Zum Inhalt der Seite

Kein Rettungsmittel als die Liebe

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Letztendlich war die Woche schneller vorübergegangen, als die beiden Dichterfürsten gedacht hatten. Heinrich hatte immer brav geschrieben, von jeder Stadt aus, die er und Humboldt passierten, hatte er anscheinend einen Brief abgeschickt.

Anfangs noch hatte er viel über Alexander berichtet, darüber, wie gescheit und bewandert er in allen Dingen war, wie wunderbar er sich um ihn kümmerte, sodass Schiller sich gar keine Sorgen zu machen brauchte. Nur später, auf ihrer Rückreise von Heilbronn aus, schrieb er überwiegend vom Wetter und der Landschaft und sogar über eine Rinderherde, in die sie hineingeraten waren, was Schiller dann doch etwas, trotz Goethes Beschwichtigungen, beunruhigte.

Aber nun war es soweit, ihr Heinrich war wieder zurück, die Kutsche fuhr in den Hof ein, und er sprang freudestrahlend aus dem Wagen heraus.

„Heinrich!“

Mit einem ebenso glücklichen Lächeln war Schiller, als er die Kutsche gehört hatte, in den Hof geeilt und streckte nun die Arme nach Heinrich aus, um ihn zur Begrüßung zu umarmen. „Es ist so schön, dass du wieder bei uns bist!“, meinte er freudig, als er den Kleineren schließlich so fest an sich drückte, als ob er ihn nie wieder loslassen wollte.

„Und dir geht es auch gut? Hat Alexander auf dich Acht gegeben?“

„Jaa.“, antwortete ihm der Schwarzhaarige mit einem breiten Grinsen, doch seine Wangen färbten sich augenblicklich rot.

Schiller wollte deshalb zur nächsten Frage ansetzen, doch da trat Goethe zu ihnen. „Wo ist er überhaupt, Alexander?“

„Oh, er ist hier“, antwortete Heinrich mit einem verträumten Lächeln. Als er aber den verwirrten Blick Goethes bemerkte, fügte er hinzu: „H-hier in Weimar, meinte ich. In e-einer Gaststätte.“

Sofort fasste ihn Schiller an den Armen. „Habt ihr euch verstritten?!?“, rief er aufgebracht, „Hat er – hat er dir etwas angetan?!“

Hastig schüttelte Heinrich den Kopf, während er den Blonden aus großen Augen ansah. „Nein, n-nichts dergleichen ist p-passiert!“, erwiderte er eindringlich. „Wirklich n-nicht. Es ist vielmehr, d-dass… d-ass…“ Kurz sah der junge Dichter zu Goethe, senkte seinen Blick aber wieder rasch.

Mit einem Schritt war Goethe bei ihnen und legte Schiller eine Hand an den Rücken. „Die Liebe, Schiller, ich glaube es ist die himmlische Liebe, die die beiden erwischt hat.“, sagte er mit einem Schmunzeln auf den Lippen und blickte Heinrich an, damit dieser seine Vermutung bestätigen könnte.

„J-ja, das… d-das könnte man so ausdrücken…“, bestätigte Heinrich nickend. „Alexander... i-ich…, ich meine wir…“. Etwas scheu brach er von neuem ab, unsicher darüber, inwiefern er von den Geschehnissen der Reise erzählen sollte.

„Wollen w-wir nicht vielleicht hinein gehen?“, fragte er deshalb zunächst, um noch etwas Zeit zu gewinnen.

„Aber sicher.“, meinte Schiller und zog ihn mit sich ins Haus, während Goethe noch regelte, dass Heinrichs Koffer in sein Zimmer gebracht wurde.

„F-Friedrich, wieso so e-eilig?!“, versetzte der Schwarzhaarige ganz aufgebracht, Schiller gab jedoch erst eine Antwort, als sie im Salon am Tisch saßen.

„Weil du mich noch ganz verrückt machst, mit deinem Herumgedruckse!“

Heinrich war erschrocken, als er sah, wie panisch ihn die blauen Augen des Blonden anblickten.

„Ich mach mir Sorgen, Heinrich! H-hat er dich – hat er dich irgendwie angefasst, wie du es nicht - !?“

„Nein!“, antwortete Heinrich sogleich. Nervös holte er einmal tief Luft, bevor er sich doch dazu überwinden konnte, Schiller die Wahrheit zu sagen.

