon Reise. Wir sind auf unserem Weg zum Vulkansee zufällig hier vorbeigekommen.“, erklärte Ash. Erwartungsvoll sah er zu Shio. Diese blickte grimmig zurück, seufzte tief und sah dann zu Natasha. Irgendetwas an dieser Frau störte sie. Dennoch hatte sie anscheinend keine Wahl.

„Mein Name ist Shio.“, stellte sie sich vor. „Ich bin ebenfalls eine ESP, dadurch habe ich die Illusion durchschaut.“ Natasha sah sie mit einem ungläubigen aber überglücklichen Gesichtsausdruck an.

>Ich habe noch nie eine andere ESP getroffen.<, dachte Natasha hoffnungsvoll.

„Geht mir genauso.“, bemerkte Shio. „Aber da ich Gedanken lesen kann und ihre Gedanken in die Illusion mit eingeflossen sind wusste ich, dass es nur eine Illusion war.“ Natasha gingen im Moment alle möglichen Gedanken im Kopf herum. Sie schien sich nicht entscheiden zu können, was sie zuerst fragen sollte.

>Du bist eine verdammt gute Lügnerin.<, dachte Misty sie an. Shio musste sich die Antwort „Reine Übungssache“ leider verkneifen, sonst wäre Natasha misstrauisch geworden. Aber Natasha war eine leicht zu verwirrende, emotional handelnde Person. Eine von der Sorte Mensch die man leicht lenken konnte, wenn man ihre Gedanken kannte. Solana wurde währenddessen immer wütender und ungeduldiger.

„Es sind Pokémon Trainer! Damit wäre bewiesen, dass sie auf der Jagd nach den Schützlingen dieses Parks sind.“, beschuldigte sie die fünf Freunde. Ihr Plusle sah bekräftigend gefährlich zu ihnen.

„Wir sind nur auf der Durchreise!“, verteidigte sie Rocko.

„Genau. Wir besitzen kein einziges Psycho-Pokémon außer meinem strohdummen Entoron und das ist in Azuria City.“, meinte Misty.

„Wie bitte?“, rief Natasha überrascht und sah Shio an. „Du bist eine ESP und trainierst keine Psycho-Pokémon? Wir haben doch eine natürliche Bindung zu ihnen!“

„Ich bevorzuge die Dunkelheit, darum trainiere ich Unlicht-Pokémon.“, entgegnete Shio. >Psycho-Pokémon sind mir zu eingebildet.<

„Ihr redet die ganze Zeit von Wilderern.“, bemerkte Misty und versuchte dabei vom Thema abzulenken, da sie an Natashas Gesichtsausdruck ihre Empörung über Shios Ablehnung gegenüber Psycho-Pokémon ablesen konnte.. „Wisst ihr denn nichts genaueres?“

„Nein.“ Lunas schüttelte den Kopf. „Sie kommen Nacht für Nacht und fangen Pokémon hier im Park. Aber sobald wir in ihre Nähe kommen sind sie ganz plötzlich verschwunden, als können sie sich teleportieren.“

„Lunas und ich sind extra aus Herbstenau in Fiore hergekommen um sie zu unterstützen, aber bis jetzt hatten wir keinen Erfolg.“

Ash und seine Freunde sahen sich untereinander an. Wortlos verstanden sie sich. Ash wandte sich an Natasha.

„Wir würden ihnen gerne helfen!“, sagte er bestimmt.

„IHR wollt uns helfen?!“, rief Solana empört, doch bevor sie sich weiter beschweren konnte war sie mal wieder einer von Lunas Umarmungen gefangen, der ihr bei der Gelegenheit auch den Mund zu hielt.

„Sie können es doch gerne einmal versuchen.“, lächelte er und sah zu Natasha. Diese nickte zustimmend und sah wieder zu Ash.

„Gut, ich gebe euch eine Chance.“, sagte sie bestimmt. „Lunas und Solana, ihr zwei werdet sie in die Aufgaben des Rangers einweisen.“

„Jawohl!“, riefen die beiden Jugendlichen im Chor.

Damit begann für Ash, Misty, Rocko, Shio und Jaze ein anstrengendes und doch lehrreiches Training.

junge Mutter und Tochter / Existenzangst

Hi^^

Ein weiteres kurzen Zwischenkapi^^ Für alle, die es vergessen haben: wechsle immer zwischen langen und kurzen Kapiteln ab! Also bitte keine "ein bisschen kurz" Kommentare, okay? Das ist Absicht^^'
 

Ich würd mich über Kommis trotzdem freuen ;3
 

MFG

das Wölfchen
 

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Misty stand vor einem Spiegel und betrachtete kritisch ihr Äußeres. Die Herbstenau Uniform die sie von Solana geliehen bekommen hatte stand ihr ihrer Meinung nach nicht. Das Rot der Jacke biss sich mit dem ihrer Haare, die Overknees ließen ihre Beine dicker aussehen und die hautengen HotPants machten sie breit um die Hüfte. Sie sah zu Shio hinüber, die sich gerade ihr Haartuch neu Band.

„Oh man.“, seufzte Misty. „Deine Figur möchte ich haben.“ Ihre zukünftige Tochter blickte überrascht zu ihr hinüber. „Die Uniform steht dir wirklich perfekt.“

„Aber dir doch auch.“, entgegnete Shio verwirrt. „Wir haben schließlich einen absolut identischen Körperbau.“ Zu ihrer Unterstützung nickte Abby mit dem Kopf während es Misty ernst ansah. „Und nein, du bist nicht breiter gebaut als ich.“, fügte Shio hinzu, nachdem sie Mistys Gedanken gehört hatte. „Das ist pure Einbildung!“ Sie zog den Knoten des Tuches fest und nahm ihre Mutter bei der Hand. „Wenn du mir nicht glaubst, fragen wir eben Ash!“

„Lass mich los, Shio!“, rief Misty und wehrte sich gegen das Gezerre. So wollte sie Ash nicht gegenübertreten. „Du hast doch sich mindestens eine Kleidergröße kleiner als ich!“

„Nein.“, sagte Shio. „Ich plündere mit Freuden in jeder Zeit deinen Kleiderschrank. Und es passt immer wie angegossen.“

„Du warst an meinen Sachen?!“, rief Misty wütend.

„Ja.“, gab Shio freimütig zu. „In der ersten Nacht in dieser Zeit brauchte ich einen Schlafanzug. Ich hatte ja nichts dabei und du warst bewusstlos.“

„Wirklich? Ich erinnere mich kaum noch an den Abend.“, meinte Misty. „Sag nichts, ich kann mir denken wieso.“

„Existenzangst ist etwas vollkommen natürliches.“, sagte Shio.

„Hast du jetzt immernoch Angst?“, fragte Misty besorgt.

„Natürlich.“, antwortete Shio ernst. „Jede meiner Handlungen hier beeinflusst den Verlauf der Zeit. Ich lösche mich aus den Gedächtnissen aller Menschen die meinen Namen kennen.“

„Und was ist mit dem Wettbewerb?“, wollte Misty wissen. „Wie hast du das gemacht? Hast du wirklich alle Daten über dich vernichtet?“

„Nicht vernichtet. Verändert.“ Shio lächelte kühl. „Alle Anwesenden des Wettbewerbs außer euch denken, dass eine Margarete Sonnenstrahl aus Cobal City gewonnen hat. Das Foto habe ich auch verfälscht.“

„Du hast es wirklich faustdick hinter den Ohren.“, seufzte Misty. „Das musst du von deinem Vater haben.“ Shio antwortete darauf nicht. Sie wollte einen Streit mit der gegenwärtigen Misty vermeiden. Denn jede noch so kleine Handlung beeinflusste den Lauf der Zeit...

How to be a Ranger

Ash wagte gar nicht seine Misty anzusehen. Sein rothaariger Schatz sah in der Uniform einfach zum anbeißen aus. Es wunderte ihn, dass Shio Misty triumphierend ansah, während deren Gesicht dem rot der Jacke Konkurenz machte. Jaze ging es ähnlich wie Ash, nur dass dieser Shio unverholen anstarrte. Es stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben, was er dachte. Lunas legte den beiden Jungs jeweils eine Hand auf die Schulter und sagte: „Ich kann euch sehr gut verstehen, aber ich fürchte, wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns. Ihr solltet euch also so langsam mal wieder auf das Wesentliche konzentrieren.“

„Du hast gut reden.“, meinte Jaze. „Du hast ja auch das Glück deine Schnecke jeden Tag in dieser geilen Uniform bewundern zu dürfen.“

„Wie hast du mich genannt?!“, fuhr Solana ihn an.

„Hey, das war ein Kompliment!“, verteidigte sich Jaze.

„Ignorier ihn einfach.“, riet Shio der Rangerin. „Er labert viel Mist wenn der Tag lang ist.“

„Du bist wieder unheimlich nett heute.“, bemerkte Jaze bissig.

„Und du wiedervunheimlich notgeil.“, entgegnete Shio trocken und wandte sich wieder an Solana. „Ich bin deiner Meinung, dass wir keine Zeit zu vertrödeln haben.“

„Du kannst wirklich Gedanken lesen.“, staunte Solana. Doch dann wurde ihr Blick misstrauisch. „Das macht dich nur noch verdächtiger!“

„Na na, jetzt beruhige dich.“ Lunas legte seiner Gefährtin die Hände auf die Schultern.

„Wie soll ich mich beruhigen?“, fuhr das blauhaarige Mädchen ihn an. „Du bist viel zu ruhig in letzter Zeit! Sonst hat es dich nie so kalt gelassen, wenn Pokémon etwas zugestoßen ist!“

„Es lässt mich nicht kalt!“, entgegnete Lunas doch irgendetwas an seiner Haltung ließ es gelogen erscheinen. „Es nützt nur nicht sich wie du Hals über Kopf in die Sache zu stürzen und planlos irgendwelche Leute die den Trick mit der Mauer durchschaut haben aufgrund ihrer bloßen Anwesenheit festzunehmen.“ Solana knurrte zwar wütend, aber erwiderte nichts.

„Treffer, versenkt.“, kommentierte Jaze. Shio trat ihm dafür auf den Fuß.

„Halt die Klappe.“, zischte sie.

„Musst du gleich so brutal werden?“, jammerte Jaze, doch Shio sah ihn nur scharf an. Sie versucht nicht zu misstrauisch zu Lunas zu sehen, aber irgendetwas an diesem Ranger war faul. Sie konnte seine Gedanken nicht lesen.

„Wenn ich mich einmischen darf“, meinte Natasha und trat zu der Gruppe Jugendlicher hinzu, „Wie wäre es, Lunas und Solana, wenn ihr unseren Gästen unser Handwerk beibringt?“

Solana zog ein Gesicht als hätte sie in eine Zitrone gebissen, salutierte dann aber zusammen mit Lunas vor der Psy-Park Rangerleiterin.

„Jawohl, Mam.“, riefen sie zusammen. Lunas deutete Ash und Co ihm zu folgen. Sie verließen das Gebäude und gingen in ein nahegelegenes Waldstück.

„Zunächsteinmal möchte ich euch bitten ein Partnerpokémon zu wählen.“ Lunas Minun sprang auf die Schulter seines Partners. „Normalerweise sind Partnerpokémon wilde Pokémon die nicht mit einem Pokéball gefangen wurden, aber trotzdem eine starke Bindung zu einem Menschen aufgebaut haben. Ihr könnt eines eurer gefangenen Pokémon wählen, ich denke das ist in Ordnung.“

„Mein Partner steht schon lange fest, nicht Pikachu?“, grinste Ash das gelbe Pokémon auf seiner Schulter an.

„Ich nehme mein Azurill.“, meinte Misty und entließ die blaue Wassermaus aus ihrem Pokéball in dem es seit etwa zwei Jahren lebte, da Misty es als sicherer empfand.

„Ich wähle mein Mobai.“, meinte Rocko und ließ Mogelbaums Babyform erscheinen.

„Für mich gibt es nur eine Wahl.“, lächelte Shio. „Komm, Absol!“ Das weiß-schwarze Chaospokémon kam aus seinem Pokéball und reckte sich ausgiebig.

„Das gleiche gilt für mich.“, grinste Jaze, dessen Noctara bereits neben ihm stand und seine Augen glitzerten voller Tatendrang.

//Wird das was interessantes?//, fragte Abby ihr Trainerin.

„Sieht so aus.“, entgegnete diese nur.

„Was 'sieht so aus'?“, fragte Solana verwirrt. Shio deutete auf Abby.

„Kannst du etwa auch bei Pokémon Gedanken lesen?“, fragte Lunas überrascht.

„Sie ist ein Naturtalent.“, meinte Jaze und pieckte Shio mit dem Zeigefinger in die Seite. Als Gegenreakttion trat Shio ihm auf den Fuß.

„AU!“, schrie Jaze auf. „Sag mal, was bist du denn so gereizt?!“

„Später!“, zischte Shio scharf. „Jetzt ist keine Zeit für so etwas.“

Lunas und Solana. Sie gingen ein Stück durch den Psy Park, zu einem kleinen Waldpfad auf dem quer ein Baum lag. Hier blieben sie stehen.

„Wir werden euch jetzt zeigen, wie wir Pokémon fangen.“ Solana sah sich um und schien etwas im Gebüsch zu entdecken. „Schaut gut zu!“ Die Rangerin ging ein kleines Stückchen in den Wald hinein. Ganz leise, fast lautlos näherte sie sich dem erspähten Objekt. Geschmeidig wie ein Snobilikat umkreiste sie ihr Ziel, um es dann in Richtung der aufmerksamen Trainer zu scheuchen. Ein Meditalis sprang aus dem Gebüsch heraus, mitten zwischen die Trainer. Verwirrt blieb es stehen und blickte die Menschen an. Diese Chance ergriff nun Lunas, der einen kleinen Taschencomputer aus dessen Halterung an seinem Gürtel zog. Sie alle trugen einen. Er wurde FangCom genannt. Der Ranger richtete den FangCom auf das wilde Meditalis und schoss aus dessen Spitze eine Art Kreisel ab. Mit dem FangCom wurde der Kreisel so gesteuert, dass er um das Pokémon herumsauste. Dabei zog er eine gelbliche Linie. War ein Kreis vollendet steig der Lichtkreis in die Luft auf. Eins, zwei, drei.. insgesamt achtmal ließ der Schwarzhaarige den Kreisel um das Meditalis kreisen, bis dieses in einer Art Kugel die aus dem Lichtringen gebildet worden war zu stehen schien. Der Kreisel sprang zurück in den FangCom während die Sphäre um Meditalis zerplatzte. Es sah zunächst leicht benebelt aus, fing dann aber an zu grinsen und schüttelte Lunas' Hand.

„Freut mich auch mit dir zusammen zu arbeiten.“, lächelte dieser. „Kannst du mir bitte helfen? Dieser Baumstamm blockiert für viele kleine Pokémon den sicheren Weg zum Waldteich.“

Das Pokémon nickte eifrig und stemmte stolz die Hände in die Hüften. Dann besah es sich das Hindernis, atmete einmal tief ein, hob ihn hoch und legte ihn neben dem Weg wieder ab.

„Danke für deine Hilfe.“, meinte Lunas und schüttelte noch einmal die Hand des Pokémons. „Bis zum nächsten Mal.“ Das Pokémon kehrte in den Wald zurück und Lunas wandte sich wieder an Ash und Co. Die Trainergruppe hatte das gesamte Geschehen gespannt verfolgt.

„Wow, das war echt cool!“, rief Ash begeistert.

„Eine faszinierende Art mit Pokémon umzugehen.“, sagte Rocko anerkennend.

„Das war nur die Grundfunktion des FangComs.“, bemerkte Solana. „Auf die gleiche Art und Weise kann mach auch rasende und außer Kontrolle geratene Pokémon beruhigen ohne ihnen wehtun zu müssen.“

„Das ist wirklich praktisch!“, lächelte Misty. „Für solche Aufgaben kann man Pokémon wirklich besser nur um Hilfe bitten, anstatt sie gleich zu fangen.“

„Und es ist immer gut, wenn Pokémon ohne Verletzung beruhigt werden können.“, sagte Ash.

„Hört hört und das von einem Trainer.“, meinte Solana und beäugte Ash misstrauisch. Während die Menschen sich weiter unterhielten und die Ranger den Aushilfen ihr Handwerk beibrachten führten ihre Pokémon ihre ganz eigene Konversation.

//Ich mag diese Person nicht.//, kommentierte Abby und knurrte Solana an.

//Ganz deiner Meinung.//, antwortete ihr Noctara. //Nur weil sie Trainer sind, sind sie noch lange keine schlechten Menschen... Aber der Junge riecht auch faul.//

//Jep.// Absol nickte zustimmend.

//Ich rieche nichts.//, meinte Mistys Azurill.

//Ich auch nicht.//, mische Rockos Mobai sich ein.

//Ihr Zwerge habt ja auch keine Nasen.//, schnaubte Noctara verächtlich. //Was könnt ihr überhaupt? Ihr Babys!// Mobais und Azurills Augen füllten sich mit Tränen. Pikachu rannte zu ihnen und tätschelte sie beruhigend.

//Warum bist du so gemein zu den Kindern?//, schimpfte es mit dem größeren Katzenpokémon.

//Ach, dieser verwöhnten Bälger können doch gar nichts alleine.//, fauchte Noctara.

//Können wir wohl!//, riefen Mobai und Azurill gemeinsam.

//Beweist es!//, forderte Noctara. //Bei was auch immer wir jetzt gleich tun werden!//

//Noctara!//, rief Pkachu wütend. //Absol, was sagst du dazu?//

//Ich halte mich raus.//, gähnte Abby und putzte ihre Pfote. //Wenn die Kleinen darauf eingehen wollen ist das deren Sache.//

//Ich bin dabei!//, rief Azurill. //Ich werde beweisen, dass ich kein Baby mehr bin!//

//Ich auch, ich auch!// Mobai sprang voller Tatendrang in die Luft.

//Na, das kann ja was werden...//, gähnte Absol und sah zu den Menschen. Sie fühlte sich eigentlich noch nicht fit genug für einen solchen Einsatz, doch die Aussicht auf etwas Interessantes beflügelte die Lebensgeister des Chaospokémon. Es spürte etwas kommen. Etwas großes. Und was auch immer es war, es war nichts gutes. Sie musste Shio beschützen. Was auch immer kommen würde. Sie hatte es schließlich versprochen.

Notsitzung

Notsitzung unter Pokémontrainern. Shio hatte Ash, Misty Rocko und Jaze abseits von Solana und Lunas versammelt. Es war Zeit ihnen mitzuteilen, dass hier irgendetwas nicht stimmte.

„Ich weiß nicht.“, sagte Rocko nachdenklich. „Mir kommen die beiden eigentlich sehr normal vor.“

„Aber wir kennen sie doch erst seit heute Morgen.“, erinnerte ihn Misty.

„Genau.“, bekräftigte Jaze. „Wir wissen also gar nicht wie sie normalerweise sind.“

„Hey, erinnert ihr euch noch an Solanas Aussage vorhin?“, rief Ash. „Lunas wäre für die Dringlichkeit des Themas eigentlich viel zu ruhig, ruhiger als sonst!“

„Ja.“, nickte Shio. „Das hier ist ein Psy Park. Hier fällt es nicht so sehr auf, wenn mit Psykräften hantiert wird.“

„Willst du damit sagen, dass Lunas von jemand anderem kontrolliert wird?“, fragte Misty vorsichtshalber nach.

„Ich kann es nicht sicher sagen“, meinte Shio, „aber ich weiß mit Sicherheit, dass er nicht denkt!“

„Was ist mit seinem Minun?“, fragte Jaze. „Ihm müsste es doch am ehesten aufgefallen sein, dass sein Trainer sich verändert hat.“

„Minuns Gedanken höre ich genauso wenig wie die von Solanas Plusle.“, sagte Shio ernst.

„Aber warum Plusle auch?“, wunderte sich Ash.

„Wenn Plusle nicht mehr mit seinem Freund Minun sprechen kann wird es sich Sorgen machen.“, vermutete Rocko.

„Und Solana darauf aufmerksam machen, klar.“, fügte Misty hinzu.

„Mit Hilfe eines Rangers geht das Stehlen von Pokémon schnell und meistens auch problemlos.“, bemerkte Jaze.

„Das ist ein gut durchdachter Plan.“, bemerkte Ash und sah etwas grimmig zu den Rangern hinüber die sich angeregt zu unterhalten schienen. „Sollen wir Solana zu der Sache befragen?“

„Besser nicht.“, sagten Shio und Misty gleichzeitig. Sie sahen sich kurz an, dann deutete Shio Misty, dass sie antworten sollte. Diese nickt kurz zur Bestätigung und sah dann zu den Jungs.

„Solana liebt Lunas.“, sagte sie ernst. „Sie wird sich nie überzeugen lassen, dass dieser kontrolliert wird. Vor allem, da wir keine Beweise haben.“

„Weiber...“, motzte Jaze und bekam prompt eine Kopfnuss von Shio.

„Du bist heute so masochistisch...“, bemerkte diese trocken.

„Aber immer doch, meine Herrin.“, grinste Jaze. „Beschimpf mich, schlag mich, gibs mir dreckig!“ Wie erwünscht bekam er einen Tritt in die Weichteile. Ungerührt wandte sich Shio wieder den anderen zu.

„Wie dem auch sei“, fuhr sie fort, „Wer auch immer nachher mit Lunas eine Gruppe bildet muss ihn scharf im Auge behalten!“

„Verstanden!“, riefen alle gemeinsam. Die Jungs standen respektvoll stramm.

Die Wahrheit einer Illusion

Nacht in einem unbekannten Terrain. Ash und seine Freunde waren ein solches Setting gewöhnt. Und doch, diese Nacht hatte etwas gruseliges an sich. Solana hatte der Gruppe zwei Stunden Pause gewährt, bevor die Nachtwache begann. Die Grundlagen des Rangerdaseins hatten sie nun begriffen. Das Training war vorbei – aus Zeitnot – nun kam der Ernst.

Müde taumelnd, fast noch im Halbschlaf stand Ash vor Natasha. Misty, Rocko, Shio und Jaze sahen nicht minder angeschlagen aus. Das Training hatte sie stark beansprucht.

„Also dann, Trainer!“, rief Solana energisch. „Jetzt wird es ernst! Glaubt bloß nicht, dass wir euch Fehler durchgehen lassen, nur weil ihr keine Erfahrung habt!“ Als Antwort kam ihr nur ein müdes „jah“ entgegen.

„Wollt ihr mich veralbern?“, fuhr die Rangerin ihre Aushilfen an. Prompt war wieder Lunas zur Stelle, der sie wie immer mit einer Umarmung stoppte. Natasha legte ihr beschwichtigend die Hand auf die Schulter.

„Gib ihnen eine Chance, Solana.“, lächelte Natasha. „Du hast auch nicht alles am ersten Tag beherrscht.“

„Aber es sind Trainer“, verteidigte sich Solana. „Die verstehen doch gar nicht was es heißt, Ranger zu sein!“

„Ich kann verstehen, dass du misstrauisch bist“, bemerkte Shio, „Aber wir sind nicht die Trainer die dein Plusle gefangen und misshandelt haben. Wir gehen respektvoll mit unseren Pokémon um.“

„Wer garantiert mir das?“, fauchte Solana empört.

„Unsere Pokémon.“, entgegnete Shio trocken und kraule Abbys Hinterkopf.

„Wie denn, wenn keiner außer dir sie hören kann?!“ Solana geriet zusehens immer mehr in Rage.

„Du als Ranger solltest eigentlich wissen, dass Pokémon sich auch anders ausdrücken!“ So langsam wurde auch Shio wütend.

„Okay, Schluss, Auszeit!“, rief Rocko und stellte sich zwischen die Kampfhühner. „Wir haben andere Sorgen als Solanas Trainerkomplex. Wir sollten uns jetzt auf das Wesentliche konzentrieren!“ Die Mädchen verstummten, gifteten sich aber weiter durch Blicke an.

„Ich hatte es eigentlich anders geplant“, seufzte Natasha, „aber es sieht so aus, als müsste ich meine Teamaufstellung noch einmal abändern.“ Die Jugendlichen sahen die Rangerleiterin gespannt an. „Ash, Shio und Rocko gehen mit Lunas auf Streife, Misty und Jaze begleiten Solana.“
 

In dieser Aufstellung machten sich Ranger und Aushilfen an die Arbeit. Solanas Gruppe patrolierte den südlichen Abschnitt während Lunas' Team den Norden übernahm. Die Sonne ging schnell unter und der Psy-Park versank in Dunkelheit. Solana, Misty und Jaze beobachteten die Ebene.

„Da hinten bewegt sich was.“, rief Misty plötzlich erschrocken. Solana blickte durch ihr Fernglas.

„Das ist nur ein Kadabra.“, meinte sie. „Es ist auf dem Weg zum Teich.“

„Du sollst auf menschliche Schatten achten.“, sagte Jaze.

„Man kann nicht wirklich viel sehen.“, fauchte Misty beleidigt.

„Das ist die Zeit, in der die Diebstähle geschehen.“, mahnte Solana. „Zwischen Sonnenuntergang und Mondaufgang, wenn es am dunkelsten ist.

Jaze' Noctara hatte keinerlei Probleme etwas zu sehen. Das Unlichpokémon in ihm sah die Ebene genauso klar wie am Tag. Bisher war alles ruhig.

//Es ist so gruselig.//, heulte Azurill und klammerte sich an Noctaras Bein.

//Was denn, was denn?//, fragte Noctara höhnisch. //Hat das kleine Baby etwa Angst?//

//Du etwa nicht?//, schniefte das Kleine Pokémon.

//Wovor denn?//, schnaubte Noctara. //Die meisten Pokémon schlafen bereits. Und das Noctuh auf dem Baum dort oben hat versprochen mir Meldung zu geben, wenn es etwas sieht.// Noctuhs große Augen blitzen zu ihnen hinüber. Azurill klammerte sich fester.

//Es macht mit Angst.//, jammerte das blaue Pokémon.

//Wusst ichs doch.//, seufzte Noctara. //Erst große Töne spucken und dann vor Angst schlottern.//
 

Am anderen Ende des Parks befanden sich Lunas, Ash, Rocko und Shio in einem Waldstück. Durch die Kronen der alten Bäume blitzte nur ab und zu ein Stern. Nur ganz eben war der Pfad vor ihnen zu erkennen. Der gleiche, den sie am Nachmittag freigeräumt hatten.

„Es würde mich nicht wundern, wenn sie heute Nacht hier zuschlagen.“, meinte Rocko. „Man sieht ja kaum die Hand vor Augen.“

„Im Schutz der Dunkelheit – so was feiges.“, knurrte Ash.

„Das wird den Dieben nichts nützen.“, sagte Shio selbstsicher. „Absol sieht alles in der Dunkelheit. Außerdem hab ich die Unterstützung einer ganzen Ratfratzkolonie die hier lebt. Und glaubt mir, dass sind viele.“

„Das klingt sehr praktisch.“, lächelte Lunas. Shio schwieg. Sie musste ihn genau im Auge behalten. Sie war sich sicher, irgendetwas würde er versuchen – vermutlich sehr bald, solange der Mond noch nicht zu sehen war. Dafür hatte sie den Streit vorhin ja extra inszeniert. Nur, damit sie ihn beobachten konnte.

//Mal ganz ehrlich, manchmal ist Shio selbst mir gruselig.//, meinte Absol und spähte zwischen die dicht stehenden Bäume. Ihre Nachtsicht war nicht so berauschend wie die von Noctara was am Altersunterschied liegen mochte.

//Sie macht das ganze hier noch gruseliger.//, beklagte sich Mobai.

//Sie kann doch nichts dafür, dass sie so ist.//, verteidigte Pikachu das merkwürdige Mädchen.

//Es will nur ablenken, weil es Angst hat.//, gähnte Abby.

//Hab ich nicht!//, rief Mobai. Kurz darauf knackte es im Gebüsch. Nur Sekunden später war Mobai hinter Pikachu verschwunden. Ein Ratfratz kam aus dem Gebüsch und erstattete Bericht.

„Es sind Fremde in der Nähe des Waldteiches gesichtet worden!“, teilte Shio ihren Kameraden mit. „Schnell, hier lang!“, rief Lunas und lief vorraus. Die Trainer folgten nur knapp hinter ihm. Sie durften den Anschluss nicht verlieren.
 

Während Lunas Gruppe sich ihren Weg zum Waldteich bahnte, schmiedete dort Team Rocket seine unnützen Pläne. Die altbewehrten Fallgruben fingen ein schläfriges Psychopokémon nach dem anderen. Noch etwas Schlafpuder von Pudox und sie ließen sich Widerstandslos einpacken.

„Wir werden reich reich reich sein.“, summte Jessie und verpackte ein Psiana.

„Besonders, wenn wir das Famian der Knirpse haben.“, sang James. „Mauzi, was macht die Geisterfalle?“

„Alles bereit für die Nervensägen.“, grinste Mauzi und hielt eine Fernbedienung hoch. „Ich muss nur noch den Knopf hier drücken, dann ist es unser!“

„Jetzt steht unserem Sieg nichts mehr im Wege!“, grinste Jessie siegessicher.

„Hey, was...?“ Die Menschen sahen zu Mauzi. Die Fernbedienung für die Geisterfalle schwebte über seinem Kopf, knapp außerhalb seiner Reichweite. Sie schwebte davon um in der Hand einer platinblonden Frau zu landen die ein Nachtsichtgerät trug.

„Kyle, da sind Schmarotzer in unserem Jagdgebiet.“, sagte sie zu ihrem Begleiter.

„Sieh es positiv: sie haben uns einen großen Teil Arbeit abgenommen.“, sagte dieser mit einem ausdruckslosen Lächeln. Wie von Geisterhand öffneten sich die Säcke und die schlummernden Pokémon purzelten heraus.

„Hey, dass ist unsere Beute!“, rief Jessie.

„Davon träumt ihr.“, lächelte Kyle. Wenige Sekunden später war Team Rocket spurlos verschwunden.

„Wo hast du sie hingeschickt?“, fragte die Blonde und warf gelangweilt einen lila-schwarzen Pokéball nach einem schlafenden Galoan.

„In die Wüste.“
 

Während die Wilderer Team Rockets Beute einfingen liefen Lunas, Ash, Shio und Rocko noch immer durch den Wald.

„Stop!“, rief Shio plötzlich. Die Jungs blieben stehen und drehten sich zu ihr um. Drei fragenden Gesichter und vier große Pokémonaugen sahen sie verwundert an.

„Wir laufen im Kreis.“, erklärte sie ihren Einwurf düster.

„Willst du damit sagen, dass ich die Orientierung verloren habe?“, schnaubte Lunas beleidigt.

„Eher, dass du uns absichtlich im Kreis führst, um deinen Kollegen vom Diebesteam Zeit zu verschaffen.“

„Das ist doch Unsinn!“, rief Lunas.

„Wir wissen längst, dass jemand Lunas kontrolliert.“, konterte Ash an Shios Stelle. Er kam sich dämlich vor, über eine Person die direkt vor ihm stand zu reden mit einer weiteren Person die gar nicht da war.

„Ihr wisst Bescheid?“ Wer auch immer den schwarzhaarigen Jungen kontrollierte, er hatte nicht damit gerechnet aufzufliegen.

„Gib ihn frei!“, verlangte Shio.

„Zwing mich!“, entgegnete Lunas und streckte ihr die Zunge raus.

„Jeder Zeit!“

„Dann mach mal!“

„Liebend gerne!“

„Der Kontrolleur muss ein Mädchen sein.“, flüsterte Rocko. „Der reinste Zickenkrieg.“

„Schnauze!“, fauchten Shio und Lunas gleichzeitig. Anschließend starrten sie sich feindlich an.

Shio wusste, Lunas Kontrolleur wollte Zeit schinden. Seine Kollegen waren sicher irgendwo in der Nähe. Aber Shio kannte ihre eigenen Fähigkeiten. Um in den Kopf anderer Menschen eingreifen zu können, musste man sich in dessen Nähe befinden.

„Abby“, flüsterte sie, „Klingensturm auf die gesamte Umgebung.“

//Was du wieder verlangst.//, seufzte das Pokémon, setzte den Befehl dennoch um. Vier Wirbelstürme bildeten sich um es herum während seine Klinge anfing zu leuchten. Dann sprang es hoch und schoss Lichtklingen in die Wirbelstürme, die sich mehrfach teilten und in alle Richtungen davon stürmten.

Der Klingensturm schnitt den Bäumen kleine Äste ab und hinterließ tiefe Wunden in den dickeren. Die Pokémon flüchteten, während aus einem Busch ein lauter Kinderschrei kam. Ein Mädchen von etwa neun Jahren kam aus diesem herausgerannt.

„Bist du irre?!“, schrie sie und rieb sich einen Kratzer auf ihrer Wange. Sie trug eine schwarzviolette Uniform die sehr stark an die der Ranger in diesem Park erninnerte.

„Das gleiche könnte ich dich fragen.“, entgegnete Shio. „Menschen sind kein Spielzeug!“

„Und ob!“, grinste das Mädchen. „Wir sind viel mächtiger als diese langweiligen Normalos! Wir sind die nächste Stufe der Evolution. Die Menschen haben uns zu gehorchen!“

Irritiertes Schweigen bei den Trainern. Shio war die erste, die zu Lachen anfing, die Jungs folgten. Das Mädchen bleckte wütend die Zähne.

„Schweigt!“, riefen sie und Lunas gleichzeitig, während Lunas Minun die Gesten Nachahmte und Quieckgeräusche von sich gab.

„Na sieh mal einer an.“, grinste Shio provokant. „Sie kann in ihrer Wut ihre und Lunas Bewegungen nicht mehr trennen.“ Rocko begriff Shios Plan als erstes und ging drauf ein.

„Sie ist wohl doch nicht so toll wie sie denkt.“, meinte er abwertend.

„Halt die Klappe, halt die Klappe, halt die Klappe!“, rief das Mädchen und Lunas' und Minuns Körper bewegten sich synchron mit.

„Was ist schon jemand wert, der seine Fähigkeiten nicht unter Kontrolle hat?“, stichelte Shio weiter.

„Sei still!“, schrie die Kleine. Lunas und Minun ahmten sie dieses Mal mit etwas Rückstand und träge nach, als wollten sie nicht. Erst jetzt verstand Ash, was Shio vorhat.

„Wers nicht kann hat selbst Schuld.“, grinste er gehässig.

„Schnauze!“, kreischte das Mädchen vor Wut. In diesem Augenblick löste sich ihre Kontrolle über Lunas und Minun: Der schwarzhaarige Junge besann sich sofort, ebenso wie sein Minun, das eine Donnerwelle nutzte um ihre Marionettenführerin zu paralysieren.

„Endlich.“, seufze Lunas. „Ich dachte schon, ich müsste ewig unter ihrer Kontrolle stehen. Aber wir müssen uns beeilen. Ich weiß, dass ihre Kollegen bereits dabei sind zu wildern!“

„Woher weißt du das?“, fragte Ash misstrauisch.

„Während sie mich kontrolliert hat, habe ich jeden ihrer Gedanken mitbekommen.“, erklärte Lunas. „Ein Telepath namens Dante koordiniert die Anderen in ihrem Team. Es sind alles Psychos!“

„Hey, keine Beleidigungen!“, warnte Ash Lunas aus Rücksicht auf Shio.

„Lass gut sein, ich bins gewöhnt.“, winkte Shio ab. „Außerdem bezieht er das Psychos auf die Gruppe die glaubt besser als normale Menschen zu sein. Zu denen ich im Übrigen nicht gehöre, entgegen deiner Meinung, Lunas.“

„Das können wir später ausdiskutieren!“, erinnerte Rocko, hob das bewusstlose Mädchen hoch und legte sie über seine kräftige Schulter. „Die Pokémon brauchen uns jetzt!“
 

Während der Aufregung im Wald war die südliche Ebene ruhig. Die tagaktiven Pokémon schliefen, die Nachaktiven waren auf Futtersuche. Solana, Misty und Jaze legten gerade eine kleine Pause ein, als Noctara einen Bericht von seinem Späher Noctuh erhielt.

//Der Kampf beginnt.//, meinte es und erhob sich. Es griff einen Zipfel von Jaze' Hose mit den Zähnen und zupfte dran um auf sich aufmerksam zu machen.

„Was ist?“, fragte dieser. „Hörst du etwas?“ Noctara zog weiter am Stoff um seinen Trainer in Bewegung zu bringen.

„Ist ja gut.“ Jaze stand auf.

„Es scheint es eilig zu haben.“, bemerkte Misty, die ihr verängstigtes Azurill beruhigte.

„Dann zeig uns den Weg!“, rief Solana und sprang auf. „Wir müssen diesen Wilderern endlich das Handwerk legen!“
 

Solanas und Lunas' Gruppen kamen fast gleichzeitig am Waldteich an. Hier bot sich ihnen ein gespenstisches Schauspiel: Zwei junge Erwachsene standen am Ufer und warfen wahllos Pokébälle auf Pokémon, die alle wie in Trance zum Teich kamen und sich nicht zu wehren versuchten. Der Boden lag bereits voll mit den Bällen der bereits gefangenen Pokémon.

„Wir haben Besuch.“, meinte Kyle und stoppte seinen nächsten Wurf.

„Unsere Prinzessin gibt sich die Ehre.“, grinste die blonde Frau. Doch bei dem Anblick ihrer bewegungslosen Mitstreiterin gefroren ihre Gesichtszüge. „Suchinka hat versagt!“ Ihre Stimme war getränkt von Zorn.

„Entschuldige, Andra.“, wimmerte das immernoch paralysierte Mädchen, während es von Rocko auf dem Boden abgelegt wurde.

„Kommt mir das nur so vor oder ähneln die Uniformen denen der Ranger?“, bemerkte Misty.

„Das kommt dir nicht so vor, das sind Ranger!“, rief Solana verbittert. „Andra, Kyle, Su, was hat das hier zu bedeuten? Ihr seid doch Psy-Park-Ranger!“ Die Erwachsenen lachten kalt und höhnisch.

„Es gibt keine Ranger in diesem Park!“, grinste Andra. „Dieses ganze Areal wurde nur für unsere Zwecke erschaffen! Und ihr wart Teil der Tarnung!“

„Das kann nicht wahr sein!“ Solana wirkte verzweifelt.

„Ich fürchte, es ist so.“, sagte Lunas ernst. „Seid ich hier angekommen bin wurden Minun und ich von Suchinka kontrolliert.“

„Und dein Plusle ebenfalls und auch immernoch.“, fügte Shio hinzu. Dann sah sie sich um und rief: „Komm raus, das Spiel ist vorbei! Wir wissen, dass du da bist.“

Es raschelt im Gebüsch und heraus kamen nicht eine Person, sondern zwei. Zwei junge Frauen die absolut identisch aussahen – Zwillinge.

„Ich kann das alles nicht glaube!“ Solana schüttelte den Kopf. „Das ist unmöglich!“

„Es ist Realität, Kleines.“, feixte Andra. „Du bist auf unser Schauspiel gnadenlos hereingefallen.“

Solana sank auf die Knie. Ihr Vertrauen war missbraucht worden. Menschen denen sie blind gefolgt war hatten sie betrogen. Tröstend kniete sich Lunas zu ihr und nahm sie in den Arm.

Shio beobachtete das ganze. Wenn sie solche arroganten Menschen sah packte sie die Wut. Wer auf den Gefühlen anderer Menschen herumtrampelte hatte in ihren Augen in der Gesellschaft nichts verloren – erst recht nicht, wenn sie sich für etwas besseres hielten.

„Absol, Klingennsturm!“, rief sie und zeigte auf Andra. Abby wiederholte den Angriff der vorher Suchinka aus ihrem Versteck getrieben hatte und richtete ihn auf die platinblonde Frau. Andra, die der Telekinese fähig war, holte schnell die frei herumliegenden Pokébälle zusammen und bildete somit einen Schutzwall. Die scharfen Lichtklingen zerschnitten das Metall der Bälle und die darin gefangenen Pokémon wurden befreit.

„Pass doch auf, was du als Schild nutzt!“, schimpfte ihr Begleiter und sah zu, wie ihre gefangenen Pokémon unsanft auf den Boden fielen und größtenteils durch den Aufprall erwachten. Vielen von ihnen machten einen verwirrten Eindruck als wüssten sie nicht wo sie wären oder wie sie dorthin gekommen waren.

„Yara! Vernachlässige nicht deine Aufgabe!“, zischte Andra in Richtung der Zwillinge. Eine der Beiden wich zurück.

„Ich habe nicht die Kraft wache Kreaturen zu befehligen!“, rief sie und machte gemeinsam mit ihrer Schwester einen weiteren Schritt rückwärts. Die Psychopokémon machten nicht den Eindruck, als wären sie glücklich über den unbewussten Ortswechsel. Sie konnten sich zusammen reimen, dass die Menschen etwas damit zu tun haben mussten. Alle Menschen und deren Pokémon in ihrer Nähe wurden mit glühenden Augen fixiert.

„Kyle, wir müssen von hier verschwinden!“, rief Yaras Schwester. Der einzige Mann der Gruppe nickte finster und verschwand scheinbar ins Nichts.

„Aber nicht ohne sie hier!“, erklang seine Stimme nur Sekundenbruchteile später hinter Shio. Bevor sie reagieren konnte wurde sie von hinten an beiden Armen gepackt und nach vorne gestoßen.

„Au! Lass mich los!“, rief Shio und wand sich in dem festen Griff des Älteren. Doch dieser trieb sie nur weiter in Richtung seiner Kameradinnen.

„Lass sie sofort los!“, rief Ash. „Pikachu! Donn...!“

„Wenn du mich triffst, schadest du auch der kleinen.“, mahnte ihn Kyle. Ash biss sich wütend auf die Zunge.

„Was wollt ihr von Shio?“, wollte Jaze aufgebracht wissen.

„Sie ist eine von uns!“, rief Andra höhnisch. „Mit Gesindel wie euch braucht sie sich nicht abzugeben!“

„Wer seid ihr, dass ihr glaubt, das für mich entscheiden zu können?“, fragte Shio und wehrte sich weiterhin. „Und was ist mit der Kleinen? Wollt ihr sie einfach hier lassen?“ Das kalte Lachen des Mannes kam ihr bekannt vor. Sie war sich sicher, es schon irgendwann einmal gehört zu haben.

„Su ist ersetzbar!“, sagte er verächtlich. „Du nicht. Du, mit der wunderbarsten Fähigkeit von allen.“

„Wovon reden die?“, fragte Jaze verwirrt.

„Shio hat drei Fähigkeiten, das ist schon etwas besonderes.“, überlegte Rocko.

„Aber welche davon sollte die besondere sein?“, überlegte Ash. „Gedankenlesen empfindet sie selbst als lästig.“

„Und Telekinese und Erinnerungsmanipulation kann sie nur beschränkt einsetzen.“, ergänzte Misty.

Wieder lachte Kyle nur. Ebenso wie seine weiblichen Mitstreiter. Es war ein Lachen das den anderen das Gefühl gab vollkommen unwissend zu sein.

„Lasst uns endlich verschwinden!“, jammerte Suchinka. Das kleine Mädchen hatte den Aufruhr genutzt um zu seinem Team zu schleichen. Das war keine schlechte Idee, denn die Psychopokémon waren wieder bei Kräften und bereit zum Angriff. Ein Simsala schoss eine Psychowelle direkt auf Kyle zu. Dieser wurde im Rücken getroffen und fiel zu Boden wobei er Shio zunächst mit sich riss, dieser aber durch einen Schmerzreflex beim Aufprall losließ. Das Mädchen aus der Zukunft nutzte ihre Chance und nahm so schnell wie möglich so viel Abstand wie möglich zu dem Mann der sie soeben hatte entführen wollen. Andra, Suchinka, Yara und ihre Zwillingsschwester stürzten sich auf ihn. Jeder von ihnen griff einen Teil von Kyles Kleidung.

„Bring uns hier weg!“, schrie Andra und duckte sich vor einem Psystrahl. Kyle machte ein bitteres Gesicht – der Geschmack der Niederlage gefiel ihm gar nicht – doch nur Sekunden später waren sie allesamt verschwunden. Übrig blieben nur ein verwirrter Ash, eine empörte Misty, ein grübelnder Rocko, ein besorgter Jaze, eine entsetzte Shio, eine immernoch fassungslose Solana und ihre besorgter Freund Lunas sowie ihre Pokémon. Der Zorn der Psychopokémon richtete sich nun gegen sie, obwohl die Trainer und Ranger ihnen nichts getan hatten.

„Lauft!“, rief Rocko. „Wir treffen uns später am Hauptgebäude!“ Lunas zog seine verstörte Freundin auf die Beine, Misty schnappte sich geistesgegenwärtig Ashs Hand und zerrte ihn davon. Shio hatte Probleme auf ihrem vom Schreck wackligen Beine zu kommen. Jaze hatte sie schon fast erreicht, als ein Psiana sich mit ausgefahrenen Krallen auf Shio stürzte. Diese hob die Arme vors Gesicht und war keine Sekunde später verschwunden.

Der Morgen nach einer langen Nacht

Die Sonne ging bereits auf, als Jaze als erster am Hauptgebäude der Parkranger ankam – oder zumindest an dem Ort, an dem es stehen sollte. Statt des prächtigen modernen Baus stand dort nur eine alte Ruine deren Grundrisse allerdings denen des Hauptgebäudes glichen.

„Eine weitere Illusion.“, murmelte Garys Sohn und ließ sich auf die Reste einer eingestürzten Mauer sinken. Seine Beine waren taub vom Rennen und er wünschte sich nichts sehnlicher als ein oder zwei Flaschen oder vielleicht auch einen ganzen Kasten frisches Wasser. Der Sonnenaufgang über der Ebene war ironisch schön nach einer solch katastrophalen Nacht. Es war so viel unerklärliches geschehen die es zu verdauen gab. Doch bevor er sich in Ruhe darüber Gedanken machen konnte musste er das für ihn wichtigste Rätsel der letzten Nacht lösen: Wo war Shio?
 

Die gleiche Frage stellte sich Absol. Von den Menschen getrennt hatte es jegliche Spur zu Shio verloren. Es hatte versprochen sie zu beschützen und nun war sie direkt vor seinen Augen verschwunden! Sein stolz war zu tiefst verletzt.

Ziellos durchsuchte es den Wald. Er war so groß und ihm Unbekannt. Obendrein war es müde und schwach, es konnte sich kaum auf den Beinen halten. Nach einiger Zeit kam es wieder zum Waldteich. Es war ruhig – die Jäger der Nacht gingen schlafen und die tagaktiven Pokémon erwachten langsam. Gierig trank es von dem kühlen Wasser. Doch egal wie viel es trank, es half nichts gegen seine Müdigkeit.

Es raschelte hinter ihm im Gebüsch. Erschrocken fuhr es herum, doch es konnte sich beruhigen. Es war nur Noctara, dass sich durch einen Dornenbusch quälte.

//Warum gehst du nicht außen herum?//, fragte Absol neckend.

//Der Busch dahinter hatte keine Dornen.//, beschwerte sich Noctara und leckte sich die Kratzer.

//Hast du die Menschen gesehen?// Absol machte sich Sorgen. Sicher, das Gelände war groß, aber ihm war kein einziger Mensch oder ein anderes Pokémon über den Weg gelaufen – und es hatte nun wirklich genug Haken geschlagen um seinen Weg mit irgendwem zu kreuzen während es eine Gruppe Bronzel und Bronzong verfolgte.

//Keinem Menschen, aber den Babys.// Noctara setzte sich neben Absol. //Die Kleinen waren so in Panik, die haben mich wahrscheinlich nicht einmal bemerkt.// Absol blickte betrübt ins klare Wasser. Wahrscheinlich würde es den ganzen Tag dauern, bis sie auf einen Menschen stießen – vermutlich noch länger.

//Nicht so pessimistisch!// Noctara stupste Absol in die Seite. //Ich habe niemanden gesehen, aber ich glaube, ich habe deinen Menschen gehört.// Plötzlich fühlte Absol sich wieder voller Kraft.

//Wo ist sie? Geht es ihr gut?!// Mit einem Satz war es auf den Beinen. Doch sofort wurde ihm schwarz vor Augen und es sackte wieder zu Boden.

//Die Frage ist, ob es dir gut geht.// Noctara sah kritisch zu, wie Absol versuchte wieder auf die Beine zu kommen. //Du kannst ja kaum stehen.//

//Du verstehst nicht.// Absol durfte jetzt nicht schlapp machen. //Wenn ich sie nicht finde geht die Welt unter...//
 

Ash hatte inzwischen den Hauptweg wiedergefunden – ebenso wie die beiden Babypokémon. Sein Pikachu hatte seine Seite niemals verlassen. Müde ging er den Weg entlang von dem er wusste, dass er zum Hauptgebäude zurück führte. Allerdings war noch kein Ende des Waldes in Sicht. Er war müde und wünschte, er wäre ein kleines Pokémon, dann könnte er wie Pikachu, Mobai und Azurill sich von einem Menschen tragen lassen und schlafen. So langsam wurden seine Arme schwer und er hatte Mühe Mobai und Azurill festzuhalten. Pikachu lag sicher über seiner Schulter und schnarchte leise in sein Ohr. Das Geräusch machte ihn nur noch schläfriger. Er suchte sich eine Stelle etwas abseits vom Weg, setzte die Pokémon vorsichtig ab und legte sich unter eine große alte Eiche. Nur ein bisschen Schlaf. Nur fünf Minuten...
 

An Schlaf konnte Misty gerade gar nicht denken. Sie war eben erst aufgewacht – in einer Kuhle die aussah, als hätte Team Rocket sie gegraben. Wenn die jetzt auch noch auftauchten, Misty war sich sicher sie würde ausflippen. Aber immerhin war sie den Psychopokémon entkommen und die drei Clowns waren auch noch nicht aufgetaucht. Jetzt musste sie nur einen Weg finden wieder nach Oben zu kommen. Alleine schaffte sie es einfach nicht. Ihre Hilferufe verhallten in den hohen Baumwipfeln. Ein neugieriges Ratfratz lugte über den Rand der Kuhle, verschwand aber bald wieder mit einem schadenfrohen Ausdruck im Gesicht. Enttäuscht ließ sich Misty wieder auf den Boden sinken. Sie machte sich große Sorgen um ihr kleines Azurill. Wie es ihm wohl erging, getrennt von seiner Mama allein in diesem großen Wald umringt von gefährlichen Psychopokémon? Sie schauderte bei dem Gedanken an all das, was passieren könnte und vermutlich schon passiert ist. Mit ihrem geistigen Auge sah sie ihr Baby schwer verletzt irgendwo tief im Gebüsch liegen wo sie es niemals finden würde.

„Mein armes kleines Azurill.“, schluchzte Misty sorgenvoll. Kurz darauf viel etwas von oben auf sie drauf. Ein Mensch in rot-schwarzer Kleidung mit blauen Haaren.

„Diese verdammten Psynix!“, schimpfte sie, nicht bemerkend, dass sie auf einem Menschen lag. „Ihr Humor ist wirklich das Letzte!“

„Die Wand zeigt Spatenspuren, sie ist niemals von einem Pokémon gegraben worden.“, ächzte Misty. Solanas Hintern wog schwer auf ihrem Bauch. „Das war eindeutig Team Rocket.“

„Wie lange bist du denn schon hier unten?“, fragte Solana überrascht ohne daran zu denken, dass sie Misty die Luft abdrückte.

„Da Sonnenaufgang ist würde ich sagen ein paar Stunden.“, keuchte Misty atemlos. „Aber wenn du nicht bald von mir runter gehst bin ich gleich im Himmel.“ Solana rutschte so gut es in dem engen Loch ging von ihrer Aushilfe herunter. Irgendwie arrangierten die zwei sich so, dass sie beide wenigstens halbwegs gemütlich sitzen konnten. Sie saßen sich gegenüber und schwiegen sich an. Keine mochte das Gespräch eröffnen. Solana schämte sich für die Ignoranz, die sie Trainern gegenüber gezeigt hatte. Es war ihr über den vorherigen Tag klar geworden, dass Trainer gar nicht so schlimm sind. Der Umgang mit ihren Pokémon ist der gleiche wie bei den Rangern, nur dass sie Bindungen mit viel mehr Pokémon haben. Lediglich die Arbeit die sie ihren Pokémon gaben waren verschieden, aber nicht unterschiedlich gefährlich. Wo war ihr Plusle nur? Das arme kleine das ihr vom Hafen ihrer Heimatstadt bis Herbstenau gefolgt war fühlte sich sicher einsam ohne sie. Es konnte sich selbst verteidigen, aber gegen so eine Masse von Pokémon wie letzte Nacht war es machtlos. Letzte Nacht hatten sie als Ranger versagt.

„Ich frage mich, ob Shio von den Wilderern entführt wurde.“, murmelte sie vorsichtig.

„Shio?“, fragte Misty verblüfft. „Was ist mit ihr? Sie ist ihnen doch entkommen.“

„Hast du es nicht gesehen?“, fragte Solana ungläubig. „Sie hat sich einfach in Luft aufgelöst!“

„Sie hat was...?!“ Misty stockte der Atem.

„Hast du das nicht mitbekommen?“, wunderte sich Solana.

„Ich war zu beschäftigt mit flüchten.“, schämte sich Misty.

„Das ist nicht gut.“, belehrte Solana. „Ich für meinen Teil kontrolliere immer erst ob meine Kameraden sicher sind bevor ich mich selbst in Sicherheit bringe.“ Misty spürte einen Stich im Herzen. Solana fuhr fort: „Shio wurde von einem Psiana angegriffen, Jaze kam nicht rechtzeitig zu ihr und dann ist sie einfach verschwunden. Jaze hatte zum Glück genug Verstand nicht ewig auf der Stelle stehen zu bleiben und ist abgehauen.“

„Glaubst du unsere Gegner haben sie mitgenommen?“, fragte Misty verunsichert.

„Das wäre eine Möglichkeit.“, überlegte Solana. „Aber wenn es jemanden mit dieser Fähigkeit in ihrer Gruppe gäbe hätten die Frauen sich nicht an Kyle klammern müssen. Das einzige wäre, dass ein Pokémon sie teleportiert hat oder sie selbst.“
 

Rocko hatte es irgendwie geschafft mit Lunas und seinem Minun zusammen zu bleiben. Nachdem sie sich bis zum Morgengrauen in einem alten Geradachsbau versteckt hatten waren sie den aufgebrachten Pokémon endlich entkommen. Doch während sie auf den Moment warteten, an dem sie endlich sich der Bau verlassen konnten hatten sie viel Zeit sich zu unterhalten. Es waren nur geflüsterte Worte, doch die beiden jungen Männer verstanden sich sofort. Sie tauschten Erfahrungen im Umgang mit Pokémon aus, diskutierten über Menschen die ihre Pokémon falsch behandelten und wie man mit den Uneinsichtigen unter ihnen Verfahren sollte. Doch ihr Hauptthema waren ihre Gegner in dieser nach. Nach dem was Lunas mitbekommen hatte nannten sie sich Team Psy. Jedes Mitglied war ein Esper – ein fähiger Esper – der sich selbst als besser als die normalen Menschen sieht, als Auserkorener diese Welt zu beherrschen. Das war ihr Ziel. Den nach ihrer Ansicht ihnen gegebenen Rang einzunehmen.

„Natürlich sehen sie auch die Psychopokémon als über den anderen stehend.“, erzählte Lunas. „Sie haben eine Möglichkeit diese anzulocken. Anscheinend irgend ein Gerät. Sie mussten es am Waldteich dabei gehabt haben, sonst wären die ganzen Pokémon nicht gekommen.“

„Psychopokémon sind laut Shio zwar ziemlich eingebildet und asozial“, überlegte Rocko, „aber nur wenige kommen auf die Idee sich als Herrscher zu sehen. Das würde dann doch zu weit gehen, die anderen Pokémon würden sie überrennen.“

„Ich bezweifle auch, dass Team Psy irgendwelchen Erfolg haben wird.“, stimmte Lunas zu. „Aber es wäre ein Krieg der viele Opfer fordern würde.“

„Vermutlich.“, murmelte Rocko nachdenklich. „Wenn ich nur wüsste, was sie von Shio wollen. Woher wissen sie von ihr? So lange ist sie doch noch gar nicht in dieser Zeit...“

„In dieser Zeit?“ Lunas starrte Rocko ungläubig an. Der hätte sich am Liebsten die Zunge abgebissen für diesen Fehler. Sie hatten ihn im Vertrauen eingeweiht. Wenn er Shio enttäuscht wird sie ihn wieder vergessen lassen. Obwohl, Lunas und Solana würden sowieso wieder alles vergessen. Aber was, wenn Shio nicht wieder auftauchte? Wenn sie verschollen blieb? Er mochte sich nicht ausmalen, was dann passierte.

Teleportations Chaos

Shio war nicht irgendwo verschollen. Das Erste was sie sah als sie ihre Arme wieder runter nahm – aus ihr unerklärlichen Gründen war es plötzlich morgens - war ein Haus mit einer Windmühle auf einem Hügel, umgeben von einem gigantischen Grundstück. Um es herum lag ein kleines Dorf mit wenigen weiß gestrichenen Häusern mit großen Gärten und vielen Grünflächen. Eine ruhige Idylle in einer malerischen Hügellandschaft.

„Bin ich im Himmel?“, fragte sie sich selbst.

„Aber nicht doch.“, lachte eine Frauenstimme hinter ihr. Shio fuhr herum und erblickte eine Frau Anfang bis Mitte dreißig mit langen braunen Haaren. Ihr Gesicht kam ihr bekannt vor.

„Aber wo bin ich dann?“ Shio konnte nicht fassen, dass dies ein realer Ort war – und vor allem, dass sie plötzlich hier war. Wie war sie nur hierhin gekommen?

„Du bist in Alabastia, Liebes.“, antwortete die Frau. „Hast du dich verlaufen?“ Shio wurde rot. Verlaufen in ihrem Alter war ein absolutes No-Go! Aber ihre Situation war ähnlich.

„Ich weiß nicht wie ich hergekommen bin, aber gelaufen bin ich nicht.“, murmelte sie verlegen. Die Frau sah sie verwirrt an, dachte sich aber ihren Teil unwissend, dass Shio es hören konnte und beschloss nicht weiter nachzufragen. Dafür hatte sie eine andere Idee.

„Komm mit, Liebes. Ich wollte gerade zu Professor Eich, er kann dir sicher irgendwie helfen.“ Freundlich reichte die Fremde Shio die Hand. „Ich bin Delilah Ketchum. Und mit wem habe ich die Ehre?“ Shio klappte der Unterkiefer runter wie ein zu gut geöltes Scharnier. Natürlich hatte sie bei dem Treffen mit ihrem Vater über seine Familie gesprochen. Ihr Tanten mütterlicherseits kannte sie ja zur genüge, doch die Familie ihres Vaters kannte sie gar nicht. Er hatte ihr von seiner Mutter, ihrer Großmutter erzählt – und von seinem Heimatort Alabastia. Als sie angegriffen wurde hatte sie geglaubt ihr letztes Stündlein hätte geschlagen und daran gedacht, wie gern sie ihr Großmutter kennen lernen würde. Und plötzlich war sie hier, direkt neben Ashs Mutter. Saihon lag etwa zwei Tagesreisen mit dem Auto von Alabastia entfernt. Sie hatte diese Strecke in ein paar Stunden hinter sich gebracht. Wie auch immer sie das gemacht hatte.

„Stimmt etwas nicht?“, fragte Frau Ketchum.

„Äh, nein, alles Okay.“, nuschelte ihre zukünftige Enkelin und stand auf. „Ich bin Shio, ich reise mit Ash zusammen.“

„Ach wirklich? So ein Zufall.“, wunderte sich Ashs Mutter. „Aber Ash ist doch in Saihon. Wie kommst du denn hier her?“

„Das wüsste ich auch sehr gerne.“, murmelte Shio, auch wenn sie es sich bereits denken konnte. Doch sicher war sie sich nicht.

Vorerst ging Shio mit ihrer Großmutter mit. Es war ein verlockendes Angebot den Professor Eich dieser Zeit zu treffen. Gary Eich hatte seine Nachfolge in ihrer Zeit erst vor kurzem angetreten. Leider hatte sie nie die Gelegenheit gehabt ihn kennen zu lernen – weder während ihrer Reisen noch während ihrer Gespräche über den Pokéterm. Professor Samuel Eich war in ihrer Zeit seit etwa zwei Jahren tot, verstorben an Altersschwäche.

