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Träume im Mondenglanz

Memoiren eines Stallmeisters
von

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Von Wahrheit und Schönheit

Eine ganze Weile schritten wir nun so nebeneinander her.

Schweigend.

Der König sprach nicht ein einziges Wort.

'Wozu auch?', dachte ich im nächsten Moment, 'Ich bin doch nur Stallmeister.'
 

Als wir den Würmsee erreichten, schwang sich seine Majestät von dem Rücken seines Pferdes und drückte mir wortlos dessen Zügel in die Hand.

Er trat an das Ufer heran und starrte auf die glitzernde Wasserpracht des Sees.

Nichts anderes tat er, als die leichte Bewegung der Wasseroberfläche zu beobachten.

Er wirkte abwesend und gedankenverloren.

„Es ist wunderschön, nicht wahr? Wie ein Spiegel, der das 'Schöne' der Wahrheit spiegelt. Den Sonnenauf- und Untergang. Das fahle Mondlicht der Nacht und den Sternenhimmel. Eine wahre Pracht für den Poeten, der das Paradies um Zuflucht bittet. Findest du nicht auch, Hornig?“

„Majestät?“

Verwirrt betrachtete ich das Antlitz König Ludwigs, als er sich zu mir wandte und mir einen Wink gab, zu ihm zu treten.

Ich gehorchte, band Ganglot an einen Baum und trat an des Königs Seite, an das Ufer des Sees heran.

„Sieh her, Hornig. In des Würmsees Mitte. Findest du es nicht auch bemerkenswert, wie das klare Wasser das Licht dieses ermüdenden Tages einfängt und es zu einer Schönheit werden lässt, indem es die Wahrheit verzerrt?“

„Nun, Majestät. Der See ist wahrhaftig eine Augenweide. Jedoch spiegelt er nicht auch die Wahrheit selbst, wie sie ist, Majestät? Wenn ich mich nun hervor beuge und in den klaren Wasserspiegel schaue, so sehe ich doch mein Antlitz, wie die Welt es geschaffen hat.“

König Ludwig seufzte und rieb sich die Augen.

„Das ist wohl wahr.“, entgegnete er nur und warf einen letzten melancholischen Blick auf das Spiegelbild der Sonne in der Mitte des Sees, bevor er sich um wandte und zu Ganglot zurück schritt .

„Ich denke, wir sollten langsam zurück. Nun wird wohl hoffentlich niemand mehr bei Hofe sein, der solch ein Ungemach verbreitet, wie der Fürst von Hohenlohe.“

Seine Majestät band sein Ross eigenhändig los und schwang sich in dessen Sattel.

Ohne ein weiteres Wort an mich gewandt zu haben, trieb er Ganglot in den Schritt und ritt heimwärts.

Noch einen Augenblick stand ich etwas irritiert am Ufer des Sees, bevor ich aufholte und abermals neben Seiner Majestät einher schritt.

Ich warf einen prüfenden, kurzen Blick zu dem Bayernkönig empor, denn ich hatte das Gefühl ihn mit meinen Worten gekränkt zu haben.

Und wahrhaftig: Der König schien etwas niedergeschlagen zu sein.

Jedoch, war dies meine Schuld?

Was hatte ich getan, was so falsch sein mochte?

So kränkend?

Ich wandte meinen Blick wieder ab und sah zu Boden.

„Verzeiht, Majestät, wenn ich mir zu viel heraus genommen habe. Ich wusste nicht, dass meine Worte so verletzend auf Euch wirken würden.“

König Ludwig seufzte schwer und sah auf mich herab.

„Es ist nicht deine Schuld. Ich bin zuweilen sehr in Gedanken vertieft. Mache dir keine Sorgen um mich, oder darum was du sagtest.“

Mein Gefühl sagte mir, dass damit die Konversation beendet war.
 

Als wir nach Schloss Berg zurückgekehrt waren, stieg seine Majestät von seinem Ross und gab mir dessen Zügel.

