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Raftel (1)

When Spirits Are Calling My Name ...
von

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40 - Wasserkugel

Kaum hatten sie die schützende Bucht hinter sich gelassen, wurden sie augenblicklich von der Marine entdeckt. Dennoch steuerten sie mit Höchstgeschwindigkeit auf die Angreifer zu. Der Seegang war ruhig und die Sicht vollkommen klar. Ein großer Nachteil für die Strohhüte, denn sie lagen dort auf dem Meer wie die Speise auf dem Präsentierteller. Es war Tashigis Wissen zu verdanken, wie sie das Piratenschiff zu steuern hatten. Nur sie allein kannte jeden taktischen Manöverzug der Kriegsmarine und durchschaute ihn sofort. So gab sie kurz vor Erreichen der Feindesschlagdistanz präzise Anweisungen, die ihre Wirkung nicht verfehlten und die Angreifer arg in Bedrängnis brachten.

„Hart backbord!“ gab sie energische Befehle an Chopper weiter, der das Steuerrad übernommen hatte. Sie selbst thronte kerzengerade auf dem Sofa wie eine Prinzessin und ihr weiter Regenponcho umhüllte sie wie ein großzügig geschnittenes Ballkleid. Ihr harter Gesichtsausdruck ließ hohe Konzentration erahnen und keine Widerworte zu. Selbst Namis Argwohn schien sie zu überhören. Sie hätte wohl unantastbar königlich gewirkt, hätte sie nicht als Brillenersatz das Fernglas direkt vor ihre Augen gehalten, um ihre Umgebung hochauflösend erkennen zu können. Doch wen kümmerte schon in Zeiten wie diesen die äußere Erscheinung?

Der Rest der Crew war bereits im Kampfgetümmel und wehrte ein ums andere Mal Geschosse ab. Immer schneller und schneller flogen die Kugeln bis es einem einzigen Hagelschauer glich. Von allen Seiten her fuhren Kriegsschiffe auf sie zu und die Sunny schlug Haken wie ein panisch davonrennendes Kaninchen. Es waren auf beiden Seiten Teufelskräfte im Spiel. So wuchsen plötzlich Dornenranken aus dem Deck der Sunny, die sich wild wuchernd um Arme und Beine legten, die Haut zerrissen und kräftig zogen. Im nächsten Augenblick schwebten Silberkugeln übers Deck, die heftig explodierten. Oder ein weiteres Mal griff ein Leutnant an, der sich in einen Kugelblitz verwandeln konnte. Es war keineswegs leicht. Weshalb jedoch weder Hina noch Smoker ihre Kräfte einsetzten, blieb ein Rätsel. Auch wenn die Mannschaft schon weit heftigere Kämpfe in der Vergangenheit hinter sich gebracht hatte, so war es einfach nur noch nervig und Kräfte zehrend, sich hier wieder einmal mehr mit der Marine herumschlagen zu müssen.

Und plötzlich brach eine Lücke im Abwehrgürtel zwischen Kriegsschiffen auf, die nicht sofort wieder geschlossen werden konnte. Es war ein taktischer Fehler der Marine, den Tashigi nervenaufreibend herausgekitzelt hatte. Eine winzige Chance. Die einzige Chance.

„Da drüben!“ brüllte sie Chopper zu, der sofort wieder das Ruder herumriss und bangend auf diese schmale Lücke hinzusteuerte. Nur noch ein paar Meter. Zu spät sahen die zuständigen Offiziere ihren Fehler ein und versuchten nun mit einer schnellen Wende ihre Verteidigung wieder aufzubauen. Mit derselben Geschwindigkeit, die das Piratenschiff auf die Lücke zuschoss, preschten die Marineschiffe von rechts und links heran.

„Tashigi, wir kollidieren gleich!“ kreischte das Rentier in Panik.

„Nein ...“, kam es leise von der ehemaligen Soldatin zurück. Der kleine Arzt wusste nun nicht, ob es ein Widersprechen oder ein Zugeständnis war, dass sie sich verschätzt hatte. Doch sie schien nur noch einen Tunnelblick auf die rettende Freiheit zu haben, die mit jeder Sekunde enger und enger wurde. Sie wollte dort hinten durch. Koste es, was es wolle. Lieber hier auf dem Meer versinken, als noch mal in Gefangenschaft zu geraten.

