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Schloss Tegel

von

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XII

Um seinen Plan umzusetzen, gab sich Alexander schon beim Abendessen die größte Mühe, stets mit Kleist im Gespräch zu sein, ihn so oft er konnte zum Lachen zu bringen, denn er lachte ganz zauberhaft. Aber auch sprach er mit ihm viel über ihn selbst, wollte möglichst alles über ihn erfahren.

„Und Sie waren erst fünfzehn, als Sie dem Regiment beigetreten sind?“

Kleist nickte ein wenig schüchtern. „Mein Onkel hat es als Bedingung gestellt, dafür, dass er mich weiter versorgt.“

„Darf ich erfahren, wie viele Jahre seitdem vergangen sind?“, fragte Alexander mit einem Lächeln nach, während er das Fleisch durchschnitt.

„Ich bin nun dreiundzwanzig.“

„Ein schönes Alter.“

„Wofür?“

Alexanders Lächeln wurde zu einem Grinsen, während er ratlos mit den Schultern zuckte. „Zum Heiraten?“

„Ein Glück hat meine Tante damit noch nicht angefangen!“, versetzte Kleist sofort, sah im nächsten Moment aber ängstlich die Tafel hinab, doch alle Augen waren immer noch auf ihre Teller und alle Ohren wohl auf Ferdinand gerichtet, der wieder einmal nicht aufhören konnte, zu reden.

„Ich meine“, fing der junge Leutnant ein wenig leiser an, „Erst einmal will sie meine Cousine gut versorgt wissen, dann wird sie wohl mir…eine Frau suchen.“

„Und Sie?“, meinte Alexander, der gerade einen Schluck Wein genommen hatte, „Haben Sie noch keine im Auge?“

Kleist schüttelte verlegen den Kopf. „Nein. Ich…ich finde Frauen sind…sehr unzugängliche Wesen – f-für mich jedenfalls.“

„Solange Sie sie interessant finden.“, entgegnete Alexander mit einem Zwinkern, woraufhin sein Gegenüber den Blick auf seinen Teller richtete.

Sie redeten eine Weile nicht, aßen stattdessen weiter. Als sie auf das Dessert warteten, kam wieder ein Gespräch auf.

„Wie finden Sie meine Cousine?“, wollte Kleist wissen.

Alexander sah ihn ein wenig überrumpelt an.

„N-nicht, dass ich…nur…“ Kleist schüttelte den Kopf. „Entschuldigen Sie.“

„Nein, nein, die Frage ist schon berechtigt.“, versicherte der junge Baron, nun mit einem Lächeln, „Ich war nur erstaunt, sie von Ihnen zu hören.“

Langsam sah Kleist wieder zu ihm auf.

„Ich finde, Ihre werte Cousine ist eine sehr nette Persönlichkeit. Sie sieht, wenn Sie mir gestatten, gut aus und, wie wir schon gehört haben, ist sie auch noch fromm und klug. Ich glaube es schon einmal gesagt zu haben: Ihr zukünftiger Ehemann kann sich nur glücklich schätzen.“

Kleist sah so aus, als wollte er noch etwas erwidern, aber stattdessen aß er nur stumm weiter.
 

Nach dem Essen schlug Ferdinand eine Partie Schach vor, zu der sich Wilhelm überreden ließ, da er im Schach ungeschlagen war und seinen Halbbruder unbedingt verlieren sehen wollte. Die Baronesse legte sich schlafen, während Caroline mit ihrer Tochter auf dem Schoß den beiden Herren ein wenig zusah. Die beste Gelegenheit für Alexander, seinen Leutnant zu einem Nachtspaziergang einzuladen.

„Sehr gerne.“, nahm Kleist an und folgte Alexander hinaus in den Schlossgarten.