„Nein, d-das würde Alexander doch niemals tun. Es ist nur, dass… dass wir uns d-doch darüber unterhalten haben, dass eine rein g-geistige Liebe zwischen zwei Männern n-nicht verwerflich ist. Wenn ich dir jetzt a-aber erzählen würde, dass Alexander und ich…, dass wir uns auch k-körperlich näher gekommen sind…?“

Unruhig beobachtete er den Blonden, bis er schließlich sein Gesicht in den Händen verbarg, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen. „Bitte, d-du darfst m-mich dafür nicht hassen, Friedrich! Ich h-habe Alexander n-nur so unglaublich gern und ich w-wollte ihm nah sein, und d-dann ist es einfach so p-passiert…“

Der junge Dichter zuckte zusammen, als er Schillers Hände an seinem Kopf spürte, aber sein aufgehetzter Herzschlag beruhigte sich, als er an die Brust des Blonden gezogen wurde.

„Heinrich.“, sagte Schiller leise und Heinrich glaubte, ein Lächeln in seiner Stimme zu hören, „Auch wenn ich Alexander weiterhin nicht recht einschätzen kann, so hasse ich dich auf keinen Fall. Körperliche Liebe…ist nicht verwerflich, auch nicht zwischen Männern. Sogar…“

Der Blonde zögerte kurz, bevor er sich zum anderen herunterbeugte und ihm ins Ohr flüsterte: „Erzähl es niemandem, dass ich es dir verraten habe, aber sogar Goethe und ich lieben uns körperlich.“

„W-Wirklich?“, fragte Heinrich und sah den Blonden ungläubig aus großen Augen an. Als er aber bemerkte, wie aufrichtig ihn der andere anblickte, wusste er, dass er ihm die Wahrheit gesagt hatte. Sichtlich beruhigt drückte er sich deshalb wieder an Schiller und atmete erleichtert aus. „Und ich d-dachte schon, ihr w-würdet nichts mehr mit m-mir zu tun haben wollen…“

„Aber nicht doch, Heinrich.“, widersprach Schiller und fuhr ihm beruhigend über den Rücken, „Ich…ich hätte dir wohl auch keine Vorwürfe machen können, wenn ich nicht selbst in der gleichen Situation wäre, dafür…“

„…sieht Alexander zu gut aus?“

„Nein, du Dummchen, dazu hab ich dich zu sehr lieb!“

Ein glückliches Lächeln legte sich auf Heinrichs Lippen, als er sich noch näher an den Älteren kuschelte und langsam wieder beruhigte. „Ich h-hab dich auch sehr lieb, Friedrich“, antwortete er dann leise. „Und ich bin dir so d-dankbar, dass du dich damals für mich eingesetzt hast, a-als ich mit meiner Penthesilea zu euch gekommen bin. Wenn du Goethe nicht überzeugt hättest, dann hätte ich meinen Alexander vielleicht n-niemals kennengelernt…“

„Dafür musst du mir nicht danken, das hab ich gern gemacht.“, entgegnete Schiller und gab dem Kleineren einen Kuss auf die Stirn.

In diesem Moment betrat Goethe den Raum.

„Heinrich, Ihr Koffer ist bereits auf Ihr Zimmer gebracht word-“, setzte er an, bevor er der Situation gänzlich gewahr wurde und mit einem etwas irritierten Blick feststellen musste, wie die beiden Dichter eng aneinander geschmiegt beisammen saßen und Schiller den Jüngeren gerade auf die Stirn küsste.

„Nun?“, fragte er schließlich, da er nicht recht wusste, was er sagen sollte. Doch auch obwohl er sich sehr bemühte, möglichst neutral zu klingen, wusste er, dass er einen gewissen eifersüchtigen Unterton in seiner Stimme nicht unterdrücken konnte.

Schiller, der diesen ganz genau gehört hatte, sah lächelnd zu ihm auf. „Heinrich hat mir eben gebeichtet, dass tatsächlich eine kleine Flamme der Liebe zwischen ihm und Alexander entbrannt ist, und da macht er sich solche Sorgen, dass ich es nicht für gut heißen würde, weil ich doch nicht so viel auf Alexander halte.“ Heinrich, der sich erstaunt von ihm löste, warf er einen beruhigenden Blick zu.