„Vorwärts, Sunny! Wir beide haben die Klamm gemeistert. Da ist doch nun das hier ein Klacks!“ schickte sie ein Stoßgebet an den Klabautermann des Schiffes.

„Sanji? Usopp? Könntet ihr mal dort den Weg freimachen?“ schrie sie zum anderen Ende ihres schwimmenden Untersatzes.

„Klar doch, Tashigi-Schneckchen!“ flirtete der Koch und auch der Kanonier hatte verstanden. Sie stürmten herbei und jeder der beiden nahm sich ein Schiff vor. Während der Scharfschütze gezielt sein Opfer mit Kabuto beschoss, schickte der Smutje postwendend alle ankommenden Kanonekugeln mit geschickten Kicks zurück und traf. Im nu sanken beide Kriegsschiffe und der Weg war frei.

Das Meer glitzerte in der Sonne wie abertausende Diamanten und war ruhig und flach wie ein Bügelbrett. Kein Lüftchen regte sich. Die Fahrt gen Süden hatte ihren Preis. Tashigi hatte kalkuliert, dass sie nun mitten im Calm Belt hängen würden, den sie mit den Schaufelrädern oder dem Coup de Bust überwinden könnten. Doch eines hatte sie nicht bedacht: Diamanten ... Erst jetzt schrillten die Alarmglocken in ihrem Kopf. In diesem Abschnitt des Calm Belts begann die Diamantpassage. Natürlich gab es hier keine echten Diamanten. Das hätte Nami sonst wohl sofort gewusst und eine große Verladeaktion gestartet. Aber das Wasser hatte hier eine besondere Konsistenz. Die Wassertropfen auf der Wasseroberfläche waren Rasierklingenscharf und hart wie Diamanten. Jede winzige Bewegung des Bootes mit diesen Tropfen erzeugte Reibung, die jedes Schiff bisher zerstört hatte. Das war auch der Grund, weshalb es hier keine Seekönige gab. Selbst diese mieden die scharfen Kanten.

Mittlerweile hatte die Crew bemerkt, dass es von Seiten der Marine keine Angriffe gab. Die Schiffe formatierten sich neu und lauerten. Durch das Fernglas konnte Tashigi sehen, wie viele grinsten. Die Marineangehörigen warteten gelassen auf den Untergang der Sunny. Smokers Schiff tauchte zwischen den anderen auf und durch eine Lautsprecher-DenDenMushi ertönte die raue Stimme des Admirals.

„Nicht schlecht, deine Ausweichmanöver, Tashigi. Aber nun hast du deine neuen Freunde wohl in ihr eigenes Grab gelotst!“ Man konnte die Schadenfreude förmlich über die Schallwellen spüren.

Die Angesprochene vergrub ihren Kopf in ihren Händen. Machte sie denn nie etwas richtig? Jetzt würde sie sicherlich Ärger bekommen und alle Versuche, hier in der Mannschaft Fuß zu fassen, wären zunichte. Die Strohhüte hatten sich zwischenzeitlich alle vorn um das Sofa gescharrt und blickten die junge Frau etwas irritiert an. Worum ging es?

Ein Knarren an der Beplankung der Sunny brachte die böse Gewissheit, dass der Zerreibungsprozess begonnen hatte.

„Ich...“, schluchzte sie kleinlaut, „ich ... habe nicht an die Diamantenpassage gedacht. Das Wasser hier ... zerschneidet Schiffe!“ Sie traute sich nicht aufzusehen.

„Na, das hast du ja toll hinbekommen, du blöde Marinezicke! Das war doch Absicht!“ zeterte die Navigatorin los. Nur mit Mühe konnte der Koch Nami davon abhalten, mit geballten Fäusten auf die Offizierin einzuschlagen.

„Was? Ich kann nicht schwimmen!“ kam es aus dem Mundes des Kapitäns und des Rentiers gleichzeitig. Größere Probleme hatten die beiden noch nicht durchdacht.