Es war gerade dunkel geworden, man sah noch ausreichend weit, um eine kleine Führung durch den Garten zu unternehmen. Aber schon nach einer Weile fand Alexander keine große Lust mehr daran, dem anderen weiter über Beete, die älteste Tanne und die Fische im Teich zu berichten; viel lieber sah er einfach nur in dieses hübsche Gesicht, vom Mond ausgeleuchtet und ihm so oft zugewandt.

„Halt.“ Alexander fasste den jungen Leutnant am Arm, zwang ihn damit zum Stehen. Er hob eine Hand, mit der er ihm ganz sanft über den Kopf fuhr, die weichen Haare unter seinen Fingern spürte und dabei beobachten konnte, wie seine Augen blauer und seine Wangen roter wurden. Alexanders Stimme war sanft, als er weitersprach. „Ein Blatt.“, sagte er und hielt Kleist eines entgegen; das er jedoch zuvor im Vorbeigehen von einem Busch abgerissen hatte.

„Oh.“, brachte Kleist heraus und nahm es dem jungen Baron aus der Hand.

Kurz schlossen sich Alexanders Finger um die des anderen, doch nur einen Hauch lang, dann besann er sich wieder.

Kleist sah kurz zu ihm auf, bevor er sich hastig herumdrehte und weiterlief.

„Schade, dass meine Cousine nicht hier ist.“, fing er an, „Sie ist diejenige, die mit Ihnen hier spazieren sollte.“

„Finden Sie?“, entgegnete Alexander mit einem Lächeln, die Hände hinter seinem Rücken verschränkt, während er neben Kleist herlief.

Dieser nickte, als sie zur Brücke kamen, sah weiter geradeaus.

„Das müssen Sie mit ihr nachholen, wenn sie wieder da ist, Herr Baron. Sie liebt die Natur. Nun, ich…ich auch, aber sie – Sie liebt sie noch sehr viel mehr. A-also, sie, die Natur. Deshalb…Vielleicht schon am Abend, wenn sie wieder zurück ist, meinen Sie nicht auch, Herr– “

Kleist verstummte. Er war drüben am anderen Ufer des Teichs angekommen, aber der junge Baron war nicht mehr bei ihm. Er war nirgendwo zu sehen.

„Herr…Herr Baron von Humboldt…?“, fragte Kleist unsicher, sah sich ein wenig ängstlich um. Es war dunkel, er kannte sich nicht aus…

Vorsichtig lief er ein paar Schritte weiter, da knackte es hinter ihm. Erschrocken drehte er sich herum. Doch da war nur eine Hecke.

„Herr…Herr von Humboldt!“, rief Kleist nun etwas lauter. Doch es tat sich nichts.

Da entschloss er sich, zurück zur Brücke zu laufen. Auf dem Weg dorthin wurde er plötzlich von hinten gepackt.

Alexander feierte es, endlich seine Arme um den begehrenswerten Leib schlingen zu können, hielt Kleist eng umklammert, bis der aufgehört hatte zu zappeln.

Außer Atem, aber erleichtert sah der junge Leutnant zu ihm auf. „Haben Sie mir einen Schrecken eingejagt…“

„Das war meine Absicht.“, entgegnete Alexander mit einem Grinsen.

Etwas unbeholfen lösten sie sich voneinander. Der junge Baron wollte den Gesichtsausdruck deuten, mit dem ihn sein Gegenüber anblickte, aber er sah sich nicht imstande dazu. Ob Kleists Wangen gerötet waren, das konnte er in der Dunkelheit nicht erkennen, aber seine Augen leuchteten im Mondschein und seine vollen Lippen glänzten. Er hatte sie ein wenig geöffnet, wusste auch nicht, was er sagen sollte.

Alexander blieb das Herz stehen, als der Leutnant eine Hand nach seinem Gesicht ausstreckte, mit ihr hinter sein Ohr fuhr, wo er in seine Haare griff.

„E-ein Blatt.“, flüsterte Kleist, räusperte sich gleich darauf und hob dem Baron das entfernte Blatt entgegen, das sich dieser sicher auf seiner Jagd durch die Büsche eingefangen hatte.