Goethes Gesichtsausdruck wurde augenblicklich sanfter, als er das Lächeln des Blonden bemerkte. Langsam ging er auf die beiden zu, um sich zu ihnen zu setzten. „Und deshalb haben Sie Ihren Alexander gar nicht erst wieder mit nach Hause gebracht, Heinrich?“, meinte er an den Jüngeren gerichtet. „Ihre Befürchtungen haben sich doch aber sicherlich nicht als wahr erwiesen?“, fügte er hinzu, während er Schiller fragend ansah.

„Nein“, meinte Heinrich mit einem immer noch erleichterten Lächeln und blickte zum Blonden auf, „Es war falsch von mir, anzunehmen, dass gerade Friedrich mich verurteilen würde.“ Als er anscheinend erst einige Sekunden später selbst seine Worte verstanden hatte, sah er rasch zu Goethe. „S-Sie haben doch auch nichts dagegen einzuw-wenden, oder…?“

Mit einem sanften Lächeln schüttelte Goethe den Kopf. „Nein, natürlich nicht“, antwortete er sogleich, „Schließlich bin ich davon überzeugt, dass Alexander ein ganz wunderbarer Mensch ist, und wenn Sie sich lieben, dann wüsste ich nicht, was dieser Beziehung im Weg stehen sollte.“ Einen Moment lang blieb der Ältere noch sitzen, dann stand er aber doch auf, um sich auf den Weg zur Tür zu machen. „Wenn Alexander allerdings noch in Weimar ist, dann werde ich ihm jetzt einen Besuch abstatten, denn es wäre sehr unhöflich, ihn nicht zu begrüßen.“

„J-ja, machen Sie das.“, brachte Heinrich heraus und wusste nicht so Recht, was er davon halten sollte, „G-grüßen Sie ihn von mir!“, warf er ihm noch hinterher, nachdem er Goethe die Adresse von Humboldts Unterkunft genannt hatte, und schlug sich, als Goethe endgültig aus dem Raum war, die Hände an die Wangen. „Jetzt findet er es doch heraus…“

„Das wird nichts an seiner Meinung ändern, Heinrich, deshalb musst du dir keine Sorgen machen“, antwortete Schiller sanft und legte dem Kleineren eine Hand auf die Schulter. „Goethe mag vielleicht manchmal etwas streng erscheinen, aber das heißt noch lange nicht, dass er es nicht nachvollziehen kann, wenn zwei Menschen ineinander verliebt sind.“

„W-wieso hast du ihm eben dann nicht die ganze Wahrheit gesagt, Friedrich?“, fragte Heinrich doch noch etwas ängstlich nach und sah den Blonden mit großen Augen an.

„Weil ich der Meinung war, dass dein Alexander ruhig auch etwas Verantwortung übernehmen und deshalb Goethe davon erzählen kann“, erwiderte Schiller. „Außerdem kennen die beiden sich nun schon so lange, dass es Alexander sicher leichter fallen wird, mit Goethe darüber zu reden, als es bei dir der Fall gewesen wäre – oder hättest du es ihm lieber selbst gesagt?“

„N-nein!“, wehrte Heinrich ab. „D-das ist schon besser so.“, meinte er und sah Schiller erleichtert an, jetzt da er dessen Gründe kannte.

„Dann ist ja gut.“, sagte der Blonde und legte ihm einen Arm um die Schultern.
 

Als Goethe bei der Gaststätte ankam, fand er Alexander, wie er bereits erwartet hatte, im Innenhof vor, wo er an der frischen Luft noch die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu genießen schien und dabei ganz in seine Lektüre vertieft war.

„Ihnen muss wirklich viel an Heinrich liegen“, sagte der Ältere schmunzelnd, als er näher an den Naturforscher herangetreten war und nun lesen konnte, dass es sich bei dem Werk um Kleists Penthesilea handelte, „wenn Sie sich dieses Geschreibsel antun…“

„Goethe!“, schreckte Alexander auf, da er den anderen gar nicht näherkommen gehört hatte. Hastig stand er auf und reichte dem Älteren die Hand. „J-ja, ich bin ihm sehr – “ Er sammelte sich einen Moment. „Hat Heinrich…hat er denn schon etwas erzählt?“

„Nun, Schiller meinte, unser Heinrich hätte ihm erzählt, dass eine kleine Flamme der Liebe zwischen Ihnen entbrannt sei“, begann Goethe lächelnd, „Mehr hat er mir allerdings nicht gesagt. Außer, dass ich Sie von ihm grüßen soll.“

„Oh“, kam es von Alexander ein wenig erstaunt, „Eine kleine Flamme der– “ Er schüttelte den Kopf und legte das Drama beiseite. „Setzen Sie sich doch.“, bot er an, und beide nahmen sie gegenüber auf den Bänken Platz, die am Tisch standen, bevor er wieder zu sprechen begann.