Franky seufzte. „Hey, die Kleine hat’s nur gut gemeint. Lasst uns mal gucken, in wie weit das Wasser hier der Sunny Schaden zufügt. Das dürfte wegen dem Adamholz sehr gering sein.“ Und so ließ er sich mit Usopp und Zoro zusammen an langen Leinen an der Außenwand des Schiffes hinunter, um den Zustand zu untersuchen. Tatsächlich hielt das Wunderholz gut stand, jedoch wäre es nur eine Frage der Zeit, bis erste Rissen auftauchen würden. Guter Rat war teuer. Man beschloss, für die nächsten Stunden nichts zu tun, außer die Marine im Auge zu behalten, die dort immer noch Stellung bezogen hatte. Smoker hatte zwischendurch mal ein Angebot gemacht, sich einfach zu ergeben, doch das war großzügig überhört worden. Und so kehrte Stille ein.

Der Tag verging ruhig. Die Sonne lachte von einem strahlend blauem Himmel herunter und streichelte ein paar fliegende Möwen mit ihrer Wärme. Die Brigantine lag immer noch im Calm Belt und die Marine unverändert einige gute hundert Meter weiter. Es war ein Katz-und-Maus-Spiel, welches eben eine Pattsituation eingegangen war. Ein jeder suchte sich auf der Sunny eine Beschäftigung, wenn er nicht gerade Wache schob.

Chopper zoffte sich eine Weile mit Zoro, da dieser wieder einmal die Bandagen von seinem Körper entfernt hatte und zu trainieren begann. Der Schwertkämpfer begründete dieses, dass er keine Mumie wäre und die Mullbinden zudem ziemlich lästig wären. Der kleine Arzt gab es nach einer Weile auf und begann, seine Arztutensilien in seinem Rucksack zu ordnen und eine Bestandsaufnahme zu machen. Es war mal wieder eine große Menge an Verbandszeug und Salbe verbraucht worden. Da müsste er dringend Nachschub ordern. Er ließ Zoro allein im Krähennest zurück, um wenigstens in seiner Praxis neue Salbe herzustellen, wenn er schon hier oben seinen hartnäckigen Patienten nicht behandeln konnte. Medizinherstellung würde viel Zeit in Anspruch nehmen. Eine schöne Beschäftigung! Der Schwertkämpfer blickte ihm monoton nach und ließ sich nicht beim Heben und Senken seiner Hanteln aus dem Rhythmus bringen.

Tashigi fühlte sich schuldig für die Misere. Sie war in des Mädchenzimmer geschlurft und hatte sich vor ihrem Spind aufgebaut. Schon wieder war sie nass bis auf die Knochen. Also runter mit dem nassen Zeug! Es war ihr gleich, ob die Klamotten nun unordentlich auf dem Fußboden lagen und sie nun splitterfasernackt hier stehen würde. Sie kramte ein langes Baumwollnachthemd aus ihrem Spind hervor. Das war zwar weder modisch, noch schön, aber wenigstens kuschelig warm. Sie schlüpfte hinein und schlang sich ein Handtuch wie einen Turban kunstvoll um ihre nassen Haare. Mit dieser Aufmachung hatte sie sich anschließend unter ihre Bettdecke verkrochen. Die Müdigkeit zollte ihren Tribut und so fielen ihr unter der warmen, kuscheligen Decke bald die Augen zu. Immerhin konnte sie hier im Bett niemanden ärgern oder etwas falsch machen. Sehen konnte sie ohne Brille eh nichts. Ein langer Traum erschloss sich ihr. Sämtliche Eindrücke der letzten Monate vernudelten sich wie ein Wollknäul ineinander. Hilflos begann sie in den Fäden zu strampeln wie eine Fliege im Spinnennetz. Dann zerriss das Netz und sie fiel und fiel in die Dunkelheit, bis sie Hände fühlte, die sie hielten. Sie kannte diese Hände und diese Wärme und sie glaubte, immer noch den Geschmack seiner Lippen auf ihren zu schmecken. Ein wirrer Traum.

Robin tauchte etwas später in dem Zimmer auf und nahm von Tashigis Schlaf Notiz. Eine Weile stand die Archäologin inmitten des Raumes und betrachtete die Offizierin. „Ein seltsamer Weg hat dich hierher gebracht. Wie wir alle hier in der Crew“, dachte sie leise vor sich hin, nahm einen Stift aus ihrem Nachtschrank und setzte sich an den kleinen Tisch, um etwas zu ihren persönlichen Notizen niederzuschreiben. Als sie geendet hatte, warf sie noch mal einen Blick zu der Schlafenden hinüber. Dann verschwand sie wieder nach draußen. In diesem Moment hatte sie Tashigis Anwesenheit nach einer langen Beobachtungszeit vollkommen akzeptiert. Es war ihr damals in der Bucht in Wanane merkwürdig vorgekommen, als sie dort mit Zoro und Chopper verschüchtert auftaucht. Welche Abmachung auch immer zwischen diesen Dreien bestanden hatte, sie hatte sich zum Positiven entwickelt und für die Geschichtlerin war nach all den Wochen mehr als genug bewiesen, dass Tashigi eine große Wandlung durchgemacht hatte. Es war in Ordnung.

