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Ein neuer Blickwinkel

Großvaterparadoxon
von

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Das Versprechen

Kapitel 29: Das Versprechen
 


 

„Jedes Versprechen ist eine Schuld.“ (Sprichwort)
 

Finns Sicht:

Tatia sah so bedrückt aus, das es mich ihre Sorge selbst zerriss.

Nur wusste ich nicht was es war, das sie in diese düstere Stimmung versetzte.

Sie saß hier bei mir mit ihrem Kind und schaute dabei die ganze Zeit auf Gideon, als müsste sie aufpassen, dass man ihn nicht aus ihren Armen riss.

Was brachte sie nur zu diesem Verzweifelten Blick.

Sie wünschte sich von mir, dass ich für ihr Kind ein Mobile bastelte.

Erst hatte sie mir erklären müssen, was es war, eine Art Windspiel, das man über die Wiege eines Kindes hing.

Irgendwie war das wirklich ein netter Gedanke, aber sie schien sich wenig darauf zu freuen, was überhaupt nicht zu ihr passte.

„Also gut, was bedrückt dich so?“, fragte ich nach, als ich diese Stille nicht mehr aushielt.

Sonst würde sie mir tausend Dinge erzählen, wovon sie selbst die meisten als unwichtig deklarierte, aber jetzt kam kein Wort über ihre Lippen.

Nicht eines über ihren Sohn und das war wahrlich nicht normal.
 

Fragend sah sie zu mir auf und ich stockte von dem verborgenen Schmerz, den ich in ihren Augen sah.

Geschockt ließ ich das Holzstück sinken, an dem ich gearbeitet hatte und ging auf sie zu, um ihr eine Hand auf die Wange zu legen.

„Tatia, was hast du?

Was ist mit dir los?

Ist etwas passiert?“, fragte sie und auf einmal liefen stille Tränen über ihr Gesicht, sie machte kein Geräusch, schluchzte nicht, so als wäre sie bereits an das Salzwasser in ihrem Gesicht gewohnt.

Sie wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht.

„Du magst doch Gideon, richtig?“, fragte sie nach.

Verwirrt von dem was sie wieder redete, runzelte ich die Stirn, weil sich mein Verständnis für sie wieder einmal entzog.

„Natürlich, Tatia, aber das weißt du doch.“

Weitere Tränen rannten aus ihren Gesicht und ich wusste nicht was ich sagen sollte, um sie zu trocknen.
 

„Wenn mir etwas zustoßen würde, wenn ich sterben würde…“

„Tatia, was redest du da?“, fragte ich und meine Stimme wurde lauter, wütender.

Doch damit verursachte ich nur noch mehr glitzernde Tränen in ihren Augen, was mir wieder weh tat.

Sofort nahm ich entschuldigend ihre Hand und küsste diese.

„Es tut mir leid, Tatia.

Das wollte ich nicht.

Aber bitte sag mir was du meinst.

Du machst mir langsam wirklich Angst.“

Mein Bauch rumorte und irgendwie ahnte ich schlimmes, nur wusste ich nicht wieso.

„Ich weiß es nicht“, sagte sie auf einmal hilflos und ihre Stimme wurde heiser und verlor sich.

Ich musste mir wirklich Mühe geben, ihren nächsten Worten zu lauschen, da sie so leise sprach.

„Ich hab einfach nur so ein Gefühl.

Ein ganz schreckliches Gefühl, das etwas passieren wird, das ich nicht aufhalten kann.“
 

Verständnislos sah ich das Mädchen an, das für mich wie eine Schwester geworden war und deren leiden ich genauso wenig mit ansehen konnte, wie das von Rebekah.

„Würdest du mir etwas versprechen?“, fragte sie hilflos und flehend, dass ich nicht anders konnte als zu nicken.

Wie könnte ich ihr etwas in diesem Moment abschlagen?

Ich wusste es nicht.

„Wenn mir etwas zustoßt und ich nicht mehr da sein sollte, dann muss jemand auf Gideon aufpassen.

Ich habe solche Angst, dass er dann ganz allein sein würde.

Ich bitte dich, sei du derjenige der sich um ihn kümmert.

Würdest du mir das versprechen?

Ich weiß es ist viel verlangt und…“

Ich unterbrach sie, in dem ich sie auf die Stirn küsste.

„Ist schon gut, Tatia.