Noch bevor Delilah und Shio das Tor zum Anwesen des Pokémonprofessors erreichten trafen sie zwei Junge Männer. Einen von ihnen kannte Shio bereits, der zweite kam ihr bekannt vor.

„Guten Morgen Frau Ketchum.“, grüßte Tracey. Professor Eichs Assistent war gerade dabei den Weg vor dem Tor zu fegen. Neben ihm stand Gary und sah Shio ungläubig an.

„Guten Morgen.“, antwortete Delilah lächelnd. „Schon früh am Werk?“

„Nur ein bisschen Zeit überbrücken bis zum Frühstück.“, entgegnete Tracey. „Nicht, Gary?“ Aber Gary antwortete nicht

„Glotz nicht so.“, beschwerte sich Shio. „Ich bin nicht freiwillig hier.“

„Ihr kennt euch?“, wollte Ashs Mutter wissen.

„Flüchtig.“, antwortete Gary. „Ist Ash auch hier?“

„Nein“, Shio schüttelte den Kopf, „ich bin allein hier.“

„Aber wie?“, wollte Gary wissen. Shio zuckte nur mit den Schultern.

„Lasst uns das drinnen klären.“, schlug Tracey vor.

„Genau.“, unterstützte ihn Frau Ketchum. „Ich mache uns das geplante gemeinsame Frühstück und ihr sprecht euch aus. Gut, dass ich so viel von meinem selbst gezüchteten Gemüse mitgebracht habe.“
 

Professor Eich hatte Shio als eine Freundin von Ash herzlich willkommen geheißen. Sie saßen gemeinsam auf der Terasse und unterhielten sich, während Ashs Mutter in der Küche Frühstück machte. Der Professor war begeistert, als er von Ashs neuestem Fangerfolg erfuhr.

„Das ist ja großartig! Ich wollte dieses seltene Pokémon schon länger mal studieren!“, rief er aufgeregt. „Ich muss Ash so bald wie möglich bitten mir sein Famian zu schicken. Das wird mir sehr wertvolle Daten geben.“ Gary schaute Shio düster an.

„Wenn du interessante Daten willst, lass dir das No...“ Shio hielt ihm sofort den Mund zu. Er hatte seinem Großvater die Existenz Noctaras mitteilen wollen.

„Willst du Jaze und mich in Schwierigkeiten bringen?“, zischte sie leise, unverständlich für Professor Eich.

„Es ist schwer ein solches Geheimnis für sich zu behalten.“, konterte Gary provokant.

„Ash, Misty und Rocko wissen inzwischen auch Bescheid.“, flüsterte Shio. „Wenn du wen zum Reden brauchst sag ich ihnen sie sollen dich anrufen, wenn ich wieder bei ihnen bin.“

„Meinst du nicht, dass alle eure Verwandten ein Recht haben Bescheid zu wissen?“, wisperte Gary.

„Je weniger, desto besser.“, knurrte Shio. „Weißt du, was das für eine Arbeit ist allen die Gedächtnisse zu verändern?“

„Es ist doch einfacher wenn du es einmal pro Person machst, als jedes Mal wenn jemand es raus gefunden hat.“, entgegnete Gary.

„Wer weiß, ob ich sie jemals wieder sehen?“, fragte Shio ernst. „Ich kann nicht vor meiner Abreise die ganze Welt bereisen!“

„Mein Gedächtnis hast du nicht gelöscht!“, trotzte Gary.

Die Streitenden hatten nicht gemerkt, dass ihr Stimmen immer lauter wurden. Professor Eich und Tracey hatten alles ab Shios „...Gedächtnisse zu verändern“ mitbekommen.

„Wie wäre es“, begann Professor Eich laut, „wenn ihr uns einfach erzählt was los ist. Wir können dann selbst entscheiden, ob es wichtig ist unser Gedächtnis zu löschen.“ Shio zuckte zusammen und Gary grinste siegessicher.

„Gedächtnis löschen?“, Frau Ketchum kam mit einem riesigen Tablett das mit allem, was das Herz zum Frühstück begehrte voll gestellt war zu ihnen nach draußen.

„Delilah, sie haben sich wieder selbst übertroffen.“, komplimentierte Professor Eich seine Nachbarin.

„Aber nicht doch, Professor.“, winkte Ashs Mutter ab während sie die Sachen auf dem Tisch verteilte. Dann stellte sie das Tablett zur Seite und setzte sich zu ihnen.

„Also, Shio, lüfte bitte das große Geheimnis.“ Der Professor sah Ashs zukünftige Tochter auffordernd an, doch diese weigerte sich noch ein Wort zu sagen. Stumm nahm sie sich von dem gebratenen Speck und eine Scheibe Toast und begann zu essen. Gary hatte keine Lust darauf zu warten, dass sie warm wurde.

„Sie kommt aus der Zukunft.“, erklärte er. „Sie ist Ashs zukünftige Tochter.“ Die Erwachsenen hoben ungläubig die Augenbrauen. Nur Shios Großmutter blieb ruhig.

„Das erklärt, warum du mich an Ash und Misty erinnerst.“, lächelte sie, die Ruhe selbst. Shio sah sie verblüfft an. Sie an Stelle ihrer Großmutter hätte Panik gekriegt. Vermutlich.

„Aber sind Zeitreisen nicht sehr unwahrscheinlich?“, fragte Tracey.

„Es gibt Pokémon die die Fähigkeit haben alleine oder mit Hilfe einer von Menschenhand geschaffenen Aparatur Zeitreisen zu ermöglichen.“, erklärte Professor Eich. „Zu diesen Pokémon zählen das Legendäre Celebi und Puppance. Bei Absol wird es vermutet, aber es gibt keine Beweise.“

„Doch, sie.“, sagte Gary und deutete auf Shio.

„Halt die Klappe!“, rief Shio aufgebracht. „Halt dein Nase aus Angelegenheiten raus die dich nichts angehen!“

„Es geht mich sehr wohl etwas an, schließlich hast du meinen Sohn mitgebracht!“, entgegnete Gary. „Außerdem bin ich auch ein Forscher! Beweise für Legenden zu finden ist etwas seltenes!“

„Das sind Entdeckungen die dein zukünftiges Ich gerne verbreiten kann, aber jetzt ist es noch zu früh!“, argumentierte Shio und wünschte sich im gleichen Moment wieder zu Hause in ihrem Zimmer zu sein.
 

Als sie das nächste Mal die Augen aufschlug saß sie auf einem Bett in einem ihr unbekannten Zimmer. Es war sauber und ordentlich, Die Einrichtung war in blau weiß gehalten. An den Wänden hingen Poster von Wasser Pokémon. Auf einem Schreibtisch stand ein Foto. Shio kam näher um es sich anzusehen. Es war das gleiche, dass bei ihr zu Hause im Wohnzimmer stand: Ein Gruppenfoto von Ash, Misty, Rocko, Gary, Ashs Mutter, Professor Eich, Tracey und ihren Pokémon. Nur das in diesem Ash nicht herausgeschnitten war. Shio wusste wo die Ausschnitte von Ash waren. Sie alle befanden sich in einem Album das Misty unter ihrem Bett versteckte.

Shio sah aus dem Fenster. Es war fast der gleiche Ausblick den sie aus ihrem Zimmer hatte, nur dass die Bäume noch etwas jünger und nicht ganz so hoch waren. Leise schlich sie zur Tür und lugte hinaus. Der Gang vor dem Zimmer war wie ausgestorben. Vorsichtig bewegte sie sich den Gang hinunter, darauf bedacht keine Geräusche zu machen. Dies war eindeutig ihr Haus. Das Haus in dem sie geboren und aufgewachsen war – oder eher wird, denn sie befand sich immernoch in der Vergangenheit.

Die Arena von Azuria City war anders dekoriert, aber der Aufbau war gleich. Shio brauchte nicht lange um den Ausgang zu finden. Sie wollte das Gebäude verlassen, doch die Tür war abgeschlossen. Sie probierte ihren Haustürschlüssel, doch er passte nicht. Sie hätte es sich denken können, denn das Schloss war zerstört worden, nachdem sie einen Wutausbruch gehabt, zum ersten Mal ihre Telekinese eingesetzt und damit die Tür aus den Angeln geschossen hatte.

Von draußen kamen Stimmen. Sie erkannte an den Tonlagen und der albernen Sprache, dass es sich um ihre Tanten handelte. Sie sah sich verängstigt um. Es wäre eine Katastrophe, wenn diese drei Klatschmäuler sie hier finden würden und obendrein auch noch ihr Geheimnis erfuhren. Sie überlegte wer ihr dann noch helfen konnte. Der einzige, der ihr in diesem Moment in den Sinn kam, war ihr Vater. Sie hörte, wie ein Schlüssel von außen ins Schloss gesteckt wurde. Wenn sie doch nur bei ihrem Vater wäre.
 

Die Dunkelheit der Nacht war das Nächste was sie wahrnahm. Von hinten kam Licht, als sie sich umdrehte erblickte sie ein Pokémon Center. Sie befand sich irgendwo in den Bergen. Neben dem Center war ein Höhleneingang – ein dunkler Schlund in der Nacht.

Sie war ziemlich müde und beschloss ins Pokémon Center zu gehen und erst einmal eine Nacht zu schlafen. Außerdem hatte sie einen Bärenhunger. Sie hoffte, noch etwas zu Essen zu bekommen. Die Automatiktür war verschlossen, also klingelte sie. Eine Schwester Joy im Bärchenpyjama kam gähnend an die Tür.

„Du bist aber spät noch unterwegs.“, bemerkte sie besorgt. „Hast du Hunger? Ich mache dir gerne etwas.“ Alles was Shio noch tun konnte war müde nicken während sie in den warmen Vorraum eintrat. Sie war müde, doch sie wusste, dass sie nicht schlafen könnte. Nicht solange sie sich sicher war, dass sie nicht im nächsten Augenblick auf der anderen Seite der Welt aufwachen würde. Sie wüsste zu gerne, wieso sie jetzt ausgerechnet hier gelandet war.

Sie setzte sich in den Speisesaal und ließ sich von Schwester Joy auftischen. Der Haferbrei war warm, schmeckte gut und füllte ihren leeren Magen. Sie fragte sich, was mit dem Toast mit Speck passiert war, den sie am Morgen gegessen hatte.

Eine weitere Person kam in den Essraum. Shio saß mit dem Rücken zur Tür weswegen sie den Mann nicht sah. Er kam langsam näher, so langsam hörte sie seine Gedanken. Ihm war ihr Kopftuch aufgefallen. Es kam ihm bekannt vor.

„Shio?“, fragte ihr Vater ungläubig. Die Angesprochene drehte sich mit großen Augen um, den Löffel noch immer im Mund. Langsam ließ sie ihn sinken und schluckte den Haferbrei herunter. Sie starrte ihren Vater an bis ihr die Tränen kamen.

„Papa!“, rief sie und viel ihm weinend in die Arme.

„Hey, was ist denn los?“, fragte Ash verwirrt und legte vorsichtig die Arme um seine schluchzende Tochter. Es wunderte ihr, dann sie so auf ihn reagiert hatte. So nah waren sie sich bei ihrem ersten Treffen nun auch nicht gekommen. Sie sah schlimm aus, blass und müde – und vollkommen verwirrt. Er hielt sie in den Armen, bis sie sich beruhigt hatte.

„'tschuldigung.“, nuschelte sie als sie sich wieder auf ihren Platz gesetzt hatte und wischte sich die Tränen aus den Augen. Ihr Vater reichte ihr ein Taschentuch. Dankbar nahm sie es an und putzte sich geräuschvoll die Nase. Ash setzte sich seiner Tochter gegenüber.

„Erzähl mir, was passiert ist.“, bat er sie. Shio nickte und begann zu sprechen. Es sprudelte alles aus hier heraus: die Geschichte mit den Rangern, ihre Erlebnisse in der vorherigen Nacht, der Versuch ihrer Gegner sie zu entführen und ihren anschließenden ständigen Ortswechsel. Nichts ließ sie aus – nicht einmal wie gut ihr das Frühstück geschmeckt hatte. Ash hörte sich alles geduldig an. Als Shio geendet hatte und ihn verzweifelt ansah zog er ein sehr nachdenkliches Gesicht.

„Dieser Kyle hat dich Haut auf Haut berührt und seit dem kannst du Teleportieren, richtig?“, fragte er nach einiger Zeit des Überlegens. Shio nickte, verstand aber nicht was diese Frage mit dem ganzen zu tun hatte. Sie hörte zwar seine Gedanken, aber ihre eigenen waren zu wirr um die seinen zu verstehen.

„Was also, wenn deine Fähigkeiten keine einzelnen Fähigkeiten sind, sondern das Resultat einer einzigen Fähigkeit die du ursprünglich hattest?“, überlegte Ash. „Wenn deine originale Fähigkeit die ist, dass du die anderer Esper übernimmst?“

„Das klingt noch unglaublicher, als psychische Fähigkeiten im allgemeinen.“, entgegnete Shio.

„Eine bessere Erklärung habe ich nicht.“, antwortete ihr Vater beleidigt. Shio lächelte.

„Aber unmöglich ist es nicht.“, gab sie zu. „Auch ich kann Esper nicht von normalen Menschen unterscheiden. Wenn ich also von Zeit zu Zeit unbeabsichtigt eine berührt hab und seine Fähigkeiten übernommen habe erklärt das, warum ich so viele Fähigkeiten habe.“ Ash nickte zustimmend.

„Das Hauptproblem ist, dass du deine Teleportation unter Kontrolle bringen musst.“, erklärte er. Er sah seiner Tochter in die müde Augen und stand auf. „Aber jetzt gehst du erst einmal schlafen. Du hast genug mitgemacht die letzten Tage.“

Ein anstrengender Tag

In etwa zu dem Zeitpunkt, an dem Shio in Azuria City in Mistys Zimmer auftauchte, traf der Ash dieser Zeit im Psy-Park an der Ruine des Hauptgebäudes ein. Jaze, Lunas und Rocko warteten bereits mit Plusle und Minun auf ihn. Mobai sprang sofort aus Ashs Armen in die seines Trainers. Mistys Azurill sah sich verzweifelt um. Es konnte seine Trainerin nicht entdecken und fing an zu weinen. Pikachu tätschelte es tröstend.

„Typisch Mädchen, immer zu spät.“, beschwerte sich Jaze.

„Kann man aus einer zukünftigen Perspektive 'zu Spät' sein?“, fragte Lunas. Jaze sah ihn verblüfft an.

„Wovon redest du?“, fragte er, bemüht zu verdecken, dass er sehr wohl verstand was der Ranger meinte.

„Diese Shio kommt doch aus der Zukunft.“, entgegnete Lunas scharf.

„Wie kommst du darauf?“, fragte Ash gespielt unwissend.

„Ich hab mich verplappert.“, gab Rocko beschämt zu.

„Rocko!“, riefen Ash und Jaze aufgebracht.

„Shio wird an die Decke gehen, wenn sie das hört.“, vermutete Jaze. „In dem Punkt ist sie ihrer Mutter sehr ähnlich. Ich denke, ihr zwei könnt euch von euren Gedächtnissen vollständig verabschieden.“

„Wir wollen mal nicht den Teufel an die Wand malen.“, winkte Rocko ab, doch hatte er ein klammes, beunruhigendes Gefühl in der Brust. Er kannte Shio noch nicht gut genug um ihre Reaktionen vorhersehen zu können.

Ein Kirlia kam zu der Herrenrunde dazu. Zuerst schreckten alle zusammen, bereit wegzulaufen, doch das Kirlia schien keine feindlichen Absichten zu haben. Es lief auf Pikachu zu und schien ihm etwas zu erzählen. Wild gestikulierte es in Richtung Wald.

„Was ist los?“, fragte Ash sein Pokémon. „Hat es Misty gefunden?“ Pikachu schüttelte den Kopf und zog ein paar Grimassen.

„Solana?“, riet Lunas amüsiert. Wieder ein Kopfschütteln. Wieder zog Pikachu eine Grimasse und benahm sich ziemlich überheblich. Jaze sprang auf.

„Noctara!“, rief er. Eine bestätigende Geste der Elektromaus. Dann fing es an eine neue Grimasse zu schneiden. Eine gleichgültige und gelangweilte.

„Absol.“, kam es von Ash, Rocko und Jaze gleichzeitig.

„Noctara und Absol sind zusammen am Waldteich?“, versuchte Ash seinen Freund zu übersetzen. Ein bestätigendes Nicken und eine Geste die zur Eile mahnte waren die Antwort. Die Jungs zögerten nicht länger und liefen wieder zurück in den Wald aus dem sie in der vorherigen Nacht geflohen waren.
 

Währenddessen saßen Solana und Misty immernoch in ihrem Loch und warteten darauf, dass sie jemand dort heraus holte. Es war zu tief um es nur zu zweit zu schaffen. Misty wunderte sich, dass Team Rocket noch gar nicht auf der Bildfläche erschienen waren. Vielleicht hatte doch jemand anderes dieses Loch gegraben? Aber wer und warum sollte so etwas schon tun? Vermutlich hatten die Hohlköpfer vergessen, dass sie dieses Loch gegraben hatten – oder es war noch nichts in ihrer Falle gelandet, was sie dort haben wollten. Ein weiterer Pokémonschatten lugte über den Rand des Lochs – und dieses Mal sah die Silhouette nicht aus wie die eines Rattfratz oder Psychopokémon.
 

Am Waldteich geschah zu diesem Zeitpunkt eine Szene, die für viele der beobachtenden Pokémon leicht misszuverstehen war. Absol lag am Ufer und Noctara lag über ihm, bemüht es mit seinem ganzen Körper daran zu hindern aufzustehen.

//Geh runter, du perverses Tier!//, knurrte Absol und versuchte Noctara von seinem Rücken runter zu schütteln.

//Wenn du versprichst liegen zu bleiben.//, entgegnete Noctara und stemmte die Pfoten in den weichen Boden um die Oberhand zu behalten.

//Ich muss Shio suchen!// Absol blieb stur und kämpfte weiter, auch wenn es merkte, dass seine Kräfte immer weiter schwanden.

//Das kannst du auch noch, wenn du dich ausgeruht hast!// Auch Noctaras Dickkopf blieb stark und es hatte nicht vor aufzugeben.

//Gibs zu, du genießt es doch, auf mir zu sein.// Absol versuchte es auf die psychologische Weise.

//Wieso sollte ich als Männchen es genießen auf einem Männchen zu liegen?//, fragte Noctara genervt. Es wusste nicht wie ihm geschah, als es nur Sekunden später durch die Luft flog und am Rand der Lichtung landete. Überrascht sah es zu Absol hinüber, dass aufrecht stand und von oben stolz auf Noctara herabsah.

//Nur zu seiner Information//, fauchte es, //ich bin weiblich.// Dann kippte es wieder zu Seite weg, direkt ins Wasser. Noctara war zwar immernoch überrascht von dieser Reaktion und Enthüllung (Und vor allem über die Kraft, die Absol in seinem Zustand noch aufgebracht hatte), jedoch reagierte es sofort, schoss auf den Teich zu und zog das Chaos-Pokémon wieder an Land.

//Ein Grund mehr für mich, dich nicht gehen zu lassen.//, flüsterte es dem bewusstlosen Absol zu und zerrte es unter die schützenden Zweige eines Busches.
 

Ash, Rocko, Lunas, Jaze, Azurill, Mobai und Pikachu waren noch immer auf ihrem Weg zum Teich, als ihnen ein Pokémon in den Weg sprang. Es war Solanas Plusle, das freudig, wild und verzweifelt zugleich in den Wald hinein gestikulierte. Wie es sonst Pikachus Angwohnheit war zog es eine Reihe von Grimassen die zwei Personen darstellen sollten. Leider war es nicht so begabt in diesem Bereich, aber da in der Gruppe eh nur noch drei Personen fehlten, mussten es zwei der Mädchen sein.

„Ich schlage vor, dass wir uns aufteilen.“ Rocko sah sich unter den jungen Männern und Pokémon um. „Ash und Lunas sehen nach den Mädchen. Lunas kennt sich abseits der Wege besser aus. Nehmt Azurill mit, vielleicht ist es Misty. Jaze kommt mit mir zum Waldteich um sein Noctara und Shios Absol einzusammeln. Kirlias Bericht klang dringend. Wir treffen uns bei Sonnenuntergang an der Ruine.“
 

Misty und Solana waren schnell gefunden. Nach einem kurzen Sprint durch dichtes Gebüsch, immer dem gelb-roten Plusle nach, eröffnete sich vor Ash, Lunas und Azurill der Schlund der Fallgrube in der ihre Freundinnen fest saßen.

„Geht es euch gut da unten?“, rief Ash in das halbdunkel hinunter,

„Blöde Frage!“, entgegnete Misty. „Frag nicht so blöd und hol uns raus!“

„Das ist leichter gesagt als getan.“, schmollte Ash und wandte sich an Lunas. „Hast du ein Seil oder ähnliches?“

„Sieht schlecht aus.“, antwortete Lunas. „Hast du keine Pokémon die uns helfen könnten?“ Ash schüttelte den Kopf.

„Altaria und Tauboss sind beide zu groß um in dieses Loch zu fliegen.“, erklärte er.

„Was ist mit Famian?“, schlug Misty vor. „Als Geistpokémon braucht es keinen Platz für seine Flügel. Wenn du ihm gut zuredest wird es uns schon nicht fallen lassen.“ Ash war sich da nicht so sicher, aber einen Versuch war es wert.

Famian war von der Idee alles andere als begeistert. Es weigerte sich beständig seiner Rivalin zu helfen. Es schwebte um Ashs Schultern und verscheuchte Pikachu von dort, dem es im Gaskörper des Geisterdrachen eindeutig zu kalt war.

„Wenn ich doch nur Bisasam oder Lorblatt hier hätte.“, seufzte Ash. „Vielleicht sollte ich Famian demnächst gegen ein Pflanzenpokémon eintauschen.“ Famian protestierte lautstark. Ash zuckt gleichgültig mit den Schultern. „Ein Pokémon, dass mir nicht gehorcht und meine Freunde nicht akzeptiert brauche ich nicht.“ Das gab Famian den Gnadenstoß. Es sträubten sich ihm zwar die Nackenschuppen, aber es schwebte hinunter in die Fallgrube um die Mädchen heraus zu holen. In diesem Moment schnappte Mauzis Falle zu. Geräte, die in der Grubenwand versteckt legen aktivierten sich und bildeten ein Energiefeld um Famian.

„Haha, jetzt haben wir es!“, rief James und kam hinter einem der Büsche hervor.

„Jetzt gehört dieses seltene Geistpokémon uns!“, jubelte Jessie.

„Ihr schon wieder!“, rief Ash genervt. „Seid ihr es nicht langsam mal Leid immer zu versagen?“

„Dieses Mal verlieren wir nicht!“, entgegnete Mauzi selbstsicher. „Dein Famian ist schon in unserer Falle und nur ich habe den Schalter um es rauszulassen.“

„Das sehe ich aber anders.“, sagte Misty, die von Famian gezogen aus dem Loch schwebte. Es setzte sie am Rand ab und schwebte ungestört wieder hinunter um auch Solana wieder ans Tageslicht zu bringen. Mistys Azurill lief weinend auf seine Trainerin zu und sprang ihr in die Arme.

„Wieso funktioniert deine Falle schon wieder nicht?!“, schrie Jessie Mauzi an.

„James muss sie falsch aufgebaut haben!“, versuchte das Katzenpokémon sich herauszureden.

„Gar nicht wahr!“, verteidigte sich der Beschuldigte. „Ich habe mich genau an die Anleitung gehalten!“

„Das sagst du immer und dann war doch etwas falsch!“, schimpfte Mauzi.

„Weil du die falschen Sachen bestellst!“, argumentierte James. „Du wirfst unser ganzes Geld für Müll zum Fenster raus!“

Trainer und Ranger beobachteten den Streit der Pokémondiebe. Ein Blick und ihr eigener Plan stand fest: Misty schickte ihr Azurill vor und griff das Idiotentrio mit Aquaknarre an, bis diese vollständig durchnässt waren. Pikachu, Plusle und Minun verpassten den triefenden Dieben drei Donnerschocks gleichzeitig, bis diese gut durchgegrillt waren. Den krönenden Abschluss bildete Famian, das auf Ashs Befehl hin die Verlierer mit einem Spukball in die Luft jagte. Wieder einmal hatten die Trainer über die Diebe triumphiert.
 

„Da hinten fliegt was.“, bemerkte Jaze auf dem Weg zum Waldteich. Es war Zufall, dass sein Blick genau in diesem Augenblick zum Himmel wanderte. Rocko sah auf und musste unweigerlich grinsen.

„Sieht aus als hätte Team Rocket seine Hände im Spiel gehabt.“, meinte er. „Mal wieder erfolglos.“

„Die sind doch selbst in dieser Zeit schon lange nicht mehr aktuell.“, seufzte Jaze.

Die beiden jungen Männer erreichten die Lichtung in dessen Mitte sich der klare Waldteich befand. Jedoch von Noctara und Absol fehlte jede Spur. Das Kirlia sah sich verwirrt um. Vermutlich hatten die beiden Pokémon den Ort gewechselt, während Kirlia den Menschen ihren Aufenthaltsort verriet.

Rockos Mobai sah sich auf der Lichtung um. Es war neugierig und lief in die Büsche um zu gucken, was dort war. Es raschelte vor ihm. Interessiert kam es näher. Hinter der dichten Blätterwand glühten zwei große rote Augen. Mobai schrie auf und rannte aus dem Gebüsch, hinter seinem Trainer, wo es sich am sichersten fühlte. Verängstigt starrte es zu dem dichten Zweiggeflecht. Etwas kam dort heraus. Etwas großes, schwarzes mit roten Augen.

„Da bist du ja, Noctara!“, rief Jaze erleichtert und lief zu seinem legendären Pokémon. Noctara war froh, dass es seinen Trainer wiedergefunden hatte – waren sie doch schon zusammen unterwegs, seit er mit zehn Jahren losgezogen war um die Welt zu entdecken. Doch feiern mussten sie ein anderes Mal. Absol lag, immernoch bewusstlos, hinter ihm im Gebüsch und brauchte dringend menschliche Hilfe. Es drehte sich um und verschwand wieder zwischen den Zweigen, packte Absol vorsichtig im Nacken und zerrte es aus seinem Versteck. Die Menschen machten überraschte Gesichter.

„Das sieht nicht gut aus.“, meinte Rocko und kniete sich neben das weiße Pokémon. Vorsichtig betastete er den schlanken Körper von Kopf bis Hinterpfote. Jaze kniete neben ihm und streichelte sein Noctara.

„Lebt es noch?“, fragte er ernst. Rocko nickte.

„Es ist nur völlig aus gepowert.“, diagnostizierte er. „Ich werde ihm einen Trank geben. Mehr kann ich fürs erste nicht tun. Es braucht Ruhe – eine Menge Ruhe.“

„Bringen wir es zu den Anderen.“ Jaze lud sich Absol auf den Rücken. „Und dann müssen wir Shio finden.“
 

Alle sich im Park befindenden Menschen und ihre Pokémon befanden sich an der Ruine des Hauptgebäudes, als die Sonne hinter einer bedrohlich dunklen Wolkenwand verschwand und ein gespenstig rötlich goldenes Licht auf das Land warf. Alle Pokémon spürten das aufkommende Unwetter und verkrochen sich in ihren Höhlen und Nestern.

„Ziemlich stürmisch, diese Region.“, bemerkte Ash, während er die Zeltheringe vorsichtshalber noch etwas tiefer in den trockenen Boden trieb. Sein Cappy steckte in seinem Rucksack, aus Angst, dass der Sturm es wegwehen würde.

„Ich hoffe, dass Shio Schutz hat.“, sorgte sich Misty. „Jaze, hast du schonmal versucht sie auf ihrem Pokéterm zu erreichen?“

„Jede Stunde drei Mal.“, entgegnete Jaze gereizt. „Ich bin ja nicht blöd.“

„Das habe ich nie gesagt!“, verteidigte sich Misty.

„Beruhigt euch.“, beschwichtigte Rocko. „Wir sind alle übermüdet und hatten einen schlechten Tag. Es nutzt Shio nicht, wenn wir uns gegenseitig fertig machen.“

„Lasst uns schlafen.“, schlug Lunas vor. „Morgen finden wir sie sicher.“

Warten auf Shio

Shio schlief in dieser Nacht lang und tief in einem kuschelig weichen Bett, sicher vor dem Sturm der in den Morgenstunden über das Pokémon Center zog. Nichts und niemand weckte sie bis sie gegen Mittag von selbst erwachte. Zunächst hatte sie leichte Schwierigkeiten sich zu orientieren, wo sie war, doch die Erinnerung an ihren Horrortrip vom Vortag kam schnell zurück.

Sie befand sich in einem Pokémon Center in den Bergen, direkt vor dem Schattenlabyrinth das auf dem Weg nach Cobal City lag. Es würde noch eine ganze Zeit dauern, bis der Junge Ash diesen Ort erreichen würde. Sie glaubte nicht, dass sie dann noch hier sein würde – nicht an diesem Ort, nicht in dieser Zeit.

Sie stand auf und sah sich um. Sie hatte keine Kleidung die sie anziehen konnte – die Rangeruniform trug sie bereits zwei anstrengende Tage durch, es war dringend Zeit sie zu waschen. Für die Nacht hatte ihr Vater ihr eines seiner T-Shirts geliehen. Es war lang und viel zu groß für sie. Ash würde in den nächsten Jahren noch ein gutes Stück wachsen.

Es klopfte leise an der Tür. Shio kontrollierte, ob das Shirt richtig saß, bevor sie öffnete, wobei sie sich halb hinter der Tür versteckte. Ihr Vater war überrascht, denn er hattet erwartet, dass sie noch immer schlafen würde, wie die letzten Male die er geklopft hatte.

„Ich bin gerade eben erst aufgewacht.“, erklärt Shio und unterdrückt ein Gähnen. Ihre eigenen Gedanken waren wieder klar, so dass sie die anderer Menschen wieder verstand.

„Das ist gut. Ich hoffe, du hast gut geschlafen?“, fragte der erwachsene Ash. Shio nickt nur. „Ich habe dir ein paar Kleider gekauft.“ Er reichte ihr eine Plastiktüte. „Ich hoffe sie gefallen und passen dir. Ich war mit nicht sicher und deine Mutter war auch keine große Hilfe.“ Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. Shio lächelte ebenfalls verlegen.

„Danke, ich werde sehen, ob sie zu mir passen.“, murmelte sie und schloss die Tür wieder. Die Tasche in ihren Armen war schwer. Anscheinend hatte er ihr mehr als ein Set Kleidung gekauft. Langsam breitete sie die Auswahl ihres Vaters auf ihrem Bett aus: eine knielange Hose, eine Radler, ein kurzer Jeans- und ein noch kürzerer Faltenrock, ein Top mit Spaghettiträgern, ein bauchfreies T-Shirt. Auch an Accessoirs und Schuhe hatte ihr Vater gedacht. Alles war in schwarz und dunklen Blau-, Grün- und Lilatönen gehalten – Shios liebste Farben. Ganz unten in der Tüte lag ein kleines Päckchen. Als Shio es öffnete schoss ihr die Röte ins Gesicht. Unterwäsche. Ihr Vater hatte sogar daran gedacht ihr Unterwäsche zu kaufen. Ganz ruhig Shio, er ist dein Vater, beruhigte sie sich selbst, er ist Familie. Dennoch war es ihr peinlich. Wie hatte ihr Vater sich dann erst im Geschäft gefühlt? Vermutlich hatten ihn alle angestarrt.

Shios Endauswahl fiel auf den Faltenrock mit der Radler drunter, zusammen mit dem Top. Die neuen Schuhe waren ungewohnt zu tragen, doch sie gefielen ihr besser als ihre alten. Als Accessoires ein Lederarmband und eine Halskette mit Lederband zu dem Halsband an dem Absols leerer Pokéball baumelte. Noch ihr Gürtel mit den restlichen Pokébällen und ihr Outfit war perfekt. Nur ihr geliebtes Kopftuch passte nicht ins Bild. Es war ein Geschenk gewesen, von ihrem ersten Schwarm. Er hatte sie fallen gelassen sobald er gemerkt hatte, dass sie eine Esper war. Wie ein Kleidungsstück, dass ein Loch hatte. Schwermütig legte sie das Tuch zu den dreckigen Kleidern vom Vortag. Sie würde es wieder tragen, wenn sie ihre Alltagskleidung wieder hatte. Für nun band sie den oberen Teil ihrer Haare mit einer Spange von ihrem Vater zusammen. Dieser wartete geduldig vor ihrem Zimmer. Als Shio dieses verließ stieß sie beinahe mit ihm zusammen.

„Na, das sieht doch gut aus.“, grinste er.

„Sitzt wie angegossen.“, entgegnete Shio und wurde leicht rot.

„Dann ist ja gut.“ Ash strich ihr eine Haarsträhne von der Schulter. „Hast du eher Hunger auf Frühstück oder Mittagessen?“

„Ich könnte beides vertragen.“, gab Shio zu. Ash lachte und führt sie in die Cafeteria. Dort suchten sie sich eine ruhige Ecke, abgelegen von den anderen Besuchern des Centers. Sie alle waren nur hier um sich zu stärken und ihre Vorräte aufzustocken für den langen Weg durch das Schattenlabyrinth. Es war eine echte Herausforderung an den eigenen Orientierungssinn, denn in der Dunkelheit fanden sich nur erfahrene Führer, Zubat und Unlichtpokémon zurecht.

„Ich habe mit Schwester Joy gesprochen.“, erzählte Shios Vater, während er seiner Tochter beim Essen zu sah. „Sie hat mir ein verstecktes Plateau nicht weit von hier gezeigt. Das können wir nutzen.“

„In wie fern nutzen?“, fragte Shio verdutzt. Ausnahmsweise fand sie keine Antwort in seinen Gedanken.

„Bei deinem Teleportationstraining.“, erklärte Ash. „Ich kann nicht zulassen, dass meine Tochter weiter ziellos durch die Welt irrt. Außerdem denke ich, ist es dir lieber bei Garys Sohn zu sein, hab ich recht?“ Er musste lachen, als seine Tochter feuerrot anlief. „Weiß der überhaupt, wo du bist?“ Plötzlich wurde Shio blass.

„Heiliger Pokéball, dass hab ich ja total vergessen!“, rief sie panisch und zog ihren auf lautlos gestellten Pokéterm aus der Tasche an ihrem Gürtel. „72 Anrufe in Abwesenheit, alle von Jaze.“

„Da macht sich jemand große Sorgen um dich.“, meinte Ash. „Dank deinen Einstellungen telefoniere ich inzwischen auch täglich mit deiner Mutter.“

„Das ist doch nichts vergleichbares.“, maulte Shio verlegen.

„Trotzdem solltest du ihn sofort anrufen.“, schlug ihr Vater vor. Shio besah sich nachdenklich die fast endlose Anrufliste. Irgendwie traute sie sich nicht ihn anzurufen. Er war sicher sauer auf sie, weil sie jetzt erst antwortete.

„Je länger du wartest, desto schwerer wird es.“ Ash sprach ihr aus der Seele. Shio atmete tief durch und drückte das Anrufsymbol auf dem Touchscreen. Der Verbindungston klang unerträglich lang. Dreieinhalb quälende Töne dauerte es, bis Jaze sich meldete. Doch es war nicht nur Jaze, der sie mit großen Augen anstarrte: Misty, der junge Ash, und Rocko drängten sich alle an ihn ran um mit ins Bild zu kommen. Es war ein merkwürdiger Anblick. Vielleicht, weil Misty am weitesten von Ash entfernt stand.

„Ähm... Hi?“ Shio zwang sich ein Lächeln auf die Lippen.

„Was heißt hier 'hi'?!“, rief Misty wütend. „Wir haben uns Sorgen um dich gemacht!“ Shio kratzte sich verlegen an der Wange.

„Warum bist du nicht ran gegangen?“, fragte Jaze gereizt.

„Erstens stand mein Term auf lautlos“, die Gesichter auf dem Bildschirm verdüsterten sich gefährlich, „und zweitens habe ich während der Teleportationen nichts mitbekommen. Wenn wir von verpassten Stunden reden fehlt mir ein ganzer Tag.“

„Wie, ist sowas nicht momentan?“, fragte Rocko verdutzt.

„Anscheinend nicht.“, antwortete Shio.

„Aber wer hat dich teleportiert?“, wollte Ash wissen.

„Ich mich selbst.“, seufzte Shio. „Ich habe es vermutlich von diesem Kyle gelernt. Ich bin gestern von einem Ort zum nächsten gewechselt.“

„Und wo bist du jetzt?“ Es war Misty anzusehen, dass sie sich große Sorgen machte. Tief in ihrem Herzen freute Shio sich darüber – die Misty ihrer Zeit, ihre Mutter, hätte anders reagiert.

„Ich bin bei meinem Vater“, erzählte sie, „in einem Pokémon Center in der Nähe von Cobal City.“

„Ziemliche Strecke, die du da gesprungen bist.“, bemerkte Jaze.

„Das ist noch gar nichts.“, seufzte Shio. „Gestern morgen war ich in Alabastia und hatte die Ehre meine Großmutter, Jaze Urgroßvater und dessen Assistenten kennen zu lernen. Zusätzlich musste Gary auch noch sein großes Maul aufreißen und mein Geheimnis ausplaudern!“

„Das sieht ihm ähnlich.“, sagten beide Ashs gleichzeitig. Doch nur der erwachsene Ash sprach weiter: „Nach deinem plötzlichen verschwinden herrscht in Alabastia vermutlich genauso Verwirrung wie in der Gruppe. Und ich hoffe, du hast in Azuria City keine Spuren hinterlassen, sonst glauben die Schwestern noch, dass jemand bei ihnen eingebrochen ist.“

„Ich glaube nicht.“, überlegte Shio. „Aber sicher bin ich mir nicht. Ich hatte zu dem Zeitpunkt andere Dinge im Kopf.“

„Wieso warst du in Azuria?“, fragte Misty irritiert.

„Weil ich 'nach Hause' wollte.“, antwortete Shio. „Genau genommen in mein Zimmer, das in dieser Zeit deins ist.“

„Oh...“ Aus irgendwelchen Gründen errötete Misty. Shio hätte zu gern gewusst was sie dachte, doch leider funktionierte das über Telefon nicht. Zum Glück waren die Jungs mehr auf Shio fixiert, als auf Misty.

„Wann wirst du wieder bei uns sein?“, wollte der junge Ash wissen.

„Frühestens heute Abend.“, vermutete Shio. „Ihr braucht nicht auf mich zu warten, ich kann mich sowohl zu Orten, als auch zu Personen teleportieren.“

„Das heißt also, wenn du zu uns willst brauchst du nur ganz fest an mich zu denken und liegst in meinen Armen.“, grinste Jaze. Shio ignorierte ihn.

„Ich versuche, die Teleportation so schnell wie möglich unter Kontrolle zu bekommen.“, sagte sie. „Wir sehen uns dann.“ Sie schloss die Verbindung und schaltete ihren Minicomputer aus. Dann legte sie die Arme auf den Tisch und ließ den Kopf auf ihre Unterarme sinken. Warum musste ausgerechnet sie ein solcher Freak sein? Was hatte sie getan um dieses Schicksal zu verdienen?

„Jetzt versink mal nicht in Selbstmitleid.“, mahnte der erwachsene Ash. „Man muss das Leben nehmen wie es kommt. Mach das Beste draus und sorg dafür, dass Team Psy dich nicht kriegt.“ Shio sah ihren Vater bewundernd an. Es war überraschend, dass der kindliche, naive Ash mit dem sie gemeinsam reiste in zwanzig Jahren solche Weisheiten von sich gab. Ihr Vater musste nicht Gedanken lesen können um zu wissen, was sie dachte.

„Mit dem Alter kommt die Weisheit.“, grinste er. „Zumal ich zweifacher Vater bin und schon viel von der Welt gesehen habe.“

„Du hast mehr von der Welt gesehen als von deinen Kindern.“, grollte Shio.

„Ich weiß – und ich weiß, dass das nicht wieder gut machbar ist.“, gab ihr Vater zu. „Aber ich bin dankbar, dass du mir eine Chance gibst dein Vater zu sein.“

„Das beruht auf Gegenseitigkeit.“ Shio sah ihrem Vater nicht in die Augen. „Ich bin dankbar, dass du eine so anormale Tochter wie mich akzeptierst.“ Zu ihrer Überraschung lachte Ash auf.

„Dummkopf.“, grinste er. „Iss auf, damit wir dafür sorgen können, dass deine 'Anormalität' nicht außer Kontrolle gerät.“
 

Jaze war beleidigt, dass Shio seine Aussage einfach nicht beachtet hatte. Sie sah so ernst aus, er hatte gehofft sie mit diesem Witz etwas aufmuntern zu können. Genervt setzte er sich neben Absol und kraulte es abwesend. Shios Pokémon war mitten in der Nacht aufgewacht und hatte Anstalten gemacht das Zelt in dem es untergebracht war zu verlassen. Jaze hatte Wachdienst gehabt. Sein Noctara wollte unbedingt an Absols Seite bleiben und weigerte sich in seinen Pokéball zurück zu kehren. Es hatte sich dem flüchtenden Absol in den Weg gestellt und eine Schlitzer Attacke war der Dank dafür. Seit dem lag es in der nächstbesten Ecke und schmollte.

Absol hatte sich erst beruhigt, nachdem es Shios Anruf gehört hatte. Seine Trainerin wahr wohlauf und in sicheren Händen. Nun genoss es die Sonne auf dem Pelz und beobachtete die Menschen.

Ash hatte sich Lunas zur Seite genommen und besprach mit ihm, was er über Shio herausgefunden hatte.

„Hast du Solana davon erzählt?“, fragte er ernst.

„Nein, sie würde mir nicht glauben.“, antwortete Lunas. „Niemand würde mir glauben.“

„Es wäre nett, wenn du gar nicht erst versuchen würdest irgendwen zu überzeugen, dass Shio aus der Zukunft kommt.“, bat Ash.

„Warum sollte ich das rumerzählen?“, seufzte Lunas. „Irgendeinen Grund wird es schon geben, dass sie in dieser Zeit ist. Es ist eure Aneglegenheit, ich halte mich da raus.“

Ash war erleichtert. Somit musste er Shio nicht auch noch damit belasten, dass jemand außerhalb der Gruppe ihr Geheimnis kannte.

Sie hatten in der Nacht zuvor besprochen, wie sie gegen Team Psy vorgehen würden. Solana und Lunas hatten beschlossen, nach Herbstenau zurückzukehren und die Welt-Ranger-Vereinigung zu warnen, sodass sie mit ihren Kollegen einen Plan entwerfen konnte, wie sie gegen das wildernde Team Psy vorgehen wollten. Ihre Methoden seien unverzeihlich, hatte Solana geschimpft, man müsse ihnen das Handwerk legen. Sie alle waren der gleichen Meinung, doch das war eine Aufgabe für Polizei und Ranger. Ash, Misty, Rocko und Jaze übernahmen die Aufgabe, Shio zu beschützen. Mit dieser Abmachung trennten sich Ranger und Trainer nach einem gemeinsamen Mittagessen voneinander. Ash und seine Freunde zogen weiter zum Vulkansee. Ihre Uniformen behielten sie als Andenken.

„Ich bin gespannt, wann Shio aufschlägt.“, überlegte Ash, als sie am Abend ihre Zelte aufstellten. Der Boden war noch immer feucht vom Unwetter, somit fiel Schlafen unter freiem Himmel aus.

„Sei nicht so ungeduldig.“, mahnte Misty. „Sie kommt, wenn sie soweit ist. Auch wenn ihr Trainer nicht unbedingt der kompetenteste ist.“

„Was soll das denn bitte heißen?“, rief Ash beleidigt.

„Simpel“, entgegnete Misty neckend, „ich traue dir nicht zu, ein vernünftiges Training für Shio zusammen zu stellen, also auch deinem erwachsenen Selbst nicht.“

„Shios Vater hat doch viel mehr Erfahrung als Ash.“, erinnerte Rocko. „Ich denke schon, dass er Shio gut unterrichten kann.“

„Ash und Lehrer, ja sicher.“, schnaubte Misty.

„Wenn ihr so weiter macht gibt es bald keine Shio mehr, um die ihr euch streiten könnt.“, bemerkte Jaze. „Nach dem was ich gehört habe ist der Ash Katchum meiner Zeit eine sehr verlässliche Person. Das ist natürlich die Einschätzung meines Vaters. Persönlich kann ich nur von dem Ash vor mir ausgehen und ich vermute, dass Shio vermutlich noch heute Nacht wieder kommt.“

„Siehst du?“, triumphierte Ash über Misty. Diese sah nur eingeschnappt zur Seite.

„Was hat die denn gebissen?“, fragte Jaze flüsternd Ash.

„Keinen Schimmer.“ Ash zuckte mit den Schultern. „Vielleicht hat sie ihre Tage.“

„Das ist eine Möglichkeit.“, stimmte Jaze zu. „Oder du hast irgendetwas angestellt.“

„Nicht, dass ich wüsste.“, überlegte Ash.

„Vielleicht auch gerade weil du nichts angestellt hast.“ Verstohlen blickte Jaze zu Misty. „Ash, Mädchen wollen Aufmerksamkeit.“

„Klebst du deswegen so an Shio?“, fragte Ash. „Mir scheint es, dass gefällt ihr gar nicht.“

„Shio ist schüchtern.“, erklärte Jaze. „Es ist ihr peinlich, wenn ich sie vor allen umschwärme. Sie muss mal etwas lockerer werden. Ich weiß nicht viel über ihre Vergangenheit, aber für eine Sechzehnjährige ist sie viel zu ernst.“

„Möglich“, meinte Ash, „aber wenigstens hat sie einen klaren Blick auf ihre Ziele. Und schüchtern finde ich sie nicht unbedingt, eher sehr Selbstbewusst.“

„Nee, Shio ist schüchtern.“, grinste Jaze. „Glaub mir, wenn wir alleine sind fällt die Maske ab. Bei Misty sicher auch, versuchs mal.“ Ash wurde rot.

„Wenn ich mit Misty alleine bin, traue ich mich nicht irgendetwas zu machen.“, murmelte er verlegen. „Ich meine... diese Zeiten sind meistens nachts im Zelt und da bin ich mir nie sicher, wie weit ich mich zurückhalten kann.“ Jaze legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Glaube mir, ich verstehe dich vollkommen.“, seufzte Jaze. „Hat Misty auch diese Angewohnheit ab und zu absolut schamlose Schlafposen einzunehmen?“

„Selten, aber ja.“, entgegnete Ash. „Jedes Mal Folter.“

„Wenn es so eine Folter ist“, die Jungs hatten nicht gemerkt, dass Misty ihr Gespräch belauscht hatte, „dann kann ich mir auch in Zukunft mit Shio ein Zelt teilen.“

„Abgelehnt.“, sagte Jaze sofort.

„Und warum?“ Mistys Blick war tödlich.

„Du weißt nicht, wie man mit Shio umgehen muss, wenn einer dieser lästigen Stürme übers Land zieht.“, erklärte Jaze. „Sie dreht dann total durch und hört Stimmen.“

„Team Psys Werk.“, vermutete Ash. Jaze nickte.

„Entweder versuchen diese Spinner sie auf zu brechen oder in den Wahnsinn zu treiben.“, überlegte er mit einem düsteren Gesichtsausdruck. „Noctara ist der Einzige, der ihr dann helfen kann und das weicht nicht von meiner Seite.“

„Kann ich mich darauf verlassen, dass du Shio nichts antust?“ Misty durchbohrte Jaze mit ihrem Blick.

„Nichts ohne ihr Einverständnis.“, versicherte Jaze.

„Wirklich?“ Misty beäugte ihn misstrauisch. Ash hatte genug, nahm ihre Hand und zog sie weg. Egal wie sehr sie sich wehrte und schimpfte, er ließ sie nicht los. Er befolgte Jaze Rat und ging mit ihr in den Wald. Erst nachdem sie ein gutes Stück von ihrem Lager entfernt waren gab er ihre Hand frei. Nun waren sie alleine. Nur sie zwei.

Es war dämmrig unter dem Blätterdach. Die Sonne hatte schon lange begonnen unterzugehen. Bald würde es dunkel sein. Langsam drehte Ash sich zu Misty um und ging einen Schritt auf sie zu. Misty wich zwei Schritte zurück. Ash sah ihr tief in die meerblauen Augen.

„Warum meidest du mich?“, fragte er ernst. „Habe ich dir irgendetwas getan?“ Misty schüttelte den Kopf. „Was ist es dann?“ Ash machte wieder einen Schritt auf Misty zu während sie weiter zurückwich, bis sie gegen einen Baum stieß. Er kam näher, bis er direkt vor ihr stand. „Wovor hast du Angst?“ Keine Antwort. Mistys Gesicht war rot wie eine Tomate. Sie sah ihn nicht an. Sanft dreht Ash ihr Kopf in seine Richtung.

„Ich werde nicht über dich herfallen, falls es das ist, was du denkst.“ Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie sanft. „Ich werde ich küssen, in den Arm nehmen und streicheln“, flüsterte er, „aber ich werde dich zu nichts zwingen.“ Mistys Blick verriet, dass sie ihm nicht glaubte. Ash ließ sie los und ging einen Schritt zurück.

„Gut, dann lasse ich dich in Ruhe.“, sagte er mit dem Blick eines geschlagenen Hundes. „Wenn du mir nicht vertrauen kannst.“ Enttäuscht wandte er sich zum Gehen. Jaze und seine blöden Ideen. Jetzt war sein Verhältnis zu Misty absolut zerstört. Warum auch immer sie solch fixe Ideen hatte.

„Ash, warte.“ Mistys Stimme klang unsicher. „Ich will dir vertrauen.“

„Du gibst mir eine Chance?“ langsam drehte Ash sich zu seiner Geliebten um. Diese nickte und sah ihm dabei entschlossen in die Augen. Ash lächelte erleichtert. Er hätte es nicht ertragen, so mit ihr auseinander zu gehen.

Shios Rückkehr

Jaze lag alleine in seinem Zelt. Es war Nacht und Shio war immernoch nicht wieder bei ihm. Es kostete ihn Überwindung es vor sich selbst zuzugeben, aber er war einsam. Das Zelt war unheimlich groß ohne Shio, auch wenn Noctara und Absol außerhalb ihrer Pokébälle schliefen. Die Beiden Pokémon hatten sich rechts und links von ihm zusammen gerollt mit so viel Abstand zwischen sich wie möglich. Jaze musste Shio unbedingt fragen, warum die Beiden sich so angifteten, sobald sie wieder da war. Er wünschte, sie wäre jetzt wieder da.

Etwas fiel mit einem Spitzen Schrei von der Decke, direkt auf Jaze drauf. Die Pokémon schreckten hoch und rannten durchs Zelt. Kurze Zeit herrschte Chaos und Verwirrung, bis sie erkannten, wer da gelandet war.

Shio klammerte sich an Jaze, das Gesicht in seinem T-Shirt vergraben. Sie atmete schwer und zitterte. Jaze hätte sie in den Arm genommen, doch er musste mit den Tränen kämpfen, die der ungünstige Landpunkt von Shios Knie ihm in die Augen trieb. Er biss die Zähne zusammen, um nicht laut aufzuschreien und somit das ganze Lager aufzuwecken. Das Shios Knie an der Stelle liegen blieb machte die Situation nicht angenehmer.

//Das war ein echter Volltreffer, Mädel.//, meinte Absol und stupste seine Trainerin an. Diese sah es verwirrt an, begriff dann, wo sie war und fiel ihrem Pokémon um den Hals. Jaze jaulte auf wie ein Hund vor Schmerz. Shio machte vor Schreck einen Satz zur Seite, wodurch sie ihr Knie jedoch ein weiteres Mal stark gegen Jaze' empfindlichste Stelle presste. Er heulte wie ein Schlosshund – genauer war er einem Hund so ähnlich, dass Absol glaubte, Hundeohren und -schwanz an ihm zu sehen, als er sich wimmernd auf die Seite drehte.

//Armer Junge.//, bemitleidete ihn Absol. //Du hast nicht wirklich vor Mutter zu werden, oder?//

„Halt die Klappe!“, fauchte Shio und krabbelte zu Jaze. „Geht's?“

„Geht's?!“ Jaze Stimme klang unnatürlich hoch. „Du hast gerade meine Kronjuwelen zerquetscht und fragst unschuldig 'Geht's'?!“

//Wie taktlos.//, kommentierte Noctara, während es schon aus Gewohnheit heraus Shios Fähigkeiten blockierte.

//Soll ich deine zerschmettern?//, fragte Absol ausdruckslos. Noctara antwortete nicht, hielt aber respektvoll Abstand.

„Tut mir Leid.“, seufzte Shio schuldig und ließ den Kopf hängen. Jetzt machte sie den Eindruck eines gestraften Welpen. Jaze war zwar wütend, aber ihr Anblick ließ die Wut verfliegen. Aufmunternd strich er ihr über ihr langes Haar.

„Wieso bist du überhaupt auf mich gefallen?“, fragte er und zog sie nah an sich heran.

„Weil ich vor dem Teleport auch gefallen bin.“, murmelte Shio und ließ sich ziehen. „Hatte mich in eine Schlucht verteleportiert.“

„Und der Erste, an den du dann denkst, bin ich?“, wunderte sich Jaze. Shio sah peinlich berührt zu Boden. Sie hatte den vergangenen Tag über so oft an Jaze gedacht, es war ein Wunder, dass sie nicht schon viel eher bei ihm gelandet war.

„Liebst du mich so sehr?“, fragte Jaze unüberlegt. Shio war überrascht von dieser plötzlichen Frage, sie traf sie wie ein Pfeil in den Rücken, der ihr Herz durchbohrte. Es war, als würde ein Schalter in ihrer Gefühlswelt umgelegt. Entschlossen sah sie Jaze in die Augen. „Und wenn es so ist?“ Jaze starrte sie verdattert an und wurde rot. Für einen Augenblick wusste er nicht, was er sagen sollte. Er sah ihrem Gesicht an, dass sie auf seine Antwort wartete. Seine Hand an ihrer Tailie spürte die Anspannung die ihren äußerst weiblichen Körper durchzog. Egal wie selbstbewusst ihr Blick war, sie hatte Angst vor der Antwort. Jaze gab sich Mühe seine Worte so zu wählen, dass sie glauben würde.

„Dann werde ich dir nie wieder von der Seite weichen.“, flüsterte er sanft und sah ihr dabei tief in die Augen. „Egal wie weit weg du von mir bist, wo auch immer du dich noch hinteleportierst, mein Herz ist immer bei dir.“ Shio wurde rot und ihre Augen bekamen einen seltsamen Glanz.

„Versprochen?“ Ihre Stimme war so leise, dass Jaze sie kaum verstehen konnte.

„Versprochen!“, antwortete er bestimmt, bevor er sie küsste.
 

//Menschen sind peinlich.//, seufzte Absol und beobachtete die Liebenden.

//Verliebte Pokémon sind auch nicht besser.//, bemerkte Noctara aus seiner sicheren Ecke heraus.

//“Verliebt“, was heißt das schon.//, brummelte Absol.

//Du warst noch nie verliebt?//, fragte Noctara überrascht. //Eine vertrocknete alte Jungfer also?//

//Wer ist hier Alt?// Absols Augen funkelten bedrohlich. //Zwanzig Jahre sind doch nicht alt!//

//Finde ich schon.// Gelassen kratzte sich Noctara mit der Hinterpfote am Ohr. //Du bist älter als meine Mutter. Auch wenn du wesentlich älter aussiehst mit dem grauen Fell.// Absol konnte über so einen schlechten Witz nur die Augen verdrehen. Müde legte es den Kopf auf die Pfoten. Endlich konnte es mal wieder eine Nacht ruhig schlafen, ohne sich Sorgen um Shio machen zu müssen. Es fuhr wieder hoch, als es einen Fremdkörper an seiner Seite spürte. Noctara hatte sich direkt neben sie gelegt.

//Was willst du Jungspunt denn neben einer Trockenpflaume wie mir.//, knurrte es mürrisch. //Ich werde dir nicht die Mama spielen.//

//Das brauchst du nicht.//, gähnte Noctara. //Im Übrigen war das nicht ernst gemeint. Ich steh auf ältere.//

//Bist du krank?//, fragte Absol und fühlte Noctaras Nase mit der seinen. Sie war kühl und leicht feucht, ganz normal also.

//Ja.// Noctara stupste mit seiner Nase gegen Absols. //Liebeskrank.// Absol lachte keckernd.

//Nun übertreib mal nicht, Jungchen.// Es stieß Noctara von sich weg. //Du redest von Dingen von denen du nichts verstehst. Lass mich jetzt schlafen, morgen ist wieder frühes Aufstehen angesagt.//

Der blockierte Weg

Der Klingelton eines PokéTerm als Wecker war eine gemeine Sache – vor allem mitten in der Nacht, wenn man gerade mal ein oder zwei Stunden geschlafen hatte. Jaze piekte Shio mit dem Finger in die Seite. Es war ihrer, sein Klingelton klang anders. Schlaftrunken tastete Shio nach ihrem Kommunikationsgerät. Sie konnte sich dumpf entsinnen, dass sie vor dem Schlafen ihren Gürtel abgenommen hatte. Wo sie ihn hingelegt hatte wollte ihr aber nicht einfallen. Ihre ausgestreckte Hand ertastete etwas Ledernes und zog es zu sich heran. Verschwommen erkannte sie ihren Gürtel und entnahm der kleinen Anhängetasche das Gerät das so quälende Laute von sich gab.

„Wer stört mich beim schlafen?“, brummte sie, während sie den Anruf annahm, wobei sie ein Gähnen nicht unterdrücken konnte.

„Wie schön, dass du geschlafen hast.“ Das Lächeln des erwachsenen Ash sah gezwungen aus. „Wo ich doch vor Sorge um dich kein Auge zu gemacht habe!“ Er hatte aufgegeben zu lächeln und sah seine Tochter wütend an. „Du hälst nicht viel davon anderen mitzuteilen wo du bist, oder?“

„Tut mir Leid, ich hab nicht dran gedacht.“, entschuldigte sich Shio. „Gestern Abend war etwas chaotisch.“

„Du findest immer irgendwelche Ausflüchte, richtig?“ Der Blick ihres Vaters war finster. „Gut, dass deine Mutter mich vor dieser Angewohnheit von dir gewarnt hat.“ Shio biss sich auf die Zunge, um nichts giftiges zu antworten. Es war doch normal, dass man manchmal über andere Dinge vergaß sich zu melden. Was war so schlimm, wenn sie es mal versäumte? Sie war alt genug um auf sich selber aufzupassen.

„Ich werde deine Sachen zum Vulkansee-Center schicken.“, fuhr Ash fort. „Wir sehen uns.“ Und schon war das Gespräch zu Ende. Shio sah verdattert auf ihren PokéTerm.

„Ist er jetzt sauer?“, fragte sie Jaze.

„Sicher.“ Jaze war überrascht, dass Shio das nicht verstand. „Ich war auch stink sauer, dass du dich nicht eher gemeldet hast. Ich hatte einen ganzen Tag keine Ahnung wo du bist und was mit dir passiert ist. Glaub mir, dass war nicht angenehm.“ Shio schwieg. Sie konnte nichts zu dieser Situation sagen. Sie hatte sich bisher noch nie wirklich Sorgen um andere gemacht. Sie konnte es nicht verstehen.
 

Misty, Rocko und der junge Ash waren nicht überrascht, Shio am nächsten Morgen aus ihrem Zelt kommen zu sehen. Sie hatten schon vermutet, dass die seltsamen Schreie in der letzten Nacht damit zu tun gehabt hatten. Allerdings weigerten Jaze und Shio sich stur die Geschichte zu erzählen. Auf Nachfrage während des Frühstücks, wie Shios Training war winkte diese nur ab und sagte, es wäre nichts Erzählenswertes.

„Ich vermute mal, dass sie die Teleportation nicht gemeistert hat.“, neckte Jaze.

„Habe ich auch nicht.“, gab Shio trocken zu. „Oder glaubst du, so etwas lernt man von heute auf morgen?“

„Also war Ashs Trainingsplan genauso schlecht wie ich vermutet habe.“, grinste Misty.