Ganz und gar nicht in Ordnung war Namis Weltbild. Oben in der Bibliothek begann sie eine Karte zu zeichnen, nur um sie im nächsten Moment unkonzentriert zu zerreißen. Wut tobte ihn ihr. Wut auf Tashigi, die einfach so temporär ihren Posten einer Navigatorin brillant übernommen hatte. Wut darauf, dass nicht sie selbst die Sunny gerettet hatte, sondern dieses Marineweib. Und Wut darauf, ... ach worauf eigentlich? Eigentlich auf sich selbst. Warum regte sie diese Frau so auf? Könnte sie nicht locker über den Dingen stehen? Tashigi war nun mal an Bord. Das hatte der Captain so entschieden. Ein Seufzer entfuhr ihr. Mit dem Handrücken wischte sie sich aufsteigende Tränen aus den Augenwinkeln. Tashigi war da und Nami hatte ihrem Chef versprochen, die Umstände zu akzeptieren. Und darin wollte sie sich nun versuchen. Nur akzeptieren, nicht mögen.

Luffy, Franky und Usopp lümmelten an der Bar herum, spielten Karten und nervten Sanji, der die Küche umsortierte. Nach einigen Stunden an Langeweile erkundigte sich Luffy bei Franky, warum sie nicht einfach mit dem Coup de Bust wegflögen. Doch der Cyborg winkte müde ab. Die Flugdistanz wäre zu kurz. Das Schiff würde wieder irgendwo auf den Diamanttropfen aufsetzen und den Boden aufreißen. Sie könnten nur warten, ob die Marine mal für einen Moment unachtsam wäre. Dann könnte sie wieder den selben Weg zurücknehmen, den sie gekommen wären. Der Kapitän seufzte bedröppelt. Das war nicht sein Sinn von Abenteuern.
 

Es geschah inmitten der Nacht, als alles friedlich und sanft ruhte. Nur ein leises Plätschern der kräuseligen Wellen war zu vernehmen, wenn sie sacht gegen die Planken schlugen. Müde rieben sich vereinzelte Wachposten auf den Kriegsschiffen die Augen, denn diese Monotonie war mehr als ermüdend. Der abnehmende Mond brachte die Wasseroberfläche zum Funkeln und Strahlen, so dass sich die Silhouette des Piratenschiffes dunkel gegen das helle Meer abhob, welches es zu bewachen galt. An sich war es eine idyllische Atmosphäre, wenn die Situation nur nicht so furchtbar langweilig, aber auch wichtig gewesen wäre. Und so starrten die Wachen weiterhin angestrengt durch ihre Ferngläser auf das im Calm Belt hängende Schiff, ob sich irgendetwas tun würde. Doch es tat sich rein gar nichts. Lediglich das Wetter schien umzuschlagen. Langsam zogen Regenwolken auf. Sie verdeckten die Sterne und den Mond. Das Glimmen der Diamantpassage erlosch ohne das Mondlicht. Die Sunny, die gerade eben noch mit bloßem Auge zu erkennen gewesen war, entschwand in der Dunkelheit, wie alles andere auch.

Und so bemerkte niemand die mystischen Ereignisse, die sich schleichend in Bewegung setzten. Selbst der Strohhutband, die tief schlummernd im Land der Träume war, entging ein einzigartiges Schauspiel. Als würde man einen Finger in Moosgummi drücken, dellte unter der Sunny die Meeresoberfläche ein. Es war so langsam, dass es weder Geräusche machte, noch die Fahrt nach unten zu spüren gewesen wäre. Die Delle formte sich zu einem tiefen Schacht, in dessen Mitte das Schiff ganz langsam nach unten sackte wie auf einer Hebebühne des Theaters. Nach einer guten Stunde hatte die Mastspitze selbige Höhe wie die Wasseroberfläche erreicht. Noch einen Moment später begann sich das Meer über der Sunny zu schließen. Wie in einer riesigen Luftblase schwebte sie nun senkrecht zum Meeresboden und verharrte dort.