Du musst nicht weiterreden, ich weiß du meinst.

Ich verspreche es dir.

Nein, ich schwöre dir, das ich mich immer um Gideon kümmern werde.“
 

Sprachlos und immer noch gefangen in ihrer Verletzlichkeit sah sie mich an.

„Allerdings glaube ich, dass niemand sich so gut um ihn kümmern könnte, wie du.

Bitte versprich mir, was dich auch aufgeregt hat und dich zu solchen Gedanken veranlasst hat, bitte denk einfach nicht mehr daran.

Nichts wird passieren.

Du wirst Gideon aufwachsen sehen und die beste Mutter für ihn sein, die alle hier je gesehen haben“, versicherte ich ihr.

Dafür brauchte sie sich keine Mühe zu geben.

Das war sie jetzt schon.

Ich glaubte, sie gab sich nicht einmal Mühe, es kam alles so natürlich herüber, das man glauben konnte, das es einfach ihre Bestimmung war, sich um andere zu kümmern.

„Was, wenn nicht?“, flüsterte sie angsterfüllt.
 

Ich schüttelte den Kopf.

Sie hatte wirklich Angst davor, nicht zu sterben, sondern Gideon allein zu lassen.

Das war… selbstlos.

„So wird es nicht sein.

Aber falls und nur falls, denn ich glaube nicht daran, dann werde ich mich um ihn kümmern und auf ihn aufpassen“, versprach ich ihr aufrichtig.

Sie weinte immer noch, still vor sich hin, aber einen kleinen Hoffnungsschimmer hatte ich ihr tatsächlich in die Augen zaubern können.

Ich konnte sie nicht leiden sehen.

Sie war doch meine Schwester.
 

„Besser?“, fragte ich und wischte noch einige ihrer Tränen aus dem Gesicht.

Sie nickte leicht und wischte sich selbst über die Wangen.

„Ein wenig“, antwortete sie mir noch immer mit gebrochener Stimme.

Noch eine Weile sah ich sie an, bevor ich ihren Wunsch wieder nachkam und das Mobile für sie bastelte.

Es war nicht wirklich eine schwierige Aufgabe, aber ein wenig Zeit kostete sie schon.

Ich hatte mir überlegt als Figuren, Sonne, Mond und Sterne zu schnitzen.

Tatia mochte die Idee, besonders weil sie den Nachthimmel liebte.

Ich hoffte sie war nicht so oft draußen unterwegs, um ihn zu sehen, wie ich es befürchtete und ihr zutrauen würde.

Sie hatte mehr Mut, als für ein Mädchen wirklich gesund sein konnte.
 

Sie war stark und zerbrechlich.

Beides in sich vereint.

Es war eine Sache, die sie nur noch viel liebenswerter machte, als sie ohnehin schon war.

Ich fand ihre stärkste Eigenschaft allerdings war, dass sie keine Angst hatte ihre Gefühle zu zeigen, weder Zuneigung, noch Schmerz oder Trauer.

Sie war offen mit dem was sie tat und trug ihr Herz nach außen.

Es war etwas, wo wir noch von ihr lernen konnten.

Jetzt war das Mädchen was ich bewunderte, allerdings voller Angst.
 

Ich konnte und wollte mir einfach nicht vorstellen, dass es tatsächlich etwas gab, das sie verletzten konnte, das sie von dieser Welt nehmen sollte.

Sie hatte das nicht verdient, nicht sie.

Doch trotzdem ließ mich nun der Gedanke nicht mehr los, das ihr etwas zustoßen konnte, das sie womöglich sterben würde, ohne dass ich die Chance besaß, etwas dagegen zu unternehmen.

Ein Bild fuhr mir in meinen Kopf, in dem ich ihr Kind in meinen Armen hielt, während ich zusammen mit Gideon ein Schiff aufs Wasser hinaus schickte, auf den weitere schon unterwegs waren.

Nein, sowas konnte nicht passieren.

Tatia hatte wahrscheinlich einfach nur schlecht geträumt und daher kam ihre Angst.

Ich blickte zu ihr und sah wie verloren sie auf ihr Kind sah.
 

Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass mich dieses Versprechen für immer verfolgen sollte.

Das Tatias angsterfüllte Worte Wirklichkeit werden würden.

… und das mich dieser Moment für den Rest meines Lebens verfolgen sollte.



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