„Nun, diese kleine Flamme der Liebe hätte ich persönlich als Weltenbrand bezeichnet, aber vielleicht wollte Heinrich…vielleicht wollte er Schiller nur schonen, denn dass er mich heftiger als mit kleiner Flamme liebt, das hat er mir glücklicherweise schon bewiesen.“ Mit dem Lächeln eines Verliebten blickte er Goethe an.

„Das… das hat er Ihnen schon bewiesen?“, meinte der Ältere und sah Alexander fragend an. „Wenn ich Sie richtig verstehe, Alexander, dann könnte ich mir schon vorstellen, warum Heinrich noch nicht die ganze Wahrheit erzählt hat, denn das war tatsächlich Schillers Sorge, dass eine rein geistige Liebe zwischen Ihnen gar nicht möglich ist…“

Nun sah ihn Alexander seinerseits fragend an. „Sie verstehen mich schon richtig, aber…“ Er lehnte sich näher zu Goethe hinüber, „Aber hat er wirklich solche Probleme damit? Ich weiß, dass er mir gegenüber eher skeptisch eingestellt ist, aber wenn er mir nicht erlaubt, Heinrich auch auf diese Weise nahe zu sein, dann…dann kann ich darauf keine Rücksicht nehmen, denn Heinrich ist nicht – er ist nicht zu ersetzen, mit keinem Mann dieser Welt, verstehen Sie, Goethe?!“

„Natürlich verstehe ich das“, antwortete der Ältere und hob beschwichtigend die Hände. „So habe ich das auch gar nicht gemeint. Ich kann Ihnen versichern, dass Schiller nichts gegen Ihre Beziehung einzuwenden hat. Wissen Sie, Alexander, ich glaube, er ist nur so besorgt, weil er Heinrich sehr gern hat und nicht möchte, dass ihm irgendetwas Schlimmes widerfährt. Heinrich ist recht sensibel, und deshalb hat er Angst um ihn. Aber wenn ich mir ansehe, wie verliebt Sie beide ineinander zu sein scheinen, dann glaube ich kaum, dass man sich deswegen Sorgen machen muss…“

„Auf keinen Fall!“, bestätigte Alexander eindringlich, „Niemals könnte ich Heinrich irgendetwas Böses wollen, er – Sie hätten ihn erleben müssen, auf unserer Reise, Goethe!“, versetzte er mit einem zunehmenden Leuchten in seinen Augen. „Er ist richtig aufgeblüht! Er liebt die Natur und die Freiheit, die man als Mensch in ihr haben kann, so sehr wie ich – wie ein zartes Reh ist er mit mir durch Wiesen und Wald gerannt, und abends – abends musste ich jedes Mal zusehen, wie still er wurde, wie traurig seine Augen schienen, und ich wusste nicht, wie ich ihm helfen sollte – ich wollte helfen, aber…! Ich wusste doch nicht, dass er nur traurig war, dass wieder ein Tag mit mir vorüber war, und verzweifelt, weil er nicht wusste, ob ich seine Gefühle erwidern kann. Oh, und als ich sie erwiderte! Es war himmlisch! Ich – “ Er musste lachen. „Ich sehe ihn gerademal eine Stunde nicht und habe schon Sehnsucht nach ihm. Am liebsten würde ich mit Ihnen mitkommen, Goethe, und gleich meine Koffer bei Ihnen lassen, damit ich bei meinem Heinrich bleiben kann, sonst müsste ich ihn mit nach Berlin nehmen.“

„Nun, wenn das so ist, Alexander“, begann Goethe schmunzelnd, „dann wäre ersteres vielleicht doch die bessere Lösung, denn wenn Sie Heinrich einfach mit sich nach Berlin nehmen würden, dann hätten Sie wohl tatsächlich ein Problem mit Schiller. So wie ich die beiden kenne, sitzen sie nämlich bestimmt schon wieder beisammen und besprechen Heinrichs Ideen für sein nächstes Drama.“