„Morgen früh wirst du mich wieder begleiten. Nur bereite dir dies Mal ein Pferd vor. Ich denke nicht, dass du großes Verlangen hast wieder neben Ganglot einher zu laufen, denn ich ziehe es nicht vor, meine Ausritte ausschließlich im Schritt zu tätigen. Du hast freie Auswahl mit Ausnahme meines Ganglots. Ich werde jemanden vorbeischicken, der dir Bescheid gibt, wann du fertig zu sein hast.“

„Jawohl, Majestät.“, antwortete ich noch bevor der König wieder in seinem Schloss verschwand.
 

Ich brachte Ganglot in die Stallungen zurück

Als ich ihm das Zaumzeug abnahm, ging mir allerhand durch den Kopf.

Ich hatte schon sehr viel über die sonderbare Art unseres Königs gehört.

Im Dorf und in der Stadt zerriss man sich förmlich die Mäuler über ihn.

Vermutlich tat man dies im ganzen Land.

Jedoch wusste ich selbst nicht, was ich von dem Gerede halten sollte.

Nicht, nachdem ich ihn selbst gesehen hatte.

Nicht, nachdem ich einen kleinen Einblick in seine Gedankenwelt gehabt habe.

Nicht, dass man nur schlecht über den Bayernkönig redete.

Im Gegenteil.

Er war vor allem beim Bürgertum äußerst beliebt.

Nur hörte man Gerüchte und allerlei Geflüster über ihn und was bei Hofe vor sich ging.

Vor allem aber beschwerte man sich darüber, dass der König vor jeglicher politischer Pflicht floh und jede Entscheidung, jede Unannehmlichkeit aufs Äußerste hinauszögerte.

Ich schloss die Boxentür Ganglots und brachte Sattel und Zaumzeug in die entsprechende Kammer zurück, als Friedrich mir entgegen kam.
 

„Herr Hornig! Da sind sie ja!“, freute er sich und kam vor mir zum Stehen, „Man begann bereits zu flüstern, weil Majestät Sie aufgefordert hat, ihn zu begleiten.“

Ich warf dem Knaben einen kurzen, fragenden Blick zu, während ich das Gebiss des Zaumzeugs abwusch.

„Warum begann man zu flüstern? Ist es so ungewöhnlich, dass seine Majestät Begleitung wünscht?“

„Nun ja. Bisweilen ritt seine Majestät immer allein aus. Höchstens sein Adjutant Dürckheim, oder, wenn anwesend, Graf von Holnstein oder Österreichs Kaiserin Elisabeth, begleiteten ihn bisher. Abgesehen von zeitweiligen Männern, die er als 'Begleiter' auserkoren hatte, die ihn dann und wann begleiteten.“

Ich legte den Sattel auf dem Sattelbock ab und wandte mich Friedrich zu.

„'Zeitweilige Männer'? 'Als Begleiter auserkoren'? Inwiefern das Ganze?“

Der Junge zuckte zusammen und wich meinem Blick aus.

„Nun ja. Freundschaften.“, antwortete er unsicher und wirkte etwas nervös, „War Majestät denn nett zu ihnen? Hat er mit ihnen geredet? Wie ist er so?“

Ich lächelte, beließ es bei seinem Themenwechsel.

Früher oder später würde ich erfahren, was er gemeint hatte.

„Seine Majestät strahlt sehr viel Sanftmut, Reinheit und Liebenswürdigkeit aus und ist meiner Meinung nach eine sehr beeindruckende aber bizarre Person, um es möglichst neutral auszudrücken und trotzdem was auszusagen.“

„Das sagt wirklich sehr viel aus, Herr Hornig. Wirklich sehr viel.“, sprach Friedrich enttäuscht und hoffte auf mögliche weitere Informationen.

Mein Lächeln wurde breiter bei seinem fast schon schmollenden Gesichtsausdruck und ich beteuerte: „Es tut mir Leid, Friedrich. Aber mehr kann ich dir bei bestem Willen nicht erzählen. Ich habe selbst nur wenige Worte mit seiner Majestät gewechselt. Und diese schienen auch nicht gerade die besten gewesen sein.“

„Habt ihr euch unbeliebt gemacht bei seiner Majestät?“

„Nein, nein. Der König beteuerte ich habe nichts Falsches getan, dennoch schien er etwas bedrückt.“

„Dürfen Sie Majestät nun nicht mehr begleiten?“, fragte Friedrich und wirkte sichtlich betroffen.