„Der war überraschend gut.“, entgegnete Shio. „Hätte ich ihm auch nicht zugetraut. Können wir das Thema jetzt abschließen? Ich will da nicht drüber reden.“ Sie stellte ihren leeren Frühstücksteller zum Abwasch und verließ die Runde. Die Freunde sahen sich untereinander an und kamen schweigend zu der Übereinkunft, dass sie nicht weiter nachfragen würden. Dennoch waren sie neugierig, was hinter Shios Schweigen stand.
 

Die weitere Reise zum Vulkansee verlief problemlos. Drei Tage nach Shios Rückkehr erreichten sie den Fuß des Schattenbergs, in dessen Mitte ihr Ziel lag. Die letzte Station vor dem Aufstieg war ein PokémonCenter neben dem Eingang der Höhle deren Windungen in den Krater führten. Vor Jahrhunderten hatte sich hier während eines Ausbruchs ein Lavastrom durchgefressen dessen steinerne Überreste wie eine Treppe in dem flachen Gang nach oben führten. Als die Menschen kamen und entdeckten wohin der Weg führte war er vergrößert worden, so dass ein durchschnittlicher erwachsener Mann aufrecht gehen konnte. Doch nun war dieser Weg unpassierbar. Der viele Regen in letzter Zeit hatte den Erdboden in der Senke aufgeweicht und ein Erdrutsch verhinderte, dass die Trainer an den Ort mit den seltenen Anofisch kamen.

„Gibt es keinen anderen Weg hinauf?“, fragte Ash Schwester Joy.

„Die Hänge sind zu steil und rutschig zum Klettern.“, warnte die Pokémonkrankenschwester. „Und die Felsstruktur erschafft Luftwirbelungen die es fliegenden Pokémon unmöglich macht in den Krater zu fliegen.“

„Ich fliege ungehindert höher als jede Wolke, wenn ich bei ihnen bleiben darf.“, umschwärmte Rocko die junge Frau. Misty griff nach seinem Ohr und zog ihn weg.

„Dann vergiss deinen Fallschirm nicht, wenn du abstürzt!“, fauchte sie. Es war ihr peinlich, dass er immer so eine Show abziehen musste, wenn sie auf eine hübsche junge Frau trafen.

Shio sah nachdenklich die fast geraden Wände hinauf. Sie und der graue Himmel über ihnen sahen wirklich nicht gerade einladend aus. Aber dennoch gäbe es einen Weg hinauf. In wie weit diese erfolgreich sein würde musste man sehen.

„Misty“, möglichst Selbstbewusst sah sie zu ihrer zukünftigen Mutte, „Lust auf ein Experiment?“ Misty verstand nicht ganz, doch Shio machte sich nicht die Mühe ihr Vorhaben zu erklären.

„Gibt es dort oben irgendeinen auffälligen Ort, ein besonderes Felsgebilde oder ähnliches und haben sie ein Bild davon?“

„Einen Moment.“ Schwester Joy begann, die Schubladen ihres Schreibtisches zu durchsuchen.

„Was hast du vor?“, fragte Jaze leise.

„Ich teleportiere Misty und mich hoch.“, erklärte Shio flüsternd. „Ihr Jungs wartet hier. Jede Person, die ich beim Teleportieren mitnehmen muss erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es daneben geht.“

„Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir am anderen Ende der Welt rauskommen?“, fragte Misty mit einem unbehaglichen Gefühl in der Magengegend.

„Etwa bei 50%.“, gab Shio zu. „Zumindest bin ich beim Training mit meinem Vater in der Hälfte der Fälle an meinem Ziel angekommen.“

„Können wir nicht einfach warten, bis der Tunnel geräumt ist?“, murmelte Misty unwillig.

„Der Tunnel wird vermutlich nicht wieder geräumt.“, erzählte Schwester Joy. „Die Behörden haben überlegt, den Gipfel des Berges zum Naturschutzgebiet zu erklären. Nächste Woche soll die Entscheidung fallen.“

„Also ist jetzt unsere letzte Chance, legal dort oben Pokémon zu fangen.“, überlegte Ash. „So ein Mist.“

„Keine Angst, der Erlass kommt nicht durch.“, flüsterte Shio. „Der Weg wird in spätestens zwei Jahren geräumt.“ Dann wandte sie sich wieder an die Leiterin der PokémonCenters. „Haben sie das Foto?“

„Natürlich, hier.“ Die rosahaarige überreichte ihr das hochglanz Bild. „Diesen Baum der aussieht wie ein Kramurx habe ich erst vor kurzem entdeckt.“

„Gibt es nichts konstanteres was auffällig ist?“, fragte Shio.

„Nichts einzigartiges.“, meinte Schwester Joy. „Aber wozu brauchst du das Bild?“

„Kann ich mir das Foto für ein paar Tage ausleihen?“ Shio ignorierte absichtlich die Frage.

„Ja, sicher.“, antwortete Schwester Joy irritiert. „Aber...“

„Danke!“ Shio macht sich schnellstmöglich davon, gefolgt von ihren Freunden. Sie zogen sich auf das Zimmer, das Schwester Joy Ash, Misty und Rocko zugeteilt hatte zurück. Während die anderen sich auf die Bettkanten setzten stand Shio in der Mitte und studierte die Fotografie in ihrer Hand.

„Das ist ein mehr als unsicheres Bild.“, seufzte sie. „Erstmal sehen, ob es mich wirklich auf den Berg da draußen führt.“

„Warte mal einen Moment, Shio.“, mahnte Rocko. „Bist du sicher, dass du mit dieser Aktion nichts im Verlauf der Geschichte änderst? Du handelst gerade ziemlich überstürzt. Bist du dir sicher, dass deine Mutter ein Anofisch besitzt?“

„Ziemlich sicher.“, entgegnete Shio. „Sie setzt es häufiger in Arenakämpfen ein.“

„Habe ich es denn wirklich in dieser Zeit gefangen?“ Misty sah Shio ernst an. „Es ist doch normalerweise deine Rede, dass du nichts in dieser Zeit verändern willst. Was also, wenn ich das Anofisch erst später fange?“

„Ich weiß, dass du mit Ash zusammen an der nächsten Saihon-Liga teilnehmen wirst und dabei ein Anofisch einsetzt.“, trotzte Shio. „Ich habe meine Hausaufgaben gemacht.“

„Was aber nicht unbedingt bedeutet, dass sie es schon beim Arenakampf eingesetzt hat.“, mahnte Rocko.

„Warum fragen wir nicht die zukünftige Misty selbst?“, überlegte Ash. „Deine Mutter müsste es doch am Besten wissen.“

„Das ist eine super Idee!“, rief Misty. „Dann kann ich mein zukünftiges Ich auch mal kennen lernen.“

„Muss das sein?“, fragte Shio missmutig.

„Natürlich!“, empörte sich Misty. „Sonst wird diese Diskussion nie enden!“

Shio widerstrebte der Gedanke, sich bei ihrer Mutter zu melden. Sie würde nur wieder explodieren und ihr Vorwürfe machen. Darauf hatte Shio absolut keine Lust. Aber der erwartungsvolle Blick ihrer Freunde in dieser Zeit ließ ihr keinen Raum zu widersprechen. Unmotiviert schloss sie ihren PokéTerm an eine Steckdose an. Es war notwendig für ein Gespräch durch die Zeit. Sie wollte nicht wissen, wie hoch die Stromrechnungen der PokémonCenter war, in denen sie bereits solche Telefonate geführt hatte. Sie setzte sich aufs Bett, Ash Rocko und Misty versammelten sich um sie. Jaze hatte kein Interesse an dem Gespräch und saß am Tisch, dabei einen neuen Trainingsplan für seine Pokémon zu erstellen. Die Verbindungsherstellung dauerte lange, doch es musste nicht lange klingeln, bis jemand abnahm.

„Azuria City Arena, Ace Ketchum am Apparat.“, meldete sich Shios großer Bruder am anderen Ende der Leitung.

„Hallo, Bruderherz.“ Die Erleichterung, dass es nicht ihre Mutter war die abgenommen hatte schwang in Shios Stimme mit.

„Hey Kleines.“, grinste ihr rothaariger Bruder. „Und wer da noch alles im Hintergrund ist.“

„Das sind Ash, Misty und Rocko.“, lachte Shio.

„Ah, also Mum, Dad und mein Patenonkel in Jung.“, meinte Ace.

„Wir haben hier gerade eine kleine Diskussion über den zeitlichen Ablauf von Ereignissen.“, erklärte Shio.

„Und jetzt willst du Mum fragen, wie es bei ihr war.“, beendete Ace. „Einen Moment, ich hole sie.“

Es wurde still auf der anderen Seite der Leitung. Nach kurzer Zeit hörte man irgendwo eine Tür erst quietschen und dann klacken. Shio seufzte und legte das kleine Gerät beiseite.

„Das kann dauern.“, meinte sie. „Das war die Tür zur Arenahalle. Mum trainiert also gerade.“

„Quietscht die Tür immer noch oder schon wieder?“, fragte Misty.

„Die quietscht schon seit ich denken kann.“, meinte Shio. „Alle Türen im Haus quietschen oder knarren.“

„Wieso denn das?“, fragte Misty, der dieser Gedanke absolut missfiel. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich in einem Haus voller qietschender Türen lebe.“

„Ja, wir beide hatten arge Probleme uns an das System zu gewöhnen, als wir es eingeführt haben.“, lachte Shio. „Aber es ist notwendig für Ace, als Orientierungshilfe.“

„Ist er blind?“, fragte Ash überrascht.

„Nicht ganz.“, entgegnete Shio. „Aber er sieht nicht mehr als Umrisse von stehenden Menschen und Gegenständen. Bewegungen kann er nur verschwommen sehen.“

„Du sagtest, dass ihr das Quietsch-System später eingeführt habt.“, überlegte Rocko. „Heißt dass, er hatte diese Sehschwäche früher nicht?“

„So ist es.“, bestätigte Shio. „Er hatte einen Unfall während eines Pokémonkampfes. Die Nietenrankenattacke eines Tuska hat ihn am Kopf getroffen.“ Ash, Misty und Rocko erschauderten und zogen allein bei der Vorstellung ein schmerzverzerrtes Gesicht.

„Er lebt inzwischen recht gut damit.“, erzählte Shio. „Er hat ein trainiertes Raquero, dass aufpasst, dass er nirgendwo aneckt. Nur Pokémon-Kämpfe kann er nicht mehr austragen. Das hat ihn damals sehr getroffen, weil er eigentlich geplant hatte die Arena zu übernehmen. Jetzt pocht Mum darauf, dass ich Wasserpokémon trainiere und ihre Nachfolge antrete.“

„Die Azuria-Arena ist seit Generationen unter der Leitung meiner Familie.“, erklärte Misty. „Ich habe nicht vor, diese Kette zu unterbrechen.“ Dann hielt sie inne und dachte kurz nach. „Hast du denn keine Cousins oder Cousinen?“

„Diesem verantwortungslosen Pack kann ich die Arena nicht anvertrauen.“, ertönte es aus Shios PokéTerm – Die Misty der Zukunft war schneller ans Telefon gekommen, als Shio es erwartet hatte. „Alle wie ihre Mütter: Egoistisch und Selbstgefällig und ohne jeden Sinn für Pokémon-Kämpfe.“

„Und ich will kein Arenaleiter für Wasserpokémon werden.“, beschwerte sich Shio. „Ich will meine eigene Arena mit Unlicht-Spezialisierung gründen!“

„Da sitzt also der Hase im Pfeffer.“, bemerkte Rocko überrascht. „Der einzige Streitpunkt ist der Typ.“

„Die Azuria City Arena war schon immer auf Wasserpokémon spezialisiert und wird es auch bleiben!“, riefen beide Mistys synchron. Rocko, für den zwei Mistys die ihn anfauchten einfach zu viel waren, kauerte sich in einer Ecke zu einem Häufchen Elend zusammen.

„Könnt ihr das Thema unter euch ausmachen?“, fragte Ash leicht verunsichert.

„Wir sind doch unter uns!“, bemerkte die Misty seiner Zeit.

„Vielleicht sollte man meinen Vater in diese Diskussion mit einbeziehen?“, bemerkte Shio. „Wenn wir beide wieder in unserer Zeit sind, heißt das.“ Jetzt hatten die Mistys nichts mehr zu sagen. Shio konnte über Telefon nicht hören, was ihre Mutter dachte, aber die Misty dieser Zeit wollte gerne ein Wörtchen mitreden. Dass sie das im Grunde sowieso tat kam ihr nicht in den Sinn.

„Können wir jetzt auf das eigentliche Problem zurückkommen?“, fragte Shio.

„Neunmalkluges Gör.“, grummelte ihre Mutter kaum verständlich. „Was für ein Problem gibt es denn? Hast du wieder etwas angestellt?“

„Ich hab nichts angestellt!“, verteidigte sich Shio.

„Noch nicht.“, korrigierte sie die Misty die neben ihr stand. „Aber du bist im Inbegriff etwas zu tun, was eventuell falsch wäre.“

„Bin ich nicht!“, schmollte Shio.

„Worum geht es denn?“, fragte die zukünftige Misty ungeduldig.

„Wann hast du dein Anofish gefangen?“, fragte Ash, der das Gespräch übernahm, während Misty und Shio sich angifteten. Die Zickereien der beiden gingen ihm doch hin und wieder ganz schön auf die Nerven. Wenn das Stromkabel lang genug gewesen wäre, er hätte sich den PokéTerm geschnappt und wäre damit aus dem Zimmer gegangen. So konnte man sich doch nicht vernünftig unterhalten!

„Mein Anofish?“, wunderte sich die Misty der Zukunft. „Lass mich überlegen... Da war ich... Sechzehn, denke ich.“

„Hast du es vor oder nach dem ersten Orden der Saihon-Liga gefangen?“, bohrte Ash weiter.

„Ich habe es wegen dem Orden gefangen.“, entgegnete Shios Mutter. „Wie bin ich damals überhaupt auf den Berg hoch gekommen...?“

„Ist nicht wichtig.“ Shio grinste triumphierend. „Danke!“ Ohne Verabschiedung entnahm sie Ash ihr Gerät und klappt es zu, womit sie die Verbindung beendete.

„Wir wissen, wie ich da hoch gekommen bin.“, seufzte Misty. Das ungute Gefühl in ihrem Magen breitete sich immer weiter aus. Sie wollte nicht teleportieren – davon hatte sie damals in Safronia City beim Kampf gegen Sabrina genug gehabt. Hoffentlich wurde sie dabei nicht wieder in eine Puppe verwandelt.

„Ich kann nichts verwandeln.“, meinte Shio, enttäuscht von so viel Misstrauen.

„Tut mir Leid.“, meinte Misty. „Das sind einfach die schlechten Erfahrungen. Gib mir bis morgen Zeit, mich seelisch darauf vorzubereiten.“

Doppelkampf

Das Gespräch zwischen Shio und ihrer Mutter hatte in Ash den Gedanken geweckt, dass es mal wieder Zeit war sich bei seiner Mutter zu melden. So wie er Shios Mitteilungsverhalten in den letzten Tagen kennen gelernt hatte war er sich sicher, dass seine Mutter noch nicht wusste, dass sie gesund und munter an seiner Seite war. Was ihm allerdings Sorgen machte war, dass er nicht wusste wie Delilah Ketchum die Nachricht aufgefasst hatte, dass ihre zukünftige Enkelin sich in dieser Zeit befand und genauso alt war wie ihr Sohn. Wahrscheinlich hatte sie es einfach hingenommen, ohne sich weiter darüber Gedanken zu machen. Seine wunderbare sorglose Mutter. Die vermutlich mal wieder in ihrem Garten war, denn es dauerte ewig, bis sie ans Telefon ging. Ash überlegte schon wieder aufzulegen, als sie den Telefonhörer endlich abnahm. Sie trug ihre Alltagskleidung. Warum hatte sie dann so lange zum Telefon gebraucht?

„Hi Mum.“, grüßte Ash seine Mutter. „Warst du im Garten?“

„Hallo Liebling.“, lächelte diese. „Vorhin, ja. Ich habe mich gerade umgezogen, als das Telefon geklingelt hat.“

„Ach so, das erklärt alles.“, lachte Ash.

„Was macht deine Reise?“, fragte seine Mutter. „Hast du schon einen neuen Orden?“

„Leider noch nicht.“, seufzte Ash. „Wir haben einen kleinen Umweg eingeschlagen, damit Misty ein besonderes Wasserpokémon fangen kann. Laut Shio haben wir sonst keine Chance gegen den Arenaleiter.“

„Ist Shio wieder bei euch?“, fragte Delilah Ketchum interessiert. „Sie hat mich vorgestern ganz schön überrascht, so plötzlich wie sie aufgetaucht und wieder verschwunden ist.“

„Na ja“, Ash versuchte das richtige Wort zu finden, seine zukünftige Tochter zu beschreiben, „sie ist etwas... speziell.“

„Das habe ich schon bemerkt.“, meinte sein Mutter. „Gedächtnisse löschen, Gedanken lesen... von wem hat sie das nur?“

„Psychische Kräfte entwickeln sich nicht unbedingt auf erblicher Basis.“ Shio war zufällig vorbeigekommen und hatte die Frage ihrer Großmutter mitbekommen und unwillkürlich darauf geantwortet. Sie hatte diese Frage im Laufe ihres Lebens von Bekannten ihrer Mutter so oft gehört, dass sie selbst im Schlaf diese Antwort geben würde. „Auch wenn die Genetik von den Eltern abhängt kann es doch zu unvorhersehbaren Veränderungen in der DNA kommen mit unbekannten Ergebnissen.“

„Das klingt wie aus einem Schulbuch.“, bemerkte Ash, überrascht durch die plötzliche Lektion.

„Ich habe es ja auch einem entnommen.“, entgegnete Shio. „Ich wurde von meiner Mutter gezwungen die durch meine Reise verpassten Schuljahre im Schnelldurchlauf nachzuholen.“ Ash schwante nichts gutes.

„Das ist eigentlich gar keine schlechte Idee.“, bemerkte seine Mutter. „Ash könnte auch mehr schulische Bildung vertragen.“

„Ein Trainer braucht keine Schulbildung!“, rief er selbstbewusst.

„Aber nur vom Trainerdasein kann man nicht leben.“, konterte seine Mutter. „Du bekommst zwar Preisgelder wenn du Kämpfe und Ligen gewinnst, aber was machst du, wenn du eine Pechsträhne hast und dir das Geld ausgeht? Ich kann dich auch nicht immer unterstützen.“

„Ich werde nie eine Pechsträhne haben!“, trotze Ash. „Ein so guter Trainer wie ich verliert nicht so leicht!“

„Sei dir da mal nicht so sicher.“, sagte Shio. „Du bist jetzt sechzehn, du kämpfst jetzt in einer anderen Liga mit stärkeren Gegnern. Bisher hast du an den Kinderwettbewerben teilgenommen. Die Jugendwettbewerbe für die sechzehn bis zwanzigjährigen sind um einiges härter.“

„Woher willst du das wissen?“, fragte Ash genervt.

„Ich habe teilgenommen und wurde zerschmettert.“ Shios Blick sagte eindeutig, dass sie keine Scherze machte.

„Nur weil es dir so ergangen ist muss es mir nicht auch so ergehen!“, rief Ash.

„Du hast gegen mich verloren!“, erinnerte Shio ihn.

„Dann lass uns noch einmal kämpfen!“, forderte Ash. „Dieses Mal werde ich gewinnen!“

„Schön, gehen wir nach draußen!“ Shio war Feuer und Flamme. Ash war so ein uneinsichtiger Hitzkopf! Irgendwie musste sie ihn zu Vernunft bringen und am Besten ging dies durch einen Pokémonkampf!
 

„Ein Pokémonkampf?“, wiederholten Misty, Rocko und Jaze was Shio und Ash ihnen soeben aufgebracht mitgeteilt hatten. Die drei hatten bisher friedlich in der Cafeteria gesessen und sich unterhalten.

„Das klingt nicht schlecht.“, meinte Jaze. „Können wir nicht einen Doppelkampf machen?“

„Das ist eine gute Idee!“, rief Misty. „Dann können wir gleich ausprobieren, was wir im Training erprobt haben.“ Sie sah Ash erwartungsvoll an. Dieser Blick ließ diesem keine andere Wahl, als ihr zuzustimmen. Er wollte nicht schon wieder Streit provozieren, auch wenn er einen einfachen Pokémonkampf bevorzugte.

„Wäre das nicht unfair?“, fragte Shio. „Ash und Misty haben bereits Team-Training vollzogen, Jaze und ich nicht.“

„Wolltet ihr nicht auch an der Liga teilnehmen?“, fragte Ash verwirrt.

„Das habe ich gesagt, damit du Misty zur Partnerin nimmst.“, antwortete Shio. „Ich wäre schön blöd, wenn ich meine Existenz in dieser Zeit weiterverbreiten würde, als ich es sowieso schon tue.“

„Zum Glück hast du dein Köpfchen nicht von deinem Vater.“, grinste Jaze. „Sonst wüsste schon die Halbe Welt, dass wir Zeitreisende sind.“

„Du hast dein Köpfchen auch nicht von deinem Vater.“, zischte Shio. „Der würde dass nicht in einer vollbesetzten Cafeteria raus posaunen!“

„Die größte Anonymität hast du in einer großen Masse.“, beschwichtigte Jaze sie. „Hier achtet doch keiner auf uns, wieso also flüstern?“

„Es gibt immer irgendwen, dem langweilig ist und deswegen den Gesprächen anderer zuhört.“, mahnte Shio.

„Du machst dir zu viele Gedanken.“, meinte Rocko. „Selbst wenn es jemand gehört hat, es hätte genausogut ein Scherz sein können. Solange es keine Beweise gibt, woher du kommst, wird ihm keiner glauben. Spiel einfach unschuldig wenn du dadrauf angesprochen wirst.“

„Du hast ja recht.“, seufzte Shio.

„Um aufs Thema zurückzukommen“, bemerkte Jaze, „ich bin für einen Doppelkampf. Ich habe mit Ash noch eine Rechnung zu begleichen!“

„Dann ist es entschieden!“, rief Ash kampfeslustig.
 

„Wir beginnen mit dem Doppel-Pokémonkampf.“, rief Rocko am Rande des provisorisch in den nassen und matschigen Boden gezeichneten Kampffeldes. „Jeder Trainer darf Zwei Pokémon einsetzen. Das Team das am Ende des Kampfes noch ein Pokémon hat gewinnt.“ Er hob einen Arm in die Luft, „Beginnt!“ und ließ ihn wieder fallen. Ash und Misty, Jaze und Shio riefen ihre Pokémon aufs Feld. Famian und Lampi gegen Schwalbini und Magnayen.

„Lampi, Funkensprung auf Schwalbini!“, begann Misty den Kampf. Ihr Wasser-Elektro Pokémon lud seinen Körper mit elektrischer Energie auf und schoss dann auf das Vogelpokémon zu.

„Weich aus und dann Windstoß!“, befahl Jaze diesem. Schwalbini flog ein Stück höher, so dass Lampi unter ihm durch sprang und wieder auf dem Boden landete. Mistys Pokémon gab nicht auf und attackierte weiterhin das Flugpokémon, trotz des durch Windstoß erschaffenen Windwirbels.

„Famian, blockiere Schwalbinis Fluchtweg!“, rief Ash seinem Geisterdrachen zu. Famian wurde unsichtbar und tauchte dann mitten in Schwalbinis Flugbahn wieder auf. Der Vogel flog durch den Gaskörper des Geistes. Es war so kalt, dass es paralysiert wieder rauskam und Richtung Boden fiel – direkt in die Sprungbahn Lampis.

„Magnayen, Schattenspiel!“, rief Shio. In dem Moment als Lampi auf dem Boden aufkam um den diesmal Treffsicheren Sprung zu beginnen stieg sein Schatten vom Boden auf und hüllte es ein.

„Lampi!“, rief Misty schockiert, da sie nicht wusste was der Effekt dieser Fähigkeit war. „Versuch dich zu befreien!“ Ihr gelbes Lampi zappelte in der dunklen Masse die es umgab, doch dann bewegte es sich nicht mehr. Sein Schatten floss wieder zu Boden und gab den Blick auf einen Eisblock frei der das bewegungsunfähige Wasser-Elektro Pokémon enthielt. Knapp neben ihm fiel Jaze' paralysiertes Schwalbini zu Boden, mitten in eine Wasserpfütze hinein. Der zähe kleine Vogel kämpfte gegen die Schlammassen an, doch noch immer wirkte die Paralyse und es blieb stecken.

„Lampi und Schwalbini können nicht mehr weiter kämpfen!“, entschied Rocko. Jaze und Misty riefen ihre beiden Pokémon in die Pokébälle zurück und wählten ihre zweiten Pokémon aus. Muntier und Quaxo wurden auf das Kampffeld gerufen.

„Shio, kannst du irgendwie Famian kampfunfähig machen?“, fragte Jaze seine Partnerin leise.

„So lange es sich dort oben verkriecht kann Magnayen es nicht erreichen.“, bemerkte Shio und sah zu dem Geisterdrachen, der hoch über den Köpfen der anderen Pokémon auf seinen nächsten Befehl von Ash wartete.

„Überlass das Muntier.“, meinte Jaze. „Räuberleiter!“ Sein Pokémon, dass diesen Befehl aus früheren Situationen kannte drehte sich zu Magnayen, verschränkte seine Klauen und bildete das Sprungbrett für Shios Hundepokémon.

„Nicht schlecht.“, grinste Shio. „Magnayen, Schattenzahn auf Famian, bring es zu Boden!“ Der schwarze Hund jagte auf Muntier zu. Misty aber erkannte ihren Plan frühzeitig und befahl Quaxo eine Aquaknarre auf Magnayen um es zu stoppen. Dieses wich mit Agilität aus, erreichte Muntier und schoss mit dessen Hilfe gen Himmel, auf Famian zu.

„Spukball!“, befahl Ash, doch die Attacke brauchte zu lange zum Laden. Magnayen biss ihm mit seiner Unlichtattacke in die Schulter und ließ nicht mehr los. Gemeinsam fielen sie zu Boden, in die gleiche Matschpfütze wie Schwalbini zuvor. Famian hatte keinerlei Probleme sie wieder zu verlassen, aber Magnayen hatte schwer zu kämpfen. Doch es schaffte es am Ende doch.

„Famian, Nachtnebel!“, rief Ash. Schwarzer Nebel strömte aus Famians Körper und umhüllte Magnayen. Es war unbekannt was genau dieser Nebel eigentlich war, aber er schädigte auf den Willen des Anwenders hin dessen Feinde, wenn auch nur kurzzeitig.

Während Shio und ihr Magnayen mit Ash und Famian beschäftigt waren konzentrierte Misty die Angriffe Quaxos auf Jaze' Muntier. Ihr Ziel war es, ein Eingreifen des Wildaffenpokémons in den Kampf der anderen beiden Pokémon zu verhindern.

„Quaxo, Regentanz!“, befahl sie und das Froschpokémon gehorchte. Nur wenige Bewegungen seinerseits und das Wasser viel vom Himmel wie aus Eimern gegossen. Der Boden weichte binnen weniger Sekunden noch weiter auf, bis das Feld einer Schlammlagune glich. Pokémon die auf den festen Halt des Bodens angewiesen waren wie Magnayen und Muntier hatten Schwierigkeiten auf dem rutschigen Untergrund halt zu finden. Schwebende Pokémon und solche mit Wasseratribut gewannen einen klaren Vorteil. Magnayen und Muntier steckten tief in der Klemme. Vor allem Quaxo, denn durch den Regen bestärkt begann es eine Reihe von Angriffen auf Muntier die das Wildaffenpokémon arg in Bedrängnis brachten.

Magnayen erging es derweil nicht Besser. Der Schlamm der in seinem langen Pelz kleben blieb und verklumpte erschwerte ihm zusätzlich zum nassen Untergrund die Bewegung. Durch den Sturz und Famians Nachtnebel Angriff war es schon nah am KO-Punkt angekommen, doch noch blitzte die Kampfeslust vermischt mit Trotz in seinen Augen, mit denen es Famian hungrig fixierte.

„Der Kampf ist für dich zu Ende!“, rief Ash Shio selbstsicher zu.

„Freu dich da mal nicht zu früh!“, entgegnete diese. „Magnayen, Mondschein!“ Ash fiel vor Überraschung die Kinnlade herunter. Ihm war noch nie ein Magnayen begegnet das diese Heilfähigkeit besaß. Doch Shio war noch nicht fertig mit ihrem Zug. Sie hatte einen Plan und betete im inneren dafür, dass er funktionieren würde.

„Setz Schattenspiel auf den Boden ein!“, befahl sie und beobachtete wie sich der Schatten von Magnayen in die gleiche schwarze Masse verwandelte wie der von Lampi zuvor und sich ausbreitete wie eine Amöbe auf Nahrungssuche. Doch auch Schatten hatte einen bestimmten Spielraum und so konnte nicht das gesamt Kampffeld bedeckt werden. Nach kurzer Zeit verschwand er und ließ einen eklig lilanen Untergrund zurück. Magnayen jaulte auf und hechtete an eine nicht verfärbte Stelle des Bodens. Muntier und Quaxo taten es ihm gleich. Famian schwebte weiterhin über den Dingen. Es war das einzige Pokémon das den Giftsee den das Schattenspiel zwischen ihnen erschaffen hatte gefahrlos überqueren konnte.

„Warum hast du das gemacht?“, fragte Jaze aufgebracht.

„Schattenspiel ist ein Zufallsspiel!“, erklärte Shio. „Ich hatte gehofft, dass der Boden zufriert oder durch Feuer austrocknet!“ Sie betrachtete das Werk des statusverändernden Angriffs. „Aber jetzt haben wir einen Vorteil wenn wir die Geduld behalten.“

„Vorteil?“, fragte Jaze scharf. „Falls du es nicht siehst, da drüben ist ein Geistpokémon auf den dein Giftfeld keinen Einfluss hat!“

„Zum Angreifen muss es in unsere Reichweite kommen.“, widersprach ihm Shio. „Muntier ist immun gegen Geistangriffe. Außerdem hat Famian eine Schwäche gegenüber Unlichtattacken. Wir müssen nur abwarten, dass es näher kommt.“

Auf der gegenüberliegenden Seite des Kampffeldes überlegten auch Ash und Misty sich eine neue Taktik. Quaxo saß in einer Ecke fest. Ein Schritt rückwärts und es hätte den Kampf wegen Grenzüberschreitung verloren. Vor ihm war alles lila.

„Da hat Shio uns ja etwas interessantes eingebrockt.“, murrte Ash und betrachtete den vergifteten Boden. „Aber jetzt haben wir einen Vorteil.“ Siegessicher grinsend setzte er an, um Famian seinen nächsten Zug mitzuteilen.

„Warte!“, hielt ihn Misty auf. „Überleg mal! Wenn du jetzt angreifst tust du genau das, was Shio erwartet!“

„Wie meinst du das?“, fragte Ash verwirrt.

„Ganz einfach.“, setzte Misty an. „Ein Angriff auf Muntier wäre ineffektiv, da Famian noch keine Drachenattacke beherrscht.“

„Magnayen kann ich trotzdem noch angreifen!“, argumentierte Ash. „Sieh es dir an, es hält nicht mehr lange durch!“

„Famian ist auch angeschlagen.“, erinnerte Misty ihn an den Zustand seines eigenen Pokémon. „Und Magnayens Angriffe sind effektiver auf Famian als umgekehrt.“ Ash biss sich au die Zunge. Das hatte er nicht bedacht. Er überblickte nocheinmal das Kampffeld und die Position der Pokémon.

„Ich habe eine Idee!“, grinste er. „Famian, schnapp dir Quaxo und trag es auf die andere Seite!“ Seine Freundin sah ihn kurz verwirrt an. Ihr war der Plan ihres Kampfpartners nicht gleich klar, doch als sie das siegessichere Grinsen auf seinem Gesicht sah verstand sie, was er vor hatte. Der Geisterdrache hatte inzwischen mit dem grünen Froschpokémon die andere Seite des Feldes erreicht.

„Quaxo, lass dich fallen und dann Aquaknarre auf Magnayen!“, befahl Misty. Famian ließ seine Last fallen, während Mistys Pokémon tief Luft holte und einen Wasserstrahl auf das schwarze Hundepokémon spuckte. Magnayen wich aus, landete aber mit einer Pfote im Giftsee. Aufjaulend wich es wieder zurück. Quaxo nutzte diesen Moment, um es ein zweites Mal mit Aquaknarre anzugreifen. Dieses Mal traf der Wasserstrahl. Das Geschwächte Magnayen wurde hart in der Seite getroffen und aus dem Ring geschleudert. K.O. und außerhalb der Begrenzung blieb es liegen.

„Magnayen kann nicht mehr weiter kämpfen!“, entschied Rocko. Shio holte ihr Hundepokémon in den Pokéball zurück.

„Du hast gut gekämpft.“, flüsterte sie ihm zu, bevor die den Pokéball wieder an ihren Gürtel klemmte. Sein Nachfolger war bereits gewählt: Enekoro erschien gegenüber Famian.

„Blizzard!“, war der erste Befehl den Enekoro direkt nach seinem erscheinen erhielt. Es öffnete sein Maul so weit es ging und entfesselte einen Eissturm, der das unvorbereitete Famian direkt traf. Langsam sang es gen Boden. K.O. blieb es mitten im Giftsee liegen. Schnellstmöglich holte Ash seinen Geisterdrachen zurück in seinen Pokéball. Während Ash sein nächstes Pokémon auswählte kämpften Quaxo und Muntier einen erbitterten Nahkampf. Währenddessen lud Enekoro einen Lichterball. Ash betrachtete misstrauisch die leuchtende Kugel. Er hatte sie schon einmal gesehen, aber was sie bewirkte wusste er nicht. Während des Wettbewerbs hatte sie sich nicht aktiviert. Es war eine Elektroattacke, ohne Zweifel. Tauboga und Altaria hatten beide einen großen Nachteil gegenüber Shios Enekoro. Pikachu hätte keine Möglichkeit auf die Seite zu kommen, auf der der Kampf stattfand. Er konnte nur eines der beiden Vogelpokémon einsetzen.

Der junge Trainer hatte gerade seine Wahl getroffen, als ein kleiner metallener Gegenstand auf das Feld schwebte. Die Augen der Trainer wurden von den Kämpfen abgelenkt und starrten verwundet das fliegende Objekt an. Als es die Mitte des Feldes erreichte leuchtete es auf und explodierte, wobei es eine gigantische Rauchwolke entließ.

„Das kann doch nur Team Rocket sein!“, rief Misty.

„Diese miesen...“, knurrte Ash.

„Diese miesen was?“, fragte James, der plötzlich direkt neben seinem Erzfeind stand. In seinen Händen hielt er zwei Rauchbomben. „Diese Rauchbombe dort ist nicht von uns.“

„Genau, da spielt euch jemand anderes einen Streich.“, verteidigte Mauzi sein Team. „Wir hätten gewartet, bis Pikachu auf dem Feld ist!“

„Da stiehlt uns jemand die Show!“, beschwerte sich Jessie. Ein spitzer Schrei lenkte die Aufmerksamkeit aller auf die vom Rauch verhüllten Seite des Kampffeldes.

„Das war Shio!“, stellte Misty fest. Ash wartete nicht lang und hechtete los. Sein Ziel war der Punkt an dem er das leuchten des Lichterballs sah. Shio stand seines Wissens nach direkt dahinter. Der Giftboden verätzte seine Turnschuhe, doch das war ihm egal. Er wusste nicht, ob Misty ihm folgte. Aber das war ihm in diesem Augenblick auch egal. Irgendetwas war mit Shio passiert.

Im Nebel vor ihm zeichnete sich gegen das Licht die Silhouette eines Menschen ab. In der Hoffnung, dass es Jaze war, rannte Ash auf diese zu. Doch als er näher kam erkannte er nicht den zukünftigen Sohn seines besten Freundes. Kyle, der Pokémonwilderer aus dem Psy-Park hörte den viel jüngeren Trainer kommen und drehte sich mit einem gehässigen Grinsen zu diesem um.

„Du kommst zu spät.“, höhnte er. „Andra hat unsere Prinzessin bereits in ihrer Gewalt.“ Von oben konnte Ash Shios Beschwerdeschreie hören. Vermutlich hatte Andra die Fähigkeit durch ihre Psychokräfte zu schweben. Wenn die Übernahme Theorie seines erwachsenen Selbst die Shio ihm erklärt hatte stimmte, musste er Shio demnächst festbinden, damit sie nicht davon schwebte. Aber ersteinmal musste er sie retten.

Unterstützung kam aus dem Nebel. Enekoro rannte von hinten auf Kyle zu und tackelte ihn mitten ins Kreuz. Der Mann in der Schwarz-Lilanen Uniform landete bäuchlinks auf dem Boden. Seine Hand berührte den vergifteten Boden. Der schwarze Handschuh verätzte sofort. Zu seinem Glück konnte Kyle seine Hand schnell genug zurück ziehen, bevor das Gift seine Haut erreichte. Wütend richtete er sich auf.

„Das wird dir noch leidtun!“, knurrte er und fixierte wütend Enekoro. Er zog einen Pokéball und rief ein Galoan, das dem angreifenden Enekoro gegenüber trat. „Psystrahl!“ Der Kristall auf der Stirn des Psychovogels begann zu leuchten und kurz darauf schoss ein bunter Lichtstrahl auf Enekoro zu. Zu Ashs Überraschung machte dies nicht einmal den Ansatz einer Ausweichsbewegung. Im Gegenteil, es nahm eine feste Standposition ein und erwartete mit voller Muskelanspannung den Angriff. Der Psystrahl traf es frontal und schob das sich wehrende Enekoro ein Stück rückwärts. Doch es blieb stehen.

Aus dem Nebel, dort wo der Lichterball noch immer schimmerte, schoss ein Blitz hervor und traf Galoan. Das Flugpokémon ging sofort zu Boden. Gleichzeitig nahm der Lichtkegel der durch den dichten Schleiher aus künstlichem Rauch zu sehen war ab. Enekoro blickte zu Ash und fauchte ihn an. Ash glaubte zu verstehen was es meinte und nickt ihm zu.

„Ich überlasse den hier dir!“, rief er dem Pokémon zu. Er selbst lief tiefer in den Nebel hinein, dorthin wo noch das Licht zu sehen war, dorthin wo Shio als letztes gestanden hatte. Das Gezeter das der Kampf zwischen seiner zukünftigen Tochter und ihrer Entführerin an seine Ohren schickte wies ihm den Weg.

„Hab ich euch!“, schallte Jaze stimme durch den Nebel, zusammen mit einem wütenden Aufschrei Andras.

„Du wagst es mich einfach anzuspringen?!“, schimpfte sie. „Du mieser Mensch, lass mich los! Du bist zu schwer!“ Ash sah vor sich schattenhaft ein paar Beine in der Luft baumeln. Vermutlich Jaze' Beine, der sich an Andra gehängt hatte um ihre Flucht zu verhindern. Wenn ihr Jaze schon zu schwer war, was passierte dann, wenn er sich auch noch dazu hängte? Siegessicher grinsend sprang Ash so hoch wie möglich sobald er die monströse Silhouette der drei Menschen vor sich erkennen konnte. Hätte Ash nicht gewusst, dass es drei Menschen waren, hätte er sie für ein neues Pokémon gehalten. Er schaffte es, sich irgendwo an dem Menschenknäul festzuhalten. Sein Tastsinn meldete ihm, dass es eine weibliche Taille war, die er zu fassen bekam. Doch wessen, das merkte er erst, als es plötzlich abwärts ging und er mit seinem Hinterteil im Matsch und Shio auf seinem Schoß landete.

„Ich weiß, das ich schwerer bin als ich aussehe.“, schnaubte Shio beleidigt, nachdem sie seine Gedanken gelesen hatte. Ihre Augen glühten und es umgab sie eine schimmernde Aura. Andra bot den gleichen Anblick. Jaze löste sich von der blonden Frau und landete auf seinen Füßen.

„Flammenwurf!“, erschallte Mistys Stimme aus dem Nebel. Ein Flammenstrahl schoss auf die Angreiferin zu und färbte ihr Äußeres rußschwarz. Misty kam aus dem Nebel, vor sich weg ein rötlich violetter Fisch der aus Drüsen an seinem Bauch Dampf abgab und somit über dem Boden schwebte. Pikachu sprang von ihrer Schulter und lief zu Ash.

„Verfluchte Gören!“, rief Andra wütend. „Das werdet ihr mir büßen!“

„Heute nicht, Andra!“ Kyle erschien hinter Misty. Er hinkte und hatte eine blutende Wunde an der Schläfe. „Für heute ziehen wir uns zurück!“ Seine Partnerin knirschte mit den Zähnen, doch sie schwebte zu ihm.

„Wir sehen uns wieder! Und dann seid ihr fällig!“, prophezeite sie, bevor sie an der Seite Kyles verschwand. Ash wüsste zu gerne, wohin die beiden sich wohl teleportierten. Shio, die noch immer auf seinem Schoß saß, hörte auf zu glühen und atmete schwer aus. Sie fasste sich an den Kopf und rieb sich die Schläfen.

„Verfluchte Hexe.“, murmelte sie. „Sie ist mir telekinetisch ebenbürtig.“ Langsam versuchte sie aufzustehen, doch es ging höher als Gedacht. Ash konnte gerade noch geistesgegenwärtig ihren Knöchel fassen, bevor Shio in den Himmel davon schwebte.

„Solangsam verliert das ganze an Witz.“, meinte Jaze und betrachtete sein schwebende Freundin.

„Ich habe es nie als witzig empfunden.“, fauchte Shio, woraufhin sich ihre Schwebe löste und sie bäuchlinks auf dem Boden landete. Ihre Freunde konnten sich ein lachen nicht verkneifen.

„Da seid ihr ja!“, Rocko kam aus dem Neben gestolpert und sah sich verwirrt unter seinen Freunden um. „Was ist passiert? Und woher kommt das Anofisch?“ Mistys neues Pokémon schwebte an ihrer Seite, als würde es im Wasser treiben.

„Es ist vom Berg herunter gekommen.“, erklärte Misty. „Es hat unserem Kampf anscheinend eine ganze Weile beobachtet. Nachdem Ash weg war ist es zu mir gekommen und hat mir gedeutet, dass es helfen wollte.“ Das Anofish machte eine Bewegung die als Nicken zu deuten war.

„Dann haben wir das Ziel unseres Ausflugs ja doch erreicht.“, meinte Rocko. „Dann können wir jetzt nach Uron City.“

„Ja, machen wir uns auf den Weg!“, rief Ash energiegeladen. „Erster Saihon Orden, ich komme!“

Das Rätsel von Uron City

Uron City war nur ein kleines Städtchen mitten in den Bergen. Ihre Bewohner lebten hauptsächlich von den Erträgen einer Mine die das Metall Oxinium förderte, aus dem Pokébälle hergestellt wurden. Duffons Pokébälle, die Pokébälle der Zukunft die Shio und Jaze nutzten basierten auf einem anderen Metall dessen Abbau leichter war als der von Oxinium. In fünf Jahren würde die Wirtschaft in Uron City zusammenbrechen. Die Stadt in Shios Zeit war arm und heruntergekommen. Doch in der Vergangenheit stand sie in der Blüte ihrer Lebendigkeit. Eine geschäftige kleine Stadt mit zufriedenen Einwohnern die nicht ahnten welches Elend auf sie zukam.

//Ein echter Beweis wie sehr sie Wirtschaft eine Stadt beeinflusst.//, dachte Jaze. Shio nickte nur zustimmend. Doch sie konnten nichts ändern an der kommenden Situation.

Ash, Misty und Rocko wussten nicht, was in der Zukunft mit der Stadt passieren würde. Sie sahen nur die jetzige, blühende Ära Uron Citys. Von ihrer Position auf einem der Umliegenden Berge konnte sie die ganze Stadt im Tal überblicken. Ashs Augen wanderten über die mit metallenen Ziegeln gedeckten Dächer. Das Pokémon Center mit seinem leuchtend roten Dach war schnell gefunden. Doch er konnte kein Gebäude entdecken, dass aussah wie eine Arena.

„Wo ist die Arena?“, maulte er enttäuscht.

„Das musst du selbst herausfinden.“, grinste Jaze. „Das Spiel hat sich also nicht geändert.“

„Welches Spiel?“, fragte Misty.

„Es steht hier im Reiseführer.“, bemerkte Rocko mit dem Buch vor der Nase. „Sie Arenen der Saihon Region sind alle versteckt. Um sie zu finden muss man das Stadträtsel lösen.“

„Das klingt wie eine Schnitzeljagd.“, meinte Ash. „Steht da ein Startpunkt?“ Rocko überflog noch einmal die dicht beschriebenen Seiten, schüttelte dann aber den Kopf.

„Am besten sollten wir im Pokémon Center nachfragen.“, schlug er vor. „Die hiesige Schwester Joy wird uns sicher weiterhelfen können.“ Shio und Jaze lachten gleichzeitig los. Ihre Freunde sahen sie verwirrt an.

„Wir wünschen euch viel Erfolg.“, grinste Shio. „Wir warten an der Arena.“ Sie griff Jaze Hand und beide verschwanden im Nichts – an einen unbekannten Ort teleportiert.

„Und ich hatte gehofft, wir könnten das hier schnell hinter uns bringen.“, seufzte Ash. Die Aussicht auf Rätselraten wirkte auf ihn ziemlich demotivierend. Er wollte kämpfen, nicht denken!
 

Die Schwester Joy im städtischen Pokémon Center schüttelte den Kopf, als Ash sie nach dem Standort der Arena fragte. Sie griff unter den Tresen, holte zwei zusammengefaltete Zettel hervor und legte sie vor Ash auf den Tisch. Die einzigen Hinweise, die sie ihnen nach den Regeln der Liga geben durfte. Außerdem bat sie Rocko, im Center zu bleiben und nicht zu helfen. Das teilnehmende Paar durfte keine Hilfe bei der Lösung der Rätsels erhalten. Rocko, der Schwester Joy wieder einmal umschwärmte wie ein Mückenschwarm folgte dieser Aufforderung gerne.

Ash und Misty hatten auf seine Hilfe gehofft. Seine Erfahrung und Auffassungsgabe hatte schon einige Rätsel gelöst. Doch bei diesem waren sie auf sich gestellt. Neugierig auf den Hinweis entfaltete Misty den ersten Zettel, den die Pokémonkrankenschwester ihnen gegeben hatte. Sie las laut vor: „Vier Farben nennen das Ziel.“ Ratlos sah sie zu Ash. Dieser hatte das zweite Blatt entfaltet und blickte zu ebenso verständnislos zurück. „Was hat das mit einer Stadtkarte zu tun?“, fragte er verwirrt.

„Das müsst ihr selbst herausfinden.“, lächelte Schwester Joy. „Ich wünsche euch viel Erfolg.“

Ohne Rocko verließen Ash und Misty das Pokémon Center. Das Spiel begann. Aber wo sollten sie beginnen?

„Da drüben weht eine vierfarbige Fahne.“, meinte Ash und deutete auf das Banner eines Takoyaki Stands der sein neuestes Produkt in leuchtendem Grün, Rot, Blau und Gelb anpries.

„Ich glaube nicht, dass wir die Arena an einer Futterbude finden.“, meinte Misty.

„Nein, aber etwas zu Essen!“, grinste Ash. „Mit leerem Magen kann ich nicht denken.“ Er nahm Mistys Hand und zog sie mit sich, dorthin wo ein appetitanregender Duft herkam.

„Mal ehrlich“, seufzte Misty, „Wenn du nicht an Pokémon denkst, dann an Essen.“

Der Mann an der Takoyakibude grinste breit, als die beiden Trainer sich an den Tresen setzten. Ohne ihre Bestellung abzuwarten goss er den Teig in die Formen. Dann stellte er ihnen je eine Cola hin. Für Pikachu gab es eine Schale mit Pokémonfutter.

„Das geht aufs Haus!“, erklärte er. „Service für jedes Trainerpärchen, dass Bob und Bart herausfordern will!“ Die Namen der Arenaleiter klangen eher nach einem Comedy Duo. Misty zwickte Ash unauffällig ins Bein, damit er nicht anfing zu lachen. Sie wollte das freie Essen nicht aufs Spiel setzen. Ihr Reisebudget war in letzter Zeit ganz schön knapp geworden. Ash wollte fragen, was das sollte, aber Mistys Blick brachte ihn zum Schweigen. Einen Streit vermeidend ließ er seinen Blick die Straße entlang schweifen. Eine breite Hauptstraße mitten durch den Ort. Es schien hier Kinder zu geben die die Stadt etwas verschönern wollten, denn an jeder Straßenlaterne klebte mindestens ein Pokémon-Sticker. Ash kniff die Augen zusammen, um zu erkennen welches Pokémon auf dem Laternenpfahl neben dem Takoyaki-Stand klebte. Es war ein Fukano-Aufkleber mit rotem Hintergrund. Unter ihm klebte ein weiterer, ein Chelterra auf grünem Hintergrund. Schmunzelnd erinnerte Ash sich an seine eigene Kindheit zurück. Er hatte damals, als er etwa fünf oder sechs Jahre alt gewesen war, Alabastia verschönern wollen. Dazu hatte er seine ganzen Pokémonstofftiere, -spielzeuge und -aufkleber im ganzen Dorf verteilt. Niemand hatte es ihm gedankt, alle hatten ihn nur ausgelacht und ihm seine Sachen zurück gegeben und die Aufkleben abgekratzt. Aber hier schienen die Sticker niemanden zu stören. Glückliche Kinder, dachte Ash bei sich und widmete sich dem Tintenfischbällchen, die ihm der Verkäufer soeben vor die Nase gestellt hatte.

Misty war nicht wirklich nach Essen. Sie mochte nicht essen, wenn ihr Kopf an einem Rätsel knabberte. Aber wenn es die Mahlzeit schon umsonst gab, dann konnte sie das Angebot schlecht ausschlagen. Nur halb so enthusiastisch wie Ash pickte sie ein Tintenfischbällchen auf und betrachtete es lang und ausgiebig, bevor ihr Magen sie daran erinnerte, dass sie sei dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Appetitlos schob sie sich die Teigware in den Mund. Für ein Geschenk schmeckte es erstaunlich gut und regte die Lust zu essen an. Während sie es sich schmecken ließ wanderte auch ihr Blicke die Straße hinunter. Auch ihr vielen die vielen Aufkleber auf und erinnerten sie an ihre Kindheit. Damals, als sie von ihren Schwestern deren Stickerhefte mit den abgenutzten Aufklebern die gar nicht mehr richtig glänzen wollten vererbt bekommen hatten. Sie solle sich nicht so anstellen, hatten ihre Schwestern damals gesagt, immerhin hätte sie nun dreimal so viele Sticker wie die anderen Mädchen in ihrer Klasse. Das diese allerdings nicht gegen die ramponierten Aufkleber tauschen würden hatte sie nicht interessiert. Misty seufzte unglücklich bei der Erinnerung und schluckte das letzte Tintenfischbällchen herunter. Ash hatte seine wie immer rasendschnell hinuntergeschlungen und brütete nun über der Stadtkarte.

„Ich verstehe einfach nicht, was die vier Farben mit dieser Stadtkarte zu tun haben!“, rief er enttäuscht und schob die Karte von sich weg. „Sollen wir da irgendwas vierfarbiges eintragen?“

„Das klingt gar nicht schlecht.“, überlegte Misty und sah sich die Karte genauer an. „ Auf dieser Karte ist nichts eingezeichnet, außer dem Pokémon Center. Nicht einmal die Straßennamen stehen da!“

„Hast du Stifte dabei?“, fragte Ash, während er in seinen Rucksack griff und den Inhalt durchwühlt. Er war sich sicher, irgendwo hatte er einen Kugelschreiber, bei dem man die Mienenfarbe per Knopfdruck ändern konnte. Es war ein Geschenk seiner Mutter zum Reisestart gewesen, damit er sich Notizen machen könne. Allerdings hatte Ash ihn bis zu diesem Moment noch nie gebraucht. Wenn er ihn nur zwischen seinen Klamotten und den Trainerutensilien finden könnte.

„Ich habe nur einen Kugelschreiber, aber der schreibt kaum noch.“, meinte Misty und sah zu wie Ash anfing, den Inhalt seines Rucksacks auf dem Tresen zu verteilen. Diverse Items landeten ebenso auf dem Tisch wie Schokoriegel, T-Shirts und Hosen. Pikachu sah ihm interessiert dabei zu. Misty befürchtete schon, dass er seine Unterwäsche auspacken würde, als er mit triumphierendem Grinsen seinen mehrfarbigen Kugelschreiber auf den Tisch knallte.

„Da hatte der sich also versteckt!“, sagte er und deutete auf eine Seitentasche im Innern seines Rucksacks die er noch nie beachtet hatte.

„Versteckt würde ich das nicht nennen.“, meinte Misty und sah zu, wie Ash seine Sachen wieder in die kleine Tasche packte als würde er eine Weihnachtsgans stopfen. „Du solltest mehr Ordnung halten.“

„Ach, nur Kleingeister brauchen Ordnung!“, zitierte Ash einen Forscher, den er mal im Fernsehen gesehen hatte. Wenn er sich genau erinnerte war es Professor Tann gewesen. Und so chaotisch wie der war er ja nun auch nicht.

„Also, was wollen wir auf der Karte eintragen?“, fragte er Misty.

„Ich würde anfangen mit dieser Fahne.“ Sie deutete auf den im Wind flatternden Stoff über ihren Köpfen. „Nimm die Farben, die sie auch beinhaltet.“ Sie sah die Straße entlang und fügte noch hinzu: „Und die Sticker. Vielleicht ergeben sie ein Muster.“ Die beiden beugten sich über die Karte und diskutierten ihre Laufroute. Beide bemerkten nicht den zufriedene aber auch genau musternden Blick mit dem der Verkäufer des Takoyakistandes sie beobachtete. Er sah ihnen noch nach, als sie bereits am Ende der Straße verschwanden.
 

Den ganzen Tag wanderten Ash mit Pikachu und Misty durch die gegen Abend immer endloser wirkenden Straßen von Uron City. Als die Sonne unterging fanden sie sich in einer Sackgasse wieder.

„Wo war noch mal das Pokémon-Center?“, fragte Misty erschöpft. Ihre Beine schmerzten von dem langen Marsch.

„Gegenüber dem Takoyakistand.“, antwortete Ash und sein Magen knurrte laut auf bei dem Gedanken an die leckeren Tintenfischbällchen.

„Und wo ist der, Schlaumeier?“, wollte Misty gereizt wissen.

„Hier.“, Ash zeigte auf einen Punkt auf der Karte. „Die einzige Markierung die alle vier Farben enthält.“ Obwohl der Stift von seiner Mutter in zehn Farben schreiben konnte hatte er nicht mehr als 4 von ihnen nutzen müssen. Was hatte er auch erwartet, bei dem Hinweis? Aber auch wenn es nur 4 Farben waren – die Karte war trotzdem voll von Punkten und Markierungen. Dank Mistys Auffassungsgabe konnte Ash sich sicher sein, dass es in der ganzen Stadt keinen einzigen Farbfleck mehr gab den sie nicht aufgezeichnet hatten.

„Und wo sind wir?“, fragte Misty und setzte sich auf eine stabil aussehende Holzkiste. Früher hätte ihr so ein Marsch nichts ausgemacht. Damals, vor fünf Jahren, als sie das erste Mal mit Ash zusammen die Kanto und Johto Regionen bereiste. Nachdem sie Jahrelang Arenaleiterin in Azuria City gewesen war hatte sie ihre Ausdauer verloren.

„Hier unten.“, Ash zeigte auf einen Punkt unten rechts auf der Karte. Weit entfernt vom zentral gelegenen Pokémon-Center. „Lass uns eine Pause machen, bevor wir zurückgehen.“ Er setzte sich neben seine Partnerin und reichte ihr die Karte. „Wir können ja solange überlegen was es nun mit den Markierungen auf sich hat, bis es dir besser geht.“ Ihm war nicht entgangen, dass Misty erschöpft war. Er legte seinen linken Arm um sie und zog sie sacht an sich ran. Misty lief rot an, ließ ihn aber gewähren. Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter. Sie konnte seinen Herzschlag hören. Seltsame Gedanken schossen ihr in den Kopf. Vorstellungen von Dingen, die sie jetzt gerne mit Ash machen würde. Erschrocken über sich selbst schüttelte sie den Kopf um die Gedanken los zu werden.. So etwas zu denken gehörte sich doch nicht! Auf Ashs fragenden Blick reagierte sie nur mit einem verlegenen Lächeln. Mit aller Willenskraft die sie besaß konzentrierte sie sich auf die Karte. Das Ash ihr dabei über die Schulter blickte machte das nicht ganz einfach. Pikachu hatte sich auf ihrem Schoß nieder gelassen. Für es waren die Linien und Punkte auf dem Papier vor ihm nur seltsame Gekritzel. Die Menschen würden schon etwas daraus machen.

„Die Farben scheinen sich in manchen Bereichen zu Häufen.“, stellte Misty fest.

„Ja“, stimmte Ash ihr zu. „Und sieh mal: Rot gibt es nur an der großen Nord-Süd Hauptstraße in der Mitte.“ Er nahm seinen Stift mit der freien rechten Hand, wählte die rote Miene aus und zog unbeholfen einen Stich entlang der roten Punkte.

„Die Grünen dagegen verlaufen in den drei Ost-West Straßen.“, meinte Misty.

„Nicht nur.“, korrigierte Ash sie und zeigte auf die Straße die am linken Rand der Karte entlang lief. Die Grünen Punkte waren mit den Blauen und Gelben Punkten vermischt und kaum zu sehen.

„Das sieht aus wie ein 'E'.“, bemerkte Misty. „Wenn der Strich in der Mitte ein 'I' sein soll, dann scheint es bei den Markierungen um Buchstaben zu gehen.“

„Gut möglich.“, sagte Ash und verband als nächstes die Gelben Punkte miteinander. „Das könnte ein 'M' sein.“

„Die Blauen Punkte haben einen ähnlichen Verlauf wie die Gelben, aber sie weichen hier in der Mitte ab.“, überlegte Misty. Sie wartete bis Ash die bleuen Punkte verbunden hatte und sagte dann triumphierend: „Na also, ein 'N'!“

„Also haben wir die Buchstaben I-E-M-N.“, wiederholte Ash ihre Erkenntnisse. „Zusammen könnten sein 'MEIN' ergeben. Aber 'Mein' was?“ Misty lachte neckisch. Sie hatte das Rätsel gelöst.

Es hatte halt doch Sinn, wenn man im Kunstunterricht aufpasste.

„Das Lösungswort ist 'MINE'!“, erklärte sie. „Man muss die Buchstaben nur nach dem Farbkreis anordnen! Die Arena ist in der Mine!“

„Ich habe keine Ahnung wovon du sprichst“, gab Ash zu, „aber du könntest recht haben. Immerhin ist das hier eine Stadt die vom Bergbau lebt.“

„Du solltest wirklich nochmal zur Schule gehen.“, meinte Misty.

„Auf keinen Fall!“, wehrte Ash ab. „Ich kann lesen, ich kann schreiben und ich weiß wie man mit Pokémon umgeht. Mehr brauch' ich nicht!“ Pikachu stimmte ihm zu, auch wenn es nicht verstand, was es mit der Schule auf sich hatte. Misty seufzte, wollte aber nichts mehr dazu sagen. Der Moment war gerade so herrlich. Nur sie, Ash und Pikachu in einer einsamen Sackgasse. Doch wie immer musste etwas diesen Moment zu Nichte machen. In diesem Fall war es Ashs Magen, der lautstark gegen seine Leere protestierte. Darauf bedacht sich nichts anmerken zu lassen stand Misty auf und sagte: „Wir sollten ins Pokémon-Center zurück. Morgen können wir dann gegen den Arenaleiter kämpfen.“

Verteleportiert

„Wo sind wir hier?“ Entgeistert sah sich Jaze um. Alles vor seinen Augen schien nur aus Tupfen zu bestehen. Rosa, Weiß, Blau, Violett, Rot – bunt wie die Sterne die er sah, wenn er von seinem übermütigen Camerupt nieder getrampelt wurde. Mit jedem Windstoß tanzten die Flecken hin und her. Dazu lag ein süßlicher Geruch in der Luft der in ihm ein Gefühl von Glückseligkeit auslöst. Sein benebelter Verstand kam zu dem Schluss, dass Shio sie an irgendeinen Ort voller halluzinogener Gase teleportiert hatte.