Alexander nahm es ihm aus der Hand, berührte abermals die schönen Finger, die er gerne noch öfters auf seiner Haut spüren wollte.

„Danke.“, entgegnete er mit einem sanften Lächeln.

Ohne ein weiteres Wort lief er langsam voran, der Brücke entgegen. Kleist schloss zu ihm auf und ebenso schweigend kamen sie wieder zurück ans Schloss.

„Ich…ich gehe dann gleich auf mein Zimmer.“, teilte Kleist seinem Begleiter mit.

„Wie Sie wollen.“, entgegnete Alexander.

„G-Gute Nacht, Herr Baron.“

„Gute Nacht, Herr von Kleist.“

Zögerlich drehte der junge Leutnant sich um. Alexander fasste ihn noch einmal an der Schulter.

„Meinen Sie, ich soll Ihre Cousine auf unserem Spaziergang auch so überraschen?“

Kleist lächelte verlegen.

„Lieber nicht. Sie ist sehr schreckhaft. So wie ich.“

Alexander erwiderte sein Lächeln und ließ ihn los.

„Gute Nacht. Schlafen Sie gut.“

„D-danke. Sie auch.“
 

Und wie gut Alexander schlief. Er träumte immerzu von »seinem« Leutnant, den er mehr begehrte, als alles andere, den er haben wollte, mit dem es endlich möglich wäre: Eine Beziehung, die nicht den einen zum Dienstleister und den anderen zum Zahlenden machte, sondern eine Beziehung, in der beide gleich viel zu verlieren hatten. Nämlich erschreckend viel.
 

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Hier mal nichts von mir zum Inhalt, sondern ein großes DANKESCHÖN an euch! X3

Danke, dass ihr auch hier so fleißig mitlest und kommentiert und den beiden auch in früherer Zeit eine Chance gebt XD



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2011-07-29T00:56:31+00:00 29.07.2011 02:56
Oh...war das herzallerliebst!
Total romantisch, richtig süß^^
Ich hab doch glatt ein Kapitel nicht mitbekommen...aber eins ist klar, den älteren Bruder könnt ich auf den Mond schießen! Die arme Caroline!
Immer weiter so, bin schon sehr gespannt^^
Von:  Ran34
2011-07-28T12:56:11+00:00 28.07.2011 14:56
Das Kapi war total klasse! >.<
Muss ja nicht immer inhaltlich viel passieren, solange zwischenmenschliche Beziehungen oder auch die Liebe zwischen den beiden auf doch irgendwie spielerische Art heranreifen^^
(Hab ich das grade wirklich geschrieben O.o Wer bist du und was machst du in meinem Kopf?)

Achja und mir ist, glaub ich, ein Rechtschreibfehler aufgefallen:
„E-ein Blatt.“, flüsterte Kleist, räusperte sich gleich darauf und hob dem Baron das entfernte Blatt entgegen, das sich dieser sicher auf seiner Jagd durch die Büche eingefangen hatte.
Müsste es nicht durch die Büsche heißen? O.o

Mach weiter so, ich freu mich auf noch mehr solcher Szenen zwischen den beiden! >.<

lg~
Von:  BloodyMary1342
2011-07-28T11:08:12+00:00 28.07.2011 13:08
ENDLICH!!!
Hach ich fan das Kapitel sooo unglaublich süß!!! *-* <3
Hmm aber das Schlechte Gewissen gegenüber seiner Cousine muss Heinich noch ausgeredet(?) werden!^^
Ich fand auch die Idee mit dem Blatt (bzw den Blättern) sehr niedlich und ich wette Heinrich war nicht nur rot, der konnte bestimmt einer Tomate konkurenz machen xD^^

Ich freu mich schon sooooo auf das nächste Kapi ♥
und ich hoffe, dass Heinrich und Alex da auch nochmal ein bisschen Zeit für sich bekommen^^

LG x3



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