Nun konnte ich mir abermals ein Lächeln nicht verkneifen.

„Dein Mitgefühl für mich schmeichelt mir, aber mache dir keine Sorgen. Majestät hat mich gebeten ihn morgen wieder zu begleiten. Zu Pferd.“

„Hat der König ihnen vorgeschrieben, welches Pferd Sie zu nehmen haben?“

Ich schüttelte den Kopf und sah mich unwillkürlich auf der Stallgasse um.

„Majestät ließ mir freie Auswahl mit Ausnahme von Ganglot verständlicher Weise.“

„Wissen Sie schon welches sie präferieren?“

„Nein. Bisher sind mir lediglich Ganglot und Silber bekannt. Würdest du mir die anderen Pferde einmal vorstellen und mir etwas über sie erzählen, damit ich mich ein wenig auf die Arbeit mit ihnen einstellen kann?“

„Gewiss. Wenn Sie mir folgen wollen.“, entgegnete Friedrich und verbeugte sich spielerisch.

Ich konnte nicht umhin als zu schmunzeln.
 

Den Rest des Abends führte Friedrich mich herum.

Zeigte mir jedes Pferd und erzählte mir ihre Geschichten.

Zeigte mir die Weiden, wie viel Futter die Pferde bekamen, schilderte mir den groben Tagesablauf und welcher Bedienstete für gewöhnlich welche Arbeit übernahm.

Ich war wirklich froh, dass der kleine Mann so einen Narren an mir gefressen hatte.

So machte er mir den Einstieg in die Arbeit einfacher und ich hatte einen Ansprechpartner, der wusste, wie das Leben hier normalerweise lief.

Hinzu kam, dass es mein Herz erfreute den Jungen so lächeln und lachen zu sehen, denn ich hatte das Gefühl, dass er von den Bediensteten nicht gerade auf die netteste Art und Weise behandelt wurde.

Ich hielt dies für völlig unangebracht.

Friedrich war zwar jung, doch er hatte Ahnung von dem was er tat und man merkte ihm an, dass er seine Arbeit liebte.

Er liebte die Tiere und die Tiere mochten ihn sichtlich ebenfalls.

Schlussendlich, als wir die Führung zu ende geführt hatten, fütterten wir die Pferde und Friedrich führte mich zu meiner Kammer in der Nähe der Stallungen.

Ich wünschte ihm eine erholsame Nacht, fragte ihn jedoch noch, wo er nächtigen würde.

Er lächelte schief und antwortete: „Im Stroh. Bei den Pferden. Ich weigere mich mit meinem Bruder gemeinsam in einer Kammer zu nächtigen.“

Ich seufzte und nickte.

„Gewiss. Das ist mehr als verständlich, wenn man sich nicht versteht. Aber, friert es dich nicht, dort draußen?“

„Schon. Aber alles ist besser, als mit meinem Bruder zwanghaft eine Kammer zu teilen.“

Ich überlegte kurz und gab Friedrich einen Wink herein zu kommen.

„Komm herein. Ich will nicht, dass du draußen des nachts frieren musst. Wir werden schon noch eine Lösung finden, dass du nicht weiter bei deinem Bruder oder im Stroh schlafen musst. Zunächst nächtigst du aber bei mir.“, gab ich ihm zu verstehen.

Der Knabe schien zuerst irritiert, dann trat er dennoch an meiner Seite in die Kammer.

Er wandte sich um und blickte mich mit großen Augen an.

„Vielen Dank. Ich weiß nicht wie ich mich jeweils revanchieren soll, Herr Hornig. Sie sind so liebenswürdig. Ganz anders, als die anderen am Hof. Zumindest anders, als die die ich kenne.“

Ein Lächeln trat auf meine Lippen und ich schmunzelte.

„Schon gut. Das ist für mich selbstverständlich. Du hast keinen Grund dich revanchieren zu müssen. Sieh es als Dank für die Hilfe deinerseits an. Aber nun,...“, unterbrach ein Gähnen meinen Satz, „...lass uns erst einmal ruhen. Einverstanden?“

Friedrich nickte heftig und lächelte ebenfalls.