Als sich über der Wasseroberfläche die Regenwolken aufgelöst hatten und wieder der Mond die Szenerie erhellt, war von einem Piratenschiff weit und breit keine Spur mehr zu sehen. Große Aufregung setzte auf Seiten der Marine ein. Wohin sind die Piraten entkommen? Hatte niemand etwas gesehen? Doch sämtlich Erklärungsversuche brachten nichts: Das Schiff war weg!

Die Soldaten zogen Lose, denn niemand traute sich, ihrem Admiral die unfrohe Botschaft zu überbringen. Doch es musste jemanden treffen und dieser eine schlich zitternd und ein Unheil erwartend zu Smoker auf die Kommandobrücke. Aber es geschah nichts dergleichen. Hina verdrehte nur genervt die Augen und Smoker saß wie eine Statue in seinem Stuhl, eine Hand stützte nachdenklich den Kopf und Zigarren wurden synchron aufgeraucht. Er sagte keinen Ton, doch am Rauchaufkommen konnte man erahnen, dass er einer innerlichen Explosion sehr nahe war.

An das Marinehauptquartier wurde nur ein Satz übermittelt: „THOUSAND SUNNY IN DER DIAMATNPASSAGE VERSCHOLLEN!“
 

Sanji erwachte als erster durch seine innere Uhr, die ihm verriet, dass es nun die übliche morgendliche Stunde wäre, um das Frühstück für den verfressenen Haufen zuzubereiten. Er blickte beim Waschen und Ankleiden nicht aus dem Fenster, sondern schlussfolgerte nur aufgrund des geringen Lichteinfalls, dass heute wohl nicht die Sonne schien. Erst als er aus der Tür trat, um hinüber zur Küche zu gelangen, traf ihn die neue Umgebung wie ein Blitzschlag. Für den Bruchteil der Sekunde blieb er wie eine Salzsäule in der Tür stehen und betrachtete die kugelrunde Wasserwand um die gesamte Sunny herum. Es glich einer Schneekugel, die man in den Händen halten und kräftig schütteln musste, damit der Kunstschnee stoben würde. Doch anstelle einer Märchenfigur lag im inneren dieser Schneekugel die Brigantine leicht aufgesetzt auf dem Meeresboden und um sie herum war kein Glas, sondern das Meerwasser. Eine verirrte Qualle schielte zu Sanji hinüber, schwamm auf ihn zu und platschte dann aus dem Wasser heraus auf den feuchten Meeresboden. Erst das Aufschlaggeräusch holte den Koch aus der Faszination zurück in die Realität und er brüllte energisch die Crew aus den Federn.

„Hoch mit euch, ihr Schnarchnasen! Wo zum Henker sind wir hier?“

Nur einige Sekunden später trippelten die anderen verschlafen heran, um sich dann mit Augen so groß wie Untertassen gleichzeitig durch die Tür quetschen zu wollen. Das war ja der helle Wahnsinn! Auch bei den Damen regte sich nun etwas und sie alle standen nun gemeinsam auf dem Rasendeck und starrten ungläubig auf ihr kunstvolles Unterwassergefängnis. Das Wasser zog schimmernd in Schlieren wie eine Ölpfütze in Blaugrüntönen um sie herum und aus dem einen Blickwinkel sah man in die dunklen Tiefen des Ozeans, aus einem anderen Winkel reflektierte man sich selbst und das eigene Spiegelbild lachte einem zu. Über ihnen konnte man anhand der sich im Wasser brechenden Lichtstrahlen erahnen, dass es Tag wurde. Totenstille herrschte hier und jedes Geräusch schien durch die Wasserwand verschluckt zu werden. Selbst wenn sie laut sprachen, klang es recht leise.

Luffy holte kräftig aus und schlug gegen die Wasserwand. Mit Leichtigkeit bohrte sich seine Faust in das nasse Gebilde, durchbrach es aber nicht. Es war, als wäre in diesem Moment das Wasser aus Gummi. Der Gummijunge musste darüber lachen. Nicht nur er selbst war aus Gummi, sondern das Meer auch. Wenn das mal nichts wäre! Er erntete dafür aber nur eine heftige Kopfnuss von Nami und verwunderte Blicke der anderen.