„Nein, das wäre nur im absoluten Notfall geschehen. Ich will Heinrich auf keinen Fall von Friedrich trennen, denn auf unserer Reise durfte ich merken, wie groß der Platz ist, den er in seinem Herzen eingenommen hat.“ Alexander musste schmunzeln. „Ich wäre fast eifersüchtig geworden, wenn ich nicht wüsste, dass Schiller nur Ihnen gehört.“

Unwillkürlich musste Goethe bei diesem Kommentar lächeln. „Da haben Sie Recht, Alexander, die beiden stehen sich tatsächlich sehr nahe. Schiller war während Heinrichs Abwesenheit so besorgt, dass er sich kaum auf etwas anderes konzentrieren konnte. Lediglich, wenn wir miteinander… gedichtet haben, kam er auf andere Gedanken.“ Etwas peinlich berührt wandte der Dichter kurz den Blick ab, wobei er inständig hoffte, dass sein Versprecher Alexander gar nicht erst aufgefallen war. „Jedoch gibt es keinen Grund zur Eifersucht“, fügte er schnell hinzu, „dafür ist Ihnen Ihr Heinrich viel zur sehr in Liebe zugetan.“

„Das hat er mich unsere Reise über spüren lassen, ja.“, entgegnete Alexander mit träumerischem Blick und schwieg.

Als Goethe ebenfalls eine Weile nichts sagte, kam er wieder ins Hier und Jetzt zurück. „A-aber was Sie eben – Meinten Sie das ernst?“, hakte er nach, „Ich…ich will mich eigentlich nicht dazu erdreisten, mich in Ihre kleine Dichterfamilie zu drängen, aber Heinrich…“ Er musste lächeln. „Goethe, Sie sind schon fast ein Vater für mich, wenn Sie mir auch noch erlauben würden, in Ihrem Haus bei meinem geliebten Heinrich zu leben, dann…dann müsste ich Sie anbeten und verehren bis in alle Ewigkeit.“

„Das Haus ist groß genug, sodass auch noch für Sie Platz wäre, Alexander.“, antwortete Goethe lächelnd. „Und solange Sie Ihren Heinrich bis in alle Ewigkeit anbeten und verehren, soll mir das schon reichen.“

Alexander fasste nach seiner Hand, die er auf dem Tisch abgelegt hatte, und drückte sie mit seinen fest. „Danke.“, brachte er mit einem Grinsen auf dem Gesicht und einem unbeschreiblichen Glücksgefühl im Bauch heraus.

Er würde bei seinem Heinrich wohnen dürfen. Er würde mit ihm zusammen sein dürfen von früh bis spät…! Diese Aussichten belebten ihn derartig, dass er gleich aufspringen und seine Koffer wieder holen musste.

„Warten Sie, Goethe, ich bin gleich wieder hier! Ich eile! Ich komme mit ihnen! Einen Moment!“

„Lassen Sie sich ruhig Zeit!“, rief Goethe, wobei er mit einem Schmunzeln feststellen musste, dass Alexander ihn wahrscheinlich gar nicht mehr gehört hatte, so schnell war er in die Gaststätte geeilt, um seine Sachen zu packen.
 

Heinrich und Schiller waren gerade mit dem Kaffeekochen fertig, da hörten sie, wie Goethe wieder zurückkam. Als sie vernahmen, wie er mit jemandem redete, wurden sie stutzig.

„Das kann doch nicht…!“ Hastig sprang Heinrich in den Flur, und tatsächlich: Da war sein Alexander.

„Heinrich“, sagte Alexander, während er näher auf den Jüngeren zuging und ihn mit einem sanften Lächeln bedachte. Der Naturforscher war immer noch so glücklich über Goethes Entscheidung, dass er einen Moment brauchte, um sich zu sammeln. Als er sich aber schließlich gefasst hatte und sein plötzliches Auftauchen erklären wollte, wurde er von Schiller, der inzwischen ebenfalls in den Flur getreten war und ihm nun einen etwas irritierten Blick zuwarf, unterbrochen.

„Alexander?“, meinte der Blonde und sah den anderen fragend an, „Das ist aber eine Überraschung – damit habe ich gar nicht gerechnet, Sie so schnell wieder als unseren Gast empfangen zu dürfen…“

„Alexander!“ Heinrich ignorierte Schillers Erstauntheit; er konnte nicht anders, als sich seinem Geliebten in die Arme zu werfen.