„Gewiss, Herr Hornig.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2010-03-17T13:41:57+00:00 17.03.2010 14:41
Zunächst mal: Es ist toll, eine FF zu lesen, die weitgehend ohne Rechtschreibfehler auskommt ;)
Selbstverständlich scheint das ja nicht zu sein.
Zum Thema Ludwig: Ich finde es okay, wie du ihn darstellst, allerdings verlangt das nach konsequenter Fortführung. Er präsentiert sich hier sehr verletztlich und ziemlich weltfremd, was bei der ersten Begegnung mit einem völlig Fremden (der zudem rangniedriger ist) seltsam erscheint. Plausibler wäre es gewesen, wenn er Hornig quasi erst etwas 'abgeklopft' hätte, sich seiner höheren Position bedient hätte, um mehr über ihn zu erfahren und sich ein Bild von ihm zu machen. Hier hat Ludwig mehr von sich selbst gezeigt als Hornig, was die Rollenverteilung etwas durcheinander bringt - schließlich ist Ludwig die geheimnisvolle Person.
Aber letztenendes ist es deine Sache, welche Maßstäbe du dir setzt; jetzt musst du es nur schaffen, dieser Vorgabe gerecht zu werden.
Ich hoffe, meine Formulierung ist einigermaßen verständlich ^.^"
Bin gespannt auf weiteres.
Gut fand ich auch, dass du Nebencharaktere mit einbringst und die Handlung nicht nur auf die Hauptpersonen beschränkt. Das gibt dem Ganzen mehr Leben.


Von:  Schneizel
2010-03-16T21:42:19+00:00 16.03.2010 22:42
Hrhrhr, da kommt mein geliebtes Opfer. König-tan :D
Schaut aus, als wäre ich schon ein Weilchen am Werke... mir hat zwar dieser recht philosophische Ansatz gefallen, aber ich fand ihn irgendwie etwas naiv.
Imo schaut's mir sehr nach Liebe auf den ersten Blick aus, wenn du verstehst, was ich meine; er öffnet sich Hornig gegenüber direkt.
Aber wie richtig oder falsch das ist kann ich nicht so gut beurteilen, ich häng viel zu sehr in Prinz Schneizel drin als Chara xX;
Ich würd an deiner Stelle versuchen, ihn ein bisschen mehr "Seme" sein zu lassen; etwas mehr Würde, etwas höhere Stellung und so.
Denn letzten Endes ist und bleibt er ein König, und da gehört auch Ego zu ;)
Uuuund allerletzten Endes ist und bleibt er wahnsinnig und du hast die Arschkarte, tehe °A°
Von: abgemeldet
2010-03-16T21:10:41+00:00 16.03.2010 22:10
wow ~ mal wieder hervorragend rhei :)
Ih weiß nicht, was ich sonst sagen soll ~
Ludwig kommt toll rüber :D
Von:  Lachs
2010-03-16T21:04:26+00:00 16.03.2010 22:04
Oi! Was hat der gute Herr Stallmeister mit dem armen Friedrich vor...?
Haha. xD Scherz beiseite.
Hm. Seltsamer erster Eindruck von Ludwig, der hier entsteht. Pass auf, dass dir der Chara von dem Erscheinungsbild nicht durch die Finger rutscht und irgendwie dahin mutiert, wo du ihn nicht hinhaben wolltest. Das ist mir auch hin und wieder bei solchen geheimnisvollen Charakteren passiert. 8D
Interessanter Erzählstil by the way - mittlerweile kann ich den sogar ganz gut lesen - ist ja immer so 'ne Gewöhnungssache :3
Ich bin gespannt auf die nächsten Kapitel.
Und sorry, dass ich immer so lehrerhaft an deinen Texten herumdoktore - das ist ein Reflex. Deutsch-Leistungskurs halt. xD
Von: abgemeldet
2010-03-16T21:00:35+00:00 16.03.2010 22:00
Endlich hast du das zweite Kapitel beendet.
Wirklich sehr schön ^^
Ich mag deinen Schreibstil und es passt einfach wunderbar zu der Story!
Weiteeeeer~ >__<


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