„Bist du wahnsinnig? Die Luftblase könnte platzen!“ herrschte Usopp ihn an. Es wäre mehr als fatal, erklärte er, denn dann würden die Wassermassen über ihren Köpfen hereinbrechen und sie alle ertränken. Wo der Kanonier recht hatte, hatte er recht.

Der Cyborg überlegte, warum die Luftblase hier unten blieb und nicht von selbst seinen Weg nach oben sucht, und auch die Archäologin gab zu, noch nie von einem derart merkwürdigem Geschehnis gehört zu haben. Zudem warf sie die Frage auf, wie sie wohl wieder hinauf kommen könnten.

„Was ist das für ein Zauber?“ flüsterte Chopper Zoro zu. Dieser aber zuckte nur unwissend die Schultern. Er fühlte nichts. Weder die Wellen seiner Freunde, noch die der dusseligen Quallen. Gar nichts. Es war, als hätte er niemals irgendeine dieser dämonischen Kräfte besessen, und der Schwertkämpfer überlegte still, ob er sich darüber nun freuen sollte oder nicht.

Noch eine ganze Weile betrachten, berührten und untersuchten die Strohhutpiraten die ungewohnte Umgebung. Es waren schon viele Schiffe in der Diamantpassage versunken, wie man an den unzähligen Wracks feststellen konnten. Durch die Wasserkugel hatten sie Einblicke in die Unterwasserwelt wie in ein Aquarium. Jedoch gab es nichts interessantes zu entdecken: Wracks, Quallen, trübes Wasser und schlammiger Meeresboden. Nur Tashigi war an Bord der Sunny geblieben, denn sie sah alles nur verschwommen ohne ihre helfende Brille. So stand sie an die Reling gelehnt, um nicht vollkommen die Orientierung zu verlieren. Die Bande stellten fest, dass sie hier festgehalten waren und sie selbst kaum eine Chance hätten, dem Ganzen zu entfliehen. Es war zudem auch fraglich, wie die Qualle hier hereinfallen, von ihnen aber keiner hinausgehen konnte.

„Wie lange mag der Sauerstoff reichen?“ überlegte Franky gemeinsam mit dem kleinen Arzt.

„Schwer zu sagen. Ich weiß nicht, ob das Wasser Sauerstoff abgeben kann oder ob unser Schiffsgarten reicht, die Luft zu filtern“, antwortete das Rentier immer noch vollkommen seiner Eindrücke erlegen.

Sanji tischte das Frühstück mitten auf dem Rasendeck als Picknick auf. Es hatte eh niemand Lust, sich in den Speisesaal zu begeben. Und so kauten sie alle ungewöhnlich still und andächtig an ihrem Frühstück und betrachteten die Wasserkugel über ihren Köpfen. Der Smutje war in seiner charmant schleimenden Art so zuvorkommend gewesen, Tashigi das Fernglas zu reichen, damit sie auch etwas von ihrer Umgebung wahrnehmen konnte.

Hätte Robin nicht zwischenzeitlich immer mal wieder das Uhrglas, welches die Bordzeit maß, umgedreht, so wäre es ihnen allen verborgen geblieben, dass Stunde um Stunde verstrich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Joka
2008-03-16T11:55:30+00:00 16.03.2008 12:55
woah, ich hab net gerafft das es weiter geht ><
besser gesagt: vergessen ^^°
aber jetzt hab ich es gelesen.
cooler einfall oO
sehr mysteriös das ganze...
die FF hat so viele kapitel, wird aber nie langweilig *_*
Von:  Yu-
2008-03-06T22:25:22+00:00 06.03.2008 23:25
spannend, ich bin megagespannt wie sie einen ausweg daraus finden...! schnell weiterschreibseln.
Von:  YamiPanther
2008-03-06T20:19:10+00:00 06.03.2008 21:19
boah o_O das mit der luftblase unter wasser ist ja mal eine idee...
super ungewöhnlich und ne coole herausforderung für die strohhüte...
interessant!
Von:  einfach_Antonia
2008-03-06T18:35:42+00:00 06.03.2008 19:35
WOW
Respekt!!!!
Mal wieder ein super Kapitel!!
Ich bin gfespannt wies weitegeht!!!


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