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Dieser eine Drang

die Vergangenheit ruht nie
von

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Ruhe der Vergangenheit - Part 3

Ich starre meinen Teller an. Mein Magen knurrt. Ich hab Hunger. Gewaltigen Hunger. Ich kann nicht länger wiederstehen. Ich muss etwas essen.

Seufzend gebe ich auf und esse. Ich achte weder darauf, dass ich heute einen weißen Tag einlegen wollte. Das heißt, ich wollte nur Sachen essen, die weiß sind.

Also konnte ich nicht magersüchtig werden. Dafür fehlt mir einfach die Disziplin. Es war auch nicht so, dass ich das werden wollte um dünner zu werden. Eher um meine Mutter auf mich aufmerksam zu machen. Das gleiche hatte ich schon mit erhöhtem Alkoholkonsum versucht. Aber da sie selbst ständig säuft ist ihr das nicht aufgefallen.

Was würde ich als nächstes tun? Drogen nehmen? Ich wusste es noch nicht.

Aber die ständige Abwesenheit meiner Mutter schmerzte einfach nur sehr. Sie war entweder arbeiten oder besoffen. Um mich kümmerte sie sich nicht mehr.

Ich war ihr egal.

Doch ich brauchte ihre Aufmerksamkeit, so wie jedes Kind und auch jeder Jungendlicher die Aufmerksamkeit seiner Eltern brauchte. Nur das mein Vater nun mal nicht mehr lebte.
 

Wieder die gleiche Situation. Ich sitze in meiner Zwangsjacke vor den Schreibtisch. Hinter diesem saß die Psychologin. Ich erzählte aus von meiner Vergangenheit. Sie hörte zu, stellte Fragen und nickte.

Dieses Nicken machte mich fast verrückt.

Kopf hoch, Kopf runter. Kopf hoch, Kopf runter. Kopf hoch, Kopf runter.

Wie ein Roboter.

Ich hielt sie inzwischen für einen Roboter. Wie sah ihr Alltag aus?

Aufstehen, frühstücken, hierher kommen, Leute wie mir zuhören, ihre Ergebnisse aufschreiben und an ihren Vorgesetzten weiterleiten, zu Mittag essen, Schreibtischarbeit erledigen, nach Hause fahren, ausruhen, zu Abend essen, schlafen gehen. Auf das am nächstes Tag wieder der Wecker klingelt und das ganze wieder von vorne losgeht.

So hätte ich nie leben wollen.

Und wo werde ich vielleicht auch niemals leben. Nicht, wenn ich mich nicht langsam ein bisschen mehr anstrengte.

Ich wollte hier raus. Um jeden Preis. Einfach nur raus.
 

„Also sie haben auf jede erdenkliche Weise versucht ihre Mutter auf sich aufmerksam zu machen?“

Ich nickte.

„Haben sie hinterher angefangen Drogen zu nehmen?“

Ich nickte wieder.

Dann rang ich mir doch noch eine Antwort ab:

„Ja habe ich. Aber meine Mutter hat es nicht realisiert. Und dann habe ich auch schnell wieder aufgehört, bevor ich körperlich abhängig werden konnte“.

„Seitdem haben sie nie wieder Drogen genommen?“

Ich nickte.

„Ich sah darin keinen Grund. Ich wollte dadurch einfach nur Aufmerksamkeit bekommen“.

Und ich hatte sie bekommen. Doch nicht von meiner Mutter. Erst später von ihm. Er hatte meine Einstichlöcher gesehen und sich um mich gesorgt.

Er hatte sich im Allgemeinem viel um mich gesorgt.

Er war ja so fürsorglich gewesen. Oder war er es immer noch?

Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass wenn ich hier jemals rauskommen würde, er nicht mehr lange zu leben hatte.

Ich würde das zu Ende bringen, was ich angefangen hatte.
 

Ich zwang mir ein Lächeln für die Psychologin ab. Und sie würde mir helfen, dachte ich im Stillen. Sie war meine Fahrkarte nach draußen.



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