„Wir sind in Flori.“, entgegnete diese nüchtern. „Kannst du bitte aufhören so besoffen zu gucken? Dass sind nur Blumen!“

„Blumen?“ Jaze schüttelte seine wilde Mähne um seinen Kopf frei zu kriegen. „Eher Biowaffen.“

„Das ist nur der Duftcocktail.“, meinte Shio und hielt sich ein Taschentuch vor die Nase. „Da gibt es simple Gegenmaßnahmen.“ Jaze zog sein T-Shirt über die Nase.

„Verrat mir mal lieber, wieso wir hier gelandet sind.“, fragte er und seine Stimme klang dumpf durch den Stoff. „Ich kann mich nicht erinnern, dass es hier auch nur den Ansatz einer Arena gibt.“

„Ich hab dir doch gesagt, dass ich den Kniff mit der Teleportation noch nicht ganz raus habe.“, verteidigte sich Shio. „Gib mir deine Hand, wir versuchen es nochmal!“ Nur widerwillig berührte Jaze Shio. „Aber konzentriere dich dieses Mal richtig!“, schimpfte er. Er wollte schnell wieder in Uron City sein. Ein Schluck kühles Mineralwasser wäre jetzt genau das Richtige. Er schloss die Augen und merkte bald, dass er kalte Füße bekam. Nur zögerliche öffnete er erst ein Auge und linste in die gleißende Spiegelung der hochstehenden Sonne.

„Das ist ein See.“, bemerkte er trocken. „Keine Arena.“

„Es ist ein Bergsee.“, erwiderte Shio. „Genauso wie Flori eine Bergwiese ist.“ Sie ließ seine Hand los und watete ans Ufer. „Also liege ich nicht ganz verkehrt.“ Sie nahm ihren Rucksack vom Rücken und setzte sich auf einen Stein. „Außerdem ist das hier ein wunderschöner Ort um Pause zu machen.“ Sie holte ihre Feldflasche heraus und tauchte sie ins kristallklare Wasser. „So reines Wasser gibt es sonst nirgendwo.“ Testhalber nahm sie einen Schluck und schmatzte genüsslich. Das Gletscherwasser schmeckte köstlich!

Jaze tauchte seine Hände ins kühle Nass und trank aus der hohlen Hand. Da spiegelte sich plötzlich etwas im Wasser. Etwas rosafarbenes huschte hinter ihm lang. Seine Ohren vernahmen kurz eine hohe Stimme. Es klang wie das Miauen einer Katze. Überrascht fuhr er herum, doch er konnte nichts entdecken. Dabei hätte er schwören können, dass...

„Döskopp!“, holte Shio seine Aufmerksamkeit zu sich. „Ich ruf dich schon eine Weile!“ Sie hatte aus den Sachen die Rocko ihnen am Morgen als Pausenbrot mitgegeben hatte ein Picknick erstellt. Auf ihrem Campingkocher pfiff ein Wasserkessel. „Möchtest du Kaffee oder Tee?“

Jaze hatte das Gefühl, als würde die Müdigkeit nur so über ihm hereinbrechen. „Ein Kaffee wäre glaube ich nicht schlecht.“ Es gelang ihm nicht, ein Gähnen zu unterdrücken. Langsam ging er Richtung Ufer. Die Kälte an seinen Füßen tat gut. Sie hielt ihn wach. „Was glaubst du, wie lange sind wir schon unterwegs?“, fragte er und setzte sich auf Shios Picknickdecke. Wo hatte sie nur diese ganzen Sachen in ihrem kleinen Rucksack versteckt?

„Pokébälle können mehr fassen als nur Pokémon.“, erklärte Shio, die mal wieder seine Gedanken gehört hatte. Unberührt von Jaze fragendem Blick ließ sie ihr Pokémon ins Freie. Für jedes – auch für Jaze' – stand eine Schale Pokémonfutter bereit. „Und was die Zeit angeht“, nachdenklich sah sie zum Himmel, „vermutlich etwa einen Tag.“ Ungerührt goss sie den Kaffee auf, musste dabei jedoch ebenfalls gähnen.

„Wow.“, murmelte Jaze. Er war zu müde, um überrascht zu sein. „Wir haben einen ganzen Tag mit teleportieren verbracht.“ Dankbar nahm er seine Tasse entgegen und trank einen großen Schluck. Er schmeckte sehr gut, Shio hatte das Seewasser verwendet. „Hast du versucht die anderen zu erreichen?“

„Mein Terminal hat hier keinen Empfang.“, gähnte Shio ganz unverhohlen. „Ich bin dafür, dass wir ein bisschen schlafen bevor wir es noch einmal versuchen.“ Jaze nickte und kaute müde auf einem Reisbällchen herum. Wovon konnte er nur so müde sein?

Kampf um den Farn-Orden!

Misty machte sich große Sorgen. Shio und Jaze waren am Abend vorher nicht ins Pokémon Center zurückgekehrt. Es gab keine Nachricht, nicht den kleinsten Hinweis wo sie sein könnten. Shio rühmte sich nicht gerade durch Mitteilungsfreudigkeit, aber dennoch glaubte Misty daran, dass sie Bescheid gesagt hätte wenn ihre Rückkehr durch irgendetwas verhindert worden wäre. Immerhin hatte sie Jaze dabei. Die fünfzig Prozent Trefferwahrscheinlichkeit der Teleportation beunruhigte Misty. Sie hatte kaum schlafen können.

„Du siehst nicht gut aus.“, bemerkte Ash beim Frühstück. Seine Augenringe sahen jedoch nicht besser aus als Mistys. Auch ihm gefiel das Verschwinden der Zeitreisenden gar nicht.

„Sollten wir den Arenakampf nicht verschieben?“, fragte Misty. „Wir scheinen beide nicht in der Verfassung zu sein zu kämpfen. Doch Ash schüttelte den Kopf.

„Die Beiden können sich direkt zu uns teleportieren, wenn sie uns einholen wollen.“, versuchte er sowohl Misty als auch sich selbst zu beruhigen.

„Wir sollten fortfahren wie geplant.“, meinte Rocko. „Die Beiden können schon auf sich selbst aufpassen.“

Misty seufzt und starrte lustlos ihr Frühstück an. Rocko hatte extra die Küche gekapert, nur um für sie und Ash sein berühmtes Gewinnerfrühstück herzurichten. Es war zur Gewohnheit geworden, dass Ash es vor jedem wichtigen Kampf bekam. Nun war auch Misty dran. Sie hatte unzählige Arenakämpfe als Leiterin geführt, aber sie stand bisher noch nie auf der anderen Seite des Kampffeldes.

Rocko reichte ihr einen frisch aufgebrühten Kaffee. Sein Morgenmuffelkaffee konnte Tote wecken. Dankbar trank Misty einen Schluck und machte sich dann über ihr Müsli her. Sie musste jetzt alle Sorgen beiseite kehren und sich auf den bevorstehenden Kampf konzentrieren. Ash würde auf diese Herausforderung nicht verzichten.
 

Die Minenschacht reichte bis tief unter die Erde. In regelmäßigen Abständen wurde er von elektrischen Grubenlampen erhellt die in Reih' und Glied an der Decke hingen. Ein weit verzweigtes Tunnelsystem breitete sich vor ihnen aus. Doch auch hier wiesen ihnen vier Farben die Richtung. Dieses Mal in Form von vierfarbigen Hinweisschildern die an den Stützpfeilern angebracht waren. Sie folgen ihnen, bis sich am Ende eine riesige Höhle vor ihnen auftat. In der Mitte befand sich mit Kiesel markiert das Kampffeld.

„Das nenne ich einen würdigen Kampfplatz!“, rief Ash. „Wo sind die Arenaleiter?!“

Alles blieb still. Nichts regte sich. Kein Laut. Nicht einmal ein Lüftchen.

„Hier ist eine Klingel.“, bemerkte Rocko. „Für Arenakämpfe: bitte klingeln.“

„Dann drück drauf!“, forderte Ash ihn auf. Rocko tat wie ihm geheißen. Nach der Aktivierung der Klingel fuhr eine Anzeigetafel von der Decke und der Schriftzug „Bitte Warten“ blinkte auf.

„Warten?“, sagte Ash enttäuscht. „Worauf denn?“

„Und vor allem: Wie lange?“, ergänzte Misty. Ein paar sehr gemütlich aussehende Sessel wurden hinter ihnen aus dem Boden gefahren.

„Den Sitzgelegenheiten nach lange.“, seufzte Ash und ließ die Schultern hängen.

„So viel zum rustikalen Design.“, bemerkte Rocko.

Es dauerte nicht lange und die Freunde merkten, warum die Sessel so bequem waren. Das Warten zog sich endlos hin. Der Monitor blinkte dauerhaft sein „Bitte warten“ in den Raum. Man konnte nicht anders, als es anstarren. Der reinste Psycho-Terror. Irgendwann hatte Ash genug, sprang auf und ließ einen Wutschrei in den leeren Raum hinaus.

„Wie lange wollen die uns eigentlich noch warten lassen?!“, schimpfte er und stampfte wie ein kleines Kind auf den Boden.

„Deine Schreierei wird sie auch nicht herbringen.“, bemerkte Misty genervt und rieb sich die Augen. Für ein paar Minuten hatte sie friedlich geschlummert.

„Vielleicht arbeiten sie in der Stadt wenn keine Herausforderer da sind?“, überlegte Rocko. „Es kann sehr langweilig sein auf den nächsten Ordenanwärter zu warten.“

„Darum haben wir auch mit den Wassershows angefangen.“, erklärte Misty.

„Ich habe immer auf dem Bau geholfen.“, meinte Rocko. „Das war ein gutes Training für meine Pokémon und mich. Und Mamoria City ist durch unsere Mithilfe schnell gewachsen.“

„Ja, es bringt viele Vorteile, auch für die Stadt.“, stimmte Misty ihm zu. „Seit meine Schwestern schwimmen boomt der Tourismus. Zudem nimmt durch das Tanztraining die Wendigkeit der Pokémon zu.“

„Das ist mir doch egal!“, rief Ash. „Wir warten seit geschlagenen 2 Stunden! Was können die zwei tun, dass sie so lange hierher brauchen?!“

„Nun, Bart hat seinen Pieper nicht gehört.“, erklärte eine Stimme aus der anderen Seite des Raumes. Es war der Mann, der Ash und Misty am Vortag so großzügig Takoyaki spendiert hatte. Er trug sogar noch seine Kochschürze. Neben ihm stand ein zweiter Mann, der vom Gesicht her dem Budenbesitzer glich, jedoch schien sein Körper, im Gegensatz zu diesem, nur so vor Kraft zu strotzen.

„Die Grubenmaschinen sind nun einmal sehr laut.“, erklärte er nun. „Also, wen haben wir hier?“

„Ich bin Ash Katchum aus Alabastia und ich bin hier um einen Orden zu gewinnen!“, entgegnete der junge Pokémontrainer hitzig.

„Und ich bin Misty, seine Partnerin.“, fügte der Rotschopf hinzu und stellte sich neben Ash.

Der Takoyaki-Mann lachte polternd. „Ein niedliches Pärchen!“ Breit grinsend fuhr er fort: „Ich bin Bob und das neben mir ist mein Zwilling Bart. Wir werden unser Bestes geben den Farn-Orden zu verteidigen!“

Ein Schiedsrichter trat aus einem Nebenraum und forderte die Kontrahenten auf, sich an das Kampffeld zu begeben.

„Dies ist ein offizieller Doppel-Kampf um den Farn-Orden. Jeder Trainer darf zwei Pokémon einsetzen. Das Team, das als erstes alle Pokémon des gegnerischen Teams besiegt, gewinnt. Fangt an!“

Die Arenaleiter setzten zwei Pokémon der Saihon-Region ein. Ash befragte seinen Pokédex.
 

„Sadro, das Sand-Pokémon. Es besitzt die Fähigkeit zu zerfallen und sich wieder zusammen zu fügen. Wenn man an windstillen Tagen Sand laufen sieht ist es ein Sadro, dass durch einen Sturm verweht wurde.“
 

„Baia, das Mooskugel-Pokémon. Baias Beine sind zu kurz um mit ihnen zu laufen. Aus diesem Grund rollt es los, wenn es sich fortbewegen möchte. Gestoppt kann es dann nur durch ein Hinderniss werden.
 

„Sadro und Baia“, wiederholte er, „Ein Boden und ein Pflanzenpokémon.“ Ratlos sah er zu Misty, „Ich dachte, dass hier ist eine reine Pflanzen-Arena?“

„Gut beobachtet.“, lachte Bob. „Die beiden sind unsere neuesten Mitglieder. Wenn Sadro sich ersteinmal zu Sembra weiterentwickelt hat, ist es auch ein Pflanzenpokémon und somit laut den offiziellen Ligaregeln im Kampf um einen Orden zugelassen.“

„Wenn das so ist, setze ich Tauboss ein!“, rief Ash und der Riesenvogel mit der wallenden Federpracht erschien auf dem Kampffeld.

„Und ich beginne mit Quaxo!“, sagte Misty und schickte ihr Frosch-Pokémon vor. Ihr Gegner machten den ersten Zug: „Baia, Wirbelwind!“, rief Bob. Das Mooskugel Pokémon begann sich wie ein Breakdancer schnell auf der Stelle zu drehen und ein Luftwirbel entstand um es herum. Der Luftzug umfasste den ganzen Raum und erfasste auch Sadro, das im Wind verwehte. Langsam rieselte es als Sand von der Decke.

„Das war wohl nicht so wirksam!“, rief Ash schadenfroh. „Ich zeig ihnen mal, wie ein richtiger Wind auszusehen hat: Tauboss, Windstoß!“ Das Vogelpokémon flog empor und schlug kräftig mit seinen Schwingen. Eine Windhose bildete sich, die auf Baia zuschoss.

„Weich mit Walzer aus!“, befahl Bob und Baia rollte mit hoher Geschwindigkeit los. Der Windstoß verfehlte es. „Greif Quaxo an!“

„Agilität!“, rief Misty schnelle und das Wasserpokémon wurde schneller und konnte Baia ausweichen. Doch so schnell gab es nicht auf. Immer wieder rollte es auf Quaxo zu, das jede Runde größere Schwierigkeiten hatte, der an Geschwindigkeit zunehmenden Mooskugel auszuweichen.

„Tauboss, versuch Baia mit Schnabel zu treffen!“

„Nicht so schnell!“, mischte sich Bart plötzlich ein. „Sadro, Blutsauger!“ Tauboss zuckte plötzlich zusammen, als würde es unter Strom stehen. Sichtlich wurde es schwächer.

„Sehr clever.“, kommentierte Rocko. „Sadros Sandkörper ist auf Tauboss hinab geregnet. Es umschlingt Tauboss regeltecht und saugt ihm dabei die Energie ab!“

„Was sollen wir dagegen machen?“, rief Ash aufgebracht.

„Überlass das mir!“, sagte Misty selbstsicher. „Quaxo, Regentanz!“ Der Grünling hörte auf Baia auszuweichen und begann zu tanzen, wobei es sich mit den Händen auf den Bauch trommelte. Aus dem Nichts bildeten sich Wolken unter der Höhlendecke und es begann, wie aus Kübeln zu regnen. Doch während seines Tanzes konnte es Baias Walzerattacke nicht mehr ausweichen. Diese hatte inzwischen so viel Energie aufgeladen, dass Quaxo mit einem Treffer zu Boden ging.

„Quaxo ist kampfunfähig!“, rief der Schiedsrichter und hob seine Fahne in Richtung der Arenaleiter. „Punkt für die Verteidiger!“

Zur gleichen Zeit perlte Sadro als braunes Wasser von Tauboss' Gefieder und tropfte zu Boden. Dort sammelte es sich wieder zu einem Stück zusammen. Das Wasser nahm ihm die Fähigkeit sich zu teilen.

Das befreite Vogel-Pokémon machte sich nun daran, den Anweisungen seines Trainers folge zu leisten. Mit hoher Geschwindigkeit verfolgte es die grüne Pokémon Kugel und hackte mit seinem Schnabel nach ihm, bis es traf. Damit brachte Tauboss Baia zum Schlingern und das Pflanzenpokémon rollte mit voller Wucht gegen den nächstbesten Begrenzungsstein. Bewusstlos blieb es auf dem Rücken liegen.

„Baia kann nicht mehr weiterkämpfen! Punkt für die Herausforderer!“, kommentierte der Schiedsrichter.

„Gleich sind es zwei!“, sagte Misty selbstbewusst. „Anofisch!“ Der auf Dampf schwebende Fisch erschien auf dem Kampffeld. „Aquaknarre!“ Mit einem starken Dampfstoß brachte es sich in die Senkrechte und schoss aus alles sechs Dampfdüsen Wasserstrahlen auf Sadro. Dieses wurde regelrecht weggeschwemmt und blieb als schlammige Pfütze vor den Füßen seines Trainers liegen.

„Sadro kann nicht mehr weiterkämpfen!“, schallte es über das Kampffeld.

„Man merkt, dass ihr Erfahrung habt.“, lobte Bob. „Aber so schnell geben wir uns nicht geschlagen!“ Er zog einen weiteren Pokéball aus seiner Jackentasche und warf ihn aufs Kampffeld. „Los, Aldran!“ Ein Busch erschien auf dem Kampffeld. Es war ein dichtes Geflecht aus Stängeln, schmalen dicken Blättern und Dolden weißer Blüten. Ein merkwürdiger, beruhigender Geruch ging von ihm aus. Ash und Misty fühlten sich plötzlich ganz entspannt. Ash befragte seinen Pokédex.
 

„Aldran, das beruhigende Pokémon. Aldran sind bei Schülern sehr beliebt, die vor ihren Abschlussprüfungen stehen. Der beruhigende Duft den es ausströmt vertreibt Nervosität und fördert die Konzentration.“
 

„Aldran sind berühmt für ihre sehr effektiven Schlafangriffe.“, warnte Rocko. „Passt auf die Sporen auf!“ Noch während er sprach befahl Bob dem Pflanzen-Pokémon eine Schlafpuder Attacke. Funkelnd verbreitete sich der Sporennebel über das Kampffeld. Doch Ash hatte bereits viel Erfahrung mit dieser Attacke und wusste, wie man sie konterte.

„Tauboss, schick die Sporen mit Wirbelwind an den Absender zurück!“, befahl er. Der Riesenvogel breitete seine mächtigen Schwingen aus und erzeugte mit wenigen Flügelschlägen einen gewaltigen Tornado. Der Wind entwickelte sich stärker als gedacht und drohte, alle anwesenden Menschen und Pokémon von den Füßen zu reißen. Die untersten Federn begannen zu schimmern und entsanden Lichtschweife in den Wind die alles zerschnitten, was ihre Flugbahn kreuzte.

„Das ist keine Wirbelwind-Attacke!“, rief Misty aufgebracht und duckte sich, um einer Lichtklinge auszuweichen.

„Eindeutig nicht!“, pflichtete Ash ihr bei. „Fragen wir doch mal meinen Pokédex.“
 

'Federtornado – Ein Angriff, der allem in seinem Radius Schaden zufügt. Die Reichweite steigt mit dem Level des anwendenden Pokémon. Von der Verwendung in geschlossenen Räumen wird abgeraten, da es zum Einsturz der Gebäude führen kann.'
 

Die ersten Gesteinsbrocken fielen bereits von der Decke. Der Evakuierungsalarm wurde ausgelöst. Bart stand an dem Roten Alarmknopf. Er hatte mit dem Rufen seines zweiten Pokémons warten wollen, bis Aldrans Schlafpuder sich verzogen hatte, doch nachdem er Tauboss' Angriff erkannte wusste er, dass man nichts mehr retten konnte. Tauboss' Level war schon zu hoch. Nun stand er neben dem offenen Notausgangstunnel und winkte den Trainern, dass sie ihm folgen sollten.

„Schnell, raus hier!“, rief Bob und rief Aldran zurück. Ash und Misty riefen ihrerseits Tauboss und Anofisch zurück und rannten mit Rocko zusammen nach draußen. Das Beben der Erde verfolgte sie den ganzen Weg, doch in dem stahlbeschlagenen Notgang konnte ihnen nichts passieren. Als sie an die frische Luft traten tat sich am Hang nur wenige Meter unter ihnen eine große Kuhle bröckeligen Gesteins auf.

„Das wollte ich nicht.“, beteuerte Ash. „Warum hat Tauboss nicht den Wirbelwind eingesetzt?“ Fragend, als könnte es ihm antworten, betrachtete er den Pokéball seines Pokémon.

„Der Federtornado ist eine erweiterte Form des Wirbelwinds.“, erklärte Bart und besah sich das Unglück. „Vermutlich hat es die abgeschwächte Form verlernt.“

„Jetzt ist eure Arena vollständig zerstört.“, sagt Misty und sah niedergeschlagen auf das Geröllfeld vor ihr. Zu ihrer Überraschung lachte Bob laut.

„Das macht nichts!“, rief er fröhlich. „Wir wollten eh in eine Höhle ein bisschen weiter oben am Hang umziehen.“ Mit dem Daumen zeigte er die Felswand empor, doch aus ihrer Position war der Blick durch einen Felsvorsprung verdeckt.

„Uns ist bisher nur noch kein Rätsel eingefallen.“,gab Bart schulternzuckend zu.

„Und jetzt haben wir endlich eine Ausrede Urlaub zu machen.“, lacht Bob laut. Ash, Misty und Rock fiel ein Stein vom Herzen. Hätten sie für den Schaden aufkommen müssen, sie hätten nicht gewusst wie.

„Und wo führen wir nun den Kampf zu Ende?“, fragte Ash kampfeslustig.

„Aber ihr habt doch schon gewonnen!“, meinte Bob und grinste die verblüfften Trainer an. „Die Attacke hat Aldran erledigt und auch Barts Banwo wäre nicht ungeschoren davon gekommen. Wir brauchen den Kampf gar nicht wiederholen, ihr würdet auf jeden Fall gewinnen.“ Bart zog etwas auf seiner Jackentasche und reichte es Ash und Misty. Es war ein Orden in Form eines Farnblattes. Als Ash ihn hochhob teilte er sich senkrecht in zwei Teile.

„Jeder von euch bekommt eine Hälfte.“, erklärte Bob. „Erst bei der Registrierung für die Saihon-Liga werden sie sich wieder zusammenfügen lassen.“

„Ihr müsst immer sicherstellen, dass ihr die richten Hälften habt. Auch wenn es der gleiche Ordern ist, sind sie nie identisch.“, warnte Bart.

Ash und Misty betrachteten die Ordenhälften in ihren Händen. Doch beide waren nicht zufrieden mit diesem Sieg. Er hatte einen bitteren Nachgeschmack, als hätten sie diesen Orden nicht verdient. Doch die Arenaleiter von Uron City ließen ihnen keine Gelegenheit, Einspruch zu erheben. Mit einem kurzen Winken verabschiedeten sie sich und kletterten den Berg hinauf, zu ihrer neuen Höhle.

„So fühlt es sich also an, einen Orden zu bekommen.“, murmelte Misty nachdenklich. Bisher hatte sie immer nur welche vergeben, jedoch nie gewonnen. Der halbe Farn funkelte in ihrer Hand. Ein Drang kam in ihr hoch. Eine unbändige Freude, die sie nicht unterdrücken konnte.

„Wir haben einen Farn-Orden gewonnen!“, rief sie laut aus. Zu ihrer eigenen Überraschung – aber nicht unerwartet – tätigte Ash den gleichen Ausruf zur selben Zeit. Lachend sahen sie sich an und gaben sich eine High-Five. Der Tag hatte ein gutes Ende genommen und sie beschlossen, ihren ersten Orden der Saihon-Region gebührtend zu feiern: mit einem guten Abendessen von Rocko. Auch wenn sie den ganzen Abend über das Gefühl begleitete, etwas vergessen zu haben.

Zukunft

Die Sonne versank bereits hinter den Bergen von Uron City, als Shio und Jaze vor dem Eingang der Höhle erschienen, die die zukünftige Arena werden sollte. Erschöpft sank Shio auf die Knie. Vor ihren Augen drehte sich alles und ihr Kopf dröhnte, als hätte jemand eine Glocke geschlagen, während sie mit dem Kopf drin steckte. Sie freute sich eigentlich nur noch auf ein warmes, weiches Bett. Wo auch immer sich das befinden sollte.

Jaze betrachtete währenddessen fasziniert den Sonnenuntergang. Das Lichtspiel kam ihm viel spektakulärer als in seiner Zeit vor. Die lebendige, leuchtende Stadt zu seinen Füßen gab eine besser Kulisse ab, als die heruntergekommenen Ruinen seiner Zeit. Im roten Abendlicht glühten die Felswände und das Geröll in der Senke vor ihm warf lange Schatten, die ein herrliches Muster bildeten. In seiner Zeit hatten Moos und Ranken die Senke eingenommen.

„Das da unten ist Uron City.“, stellte er zufrieden fest und drehte sich zur Höhle um. „Aber hier ist nicht die Arena.“

Shio hob mit viel Mühe den Kopf und sah den Höhleneingang an. Es stimmte schon, es fehlten die Kletterrosen, die sich in ihrer Zeit an den Felswänden hochwanden. Das Gestein im Inneren war rau. In ihrer Zeit hatte man es geglättet und an den Seiten Lichter angebracht, die den Trainern den Weg zum Kampffeld wiesen.

„Dann sind sie wohl mal umgezogen.“, seufzte sie und zwang sich, aufzustehen. Auch die Treppe, die hinunter in die Stadt führte war noch nicht in den Berg gehauen worden. In diesem Augenblick freute sie sich zum ersten Mal über ihre neueste Fähigkeit. Ein paar Mal tief durchatmen, entspannen – und schon hoben sich ihre Füße vom Boden ab. Ganz ohne sie in irgendeiner Form zu belasten.

„Das ist unfair.“, kommentierte Jaze, wusste aber, dass Shio ihn nicht tragen konnte. Seine Freundin hatte angefangen, nachts ein paar Zentimeter vom Bett abzuheben. Er brauchte jedoch nur wenig Druck um sie wieder auf den Boden zu bringen. Die Fähigkeit war noch nicht ausgeprägt genug, um andere Menschen mitzunehmen. So suchte er sich den ungefährlichsten Weg nach unten, während Shio neben ihm her schwebte.
 

Im Pokémon Center trafen sie Ash, Misty und Rocko in der Lobby an, die sich angeregt über den Kampf austauschten. Rocko erblickte das Pärchen als erstes.

„Hallo!“, rief er. „Wo wart ihr denn den ganzen Tag über?“

„Nur einen Tag?“, fragte Shio skeptisch. Sie hatte jegliches Zeitgefühl während der Teleportation durch verschiedene Zeitzonen zu unterschiedlichen Orten die alle etwas mit „Berg“ zu tun hatten verloren. Sie war nur heilfroh, dass sie dieses Mal nicht in die Bergschlucht gefallen, sondern nur am Boden aufgetaucht ist.

„Ein-einhalb.“, korrigierte Misty. „Ihr seid ja gestern Mittag los.“ Shio antwortete nicht. Wortlos setzte sie sich neben Misty, legte ihren Kopf auf den Schoß ihrer zukünftigen Mutter und schlief erschöpft ein.

Misty, vollkommen überrumpelt von diesem Verhalten, wusste nicht, was sie tun sollte. Plötzlich lag da ein Kopf auf ihrem Schoß – und er gehörte auch noch einem Mädchen dem sie in unbekannter Zeit das Leben schenken würde. Wie konnte sie die Beine am besten hinstellen, damit Shio es gemütlich hatte? Misty enrschied, sie einfach gerade nebeneinander zu stellen. Wohin sollte sie ihre Hände legen? Es verlockte sie, über das lange, schwarz-rot-gestreifte Haar zu streicheln und sie gab dieser Neigung nach. Ob das wohl der Mutteinstinkt ist, fragte sich Misty insgeheim. Auch wenn sie noch gar nicht Shios Mutter war hatte sie doch das Bedürfnis, sich um sie zu kümmern und sie zu beschützen.

„Du siehst aus wie eine richtige Mum.“, grinste Ash. Der sanfte Ausdruck auf Mistys Gesicht machte sie noch schöner, als sie eh schon war. Er sah es vor seinem inneren Augen, seine Zukunft mit Misty und Shio als eine Familie. Nur Shios großer Bruder, Ace, war noch ein blanker Punkt in seinem Zukunftsbild. Aus dem, was er bisher von seinem Sohn gehört hatte, war dieser ein zuverlässiger junger Mann und ein leidentschaftlicher Pokémon Trainer. Aber wie mochte er wohl als Kind gewesen sein? Bevor Shio geboren wird? Bevor Ash wieder auf Reisen gehen wird? Er konnte es sich nicht vorstellen. Irgendwie frustrierte ihn das, doch gleichzeitig freute er sich auch auf das, was noch kommen wird. Seine Familie. Seine Zukunft.

Das wandelbare Kokli

Reisen war so anstrengend, wenn das Wetter nicht mitspielte. Gegen den Wind gestemmt erklommen Ash und seine Freunde eine Anhöhe nach der nächsten auf ihrem Weg in Richtung der zweiten Arena in Magnos City. Mit einem kleinen Umweg, denn in Adaman City befand sich eine Liponstein-Mine. Doch vorher mussten sie sich noch über eine Hügelkette kämpfen, die sich Wellenweg nannte – weil die Hügel alle an der gleichen Seite steil bergauf gingen und dann sanft abfielen.

„Würdest du bitte aufhören zu schummeln?“, knurrte Jaze Shio an, welche die steilen Wege gerne schwebend bewältigte.

„Das ist alles nur Training zur Kontrolle dieser Fähigkeit.“, behauptete sie, konnte jedoch nicht verbergen, dass der Anblick ihrer sich abkämpfenden Freunde sie amüsierte.

„Trainiere lieber deinen Körper.“, neckte Jaze, packte seine Freundin am Kragen und zog sie auf die Erde hinunter. „Sonst wirst du noch fett, vom vielen Fliegen.“ Er legte einen Arm um ihre Schulter und allein dieses leichte Gewicht reichte aus, um die ESP vom Abheben abzuhalten.

Shio wollte protestieren, doch dann drang ein schwacher, leidvoller Pokémonruf an ihre Ohren. Ash rannte sofort in Richtung der kläglichen Laute und entdeckte im Gebüsch am Wegesrand zwei Pokémon der gleichen Art. Sie ähnelten Fukano, doch ihr Fell war viel dunkler und die Fellzeichnungen, bei dem kleineren weiß und bei dem scheinbar älteren hellgrau, schienen bedeutsamer zu sein als die Streifen des Feuerhundepokémons. Das weißgemusterte Pokémon lag zusammengekrümmt unter einem Busch, während das Größere eine tiefe Wunde an der Flanke des kleineren leckte.

„Was sind das für Pokémon?“, wollte Ash neugierig wissen und zückte seinen PokéDex:
 

„Kokli, dass wandelbare Pokémon. Koklis Statuswerte und Angriffe können durch sein Futter beeinflusst werden.“
 

„Das ist ja cool!“, rief Ash begeistert, jedoch zog er damit die Aufmerksamkeit der Pokémon auf sich. Das ältere Kokli knurrte die Menschen feindselig an, bevor es eine Feuersbrunst in deren Richtung spie. Shio hatte sich und Jaze in Sicherheit bringen können, doch Ash und Misty wurden von der Attacke erwischt. Ashs Haare qualmten, während Misty schnell das Feuer an ihrer Handstulpe löschte.

„Es sagt, dass es Menschen hasst und wir es und seinen Bruder in Ruhe lassen sollen.“, übersetzte Shio das Knurren. „Der Flammenwurf war ein 'Geht weg!' mit Nachdruck.“

„Da wäre ich auch alleine drauf gekommen.“, entgegnete Misty angesäuert.

„Aber das Kleine ist doch verletzt.“, bemerkte Rocko fürsorglich und kniete sich neben dem Weißgemusterten nieder. Sofort schnappte das größere Kokli zu und verbiss sich in den Arm des Züchters. Dieser behielt aber die Ruhe und lächelte das aggressive Pokémon an. „Es ist gut, ich will ihm nur helfen.“

„Das hat der letzte Mensch auch behauptet, denkt es.“, erklärte Shio. „Anscheinend sind die zwei ausgesetzt worden, weil das jüngere im Kampf verwundet wurde und sein Trainer keine Lust hatte, es zu pflegen. Da die zwei aber nicht getrennt werden wollen wurde auch das ältere freigelassen.“

„Wie herzlos!“, rief Misty mitleidig. Rocko befand sich derzeit immernoch im Klammergriff des Graugemusterten. Langsam kam er dem verbissenen Pokémon unter dessen argwöhnischem Blick mit seiner freien Hand näher, bis er das weiche, tiefrote Fell berühren konnte.

„Es ist gut, wir werden euch nichts tun.“, sprach er sanft und kraulte das ältere Kokli sanft hinterm Ohr. „Wir bringen euch in ein PokémonCenter – das kennst du doch sicher?“ Koklis Blick wurde ein wenig sanfter.

„Ja, es erinnert sich.“, erklärte Shio. „Es mag die liebe Krankenschwestern da sehr.“ Ein kleiner Lichtblick. „Aber es will auf gar keinen Fall in einen Pokéball!“

„Das ist in Ordnung.“, lachte Rocko und zögernd ließ das Kokli ihn los. Es wich ein Stück zurück, als Ash sich neben seinem Freund hinkniete.

„Ganz ruhig.“, sagte dieser vorsichtig und zog seine Jacke aus. „Ich werde deinen Bruder nehmen, und du bleibst bei Rocko. Du bist sicher auch sehr erschöpft, weil du dich die ganze Zeit um den Kleinen gekümmert hast.“ Misstrauisch blieb das größere Kokli zwischen seinem Bruder und den Trainern stehen. Pikachu sprang von Ashs Schulter und begann, mit den Kokli zu diskutieren. Ash sei sehr verlässlich und man könne ihm vertrauen. Aber Koklis Enttäuschung über seinen ehemaligen Trainer wiegte tief und es weigerte sich beständig, Ash an seinen Bruder zu lassen. Doch dann mischte der Kleinere sich ein indem er sagte, dass diese Menschen netter rochen als ihr alter Trainer und er es versuchen wolle. Er wünschte sich sehr, wieder gesund zu werden, damit es weiter mit seiner großen Schwester Abenteuer erleben konnte.

„War klar, konnte ja nur ein Weibchen sein, so störrisch wie die ist.“, meinte Jaze, nachdem er Shios Übersetzung gelauscht hatte. Das ältere Kokli quittierte das mit einem erneuten Flammenwurf, vor dem Shio ihren Freund dieses Mal nicht in Sicherheit brachte.

„Er ist hohl aber harmlos.“, merkte sie in Richtung des Pokémon an. Als Antwort schnaubte das Kokli verächtlich, bevor es hoch erhobenen Schweifes zu Rocko tapste und sich von dem Züchter hochheben ließ. Ash konnte nun vorsichtig seine Jacke um das kleinere Kokli wickeln und nahm es ebenfalls in den Arm.

„Wie weit ist es bis zum nächsten Center?“, fragte Misty besorgt.

„Vor Sonnenuntergang werden wir nicht ankommen.“, entgegnete Rocko ernst.

„Das ist zu lange!“, rief Ash, der die Nase des verletzten Kokli fühlte. Warm und trocken, kein gutes Zeichen. „Es hat Fieber und es sieht aus, als ob die Wunde sich entzündet hätte.“ Ganz behutsam hielt er das flach atmende Pokémon in seinen Armen und passte auf, dass er nicht an die nässende Wunde kam.

„Kann Shio nicht mit ihm vorausfliegen?“, schlug Misty vor. „Sie muss sich nicht über diese Hügel quälen.“ Vier Augenpaare wandten sich der ESP zu, die schon wieder ein paar Zentimeter über dem Boden schwebte und nun ganz entgeistert blickte.

„Ich komme schon wieder auf den Boden der Tatsachen, wenn man mich nur antippt.“, wehrte Shio ab. „Wie soll ich da ein Pokémon mitnehmen?“

„Du wolltest doch deine Fähigkeit trainieren.“, ging Jaze auf Shios Argument von vorher ein. „Die Quelle dieser Fähigkeit kann einen Menschen mitnehmen. Da wirst du doch wohl ein kleines Kokli tragen können!“ Als ob Shio ganze Menschen tragen wollen würde. Aber der flehende Blick des älteren Kokli erweichte ihr Herz. Sie war halt doch nur eine Pokémon Liebhaberin.

„Ich versuchs.“, seufzte Shio nachgiebig und nahm das kranke Kokli ihrem zukünftigen Vater ab. Wie erwartet reichte einfaches Entspannen nicht, um aufzusteigen. Sie musste nun doch aktiv ihre Kräfte einsetzen, aber trotzdem entspannt bleiben. Eine verdammt schwierige Aufgabe, aber Shio hatte nichts gegen Herausforderungen. Sie brauchte ein bisschen, doch dann spürte sie, wie sie den Boden unter ihren Füßen verlor und in die Luft empor stieg.

„Wir kommen so schnell wir können nach.“, rief Ash der davonfliegenden Shio hinterher. Sie hatte ein überraschend schnelles Tempo angeschlagen. Hoffentlich passierte ihr nichts!

„Hauptsache, sie kommt nicht auf die Idee zu teleportieren.“, murmelte Jaze und schüttelte den Kopf bei der Vorstellung, was dann noch alles passieren könnte. Sie könnten abstürzen oder von wilden Vogelpokémon, die ihr Revier verteidigten, angegriffen werden oder vom Blitz getroffen oder was wusste er schon? Shio sog ja das Unglück förmlich an!

„Wenn wir uns beeilen, kommen wir nicht viel später als sie an.“, meinte Rocko und die Gruppe eilte los. Immer bergauf und bergab. Als der Weg sich endlich ebnete hatten sie gerade erst die halbe Strecke zum Center hinter sich gelassen. Sie kamen an einem Teich vorbei, an dem sich ein paar Angler tummelten und ein paar Trainer rast machten. Fast alle waren in heller Aufruhr, denn manche behaupteten, sie hätten ein Mädchen vorbeifliegen sehen. Shio war also an diesem Punkt vorbei gekommen und noch immer in der Luft.

Beim Anblick eines gelangweilt in der Sonne liegenden Jungen begann das Kokli in Rockos Armen zu knurren und zu bellen. Der Trainer wurde auf das aggressive Pokémon aufmerksam und konnte sich ein höhnisches Grinsen nicht verkneifen.

„Na, wenn das nicht Fifi ist!“, rief er mit einer schnarrenden Stimme. „Hast du endlich beschlossen, deinen schwachen Bruder zu verlassen? Er hat deine Fähigkeiten doch eh nur blockiert!“ Kokli wurde nun wild und wand sich aus Rockos Griff. Wild knurrend, mit aufgestelltem Nackenfell kam es dem Jungen langsam immer näher.

„Diese eigensinnige Aggressivität ist der Grund warum ich es nicht bereue, dich gehen gelassen zu haben.“, seufzte der Trainer, erhob sich und sah zu Rocko, der sich bisher im Hintergrund hielt. Es war klar, dass dieser Junge der ehemalige Trainer der Kokli-Geschwister war.

„Glaub mir, du wirst mit der Kleinen keinen Spaß haben.“, lachte dieser. „Die ist so verdreht, die hört einfach nicht. Ich musste erst ihrem Bruder drohen, damit sie folgsam wurde.“ Unverständig für die Geschwisterliebe schüttelte der Trainer den Kopf. „Ich brauche kein Pokémon, dass mir nicht folgsam dient. Du kannst es haben!“

„Kokli wird selbst entscheiden, ob es bei mir bleiben möchte.“, rief Rocko verärgert. „Einen Trainer wie dich hat kein Pokémon verdient!“

„Ach? Wollen wir da nicht meine Pokémon selbst fragen?“, rief der Junge und zückte einen Pokéball. Solche Streitereien legte man am Besten mit einem Pokémon-Kampf bei!

Rocko wollte schon eines aus seinem Team auswählen, doch da wandte sich Kokli zum ihm um. Mit Stimme und Gestik machte es dem Züchter klar, dass es gegen seinen ehemaligen Trainer kämpfen wollte.

„Soll mir nur recht sein, dass ich dem kleinen Teufel zeige, wo es lang geht.“, meinte der Junge selbstsicher. „Ich bin Glorius“, das unterdrückte Lachen von Jaze ignorierte er, „und der Fairness halber verrate ich dir, dass dieses Kokli Tackle, Rutenschlag, Flammenwurf und Steinwurf beherrscht.“

„Steinwurf?“,wunderte sich Ash. Laut seinem PokéDex handelte es sich bei Kokli um reine Feuerpokémon.

„Was, ihr wisst nicht einmal die Grundlagen über Kokli?“, höhnte Glorius.

„Sie sind neu in dieser Region.“, bemerkte Jaze schulterzuckend und erklärte seinen Freunden: „Kokli können je nachdem mit welchen Beeren man sie füttert einen zweiten Typ an Attacken lernen. Nach ihrer Entwicklung erhalten sie dann diesen Typ auch im Status. Das die Muster dieses Kokli gräulich sind heißt, dass es auf den Typ Stein hin gefüttert wurde.“

„Darum also 'Wandelbar'“, stellte Misty fest.

„Kokli sind obendrein noch sehr häufig anzutreffen. Ein Pokémon, das sein Trainer biegen kann wie er möchte.“, sagte Glorius und rief ein weiteres Kokli auf den Plan, dessen blaue Zeichnungen auf einen Hang zum Wasser deuteten. „Fifis Bruder sollte eigentlich auf Elektro getrimmt werden, aber es hat sich einfach geweigert, die Zapprisbeeren zu fressen. Eigenwillig wie die Schwester und genauso unnütz.“

„Wir werden sehen, ob dieses Kokli wirklich so unnütz ist.“, meinte Rocko. Misty übernahm die Schiedsrichterrolle.

„Jeder Trainer darf ein Pokémon einsetzen.“, rief sie. „Beginnt!“

„Bello, Aquaknarre!“, rief Glorius und beachtete Jaze gar nicht, der schon wieder lachen musste. Der Brünette fand die Spitznamenswahl des gegnerischen Trainers zu lächerlich. „Machen wir dem ein schnelles Ende.“ Der Angriff, der dem Feuertypen sehr gefährlich werden würde, ging ins Leere, denn Kokli hatte einen Doppelgänger geschaffen.

„Sieht so aus, als wäre der Rutenschlag in der Zwischenzeit dem Doppelteam gewichen.“, grinste Rocko. „Kokli, Steinwurf!“ Unerwartet flink hatte das Pokémon die Attacke vorbereitet, scharrte nun Steine aus dem Boden und warf sie mit Schwung auf das gegnerische Kokli. Dieses war wohl nicht so sehr auf Geschwindigkeit trainiert worden und kassierte eine volle Breitseite. Rocko ließ sein Kokli gleich einen Tackel hinterher einsetzen. Daraufhin befahl Glorius eine weitere Aquaknarre, die das heranpreschende graue Kokli mitten ins Gesicht traf.

Rockos Kokli ging zu Boden. Die Erschöpfung der letzten Tage, in denen es seinen Bruder gepflegt hatte, machte sich bemerkbar.

„Halte durch, Kokli!“, rief Rocko, wohingegen Glorius seine ehemaliges Pokémon verspottete. Ohne einen Trainer sei es nur noch halb so stark. Mit einem Ausdruck reiner Willenskraft auf dem Gesicht stemmte das graue Kokli sich wieder auf die müden Pfoten – und begann zu leuchten! Kokli entwickelte sich, wurde größer, schlanker und eine wilde, graue Mähne wuchs um seinen Hals. Ash befragt seinen PokéDex:
 

„Wannt von der Art Magma. Wannts zweiter Typ und seine Art hängen von den Beeren ab, die es als Kokli gefressen hat. Wannt von der Art Magma fressen Steine und bringen diese in ihrem Innern zum schmelzen. Die so entstandene Magma nutzen sie zum Angriff oder um ihre Verteidigung zu erhöhen.“
 

Wie in dem PokéDex-Eintrag beschrieben, begann Wannt, Steine zu schlucken. Glorius starrte nur säuerlich sein ehemaliges Pokémon an. Ein bisschen Reue verzerrte sein selbstverliebtes Gesicht, hatte er Kokli doch kurz vor seiner Entwicklung ausgesetzt.

„Wir werden es trotzdem besiegen!“, rief der Trainer trotzig und befahlt seinem Kokli einen weiteren Angriff mit Aquaknarre. Wannt wich wieder mit Doppelteam aus.

„Rocko!“, rief Ash. „Im PokéDex steht, dass Wannt direkt nach seiner Entwicklung seine erste Attacke lernt.“ Er zeigte seinem Freund den Eintrag. Rocko beschloss, diese Angriff gleich auszuprobieren. Aber vorher musste er Wannt noch die Chance geben, die Steine zu schmelzen. Laut dem PokéDex würde es ein Zeichen geben, wenn die Attacke einsatzbereit war.

„Wannt, Tackle, danach wieder Doppelteam! Ein paar Mal im Wechsel!“, rief er dem Pokémon zu, welches brav gehorchte. Immer wieder verwirrte es das Kokli mit seinen Doppelgängern, und griff dann aus dem Hinterhalt an. Rocko wartete geduldig ab, bis er den richtigen Moment erkannte. Die Mähne des Wannt hatte begonnen zu glühen.

„Wannt, jetzt! Magmaregen!“, rief Rocko. Wannt nahm eine feste Standposition ein, holte tief Luft, hob den Kopf und spukte glühend heißes Magmatropfen in die Luft, die in einem hohen Boden auf das erschöpfte Kokli des Gegners nieder fiel und ihm keinen Platz zum ausweichen gab. Kokli ging zu Boden.

„Kokli kann nicht mehr weiterkämpfen, Wannt hat diesen Kampf gewonnen!“, rief Misty und gestikulierte zum Sieger.

„Das darf doch wohl nicht wahr sein!“, schrie Glorius, doch anstatt sein Kokli zurückzurufen, trat er auf das am Boden liegende Pokémon ein. „So einen Schwachmaten wie dich brauche ich nicht!“ Mit diesen Worten zerstörte er den Pokéball des jämmerlich jaulenden Kokli und drehte ihm dann ohne ein weiteres Wort den Rücken zu. Ash war kurz davor, diesem dummen Trainer eine Lektion zu erteilen, doch Misty hielt ihn zurück.

„Kokli ist ohne ihn besser aufgehoben.“, meinte sie und hob vorsichtig das wimmernde Pokémon auf. „Bringen wir es ins PokémonCenter. Wenn es geheilt wurde, können wir es ohne schlechtes Gewissen in die Freiheit entlassen.“ Aber ihr Gesicht verriet, dass dieses in Richtung Wasser trainierte Pokémon schon ihr Herz gewonnen hatte. Jedoch würde sie dem Kokli nicht ihren Willsen aufzwingen, nachdem es so einen Trainer erleben musste.

Der Rest des Weges zum PokémonCenter verlief ereignislos. Der Pfad verlief ebenerdig, direkt auf einen kleinen Wald zu. Sobald sie in Sichtweite des Eingangs kamen lief ihnen das kleine Kokli entgegen. Die Wunde an seiner Flanke war professionell versorgt worden und es hinkte nichteinmal. Wannt preschte vor zu ihrem kleinen Bruder, der die große Schwester trotz Entwicklung sofort zu erkannte.

„Da seid ihr ja!“, rief Shio ihnen entgegen, als sie dem Kokli folgte. „Ich dachte schon, ihr taucht gar nicht mehr auf!“

„Wir mussten dem Trainer der Koklis noch eine Lektion erteilen.“, grinste Ash.

„Ich fürchte nur, die Lektion hat er nicht verstanden.“, seufzte Rocko. Nachdem sie Wannt und das blaue Kokli bei Schwester Joy abgegeben hatten erzählte der Pokémon Züchter von der unangenehmen Begegnung mit Glorius. Shio sah ihn dabei die ganze Zeit nachdenklich an, während sie das bereits verarztete Kokli auf ihrem Schoß kraulte.

„Kokli scheint dich sehr zu mögen.“, bemerkte Misty mit einem sanften Lächeln.

„Ja, es möchte gar nicht mehr weg von mir.“, antwortete Shio, jedoch sah sie nicht erfreut darüber aus. „Aber ich kann in dieser Zeit keine Pokémon fangen. Ich möchte ihnen die Zeitreise nicht zumuten. Meine Pokémon sind schon verwirrt genug.“

„Ich glaube auch nicht, dass Wannt es aus den Augen lassen würde.“, warf Misty ein. „Schau, da ist es schon wieder!“ Das wolfsähnliche Pokémon hatte sich, kaum das es ihm besser ging, seinen Weg zu ihnen gebahnt und trottete mit dem blauen Kokli im Schlepptau auf die Trainergruppe zu.

Wannt sah zu Shio, denn sie konnte das Pokémon verstehen. Nachdem die weilden Pokémon untereinander diskutiert hatten, teilten sie der ESP ihre Entscheidung mit.

„Sie möchten alle drei mit uns kommen.“, übersetzte Shio verblüfft. „Wannt sieht in Rocko einen würdigen Trainer und einen, der sich gut um sie und ihren Bruder kümmern wird.“

„Wenn es dein Wunsch ist, kannst du gerne bei mir bleiben.“, lächelte dieser das Magmapokémon an.

„Das Kokli mit der Wasserspezialisierung möchte bei Misty bleiben“, fuhr Shio mit einem breiten Grinsen fort, „weil es deinen Duft so gerne mag.“ Das trieb der Rothaarigen eine leichte Röte ins Gesicht.

„Kann ich gut nachvollziehen.“, lachte Ash und nutzte die kurze Schamesstrarre seiner Freundin um ihr einen flinken Kuss auf die Wange zu geben, woraufhin diese tomatenrot anlief und sich lautstark beschwerte.

„Das jüngste Kokli möchte, wie gesagt, gerne bei mir bleiben.“, seufzte Shio. „Aber es sieht auch ein, dass das nicht geht. Ash, würdest du dich um es kümmern?“

„Gerne!“, meinte Ash, doch ihm kam ein Gedanke. „Aber sollten wir nicht ersteinmal abklären, ob wir laut deinem Verlauf der Zeit überhaupt Koklis haben sollten?“ Rocko und Misty stimmten ihm zu.

„Na ja, Mum und Onkel Rocko haben auf jeden Fall ein Wannt.“, überlegte Shio und sah zu Ash. „Bei dir weiß ich das nicht, aber wir können ja fragen.“ Sie zog ihren PokéTerm und Ash versteifte sich ein wenig. Er hatte das letzte Mal sein zukünftiges Selbst gesprochen als er noch nicht wusste, um wen es sich handelte. Er fragte sich ernsthaft, wann er endlich den Wachstumsschub bekam, um auf seine Endgröße zu wachsen.

Der erwachsene Ash ließ es nicht lange Klingeln, bevor er den Anruf annahm. „Hallo! Was für eine seltene Ehre.“, grinste Shios Vater.

„Und das aus deinem Mund.“, entgegnete Shio schnippisch. Er hatte nie bei sich zu Hause angerufen, warum sollte sie es jetzt andersherum halten? „Ich habe nur eine Frage.“

„Dann schieß los.“, seufzte der erwachsene Ash ein bisschen enttäuscht. Seine Tochter hätte gerne gewusst, was er gerade dachte. Er sollte sich auf ihren Ausfall nach ihrem Teleportationschaos nicht zu viele Hoffnungen machen! Noch hatte sie ihm seine Abwesenheit nicht verziehen!

„Hast du ein Kokli oder ein Wannt?“, fragte Shio ohne Umschweife.

„Ah, ihr seid durch Uron City durch.“, schlussfolgerte ihr Vater. „Ja, ich habe ein Pyrokinese Wannt, das ich als Kokli in der Nähe des Wellenpfads bekommen habe. Rocko hat seine große Schwester, ein Magma Wannt und Misty bekommt ein Kokli mit Wasserspezialisierung. Alle drei Pokémon haben vorher einem verdammt versnobten Typen namens Glorius gehört. Reicht dir das als Info? An viel mehr kann ich mich nämlich nicht erinnern.“

„Das bedeutet, dass ich gute Arbeit leisten werden.“, meinte Shio erleichtert. „Danke, Papa.“ Der erwachsene Ash lächelte, ebenfalls erleichtert. Mit dem Versprechen, sie später nochmal anzurufen kam das Gespräch zu einem Ende.

„Dann ist ja alles geklärt!“, rief Shio fröhlich und klappte das Universalgerät zu. „Alle Drei können mit uns kommen, ohne irgendeinen Einfluss auf die Zukunft zu haben.“ Das Kokli auf ihrem Schoß sprang zu Boden und tapste zu Ash, den es erwartungsvoll anstarrte. Der Schwarzhaarige begann sofort, nach einem Pokéball zu kramen.

„Wir sollten ihnen Spitznamen geben, sonst wird es verwirrend.“, schlug Misty vor und kuschelte ihr neues Pokémon. „Was hältst du von Meera?“ Das Kokli in ihren Armen quiekte fröhlich, bevor es den dargebotenen Pokéball anstupste und von ihm gefangen wurde.

Ashs Kokli wollte Niko genannt werden und bestand darauf, dass es Tebrelebeeren zu fressen bekam, denn es wollte unbedingt psychische Kräfte haben. Dieser Wunsch keimte in ihm, seit es den Fähigkeiten eines Melo hilflos ausgesetzt gewesen war. Ash war damit einverstanden und so schloss sich Kokli seinem Team an.

Wannt stellte keine Bedingungen. Es schnaubte sogar über die Forderungen ihres kleinen Bruders, bevor es sich in einen neuen Pokémon begab, von nun an unter dem Namen Lizzy.

Ash und seine Freunde hatten eine weitere Etappe auf ihrer Reise bewältigt und dabei drei neue Pokémon gefunden. Den Rest des Abends verbrachten sie damit, ihre neuen Freunde besser kennen zu lernen, bis spät in die Nacht hinein. Nur Shio seilte sich gleich nach dem Abendessen ab. Sie hatte noch etwas vor.

Wieso

Ein Trainer namens Glorius bewohnte ein großes Mehrbettzimmer direkt gegenüber der Cafeteria in diesem PokémonCenter kurz vor dem Nadelwald um Adaman City. Das PokémonCenter, in dem sich drei seiner ehemaligen Pokémon neuen Trainern angeschlossen hatten. Das PokémonCenter, in dem auch eine ESP namens Shio übernachtete, die sich nun vor dem Fenster seines Zimmers befand und darauf wartete, dass er einschlief.

Glorius misshandelte seine Pokémon, wenn diese nicht die gewünschten Ergebnisse brachten. Ein Verhalten, dass Shio nicht durchgehen lassen konnte. Sie beschloss, ihre Fähigkeiten zu nutzen, um Glorius einen Denkzettel zu verpassen. Doch dafür musste der selbstverliebte und wie es schien schwerreiche Junge ersteinmal schlafen.

Beinahe hätte das Klingeln ihres PokéTerm Shio auf ihrer selbstauferlegten Mission verraten. Ihr Vater machte sein Versprechen von vor wenigen Stunden wahr und rief sie noch einmal an.

„Was guckst du denn so hektisch?“, fragte er überrascht und Shio regelte möglichst schnell den Ton runter, während sie sich hinter ein etwas vom Fenster entferntes Gebüsch rettete. Gerade noch rechtzeitig, denn Glorius warf misstrauisch einen Blick aus dem Fenster, bevor er die Vorhänge zuzog. Erleichtert atmete Shio aus.

„Was machst du da?“, fragte Ash misstrauisch.

„Nur ein bisschen Selbstjustiz.“, gab Shio flüsternd zu. „Ich werde ihm nicht wehtun, nur ein paar Albträume verschaffen.“ Ihr Vater blickte immernoch skeptisch drein. „Irgendwozu müssen diese Fähigkeiten doch gut sein.“

„Hast du es auf Glorius abgesehen?“, vermutete Ash und schüttelte missbilligend den Kopf. „Ich kann dich nicht davon abhalten, aber lass dich nicht erwischen!“

„Lass ich nicht.“, lächelte Shio und duckte sich noch ein bisschen mehr.

„Na gut, ich vertraue dir.“, meinte Ash und wechselte das Thema. „Du bist immernoch sauer, weil ich nie nach Hause gekommen bin, oder?“ Es würde also ein ernstes Gespräch werden. Nicht, dass Shio darauf Lust hätte, aber irgendwann mussten sie sich ja mal aussprechen.

„Ich verstehe einfach das Wieso nicht.“, gab sie zu. „Wieso bist du nicht nach Hause gekommen? Wieso hast du dich nur in Briefen gemeldet?“

„Weil ich Angst hatte.“, gab Ash ohne zögern zu. „Du weißt wie aufbrausend deine Mutter sein kann. Ich habe mich heimlich nachts weggeschlichen, als ich es einfach nicht mehr ausgehalten habe. Lange an einem Ort bleiben, das kann ich einfach nicht mehr.“ So viel war Shio klar geworden, nachdem sie den Tatendrang des jungen Ashs beobachtet hatte. „Ich hatte Angst, dass Misty mich nicht verstehen würde, dass sie mich verlassen würde. Was, wenn ich sie Anrufe?, habe ich mich immer wieder gefragt. Wird sie mir dann sagen, dass sie sich von mit trennt? Das sie einen anderen Mann hat? Ich stand so oft vor den Telefonen und brauchte nur noch die letzte Nummer wählen, doch ehe ich mich versah waren bereits Jahre vergangen. Jahre, in denen meine Angst nur gewachsen ist.“

„Ich hatte auch Angst.“, flüsterte Shio. „Angst, dass du meinetwegen gegangen bist.“

„So ein Unsinn, ich wusste doch gar nichts von dir!“, protestierte Ash sofort.

„Das wusste ich damals aber nicht.“, entgegnete Shio. „Und laut Mama hättest du es wissen können, denn sie hatte genau an dem Tag, an dem du gegangen, bist einen Test gemacht und das Ergebnis herumliegen lassen.“

„Ach?“, wunderte sich Ash. „Nein, davon weiß ich nichts.“ Betretenes Schweigen trat zwischen ihnen ein. Angst. Der Ash in dieser Zeit hatte nie vor irgendetwas Angst. Aber er würde jung Vater werden. Sollte ihm das so sehr zusetzen?

„Ich wünschte, ich hätte von dir gewusste.“, sagte Ash leise, durch den herunter geregelten Ton kaum zu verstehen.

„Ich auch.“, seufzte Shio. „Du warst immer eine fehlende Komponente in meinem Leben. Ich habe mir oft ausgemalt wie es wäre, wenn du da gewesen wärst. Oh, wie habe ich immer vor Eifersucht gebrannt, wenn du Ace was geschickt hast!“ Bei der Erinnerung musste sie unweigerlich grinsen. „Ace hat immer alles mit mir geteilt, aber ich wollte auch gerne mal etwas nur für mich haben.“ Aber das waren nur materiell Dinge. „Am meisten habe ich ihn um seine Erinnerungen an dich beneidet.“

„Shio, ich verspreche dir, wenn wir beide wieder in unserer Zeit sind werden wir ganz viele gemeinsame Erinnerungen schaffen.“, schwor ihr Vater. „Wir könnten zusammen auf eine Reise gehen, vielleicht auch mit Ace? Jaze kann auch mitkommen, wenn er Lust hat. Natürlich nur, wenn ihr möchtet.“, fügte er hastig hinzu. Ja, das würde sicher lustig werden. Shio stellte es sich schon witzig vor, wenn Jaze zum ersten Mal auf ihren Bruder mit dem Schwesterkomplex traf. Das würde sicher witzig werden!

„Das klingt gut.“, lächelte Shio. „Ich überlege es mir.“ Sichtlich erleichtert erwiderte Ash ihr lächeln. Sie waren sich wieder ein kleines Stück näher gekommen.

„Ich muss jetzt auflegen, ich habe noch etwas zu tun.“, sagte Ash und fügte ganz väterlich hinzu: „Mach du auch nicht mehr so lange, die Reise morgen wird wieder lang und anstrengend!“ Er wünschte ihr noch eine gute Nacht, bevor Shios Vater auflegte. Nacht war gut, der Mond stand schon hoch am Himmel! Vorsichtig sah Shio zu Glorius Zimmerfenster. Alles dunkel, alles bereit. Der Spaß konnte beginnen.

Bittere Wahrheit

Die Nadeln knirschten unter ihren Füßen. Das Licht erschien unwirklich, kaum unterbrochen von den schlanken Ästen der Kiefern, deren Äste über den schmalen Waldweg hinweg ragten. Die fernen Gesänge eines Choreogel mischten sich mit den Schwarmrufen der Melo und Galoan.

„Richtig idyllisch hier“, bemerkte Misty, „wenn wir uns nicht verlaufen hätten.“

„Wir haben uns nicht verlaufen“, stritt Ash ab, „wir machen nur einen ungeplanten Umweg.“

„Also haben wir uns verlaufen“, seufzte Misty.

„Oder auch nicht“, widersprach Jaze, der sich links von ihnen befand. „Seid mal still.“

Die Gruppe schwieg und lauschte. Tock, tock, machte es irgendwo in der Ferne. Sie bewegten sich auf die Quelle der Geräusche zu. Tock-tock, tock, erklang es wieder.

„Spitzhacken auf Stein“, vermutete Rocko.

„Das muss die Mine sein!“, rief Ash begeistert und rannte los.

„Ash, warte!“, forderte Misty ihn auf, während sie versuchte, mit ihm Schritt zu halten.

Ash hörte ihre Aufforderung gar nicht, während er auf das Geräusch zueilte. Der Wald lichtete sich vor ihm, doch kaum hatte er die Baumlinie passiert brach der Boden unter ihm weg. Er kannte das Gefühl von unzähligen Fallgruben, doch dieser Fall war länger. Plötzlich packte seine Kleidung etwas im Nacken und er hing in der Luft. Er sah den noch gute fünf Meter entfernten Boden unter sich und über sich den angestrengt roten Kopf Shios. Es waren Bruchteile einer Sekunde, dann fiel er wieder, bis er mit Shio im Rücken auf der harten Erde aufkam. Diese rollte von ihm runter und rieb sich auf dem Rücken liegend die Schläfen.

„Das war noch zu viel“, murrte sie.

„Danke für die Rettung“, sagte Ash ernst und blickt den Steilhang hinauf. Es mochten gute dreißig Meter sein.

„Ich wäre dankbar, wenn ich dich nicht hätte retten müssen“, schnaubte Shio und setzte sich auf.

„Ich werde besser aufpassen“, versprach Ash und half seiner zukünftigen Tochter auf.

„Ich bitte darum. Um meines und Aces Willen“, seufzte sie und nahm die Hilfe an.

Ash antwortete ihr nicht. Wozu auch, sie kannte die Antwort, dass er so weit noch nicht gedacht hatte, eh schon.

Es wäre zu gefährlich gewesen, zu zweit nach oben zu teleportieren, sodass sie den anderen zeigten, dass sie okay waren und dass sie weiter Richtung Mine gehen würden. Shio ließ sich dabei von ihrem Ponita tragen, weil sie angeblich noch immer Kopfschmerzen hatte.

„Nein, ich habe normalerweise keine Kopfschmerzen, nachdem ich meine Fähigkeiten eingesetzt habe“, merkte Shio zu Ashs Überlegungen an.

„Aber du meintest doch, dass du von manchen Fähigkeiten müde wirst“, überlegte Ash.

„Müde, ja“, bestätigte Shio, „aber keine Kopfschmerzen. Das ist erst seit ich schweben kann so.“

„Ob es eine Art Fähigkeiten Limit gibt?“, wunderte sich Ash. „Wie bei den Attacken der Pokémon.“

„Oder Teleport und Schweben sind nicht kompatibel“, vermutete Shio. „Es ist zu wenig zu Espern bekannt, um Genaueres sagen zu können.“

„Vielleicht sollte wir Sabrina kontaktieren“, schlug Ash vor. „Sie hat selbst viele Fähigkeiten und erforscht diese.“

„Nein!“, widersprach Shio entschieden. „Sie kommt in der Zukunft noch auf ihre Kosten.“ Es war das erste, was Misty getan hatte, nachdem ihre dreijährige Tochter sie gefragt hatte, warum sie manchmal den Mund aufmachte und ganz andere Sachen sagte als vorher mit geschlossenem. Damals konnte Shio noch nicht zwischen Gedanken und Worten unterscheiden.

Sabrina hatte sie etlichen Tests und Torturen ausgesetzt. Noch heute fehlten Shio Erinnerungen aus dieser Zeit, die ihr kindliches Hirn scheinbar weggeschlossen hatte. Zum Glück hatte Sabrina sie nie berührt, denn sonst hätte sie schon viel früher viel mehr anrichten können.

„Welche war deine erste Fähigkeit?“, wollte Ash wissen.

„Gedankenlesen“, antwortete Shio. „Ich kann das, so weit ich mich zurückerinnern kann. Bestimmt hat mich so eine „Guchi-Guchi-Gu“-Oma im Kinderwagen angefasst.“

Ash lachte, während er es sich vorstellte.

„Mit fünf habe ich alle Türen und Fenster im Haus telekinetisch rausgesprengt, weil Mama mir keinen zweiten Nachtisch geben wollte“, erinnerte Shio sich. „Da ich ein sehr trotziges und eigensinniges Kind war, muss ich kurz davor diese Fähigkeit erhalten haben.“

„Das kann ich mir ja gar nicht vorstellen“, grinste Ash ironisch.

„Sagen wir, Mama hatte es nicht leicht“, gab Shio selbstreflektierend zu und wollte schnell das Thema ändern. „Das mit der Erinnerungsmanipulation ist etwas kniffliger. Das habe ich erst mit vierzehn entdeckt, als ich versucht habe, meinen ersten Schwarm vergessen zu lassen, dass ich Fähigkeiten habe.“

„Hat es funktioniert?“, wollte Ash wissen.

„Ja und nein“, sagte Shio bedrückt. „Er hat es vergessen. Leider alles andere auch.“

„Shio...“, begann Ash, doch er wusste nicht, was er sagen sollte.

„Ist schon okay“, behauptete Shio mit einem sichtlich falschen Lächeln, das ihre feuchten Augen überblenden sollte, doch das konnte Ash nicht täuschen. „Niemand weiß, was wirklich geschehen ist und es geht ihm gut. Er hat nur eine neue Karriere eingeschlagen, das ist alles. Vom Asstrainer zum Floristen.“ Ihr versagte die Stimme und sie schwieg. Sie hatte ein Leben aus einer Laune heraus zerstört.

„Dann bin ich beruhigt, dass es dir bei uns gelungen ist“, gab Ash zu.

„Ich habe es trainiert“, erwähnte Shio trocken. „Ich musste.“

„Wie meinst du das?“, hakte Ash nach.

„Ace hat mach dazu überredet“, erklärte diese. „Als ich ihm gebeichtet habe was passiert ist, hat er mich förmlich dazu gezwungen. Wir haben mit Babys geübt, da kann nicht viel passieren. Ich habe sie vergessen lassen, dass Ihre Windel voll war oder das sie hungrig waren. Es dauerte nie lange, bis sie es wieder wussten.“ Die Erinnerung brachte Shio zum Schmunzeln.

Sie beließ ihre Erzählung dabei, denn sie und Ash erreichten den Mineneingang. Was es noch zu erzählen gab, konnte sie auch niemals erzählen. Es war ihr Geheimnis und ihres allein.

Ace hatte sie nicht ohne Eigennutz trainiert, das wusste sie von Anfang an. Doch was er von ihr wollte, was er vergessen wollte, erzählte er Ihr erst als Abschlussprüfung: Die Wahrheit über seine Erblindung. Er hatte nie gegen ein Tuska gekämpft, wie er ihrer Mutter gegenüber behauptete. Er war in Kalos, weit weg von zu Hause. Dort hatte er seinen Vater gesehen, doch es war kein freudiges Wiedersehen. Der erwachsene Ash war mit einer Frau unterwegs gewesen und trug einen kleinen Jungen von vielleicht vier Jahren auf den Schultern. Ace hatte nicht gewagt, ihn anzusprechen. Für ihn ging an diesem Tag seine Welt unter. Es sah für ihn aus, als hätte sein Vater eine neue Familie und seine vergessen. Dies stürzte ihn in eine tiefe Depression und er versuchte sich das Leben zu nehmen, doch das einzige das er sich nahm war seine Sehfähigkeit und damit seine Zukunft als Arenaleiter von Azuria City.

Diese Erinnerung nahm Shio ihm auf seinen Wunsch hin. Wenn man Ace fragte, war er seinem Vater nach dessen Abreise nie begegnet, dafür aber einem angriffslustigen Tuska.

Es tat Shio in der Seele weh, dass sie nun wusste, dass alles ein riesiges Missverständnis war. Ihr Vater hatte ihr von sich aus erzählt, dass er eine alte Freundin namens Serena in Kalos hatte, deren kleiner Sohn ihn so sehr an Ace erinnert hatte, dass er fast nach Hause gekommen wäre. Doch geplagt von Schuldgefühlen hatte er nicht mehr als einen Brief voller väterlicher Liebe zu Stande gebracht, den Ace niemals lesen konnte und niemals vorgelesen bekommen wollte.

In der Tiefe

Das Hauptbüro der Liponsteinmine in Adaman City war überlaufen, als Ash und seine Freunde dort ankamen. Eine lange Menschenschlange wand sich bis weit hinter die Tore hinaus, begleitet von gleichmäßigen Spitzhackengeräuschen.

„Da brauchen wir ja ewig, bis wir drinnen sind“, klagte Ash.

„Wenn wir überhaupt reinkommen“, überlegte Misty.

„Ist das normal?“, fragte Rocko an Shio und Jaze gewandt.

„Nicht in unserer Zeit“, antwortete Jaze. „Die Mine ist zwar beliebt, aber solche Menschenmassen habe ich hier noch nie gesehen.“

In diesem Augenblick wichen die Ersten in der Reihe zurück. Ein bulliger Mann mit Stiernacken stampfte aus der Tür und warf zwei junge Männer in den Dreck. „Verschwindet von hier!“, polterte er. Dann wandte er sich an die anderen Menschen draußen. Wer nicht für die Steine hier ist verschwindet besser, oder es ergeht euch genauso!“, donnerte er und präsentierte seine Muskeln.

Gedämpft protestierend löste die Menschenmenge sich auf. Manche wünschten dem Aufseher die Pest an den Hals.

„Was ist das Problem, Shio?“, fragte Misty ihre gedankenhörende Begleitung.

„Was?“, schreckte diese auf. „Problem? Keine Ahnung. Zu viele Stimmen in meinem Kopf.“

„Dann finden wir es auf die altmodische Weise heraus“, bestimmt Ash und ging zu dem bulligen Mann. „Hallo, wir sind zum Liponsteineschürfen hier. Was wollten denn die anderen?“

Die ganze Haltung des Mannes änderte sich. Er ging in die Knie und legte die Hände ineinander. „Willkommen, willkommen! Nur herein, hier könnt ihr euch anmelden.“ Einladend lächelnd bat er sie in sein Büro. „Die anderen sind nur dummen Gerüchten gefolgt, das hier ein unbekanntes Pokémon aufgetaucht sein soll. Jeder will natürlich den Ruhm für sich. Dabei gibt es hier nur Kleinstein, Kiesling und Zubat. Nichts außergewöhnliches.“

Von Jaze war ein leises „Oh!“, zu vernehmen, als wäre ihm ein Licht aufgegangen und Shio ahnte böses. „Das Gerücht haben wir noch nicht gehört“, bekam er noch die Kurve. „Wenn wir während des Schürfens nichts begegnen, können wir den anderen ja sagen, dass es falscher Alarm war.“

„Da wäre ich euch sehr dankbar drum“, meinte der Minenverwalter, kassierte die 500 Pokédollar Schürfgebühr pro Person und überreichte jedem eine Spitzhacke. „Ihr habt drei Stunden Zeit. Jeder Liponstein, den ihr in dieser Zeit findet, gehört euch. Alles andere wie Erze und Fossilien könnt ihr bei meiner Frau im Zimmer neben an gegen Pokédollar eintauschen.“

„Davon könnt ihr später das Schleifen bezahlen“, merkte Shio an. „Die kompetenten Handwerker nehmen ein hohes Honorar.“

„So ist es“, bestätigte der Verwalter. „Die Zeit läuft sobald ihr den euch zugewiesenen Schacht betretet. Eure Pokémon dürfen euch nicht beim Graben helfen. Glück auf!“

Die Gruppe machte sich auf den Weg zu ihrem Schacht, Nummer 6. Ein schlechtes Omen, fand Rocko. Die 6 war eine Unglückszahl.

„Sei nicht so abergläubisch“, meinte Jaze. „Die 6 ist eine Zahl wie jede andere. In manchen Kulturen bringt sie sogar Glück!“

„Genau“, meinte Ash. „Ich frage mich eher, warum unser Pokémon nicht helfen dürfen.“

„Wegen der Typengegenwirkung“, erklärte Shio. „Berührt ein Pokémon einen falschen Stein bekommt es Schaden.“

„Dann sind Liponsteine ein zweischneidiges Schwert“, überlegte Misty. Shio nickte bestätigend.

Die Gruppe stieg in den zugewiesenen Schacht hinab. Auf Jaze Vorschlag hin nahmen sie sich die Zeit, so tief wie möglich zu gehen, wo noch nicht so viele Trainer geschürft hatten. Der Gang war hier dunkler, da die elektrischen Lichter noch nicht so weit ausgebaut waren. Einige Kleinstein standen bereit, um das lose Geröll in eine Lore zu verfrachten.

„Sie kriegen Futter dafür“, übersetzte Shio. „Wir sollen nur gut aufpassen, dass keine bunten Steine im Fels sind.“

Jeder begann für sich an einer anderen Stelle zu graben. Die Arbeit gestaltete sich schwieriger, als gedacht. Der Fels war hart und unnachgiebig. Rocko war der erste, der Glück hatte. Seine Pike legte einen Hohlraum frei, deren Wände mit verschiedenen schimmernden Punkten übersät war: Drei Erze, ein Blattfossil und ein brauner Liponstein fanden den Weg in seine Beutetasche.

Angespornt durch den Erfolg schlug Ash stärker auf den Stein ein. „Nicht dort!“, rief Shio plötzlich. Alle hielten inne und sahen sie überrascht an. Shio gab keine Erklärung, befehligte aber jedem einen anderen Punkt, an dem er graben sollten, bevor sie ebenfalls den Ort wechselte. Sie brauchte nur wenige Schläge, bis sie auch einen Hohlraum erreichte. Die Freunde sahen sich schweigend an, doch begannen sie dann an den zugewiesenen Stellen zu graben. Ihre Folgsamkeit wurde belohnt. Ein Hohlraum nach dem Nächsten wurde freigelegt. Ihre Beutetaschen waren Randvoll, als das Signal zum Ende ihrer Zeit erklang. Zufrieden schulterte Shio ihre Spitzhacke und machte sich auf den Weg zum Ausgang.

„Wie hast du das gemacht?“, wollte Jaze wissen. „Bist du jetzt auch noch geologisch begabt?“

„Nicht doch“, lachte Shio und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Sie haben es mir verraten.“

„Sie?“, hakte Misty nach.

„Die Garpa. In dieser Zeit wurden sie zum ersten Mal entdeckt“, erklärte Shio.

„Dann gibt es doch ein neues Pokémon hier?!“, rief Ash aufgeregt.

„Wie man es nimmt“, meinte Jaze. „Sie sind eine uralte Art. Sie verstehen sich nur darauf, sich von Oberflächen fernzuhalten, da sie nicht atmen müssen. Alles, was sie zum überleben brauchen, ziehen sie sich aus Böden und Gesteinen.“

„Sie haben flossenähnliche Fühler, die jede Vibration wahrnehmen“, fügte Shio hinzu. „So kommen sie den Menschen nie zu nahe.“

„Aber sie haben dir erzählt, wo es Steine gibt?“, wunderte sich Ash.

„Nicht mit Absicht“, grinste Shio. „Die Hohlräume sind Sammelstellen, in die sie alles schieben, dass sie nicht fressen können. Sie verstehen nicht, warum die Menschen ihre Abfallkammern suchen und machen sich darüber lustig.“

„Aber wenn sie sich durch das Gestein fressen, müssten sie doch Spuren hinterlassen“, merkte Rocko an.

„Keine mit bloßem Auge sichtbaren“, erklärte Jaze. „Ihre Körper können sich röhrenförmig öffnen und alles geht einfach hindruch. Sie fressen und scheißen also gleichzeitig.“

„Ihr kennt euch gut mit Garpa aus“, wunderte Rocko sich.

„Ich trainiere eines“, gestand Shio.

„Ich erforsche sie als Teil meiner Forschungen zu Liponsteinen für meine Doktorarbeit“, erzählte Jaze. Die Gruppe blieb stehen und starrte ihn an.

„Forschung?“, wiederholte Misty.

„Doktorarbeit?“, echote Shio ungläubig. „Ich dachte, du willst Pokémonmeister werden.“

„Erkennst du jetzt erst, wie genial ich bin? Ich kann beides gleichzeitig!“, grinste Jaze und streckte stolz und selbstverliebt die Nase gen Himmel. In Gedanke lechzte er nach Lob.

Shio seufzte. Sie hatte fast vergessen, wie große Stücke Jaze auf sich selber hielt. Bisher hatte er sich immer sehr um sie bemüht und ihr Ego aufgebaut. Vielleicht sollte sie später seines auch mal etwas streicheln.

Ihre Überlegungen wurden unterbrochen, denn etwas klatschte hinter ihnen von der Decke. Mit leuchtend gelben Augen richtete sich ein Garpa zu voller Größe auf. Es war größer als ein Dratini, aber kleiner als ein Arbok und bis auf den Ring nahe seines Halses durchgehend dunkelbraun.

Sie wüssten zu viel, hallte es in Shios Kopf wieder, während vor ihnen weitere Garpa aus den Wänden krochen. Auch das hinter ihnen bekam Verstärkung.

„Was ist hier los?“, fragte Ash, während die Gruppe immer dichter zusammen gedrängt wurde.

„Sie finden, dass wir zu viel wissen. Das gefällt ihnen nicht“, übersetzte Shio. „So wollen dafür sorgen, dass wir niemandem von ihnen erzählen können und es wie ein Grubenunglück aussehen lassen.“ Schulter an Schulter standen sie nun dicht gedrängt inmitten von unzähligen Garpa, die alle drohend mit ihren Fühlern raschelten.

„Wir müssen zum Aufzug!“, rief Rocko, doch da griff schon das erste Pokémon an. Es ging direkt auf Shio los, welche die Arme hochriss und an den Aufzug dachte. Plötzlich wurde es still. Irgendwo in der Ferne konnte man ein wütendes Zischen hören und ganz nah ächzte Metall.

Shio hatte die Trainergruppe direkt in den Aufzug teleportiert.

„Wir sind nicht im Nirgendwo gelandet“, rief Jaze überrascht.

„Das ist gerade nicht wichtig!“, faucht Shio.

„Schnell, nach oben!“, befahl Misty und Ash hämmerte auf den Knopf zum nach oben fahren ein, während Rocko das Gitter zuzog. Die Gondel setzte sich in Bewegung, doch in den Wänden war eindeutig Bewegung zu hören.

„Schneller, du blödes Teil“, flehte Ash den Aufzug an.

Plötzlich brach ein Garpa aus der Wand hervor und schoss mit weit aufgerissenem Maul auf Misty zu. Pikachu reagierte schnell und versetzte dem wilden Pokémon einen Eisenschweif. Dieses landete zwischen den Menschen auf dem Boden der Gondel, doch anstatt ein weiteres Mal anzugreifen, sprang es wieder ins Gestein zurück, als wäre es Wasser.

„Das war knapp“, atmete Misty auf. Zu früh gefreut. Kurz darauf begann der ganze Schacht an zu wackeln.

„Was ist das?“, wollte Ash wissen und klammerte sich an der Steuerung fest.

„Erdbebenangriff!“, klärte Shio auf und sah nach oben. Das Tageslicht war noch viel zu weit entfernt! Es musste schneller gehen!

Sie versuchte, telekinetisch nachzuhelfen, doch es war ihr unmöglich, sich in dieser Situation zu konzentrieren. Sie konnte nur hoffen und beten, dass der Aufzug den Angriff überstand und sicher oben ankam.

„Das Seil!“, schrie Misty. Alle sahen nach oben, damit rechnend, dass es riss. Jedoch war es nicht der Draht, der sich löste, sondern die Halterung am Fahrstuhlkorb.

Die Befestigung riss ab und sie fielen einen Augenblick, bis alles plötzlich stehen blieb. Alles war in blaues Licht gehüllt es waren nur Sekunden, bis sie schneller als ein Zug den Schacht hinauf sausten und oben samt Korb das Absperrgitter durchbrachen.

Die Trainergruppe wurde in alle Richtungen hinaus geschleudert. Ash war der erste, der sich wieder auf rappelte. Fünf Garpa waren ihnen bereits aus dem Berg gefolgt und mehr kamen aus dem Boden hervor. Mit festem Boden unter den Füßen griff Ash nach seinen Pokémon, um mit ihrer Hilfe kämpferischen Widerstand zu leisten.

„Es ist wahr! Neue Pokémon!“, hörte er plötzlich von hinter sich. Er sah sich um und erkannte ein paar der Trainer, welche am Morgen in der Schlange gestanden hatten.

„Ich werde als erster eines fangen!“, rief ein vielleicht zehnjähriger Junge.

„Nein, ich!“, widersprach ihm ein gleichaltriges Mädchen. Andere hatten bereits Pokémon gerufen, um sich eines der begehrten neuen zu fangen. Die Garpa, mit einer Armee aus Pokémon konfrontiert, zogen sich ins sichere Erdreich zurück.

„Stürmt die Mine!“, rief ein älterer Trainer.

„Stürmt die Mine!“, echote es aus den Massen und alle drängten an den am Boden liegenden vorbei auf die verschiedenen Schachteingänge zu.

„Hey, ihr müsst bezahlen, wenn ihr rein wollt!“, donnerte der Verwalter wirkungslos. „Na wartet, ihr Pack! Ich hole Officer Rocky und lasse euch alle wegen Landfriedensbruch festnehmen!“ Er knallte die Tür zu seinem Büro zu und durch das Fenster sah man ihn wild gestikulierend telefonieren.

Erleichtert atmete Ash auf und packte seine Pokébälle wieder zurück. Danach sah er nach seinen Freunden. Sie alle waren nur mit ein paar Kratzern davon gekommen. Shio wirkte etwas benommen, aber nicht ernsthaft verletzt. Nur das sie fragte, wie sie nach draußen gekommen waren, gab Anlass zur Sorge. Rocko vermutete, dass ihre Instinkte sie gerettet hatten.

„Aber jetzt verstehe ich die Legende der fliegenden Trainer, die mit der Entdeckung der Garpa einher geht“, lachte Jaze, während er Shio stützte.

„Dann habt ihr hier nichts verändert?“, wunderte sich Misty.

„Nicht, soweit die Aufzeichnungen reichen“, bestätigte Jaze. „Aber wir sollten so schnell wie möglich von hier verschwinden. Lasst uns unsere Schätze eintauschen und gehen, bevor man uns nach Details fragt.“

Die Frau des Verwalters hatte keine Ahnung, was draußen vorgefallen war. Sie hatte nur den Lärm gehört, aber es ihrem Mann überlassen, sich darum zu kümmern. Sie war überrascht über die große Ausbeute der Gruppe, doch zahlte sie Ihnen bereitwillig 50.000 Pokédollar für ihre Schätze.

Während sie weiter reisten, starrte Ash nachdenklich das Geldbündel in seiner Hand an. „Wir haben 500 bezahlt und 50.000 bekommen. Ist das nicht Paradox?“

„Ganz und gar nicht“, klärte Shio ihn auf. „Was wir erhalten haben ist ein Bruchteil dessen, was sie auf dem Markt dafür bekommen. Das Pärchen lässt Leute dafür bezahlen, damit sie für sie die Drecksarbeit machen. Ziemlich clever, wenn du mich fragst.“

Ash packte das Scheinbündel tief in seinen Rucksack. Laut Shio würden sie es brauchen, um die sechs Elektro-, sieben Feuer-, neun Kampf- und zwei Gesteinliponsteine schleifen zu lassen, mit deren Hilfe sie die Saihon-Liga zu bezwingen gedachten.

Fellpflege

Jaze saß am Schreibtisch und arbeitete. Den Pony hatte er nach hinten geklammert und eine dicke Brille saß auf seiner Nase. Seinen Nerd-Look nannte Shio das. Er hatte sich Instrumente von Schwester Joy geliehen und studierte die gefundenen Liponsteine, wobei er beständig Notizen in ein Notizbuch kritzelte. Seine Gedanken verrieten seinen Ärger darüber, dass er sein altes in der Zukunft im Pokémon Center von Azuria City liegen gelassen hatte.

Shio lauschte seinen Gedanken, während sie Abby das Fell bürstete. Diese ließ es sich gefallen.

//Das sieht angenehm aus//, kommentierte Noctara und beobachtete, wie das Absol seiner Trainerin bereitwillig den Bauch präsentierte.

//Shio kann man sagen, wie sie es besser machen kann. Das macht es einfach//, schnurrte dieses mit geschlossenen Augen.

„Ich kann dich auch bürsten, wenn du es möchtest“, bot Shio leise an. Sie war sich nicht sicher, ob Jaze sie hören würde, wenn sie laut spräche, aber sie wollte ihn auf keinen Fall stören.

//Das wäre wunderbar!//, nahm Noctara dankend an und setzte sich neben Shio aufs Bett. Absol knurrte und sprang von ihm weg auf den Fußboden.

//Du solltest ihn nicht verwöhnen//, grollte Abby, die sich in ihrem abendlichen Ritual gestört fühlte.

„Du solltest ihm dankbarer sein. Er hilft mir sehr“, rügte Shio ihren Partner. Mit langen, gleichmäßigen Zügen bürstete sie Noctaras glattes Fell, woraufhin dieses zu schnurren begann. Abby drehte ihr beleidigt den Rücken zu.

„Sag mal, was läuft da zwischen euch?“, fragte Shio.

//Ich mag sie//, gab Noctara freimütig zu. //Und ich freue mich, dass du mich mit der gleichen Bürste bürstest. Ich werde die ganze Nacht nach ihr duften.// Shio hielt mitten im Bürstenstrich inne, sodass Noctara fragend aufsah. Der Mensch verkniff sich sichtbar das Lachen.

//Das war kein Scherz//, stellte Noctara beleidigt klar.

„Ich weiß“, kicherte Shio und bürstete weiter.

//Er spinnt nur rum//, kommentierte Absol. //Wir gehören ja nicht einmal zur gleichen Art.//

Shio legte nachdenklich den Kopf schief, bevor sie etwas in ihrem Pokédex nachguckte. Beleidigt über die zweite Unterbrechung seiner Pflegeeinheit sah Noctara auf, doch es dauerte nicht lange, bis der Mensch das taschenspiegelförmige Gerät wieder zu klappte und die Behandlung fort fuhr. „Ihr gehört zur selben Eigruppe“, eröffnete sie ihnen. „Entsprechend wäre eine Paarung erfolgreich.“

//Setz ihm keine Flausen in den Kopf!//, fauchte Abby aufgebracht.

//Oh, da brauch ich sie nicht für//, bemerkte Noctara. //Aber nein, noch nicht. Nicht in dieser Zeit. Zeitreisen haben mit mir genug angestellt. Es soll nichts mit unserem Nachwuchs anstellen.//

//Und wovon träumst du nachts?//, verlangte Absol zu wissen.

//Einem bisschen Zärtlichkeit von dir//, entgegnete Noctara.

Shio konnte nicht mehr. Sie musste laut loslachen. Verletzt rümpfte Noctara die Nase und sprang von ihrem Schoß. Es würde schon irgendwann Abby für sich gewinnen. Ganz bestimmt.

Das Lachen hatte Jaze aus seiner Konzentration gerissen. Verwirrt verlangte er zu wissen, was so lustig sei.

„Das errätst du nie“, lachte Shio und ging zu ihm. „Noctara steht auf Abby und träumt von Eiern und Zärtlichkeiten.“

Jaze lachte ebenfalls. „Für ersteres braucht man keinen Übersetzer, das sieht ein Blinder mit Krückstock. Letzteres wird wohl unerreicht bleiben.“

„Da protestiert er gegen. Ich bin gespannt, ob er meine überernste Abby knacken kann.“ Shio legte Jaze von hinten die Arme über die Schultern und betrachtete dessen Arbeit. „Das sieht alles sehr kompliziert aus. Erzähl mir etwas über deine Forschung“, bat sie, obwohl sie kein echtes Interesse daran hatte. Ihr reichte die Information, dass Liponsteine den Typ verstärkten. Doch das Leuchten in Jaze Augen war Entschädigung genug für vermutlich Stunden des Zuhörens trockener Fakten.

Ankunft in Adaman City

Adaman City, auch genannt die Stadt der schönen Dinge, lag an einer Kreuzung der zwei Hauptstraßen von Uron City nach Magnos City und von Alum City nach Cobal City. Diese Position machte sie zur perfekten Handelsstadt.

Jedoch auch zu einer sehr vollen Stadt. So voll, dass Noctara Shios Gedankenlesen blockieren musste, damit diese überhaupt ansprechbar war, da es kaum Orte ohne Menschen- und Pokémonansammlungen gab. Dusselgur, Taubsi und Rattfratz waren einfach überall.

„Wie bist du nur ohne Noctara klar gekommen?“, wollte Jaze wissen und gab eben diesem Pokémon ein Leckerli als Belohnung für seine Anstrengungen.

„Ich habe solche Orte nach Möglichkeit gemieden“, erklärte Shio. „Aber generell war ich alleine unterwegs und musste somit nicht ansprechbar sein, wenn ich nicht gerade handeln wollte. Das habe ich dann immer zu Tageszeiten getan, an denen nicht so viel los war.“

„Ergibt Sinn“, nickte Rocko ab.

„Das muss schrecklich einsam gewesen sein“, bemerkte Misty mitleidig.

„Ich hatte meine Pokémon, das war schon okay“, behauptete Shio. „Aber ich finde es ganz interessant zu erfahren wie es ist, normal zu sein.“

„Und?“, fragte Misty neugierig nach.

„Lauter als gedacht“, gab Shio zu. „Aber anders laut. Der Lärm ist nicht in meinem Kopf, sondern außen.“

„Also wahrscheinlich, als würden mehrere Mewtu mit einem sprechen“, vermutete Ash.

„Du hast Mewtu getroffen?!“, riefen Shio und Jaze zeitgleich.

„Zwei Mal“, brüstete sich Ash. Er musste nun seinen neuen Freunden die Geschichte erzählen, während sie auf dem Weg zum Pokémon Center für ein Mittagessen waren.

Shio ließ ihren Blick dabei über die Menschenmenge gleiten. Es war das erste Mal, dass ihr so viele Menschen keine Angst machten. Vor ihr überragte ein kleiner Junge auf den Schultern eines Mannes die Menge, der sich in alle Richtungen umguckte. Der Hinterkopf kam ihr unheimlich bekannt vor. Gedankenverloren lief sie los, schlängelt sich durch die Menge und tippte dem Mann gegen die Schulter.

Er sah sich nach ihr um, seine braunen Augen zeigten erst Verwunderung, dann Überraschung und dann Freude, glaubte Shio. Sie war sich nicht sicher, sie konnte es nicht hören.

„Shio!“, rief ihr Vater mit einem breiten Lächeln.

Zugleich fing der Junge auf seinen Schultern an, sich in eine Richtung zu strecken und laut „Mama!“ zu rufen.

„Julien!“, antwortete eine scheinbar verzweifelte junge Frau, die sich durch die Menge einen Weg zu ihnen bahnte und dankbar ihr Kind an sich nahm. Sie verbeugte sich unzählige Male zum Dank, dass Ash ihr geholfen hatte, ihren Sohn zu finden, bevor sie sich verabschiedete und ging. Shio blieb die ganze Zeit schweigend neben ihrem Vater stehen.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte er und sah zu ihrer Hand, die sich an seinem Shirtärmel festklammerte. Shio sah dort ebenfalls hin und ließ langsam die Hand sinken. Sie hatte es gar nichts bemerkt. Ihr Vater sah nun sie an.

„In unserer Zeit hätte das missverständlich sein können“, murmelte Shio und vermied Blickkontakt. Sie verstand sich selbst nicht. Es war doch vollkommen logisch, schließlich war der Junge mindestens vier.

„Bist du krank?“, wunderte Ash sich und fühlte ihre Stirn.

Shio schlug seine Hand weg. „Alles bestens“, murrte sie und sah sich nach ihren Freunden um.

„Du kommentierst meine Gedanken gar nicht“, erklärte sich ihr Vater.

„Meine Fähigkeiten sind gerade blockiert“, erzählte Shio. „Jaze hat ein Pokémon mit einer Spezialfähigkeit, die das kann.“ Dieses war das erste, das Shio erreichte. Vorwurfsvoll stupste es die Trainerin an.

„Ich weiß leider nicht, was du sagen willst“, gestand Shio und kraulte Noctara den Kopf.

„Interessant“, meinte Ash und kniete sich nieder. „Weder Nachtara, noch Psiana. Irgendwas dazwischen.“

„Ein Noctara“, klärte dessen Trainer ihn auf. „Aber die meisten halten es für ein missgestaltetes Nachtara.“ Zu dieser Aussage schnaubte Noctara beleidigt.

Hinter Jaze folgten der junge Ash, Misty und Rocko. Als die beiden Ash sich ansahen, entstand eine unangenehme Spannung.

„Bald“, sagte der große Ash plötzlich.

„Sicher?“, hakte der kleine nach.

Shios Vater lachte. „Dein Wachstumsschub hat doch schon begonnen!“

Der junge Ash sah zu Misty. Tatsächlich befand er sich zum ersten Mal in seinem Leben mit ihr auf Augenhöhe, ohne es bisher bemerkt zu haben.

„Da das geklärt ist“, grinste sein älteres Ich, „was habt ihr jetzt vor?“

„Mittagessen im Pokémon Center“, antwortete Shio knapp.

„Pokémon Center? Vergesst es!“, sagte ihr Vater entschieden. „Folgt mir, ich lade euch ein.“ Er führte sie durch ein Labyrinth an Seitenstraßen bis zu einem Restaurant, nicht mehr als ein Imbiss, das in den Häuserschluchten etwas verlassen wirkte.

„Wie hast du das gefunden?“, wunderte sich Misty.

Ihr Führer legte den Kopf schief. „Jetzt wo ich darüber nachdenke, habe ich es mir wohl selbst gezeigt.“ Er betrat als Erster das Restaurant, in dem Sie die einzigen Gäste zu sein schienen.

„Das heißt, dass unsere Zeitreisen keine Veränderung sind, sonder so sein müssen?“, stellte Shio verblüfft fest.“, während sie sich in eine Art durch Trennwände abgeschirmte Kabine setzten.

„So scheint es“, bestätigte ihr Vater. „Damit ergibt auch meine absurde Erinnerung Sinn, dass ich beim ersten Besuch aus der Mine dieser Stadt geflogen bin.“

„Schuldig“, gestand Shio. „Und es war ein Unfall, ohne den wir alle gestorben wären, keine Absicht.“

„Das habe ich nicht gesagt“, verteidigte sich der erwachsene Ash.

„Aber gedacht“, entgegnete Shio. „Noctara macht Pause. Ich hätte auch gerne eine Vorwarnung gehabt.“ Noctara gähnte demonstrativ und rollte sich unter dem Tisch zusammen. Die Gruppe wartete auf ihr Essen, als hinter dem Tresen jemand die Treppe herunter eilte und Richtung Ausgang lief.

„Stop!“, befahl der Koch, welcher bisher noch kein Wort gesagt hat. „Wo willst du hin?“

„Zu Baba!“, rief das Kind, das hinter dem Tresen nicht zu sehen war.

„Du wirst nur wieder eine Abfuhr bekommen“, prophezeite der Koch.

„Heute nicht!“, behauptete das Kind. „Heute überzeuge ich sie!“ Und dann lief es hinaus auf die Straße.

„Dieses Kind“, seufzte der Koch. „Bitte verzeihen sie meinem Nachwuchs.“

„Ist schon in Ordnung“, meinte der junge Ash. „Wer ist Baba?“

Doch der Koch schwieg. Fragend sah Ash zu seiner älteren Selbst, doch dieser hob abwehrend die Hände. „Ich bin raus. Diese Geschichte spielt ohne mich.“

„Dann auch ohne mich“, seufzte Shio, „denn dank meines Vaters kenne ich jetzt das Ende.“

„Und ich enthalte mich ebenfalls“, fügte Jaze hinzu. „Ich habe noch was zu erledigen.“

„So erwachsen“, merkte Misty mit einem Seitenblick auf ihren Freund an.

„Er ist ja auch dreißig Jahre älter als ich!“, verteidigte sich der junge Ash.

„Sehe ich so alt aus?“, fragte seine ältere Variante mit einem schiefen Lächeln, doch Ash und Misty hörten ihn nicht.

„Trotzdem brauchst du dich nicht wie ein Kind benehmen!“, warf Misty ihrem Ash vor.

„Ich bleibe Kind, solange ich das will!“, konterte Ash und streckte ihr demonstrativ die Zunge raus. „Ich brauche mich nicht älter aufführen, als ich bin!“

„Du bist aber keine zehn mehr!“, fauchte Misty zurück.

„Hört das je auf?“ fragte Rocko über den Streit hinweg den erwachsenen Ash.

„Dann wäre ich nicht heimlich zu meiner Reise aufgebrochen“, gab dieser zu und erinnerte sich an seinen Streit mit Misty, als Shio ihn zu einem Telefonat gezwungen hatte. Ob es so gut gewesen wäre, wenn seine Kinder das regelmäßig hätten erleben müssen?

Ein Löffel fiel klirrend auf den Tisch. Alle Augen richteten sich auf Shio, die ihre Hand in Griffstellung erhoben hielt.

„Er ist durchgefallen“, sagte sie leise, während ihre Gestalt langsam wieder opak wurde. „Einfach durchgefallen.“

„Die zweite Stufe“, vermutete Jaze, während Ash und Misty sich entschuldigend ansahen und dann beklommen schwiegen.

„Die zweite Stufe von was?“, fragte der erwachsene Ash scharf nach.

„Shios verschwinden“, erklärte Rocko. „Bei jedem Streit der beiden wird sie durchsichtig. Das ist aber das erste Mal, dass sie durchlässig wurde.“

Shios Vater schwieg. Er war wütend, doch er konnte sich nicht selbst maßregeln. Er hatte keine Erinnerungen an Shio in seiner Vergangenheit, doch wusste er, dass die Streitereien schlimmer werden würden. Bis zu der Nacht, in dem er und Misty den schönsten, aber auch schlimmsten Fehler ihres Lebens begehen würden.

Vorsichtig legte er einen Arm um seine verstört wirkende Tochter und versicherte ihr durch seine Gedanken, dass sie keine Angst haben bräuchte, weil alles gut werden würde. Das wisse er genau.

Das Essen kam, doch niemand hatte mehr so recht Appetit, obwohl es gut schmeckte. Nach dem Essen trennte sich die Gruppe. Ash, Misty und Rocko suchten einen fähigen Liponsteinschleifer und Shio, ihr Vater und Jaze einen anderen Zeitvertreib.

Als die Bewohner dieser Zeit außer Hörreichweite waren, wandte Jaze sich an den erwachsenen Ash. „Du musst gegen mich kämpfen!“, verlangte er.

„Muss ich das?“, wiederholte Ash amüsiert.

„Natürlich! Ich werde der nächste Pokémon Meister, aber dazu muss ich den alten erst besiegen!“, stellte Jaze klar.

„Dann muss ich das wohl“, lachte Ash. Sie gingen zu einem öffentlichen Kampfplatz am Rande der Stadt. Hier war nicht allzu viel los, da die Trainer in dieser Stadt eher Jagd auf Liponsteine, als auf Siege machten.

„Ich werde nur ein Pokémon einsetzten“, erklärte Ash und Pikachu lief aufs Feld. „Du darfst so viele Pokémon gegen mich einsetzen, wie du möchtest.“

„Den Hochmut wirst du bereuen!“, behauptete Jaze und schickte sein Camerupt in den Ring.

Shio sah ihren erwachsenen Vater zum ersten Mal kämpfen. Er wirkte so selbstsicher und gelassen, ganz anders als sein hitzköpfiges jüngeres Ich. Zum ersten Mal erkannte Shio den Pokémon Meister ihrer Zeit in diesem Mann, der sonst so junggeblieben und hilflos im Umgang mit ihr wirkte. Sie fühlte so etwas wie Stolz in sich aufkommen, dass sie von diesem Mann abstammte, während sie zusahen, wie er jedes von Jaze Pokémon in maximal drei Zügen besiegte. Pikachu blieb dabei nicht unversehrt, doch triumphierte es am Ende gegen Jaze gesamtes Team.

„Wie...?“ Jaze blieb der Rest der Frage im Halse stecken.

„Pikachu ist am Höhepunkt seiner Kraft.“, klärte Ash ihn auf. „Um ein wahrer Pokémon Meister sein zu können, braucht man mindestens ein Pokémon auf diesem Level. Erst dann kann wirklich um den Titel gefochten werden.“

Jaze sah ihn entschlossen an. „Warts nur ab! Eines Tages werde ich meine Revanche kriegen!“

„Ich freue mich drauf“, antwortete Ash, immer bereit für eine neue Herausforderung.

Familienstreit

Shio, Jaze und der erwachsene Ash gingen zurück in die Stadt. „Hättest du dich nicht etwas zurückhalten können?“, wollte Shio von ihrem Vater wissen. Jaze Ego hatte die Niederlage zwar keinen Abbruch getan, aber ihr Freund hatte eindeutig keine schönen Gedanken.

„Niemals“, entgegnete Ash knapp. In Gedanken fügte er hinzu, dass Jaze hoffentlich die Warnung verstehen würde.

„Wovor wolltest du ihn warnen?“, fragte Shio misstrauisch nach. Seine Gedanken verrieten ihr alles, noch bevor er sprach. Ihr Herz wurde so schwer, dass sie nicht weiter laufen konnte und nicht merkte, dass Jaze fast in sie hinein gelaufen wäre. „Du hältst Ace für einen Fehler?“

Ash fuhr zu ihr herum. „Das habe ich nicht gesagt.“

„Du musst nichts sagen! Die Wahrheit ist immer in deinem Kopf!“, fuhr Shio ihn an.

„Shio, lass mich erklären...“, versuchte Ash, sie zu beruhigen.

„Was soll es zu erklären geben?!“, schrie sie ihn an. „Wenn du uns für Fehler hältst, dann halte dich von uns fern!“ Mit diesen Worten wirbelte sie herum und rannte fort, wobei sie fast Jaze umstieß, der von ihr aus seinen Gedanken gerissen wurde.

„Was ist los?“, wunderte er sich, doch da zischte schon Ash an ihm vorbei. Jaze überlegte kurz, ob er auch folgen sollte, entschied sich aber dagegen. Familienkram war nicht so sein Ding.

Shio rannte, so schnell sie konnte, doch ihr Vater holte beständig auf. In ihrer Verzweiflung begann sie zu schweben, doch war sie so langsamer in der Strecke, auch wenn sie an Höhe gewann. Ihre Geschwindigkeit reichte nicht, um Ash zu entkommen, der mit einem beherzten Sprung ihre Knöchel zu fassen bekam. Vor Schreck teleportierte Shio sich samt Anhang. Sie kamen gute 20 Meter über dem Meer raus.

„Shio...“

Plötzlich waren sie im dichten Wald.

„...hör...“

Ein verschneites Gebirge folgte.

„...auf...“

Eine Wüste.

„...damit!“, befahl Ash, dem vom Teleportieren schwindelig wurde. Nach seinem Gefühl standen sie in der nächsten Sekunde wieder in den Straßen von Adaman City. Er war heilfroh, als er wieder festen Boden unter den Füßen spürte. Als würde er an einem Seil ziehen zog er seine widerspenstige Tochter wieder auf die Erde herunter. Der Schwebetrick war ihm neu, aber er hatte dessen Schwachstelle bereits durchschaut. Solange er Shio festhielt, hatte sie keine Fluchtmöglichkeit.

„Junges Fräulein, du hörst mir jetzt gefälligst zu!“ Ash zwang sie, ihn anzusehen. „Das Ergebnis ist niemals der Fehler! Wir hätten uns auch gegen euch entscheiden können, aber das haben wir nicht. Alles hat gute und schlechte Seiten und in dieser Sache seid ihr die guten. Verstanden?“

Shio starrte ihn mit eingeschüchtert eingezogenem Kopf an. Niemals hätte sie erwartet, dass ihr Vater so wütend werden konnte. Es machte eindeutig mehr Eindruck als das ständige Geschrei ihrer Mutter.

„Verstanden“, gab sie kleinlaut zu, senkte den Kopf und lehnte ihn gegen seine Brust. „Tut mir Leid.“

Ash lockerte seinen Griff und streichelte ihr mit einer Hand über das gesenkte Haupt. „Entschuldigung akzeptiert.“ Der Moment wurde von einem Duett aus Magenknurren unterbrochen. Beide begannen zu lachen.

„Wie herzzerreißend“, kommentierte jemand neben ihnen mit einem langsamen Klatschen. Ash stellte erschrocken fest, dass Jaze sie beobachtet hatte.

„Wo wart ihr die letzten fünf Stunden?“, wollte dieser wissen.

„An einem einsamen Ort, einem dunklen Ort, einem Ort mit Ausblick und einem warmen Ort“, zählte Shio die Wünsche hinter ihren Sprüngen auf. „Und dann bei dir.“

„Wie schön, dass dieses Mal ich dein Endziel bin“, grinste Jaze.

„Vor meinem Vater wollte ich ja fliehen“, entgegnete Shio trocken.

„Versprich mir, dass du nie wieder ohne festes Ziel teleportierst. Das hätte schief gehen können!“, verlangte ihr Vater.

„Wenn du im Gegenzug Jaze nicht mehr bedrohst“, konterte Shio.

„Dafür muss er bis du volljährig bist die Finger von dir lassen“, forderte Ash.

„Moment!“, warf Jaze ein. „Definiere 'die Finger von ihr lassen' genauer. Ich kann sie nicht gar nicht berühren!“

Ash überlegte kurz. „Alles, was über eine Umarmung hinaus geht.“

„Küssen?“, fragte Shio mit bettelndem Blick.

„Wenns sein muss“, seufzte Ash. Er konnte seine Tochter nicht vor allem beschützen, aber sie sollte nicht so früh wie er ihre Kindheit aufgeben müssen.

Ein guter Schleifer

Das Trio um den jungen Ash hatte sich auf den Weg in die Innenstadt gemacht. In jeder Straße fanden sie mindestens einen Juwelier der mit Liponsteinwaren warb, jedoch nur wenige, die auch das Schleifen mitgebrachter Ware anboten.

Jaze hatte ihnen eingebläut, nicht den erst besten Schleifer aufzusuchen. Viele seien unseriös und verkauften minderwertige Ware. Wie man hohe von minderer Qualität unterschied konnte er ihnen jedoch nicht sagen. Dafür bräuchte man ein besseres Auge als seines.

Ash ließ seinen Blick über die Auslagen schweifen. Für ihn sah alles gleich aus. Egal ob Raute, Halbkugel oder Tropfenform, für ihn war alles gewöhnlicher Schmuck. Wenn nicht Liponstein dran gestanden hätte, hätte es für jeden x-beliebigen Kristall gehalten, mit dem Frauen sich schmückten.

Ein Verkäuferpärchen stellte sich ihnen in den Weg. „Guten Tag, die Herrschaften. Sie sehen aus wie Trainer, habe ich recht oder habe ich recht?“, grüßte sie die Frau.

„Äh, ja“, entgegnete Ash etwas überrumpelt.

„Dann werdet ihr euch freuen, dass ihr uns aufgefallen seid“, behauptete der Mann. „Unser Meister, der Große Shilei Fu, ist der mit Abstand beste Liponsteinschleifer der Stadt.“ Sie teilten sich, um Platz für einen alten, gebeugten Mann im grünen Kimono zu machen.

„Ich schleife nur für auserwählte Trainer“, sagte dieser mit ausländisch klingendem Akzent. „Trainer, deren Stärke mir ins Auge sticht wie eure.“

Misty wurde misstrauisch. Solche Situationen hatte sie schon zu oft erlebt. „Ob eure Apparaturen dieses Mal was taugen?“, fragte sie skeptisch. „Eure Tarnung tut es nicht, Team Rocket.“

In Sekundenbruchteilen waren die drei vor ihnen auf Verteidigung eingestellt.

„Verdammt, wie konnte die Göre unsere Tarnung durchschauen?“, wollte James von Mauzi wissen.

„Die Tarnung ist perfekt!“, verteidigte sich dieses. „Ihr seid nur zu schlechte Schauspieler!“

„Sie haben uns erst durch dich durchschaut!“, behauptete Jessie.

„Vielleicht solltet ihr nicht immer die gleiche Masche durchziehen“, empfahl Rocko.

„Vielleicht solltest du deine Ratschläge sonst wohin stecken!“, fauchte Jessie zurück.

„Oder ihr sucht euch eine neue Karrierelaufbahn“, meinte Ash, der erst durch seine Freunde das falsche Spiel durchschaut hatte. „In dieser seid ihr echt schlecht.“

„Was erlaubst du dir!“, rief Jessie empört. „Vipitis! Zeig diesem Dreikäsehoch, wer hier schlecht ist!“

„Ich bin kein Dreikäsehoch mehr!“, rief Ash, seinerseits gekränkt und schickte Pikachu mit einem Donnerblitz in den Kampf. Die Attacke explodierte und schickte Team Rocket fliegen.

Die umstehenden Leute schienen es für eine Art Show gehalten zu haben, denn sie applaudierten verhalten, bevor sie tuschelnd weiter gingen.

„Verschwinden wir hier“, schlug Rocko vor und die Freunde machten sich daran, so schnell wie möglich Distanz zum Kampfplatz zu bekommen. In einer weiteren Straße gingen sie einfach in der Menge unter. Hier sorgte eine andere Person für einen Aufruhr.

„Scharlatane!“, rief eine alte Frau mit erhobenem Gehstock gegen einen Liponsteinhändler. „Ehrlose Betrüger! Schämen sollt ihr euch!“,

„Gute Frau, ich bitte Sie, beruhigen sie sich doch“, bat ein Mitarbeiter des Geschäfts. „Sie vertreiben unsere Kundschaft.“

„Kundschaft!“, empörte sich die alte Dame. „Ahnungslose Blinde, die Steine kaufen, die kein ehrbarer Schleifer auch nur in die Hand genommen hätte!“

„Baba, bitte, beruhige dich!“ Die Stimme glaubten die Freunde zu kennen. Es war das Kind des Kochs, das die alte Frau am Arm zu ziehen versuchte. Ein Junge von vielleicht neun Jahren.

„Ihr ahnungslosen Dummköpfe bringt die ganze Branche in Verruf!“, wetterte die alte Frau weiter.

„Gnädige Frau“, sagte der Verkäufer mit einem gezwungenen Lächeln, „Wenn Sie nicht auf der Stelle vor meinem Laden verschwinden, werde ich die Polizei rufen.“

„Ruft sie doch!“, kreischte die alte Frau. „Dann kann sie euch alle wegen Betrugs festnehmen!“

„Baba!“, rief das Kind entsetzt und zerrte die zeternde Frau weg. Vorsichtshalber folgten Ash, Misty und Rocko ihnen. Die alte Frau schien genau die Art von Fähigkeiten zu haben, die Jaze ihnen empfohlen hatte. Zumindest schien sie sich mit dem Thema auszukennen.

Sie kamen nicht umhin, Gesprächsfetzen der beiden zu hören. „Baba, irgendwann werden sie dich wirklich festnehmen“, mahnte der Junge.

„Dieses ehrlose Pack! Die müssen verhaftet werden!“, schimpfte die Alte weiter. „Zu meiner Zeit hätte es das nicht gegeben, das minderwertige Ware verkauft wird!“

„Wenn du es mir zeigen würdest, könnte ich ihnen eine ehrbare Konkurrenz bieten!“, flehte der Junge.

„Unmöglich!“, keifte die Alte. „Wie oft muss ich es dir noch sagen?! Jungen können keine Liponsteine schleifen!“

„Lass es mich wenigstens versuchen!“, bettelte der Junge.

„Ich habe keine Zeit für solchen Unsinn!“, behauptete die Alte, ging in eine Eingangstür und schlug sie dem Jungen vor der Nase zu.

„Eines Tages werde ich dich überzeugen!“, rief dieser und lief davon.

Ash, Rocko und Misty sahen sich nachdenklich an. „Sollen wir eher ihm hinterher oder dieser Baba?“, fragte Rocko.

„Ich finde, wir sollten uns mit der alten Schleiferin unterhalten“, sagte Misty. „Eventuell schleift sie unsere Steine und gleichzeitig können wir sie fragen, warum Jungen keine Schmiede sein können.“

„Das finde ich echt unfair“, beklagte sich Ash. „Mädchen können nichts besser, als Jungs!“

„Ach, glaubst du das?“, fuhr Misty auf. „Es gibt genug Sachen, die Frauen besser können als Männer. Ich will dich mal Wasserballett machen sehen!“

„Hey, ihr zwei. Beruhigt euch“, beschwichtigte Rocko. „Es gibt Dinge die Jungs besser können und Dinge, die Mädchen besser können. Aber die meisten Dinge sind eh von der Person abhängig.“

Ash und Misty ließen voneinander ab und folgten Rocko, der an der Tür des Hauses klopfte, in das die alte Frau verschwunden war.

Die Tür wurde aufgerissen und ohne Gruß starrte die Alte sie an. „Guten Tag“, grüßte Rocko. „Wir kamen nicht umhin, ihnen auf der Einkaufsstraße zuzuhören. Da sie eine Fachfrau sind, möchten wir sie um Hilfe mit unseren Liponsteinen bitten. Wie sie schon sagten, bekommt man nur durch Spezialisten wie sie gute Qualität.“

Die alte Dame fühlte sich sichtlich geschmeichelt. „Kommt nur rein“, forderte sie die drei auf und ging voran ins innere des Hauses. „Enschuldigt die Unordnung, ich habe nicht mit Kundschaft gerechnet.“ Die Hausherrin führte sie in eine Werkstatt, die hinter einer Trennwand einen kleinen Teetisch beinhaltete. „Setzt euch, ich mache schnell Tee.“ Mit diesen Worten huschte sie wieder den Flur zurück.

Die Freunde ließen ihren Blick über die säuberlich angeordneten Werkzeuge schweifen. Manche zeigten deutliche Gebrauchsspuren, andere wirkten fast neu. Eine Reihe Fotos von fertigen Werkstücken hing an der Wand. Die ungewöhnlichen Formen fielen sofort auf.

„Die sind wunderschön“, bemerkte Misty. „Die Farben sind viel lebendiger und sie scheinen zu leuchten, im Gegensatz zu den Auslagen der Juweliere.“

„Findest du?“ Ash sah nicht besonderes an diesen Bildern. Lebendige Farben? Leuchten? Für ihn waren es nur Steine wie jeder andere auch.

„Sie haben ein gutes Auge“, lobte die alte Schleiferin, die mit einem Teetablett in die Werkstatt kam. „Wären Sie damit einverstanden, einen kleinen Test ihrer Farbsicht zu machen?“

„Sicher“, stimmte Misty zu und setzte sich zu der Frau an den Tisch. Ash und Rocko knieten sich hinter sie.

Die alte Frau hob eine Tafel mit zwei Gelben Feldern hoch. „Was sehen sie?“

„Das sind doch nur zwei gelbe Quadrate“, meinte Ash.

„Aber es sind unterschiedliche Farbtöne“, belehrte Rocko ihn.

„Das von mir aus rechte ist Tsitrubeerengelb, das linke ist Sonnengelb“, beantwortete Misty die Frage.

„Gut, das war die leichte Stufe“, nickte die alte Dame ab. „Ein Junge ist bereits durchgefallen.“ Sie hob eine zweite Tafel hoch und wartete auf eine Antwort. Ash sah keinen Unterschied zu vorher.

„Das rechte ist wieder Tsitrubeerengelb, das linke ist das gleiche Gelb, aber etwas mit weiß vermischt“, vermutete Misty.

„Gut, Gut!“, lobte die Schleiferin.

„Das konntest du sehen?“, wunderte Rocko sich.

„Du nicht?“, fragte Misty verblüfft.

„Das ist ganz normal“, versicherte die alte Frau. „Frauen können besser zwischen Farben unterscheiden, als Männer. Von Farbenblindheit sind auch hauptsächlich Männer betroffen.“ Sie holte eine dritte Tafel hervor.

Misty starrte diese einen Moment intensiv an. „Tut mir Leid, ich kann keinen Unterschied erkenne“, gab sie dann zu.“

„Schade“, seufzte die Schleiferin und legte die Tafel beiseite. „Das waren Einalltsitrubeerengelb und Alolatsitrubeerengelb. Man muss solch feine Nuancen unterscheiden können, um das beste aus Liponsteinen herauszuholen.“

„Warum?“, hakte Ash nach. Er fand es unfair, dass Frauen einen solchen Vorteil haben sollten.

„Der Stein verändert beim Schleifen die Farbe. Wenn man den richtigen Farbton verpasst, verliert das Produkt an Potential“, erklärte die Schleiferin.

„Das erklärt die ungewöhnlichen Formen“, verstand Rocko.

„Und warum sie zu dem Jungen sagten, dass er nicht schleifen könne“, fügte Ash hinzu.

Die alte Dame seufzte erneut. „Mein Urenkel hat den Willen und das handwerkliche Geschick, aber im fehlt die Sicht. Aber genug davon, kommen wir zum Geschäftlichen.“

Die Freunde legten ihr ihre Minenbeute vor. Die alte Frau nahm einen Stab aus einem bläulichen Metall zur Hand und schob damit die Steine auf drei Haufen.

„Diese hier“, sie zeigte auf einen grauen und einen roten Stein, „sind von hervorragender Qualität. Daraus kann man die besten Talismane schmieden.“ Dann zeigte die auf zwei gelbe, den zweiten grauen und einen roten Stein. „Die Talismane aus diesen werden annehmbar sein, aber den ganzen Rest könnt ihr wegwerfen. Daraus wird nicht mehr als Schmuck.“

„Woran erkennen sie das?“, fragte Rocko neugierig.

„Nun, das können auch Männer“, lachte die Alte. „Kommen sie, nehmen sie den Stab und halten ihn an die Steine.“ Rocko tat, wie ihm geheißen und tippte zuerst einen von den aussortieren, dann einen von den besten Steinen an. „Der Stab vibriert!“, rief er überrascht. Er reichte den Stab weiter an Ash, der die gleiche Erfahrung machte.

„Das ist ein Kodiumstab“, erklärte die Schleiferin. „Es ist kein seltenes Metall aber für die meisten wertlos. Ich erzähle euch das, weil ihr so gelehrige junge Menschen seid. Wenn ihr euch etwas Kodium besorgt, könnt ihr bereits in den Minen vorsortieren und tragt die nutzlosen Steine nicht mit euch herum.“

„Das ist sehr freundlich von Ihnen“, bedankte sich Misty.

„Schleifen sie die Steine jetzt?“, wollte Ash wissen.

Die alte Dame schüttelte den Kopf. „Ich schleife nicht mehr. Ich habe meine Farbsicht verloren. Das ist eine Berufskrankheit.“ Sie stand auf und reichte ihnen eine Visitenkarte. „Geht zu meiner Großnichte Kokomi, die Enkelin meiner Schwester Kotake, die einst mit mir zusammen gearbeitet hat.“

„Vielen Dank, Frau ...“, hielt Rocko inne. Er war sich sicher, das „Baba“, nicht ihr Name war.

„Koume“, antwortete die Schleiferin. „Keine Ursache. Die Beratung macht dann 2000 Pokédollar.“

Ash und seine Freunde hatten ganz vergessen, dass sie geschäftlich zu Besuch waren. Sie legten das Geld auf den Tisch und gingen. Draußen versank bereits die Sonne hinter den Häusern.

„Wir sollten gleich zur anderen Schleiferin gehen“, rief Ash eilig.

„Das ist doch viel zu spät“, meinte Misty. „Die Läden machen schon zu. Wir müssen bis morgen warten.“

„Und es ist Zeit fürs Abendessen“, warf Rocko ein.

Ash sah missmutig aus. Er wollte nicht mehr Zeit verschwenden, als nötig. Ihre Reise war noch lang und er konnte den zweiten Orden in Magnos City förmlich seinen Namen rufen hören. Doch fürs erst fügte er sich. Einen Tag mehr würde er schon aushalten.

Standpauke

„Ähm, entschuldige, A-ash“, stotterte Misty. Die erwachsene Version ihres Freundes sah sie fragend an. „Das ist so seltsam...“

„Das ist es auf jeden Fall“, lachte Ash. Seine Stimme war so viel tiefer als die ihres Freundes. „Wenn es dir leichter fällt, kannst du mich auch anders nennen“, schlug er vor.

„Nein, ist schon in Ordnung“, winkte Misty ab. „Ich werde mich wohl irgendwie dran gewöhnen.“

„Musst du gar nicht. Morgen reise ich weiter“, meinte Ash leichthin.

„So früh schon?“, rief Misty enttäuscht.

Ash sah sie amüsiert an. „In gewisser Weise bin ich ja immer noch da“, grinste er. „Es ist besser so. Ich weiß zu viel.“

„Aber heute Mittag hast du nichts verraten“, erinnerte Misty ihn.

„Über Koume und ihren Urenkel? Ich hätte euch von ihr erzählt, wenn mir nicht vorher die Sache mit dem Restaurant passiert wäre. Da habe ich nicht nachgedacht“, erklärte sich Ash.

„Oh, achso“, seufzte Misty.

„Du glaubst, dass ich anders bin als mein Ich dieser Zeit, nicht wahr?“, vermutete Ash und Misty schreckte zusammen. „Das bin ich nicht.“

Misty sah ihn mit großen Augen an. „Aber...“

„Ich bin immer noch verrückt nach Pokémon und Kämpfen, impulsiv, abenteuerlustig, unvorsichtig, manchmal egoistisch und habe eine lange Leitung“, zählte Ash die Charaktereigenschaften auf, von denen er vermutete, dass sie Misty nervten.

„Trotzdem...“, begann Misty erneut.

„Ich bin vor dir weggelaufen, um meinen Kopf durchzusetzen.“ Misty fuhr unter dem Ernst in seiner Stimme zusammen. „Ich habe meine Kinder auf sträfliche Weise vernachlässigt. Ich habe dutzende Male unüberlegt mein Leben aufs Spiel gesetzt. Ich habe alle Warnungen in den Wind geschlagen um ein Pokémon zu finden und das hat mich in diese Zeit gebracht. Ich bin immer noch der selbe Ash, nur um ein paar Erfahrungen reicher.“

„Bestraf dich nicht selber!“, rief Misty plötzlich. Jetzt war es an Ash sie überrascht anzusehen. „Ja, du hast alle diese nervigen Eigenschaften, aber du bist auch optmistisch, selbstlos, hilfsbereit und stärkst mir und allen deiner Freunde den Rücken, wenn wir es brauchen. Außerdem lernst du aus deinen Fehlern, wenn man sie dir zeigt.“

„Misty...“, setzte Ash an, doch dieses Mal unterbrach diese ihn.

„Ja, du bist weggelaufen. Aber du bist mir treu geblieben, nicht wahr?“

„Natürlich!“, rief Ash leidenschaftlich.

„Und laut Shio hast du Ace auch nie vergessen“, fügte Misty hinzu.

„Niemals!“, bestätigte Ash. „Das wäre absolut unmöglich.“

„Und sei ehrlich“, forderte Misty, „wenn du von Shio gewusst hättest, hätte das wirklich etwas geändert?“

Ash musste darüber kurz nachdenken. „Wahrscheinlich nicht“, gestand er dann. „Es hätte sich nur etwas heraus gezögert. Und Altarias Pakete wären schwerer geworden.“

„Siehst du“, lächelte Misty. „Die Vergangenheit kann – nein, sollte man nicht ändern“, korrigierte sie sich, nach allem was sie die letzten Monate erfahren hatte, „aber du kannst das beste aus der Zukunft machen.“

Ash sah sie einen Augenblick an. Dann lächelte er auch. „Wie du sagtest, ich lerne aus meinen Fehlern.“ Dann überrumpelte er Misty, indem er sich runter beugte und ihr einen Kuss auf die Stirn gab. „Danke“, sagte er, während sie puterrot anlief. „Manchmal brauche ich deine Standpauken. Wenn auch nicht ständig.“ Dann wandte er sich ab und ging.

Misty schüttelte den Kopf, um sich wieder zu fokussieren. Es war Ash. Es war immer noch Ash, der sie gerade geküsst hatte. Sie musste sich das immer vor Augen halten, so unterschiedlich wirkten die Beiden auf sie.

Langsam ging sie in die entgegen gesetzte Richtung. Plötzlich griff jemand ihre Hand und zog sie in eine ruhige Ecke. Es war Ash, ihr Ash dieser Zeit, und er sah unzufrieden aus. Bevor sie etwas sagen konnte, drückt er sie an die Wand und küsste sie auf den Mund. Misty erschrak zunächst, doch dann glaubte sie zu verstehen und entspannte sich, als er den Kuss löste und, sie eng umarmend, seinen Kopf in ihrer Schulter vergrub.

Misty legte ihre Arme ihrerseits um ihn und streichelte ihm beruhigend den Rücken. „Bist du eifersüchtig auf dich selbst?“, fragte sie amüsiert.

„Unlogisch, hm?“, gab Ash zu und sein Atem auf ihrer Haut ließ Misty angenehm erschaudern.

Sie fühlte sich leicht im Kopf und das machte ihr ein bisschen Angst. Langsam brachte sie etwas Abstand zwischen sich und ihren Liebsten. „Nein, gar nicht“, fand sie und schenkte ihm einen kleinen Kuss.

Die Farben Piktrios

Als die Freunde am nächsten Morgen aufstanden, war der erwachsene Ash schon weg. Er hatte im Morgengrauen das Pokémon Center verlassen. Shio sah seufzend aus den Fenster. Sie hoffte, dass er keinen Unfug anstellen würde. Bisher, so hatte er es ihr erzählt, reiste er, um einen Weg zurück in ihre Zeit zu finden. Dies fiel nun weg, da er mit Shio und Jaze zurückkehren konnte, sobald Timeline wieder bereit war. Seine Reaktion, als sie ihm von Team Psys Angriff am Vulkansee erzählt hatte, gefiel ihr gar nicht. Hoffentlich kam er nicht auf die Idee, ihre Verfolger zu verfolgen. Was konnte er schon gegen eine Gruppe aus Espern ausrichten?

„Kommt ihr heute wieder mit?“, fragte Ash und riss Shio aus ihren Gedanken.

„Ich komme auf jeden Fall mit!“, rief Jaze. „Oh, ich hätte gestern dabei sein müssen! Eine Schleiferin, die mir noch neues erzählen kann! Ich muss unbedingt irgendwoher Kodium bekommen! Und den Farbtest! Den will ich unbedingt auch machen!“

Seine Freunde sahen ihn verblüfft an. „Seit ich dich kenne, habe ich dich nicht so motiviert erlebt“, merkte Rocko an.

„Ja, normalerweise rennst du nur Shio hinterher und hältst dich für den Tollsten“, neckte Ash

Der Schuss ging nach hinten los. „Ich bin der Tollste!“, grinste Jaze. „Bisher hatte ich keine Ziele hier, aber jetzt sehe ich ganz neue Möglichkeiten! Was die paar Jahre ausmachen können!“

„Und da leuchten seine Augen wie Liponsteine“, seufzte Misty.

„Liponsteine leuchten doch gar nicht“, sagte Shio.

„Du siehst das nicht?“, fragte Misty überrascht.

Shio nahm einen meerblauen Anhänger aus ihrem Rucksack und hielt ihn hoch. „Der leuchtet doch nicht.“

„Der leuchtet“, widersprachen ihr Misty, Rocko und Jaze.

Shio sah zu Ash, dem einzigen auf ihrer Seite. „Du hast die Augen deiner Mutter, aber meine Sicht“, philosophierte dieser lachend.

Shio zuckte mit den Schultern und steckte den Anhänger wieder weg. Drei zu zwei, sie waren in der Unterzahl. „Ich komme auch mit. Ich wüsste nicht, was ich sonst tun sollte“, meinte sie dann. „Ich kenne zwar das Ende der Geschichte, aber ihre Entwicklung zu verfolgen wird sicher spannend. Außerdem muss ich aufpassen, dass Jaze keinen Mist baut.“

„Du vertraust mir auch gar nicht, oder?“, brummte dieser.

„Ich möchte nur sicher gehen, dass keine unbedachten Fehler entstehen, so sehr wie du dich gerade in deine Forschung herein steigerst, die ich dann beseitigen muss“, lächelte Shio, aber es war ein liebloses Lächeln, ein mahnendes. Ihren Freunden lief es kalt den Rücken runter und sie aßen still weiter.

Nach dem Frühstück brachen sie auf. Kokomis Atelier fanden sie in den ruhigeren Außenbezirken der Stadt. Es war nur ein Wohnhaus mit einem Schaufenster, in denen wenige, jedoch laut Misty leuchtende Liponsteine in seltsamen Formen auslagen, ganz anders als in den großen Geschäften in der Stadt. Die Freunde öffneten die Ladentür und eine kleine Glocke erschallte. Aus einer hinter dem Tresen befindlichen Tür drangen leise Schleifgeräusche. Von dort kam ein Kind, man sah es kaum hinter dem Tresen, bevor es sich irgendwo drauf stellte und zumindest ein Kopf über das hohe Holz ragte.

„Willkommen in Kokomis Atelier. Was können wir für Sie tun?“, fragte Koumes Enkel.

„Du!“, rief Ash überrascht.

„Kennen wir uns?“, wollte der Junge wissen.

„Wir haben dich im Restaurant deines Vaters gesehen“, erklärte Rocko.

„Und gestern nachmittag mit deiner Urgroßmutter“, fügte Misty hinzu.

„Ach, ihr habt Babas Aufstand gesehen?“, seufzte der Junge. „Es tut mir Leid, dass ihr das mit ansehen musstet. Allen Sachverständigen blutet das Herz, wenn sie den unseriösen Handel mit Abfallsteinen sehen.“

„Das kann ich verstehen“, behauptete Ash. „Als Trainer kann ich die Misshandlung von Pokémon auch nicht mit ansehen.“ Misty sah Shio an und dachte, ob man das vergleichen könne. Shio zuckte nur mit den Schultern. Wenn die Dinge für die betroffenen den gleichen Stellenwert hatten, wieso nicht?

„Ich bin übrigens Lutz“, stellte der Junge sich vor.

„Ich bin Ash und das sind meine Freunde Misty, Rocko, Shio und Jaze.“ Die beiden jungen schüttelten die Hände.

„Lutz, wer ist denn da?“, fragte eine Frauenstimme und Rockos Gesicht sprach Bände darüber, welche Schönheit er sich gerade vorstellte. Shio konnte nur mit dem Kopf schütteln. Ihr Patenonkel lebte schon immer in einer Traumwelt, was Frauen anbelangte. Dieses Mal behielt er allerdings fast recht. Kokomi war zwar älter als in seinen Visionen, jedoch höchstens ende zwanzig mit kinnlangem, glattem, schwarzem Haar und großen, verträumten Augen.

„Oh Ziel meiner Liebe, schleife mein Herz“, rief er aus, doch mit einem beherzten Griff ans Ohr zog Misty ihn aus dem Laden.

„Du solltest erst mal deine Manieren schleifen“, grummelte sie.

„Ignorieren sie ihn einfach“, empfahl Ash.

Kokomi befolgte den Rat mit einem verlegenen Lächeln. „Was führt euch zu mir?“

„Wir haben sechs Liponsteine, die geschliffen und gefasst werden sollen“, erklärte Ash und legte die vorsortierten Steine auf den Tresen.

Kokomi nahm einen Kodiumstab und schob die Steine herum. „Oh, die sind alle von guter bis sehr guter Qualität“, stellte sie überrascht fest.

„Ja, ihre Großtante hat gestern schon vorsortiert“, erklärte Ash.

„Tante Koume?“, rief Kokomi überrascht aus. „Das ist ja seltsam. Sie ist sonst sehr zurückgezogen.“

„Wir hatten einfach Glück“, meinte Ash.

„Vermutlich“, lächelte Kokomi. „Ich werde mindestens einen Tag, wenn nicht sogar zwei brauchen, um die Steine zu schleifen. Kommt morgen Abend wieder.“

„Was wird es kosten?“, wollte Ash vorsichtshalber wissen. Er würde sich nicht noch ein Mal überrumpeln lassen.

„2.000 Pokédollar pro Stein, aber da ihr mir so viele bringt, gebe ich euch einen Mengenrabatt von einem Stein gratis. 10.000 Pokédollar, zu bezahlen bei Abholung“, rechnete die Schmiedin vor.

Das war viel weniger, als Ash erwartet hatte. Die 50.000 Pokédollar aus den Minen konnten also noch investiert werden.

Kokomi wollte Richtung Werkstatt gehen, doch da preschte Jaze vor. „Bitte, darf ich Ihnen zusehen?“

„Zusehen?“, wiederholte Kokomi verblüfft.

Jaze nickte eifrig. „Ich erforsche Liponsteine! Ich selbst werde sie niemals schleifen können, darum wäre es sehr freundlich von Ihnen, wenn Sie mir gestatteten, Ihnen zuzusehen. Vielleicht kann ich Erkenntnisse daraus ziehen.“

Kokomi lachte vergnügt. „Das du die Steine erforschst hätte mir schon als Erklärung gereicht. Komm mit nach hinten.“

Jaze sah Shio an und diese sah besorgt zurück. Plötzlich seufzte sie und ging hinaus. Ash sah nun fragend zu Jaze. „Scheint, als wolle sie mir ausnahmsweise mal vertrauen“, grinste dieser hochmütig über seinen Sieg.

„Dann enttäusche sie nicht“, mahnte Ash und ging ebenfalls hinaus. Draußen stellte er sich zu Misty, Rocko und Shio dazu, die angeregt diskutierten.

„Worum geht es?“, wollte er wissen.

„Was wir in der Wartezeit anstellen“, erklärte Rocko. „Misty meint, wir sollten noch ein Mal in die Mine, da wir keinen brauchbaren Kampfliponstein haben. Ich möchte gerne die Beerenfarm im Osten besuchen, um Zutaten für mein Futter zu kaufen.“

„Ich bin für die Mine!“, rief Ash. „Ich möchte ein Garpa fangen!“

„Hat er eins?“, richtete sich Misty an Shio.

„Woher soll ich das wissen?“, fragte diese zurück.

„Ich hätte erwartet, dass ihr euch über eure Pokémon ausgetauscht habt“, gab Misty verwundert zu.

Shio lächelte traurig. „So weit sind wir noch nicht gekommen.“ Dann schüttelte sie den Kopf und lächelte zuversichtlicher. „Aber das ist nicht wichtig! Im Moment steht es zwei zu ein für die Mine.“

„Und was möchtest du machen?“, wollte Misty wissen.

„Ich?“ Shio sah sie verblüfft an. „Ich bin heute nur euer Schatten. Ich weiß was wir machen werden.“

Sie hörten die Ladenglocke klingeln und als sie sich zum Atelier wandten sahen sie Lutz, der herauskam und hinter sich die Tür abschloss. In der Tür hing ein Schild: Vorübergehend geschlossen. Auftragsannahme wieder ab übermorgen.

„Du schließt den Laden?“, fragte Ash.

„Tante Kokomi hat mich rausgeworfen“, schniefte Lutz. „Sie sagt, sie kann mir nichts beibringen und braucht mich auch nicht, wenn ihre Auftragsbücher so voll sind wie jetzt. Wenn es doch nur eine Möglichkeit gäbe, besser Farben sehen zu können!“ Wütend trat der Junge gegen die Treppe.

„Armer Junge“, murmelte Misty. „Wenn wir ihm doch nur helfen könnten.“

„Vielleicht gibt es ein Pokémon, das ihm helfen könnte? Ein Farbeagle vielleicht?“, überlegte Rocko.

Ash holte seinen Pokédex heraus. „In dieser Region gibt es keine Farbeagle“, stellte er fest. „Shio?“

„Du willst das riskieren?“, entgegnete sie auf den gedachten Vorschlag, eine Teleportreise in die Johto-Regio zu machen. „Außerdem: Nicht vor Fremden.“

„Hm, hast Recht“, meinte Ash und gab in die neue Stichwortsuche seines Pokédex „Farbe“ und „sehen“ ein. Es tauchten ein paar Einträge über farbenblinde Pokémon auf, doch einer entsprach dem, was sie brauchten. Einem seltsamen Pokémon, das aussahen, als würden drei Natu in magenta, cyan und gelb aufeinander sitzen.

„Piktrio, das Trivogel-Pokémon. Es markiert sein Revier mit buntem Beerensaft. Forscher vermuten, dass es mehr Farben unterscheiden kann als jedes andere Pokémon.“

„Ein Pokémon, das mehr Farben sehen kann?“, rief Lutz, der direkt vor Ash stand und die Ansage des Pokédex gehört hatte. „Das könnte mir helfen, die richtigen Formen der Liponsteine zu schleifen!“

„Wenn du es gut trainierst, bestimmt“, ermutigte Rocko ihn.

„Wo gibt es dieses Pokémon?“, wollte Lutz wissen.

Ash sah in seinem Pokédex nach. „Bei Bleck City. Das ist mindestens einen Tagesmarsch entfernt.“

„Es fährt ein Bus nach Bleck City!“, rief Lutz, doch seine Aufregung ebbte ab. „Aber ich habe kein Pokémon, mit dessen Hilfe ich ein Piktrio fangen könnte.“

Ash tauschte einen Blick mit seinem Pokémonpartner. „Ich komme mit dir und leihe dir Pikachu. Elektropokémon sind besonders effektiv gegen Flugpokémon. So sollte es ein Klacks sein, ein Piktrio zu fangen!“

„Das würdest du wirklich tun?“, die Augen des Jungen leuchteten.

„Es ist ja nur für einen Tag“, grinste Ash bestätigend und auch Pikachu nickte zustimmend.

Sie gingen zum Busbahnhof und hatten Glück, denn sie erwischten den Expressbus nach Alum City, der nur an den wenigen Haltestellen entlang der Hauptstraße hielt. Nach nur einer Stunde kamen sie in Bleck City an. Während der Fahrt unterhielten sie sich über Pokémonaufzucht, -training und -pflege, denn Lutz hatte noch nie mit Pokémon zusammen gelebt.

Die Freunde nahmen sich keine Zeit, Bleck City zu erkunden. Es war schon nach Mittag und sie hofften, noch vor Einbruch der Dunkelheit ein Piktrio gefangen zu haben. Ansonsten würden sie den gesamten folgenden Tag auf glühenden Kohlen sitzen, um den Bus noch zu erreichen.

Der Pokédex empfahl ein Wäldchen, welches einen Bergpfad zu einem Hotel mit heißer Quelle säumte. Sie planten, dort zu übernachten.

Sie brauchten nur wenige Schritte aus dem Stadttor gehen, da sahen sie die ersten Anzeichen dieses Pokémons. Ein pinker Strich wand sich um eine der Bäume. Mit der breiten Spitze und dem schmalen Ende hätte es ein Rettan darstellen können. Durch den Fund ermutigt verließen die Freunde den Weg und hielten in den Baumwipfeln nach Piktrio ausschau.

„Hörst du etwas?“, fragte Misty Shio leise.

Diese schüttelte den Kopf. „Außer euch, ein paar Stikli und Koka in den Bäumen und und einem schlafenden Aldran ist es ruhig.“

„Stikli und Koka?“, wiederholte Misty.

„Käferpokémon. Wir sind immerhin in einem Wald“, erklärte Shio und sah ihre zukünftige Mutter blass werden.

„S-solange ich sie nicht sehe“, meinte diese optimistisch und sah nach vorne. Gerade dort stand ein Baum, an dessen Stamm sich ein Koka geklebt hatte. Misty schrie auf und versteckte sich hinter Shio. Ash sah zu den Mädchen, dann zu dem Pokémon und lachte.

„Das ist nicht witzig!“, fauchte Misty und weigerte sich, auch nur ein Schritt näher an den Baum heran zu treten.

„Komm schon, Misty. Es bewegt sich doch nicht mal“, versuchte Ash sie zu überreden.

„Es ist doch nur ein kleines Käferpokémon“, meinte Lutz unverständig.

„Krabbelviecher sind ekelig!“, sagte Misty bestimmt und nutzte weiterhin Shio als ihren Schild.

„Dann sollte ich es fangen, damit du es nicht mehr sehen musst!“, schlug Ash vor und überprüfte die Anzahl leerer Pokébälle in seiner Tasche.

„Dann muss ich es ja noch öfter sehen!“, fauchte Misty, die kein Käferpokémon in ihrer Reichweite wollte.

Ratlos sahen sich ihre Reisgefährten an. Hinter dem Baum sahen sie weitere Malereien an den Bäumen, also war das ihre Richtung. Doch Misty stemmte die Beine in den Boden wie ein störrischer Esel.

„Es ist weg!“, rief Rocko plötzlich.

Alle starrten den Baumstamm an. Es war, als hätte das Pokémon sich in Luft aufgelöst.

„War wohl doch nicht so festgeklebt, wie es aussah“, lachte Ash und nahm Mistys Hand. „Können wir dann weiter?“ Diese nickte beschämt und ließ sich von Ash an dem Baum vorbei führen.

Die Gruppe setzte sich wieder in Bewegung. Shio blieb noch einen Augenblick stehen und sah zu der Stelle hoch, an dem das Koka geklebt hatte, bevor sie wieder zu ihren Freunden aufschloss.

Sie folgten den Spuren weiter, ohne einem weiteren Käferpokémon zu begegnen, bis sie schließlich fanden, was sie suchten. Ein Piktrio flog um einen Baum herum und malte in gelb etwas, das noch nicht erkennbar war. Die drei Paar kleiner Flügel schlugen dabei so schnell, dass sie kaum sichtbar waren. Die drei Köpfe arbeiteten jeder an einer anderen Stelle. Am hinteren Ende der Köpfe befand sich eine Art schlauchartiger Hals, der sich zu einem Dreieck aufspannen ließ.

„Es sieht aus, als würde es ein Bild malen“, stellte Misty fest. „Jeder Farbklecks wird präzise gesetzt,“

„Dabei ist doch alles einfarbig“, flüsterte Ash, um das Piktrio nicht zu verscheuchen.

„Für uns vielleicht“, sagte Shio. „Für Piktrio ist es so farbenfroh wie ein Gemälde.“

„Genau das, was ich brauche!“, rief Lutz begeistert und lief zu dem Pokémon. „Hey, Piktrio!“

Das Pokémon hielt in seiner Kunst inne und drehte sich sichtlich verärgert zu dem Menschen um.

„Du solltest sie ihr Bild beenden lassen“, schlug Shio vor.

„Aber danach wird es wegfliegen!“, rief Lutz. „Und ich brauche seine Hilfe!“

„Wenn du seine Wünsche nicht respektierst, könnte das ein holpriger Start in eure Trainer-Pokémon-Beziehung werden“, gab Rocko zu bedenken.

„Aber gefangene Pokémon müssen ihrem Trainer doch gehorchen!“, glaubte Lutz.

„Nein, müssen sie nicht“, entgegnete Ash. „Pikachu hat am Anfang Widerstand geleistet. Es musst erst überzeugt werden, dass wir ein gutes Team sein würden.“ Pikachu nickte zustimmend.

„Garados hat mir auch nicht immer gehorcht“, erzählte Misty. „Anfangs war es außer Rand und Band und hat die anderen Pokémon angegriffen. Aber jetzt ist es mein blauer Liebling.“

„Das wusste ich nicht“, gab Lutz zu und sah zu Piktrio. „Dann mach dein Bild fertig und danach fange ich dich!“

„Trio!“, zwitscherten die drei Köpfe in einem harmonischen Dreiklang und wandte sich wieder dem Bild zu.

„Euer“, korrigierte Shio ihn. „Drei Köpfe, drei Persönlichkeiten, auch wenn sie zusammen eine Einheit bilden.“

„Du redest, als könntest du sie verstehen“, sagte Lutz misstrauisch.

„Ich habe sie nur genau beobachtet und die Köpfe scheinen individualistische zu sein als bei einam Dodri oder Kokowei.“, behauptete Shio.

Ash versuchte abzulenken und wandte sich an Rocko. „Wie wäre es, wenn wir Pause machen, während wir dem Künstler zusehen?“

„Eine gute Idee!“, stimmte Rocko zu und packte die Campingdecke aus. Sie freunde saßen dort eine Weile, tranken Tee aus Thermoskannen und aßen vorbereitete Sandwiches. Plötzlich schrie Shio auf. Sie war blass und starrte mit weiß aufgerissenen Augen Piktrio an.

„Was ist los?“, fragte Misty besorgt.

Shio atmete ein Mal tief ein und aus, bevor sie antwortete: Nichts. Ich bin wohl eingenickt. Der Vibrationsalarm von meinem Pokéterm hat mich geweckt.“ Sie holte das Gerät aus der Tasche und öffnete es. Misty glaubte ihr nicht, aber vielleicht würde Shio es ihr später erzählen, wenn Lutz nicht mehr dabei war.

„Hm, das ist von Jaze. Er bedaure nicht, dass er zurück geblieben sei, denn er habe so viel gelernt und könne sich heute Abend ausgiebig auf seine Dokumentation konzentrieren“, berichtete Shio. „Tja, verpasst er die heißen Quellen.“

„Ich habe ewig nicht mehr in einer heißen Quelle gebadet. Das wird mir gut tun“, freute sich Misty.

„Ob es wohl ein gemischtes Bad gibt?“, überlegte Ash laut.

„Ash!“, riefen Misty und Shio zeitgleich. Misty errötete und Shio rieb sich die Schläfen.

Ash lachte. „Sollten dich solche Bilder nicht erleichtern?“

Seine Freunde sahen ihn verwirrt an.

„Was für Bilder?“, fragte Lutz.

„Aber Shio hat doch...“, begann Ash,

„Ich habe nichts gesagt“, stellte Shio klar. Die beiden starrten sich an, hielten mehrere Sekunden Blickkontakt. Dann sah Shio zu Lutz und eine blaue Aura umgab sie, kurz bevor dieser das Bewusstsein verlor. Anschließend drohte sie sitzend das Gleichgewicht zu verlieren, doch Misty fing sie auf und nahm ihre zukünftige Tochter in den Arm. Liebevoll streichelte sie dieser über den Kopf. „Was ist los mit dir?“, fragte sie sanft.

„Ich weiß es nicht“, flüsterte Shio. „Ich muss mich ausruhen.“

„Komm, nimm meinen Schoß als Kissen“, schlug Misty vor. Shio nahm den Vorschlag an.

„Und Lutz?“, wollte Ash wissen.

„Nur eine kleine Bereinigung“, murmelte Shio verschlafen. „Er wacht gleich wieder auf.“ Und dann war sie eingeschlafen.

Misty, Ash und Rocko tauschte ratlose Blicke aus. Doch sie kamen nicht zum verbalen Austausch, denn wie vorhergesagt wachte Lutz wieder auf. Mit einem großen Gähnen reckte er sich.

„Oh, ich bin wohl eingeschlafen“, meinte er und sah zu Piktrio hoch, welches weiterhin an seinem Bild arbeitete. „Ist es immer noch nicht fertig?“ Lutz sah sehr unzufrieden aus.

„Ich frage mich, was es darstellen soll“, überlegte Ash laut, um die Stimmung zu lockern.

„Nun, es ist gelb. Ein Pikachu?“, riet Lutz.

„Nein, die Form passt gar nicht“, widersprach Ash. „Ich glaube, es ist ein Dumisel.“

„Das könnte sein, aber ich glaube es hat Arme und Beine. Vielleicht ein Lin-Fu“, vermutete Misty.

„Choreogel“, sagte Rocko bestimmt. „Seht ihr die Verdickung am Ende des Arms? Das ist typisch für Cheerleader-Choreogel.“

Das Piktrio unterbrach seine Arbeit, nickte Rocko mit einem zustimmenden Zwitschern zu, bevor es mit seinem Kunstwerk fortfuhr. Ash rief den Eintrag für Choreogel in seinem Pokédex auf und Lutz und er verglichen das Bild dort mit dem Werk des Piktrio.

Die Sonne stand schon tief, als Piktrio Abstand zu seinem Werk nahm und begeistert flötete. Die Trainer blickten von ihren Spielkarten auf.

„Jetzt sehe ich es auch, dass es ein Choreogel ist“, meinte Lutz. Die Umrisse waren sehr viel besser zu erkennen, auch wenn für die Menschen alles nur gelb aussah.

Piktrio flog zu Lutz und pfiff herausfordernd.

„Also gut! Los geht’s, Pikachu!“, rief Lutz und Pikachu sprang vor ihn.

Piktrio begann den Kampf mit einer Heulerattacke. „Ruckzuckhieb!“, verlangte Lutz daraufhin und Pikachu schnellte voran und traf den blauen Kopf des Piktrio. Alle drei Köpfe schienen den Schmerz zu empfinden. Die Köpfe bildeten ein Dreieck und und zwischen ihnen bildete sich ein leuchtendes.

„Pass auf, das ist Triplette!“, warnte Ash den unerfahrenen Jungen.

Dieser befahl Pikachu mit einem weiteren Ruckzuckhieb auszuweichen, was dieses erfolgreich umsetzte und dieses Mal den gelben Kopf erwischte. „Donnerblitz!“, verlangte Lutz daraufhin von Pikachu und die Elektromaus setzte das unterlevelte Flugpokémon unter Strom. Dieses sank zu Boden und Lutz warf einen Pokéball, aus dem es sich nicht mehr befreite.

„Ich habe ein Piktrio gefangen!“, rief Lutz begeistert und hielt den Pokéball wie einen Schatz in seinen Händen.

„Gut gemacht“, lobte Ash.

„Yaaay“, gähnte Shio, durch den Aufruhr geweckt, und rieb sich die Augen. In Anbetracht der fortgeschrittenen Stunde beschloss die Gruppe, sich schnell auf den Weg zum Hotel zu machen, deren Bäder, von ihrer Position aus sichtbar, verlockend dampften.

Sehen und gesehen werden

Das Bad war groß und Misty und Shio waren alleine. Die Freunde hatten erst spät das Hotel erreicht, sodass die meisten Gäste schon gebadet hatten, als sie dieses betraten.

Für Außenstehende saßen die Mädchen schweigend vor den Waschstationen. Sie konnten die sprachlose Konversation der beiden nicht hören.

„Du kannst also jetzt Telepathie“, stellte Misty fest.

„Unter anderem“, bestätigte Shio, ihre neue Fähigkeit nutzend. „Und scheinbar auch Illusionen. Das Koka vorhin war nie weg. Ich habe es unbewusst getarnt.“

Mistys Mundwinkel verzogen sich zu einem schiefen Lächeln. „Wenigstens konnte ich es nicht mehr sehen. Die Viecher ekeln mich einfach an.“

Von Shio war ein leises, schnaubendes Lachen zu vernehmen, während sie ihre Haare einseifte. Misty schreckt mit einem Spitzen Schrei zurück. An der Wand vor ihr krabbelte ein Webarak, welches durchsichtig wurde und verschwand. „Das ist nicht witzig!“, fuhr sie laut die lachende Shio an.

„Doch“, antwortete diese grinsend mit ihrer Stimme und griff den Schwamm. „Komm, das war nur ein Scherz. Lass mich dir als Entschuldigung den Rücken waschen.“

Misty setzte sich schmollend auf ihren Hocker und ließ ihre zukünftige Tochter gewähren. Sie führten ihre Konversation wieder mental fort.

„Seit wann kannst du das?“, wollte Misty wissen.

„Ich weiß es nicht“, antwortete Shio. „Ich habe es erst heute bemerkt. Ich kann mir nur vorstellen, dass es in der Menschenmenge in Adaman City passiert ist.“

„Denkst du, Team Psy hat das mit Absicht gemacht?“, überlegte Misty.

„Gute möglich“, bestätigte Shio. „Sie waren sehr ruhig in letzter Zeit und Illusionen waren eine Fähigkeit von Natasha. Ich verstehe nur nicht, was es ihnen bringen sollte, mich mächtiger zu machen.“

„Das weiß ich auch nicht“, meinte Misty. „Lass mich jetzt deinen Rücken waschen.“

Die Mädchen wechselten die Positionen. Shio sah nachdenklich im Spiegel Misty zu. Den Rücken gewaschen zu bekommen erinnerte sie an früher, an glücklichere Zeiten, als sie nur Gedanken hören konnte und das meiste noch nicht verstand und ihre Mutter sich noch nicht mit ihrer Besonderheit überfordert fühlte.

„Du wirst keine schlechte Mutter sein“, sandte Shio an Misty, welche sich gerade Gedanken über das Verhältnis ihres zukünftigen Ichs zu ihrer Tochter machte.

„Findest du?“, meinte Misty überrascht.

„Bevor ich dich in dieser Zeit kennen gelernt habe, habe ich das anders gefunden“, gestand Shio. „Aber ich glaube, jetzt verstehe ich dich besser.“

„Trotz Gedankenlesens?“, dachte Misty amüsiert.

„Vielleicht gerade deswegen“, entgegnete Shio, nahm den Duschkopf und spritzte Misty mit kaltem Wasser ab.

„Ah! Na warte!“, rief Misty, nahm ihrerseits einen Duschkopf und spritzte zurück. Auf die Art duschten sich die Mädchen gegenseitig lachend ab, bevor sie zum Aufwärmen ins heiße Badewasser stiegen.

„Was ist eigentlich mit deinen Haaren“, fragte Misty plötzlich. „Waren sie schon immer gestreift?“

„Oh, nein“, winkte Shio ab. „Und wenn man mich scheren würde, wäre ich gefleckt. Geboren wurde ich mit ganz schwarzen Haaren. Ace übrigens auch, aber er ist irgendwann rot geworden. Darum hat es keinen gewundert, als meine Haare auch anfingen rot zu werden. Nur haben sie irgendwann damit aufgehört und jetzt sehe ich so aus.“

„Also werde ich mich durchsetzen“, grinste Misty zufrieden, was Shio zum Lachen brachte. Sie lehnte sich über den Rand des außenliegenden Beckens und sah hinunter. Direkt unter ihnen lag das Männerbad, jedoch verwehrte ein Milchglasdach jegliche Einblicke. Noch eine Stufe tiefer lag ein großes Becken, das für Pokémon gedacht war. Sie sah Abby dabei zu, wie es Mistys Azurill beobachtete, welches mit Garados spielte. Ein seltsames Paar, die beiden.

„Misty, darf ich etwa ausprobieren?“, fragte Shio vorsichtig.

„Wenn es nicht weh tut“, entgegnete diese.

„Ich glaube nicht“, meinte Shio und starrte in die Ferne.

Misty wartete ab, doch nichts passierte. „Machst du irgendwas?“

„Sieh mal woanders hin“, bat Shio nur.

Misty verstand nicht, doch sie sah nun auch hinunter zu den Pokémon. Am Rand des Milchglasdachs konnte sie Ashs Hinterkopf hervorlugen sehen. Vermutlich sah er auch den Pokémon zu.

Shio richtete sich neben ihr wieder auf. „Das ist eine merkwürdige Fähigkeit.“

„Was hast denn gemacht?“, wollte Misty wissen.

„Die Welt durch deine Augen gesehen“, antwortete Shio und setzte sich wieder ins Wasser. „Ich weiß nur nicht, ob es eine eigene Fähigkeit ist oder mit der Telepathie zusammenhängt.“

„Und wie war die Welt durch meine Augen?“, fragte Misty neugierig.

„Bunter“, lachte Shio. „Aber längst nicht so bunt, wie durch Piktrios Augen. Das war ein Schock.“

„Ach, deshalb hast du geschrien!“, rief Misty. Dann kam ihr ein Gedanke und sie grinste schelmisch.

„Meine Reichweite geht mindestens bis zu unseren Pokémon dort unten“, sagte Shio. „Also ja, ich könnte durch die Augen der Jungs gucken, aber was hätte ich davon?“

„Ich frage mich, ob du das, was du siehst, mit der Telepathie an mich übertragen kannst“, erklärte Misty sich.

Shio seufzte. „Wenn du so dringend Einblicke möchtest, hättest du mit Ash in ein Privatbad gehen sollen.“

Misty lief puterrot an. „Nein, das wäre zu viel! Sehen ist nicht...“

„Schon gut“, winkte Shio ab. „Ich kann es ja mal versuchen.“

Es war, als setze Misty eine Brille auf, die einen Film abspielte. Das Bild vor ihren Augen war ein ähnliches Bad, jedoch in einer anderen Farbe gefliest. Sie konnte nur vermuten, dass sie durch Rockos Augen blickte, denn sie hörte ihn sagen, dass es Zeit wäre, aus dem Wasser zu gehen. Ash stimmte ihm zu und sie und Shio wurden so heimlich Zeugen, wie sich der sichtbar nicht mehr ganz so kindliche Ash sich splitterfasernackt mit seinem Freund und dem kleinen Lutz in die Umkleide begab. Nach nur wenigen Momenten zoomte sie wieder aus dieser Sicht heraus und sah Shio vor sich, deren Wangen eine Spur von rot zeigten.

„Wir sollten jetzt auch heraus gehen, wenn wir nicht unseren Kreislauf strapazieren wollen“, meinte diese und stieg aus dem Becken.

Misty folgt ihr, wobei Shio sie beobachtete. Sie hörte von unter sich plötzlich einen überraschten Aufschrei und es klang unverkennbar nach Ash.

„Ob etwas passiert ist?“, sorgte sich Misty.

Shio zuckte nur mit den Schultern und ging in die Umkleide. Sie trafen in der Lobby auf ihre männlichen Freunde. Die Blicke von Ash und Misty trafen sich und beide sahen mit erröteten Wangen zu Seite.

„Was ist nur los mit ihnen?“, wunderte sich Rocko.

„Nur ein kleiner Streich“, grinste Shio und klärte ihn telepathisch über ihre neuen Fähigkeiten auf und den Vorgang, bei dem er unwissend geholfen hatte. Rocko tadelte sie still, verlangte aber nicht, ähnliches für ihn zu tun. Er fand, dass ein Gentleman Frauen nicht auf die Art belästigen sollte. Sie rechnete es ihm hoch an.

Ash und Misty gingen schweigend nebeneinander her auf dem Weg zum Pokémonbad. Als die beiden auch nach dem abtrocknen und einsammeln ihrer Pokémon nicht miteinander sprachen, beschloss ihre zukünftige Tochter, ihre Erinnerungen ein biss aufzufrischen.

„Shio!“, riefen beide mit einer Mischung aus peinlicher Überraschung und Verärgerung. Diese ergriff lachend die Flucht. Sie war sich sicher, ihrer Zukunft eine kleine Nachhilfe gegeben zu haben.

Grabaut Wanderung

Ash und seine Freunde nahmen den ersten Bus zurück nach Adaman City. Sie hatten zwar noch den ganzen Tag Zeit, denn Jaze schrieb Shio, dass er Kokomi wohl etwas zu sehr abgelenkt hatte und die Arbeiten sich deswegen wohl verzögern würden. Aber Ash wollte die Zeit nutzen, um mit Misty zusammen neue Strategien zu entwickeln und zu testen. Da sie sich allerdings gerade kaum ansehen konnten, zweifelten Rocko und Shio am Erfolg einer solchen Trainingseinheit.

Zuerst mussten sie eh Lutz nach Hause bringen. Der Junge hatte seiner Familie nicht gesagt, dass er eine Reise machte und seine Mutter war wohl krank vor Sorge. Es erwartete ihn Hausarrest, doch die Aussicht nahm Lutz gleichgültig hin. Er sah es als potenzielle Trainingszeit mit Piktrio.

Die Gruppe überlegte während der Busfahrt Trainingsstrategien für Piktrio. Keiner von ihnen hatte Erfahrung darin ein Pokémon als Handwerkshelfer auszubilden. Piktrio musste verstehen, wann es Ein Signal geben musste. Dafür war Kokomis Hilfe unabdingbar, doch in Jaze Nachricht klang es, als sei sie sehr böse auf ihren Neffen.

Plötzlich sprang Shio auf und rannte nach vorne. „Halten Sie sofort den Bus an!“, schrie sie so panisch, dass der Fahrer eine Vollbremsung machte. Shio riss die Wucht zu Boden, doch sie blieb unverletzt. Als das Fahrzeug still stand, ging sie nach vorne und starrte aus dem Fenster auf die Straße vor ihnen.

„Junges Fräulein, was soll denn das?“, beklagte sich der Busfahrer. „Ich hoffe, sie haben eine gute Erklärung für ihr Verhalten!“

Shio antwortete ihm nicht und stieg aus dem Bus. Ihre Freunde sahen sich untereinander an bevor sie ihr folgten. „Was ist denn los?“, fragte Ash.

„Etwas schlimmes könnte passieren“, sagte Shio und ging langsam vorwärts. „Ich weiß nicht was, aber...“ Sie brachte den Satz nicht zu Ende, denn unter ihr brach der Boden ein. Ihre Freunde dachten zunächst an Team Rocket, doch immer mehr Erde bröckelte an den Seiten ab, bis ein Graben entstanden war, der über die Straßenbreite hinaus ging.

Ash eilte an den Rand des Grabens. „Ist dir was passiert?“

Shio saß am Boden in ungefähr zweieinhalb Metern Tiefe. „Mein Bein ist eingeklemmt.“

„Ich helfe dir!“ Ash sprang neben sie und grub mit Pikachus Hilfe seine zukünftige Tochter aus. „Kannst du stehen?“

„Nein“, gab diese zu. „Gut, dass ich es nicht muss.“

„Du kannst nicht vor all den Leuten schweben“, sagte Ash. „Wenn wir unter uns sind ist es ja okay, aber solange wir beobachtet werden kannst du dich auf mich stützen.“

Shio lächelte. „Okay.“

Misty und Rocko zogen gemeinsam zuerst Shio und dann Ash wieder nach oben. Der Busfahrer war blass vor Schock. „Du liebe Güte, ich will mir gar nicht vorstellen was passiert wäre, wenn wir darüber gefahren wären! Woher wusstest du das?“

„Ich bin gewarnt worden“, erklärte Shio. „Mein Absol kann auch im Pokéball Desaster erahnen und gibt mir dann ein Zeichen, indem es den Ball zum Wackeln bringt.“

„Trägst du ihn deswegen am Hals?“, wollte Misty wissen.

„Darum, und weil es gut aussieht“, grinste Shio.

Sie besahen sich den Graben. Er schien Teil eines Tunnels zu sein, der sich an beiden Seiten fortsetzte. „Was kann nur dieses Tunnel gegraben haben?“, fragte sich Ash.

„Das war bestimmt ein Grabaut“, vermutete Rocko.

„Grabaut?“, wiederholte Ash und öffnete seinen Pokédex. Dieser zeigte ein Mausartiges Pokémon mit spitzer Schnauze und großen Schaufelpfoten an.

„Grabaut, das Erdmauspokémon. Grabaut leben in großen Kolonien in sumpfigen Gebieten. Ihre Bauten sind durch aufgeschüttete Erdhügel zu erkennen. Grabaut graben immer in Gruppen, weshalb ihre Gänge meistens größer sind als sie selbst.“

„Das müssten aber eine Menge Grabaut gewesen sein“, kommentierte Misty beim Anblick des fast zwei Meter hohen Gangs.

„Hier in der Nähe gibt es eigentlich keine Grabaut“, sagte ein Fahrgast des Busses. „Sie leben in den Sümpfen um Alum.“

„Aber da gibt es doch dieses Jahr eine ganz fürchterliche Dürre. Sehen Sie denn keine Nachrichten?“, tadelte eine ältere Reisende.

„Dann sind sie bestimmt auf der Suche nach einem neuen Zuhause“, vermutete Rocko. „Wenn ein ganze Kolonie umzieht, kann das schon Mal so aussehen.“

„Graben sie blind, bis sie einen passenden Ort gefunden haben?“, überlegte Misty.

„Vermutlich“, stimmte Rocko zu.

„Wir sollten nach den Grabaut suchen und versuchen ihnen zu helfen“, schlug Ash vor.

„Das ist eine gute Idee“, meinte Shio.

„Ja, sie sind total auf dem falschen Weg“, stellte Rocko fest, der die Nase in seinen Reiseführer gesteckt hatte. „Der nächste Sumpf ist in westlicher Richtung von hier, aber die Grabaut graben viel zu weit Richtung Norden. Wenn wir sie nicht einholen, kommen sie unter Agnum City durch und wer weiß, was sie dort für einen Schaden anrichten würden!“

„Dann müssen wir uns beeilen!“, rief Ash. „Shio, du solltest hier bleiben.“

„Auf keinen Fall!“, wehrte diese ab.

„Aber du kannst doch nicht laufen“, erinnerte Misty sie.

„Dafür habe ich mein Ponita“, argumentierte ihre zukünftige Tochter.

„Ich komme auch mit“, sagte Lutz.

„Auf gar keinen Fall!“, sagten seine älteren Freunde bestimmt.

„Du kriegst schon genug Ärger, weil du unerlaubt mit uns weggegangen bist. Du bleibst hier beim Busfahrer“, bestimmte Misty.

„Verlasst euch auf mich, er ist hier in guten Händen“, versicherte der Busfahrer.

Ash, Misty, Rocko und Shio ließen sich in den Graben hinab. Shio rief ihr Ponita und ließ sich tragen. Die flammende Mähne kam den Freunden in der Dunkelheit des Erdreichs zugute. Abby lief frei neben ihnen her. Sie galt als Frühwarnsystem, falls der Gang einzubrechen drohen sollte.

„Wie schnell gräbt so eine Grabautkolonie?“, fragte Ash, nachdem sie eine Zeit schnell gelaufen waren.

„Es sind kleine Pokémon, also sind sie nicht so schnell. Aber es sind viele und damit haben sie uns gegenüber einen Vorteil“, erklärte Rocko.

„Sie sind nicht mehr weit!“, rief Shio plötzlich.

„Woher weißt du das?“, fragte Misty.

„Sie sind in meiner Reichweite, ich kann durch eines von ihnen sehen“, erklärte Shio.

„Und wie große ist deine Reichweite?“, hakte Misty nach.

„Das weiß ich noch nicht“, gab Shio zu. „Sie scheinen angehalten zu haben. Ein paar von ihnen ist verletzt.“

Die Freunde liefen schneller und holten bald die Grabautkolonie ein. Es war beängstigend, wie diese teilweise aufeinander stehenden Pokémon wie ein Gruselwesen aus einem Horrorfilm aussahen. Die ganze Kolonie sprang in Alarmbereitschaft, als sie die Menschen erblickten.

„Ganz ruhig, wir wollen euch nichts tun“, versuchte Rocko sie zu beruhigen und kniete sich vor die am Boden liegenden Grabaut. Die umstehenden gingen in Angriffshaltung und knurrten ihn an. „Ist schon okay. Schaut, ich habe hier einen Trank. Damit wird es euren Freunden gleich besser gehen.“ Ein paar Grabaut sahen sich unsicher an, andere drohten weiter. Eines mit einem Schlitz im Ohr wagte sich vor und schnüffelte an dem Menschen und an dem Trank. Dann wandte es sich zu seinen Freunden um und quiekte eindringlich. Ein anderes Grabaut trat aus der Menge und quiekte gegen. Dann mischte sich ein verletztes Grabaut ein und versuchte, auf Rocko zuzulaufen, doch es brach zusammen. Rocko kam ihm entgegen und setzte einen Supertrank ein. Das Grabaut quiekte auf und seine Freunde drohten geschlossen. Nur das Schlitzohr stellte sich auf die Seite der Menschen.

„Tut mir Leid, dass es etwas brennt, aber gleich wird es dir besser gehen“, versprach Rocko. Kaum hatte er es ausgesprochen beruhigte sich das kleine Pokémon wieder und stand auf, sichtlich erfreut über die neu gewonnene Stärke. Die Grabaut ließen nun zu, dass auch ihre anderen Verletzten behandelt wurden und bald hatte die Kolonie Vertrauen zu den Trainern gefasst und krabbelten auf Rocko, um anschmiegsam ihren Dank zu bekunden.

„Die Grabaut sind bei einem Erdrutsch verletzt worden“, übersetzte Shio nebenbei. „Die Erde ist hier zu locker für ihren Geschmack, sie bevorzugen feuchte, klebrige Erde.“

„Die werdet ihr in dieser Richtung nicht finden“, sagte Rocko zu den Pokémon. „Ganz im Gegenteil, ihr steuert auf eine Wüstenstadt zu.“

Die Grabaut wirkten schockiert und zischelten untereinander.

„Keine Sorge, im Moment seid ihr zwar auf dem falschen Kurs, aber wir können euch sagen, wo ihr hin müsst.“ Die Grabaut sprangen freudig auf und ab.

„Äh, Rocko, müssten wir dafür nicht wissen wo wir gerade sind?“, meinte Ash.

„Da hast du nicht dran gedacht, oder?“, seufzte Misty.

„Doch, klar habe ich das“, sagte Rocko. „Shio teleportiert nach oben und sagt uns, wo wir sind.“

„Ich kann nicht einfach nach oben teleportieren“, widersprach Shio. „Ich bräuchte einen Bezugspunkt und da ich nicht weiß, was über uns ist weiß ich nicht, worauf ich mich konzentrieren sollte.“

„Dann such dir doch ein Pokémon, dessen Augen du dir leihen kannst“, schlug Misty vor.

„Gleiches Problem“, seufzte Shio. „Ich muss genau wissen, wessen Augen ich mir leihen möchte. Ich bin doch kein Pokémon Detektor.“

„Hörst du denn keines?“, fragte Ash verblüfft.

„Bei der Masse an denkenden hier unten ist es ein Wunder, dass ich eure Stimmen noch höre“, gab Shio zu bedenken.

„Dann brauchen wir eine helfende Pfote“, meinte Rocko und sah zu dem Grabaut mit dem Schlitzohr, dass auf seiner Schulter saß. „Würdest du uns noch ein Mal helfen?“

Das Grabaut legte fragend den Kopf schief.

„Du müsstest dich an die Oberfläche graben und dich dort umsehen“, erklärte Rocko.

Das Grabaut nickte und machte sich daran, sich durch das Erdreich zu wühlen. Shio zuckte mit den Schultern und nahm die Sicht des Grabaut an, während sie vom Rücken ihres Ponita schwebte. Das letzte, was sie jetzt brauchen konnte, war eine fehlgeschlagene Teleportation. Sie fühlte sich von der Sonne geblendet, als Grabaut durch den Boden brach.

„Interessante Perspektive“, murmelte sie, bevor sie sich eine gespaltene Eiche als Bezugspunkt nahm und an die Oberfläche teleportierte. Grabaut erschrak, als der Mensch plötzlich vor ihm auftauchte und flüchtete sich zurück in den Boden. Shio konnte es ihm nicht verübeln.

Sie schwebte höher auf der Suche nach einem Orientierungspunkt. In einer Richtung erkannte sie Adaman City, in einer anderen eine Miltankfarm und in wieder einer anderen eine alte Ruine.

Mit diesen Anhaltspunkten teleportierte sie sich wieder in die dunkle Höhle und verglich ihre Funde mit Rocko und seiner Karte in Ponitas Feuerschein.

Rocko bestimmte mit Hilfe seines Kompass die Richtung und zeigte den Grabaut, wohin sie buddeln mussten. Die Pokémon bedankten sich und buddelten in beachtlichem Tempo weiter. Die Menschen folgten dem alten Pfad zurück zu der Stelle, an der er eingebrochen war.

„Shio, dich sieht hier keiner. Warum reitest du dann?“, fragte Misty.

Shio hing auf dem Rücken Ponitas wie ein Bummels auf einem Ast. „Weil es warm und bequem ist und ich keine Lust auf schweben habe.“

Ponita wieherte stolz.

„Du machst mich ein bisschen neidisch“, meinte Misty.

Shio sah von ihr zu ihren Ponita. „Was meinst du, lässt du sie auch mal auf dir reiten?“

Ponita schnaubte und schüttelte den Kopf.

Shio lachte. „Tut mir Leid, es ist etwas eigen. Ich musste mir sein Vertrauen auch erst erarbeiten. Ponita können ganz schön gemein sein, wenn sie frisch gefangen sind.“

„Ich kann es mir vorstellen“, lachte Ash. „Ich durfte auch mal eines reiten, aber es hat mich ganz schön verbrannt, bevor es mich gelassen hat. Und dann hat es sich während eines Rennens zu einem Galoppa weiter entwickelt.“

„Das stelle ich mir absolut cool vor“, meinte Shio. „Ponita sind schön und praktisch, aber zu Misty passt eher ein Quadita.“

„Ein was?“, wiederholte Misty.

Shio antwortete, indem sie ihren Pokédex heraus holte und das Bild eines Pokémon in die Luft projizierte, das halb Pferd und halb Fisch zu sein schien.

„Quadita, das Seepferdpokémon. Quadita werden die Pferde des Meeres genannt. Sie sind die schnellsten bekannten Wasserpokémon und sehr scheu. Werden sie angegriffen schaffen sie eine Wand aus blasen um ihre Verfolger zu verwirren.“

„Oh, dass muss ich haben!“, seufzte Misty verzückt.

„Ich vermute, du wirst es haben. Sonst hätte Shio es dir nicht gezeigt“, vermutete Rocko.

„Erwischt“, gab Shio zu und die Freunde lachten.

Es war eine Erleichterung, als sie endlich das Licht am Ende des Tunnels sehen konnten. Lutz und der Busfahrer erwarteten sie bereits.

„Haben Sie die ganze Zeit auf uns gewartet?“, wollte Misty wissen.

„Ja“, bestätigte der Busfahrer. „Die anderen Fahrgäste wurden mit einem Bus aus Adaman City abgeholt, aber der junge Mann hier wollte euch nicht zurücklassen, also bin ich bei ihm geblieben. Ich muss eh nur meinen Bus nach Adaman City zurück bringen. Ich fürchte, des Verkehr auf dieser Strecke wird eine Weile ausfallen.“

„Das ist sehr nett von ihnen“, dankte Misty dem Herren und sie winkten ihm zum Abschied, als er sein Fahrzeug wendete und davon fuhr.

Sie wollten gerade ihren Weg nach Adaman City fortsetzen, als sie aus dem Graben den Ruf eines Grabaut hörten. Sie fanden dort das Grabaut mit dem geschlitzten Ohr.

„Ist etwas passiert?“, fragte Rocko das Pokémon, welches mit dem Kopf schüttelte.

„Es will dir eine Chance geben, dir das Recht zu verdienen, sein Trainer zu werden“, übersetzte Shio.

„Alles klar, dann zeige ich es dir!“, rief Rocko. „Los, Kleinstein!“

Das Steinpokémon erschien und Grabaut begab sich in Angriffsstellung.

Rocko befahl Felswurf, dem Grabaut mit Ruckzuckhieb auswich und Kleinstein angriff. Dem harten Pokémon machte dieser Angriff nicht viel aus und Rocko ließ es mit einem Tackel kontern, der traf. Er ließ eine Steinkante folge, welche ebenfalls traf. Grabaut sah angeschlagen aus, weigerte sich jedoch aufzugeben und benutzte Intensität. Zu seinem Pech fiel diese gering aus und Kleinstein nahm trotz Schwäche nur geringen Schaden. Rocko befahl noch einen Felswurf der dieses Mal sein Ziel nicht verfehlte und Grabaut zu Boden gehen ließ. Der Trainer warf einen Pokéball und einige Sekunden lang herrschte Spannung, bevor dieser still liegen blieb und das Leuchten erlosch. Rocko hatte ein Grabaut gefangen.

„Herzlichen Glückwunsch!“, gratulierte Ash und klopfte seinem Freund anerkennend auf die Schulter.

Plötzlich hörte er Pikachus verzweifelte Rufe. Team Rocket schwebte über ihnen in ihrem Ballon und hatten die Ablenkung genutzt und sich Pikachu gegriffen. Die Elektroattacken des Pokémon warnen unwirksam gegen die isolierte Greifhand.

„Jetzt gibt’s Ärger!“, rief Jessie.

„Und es kommt noch härter!“, fügte James hinzu.

„Das will doch keiner hören!“, unterbrach Shio sie.

„Sei nicht so unhöflich!“, beklagte sich Jessie.

„Ja, hat deine Mutter dir nicht beigebracht, dass man andere ausreden lassen soll?“, verlangte James zu wissen.

„Sie hats versucht, sie ist gescheitert“, sagte Shio nur und Misty sah aus, als hätte sie einen Fels auf den Kopf bekommen.

„Gescheitert...“, murmelte sie.

„Du wirst sicher dein bestes geben“, versuchte Ash sie aufzumuntern.

„Das wird wohl auch deine Schuld sein!“, fauchte Misty ihn an und Ash hob abwehrend die Hände. Er hatte nichts zur Verteidigung seines zukünftigen Ichs zu sagen.

„He, ich glaube, jetzt sind die Knirpse komplett durchgeknallt“, meinte Mauzi.

„Gut für uns“, behauptete Jessie.

„Ja, lasst uns verschwinden!“, schlug James vor und sie fachten das Ballonfeuer an.

„Das kommt ja gar nicht in Frage!“, rief Ash und schickte sein Tauboss hinterher. „Himmelsfeger!“

Mit Schallgeschwindigkeit schoss Tauboss auf den mechanischen Greifarm zu und riss diesen ab, wodurch Pikachu befreit wurde. Es fing die Elektromaus im Fall und flog Pikachu nah genug ran, sodass es Donnerblitz auf ihre Feinde einsetzen konnte. Der Brenner explodierte und Team Rocket flog gen Abendhimmel.

Glücklich nahm Ash sein Pikachu in Empfang und lobte sein Tauboss.

„Ob die es jemals lernen?“, seufzte Rocko.

„Das denke ich, auf die ein oder andere Weise“, meinte Shio und sah ihnen nachdenklich nach, während sie Ponita Ashs Führung zurück nach Adaman City folgen lies.

Onkel Rocko

Shio saß alleine auf ihrem Zimmer. Sie sollte den Fuß hoch legen und deshalb auf ihrem Zimmer essen. Ihre Freunde hatten ihr versprochen, später etwas aus der Cafeteria vorbeizubringen.

Gelangweilt nutzte sie die Gelegenheit, um jemanden aus der Zukunft anzurufen.

„Hallo Shio“, meldete sich Rocko am anderen Ende. Er hatte sich von den Freunden mit den Jahren am meisten verändert. Um Augen und Mund hatten Lachfalten tiefe Gräben gezogen, sein Haar war mit weißen Strähnen durchsetzt und die beginnende Halbglatze versteckte der Enddreißiger mit einem ausgeblichenen Bandana mit Onixmuster, das Shio ihm vor langer Zeit mal geschenkt hatte. Als Kind fand sie es cool. Jetzt war sie sich nicht mehr so sicher, aber ihr Patenonkel hütete es wie einen Schatz.

„Hallo Onkel Rocko. Wie läufts im Paradies?“, wollte sie wissen. In ihrer Zeit besaß Rocko ein riesiges Areal, in dem er Pokémon umsorgte und züchtete.

„Alles in bester Ordnung, danke der Nachfrage“, antwortete Rocko. „Aber seit wann machst du Small Talk?“

Shio musste lachen. „Ich versuche, schlechte Angewohnheiten abzulegen. Und es interessiert mich schon, ob du neue Pokémon unter deiner Aufsicht hast.“

Rocko nickte zustimmend. „Eine gute Einstellung. Und du kennst mich ja, ich nehme fast täglich neue Pokémon auf. Wenn ich nicht aufpasse, geht mir bald der Platz aus.“

„Du wirst schon eine Lösung finden“, meinte Shio.

„Ich arbeite dran“, bestätigte Rocko. „Aber jetzt raus mit der Sprache: Was bedrückt dich?“

Shio seufzte schwer und Rocko sah besorgt aus. „Meine Fähigkeiten und Team Psy“, gestand Shio. „Diese Irren haben mir, ohne dass ich es gemerkt hätte, mindestens drei neue Fähigkeiten gegeben. Vielleicht auch mehr und ich habe sie noch nicht alle gefunden. Ich habe Angst davor, dass ich irgendwann aufwache und im Schlaf alles um mich herum zerstört habe.“

„Das wird nicht passieren“, versicherte ihr Rocko zuversichtlich. „Gerade weil du diese Angst hast. Du möchtest niemanden verletzen und nichts zerstören und dass sitzt tief in deinem Unterbewusstsein.“

„Da hast du wohl recht“, sagte Shio erleichtert. „Wenn nur nicht diese blöden Kopfschmerzen ständig wären.“

„Du siehst auch müde und blass aus, soweit ich das erkennen kann“, bemerkte Rocko. „Ich vermute, dass all diese neuen Fähigkeiten viel Energie verbrauchen. Versuche mehr zu Essen und eher schlafen zu gehen.“

„Ich will aber nicht zunehmen und auch nichts verpassen“, schmollte Shio.

„Wenn meine Theorie stimmt, wirst du nicht zunehmen“, behauptete Rocko, „und wenn du ausgeschlafener bist, hast du mehr von deiner Wachzeit, vor allem ohne Kopfschmerzen.“

„Ist ja gut“, seufzte Shio. „Dein jetziges Selbst wird mir bestimmt etwas leckeres kochen.“

„Worauf du dich verlassen kannst“, lachte Rocko. „Und ich habe noch etwas, das dich aufheitern wird.“ Er verschwand vom Monitor.

„Oh, was denn?“, fragte Shio neugierig, zappelig vor Ungeduld. Wenn ihr Onkel Rocko eine Überraschung für sie hatte, war es meistens etwas großartiges.

Rocko erschien wieder auf dem Bildschirm, doch dieses Mal trug er ein Pokémon im Arm.

„Ein Baby Felilou!“, rief Shio und ihre Stimme quietschte vor Aufregung.

„Ja, es ist heute Nacht geschlüpft“, erzählte Rocko. „Es war von Anfang an für dich bestimmt. Und schau mal, es ist sogar etwas besonderes.“ Er drehte das Pokémon um und präsentierte Shio den weißen Fleck auf seinem Rücken, der wie ein Herz geformt war.

„Oh, ist das süß!“, quietschte Shio und hielt den Pokéterm ganz nah an ihr Gesicht, damit sie auch kein Detail übersah. „Ich kann es gar nicht erwarten, es in den Armen zu halten.“

„Das wirst du, sobald du nach Hause kommst“, versicherte ihr Rocko. „Es ist übrigens ein Weibchen.“

„Fina“, seufzte Shio vor Glück. „Ich nenne sie Fina.“ Das Felilou maunzte so niedlich, dass sich Shio das Herz zusammen zog. Jetzt hatte sie etwas, auf das sie sich zu Hause freuen konnte.

Sie fühlte sich gestört, als es an der Tür klopfte, aber dennoch erlaubte sie dem Besucher einzutreten. Es war der Rocko dieser Zeit mit einem Tablett voller Leckereien. „Ich habe mir erlaubt die Küche auszuleihen und...“ Rocko fuhr erschrocken zurück, als er sich selbst erkannte und es war ein Wunder, dass er nichts verschüttete. Seine zukünftige Version reagierte ebenso überrascht, indem er das Telefonat beendete.

„Och“, seufzte Shio und klappte den Pokéterm zu. „Fina...“

„Fina?“, wiederholte Rocko.

„Eine Felilou, dass du für mich züchten wirst“, erklärte Shio und sah erwartungsvoll zu dem Tablett voller Essen. „Was ist das alles?“

„Suppe, Fisch, Fleisch, viel Gemüse und ein großer Pudding“, zählte Rocko auf und gab ihr das schwere Tablett. „Du sahst die letzten Tage etwas müde aus, also habe ich dir von allem etwas gebracht.“

Shio musste lachen und Rocko sah sie verwundert an. „Das ist genau das, was Onkel Rocko verschrieben hat“, erklärte sie.

„Onkel Rocko, hm? Das gefällt mir!“, grinste Rocko.

„Man kann auch sagen Kummerkastenonkel“, meinte Shio und aß einen Löffel Suppe.

„Der kann ich in dieser Zeit auch sein“, schlug Rocko vor, „auch wenn ich mich für einen Onkel noch zu jung fühle. Aber du kannst mir immer alles erzählen.“

„Ich weiß“, lächelte Shio, „aber alles was ich dir erzähle muss ich irgendwann wieder löschen. Erlaube mir, die Arbeit klein zu halten. Sie wird eh mit jedem Tag größer.“

„Das verstehe ich“, sagte Rocko. „Hast du schon deiner Mutter von den neuen Entwicklungen erzählt? Sie wird es sicher nicht von meinem zukünftigen Ich hören wollen.“

Shio sah ertappt zur Seite. „Ist ja gut, ich machs gleich.“

„Alles klar“, lachte Rocko. „Dann gehe ich zurück zu den anderen.“

Er verließ den Raum und Shio machte sich über das Essen her. Sie hatte wirklich Hunger und Rocko hatte das alles nur für sie gekocht!

Shio liebte ihren Onkel Rocko mehr als sie zugeben wollte. Neben ihrer temperamentvollen Mutter war er immer ein verständiger Ruhepol und Vermittler gewesen. Wer weiß wie oft ihre Streitereien ohne seine Interventionen in Katastrophen ausgeartet wären? Jetzt, da sie genauer darüber nachdachte, war Onkel Rocko schon eine Macht für sich. Er hatte seine Farm, seine Pokémon, seine eigenen zwölf Kinder mit zehn Frauen von denen aber keine bei ihm lebte, weil er einfach nicht treu sein konnte, auch wenn eine regelmäßig zu ihm zurück kam, nur um ihn dann wieder zu verlassen. Wie groß sein Herz war, dass er dazwischen noch Zeit für seine Patenkinder fand und wie schamlos sie ihn ausgenutzt hatte, realisierte sie erst jetzt. Sie schämte sich dafür.

Sie nahm wieder ihren Pokéterm zur Hand und öffnete das Telefonprogramm. Es war Zeit, sich selbst dem Drachen zu stellen.

Ein Abend mit Team Rocket

Es war schon Abend als Shios Vater einem Waldweg folgte. Die Sonne schien zwischen den Stämmen hindurch und beleuchtete ein paar Fadri, die die Blätter einer Eibe fraßen.

„Sieh nur, Pikachu, wie hungrig die sind“, machte er seinen Partner aufmerksam. „Heute Nacht ist sicher kein einziges Blatt mehr an dem Baum.“

Pikachu quiekte zustimmend. Dann hörte Ash seinen und Pikachus Mägen im Gleichklang knurren. Pikachu tippte mit der Pfote auf Ashs Rucksack.

„Du hast recht, es ist Zeit fürs Essen. Wir sollten hier unser Lager aufschlagen“, stimmte Ash zu und suchte nach einer geeigneten Stelle um sein Zelt aufzuschlagen.

Er machte ein Lagerfeuer und erhitzte eine Dosensuppe, während Pikachu neben ihm bereits sein Lieblingsfutter knabberte, ein Geschenk von Rocko. „Ich wünschte, ich hätte einen eigenen Rocko bei mir. Dann bräuchte ich nicht dieses Dosenzeugs essen“, seufzte Ash und schürte das Feuer.

Pikachu quietschte glücklich und reichte Ash einen Futterbrocken.

„Danke, aber das ist deines“, lachte Ash. „Ich bin es ja inzwischen gewöhnt, für mich selbst zu sorgen.“ Er rührte die Suppe um, damit sie nicht anbrannte.

Sein Blick verlor sich in den Flammen, während er wartete und er musste an sein bisheriges Leben denken. Nachdem er seine Familie verlassen hatte, war er immer neuen Zielen hinterhergejagt. Inzwischen hatte er einen Großteil der Welt gesehen und mehr Pokémon gefangen als er je erwartet hatte. Er nahm an jedem Wettkampf teil, der sich im eröffnete und mit der Zeit wurde er zu einem regelmäßig Gewinner. Irgendwann fingen die Leute an, ihn Pokémon Meister zu nennen, doch Ash war sich nicht sicher, ob er den Titel bereits verdiente. Es gab noch so viel zu lernen und zu entdecken! Er hatte noch lange nicht die ganze Welt gesehen. Seine Reise war eine Lebensaufgabe und das einzige, was ihn erfüllte. Auch wenn es ihn von seiner Familie trennte.

Ein verdächtiger Geruch stieg ihm in die Nase und er wollte schnell den Kochtopf vom Feuer nehmen, da hörte er über sich Schreie. Er sah hoch und erkannte drei verdächtig bekannte Gestalten, die geradewegs auf ihm landeten. Der Topf wurde dabei vom Feuer gestoßen und der Inhalt löschte zischend das Feuer.

„Was für eine Bruchlandung“, ächzte James, der bäuchlings quer über Ash lag.

„Ja, sie hätten uns weiter auseinander sprengen können“, beklagte Jessie sich, die Rücken an Rücken mit James lag.

„War doch gar nicht so schlimm dieses Mal“, behauptete Mauzi.

„Du bist ja auch ganz oben gelandet!“, fuhren Jessie und James es an und man hörte Zwischenrufe von Pikachu.

Mauzi und Pikachu starrten sich Auge in Auge an. „Pikachu? Haben wir dich dieses Mal etwa erfolgreich gestohlen?“

Pikachu antwortete nicht, sondern setzte Donnerblitz auf den Menschenhaufen ein, wobei es seinen Trainer mit grillte.

„Sehr schockierend“, kommentierte dieser. „Könnt ihr jetzt mal von mir runter gehen?“

„Der Knirps!“, rief James überrascht und Team Rocket sprang in eine Abwehrhaltung auf.

„Nein, halt, das ist nicht der Knirps“, stellte Mauzi fest.

„Der ist viel zu groß für den Knirps“, bemerkte James.

„Und viel zu alt für den Knirps“, fügte Jessie hinzu.

„Aber das ist das Pikachu vom Knirps, dass den alten da um Entschuldigung bittet“, meinte Mauzi verwirrt, als er sah, dass Pikachu wie selbstverständlich auf die Schulter des ihm unbekannten Mannes sprang.

„Was geht hier nur vor sich?“, klagte Jessie am Rande eines Nervenzusammenbruchs.

Ash sah zu Pikachu. „Was meinst du, wie sauer wird Shio, wenn ich diese Idioten einweihe?“ Pikachu riss die Pfoten in die Höhe. „Ja, du hast recht. Sie würde mich umbringen“, lachte Ash und sah zu den ungebetenen Besuchern. „Aber irgendwie habe ich Mitleid mit ihnen.“

„Hey, wer sind hier die Idioten?!“, verlangte Jessie gekränkt zu wissen.

„Ist euch eigentlich klar, wie lange ihr mir erfolglos gefolgt seid?“, gab Ash zu bedenken. „Ich meine, es war ein gutes Training, wenn auch nervig. Aber ich habe mich immer gefragt, ob ihr wirklich nichts besseres zu tun habt.“

„Das tut weh“, seufzte James.

„Das greift den Stolz an“, gab Jessie zu.

„Wir haben doch gar keinen mehr“, gestand Mauzi und alle drei seufzten, unterstrichen von einem Magenknurren.

Ash lachte. Die drei waren das reinste Comedy-Trio. „Setzt euch, ich habe genug Essen für uns“, lud er ein und machte sich daran, das Feuer wieder in Gang zu bringen.

„Ich traue meinen Ohren nicht“, sagte Mauzi. „Hat der alte Knirps uns gerade zum Essen eingeladen?“

Ash zog eine Grimasse. „Nur, wenn ihr mit dem Knirps aufhört. Ich heiße Ash und so möchte ich auch genannt werden. Und alt bin ich auch nicht. Ich meine, ich bin noch keine Vierzig.“

„Da ist aber jemand empfindlich“, neckte Jessie, doch ein scharfer Blick Ashs brachte sie zur Vernunft.

„Natürlich, Ash, alles was unser Gönner befielt“, sagte Team Rocket gemeinsam in unterwürfigem Ton.

„Moment, dann bist du tatsächlich der... Ash!“, fing sich Mauzi gerade noch.

„Da ich zu hungrig zum Denken bin: Ja, ich bin es“, sagte Ash ehrlich und füllte vier Dosen Suppe in seinen Suppentopf.

„Aber wie kann das sein?!“, rief Jessie.

„Sind wir durch die Zeit gereist?“, überlegte James.

„Nicht ihr, ich“, erklärte Ash und setzte den Topf aufs Feuer. „Ihr erinnert euch doch noch an Celebi?“

Die drei sahen ihn mit großen Augen an. „Wie könnten wir das vergessen. Ein legendäres Pokémon direkt vor unseren Nasen und doch nicht gefangen“, sinnierte Mauzi.

„Dann hat Celebi dich hergebracht?“, wunderte sich James.

Ash nickte. „Ich weiß nicht wozu, aber es wird seine Gründe gehabt haben, mich ausgerechnet in dieser Zeit abzusetzen.“ Er holte die Dose mit neutralem Pokémonfutter aus seinem Rucksack und füllte etwas in eine kleine Schüssel, die er Mauzi reichte.

„Was, willst du deine Suppe nicht mit mir teilen?“, sagte dieses gekränkt und verschränkt die Pfoten.

„Damit hätte ich kein Problem“, meinte Ash. „Aber auf Dauer ist was wir Menschen essen nicht gut für Pokémon. Bei eurem Lebensstil bekommst du sicher nie das, was du brauchst um fit und gesund zu bleiben.“

Mauzi sah ihn mit wässrigen Augen an. „Oh ja, du hast so recht“, heulte es. „Das ist so umsichtig von dir.“ Damit nahm es die Schale entgegen und stopfte sich das Maul mit Futter voll.

„Langsam, es ist genug da“, lachte Ash und rührte die Suppe um.

Jessie und James starrten sabbernd in den Topf. „Warum bist du so nett zu uns?“, fragte Jessie misstrauisch.

„Ja, wo ist der Haken?“, wollte James wissen.

„Es gibt keinen“, sagte Ash simpel und holte die Teller aus seinem Rucksack. „Darf ein Mann nicht nett zu seinen Freunden sein?“

Jessie und James sahen sich an. „Freunde?“, wiederholte James. „Sind wir mit den Knirpsen befreundet?“

„Das wäre mit neu“, sagte Jessie.

„Oh, in dieser Zeit noch nicht, aber ihr werdet meine Freunde sein“, erklärte Ash, tat jedem von ihnen etwas Suppe auf und gab zuerst Jessie und dann James ihr Abendessen. „In meiner Zeit sind wir so gute Freunde, dass ihr eure Tochter mit mir reisen lassen werdet, damit sie von mir lernen kann.“

„Unsere Tochter?!“, riefen Jessie und James errötend.

„So ein Schwachsinn, die zwei können doch gar nicht miteinander“, warf Mauzi zwischen zwei Bissen ein.

„Aber auch nicht ohne einander“, grinste Ash. Für ihn war es ein Spaß, das Trio mit ihren zukünftigen Versionen zu vergleichen.

„Wenn wir wirklich eine Tochter haben, wie heißt sie dann, häh?“, fragte Jessie provozierend.

„Jasmin“, antwortete Ash unbeeindruckt.

„Hah, so würde wir doch niemals...“, begann James, doch dann besann er sich. „Das ist eigentlich der perfekte Name.“

„Ich wollte immer eine Tochter namens Jasmin“, gab Jessie zu.

„Euer Essen wird kalt“, merkte Ash an. Die beiden schreckten auf und schaufelten sich ihr Essen rein, als wären sie halb am Verhungern.

Schweigend leerten sie zu dritt den Topf. Ash hantierte nebenbei mit seinem Pokéterm.

„Was hast du da?“, wollte Mauzi wissen.

„Ein Pokémon Terminal, kurz Pokéterm“, erklärte Ash. „Es hat viele nützliche Funktionen wie ein Telefon oder auch einen tragbaren Transporter zum Pokémon tauschen. Der kommt aber erst in achtzehn Jahren auf den Markt.“ Dann hielt er das Gerät mit der Rückseite nach oben und ein Blitz leuchtete kurz auf. „Es kann auch Fotos machen.“ Er zeigte Team Rocket ein Foto von ihren verwirrten Gesichtern.

„Hey, hast du Fotos von uns aus der Zukunft?“, wollte James wissen.

„Sicher“, meinte Ash, tippte auf seinem Gerät herum und zeigte ihnen dann ein Bild von ihren älteren Versionen, wie sie gemeinsam an einem reichlich gedeckten Tisch in einem prunkvoll eingerichteten Zimmer saßen. Mauzi saß bei einem etwa zehnjährigen Mädchen mit violetten Zwillingspferdeschwänzen auf dem Schoß.

„Das sind tatsächlich wir“, stellte Jessie fest.

„Und wir sehen keinen Tag älter aus als jetzt“, behauptete James, auch wenn es nicht stimmte.

„Und das muss Jasmin sein“, meinte Mauzi und zeigte auf das Mädchen.

„Sie ist mir wie aus dem Gesicht geschnitten“, behauptete Jessie.

„Unsinn, sie sieht genauso aus wie ich!“, rief James.

„Hast du Tomaten auf den Augen? Sie ist viel zu süß um dir ähnlich zu sehen!“, fauchte Jessie.

„Sie wäre nicht süß, wenn sie so kratzbürstig wie du wäre“, konterte James.

„Ich finde, sie sieht keinem von euch beiden ähnlich“, mischte sich Mauzi ein.

„Schnauze!“, wurde es von Jessie und James gemeinsam angeschrien.

Ash sah den Beiden zu. Was sich liebt, das neckt sich, traf auf die beiden bestens zu und es würde sich nie ändern. Es war ihre Art glücklich zu sein.

Aus dem Nichts erschien Shio neben ihm und erschreckte das streitende Team Rocket. „Du hast gerufen?“, sagte sie und wirkte schlecht gelaunt auf ihren Vater.

„Ah, das ist die Psychoknirpsin!“, rief James schockiert.

„Was will die denn hier?“, fragte sich Jessie laut.

Shio sah von Team Rocket zu Ash. „Ja, was will ich hier?“

Ash grinste breit. „Darf ich vorstellen: meine Tochter.“

„Dad!“, rief Shio entsetzt, während Team Rocket ins Sprachlose schockiert war. „Was hast du angestellt?“

„Alles ist gut“, meinte ihr Vater beruhigend. „Es ist alles, wie es sein soll.“

„Und meine Rolle dabei?“, fragte Shio misstrauisch.

„Du nimmst ihnen die überflüssigen Details“, erklärte Ash. „Alles, was übrigbleiben sollte ist, dass sie einen Mann im Wald getroffen haben der nett zu ihnen war. Und ein schöner Traum danach.“

„Ich bin nicht dein persönlicher Kehrbesen für Erinnerungen“, sagte Shio schnippisch.

„Glaub mir, es muss so sein“, versicherte Ash ihr.

„Kehrbesen für Erinnerungen?“, fragte Mauzi.

Shio seufzte und wandte sich an Team Rocket. „Wie ihr schon sagtet: die Psychoknirpsin.“ Dann leuchteten ihre Augen so blau wie ihre Aura und Jessie, James und Mauzi verloren das Bewusstsein. Während Shio ihr Werk vollbrachte, beseitigte Ash alle seine Spuren. Er wurde damit gleichzeitig mit Shios Rückkehr in die Realität fertig.

„Ich hoffe, das war es wert“, seufzte Shio erschöpft und sank aus der Schwebe auf die Knie.

„Das wird es sein“, versicherte Ash ihr. „Es ist der erste Dominostein in einer Reihe von Vorkommnisse, die sie von der schiefen Bahn holen werden.“

„Wenn du das sagst“, murrte Shio unglücklich.

„Vertrau mir“, grinste Ash. „Kannst du mich noch nach Nik City bringen?“

Shio sah ihn skeptisch an. „Das willst du riskieren?“

„Ich habe eine Theorie, wie das Teleportieren in der Gruppe klappen könnte“, erklärte Ash. „Und außerdem darf ich nicht hier sein, wenn sie aufwachen.“

„Tse“, schmollte Shio. „Onkel Rocko schenkt mir ein Felilou und mein Vater denkt nur daran, wie er meine Fähigkeiten missbrauchen kann.“

„Hey, das ist so nicht richtig!“, verteidigte sich ihr Vater. „Die drei sind auf mich gefallen und haben durch Pikachu eins und eins zusammen zählen können. Die Rechnung war selbst für sie einfach genug. Und außerdem ist das Felilou mein Geschenk an dich. Mein Kleoparda ist die Mutter.“

Shio sah ihn forschend an, doch konnte sie in seinen Gedanken keinen Hinweis auf eine Lüge finden. „Fina“, sagte sie. „Es heißt Fina.“

Ash lächelte erleichtert, denn er sah ihr an, dass sie nur ihre Freude über sein Geschenk zu verbergen versuchte. Er hatte vor Jahren ein Karnimani für Ace züchten lassen, doch wusste er nie, ob sein Sohn sich über dieses Geschenk gefreut hat.

„Natürlich hat er sich darüber gefreut“, gähnte Shio. „Es war sein erstes Pokémon und begleitet ihn noch immer Tag für Tag. Auch wenn es inzwischen ein Impergator ist.“

Ash zog seine Tochter auf die Beine und in eine feste Umarmung. „Du hast keine Ahnung, wie glücklich du mich gerade gemacht hast“, gestand er ihr.

Shio ließ ihm diesen kleinen Augenblick des Glücks. Es stimmte, sie verstand es nicht, denn Empathie war nicht ihre Stärke. Außerdem gefiel ihr diese kleine, väterliche Zuwendung. Sie hielt sich an ihm fest, als er seinen Griff lockerte.

„Was ist los?“, fragte ihr Vater überrascht.

„Nur ein verstauchter Knöchel. Mein Bein ist heute Mittag in einem Erdrutsch eingeklemmt worden“, erzählte Shio.

„Wenigstens nichts gebrochen“, meinte Ash und legte seinen Arm stützend um sie

„Können wir dann los?“, fragte Shio mit einem Seitenblick auf Team Rocket, das jeder Zeit wieder aufwachen konnte.

„Aye aye Kapitän“, scherzte Ash. „In den Garten des Pokémon Centers von Nik City bitte. Mit Countdown.“

„Versuchen wirs“, seufzte Shio und zählte von drei Rückwärts. Bei Null teleportierte sie drauf los und kamen genau dort an, wo sie hin wollten. „Es hat geklappt“, murmelte sie schläfrig und klammerte sich an ihren Vater. Sie hatte Mühe, die Augen offen zu halten.

Ash bemerkte ihre Not und hob sie auf seine Arme. „Schlaf, ich erkläre es morgen beim Frühstück.“

„Okay“, nuschelte Shio und ihr Kopf sank gegen seine Brust.

Stolz lächelnd brachte Ash sein kleines Mädchen ins Pokémon Center. Die Schwester Joy war zunächst skeptisch, doch sah man ihnen die familiäre Beziehung so sehr an, dass sie ihm glaubte, dass er seine vor Erschöpfung schlafende Tochter bei sich trug und nicht irgendein schutzloses Mädchen, das er auf der Straße gefunden hatte und ihnen ein Doppelzimmer zuwies. Er konnte nicht verhindern, dass sie am nächsten Morgen wieder zu Jaze und den anderen zurückkehrte, doch er freute sich über jede Minute die sie ihm gestattete, ihr Vater zu sein.

Traum oder Wirklichkeit?

Mauzi erwachte nur Sekunden, nachdem Ash und Shio verschwunden waren. „Nanu, warum liege ich denn hier im Dreck?“ Es fragte sich, ob alles nur ein Traum war, doch das Lagerfeuer brannte noch.

„Hey ihr Schwachköpfe, aufwachen!“, versuchte es Jessie und James zu wecken, doch diese drehten sich nur auf die andere Seite.

„Ich sagte: Aufwachen!“, rief Mauzi und setzte Kratzfurie auf die Gesichter seiner Partner ein.

„Au, Mauzi! Was fällt dir ein!“, schrie Jessie und schüttelte das Katzenpokémon.

„Ja, ich hatte gerade so einen schönen Traum!“, bedauerte James. „Von einem Haus voller schöner Sachen und einem kleinen Mädchen mit Zöpfen das mich Papa genannt hat.“

„Hey, das gleiche habe ich auch geträumt!“, bemerkte Jessie.

„Das war kein Traum!“, behauptete Mauzi.

„Und was soll es sonst gewesen sein?“, fragte James skeptisch.

„Der Knirps aus der Zukunft hat uns von unserer Zukunft erzählt und dann hat seine Psychotochter uns schlafen geschickt!“, erzählte Mauzi

Jessie und James sahen sich an und fingen dann an zu lachen. „Da hast du einen total verrückten Traum gehabt“, lachte James.

„Ja, das gute Pokémonfutter muss dir zu Kopf gestiegen sein“, vermutete Jessie. „Wir haben uns die Bäuche voll geschlagen und sind dann eingeschlafen. Ich wünschte nur, wir hätten sein Dedenne stehlen können.“

„Das war Pikachu!“, rief Mauzi.

„In deinen Träumen vielleicht“, meinte James. „Aber irgendwie hätte ich es auch nicht übers Herz gebracht, Dedenne zu stehlen. Mike war so nett, es wäre wirklich fies gewesen sein Pokémon zu stehlen.“

„James, wir sind nun mal fies! Wir sind Team Rocket!“, erinnerte ihn Jessie.

„Und was haben wir davon?“, fragte James.

„Äh, nun ja...“, murmelte Jessie.

„Wir kriegen kein Gehalt, keine Finanzierung für unsere Apparaturen und müssen ständig extra Arbeit annehmen, um über die Runden zu kommen“, zählte James die Nachteile ihres Lebens auf.

„Stimmt eigentlich, irgendwie habe ich da auch so langsam keine Lust drauf“, seufzte Jessie.

„Aber wir können doch nichts anderes!“, erinnerte Mauzi sie.

Die drei seufzten im Einklang. Da bemerkte James eine Tasche neben dem Lagerfeuer und öffnete sie. Mehrere Dosen Pokémonfutter und Suppe kamen zum Vorschein. Oben drauf lag ein Zettel auf dem stand, dass das ihnen ein paar Tage über die Runden helfen würde.

„Mike ist so nett!“, schluchzte Jessie gerührt.

„Ja, das haben wir gar nicht verdient“, weinte James mit.

„Es war der Knirps aus der Zukunft und Pikachu!“, versuchte Mauzi es noch mal.

„Hör auf, unseren Gönner in Verruf zu bringen!“, fuhren Jessie und James ihn an.

Mauzi gab auf, aber es war sich sicher, dass es sich nicht irrte. Es wusste doch, was es gesehen hatte! Es musste diesen erwachsenen Ash und sein Pikachu finden und zur Rede stellen. Oder zumindest seine Psychotochter, auch wenn diese ihm Angst machte. Und er wusste genau, wo diese zu finden sein würde!

„Wir sollten die Knirpse suchen gehen!“, schlug es vor.

„Aber was hat das für einen Sinn?“, fragte Jessie. „Pikachu werden wir eh nie kriegen, das haben wir oft genug versucht.“

„Ja, wir sollten uns lieber eine ordentliche Arbeit suchen“, schlug James vor.

„Du meinst ganz regulär arbeiten wie jeder andere auch? Klingt langweilig“, meinte Jessie.

„Dann müssen wir eine Arbeit finden, die aufregend ist und genau zu uns passt“, sagte James motiviert. „Damit unsere Tochter einmal stolz auf uns sein wird.“

„Unsere Tochter? Du spinnst wohl!“, rief Jessie. „Niemals!“

Mauzi sah James an, wie sehr ihn das traf und Jessie, dass sie unter dem Ausbruch nur ihre Verlegenheit verbarg. Wie die zwei mal eine Tochter haben würden, blieb ihm schleierhaft. Aber es würde auf jeden Fall seinen Namen rein waschen! Koste es, was es wolle!

Sommerfest im Beerengarten

Ash, Misty und Rocko trafen beim Frühstück auf Jaze. Er sah aus, als hätte er die ganze Nacht nicht geschlafen.

„Guten Morgen“, grüßte ihn Ash. „Was hat dich denn wach gehalten?“

„Meine Forschung“, gähnte Jaze. „Ich wollte nur ein paar Notizen machen und ehe ich mich versah war es nach drei.“

„Du scheinst wirklich für Liponsteine zu brennen“, merkte Rocko an.

„Sie sind ja auch faszinierend!“, rief Jaze, plötzlich hellwach. „Alles was wir auch in meiner Zeit wissen ist, dass sie Pokémon verstärken. Wir wissen nicht, wie sie entstehen oder warum sie diese Wirkung haben. Wenn ich das Rätsel lösen kann, wird die ganze Welt sehen, dass ich der großartigste Forscher alles Zeiten bin!“

„Sehr ehrgeizige Ziele“, meinte Misty. „Dass du bei deiner Forschung noch zum Reisen kommst, wundert mich.“

„Ich kann das halt“, grinste Jaze stolz. „Ich werde der erste forschende Pokémonmeister der Welt!“

„Vielleicht etwas zu ehrgeizig“, murmelte Ash und wollte lieber das Thema wechseln. „Wo ist Shio?“

Jaze zog eine beleidigte Grimasse. „Keinen Schimmer. Das letzte was ich gehört habe war 'Dad braucht mich' und schwupp war sie verschwunden.“ Er versucht Shio auf lächerliche Weise nachzuahmen, wofür er ein paar Lacher erntete.

„Dann wissen wir wenigstens bei wem sie ist“, meinte Misty sichtlich erleichtert.

„Du solltest dir nicht so viele Sorgen um sie machen“, fand Ash. „Wir wissen doch, dass sie auf sich aufpassen kann.“

Diese Kritik hörte Misty nicht gerne. „Du solltest dir wenigstens ein paar Sorgen um sie machen! Muss ich dich daran erinnern, dass eine ganze Organisation hinter ihr her ist?“

„Wenn die auftauchen kann sie doch einfach wegteleportieren oder sich mit Psychokinese verteidigen. Sie ist ein kluges Mädchen. Vertrau ihr einfach!“, sagte Ash.

„Dass sie nicht so unvorsichtig ist wie du, heißt nicht, dass sie es alleine mit denen aufnehmen kann!“, rief Misty. „Wer weiß, was die noch so alles in der Hinterhand haben?“

„Egal was, Shio wird das schaffen!“, behauptete Ash und es entwickelte sich ein Starrkampf. Dieser wurde von Jaze Nachrichtenton unterbrochen. Alle Blicke wandten sich auf ihn, was ihn doch etwas einschüchterte.

„Von Shio“, stellte er fest und las vor: „Hört auf euch zu streiten. Ich komme nach dem Frühstück zurück. Benehmt euch solange.“

Verstimmt schweigend setzten Ash und Misty sich hin und begannen mit dem Frühstück. „Gehen wir dann heute noch Mal in die Mine?“, wollte Misty wissen.

„Das wäre doch Zeitverschwendung!“, rief Ash. „Wir sollten uns lieber schnell den nächsten Orden sichern!“

„Aber uns fehlen Kampfliponsteine“, erinnerte ihn Misty.

„Na und? Meine Kampfpokémon sind auch ohne stark!“, argumentierte Ash. „Wenn wir noch Mal in die Mine gehen, verlieren wir mindestens zwei Tage!“

„Aber dafür bekämen wir einen Vorteil!“, sagte Misty eindringlich. Erneut wurde ihr Gespräche durch eine Nachricht unterbrochen.

„Ich meine es ernst, lasst das Streiten!“, las Jaze vor.

Ash und Misty funkelten sich an, als wäre es ein Wettkampf, wer die Route bestimmen durfte.

„Misty hat Recht, was die Liponsteine angeht“, entschied sich Rocko für eine Seite. „Es kann nur Vorteile haben, sich gründlich vorzubereiten. Sieh es als eine Chance für ein intensives Training an.“

„Und Training haben wir nötig“, pflichtete ihm Misty bei.

„Da hast du Recht“, seufzte Ash.

„Schön, dass ihr euch einig seid, aber die Mine ist geschlossen“, stellte Jaze fest und legte seinen PokéTerm so auf den Tisch, dass die anderen drei lesen konnten, was dort stand. „Es sieht so aus, als sei es mit der Garpasituation zur Zeit zu gefährlich, dort zu schürfen. Und den Aufzug müssen sie auch noch reparieren.“

„Und das kannst du in deinem PokéTerm lesen?“, wunderte sich Ash.

„Klar, steht alles im PIN“, meinte Jaze.

„Im was?“, hakte Ash nach.

„Davon habe ich gehört“, stellte Rocko fest. „Das Pokémon Informationsnetzwerk, kurz PIN. Das ist etwas ganz neues, dass den Austausch von Pokémondaten einfacher machen soll.“

„Ganz genau“, bestätigte Jaze. „In unserer Zeit ist es nicht mehr wegzudenken, aber hier ist es gestern erst eingeschaltet worden. Im Moment ist es nur von den Computern in den Pokémon Centern erreichbar, aber bald werden sie Pokénavs, Pokétch und all die anderen Geräte aufrüsten und Sendemasten einrichten, damit man von überall darauf zugreifen kann.“

„Das ist ja cool!“, rief Ash.

„Nicht wahr?“, grinste Jaze. „Und der geniale Kopf dahinter ist niemand anderer als Professor Tann.“

„Was, Professor Tann? DER Professor Tann?“ Ash wirkte sehr ungläubig.

„Traut man ihm gar nicht zu“, meinte Misty.

„Zumindest nicht auf den ersten Eindruck“, fügte Rocko hinzu. „Wenn wir ihn besser kennengelernt hätten, würde es uns sicher nicht so sehr überraschen.“

„Vermutlich“, stimmte Misty ihm zu.

Jaze nickte und war schon wieder mit seinem PokéTerm am Gange. „Rocko, du wolltest zum Beerengarten, der auf dem Weg nach Magnos City liegt, richtig?“

„Stimmt“, bestätigte Rocko.

„Das trifft sich gut. Da ist heute ein Sommerfest“, erzählte Jaze.

„Sehr gut!“, rief Ash.

„Besonders da es auf dem Weg liegt, richtig?“, neckte ihn Misty.

„Haha, erwischt“, lachte Ash verlegen.

„Dann holen wir jetzt die Talismane bei der bezaubernden Kokomi ab und dann nichts wie auf zum Beerengarten!“, rief Rocko und eilte davon.

„Der ändert sich wohl nie“, seufzte Misty, doch zogen sie, Ash und Jaze es vor ihr Frühstück zu beenden, bevor sie Rocko folgten.

Der Besuch bei Kokomi war kurz und rein geschäftlich und die Freunde hatten gerade die Stadt hinter sich gelassen, als Shio wieder an ihrer Seite auftauchte. „Was hab ich verpasst?“, fragte sie überraschend ausgelassen und ging neben ihnen her.

„PIN ist online“, erzählte Jaze, „und wir gehen zum Beerengarten.“

„PIN ohne PokéBook? Das kann ich mir gar nicht vorstellen“, lachte Shio. „Und auf den Beerengarten bin ich gespannt. Da müsste es noch eine Beere geben, die in unserer Zeit aus irgendwelchen Gründen ausgestorben ist.“

„Vielleicht können wir etwas Saat ergattern, dann können sie die Beere in unserer Zeit mit den neuen Erkenntnissen nachzüchten und wir gehen dafür in die Geschichte ein“, schlug Jaze vor.

„Mach dich nicht lächerlich“, schallte ihn Shio. „Ich bin dafür, die Saat mitzunehmen, aber wir werden sie anonym spenden. Es muss niemand wissen, woher wir die haben werden.“

„Hoppla, das klingt ja richtig verschwörerisch“, meinte Rocko.

„Ja, und du bist ungewöhnlich entspannt“, stellte Ash fest.

„Und was ist mit deinem Bein?“, wollte Misty besorgt wissen.

Shio lächelte. „Ich hatte beim Frühstück eine sehr ergiebige Unterhaltung mit meinem Vater und danach ein sehr fruchtbares Training“, erklärte sie. „Was mein Bein angeht: Es tut weh. Ich tue nur so als würde ich laufen, aber eigentlich schwebe ich. Ich bin entspannt, weil mir klar geworden ist, dass unsere Anwesenheit hier den Lauf der Dinge nicht verändert. Ich brauche also gar nicht so akribisch aufpassen nichts falsch zu machen, wie ich es bisher getan habe. Das bedeutet aber nicht, dass ich euch mehr aus der Zukunft erzählen werde“, fügte sie hinzu, als sie solche Gedanken von ihren Freunden vernahm.

„Schade“, meinte Ash scherzhaft. „Aber was für ein Training hast du mit deinem Vater gemacht?“

„Er hatte eine Idee, warum das Teleportieren nicht funktioniert hat – und er hatte recht“, sagte Shio.

„Ash hatte eine Idee? Na sieh mal einer an“, neckte Misty.

„Hey, hältst du mich etwa für blöd?“, rief Ash.

„Ganz und gar nicht“, sagte Misty und hakte sich bei ihm ein. „Du hast manchmal eine lange Leitung und bist etwas naiv in deinen Ansichten, aber das ist süß.“

Ash sah zur anderen Seite und kratzte sich verlegen an der Nase. Er wusste, dass sie Recht hatte, aber er wollte es ungern offen zugeben.

Shio lächelte siegessicher. Sie hatte sich Sorgen gemacht, als sie während des Frühstücks für längere Zeit durchsichtig wurde, aber es schien doch alles in einem verträglichen Bereich zu sein.

„Und welche Idee hatte dein Vater?“, hakte Jaze nach.

„Die Mitteleportierenden müssen genauso an das Ziel denken wie ich“, erklärte Shio, „oder an mich.“

Jaze legte nachdenklich die Hand ans Kinn. „Beeinflussen die Gedanken der weiteren Personen den Ort?“

Shio nickte bestätigend. „Wenn wir uns auf verschiedene Wegpunkte konzentriert haben, kamen wir genau in der Mitte heraus.“

„Dann wurde also aus 'Bergarena' und 'Durst' ein Bergsee“, schlussfolgerte Jaze.

„Wahrscheinlich“, bestätigte Shio.

„Das ergibt Sinn“, stimmte Rocko zu.

„Hey, dann könntest du uns in Sekunden nach Magnos City bringen, richtig?“, fragte Ash aufgeregt.

„Oder in ein Paar Stunden nach Kanto“, meinte Shio. „Die einzige Grenze ist, dass ich eine Person oder einen einzigartigen Ort kennen muss, sonst greift der Zufall.“

„Dann könnten wir heute Abend schon die Arena herausfordern!“, rief Ash begeistert.

„Nichts da“, widersprach Misty. „Hast du vergessen, dass wir auf dem Weg zum Beerengarten sind? Heute darf Rocko mal bestimmen, wo es hin geht, dass sind wir ihm schuldig.“

„Sehr freundlich“, dankte dieser. „Aber ich glaube auch nicht, dass wir teleportieren sollten. Wir würden so viele spannende neue Orte, Freunde und Pokémon verpassen, das wäre es mir nicht wert.“

„Da hast du Recht“, gab Ash zu. „Na gut, bleiben wir beim Laufen.“

Seine Freunde nickten zustimmen und sie gingen gemeinsam weiter, sodass sie am frühen Nachmittag am Beerengarten ankamen. Ein bunt geschmückter Bogen überspannte den Eingang, hinter dem sich Buden mit Beerengerichten und beerenbasierten Spielen aufreihten.

„Das sieh alles toll aus“, meinte Rocko. „Womit sollen wir anfangen?“

„Die Beerenshakes sehen gut aus“, meinte Misty.

„Klingt gut, ich habe ziemlich Durst“, stimmte Ash ihr zu.

Sie gingen zu dem Stand, der Beerenshakes verkaufte. Unter der Karte mit den gewohnten Geschmacksrichtungen stand eine Herausforderung: Wer einen Tamotbeerenshake vollständig austrinken könne, erhielte einen Beerenkorb umsonst.

„Aus den Beeren könnten wir Pokémonfutter, Blocks oder Knurpse machen“, überlegte Rocko.

„Das is' richtig“, bestätigte der Verkäufer. „Hinten is' 'n Zelt, da könnta se gleich verwerten.“

„Klasse! Ich probiers!“, rief Ash.

„Aber Ash, du weißt doch, wie schlecht du auf Tamotbeeren reagierst“, erinnerte ihn Rocko.

„Ach, das ist doch Jahre her!“, winkte Ash ab. „Damals war ich noch ein Kind.“

„Wetten, ich kann mehr von dem Shake trinken als du?“, forderte Jaze ihn heraus.

„Die Wette gilt!“, rief Ash.

„Also drei Mal die Herausforderung bitte“, bestellte Shio.

„Du auch?“, wunderte sich Misty.

„Aber sicher!“, grinste Shio, während ihre zukünftige Mutter sich still Sorgen um ihre Gesundheit machte, die sie ignorierte.

Die drei Herausforderer griffen gleichzeitig nach ihren Getränken und stießen an, bevor sie zu trinken begannen. Ash und Jaze waren vollkommen synchron. Sie sogen am Strohhalm und man konnte sehen, wie ihre Gesichter immer röter anliefen, ihre Augen begannen zu wässern und dann ließen sie feuerspuckend von den Getränken ab.

Der Verkäufer lachte. „Die Hälfte! Kein schlechtes Ergebnis, aber kein Gewinn! Und was ist mit der jungen Dame?“

Shios Gesicht war leuchtend rot, ihr strömten die Tränen die Wangen runter und es schien, als käme Rauch aus ihren Ohren. Den Strohhalm tief im Mund war sie unter den Anfeuerungsrufen ihrer Freunde noch immer am Schlucken und man sah das Getränk im durchsichtigen Becher weniger werden, bis ein beständiges, schlürfendes Geräusch zeigte, dass kein Getränk mehr enthalten war.

Der Verkäufer läutete eine Glocke. „Wir haben eine Gewinnerin!“

Diese ließ den Becher fallen und entließ eine glurakwürdige Feuersbrunst gen Himmel. Hölle!, hallte es in den Köpfen ihrer Freunde wieder.

„Azurill, komm raus!“, rief Misty. „Kühl sie mit Eisstrahl!“ Ihr Pokémon gehorchte und überzog Ash, Jaze und Shio mit einer Eisschichte.

„Anofisch!“, fuhr Misty fort, „tau sie mit Flammenwurf wieder auf!“ Der Dampffisch erschien und folgte den Anweisungen.

„Danke für die Hilfe“, murmelte Ash, gefolgt von einem Niesen.

Shio wollte auch etwas sagen, aber es kam nicht mehr als ein Röcheln heraus. Sie verzog das Gesicht und legte eine Hand an ihren Hals.

„Es war wohl doch keine so gute Idee, die Zunge umgehen zu wollen, was?“, feixte Jaze.

„Wenigstens habe ich gewonnen“, hallte es in beleidigtem Ton in den Köpfen der Freunde wieder. „Und jetzt bestellt mir einen Nanabbeerenshake.“

Misty konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und orderte eine Runde Shakes für alle, während Shio ihren Preis entgegen nahm. Der Shake linderte den Schmerz, aber sprechen konnte sie noch immer nicht. Zum ersten Mal war sie dankbar für ihre neue Fähigkeit, denn so konnte sie ihre Meinung trotzdem zum Ausdruck bringen. So passte sie zum Beispiel beim Sinelbeerentauchen, feuerte aber Ash und Misty an, die versuchten den Budenrekord zu brechen. Diesen Sieg brachte jedoch Jaze dem Team ein und er erhielt dafür ebenfalls einen Beerenkorb. Rocko gewann einen bei einem Blindverkostungswettbewerb und Misty und Ash konnten gemeinsam einen doppelten beim Paarbeerenlauf ergattern, bei dem sie zu Zweit eben diesen Korb schneller als jedes andere Pärchen ohne Verlust zum Ziel bringen mussten. Zum Abschluss der Spiele versammelten sie sich einträchtig um die Beerenmixer und Knurpstöpfe und verarbeiteten ihre Beute. Hierbei stellte sich Shios kommunikatives Talent zum Vorteil heraus, denn sie verhandelte mit den Pokémon um deren bevorzugte Geschmacksrichtungen und den Zielen ihrer Trainer. Besonders die Kokli hatten ganz spezielle Vorstellungen, wie ihr Futter auszusehen hatte: Rohe Beeren, die sorgfältig zur Seite gelegt wurden.

Während die Geräte arbeiteten, bemerkte Ash ein paar junge Erwachsene in den T-Shirts der Gartenmitarbeiter, welche aufgeregt hin und her liefen und untereinander tuschelten. Er ging zu ihnen und fragte, ob etwas passiert sei.

„Wir werden wohl die Mutprobe durch die Plantage ausfallen lassen müssen“, erklärte ein junger Mann. „Sie hat Tradition und besonders die Jugendlichen freuen sich jedes Jahr darauf, aber der Verantwortliche ist krank geworden und niemand kann ihn ersetzen. Wir haben keine Zeit mehr, alles aufzubauen.“

„Das ist ja schade“, fand Ash. „Können wir irgendwie helfen?“

„Überlassen sie das mir“, krächzte Shio mit rauher Stimme. „Ich habe ein paar geniale Ideen. Aber ich werde ein paar eurer Pokémon brauchen.“
 

Die Sonne war untergegangen. Ash, Misty, Rocko und Jaze standen an der Startlinie für die Mutprobe. Sie hatten von Shio die strikte Anweisung erhalten, sie nicht zu behelligen und waren nun sehr gespannt, was sie wohl plante.

„Ob sie ihre Fähigkeiten einsetzen wird?“, überlegte Rocko laut.

„Sicher nicht“, sagte Jaze. „Dafür machen die sie zu müde. Sie hat irgendwas mit dem Pokémon vor.“

„Das denke ich auch“, stimmte Misty ihm zu. „Famian war eine logische Wahl, es ist ja ein Geist.“

„Ja, aber was will sie mit Kleinstein, Anofisch, Pikachu und den anderen?“, wunderte sich Ash.

„Lassen wir uns einfach überraschen“, meinte Rocko.

Sie begaben sich zur Anmeldung, um sich Startnummern zu holen. Man konnte sich entweder als Paar registrieren lassen, oder in einer Lotterie einen Partner ziehen. Ash und Misty wählten die erste Option, Rocko und Jaze ließen sich Partner zuteilen. Rocko wurde mit einem vierzehnjährigen Mädchen gepaart, dass sich sofort in ihn verliebte, aber nicht sein Typ war und Jaze musste mit einem zehnjährigen Jungen gehen, der zum ersten Mal mitmachen durfte und vor Aufregung die ganze Zeit brabbelte.

Die Paare wurden in fünf Minuten Abschnitten eingelassen. Jaze wurde immer und immer genervter von seinem Anhängsel.

„Glaubst du, dass es wirklich gruselig wird? Ich meine so richtig gruselig?“, fragte er Jaze.

„Wird wohl“, brummte dieser.

„Ich weiß ja nicht. Leute, die als Geist verkleidet aus dem Gebüsch springen sind nicht wirklich gruselig“, behauptete der Junge, dessen Namen Jaze nicht interessierte, auch wenn er sich vorgestellt hatte.

„Ich glaube nicht, dass sie sich mit sowas zufrieden geben würde“, meinte Jaze. In diesem Augenblick hörte man aus dem dichten Baumbestand vor ihnen eine Frau kreischen.

„Das klang fake, findest du nicht auch?“, meinte der Junge großspurig. „Ich meine, da will uns nur jemand vorab beunruhigen.“

„Das wäre untypisch“, entgegnete Jaze.

„Untypisch für wen?“, wollte der Junge wissen.

Jaze grinste verschwörerisch. „Der Geist, der die Plantage heimsucht. Hast du davon etwa noch nie gehört?“

„N-Natürlich habe ich das!“, rief der Junge und versuchte ein mutiges Gesicht aufzusetzen. „Aber das sind alles nur Ammenmärchen!“

„Wir werden ja sehen“, meinte Jaze amüsiert und konnte nicht abwarten, dass dieser Junge sich die Seele aus dem Leib schrie, so wie der Mann, dessen Stimme ihnen durch die Bäume entgegen hallte.

Rocko hatte ganz andere Probleme mit seiner Partnerin. „Oh, das klingt aber wirklich gruselig“, sang diese eindeutig unbeeindruckt und klammerte sich an Rockos Arm. „Du musst mich gaaaanz festhalten, sonst kriege ich vor Angst noch einen Herzinfarkt.“ Dabei drückte sie ihren kaum vorhandenen Brustansatz gegen seine nackte Haut.

„Es wird schon nicht so schlimm sein“, seufzte Rocko und versuchte, seinen Arm zu befreien. „Im Endeffekt ist doch alles nur ein Spiel.“

„Oh, aber ich bin mir gaaaanz sicher, dass mein Herz stehen bleiben könnte. Aber ein starker Mann wie du wird mich doch beschützen können?“, säuselte seine Partnerin und schmiegte sich nur enger an ihn.

„Immer ich“, murmelte Rocko und sah zu, wie zwei junge Frauen, das erste Paar, aus dem Labyrinth heraus stolperten. Sie sahen ein wenig derangiert aus und ihre Gesichter waren Kreidebleich, doch ihre Schönheit wirkte noch immer auf Rocko und nur der Klammergriff hielt ihn davon ab, zu ihnen zu laufen.

Die Frauen sahen sich an, dann den Weg zurück, dann wieder sich und fingen an zu lachen. „Hammer! Das war der Hammer! Wie hat sie das nur gemacht?“, rief die eine.

„Keine Ahnung, aber ich hatte noch nie so viel Angst! Das war die beste Mutprobe aller Zeiten!“, lachte die Andere und plaudernd gingen sie zu einem Mitarbeiter, der jedem erfolgreichen Teilnehmer der Mutprobe ein Erinnerungsfoto überreichte, dass wohl irgendwo im Lauf der Strecke geschossen wurde.

Ash und Misty waren nun fast dran. Da sie nicht erst einen Partner suchen mussten, standen sie ein gutes Stück vor ihren Freunden in der Schlange. Nach dem ersten Schrei hatte Misty Ashs Hand gegriffen.

„Beruhig dich“, meinte Ash und drückte ihre Hand. „Es sind nur Shio und unsere Pokémon. Und außerdem bin ich doch bei dir.“

„Ich weiß“, sagte Misty ein wenig beschämt. „Aber es klingt, als habe Shio sich ganz schön gemeine Sachen einfallen lassen.“

„Aber schau doch, alle die rauskommen lachen“, meinte Ash und deutete auf das bereits dritte Paar, dass erschöpft lachend aus dem Parcours gelaufen kam.

„Das nächste Paar bitte!“, rief ein Mitarbeiter.

„Das sind wir“, meinte Ash und zog Misty an der der Hand mit sich zwischen die Bäume.

Sie gingen ein Stück und mussten dann um eine Ecke gehen. Hier, außerhalb der Sichtweite von außen, waberte ein dichter, feiner Nebel, der sich kühl auf die Haut legte. Misty erschauerte in ihrem sommerlichen Outfit und drängte sich dicht an Ash, wobei sie sich umsah.

„Schau mal, da oben“, sagte dieser und deute auf etwas. Die Baumkronen waren mit Spinnweben behangen, über die gelegentlich ein Blitz zuckte.

„Hier gibt’s doch keine Käfer?“, meinte Misty und bekam ein ungutes Gefühl in der Magengegend, das sie auf eine Flucht nach hinten führen wollte.

„Das wäre deine größte – AH!“, rief Ash plötzlich und Misty schrie zeitgleich mit ihm auf. Etwas hatte sie an ihren Knöcheln gepackt. Misty rannte schreiend los und zog Ash mit sich mit.

„Beruhig dich, Misty!“, flehte dieser und hielt gegen, wodurch er sie zum stehen brachte. Sie hätte ihn sonst vom Kurs weggezerrt und er war gespannt, was Shio sich noch hatte einfallen lassen. „Das war bestimmt nur Kleinstein.“

Misty atmete heftig. „Du hast recht. Bestimmt nur Kleinstein.“

Ash konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und legte einen Arm um Misty, um sie weiter zu führen. Sie brauchten nicht lange zu gehen, da hörte Misty ein Tropfen. Ash lauschte in die Stille und vernahm es auch. Das hier war eine Plantage, auf der es eigentlich keinen Wasserlauf geben sollte. Neugierig folgten sie dem Geräusch. Der Nebel war so dicht, dass sie den Boden nicht sehen konnten. Misty erschrak, als sie plötzlich in eine Pfütze trat.

„Na toll, jetzt habe ich Wasser im Schuh“, beklagte sie sich.

„Wenn es nur das ist“, lachte Ash.

Plötzlich schrie Misty auf und sprang hinter Ash. „Etwas hat mich berührt!“

„Bildets du dir das nicht ein?“, meinte dieser und ging näher an die Pfütze. Plötzlich schossen vier lange Ranken daraus hervor, die im Nebel bedrohlich tanzten. Ash und Misty schrien dieses Mal gemeinsam auf und wichen ein Stück zurück. Da legten sich ihnen von hinten weißschimmernde Klauen um die Hälse. Misty bekam einen Schreikampf und rannte wieder blind drauflos.

Ash, der sich wieder nicht gegen sie wehren konnte, sah zurück und sah Famian dort schweben und glaubte neben ihm die Schatten von Bisaknosp und Meganie zu erkennen. Er zeigte seinen Pokémon den lobenden Daumen hoch, bevor er sich daran machte, Misty wieder zu beruhigen.

„Das war echt gerissen, den Rankenhieb so einzusetzen“, lachte er und streichelte der schwer atmenden Misty beruhigend über den Rücken.

„Dieses Mädchen wird mich noch umbringen“, klagte Misty.

„Niemals, das wäre ja ein Nachteil für sie“, grinste Ash und nahm seine Freundin wieder an der Hand. Er fand es süß, wie sehr sie sich für Mut und Halt an ihn klammerte.

„Wenn das so weiter geht, wird sie ihre Chancen verspielen“, murrte Misty.

„Ach komm schon, wir haben es ja fast geschafft“, munterte Ash sie auf und zog nun sie weiter. „Sieh mal, da vorne ist schon der Ausgang.“ Er zeigte auf einen Lichtschein am Ende des Weges. Mistys Gesicht hellte sich auf und sie ging hoffnungsvoll etwas schneller. Doch je näher sie dem Licht kamen, desto sicherer wurden die beiden sich, dass es nicht der Ausgang war. Der Lichtschein tanzte im Nebel. Dann begannen um sie herum Irrlichter zu erscheinen. Sie folgten diesen mit den Augen zu den Bäumen. Etwas rührte sich im Baum genau neben ihnen: Eine menschliche Gestalt hob sich langsam vom Baum ab. Dann schoss diese plötzlich schwebend auf sie zu und rief mit rasselnder Stimme: „Verschwindet!“

Ash und Misty schrien lauter als zuvor, doch dieses Mal rannte Misty nicht weg. Sie blieb wie versteinert stehen und starrte mit klappernden Zähnen Shio an, die kopfüber mit Zombiemake-up und eine Grimasse ziehend vor ihr schweben blieb. Diese drehte sich um und winkte mit der Hand vor Mistys Augen, bevor sie ratlos zu Ash sah.

Dieser brach an schallendes Gelächter aus. „Genial!“, rief er. „Absolut genial! Findest du nicht auch Misty?“

Diese gab seltsam lachende Töne von sich, die immer flüssiger wurden und zu einem genauso ehrlichen Lachen wurden wie Ashs. „Ja, wirklich genial“, lachte Misty und wischte sich die Angsttränen aus den Augen. „Damit habe ich nicht gerechnet.“

Shio grinst stolz wie ein Honigkuchenpferd, bevor sie das Pärchen weiter winkte, da schon das nächste im Anmarsch war. Die zwei erholten sich draußen mit einem warmen Tsitrubeerensaft und betrachteten die Fotos, die immer dann aufgenommen wurden, wenn Famian den Besuchern die Klauen an die Hälse legte. Dabei machte es sich einen Spaß daraus, verschiedenen Grimassen zu schneiden, die ganz und gar nicht zu den panischen Gesichtern der Pärchen passte. Auf ihrem machte Famian einen Knutschmund in die Kamera, was mit deinem langen Maul und den spitzen Zähnen sehr lustig aussah.

Rocko war der nächste, der aus dem Parcours heraus kam. Seine Partnerin hatte ihn bereits nach Kleinsteins Greifer verlassen und war in blinder Panik lange vor ihm und dem Paar vor ihnen herausgekommen und hatte das Fest übereilt verlassen.

Als Jaze zu ihnen stieß, hatte er den Jungen noch bei sich, doch trug er ihn wie einen Mehlsack unterm Arm und überreichte ihm am Ausgang einem Mitarbeiter. „Der hat Shio gesehen und ist in Ohnmacht gefallen“, erzählte er. „Und an der Pfütze hat er sich in die Hose geschissen. Ich hoffe doch, ich stinke nicht nach ihm?“

Seine Freunde versicherten ihm, dass dem nicht so war, aber sie alle amüsierten sich über ihre Fotos. Rockos solo hatte Famian so ausgefüllt, dass er den Partner gespielt und sich selbst die zweite Klaue an die Kehle gelegt hatte. Auf Jaze Foto sah man eindeutig, dass es angewidert die Nase rümpfte.

„Dein Famian ist Theatermaterial“, meinte Rocko.

„Erst mal ist es Kampfmaterial“, widersprach Ash ihm. „Aber wenn es mal Theater machen will, werde ich ihm eine Möglichkeit geben.“

Als das letzte Pärchen seine Runde absolviert hatte, waren Shio und die Pokémon erlöst. Die Mitarbeiter des Beerengarten versprachen, sich um das Aufräumen zu kümmern. Shio wusch sich das Make-Up ab, bevor sie sich wieder zu ihren Freunden gesellte.

„Schade, dabei warst du so ein süßer Zombiegeist“, meinte Jaze und reichte ihr einen Becher dampfenden Beerensaft. Sie setzte sich neben ihn und bließ den Dampf weg, bevor sie etwas daran nippte. „Das tut gut. Mein Hals tut weh wie Hölle“, ließ sie ihre Freunde telepathisch wissen.

„Du musst mehr auf dich achten“, mahnte Misty. „Du könntest dich ernsthaft verletzen.“

„Aber ohne die raue Stimme wäre es nur halb so gruselig gewesen“, verteidigte Ash Shios Entscheidung.

„Du bist mal ganz still“, meinte Misty ernst. „Dieses sich selbst für andere verletzen muss sie von dir haben.“

„Tja, und mindestens vierzig Jahre werde ich es überleben“, entgegnete Ash. „Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.“

„Ich kann aber nicht anders“, schmollte Misty in ihren Becher hinein. Ash legte seinen Arm um sie und zog sie liebevoll an sich. Ihre mütterliche Fürsorge sowohl für ihre Pokémon, als auch ihre Freunde und nicht zuletzt ihre Familie war eine ihrer Stärken, die Misty besonders durch die Versorgung Togepis gefunden und gepflegt hatte. Ash verstand, dass sie nur streng zu ihm war, weil sie sich Sorgen um seine und ihre gemeinsame Zukunft machte und dafür liebte er sie nur umso mehr. Trotzdem blieb er ein Freigeist und das würde sich, wie er wusste, niemals ändern, egal wie streng Misty zu ihm sein würde.

Jungs unter sich

Shios Einsatz bei der Mutprobe hatte ihr und ihren Freunden eine Übernachtungsmöglichkeit im Saisonarbeiterhaus des Beerengartens eröffnet. Es gab eine strenge Politik was die Geschlechtertrennung anging, weshalb Misty und Shio von Ash, Rocko und Jaze getrennt untergebracht wurden.

Die Jungs teilten sich ein Zimmer mit zwei Stockbetten und einem eigenen Bad, vor dem Ash gerade stand und an die Tür hämmerte. „Hey, beeil dich mal!“, forderte er.

„Mach nicht so einen Stress“, tönte Jaze Stimme von der anderen Seite der Tür.

„Du bist aber schon eine halbe Ewigkeit da drin!“, warf Ash ihm vor. „Du brauchst ja länger als ein Mädchen!“

Jaze öffnete die Tür. „Gutes Aussehen braucht eben seine Zeit.“ Ash konnte an ihm keinen Unterschied zu vor dem Badbesuch feststellen, doch das interessierte ihn auch nicht wirklich. Er musste sich dringend erleichtern.

„Das ist das erste Mal, dass wir mit dir ein Zimmer teilen“, stellte Rocko Jaze gegenüber fest.

„Das ist das erste Mal, dass Shio sich nicht durchgesetzt hat“, meinte Jaze. „Sie schirmt mich förmlich von euch ab. Sie ist total paranoid und glaubt, ich würde euch Dinge erzählen, die ihr nicht wissen braucht.“

„Wenn man bedenkt in welcher Lage sie ist, kann ich das schon verstehen. Allerdings hätte ich schon ein paar Fragen“, gab Rocko zu.

„Hey, ich will mir keine Ärger einholen“, wehrte Jaze ab. „Mal davon abgesehen, dass ich sowieso nichts zu dir sagen kann. Mein Dad hat zwar deinen Namen gelegentlich fallen lassen, aber ich kann mich nicht erinnern, in welchem Kontext.“

„Ach, das macht doch nichts“, sagte Rocko, aber er klang nicht überzeugend. Er wollte zu gerne wissen, ob sein Traum,eine Familie mit Schwester Joy oder Officer Rocky zu gründen, in Erfüllung gehen würde. „Was ist eigentlich mit deinen Eltern?“, versuchte Rocko es. „Deinen Vater kennen wir ja, aber was ist mit deiner Mutter? Kennen wir sie auch?“

„Soweit ich weiß, lernt ihr sie niemals kennen“, meinte Jaze.

„Wen lernen wir nie kennen?“, wollte Ash wissen, der gerade aus dem Bad kam.

„Meine Mutter. Die beiden kennen sich noch nicht und ich glaube nicht, dass Dad sie jemals einem von euch vorstellen würde“, behauptete Jaze.

Ash verschränkte nachdenklich die Arme. „Seltsam, dabei hätte ich wetten können, dass Gary mit Green zusammen kommt.“

„Wer ist Green?“, fragte Rocko nach.

„Ein Mädchen aus Alabastia. Sie ist ein bisschen eigensinnig und flippig, aber eigentlich ganz nett. Sie hat sich nie von Gary einschüchtern lassen, das hat ihn schon immer irritiert“, erklärte Ash. „Ich habe sie seit Jahren nicht gesehen. Ich glaube, dass sie auch auf Trainerreise ist.“

„Green klingt auf jeden Fall nach einer interessanten Person. Vielleicht treffen wir sie ja eines Tages“, überlegte Rocko.

„Ja, dann könnte ich mich mit ihr messen!“, rief Ash begeistert, unterstützt von seinem Pikachu.

Jaze kommentierte das nicht, sondern sah schweigend aus dem Fenster. Ob Shio ihn gerade überwachte? Mit ihrer Fähigkeit, durch anderer Leute Augen zu sehen, würde es ihr sicher leicht fallen. Jaze grinste siegessicher. Sollte sie ihn ruhig überwachen, er hatte sich keine Blöße gegeben. Ash hatte keine Ahnung, dass Green Jaze Mutter war und dass er Rocko nicht kannte, war auch eine Lüge. Jeder Trainer, der was auf sich hielt, kannte Rocko den Züchter. Sein Kochbuch für Pokémonfutter war ein Muss für jeden, dessen Pokémon zu Siegern heranwachsen sollten. Wer sicher sein wollte und fleißig gespart hatte, ließ sich von ihm ein Pokémon züchten. Jaze hatte gespart, seit Jahren schon, doch noch reichte es nicht. Er hoffte auf Shios Vitamin B, damit er einen Rabatt bekam, sobald er zurückkehrte. Oh, wie er sie beneidete, dass Rocko ihr einfach ein Felilou schenkte! Und wie er erfahren hatte, auch ein Fiffyen zum elften Geburtstag! Er wurde schon fast gelb vor Neid! Warum hatte sein Vater nicht solche Freunde?!

„Ist alles okay mit dir?“, wollte Rocko wissen, der Jaze Mienenspiel beobachtet hatte.

„Nein, nichts ist okay!“, rief dieser. „Du wirst mir gefälligst ein Pokémon züchten!“

Rocko sah ihn verblüfft an. „Das kann ich gerne machen, aber noch bin ich kein Züchter. Du kannst mich ja dran erinnern, wenn du wieder in deiner Zeit bist.“

„Shio wird dir die Erinnerung daran ausradieren“, schmollte Jaze, hockte sich auf sein Bett und malte Kreise auf die Bettdecke.

„Ja, das ist doof“, sagte Ash mitfühlend.

„Hey, kann es sein, dass du gelogen hast?“, fragte Rocko plötzlich.

Jaze zuckte zusammen. Da war sein Ego schneller gewesen, als sein Verstand. Flink huschte er unter seine Decke und wandte Ash und Rocko den Rücken zu. „Glaub doch was du willst.“ Hinter sich hörte er die beiden verhalten lachen und er stellte sich die Standpauke vor, die er für dieses Ausrutscher erhalten würde.

„Mach dir nicht so viele Gedanken, Jaze. Eine wirkliche Überraschung ist das nun wirklich nicht“, meinte Ash. „Das Rocko einmal ein großartiger Züchter sein wird, wissen wir schon seit Jahren.“

„Lieb, dass du das denkst, Ash, aber ich habe noch einen weiten Weg vor mir“, sagte Rocko verlegen.

„Das sagst du immer, doch für uns bist du schon der größte Züchter der Welt“, grinste Ash. „Und ich werde der größte Pokémonmeister der Welt!“

Ja, das würde er werden, aber Jaze hütete sich, ihn das wissen zu lassen. Zuerst musste Ash noch ein paar Hürden meistern. Allen voran die nächste Arena in Magnos City.

Unter den Ruinen

Der Pfad war schmal, steil und stellenweise rutschig, da kurz zuvor ein Gewitter über die Berge gezogen war. In der Ferne konnten Ash und seine Freunde die Wolken davonziehen sehen, deren Wut sie unter einem Felsvorsprung abgewartet hatten. Nun stiegen sie weiter den Berg empor. Links von Ihnen befand sich ein ziemlich steiler Berghang und sie mussten darauf achten, nicht mit den Füßen an Wurzeln hängen zu bleiben, die das weiche Erdreich durchbrachen.

„Ist das wirklich der richtige Weg?“, fragte Misty mit unbehaglichem Blick in die Tiefe.

„Keine Ahnung“, antwortete Rocko. „Er ist nicht in den Karten verzeichnet. Aber es gibt auch keinen anderen.“

„Es gibt einen“, widersprach Shio.

„Durch den Berg“, erinnerte Jaze sie.

„Aber da wolltest du nicht durch“, sagten sie gemeinsam.

„Da drinnen wimmelt es von Käfern!“, beklagte Misty sich. „Da hätten mich keine zehn Ponitas reingekriegt!“

„Wir waren schon drinnen“, murrte Shio, genervt von den Macken ihrer Mutter.

„Und dann hast du uns alle wieder raus geschleppt“, mischte sich Ash ein.

„Hättet ihr mich gewarnt, wäre ich gar nicht erst da rein gegangen!“, beschwerte Misty sich ab Shio und Jaze gewandt.

Jaze zuckte mit den Schultern. „Ich hatte keine Ahnung von deiner Phobie. Warum stellst du dich überhaupt so an?“

„Jeder hat doch drei Dinge, die er nicht mag!“, behauptete Misty. „Bei mir ist eines davon nun mal Krabbelviecher. Die sind ekelig!“

„Schon wieder das“, seufze Ash. „Das habe ich bis heute nicht verstanden.“

„Ich kapier's auch nicht“, pflichtete Jaze ihm bei.

„Ich schon“, gab Shio zu.

Die Jungs sahen sie an. „Ist das dann so 'ne Frauensache?“, wollte Jaze wissen.

„Eher eine Familiensache“, meinte Shio.

„Das ergibt Sinn“, meinte Rocko nachdenklich.

„Wenn du meinst“, sagte Ash, nicht ganz überzeugt. „Aber was sind dann deine drei Hassdinge, Shio?“

„Sag ich nicht“, weigerte diese sich.

„Ach komm schon. Was wäre so schlimm daran?“, wollte Misty wissen.

„Nein“, sagte Shio knapp und verschränkte trotzig die Arme.

„Komm, sag schon!“, verlangte Jaze.

„Nö!“, widersprach Shio und streckte ihm die Zunge raus.

Ash musste lachen. „Manchmal bist du ganz schön kindisch“, kommentierte er.

„Ja, stimmt“, meinte Misty. „Am Anfang hab ich manchmal geglaubt, dass du dich für was besseres hältst. Aber jetzt glaube ich, dass das alles nur Fassade ist.“

„Und wenn schon?“, sagte Shio schnippisch.

„Es ist gut“, behauptete Rocko. „Du scheinst uns mehr zu vertrauen.“

Shio sah zur Seite, doch ihre Freunde konnten deutlich ihre hochroten Ohren sehen. Die Freunde tauschten wissend Blicke aus und stiegen weiter den Pfad hinauf. Je höher sie stiegen, desto mehr Anzeichen für menschlichen Einfluss sahen sie. Verwitterte Steinreihen schimmerten unter dem Matsch hervor und machten den Eindruck von Stufen. Alte Steinwände sicherten die Hänge.

„Ich wusste nicht, dass es hier oben Ruinen gibt“, wunderte sich Jaze.

„Ich hatte auch keine Ahnung“, gestand Shio.

„Wer das hier wohl gebaut hat?“, wunderte sich Ash, während er mit der Hand über die letzten Zeichen einer Inschrift in einem Stein fuhr, der vielleicht einst als Wegweise gedient hatte.

„Es muss eine alte Zivilisation gewesen sein“, schätzte Rocko beim Betrachten der Witterungsschäden.

„Frühes Mittelalter, würde ich schätzen“, widersprach Jaze ihm. „Das sieht nach dem klassischen Burgenbau dieser Region aus. Vermutlich eine alte Ritterburg.“

„Hey Leute!“, rief Misty von weiter vorne und die Gruppe sammelte sich bei ihr. Der Weg vor ihnen teilte sich in drei Pfade. Einer führte leicht hinunter in einen Wald, ein mittlerer verschwand in einem Höhleneingang und ein dritter schien weiter hinauf zu führen.

„Welchen Weg sollen wir nehmen?“, fragte sie.

„Ich guck mal“, meinte Shio und hob ab. Sie drehte eine Rund um den Berg und landete dann wieder bei ihnen. „Der Weg nach oben führt zu der Hauptruine, aber sie steht an einer Klippe. Ich weiß nicht, wo der Waldweg genau hin führt, aber es scheint keinen Weg auf die andere Seite des Berges zu geben.“

„Dann ist die Höhle unsere beste Chance auf die andere Seite zu gelangen“, überlegte Jaze.

„Aber das könnte gefährlich sein“, gab Rocko zu bedenken. „Unerforschte Höhlen können ungeahnte Gefahren bergen.“

„Ich glaube nicht, dass sie unerforscht ist“, entgegnete Jaze. „Der Weg ist fest und kaum überwuchert. Er scheint noch genutzt zu werden.“

„Dann lasst uns da lang gehen!“, rief Ash. „Vielleicht gibt es in der Höhle ja ein paar coole Pokémon?“

„Hoffentlich keine Käferpokémon“, murmelte Misty.

„Shio kann sie ja verschwinden lassen“, schlug Ash vor. „Nicht wahr, Shio?“

Diese hatte mit leerem Blick den Weg nach oben angestarrt und schien nun aus ihren Gedanken gerissen zu werden. „Was? Äh, ja, das kann ich.“ Ihr Blick wanderte wieder nach oben. „Aber ich würde zuerst gerne die Ruinen ansehen, wenn es euch nichts ausmacht.“

„Öh, klar, kein Problem“, meinte Ash und sah zu den anderen, die zustimmend nickten.

Sie erklommen den kurzen, aber steilen Pfad und traten durch den halben Rest eines alten Burgtores. Vor ihnen lag ein kleiner Hof, an dessen Ende sich abgebrochene Wände wie Markierungen in den Himmel erstreckten, die dem Betrachter eine vage Vorstellung davon gaben, was hier einst gebaut worden war.

„Wahnsinn“, staunte Misty.

„Ja, absolut“, stimmte Ash ihr zu. „Stell die vor die ganzen Steine hier hoch zu schleppen! Dafür haben sie bestimmt Pokémon benutzt.“

„Bestimmt. Damals gab es ja noch keine Maschinen“, überlegte Misty. „Ah, Shio!“

Die Angesprochene drehte sich zu ihr um, mitten über einer eingestürzten Wand schwebend. „Ja?“

„Wo willst du hin?“, verlangte Misty zu wissen.

„Ich dachte, ich schaue mich mal drinnen um“, meinte Shio. „Vielleicht sind dort Inschriften oder so etwas.“

„Du solltest nicht alleine gehen!“, rief Ash und machte sich daran, über den Steinhaufen zu klettern.

„Ash, pass auf!“, bat Misty, doch er hörte nicht auf sie, während er geschwind über die Hindernisse kletterte. Mit Unbehagen sah Misty ihm dabei zu, auch wenn sie schon vor langer Zeit eingesehen hatte, dass ihr Liebster zum Teil Menki sein musste.

Auf der Spitze des Haufens hielt er inne und drehte sich zu seinen Freunden um. „Ich bleibe bei Shio. Wir sind gleich wieder da.“ Dann verschwand er auf der anderen Seite, wo Shio ebenfalls landete.

Misty, Rocko und Jaze sahen sich an. „Und was machen wir?“, wollte Jaze wissen.

„Ich bin für eine Pause“, schlug Rocko vor. „Sie werden sicher Hunger haben, wenn sie wieder raus kommen.“
 

Auf der anderen Seite des Steinwalls sahen Ash und Shio sich um. Sie standen in den Überresten eines runden Raumes, der keinen Ausgang zu haben schien. Vermutlich befand er sich in der Wand, welche nun zerbröckelt am Boden lag. Wenn es hier einst Wertgegenstände gegeben hatte, wurden sie schon vor langer Zeit entwendet. Der Bereich der Ruine war vollkommen kahl, wie der Außenbereich auch.

„Hier ist nichts“, stellte Ash enttäuscht fest.

„Da bin ich mir nicht sicher“, meinte diese und sah sich die Wände genau an.

„Wie kommst du darauf?“, wollte Ash wissen.

„Nur so ein Gefühl.“ Shio nahm einen Stein der etwas größer als ihre Faust war und warf ihn mitten in den Raum. Ash sah an ihrem Gesicht, dass sie mit dem Ergebnis scheinbar nicht zufrieden war, und beobachtete sie, wie sie den Stein erneut hoch hob und warf. Sie wiederholte es ein paar mal, doch nie schien sie zufrieden zu sein. Ash wollte sie nach dem Sinn ihrer Bemühungen fragen, doch da erschien bereits eine unheilvoll blau leuchtende Aura um sie und er ging lieber ein Stück zurück. Er hoffte, an der Wand sicher zu sein, als plötzlich der Boden unter ihm zu wackeln anfing. Erschrocken rettete er sich auf den Sims einer Fensteröffnung. Die Steine, auf denen er nur Sekunden vorher gestanden hatte, schwebten empor und zu dem bereits vorhandenen Haufen. Ash sah hinunter in das dunkle Loch, welches sich zu seinen Füßen auftat und dessen Boden er nicht sehen konnte.

„Woher wusstest du, dass das da ist?“, wollte er von Shio wissen.

„Ein Gefühl“, erwiderte diese, ebenfalls in die Tiefe starrend. „Ich gehe besser...“

„Du gehst nicht alleine“, fiel Ash ihr ins Wort.

„Aber ich kriege dich nicht wieder hoch!“, protestierte Shio.

„Dann teleportierst du uns raus!“, bestimmte Ash. „Wenn wir beide an Misty denken, sollte das kein Problem sein.“

Shio sah sichtlich unzufrieden aus, doch sie sah ein, dass sie Ash nicht aufhalten konnte. Wenn sie ohne ihn hinunter ging, würde er einfach hinterher springen und sich wer weiß was brechen!

Sie nahm Ash Huckepack und mit angestrengten Versuchen nach oben zu schweben schaffte sie es, ihren Fall so weit abzubremsen, dass sie nur so schnell unten auftrafen, dass sie das Gleichgewicht verlor und hin fiel.

„Autsch!“, rief Ash. „Alles okay bei dir?“

„Ja, nur ein paar Kratzer“, murmelte Shio und sah nach oben. Ein winziger Lichtpunkt zeigte, wo sie eingestiegen waren, doch er war zu klein, um ihnen ausreichend Licht zu spenden. „Ponita, ich brauche dich!“, rief Shio und das Ponypokémon kam aus seinem Pokéball. Die Flammen, welche seinen ganzen Körper umzüngelten, erleuchteten einen schmalen Gang, gerade breit und hoch genug für eine Person.

„Wollen wir?“, fragte Shio an Ash gewandt. Dieser nickte und hätte die Führung übernommen, aber sobald er Ponita zu nahe kam, schlug es aus, sodass er Shio den Vortritt lassen musste.

Hinter dem Pokémon folgend, wunderte er sich, was Shio mit dem Gefühl meinte, das sie scheinbar hatte.

„Das weiß ich selber nicht“, erklang es in seinem Kopf. „Ich habe einfach ein Gefühl, dass hier etwas ist. Etwas wichtiges.“

„Als würde es dich rufen?“, fragte er mit seinen Gedanken.

„Ja“, bestätigte Shio telepathisch. Sie führten ihre Unterhaltung tonlos fort. Irgendwie wirkten die Enge und die Dunkelheit zusammen mit dem monotone Klacken von Ponitas Hufen erdrückend.

„Ich kenne das“, begann Ash. „Ich habe es schon ein paar Mal erlebt.“

„Tatsächlich?“ Shio klang überrascht.

„Jep“, bestätigte Ash und ein Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, auch wenn Shio es nicht sehen konnte. „Es ist merkwürdig, aber ich scheine immer wieder in komische Situationen zu geraten. Ich glaube, ich habe schon mehr legendäre Pokémon gesehen, als jeder andere Trainer.“

„Das ist interessant.“ Shio klang nachdenklich. „Das macht mich neidisch. Ich bin noch nie einem begegnet.“

„Nun, wenn du bei mir bist, stehen deine Chancen gut“, meinte Ash.

„Ich verlasse mich drauf!“, entgegnete Shio und sie klang halb scherzhaft und halt ernst.

Vor ihnen verbreiterte sich der Gang und mündete in einen runden Raum. Sobald sie ihn betraten, entzündeten sich vier Fackeln an den Wänden wie von Geisterhand.

„Laternecto“, stellte Shio fest. „Sie sind darauf trainiert, Licht zu machen, sobald hier jemand eintritt.

„Wie kann das sein?“, wunderte sich Ash.

„Geist Pokémon können sehr alt werden“, meinte Shio und sah sich in dem Raum um. Die Laternecto freuten sich, dass sie endlich mal wieder Besuch hatten. Sie vermissten ihren Trainer, hatten aber keine Ahnung, wann sie ihn das letzte Mal gesehen hatten. Das war nichts Ungewöhnliches. Gerade Geistpokémon hatten eine andere Auffassung von Zeit als andere Lebensformen.

„Was ist das hier für ein Ort?“, wollte Ash wissen.

„Ich weiß es nicht“, gestand Shio. „Aber irgendetwas hier ruft mich zu sich.“

Sie spürten die Augen der Laternecto auf sich, während sie den unscheinbaren Raum näher betrachteten. Die glatten Wände bildeten einen perfekten Kreis, doch sie waren schmucklos, ohne jede Zeichnung, obwohl die glatte Oberfläche eine ausgezeichnete Grundlage dafür bot. Die Decke war gerade hoch genug, dass ein großgewachsener Mann darin stehen konnte. Auch sie war eben geschliffen und bar jeder Bemalung, welche man sonst in versteckten Ruinen fand. Die einzige Ausnahme bot der Fußboden. Hier hatte jemand mit großer Sorgfalt ein Mosaik eingelassen, welches aussah wie ein weiß gekleideter Mann und eine schwarz gekleidete Frau, die jeder eine Perle der anderen Farbe umarmten und miteinander verschlungen zu sein schienen.

Shio stellte sich auf die weiße Perle der Frau und wartete ab, ob etwas passierte. Als nichts geschah, bat sie Ash sich auf die andere zu stellen, doch auch dies löste nichts aus. Auch als sie die Plätze tauschten, hatte das keine Wirkung.

„Das ist doch zum verrückt werden!“, rief Shio frustriert.

„Vielleicht ist ein Hinweis im Gang“, überlegte Ash und ging zurück, woher sie kamen. Kaum hatte er den Raum verlassen, schien es, als stünde er plötzlich still.

„Ash?“ Shio sah verwundert zu ihm, doch weder er noch Pikachu bewegten sich. Ponita, das im Gang auf seinen Trainer wartete, wurde unruhig, da der unbewegliche Mensch den Weg zu seinem Trainer blockierte.

„Kein Sorge, ich habe nur seine Zeit angehalten.“

Shio fuhr herum. Hinter ihr stand ein Junge, der vielleicht zwölf Jahre alt sein mochte. Sein Haar schien im dimmen Licht der Laternecto fast weiß zu sein.

„Seine Zeit angehalten?“, wiederholte Shio ungläubig.

Das Junge schmunzelte. „Nicht doch, Schwester, du brauchst nicht versuchen, meine Gedanken zu lesen. Wir können und nicht gegenseitig beeinflussen.“

„Wovon redest du da? Warum nennst du mich Schwester?“, wollte Shio wissen.

„Aber meine liebe Schwester, hast du mich vergessen?“, wunderte sich der Junge und sah dabei gekränkt aus. „Ja, das muss es sein. Du hast dein Gedächtnis verloren und bist deswegen nicht mehr nach Hause gekommen.“ Er wirkte so überzeugt von dem was er sagte, dass Shio an seinem psychischen Zustand zweifelte. „Schwester, ich habe dich so lange Zeit gesucht. Seit du zu deiner Reise aufgebrochen bist und nicht mehr nach Hause kamst. Ich habe dich so vermisst!“ Der Junge kam mit ausgestreckten Armen auf Shio zu, welche instinktiv zurückwich.

„Wer verdammt noch mal bist du!“, verlangte sie zu erfahren.

Enttäuscht ließ der Junge die Arme sinken. „Aber ich bin es doch, liebste Schwester, dein kleiner Bruder Enno! Erkennst du mich denn wirklich nicht?“

„Ich habe keinen kleinen Bruder“, stellte Shio klar.

„Schwester, du wirst mich nur vergessen haben“, sagte der Junge namens Enno und kam Shio wieder näher. „Wenn du mit mir kommst, werden wir dir helfen, dich zu erinnern.“

Shio wich ihm weiter aus. „Nein danke, ich erinnere mich sehr gut!“

Eine rosane Aura erschien um den Jungen. „Du wirst mitkommen!“, rief er, während er versuchte Shio mit psychischer Energie zu kontrollieren.

„Werde ich nicht!“, widersprach diese und hielt mit ihrer eigenen Kraft dagegen. Die Energien prallten aufeinander, versuchten die jeweils andere zu verdrängen, doch daraus bildete sich ein Strudel, der immer dichter zu werden schien und auch nachdem beide Kontrahenten keine Macht mehr nachlieferten bestehen blieb. Der Lichtstrom schien etwas aus dem Boden zu ziehen und als er sich endlich verteilt, schwebte eine weiße fußballgroße Perle in der Mitte des Raumes.

Die Laternecto waren in Aufregung. Der Schatz ihres Herrn! Den hatten sie länger nicht gesehen, als ihren Trainer!

„Die weiße Perle!“, rief Enno, scheinbar in vollem Wissen, um was es sich handelte. Er streckte die Hände nach dem Schatz aus und Shios Instinkte begannen zu schreien, dass der Junge die Perle nicht berühren durfte. Sie machte einen Hechtsprung und kam ihm nur knapp zuvor. Das runde Objekt fest umklammert rollte sie sich auf dem Boden ab.

„Gib mir die Perle!“, verlangte Enno, während Shio wieder aufstand.

„Niemals!“, schrie Shio. Doch dann geschah etwas unerwartetes. Die Perle begann zu leuchten und drang in Shios Körper ein. Sie fühlte sich, als würde flüssiges Glas ihre Adern durchdringen. Durch ihre eigenen Schreie hindurch hörte sie das verzweifelte Wiehern Ponitas und Ennos wütende Schreie, noch bevor sie das Bewusstsein verlor.

Ponita, durch das deutliche Leid seiner Meisterin aufgebracht und mit dem Wunsch sie vor dem fremden Menschen zu Beschützen, der sich daran machte, sie mit rosa Licht anzugreifen, wollte nichts mehr, als durch das Hindernis des stillstehenden Menschen vor ihm hindurch zu gehen. Es sammelte all seine Kräfte und entwickelte sich. Es spürte neue Kraft, welche so vollkommen anders als die vorherige war, und plötzlich was es ihm möglich, einfach durch das Hindernis durchzulaufen und den Angreifer seiner Trainerin mit gesenktem Kopf anzugreifen. Dieser sah es kommen und löste sich in Luft auf, bevor das Pokémon ihn erreichen konnte. Dieses warf wütend den Kopf hoch und sah sich tänzelnd im Raum um. Der Angreifer blieb verschwunden. Dafür bewegte der andere Mensch sich wieder.

Ash blieb verwirrt stehen. Für ihn hatte eben noch Ponita vor ihm gestanden und nun war es weg. Er drehte sich um, um Shio danach zu fragen und erblickte ein Pokémon, welches er noch nie zuvor gesehen hatte. Es hatte einen Körper wie ein Gallopa, doch krönten seinen Kopf zwei spitze, nach hinten gebogene Hörner und das Feuer umzüngelte blau sein nachthimmelfarbenes Fell. Es tänzelte nervös und angriffslustig. Hinter ihm regte sich etwas.

„Shio!“, rief Ash und stürzte zu seiner Freundin, welche gerade wieder zu sich kam.

Sie blickte ihn an und es wirkte einen Augenblick, als wären ihre Augen vollständig weiß, aber nach einem Blinzeln waren sie wieder normal.

„Was ist passiert?“, fragte Ash.

„Ich bin mir nicht ganz sicher“, nuschelte Shio. „Ich weiß noch, dass du eingefroren wurdest und so ein komischer Junge aufgetaucht ist, der mich für seine Schwester hält und auch Psikräfte hat. Dann ist eine Perle aufgetaucht, die ich ihm weggeschnappt habe und dann weiß ich nur noch, dass ich schreckliche schmerzen hatte.“ Sie sah zu ihrem Pokémon auf, als würde sie ihm zuhören. „Es sagt, dass der Junge mich angreifen wollte, und es sich entwickelt hat um mich zu beschützen. Er ist wohl wegteleportiert.“

„Und wo ist die Perle?“, wollte Ash wissen.

Shio sah sich um. „Ich weiß es nicht.“

Familiengeschichten

„Ein Nyxa!“, frohlockte Dr. Gary Eich, als sein Sohn ihm das neue Pokémon seiner Partnerin vorführte, während diese und Ash eine verspätetes Mittagessen einnahmen. „Es wird auch Zeitläufer genannt. Es kommt in vielen Legenden über Zeitreisende vor. Es entwickelt sich also aus Ponita! Soso! Welche Typen hat es wohl?“

„Es brennt, also wahrscheinlich Feuer“, meinte Jaze sarkastisch.

„Und es läuft durch feste Gegenstände und Menschen, also vermutlich Geist“, mischte Shio sich kauen ein.

„Ja, ja, das ergibt Sinn. Feuer und Geist...“, Gary sagte noch mehr, doch es war nur unverständlichen Gemurmel.

Jaze beendete das Telefonat ohne Schlusswort. Er kannte das, sein Vater würde ihm keine weitere Beachtung mehr schenken.

„Kommt mir das nur so vor, oder wird Gary etwas wunderlich mit dem Alter?“, überlegte Ash.

„Ich kenne ihn nicht wirklich anders“, meinte Jaze achselzuckend. „Er verkriecht sich immer nur in seinem Büro oder ist draußen im Gehege. Wir waren froh, wenn wir ihn zum Essen zu sehen bekamen.“

„Das klingt aber gar nicht nach Gary“, kommentierte Ash. „Ich kenne ihn nur als jemanden, der für seine Forschungen durch die Welt zieht. Das er zu Hause bleibt, wundert mich.“

„Ich glaube, das liegt an meiner Mum“, erklärte Jaze. „Die beiden reden auch kaum noch miteinander und wenn endet es meistens im Streit. Glaubt mir, ich war heilfroh, als ich mit zehn endlich aus dieser Hölle raus durfte.“

„Das tut mir Leid“, meinte Misty. „Wobei das besser ist, als was Ash abziehen wird.“

„So schlimme ist das nicht!“, verteidigte sich Ash. „Meinen Dad kenne ich auch nicht und meine Mutter macht nicht halb so einen Aufstand darum wie du!“

„Deine Mutter hat auch nur dich!“, widersprach Misty. „Ich du wirst mich mit zwei Kindern sitzen lassen!“

„Von einem werde ich nichts wissen!“, erinnerte Ash sie.

„Leute!“, mischte Shio sich in scharfem Ton ein. „Nicht beim Essen.“

Ash und Misty tauschten ärgerliche Blicke, dann sahen sie in die jeweils andere Richtung. Shio betrachtete ihre durchsichtigen Fingerspitzen und seufzte.

„Diese ganze Streiterei wegen etwas, das noch gar nicht passiert ist, ist ziemlich kindisch“, kommentierte Jaze.

„Aber es ist ein Fakt, dass es passieren wird!“, rief Misty.

„Und wenn schon?“, fragte Jaze. „Noch ist es nicht so. Und mal ganz ehrlich: Wenn Ash dich gefragt hätte, hättest du ihn ziehen lassen?“

Misty biss sich auf die Lippe. „Vielleicht nicht gleich“, gab sie zu. „Aber wenn er mich überzeugen würde...“

„Und am Ende wäre es wie mit meinen Eltern geendet“, fiel Jaze ihr ins Ohr. „Beide unglücklich und nur am Zanken.“

Misty öffnete den Mund, als wollte sie etwas erwidern, doch schloss ihn vorher wieder. Sie setzte sich neben Ash und legte den Kopf auf seine Schulter. „Es ist trotzdem unfair“, murmelte sie.

Ash legte ihr beschwichtigen die Hand auf den Kopf. „Ich weiß“, sagte er, „aber ich bin mir sehr sicher, dass es meinem anderen Ich sehr Leid tut.“

Shio grinste. „Worauf du dich verlassen kannst.“

Die Freunde lachten miteinander. Jaze hörte als erster auf. Er war eifersüchtig auf Shio und ihre Familie. Aber nur ein bisschen! Trotz allen Ärgers, schienen sie sich immer wieder zu versöhnen.

„Du gehörst doch auch dazu“, schallte es in seinem Kopf. Er sah zu Shio, die ihm zuzwinkerte. Er schluckte seinen Stolz hinunter und setzte sich neben sie. Eine zweite Familie wie diese zu haben, war vielleicht gar nicht so schlecht.

Luftige Höhen

Nyxas blaue Flammen tauchten die Höhle in ein gespenstiges Licht. Die Schatten der Stalagmiten und Stalagtiten tanzten an den Wänden, während sie an ihnen vorbei gingen und das stetige Geräusch der Tropfen war neben ihren eigenen Schritten das einzige, was sie hörten. Es war, als lebte nichts in dieser Höhle.

Misty klammerte sich eng an Ashs Rücken, jederzeit bereit vor einem Käferpokémon zu fliehen. Nicht, dass Shio es so weit kommen lassen würde. Gelegentlich klebte ein Asslan an den Wänden, welches sie versteckte, bevor Misty auch nur einen Fühler erblicken konnte. Die wenigen Stagass taten das ihre, außer Sichtweite zu bleiben. Die ersteren waren von Natur aus ruhig und faul und leckten den ganzen Tag Algen von Steinen. Ihre Weiterentwicklung war stolz darauf, wie gut sie sich tarnen konnten.

„Man könnte fast meinen, dass jederzeit ein Geist auftauchen könnte“, meinte Jaze.

„Vielleicht tauchen ja die Laternecto auf“, grinste Ash.

„Ich habe keine Geisterpokémon im Kopf. Gesteinspokémon und“, Shio duckte sich, um einer dunklen Wolke auszuweichen, die über ihrem Kopf hinweg zog, „einen Haufen Zubat, aber keine Geister.“

Jaze richtete sich den vom Flügelschlag zerzausten Pony. „Die gibt es auch echt überall.“

Die Freunde lachten und gingen weiter. Misty schien sich zu entspannen, da Shio keine Käferpokémon erwähnt hatte. Sie wusste ja nicht, dass Asslan und Stagass auch Gesteintypen waren.

Plötzlich hörten sie ein Knirschen wie eine Steinlawine zu ihrer Rechten. An der steilen Wand kam etwas reifenförmiges herunter gerollt und umkreiste sie einige Male. Die Menschen drängten sich eng zusammen, während Nyxa stieg und mit den Hufen nach dem Angreifer schlug. Erst als Shio ihrem Pokémon befahl, ruhig zu bleiben, hielt auch das andere an. Es war ein Asslan, welches sich auseinander rollte und sich auf seinen hinteren vier Beinen zwischen die Gruppe und den Weg vor ihnen stellte. Die restlichen zehn Beine breitete es aus und es gab warnende Laute von sich.

„Igitt ein Käfer!“, kreischte Misty und klammerte sich wieder an Ash, welcher nur mit den Augen rollte.

„Was sagt es?“, fragte Rocko Shio. „Es will nicht, dass wir weitergehen, oder?“

„Genau“, bestätigte diese.

„Du hast gesagt hier sind keine Käfer!“, rief Misty dazwischen.

„Ich habe nicht erwähnt, dass hier Käfer sind“, berichtigte Shio sie. Sie hatte schon wieder Kopfschmerzen und keine Lust auf lange Diskussionen.

Von den Wänden her kamen beschwerende Rufe der anderen Asslan. Das vor ihnen war zu laut und sollte gefälligst still sein. Und dieser dumme Mensch auch. Misty bekam durch die für sie aus dem Nichts kommenden Rufe nur noch mehr Panik. Shio reichte es und sie schickte die rothaarige schlafen, indem sie ihr die Erinnerung an die vielen Rufe nahm. Das eine Asslan war jawohl nicht die Welt.

„Shio!“, rief Ash überrascht und ärgerlich. Er hatte Mistys erschlaffenden Griff gerade noch rechtzeitig bemerkt und sie aufgefangen.

„Was?“, entgegnete Shio trocken. „Wolltest du ihr Gejammer noch länger ertragen? So kommen wir hier viel schneller durch. Nyxa kann sie auf dem Rücken tragen.“

„Das ist kein Grund, sie einfach auszuknipsen“, tadelte Rocko sie.

„Aber sie hätte doch nur genervt!“, verteidigte sich Shio.

„Das ist kein Grund!“, widersprach nun auch Jaze und das traf Shio am Meisten.

„Ist ja gut!“,gab sie nach. „Aber ich kann sie jetzt nicht wecken. Legt sie auf Nyxas Rücken. Sie wird irgendwann von selbst wieder wach.“

„Welche Erinnerung hast du ihr genommen?“, wollte Ash misstrauisch wissen.

„Nur den Asslanchor“, erwiderte Shio und half ihm, Misty auf Nyxa zu setzen. Die blauen Flammen umfingen den schlappen Körper wie einen Gurt. „Brav“, lobte Shio ihr Pokémon, welches durch seine Entwicklung sehr viel umgänglicher geworden war. Sein ganzer Lebensinhalt schien darin zu bestehen Shio zu gefallen, was dieser, wenn sie ehrlich war, gefiel.

Der Asslanchor war verstummt und die Gruppe wandte sich nun dem einzelnen Asslan zu. Dieses gestikulierte mit seinen obersten vier Beinchen und machte Laute dazu.

„Wir sollen zurückgehen, sagte es“, übersetzte Shio. „Es gibt zwar einen Ausweg, aber der liegt an einem Steilhang.“

„Das will ich sehen!“, rief Ash und lief an dem Asslan vorbei. Dieses sprang panisch auf und rollte ihm hinterher. Auch der Rest der Gruppe folgt ihm. Vor ihnen wurde der Tunnel heller. Ash wurde langsamer und kam direkt an der Felskante zum Stehen. Unter ihm ging es mindestens sechzig Meter steil hinunter, bevor er die ersten Baumwipfel erkennen konnte.

„Tja, das ist eine Sackgasse“, meinte er. „Der Ausgang ist zu eng, hier können wir nicht auf Vogelpokémon umsteigen.“

„Aber auch der einzige Weg“, entgegnete Jaze enttäuscht. „Also müssen wir den gaaaanzen verdammten Weg wieder zurück zum Fuß des Berges und doch durch die anderen Höhle.“

Das Asslan sah ihn fragend an. Pikachu huschte neben es und erklärte ihm die Misere, aber auch Asslan kannte keinen anderen Weg.

„Ash, Jaze, macht mal den Ausgang frei“, bat Shio.

Die Jungs drehten sich zu ihr um. „Was hast du vor?“, wollten sie wissen als sie zusahen, wie Shio mit Rockos Hilfe Misty wieder von dessen Rücken herunter holte.

„Ein kleines Experiment“, grinste Shio und schwang sich in den Damensitz auf Nyxas Rücken. „Los!“, befahl sie dem Pokémon und es galoppierte geradewegs auf den Ausgang zu. Ash, Jaze und Pikachu quetschten sich an die Wand, aber Asslan stellte sich ihr in einem verzweifelten Versuch in den Weg, doch Nyxas Hufe glitten einfach durch es hindurch. Die Jungs und die Pokémon drängten sich an dem schmalen Loch, während sie mit angehaltenem Atem dabei zusahen, wie Nyxa scheinbar galoppierend in die Tiefe stürzte, nur um dann in einem steilen Bogen wieder nach oben zu laufen.

„Es kann fliegen!“, johlte Shio und warf die Hände in die Luft, wodurch sie sich von ihrem Pokémon löste und selbstständig neben ihm her flog.

„Dieses verrückte Huhn“, lachte Ash.

„Von dem sie das nur hat“, grinste Rocko neckend und Ash konnte sich nur verlegen am Kopf kratzen. Während die Stimmung unter den Menschen sich lockerte, schrie Asslan immernoch panisch in Shios Richtung. Diese wandte ihm gerade ihre Aufmerksamkeit zu, als ein Schatten über ihr auftauchte und sie gerade noch einem sehr spitzen Schnabel ausweichen konnte. Als sie sich ihren Angreifer welcher bereits einen Bogen für die nächste Runde flog ansah, erkannte sie ein Nenter. Diese Vogelpokémon waren für sein brutales Jagdverhalten bekannt. Dieses schien alles, was aus dem Loch im Steilhang kam, was normalerweise vermutlich ahnungslose Asslan waren, als seine Beute zu betrachten.

„Nyxa!“, rief Shio ihr Pokémon zu sich, welches sich vor sie und mit dem Gesicht zum Angreifer stellte.

Nenters Flügel leuchteten auf. Eine Flügelschlagattacke, vermutete Shio. „Laternenlichter!“, befahl sie. Aus Nyxas Mähne züngelten fünf einzelne Flammen hervor und flogen auf Nenter zu. Dreien konnte es ausweichen, doch zwei trafen und verlangsamten seinen Flug, wodurch die Attacke an Durchschlagskraft verlor.

„Finsterfaust!“, befahl Shio schnell und Nyxas Angriff erwischte das Flugpokémon gerade noch so, bevor es außer Reichweite kam.

Nenter drehte einen Bogen, bevor es den nächsten Angriff startete. Dieses Mal leuchtete der Schnabel.

„Weich aus und dann gib ihm mit Stampfer einen Schub!“, rief Shio. Nyxa tat genau das. Als nur noch wenige Zentimeter Nenter und Nyxa trennten schwebte es nach oben und gab dem durchfliegenden Pokémon einen Tritt mit den Hinterläufen, der es ins Trudeln brachte. Es krächzte aufgebracht, als es davon flog. Nyxa hatte wohl seinen Hinterkopf erwischt und es konnte nicht mehr richtig sehen. Sie nahm das als Chance, ihre Freunde in Sicherheit zu bringen.

Zu erst brachte Shio Misty nach unten. Das letzte, was sie brauchen konnte, war ein Angriff auf ihre bewusstlose Fracht. Sie fand eine Lichtung, auf der sie die Rothaarige an einen Baum mit dichtem Blattwerk gelehnt zurückließ und von dem sie sicher war, dass sie ihn jederzeit wiederfinden würde, denn eben dieser Baum hatte als einziger rote Blätter. Eine Besonderheit, die man nur in Saihon fand.

Nyxa war nicht der schnellste Flieger, sodass die Jungs einen Plan ausgeheckt hatte, als Shio wieder oben ankam. Nyxa sollte Jaze und Ash nur weit genug von der Felswand wegbringen, dass diese auf Altaria und Tauboss umsteigen konnten und nur Rocko würde hinunter reiten.

„Denkt aber daran, dass die beiden auf einander losgehen werden“, gab Shio zu bedenken.

„Wenn wir genug Abstand haben, wird das schon gehen“, meinte Ash selbstsicher und erklomm Nyxas Rücken. Wie geplant schwebte es ein Stück ins Freie hinaus, bevor Ash sein Tauboss rief. Dieses flog eine Schleife und als es knapp unter Nyxa entlang glitt, sprang Ash auf seinen Rücken herunter.

„Hey, Shio“, murmelte Jaze und sah leicht blass aus, „du fängst mich, wenn was schief geht, oder?“

„Vielleicht“, neckte Shio und winkte ihr Nyxa zu sich.

„Sehr beruhigend“, murrte Jaze, als er auf den Rücken des Flammenpferdes kletterte. Ash flog in einigem Abstand Kreise über dem Wald.

Jaze brauchte einige Anläufe bevor er sich den Sprung auf Altarias Rücken zutraute, doch schließlich landete er unbeschadet in dessen Wattefedern. Er blieb in der Nähe, während nun Rocko es sich auf Nyxas Rücken bequem machte und sich eng an dessen Hals klammerte, während es begleitet von Shio, Jaze und Altaria still durch die Luft in Richtung der Lichtung glitt.

„Zur Seite!“, rief Shio plötzlich und wich nach rechts aus, während Nyxa und Altaria nach links schlenkerten. Wo Nyxa nur kurz zuvor war sauste Nenter im Steilflug nach unten.

„Das war knapp“, kommentierte Shio und beobachtete den Angreifer, wie er erneut eine Kurve für den nächsten Angriff flog.

„Das hat sich ganz schön schnell erholt“, bemerkte Jaze.

„Ich will hier runter!“, klagte Rocko.

„Sorry Jungs, aber wir werden erst kämpfen müssen“, sagte Shio. „Nyxa, lass dich zurückfallen und beschütze deine Fracht! Altaria, Drachenherzattacke!“

„Ich bin doch keine Kiste!“, beschwerte sich Rocko, während Nyxa Abstand vom Geschehen nahm und Altaria eine herzförmige Flamme in Richtung Nenter ausstieß. Das angreifende Pokémon flog direkt hindurch und kam durch den Schaden ins taumeln, setzte jedoch bald seinen Angriff fort.

„Jaze, halt dich fest!“, warnte Shio. „Aero-Ass!“

Altaria senkte den Kopf und flog direkt auf Nenter zu, begleitet von Jaze „du bist doch verrückt!“ Klagen, während er sich mit aller Macht an den blauen Drachenvogel klammerte. Die Pokémon kollidierten miteinander und kamen beide ins Trudeln. Shio biss sich auf die Lippe bei dem vorwurfsvollen Ton in Jaze Stimme, während er panisch ihren Namen schrie. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Nenter ihrem Altaria so viel Schaden zufügen könnte. Dieses scherte sich nicht weiter um Altaria, sondern flog auf Nyxa zu.

„Nyxa, Flammenwurf! Altaria, Drachenherz!“, befahl Shio. Die beiden Attacken kesselten das überraschte Flugpokémon ein und mit qualmenden Federn ergriff es die Flucht.

Aus der Ferne hörten sie Ashs Jubelrufe, welcher Aufgrund der Zwistigkeiten zwischen Tauboss und Altaria nur hatte zusehen können.

„Du bist wahnsinnig!“, warf Jaze Shio vor.

„Sorry“, entschuldigte diese sich halbherzig. Es war doch keinem was passiert.

Sie nahmen Kurs auf die Lichtung mit dem roten Baum, auf der Ash bereits gelandet war. Sie waren nur wenige Meter entfernt, als plötzlich ein Mark erschütternder Schrei ertönte, der mehrere kleine Vogel- und fliegende Käferpokémon aus den umliegenden Bäumen trieb. Sie landeten soe schnell sie konnten, nur um dann ein Lachen zurückhalten zu müssen.

Misty war wach, Sie saß am Fuße des Baumes, über und über mit dem Raupenpokémon Kriwo bedeckt und einem Fadri-Kokon an ihrem Arm, welches sich wohl dort entwickelt hatte. Ash hielt noch ein Kriwo in den Händen, denn er hatte versucht sie von den Pokémon zu befreien, bevor sie zu sich kam.

„Ups“, machte Shio und verbarg ihr Lachen hinter ihrer Hand.

„Das ist nicht witzig!“, weinte Misty.

Etwas kroch zwischen zwischen den Menschen durch und direkt vor Mistys Füße. „Asslan!“, rief ihr neuer Bekannter aus der Höhle fröhlich, als es sie erkannte. Misty wurde noch einen ticken blasser, schrie erneut auf und verlor das Bewusstsein. Die Menschen sahen zu Shio, doch diese schüttelte den Kopf.

„Das war ich nicht“, verteidigte sie sich lachend und hob Asslan hoch. „Aber dieser kleine Fratz möchte bei uns bleiben.“ Das Käferpokémon, welches sich unbemerkt an Nyxas Feuerschweif geklammert hatte, wedelte fröhlich mit allen vierzehn Beinchen.

„Cool! Gerne!“, rief Ash und zückte einen leeren Pokéball.

Asslan sprang aus Shios Händen und rollte ein Paar runden um seinen neuen Trainer, bevor es sich von ihm fangen ließ.

Shio und Jaze tauschten vielsagende Blicke. Das würde ein neuer Streitpunkt für Ash und Misty werden. Aber bis sie von ihrem Gruppenzuwachs erfuhr, blieb noch etwas Zeit.

Käferchaos

Misstrauisch, jeden Augenblick einen Angriff erwartend sah Misty sich um, während sie zwischen Ash und Rocko und flankiert von Shio und Jaze durch das lichte Unterholz des Waldes. Diese Formation war die Einziger, in der die Rothaarige wich wenigstens ein bisschen entspannen konnte. Noch hatten sie keinen Weg zurück in die Ziviliation gefunden, also gingen sie immer geradeaus, mit der Felswand im Rücken.

„Und du bist wirklich sicher, dass hier keine Käferpokémon sind?“, fragte Misty ihr zukünftige Tochter.

„Jaha, nichts mehr da“, seufzte sie müde. Was Misty nicht wusste war, dass Shio telepathische Warnungen an alle Pokémon aussendete, damit diese auf Abstand blieben. Die wenigen, die sich weigerten, kaschierte sie mit Illusionen. Wenn sie nicht bald aus diesem blöden Wald rauskamen, würde sie noch zusammenbrechen. Die Sonne ging auch schon unter!

„Kann ich dir wirklich glauben?“, bohrte Misty nach.

„Siehst du irgendwo eines?“, fragte Shio bissig.

„In der Höhle habe ich auch keines gesehen, und sie waren trotzdem da!“, beschwerte sich Misty.

„Aber du hast sie nicht gesehen und sie haben dich in Ruhe gelassen. Wo ist das Problem?!“, wollte Shio verärgert wissen, in Versuchung all ihre Bemühungen sein zu lassen.

„Hey ihr zwei, hört auf zu streiten“, meinte Rocko. „Schlaft eine Nacht drüber und sprecht euch dann in Ruhe aus.“

Shio und Misty funkelten sich wütend an, bevor sie zeitgleich zur jeweils anderen Seite sahen. Shio fragte sich, warum sie sich überhaupt solche Umstände machte. SIE hatte kein Käferpokémon gefangen. Noch nie.

Ihr Blick fixierte sich auf Ashs Rücken, dem es sichtbar kalt den Rücken runterlief. „Willst du das Pflaster abreißen, oder soll ich?“, fragte sie ihn telepathisch.

„Was für ein Pflaster?“, dachte er verwirrt.

„Du hast ein Käferpokémon gefangen. Misty wird nicht begeistert sein“, erinnerte Shio ihn.

„Ach, das wird schon“, meinte Ash leichthin. „Sie hat sich schon einmal fast mit einem Raupy angefreundet, sie wird auch mit Asslan klarkommen.“

Shio rollte mit den Augen. Dachte er auch mal nach? Wahrscheinlich nicht. Sie wäre schließlich diejenige, die darunter zu leiden hätte! Sich auszumalen, was sie erwartet, machte sie verrückt. Doe größte Angst hatte Shio vor dem Verschwinden. Sie musste einfach wissen, wie es ausgehen würde!

Kurzerhand teleportierte Shio davon, hin zu der einzigen Person, die ihr dieses Wissen geben konnte: Ihrem Vater. Ein Blinzeln, und die Szenerie um sie herum war eine andere. Die Luft war wärmer und ihre Beine fühlten sich seltsam warm und nass an. Es war wohl nicht viel später, denn die Lichtverhältnisse hatten sich kaum verändert, und das goldene Abendlicht beschien den vollständig nackt in einer heißen Quelle sitzenden erwachsenen Ash.

Sie stimmten Duett aus Schreien an, dem sich noch weitere Männliche Stimmen hinzumischten, bevor Shio eilends zurück an Jaze Seite teleportierte. Sie schwankte ein bisschen, als sie wieder Boden unter den Füßen spürte, und hakte sich bei Jaze ein, um auf den Beinen zu bleiben.

„Wo warst du denn?“, fragte dieser und musterte seine Freundin kritisch.

„Meinem Vater eine kurze Visite abstatten“, antwortete diese, doch sie brachte kaum ein Wort heraus. Ihr Hals fühlte sich trocken an. „Er war beschäftigt.“

„Er konnte sich keine Zeit für dich nehmen?“, empörte Misty sich. „Du bist seine Tochter!“

Shio schmunzelte. „Ich bin ein bisschen zu alt, um mit ihm ein Bad zu nehmen.“ Das entlockte ihren Freunden ein verlegenes Lachen.

„Vielleicht solltest du nicht unangekündigt zu ihm teleportieren?“, schlug Rocko vor. Shio nickte zustimmend, doch ihr wurde schwarz vor Augen und sie konnte nicht richtig antworten. Jaze hielt sie fest sobald er merkte, dass ihre Griff schwächer wurde. Mit dem einen Arm an sich gedrückt, fühlte er mit dem anderen ihre Stirn. „Du glühst ja!“, stellte er fest.

„Ich fühl mich leer“, murmelte Shio. „Wie eine aufgebrauchte Batterie.“

„Kein Wunder, du hast den ganzen Tag deine Kräfte eingesetzt“, meinte Ash. „Erst der verrückte in den Ruinen, dann in der Höhle, der Luftkampf und jetzt bist du auch noch teleportiert.“

„Nicht zu vergessen, dass due die Käferpokémon hier versteckt hat“, fügte Jaze hinzu. „Kein Wunder, dass da die Akkus leer sind.“ Aber er erhielt keine Antwort von Shio, da diese eingeschlafen war.

„Wir sollten unser Lager hier aufschlagen“, schlug Rocko leise vor. Seine Freunde stimmten ihm zu. Sie wickelten Shio mit gemeinsamer Kraft in ihren Schlafsack ein, bevor sie den Rest aufbauten.

Ash und Misty gingen gemeinsam Feuerholz suchen.

Als sie etwas Abstand zu ihren Freunden hatten, sagte Ash: „Du solltest nicht mehr sauer auf Shio sein. Sie hat dich nicht mit Absicht unter dem Nest abgesetzt.“

„Ich weiß“, seufzte Misty. „Aber ich hasse, hasse, hasse Käfer und ich kann sie immernoch überall krabbeln spüren! Als würde eines auf meinem Rücken sitzen!“

„Ahaha“, lachte Ash und pflückte ein Stikli von ihrem Rücken, welches dort hing und ließ es schnell zu Boden, während er Misty damit ablenkte, dass er ihr den Rücken streichelte. „Es ist nichts da.“ Dann zog er sie in eine Umarmung und drückte sie fest an sich.

„W-was machst du“, fragte sie verwirrt und wurde leicht rot um die Nase.

„Wir haben so selten Zeit zu zweit, das muss ich auskostet“, grinste Ash und küsste ihren Hals.

„A-Ash!“, stammelte Misty überrascht, doch sie wehrte sich nicht.

„Nur fünf Minuten“, bat Ash, glücklich nur durch die Nähe seiner Liebsten.

„Na gut“, gab diese nach und sie setzten sich gemeinsam zwischen die Wurzeln einer großen Eiche und lehnten sich gegeneinander. Einige Zeit saßen sie still so da, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt.

„Warum ist Shio nur teleportiert?“, fragte Misty plötzlich. „So ganz ohne jedes Wort.“

„Shio ist halt sehr spontan“, meinte Ash.

„So spontan nun auch nicht!“, widersprach Misty. „Ich glaube nicht, dass sie aus plötzlicher Sehnsucht zu ihrem Vater springt. Irgendwas muss sie beschäftigt haben!“

„Bestimmt hatte sie Angst, dass wir uns wieder streiten“, überlegte Ash.

Misty sah ihn einige Sekunden lang schweigend an. „Was hast du dieses Mal für einen Käfer gefangen?“

Ihr Freund kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Ein Asslan aus der Höhle. Es wollte so dringend mit uns kommen, dass es sich an Nyxa festgeklammert hat. Es ist wirklich ganz lieb und wenn Shio es ihm richtig erklärt, wird es dich bestimmt in Ruhe lassen. Und wer weiß, vielleicht kannst du versuchen, dich mit ihm anzufreunden? Wie damals mit Raupy?“ Fast schon flehend sah Ash sie an.

Misty seufzte schwer. „Es ist ja nicht so, als hätte ich dich davon abhalten können, selbst wenn ich bei Bewusstsein gewesen wäre.“

Ertappt sah Ash zur Seite.

„Na gut, ich werde es versuchen“, sagte Misty und Ashs Gesicht hellte auf, „in meiner Geschwindigkeit und auf keinen Fall heute noch oder gleich morgen! ICH bestimme, wann ich mich mit Asslan anfreunde!“

„Das ist vollkommen okay!“, rief Ash, umarmte sie stürmisch und küsste die Frau seines Herzens mit all der Liebe, die er für sie empfand. Auch wenn sie nicht immer einer Meinung waren, ihre Gefühle waren echt.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Liebe Leser,

dies ist fürs erste das letzte der regelmäßigen Kapitel, da ich derzeit zu viel für die Universität zu tun habe.

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahre
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Kommentare zu dieser Fanfic (97)
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Von:  alya88
2023-03-30T20:09:34+00:00 30.03.2023 22:09
hi ich hoffe du hast die geschichte nicht vergessen. es sind immer hin schon drei jahre her seit den letzten update
Antwort von:  ZerosWolf
30.03.2023 22:22
Moin, danke fürs nachfragen! Vergessen ist sie nicht, aber im moment ist es tatsächlich fraglich, ob ich sie noch zu Ende schreibe. Meine Karriere als Übersetzerin läuft gut und momentan habe ich wenig Energie, nach einem ganzen Tag Textarbeit noch mehr Textarbeit zu betreiben.
Von:  alya88
2021-12-09T19:56:43+00:00 09.12.2021 20:56
hi, eine frage? schreibst du die geschichte noch weiter?
Antwort von:  ZerosWolf
10.12.2021 09:27
Moin, ja, ich schreibe noch. Ich bin derzeit nur etwas mit meinem Studium und anderen Dingen überschwemmt. Aber das nächste Kapitel ist bereits angefangen, ich muss nur die Ruhe zum weiterschreiben finden.
Von:  alya88
2020-11-28T21:53:33+00:00 28.11.2020 22:53
arme Misty, mal sehen wie sie darauf reagiert auf ash neustes pokemon. ;)
Antwort von:  ZerosWolf
29.11.2020 12:21
Moin, du hats keine Ahnung, wie sehr mich dieser Kommentar gerade motiviert :D Das Kapitelchen ist bereits durchgeplant, nur zum Schreiben bin ich noch nicht gekommen. Vielleicht finde ich heute noch die Zeit, es nieder zu schreiben, dann kannst du es wahrscheinlich morhen lesen.
Liebe Grüße, Zero
Von:  alya88
2020-10-11T21:00:27+00:00 11.10.2020 23:00
hi schönes kapitel, bin mal gespannt zu welvhem pokemon ponita sich weiter erntwickelt hat. schreibe bald weiter, würde mich auf jedenfall freuen
Von:  alya88
2020-06-12T11:01:21+00:00 12.06.2020 13:01
hi, ich hoffe du hast die geschichte nicht vergessen, ist ja schon 7 monate wo du gesagt hast du ladest wieder hoch. hoffe auf jedenfall das du bald weiter hochlädst.
bleib gesund.
LG alya88
Antwort von:  ZerosWolf
13.08.2020 10:42
Moin,
vergessen habe ich sie auf keinen Fall, aber nachdem mich ein Kreatief erwischt hat und manche andere Dinge im privatleben stressig wurden, habe ich noch nicht wieder Zeit und Rue gefunden, an ihre zu arbeiten.
LG Zero
Von:  alya88
2019-12-21T19:12:03+00:00 21.12.2019 20:12
wunderschönes kapitel. dir auch frohe weihnachten. freue mich aber trotzdem auf neue kapitel wenn du wieder zeit hast.

gruß alya88
Von:  Linchen89
2019-11-14T05:54:26+00:00 14.11.2019 06:54
Hab die letzten 2 Tage die ganze Geschichte gelesen.
Tolle Ideen, gefällt mir sehr gut, ich in gespannt wie es weitergeht 😀👍
Antwort von:  ZerosWolf
14.11.2019 15:59
Danke für die Rückmeldung!
Ich freue mich immer, neue Leser begrüßen zu dürfen. Ich hoffe, dass dir auch die Fortsetzungen gefallen werden.
Ich habe noch ein paar Kapitel fertig, die Woche für Woche hochgeladen werden und den nächsten Verlauf grob skizziert. Allerdings ersticke ich gerade in Uniarbeit und kann daher nicht sagen, wann ich wieder zum Schreiben komme.
Von:  alya88
2019-10-14T23:03:13+00:00 15.10.2019 01:03
hi, wieder ein gelungendes kapitel, nach solanger zeitendlich wieder.
Antwort von:  ZerosWolf
15.10.2019 08:08
Danke für die Rückmeldung!
Es hat mich selbst schockiert, dass ich 6 Jahre nichts geschrieben hatte, obwohl mir immer wieder Ideen gekommen waren. Ich hoffe, jetzt wieder öfter mehr hochzuladen, aber ich kann nichts versprechen.
Von:  Line666
2019-09-17T23:00:31+00:00 18.09.2019 01:00
Ich bin absolut begeistert und habe nichts aus zu setze bitte mach weiter so ich habe gennerell seit langem keine geschichte gelesen die so gut durch dacht und gemacht . Ich hätte einen kleinen Verbesserungsvorschlag was würdest du dafon halten regel mäßig ein kapitel zu veröffentlichen und dann wenn du zeit hast welche dazwischen aber es ist nur ein vorschlag . Ich freue mich aufs nächste Kapitel und danke für deine bisherigen Kapitel .
Antwort von:  ZerosWolf
18.09.2019 09:06
Danke, ich fühle ich geschmeichelt, aber ich möchte nicht lügen: Außer dem Grundgerüst ist nichts durchdacht. Es sind Ideen, die mir beim Schreiben kommen und mit der Zeit Flügel bekommen.
Von:  alya88
2019-08-26T20:57:32+00:00 26.08.2019 22:57
hi, ich hoffe du schreibst bald weiter, gucke immer mal wieder nach ob sie weiter geht.

bitte update bald wieder wenn du wieder ideen dafür hast. ist eine gute geschichte.

lg alya88


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