„Mein Heinrich.“, hauchte dieser und streichelte ihm durchs Haar, bevor er wieder zu Schiller aufblickte. „Nun, ich…also Goethe…“ Hilfesuchend sah er zum Herrn Geheimrat.

„Sehen Sie, Schiller“, begann Goethe sanft und trat auf seinen Dichterkollegen zu, „als ich Alexander vorhin besucht habe, hat er mir bestätig, dass er Heinrich mehr liebt, als alles andere auf dieser Welt. Er konnte nicht einmal eine Stunde ohne ihn sein, da hat er ihn schon wieder vermisst. Gerade deswegen hat er bereits mit dem Gedanken gespielt, Heinrich zu sich nach Berlin zu holen, damit er nicht mehr von ihm getrennt sein muss. Da ich aber weiß, dass Ihnen auch sehr viel an Ihrer Zusammenarbeit mit Heinrich liegt, habe ich Alexander vorgeschlagen, zu uns zu ziehen, weil ich dachte, dass das allen Beteiligten sehr entgegenkommen würde.“

„Das…“, entgegnete Schiller, „Das alles kommt doch etwas plötzlich für mich, aber im Vergleich zur anderen Option, die sie nannten, ist diese mir natürlich die liebste. Denn Heinrich gehen zu lassen, käme nicht infrage, das müssen Sie verstehen, Alexander.“, ergänzte er an Humboldt gewandt.

„Natürlich verstehe und respektiere ich das“, erwiderte Alexander lächelnd, „denn dass Sie meinem Heinrich äußerst wichtig sind, Friedrich, hat er mir schon während unserer Reise erzählt.“ Liebevoll küsste er den Schwarzhaarigen, der seine Arme noch immer fest um ihn geschlungen hatte, auf die Stirn. „Nicht wahr, Heinrich?“

„I-ich würde es auch g-ganz schrecklich finden, w-wenn ich mich zwischen Weimar und Berlin e-entscheiden müsste“, brachte der Kleine nervös heraus, „zwischen d-dir, Friedrich, und Alexander. D-das k-könnte ich auf keinen Fall…!“

„Das müssen Sie auch nicht, Heinrich“, antwortete Goethe, der seinem blonden Dichterkollegen sanft eine Hand auf den Arm gelegt hatte und ihn nun eindringlich anblickte. „Ich bin mir sicher, dass sich für Sie einerseits die Möglichkeit bieten wird, um zusammen mit Schiller an Ihren Werken zu arbeiten, und andererseits werden Sie bestimmt auch genug Zeit finden, um etwas mit Alexander zu unternehmen. Denken Sie nicht auch, Schiller?“

Der Blonde sah zu Alexander hinüber, der seinen Blick erwiderte, Heinrich immer noch im Arm. Schiller seufzte. „Ja, ich…“ Er versuchte ein Lächeln. „Wir kommen sicherlich miteinander klar.“, meinte er und dachte daran, dass er die Zeit, in der Alexander seinen Heinrich für sich beanspruchte, ja mit Goethe verbringen konnte.

„Davon bin ich auch überzeugt“, meinte Alexander, der das Lächeln des Blonden erwiderte, bevor er sich noch einmal zu Heinrich hinabbeugte und den Kleineren liebevoll auf die Stirn küsste.

„Dann sollten wir mal schauen, ob Ihre Koffer schon angekommen sind, Alexander“, mischte sich Goethe freudig ein, „damit wir dann alle zusammen Kaffeetrinken und die Vermehrung unsrer dichtrichen Familie feiern können.“

„Ja, l-lass uns nachsehen, Alexander“, meinte Heinrich, der eifrig nickte und den Größeren sogleich an der Hand mit sich zog. Goethe folgte währenddessen Schiller in die Küche, wo er dem Blonden, der sich gerade um die Kaffeekanne kümmern wollte, von hinten die Arme um den Körper legte und ihn sanft an sich zog.

„Habe ich Sie mit meiner Einladung, Alexander bei uns einziehen zu lassen, sehr überrumpelt, Schiller?“

„Ja, das haben Sie in der Tat.“, entgegnete Schiller streng und tat so, als wenn er die Umarmung des Älteren ignorierte, indem er den Schrank öffnete und jeweils vier Tassen und Untertassen herausholte, „Ich hoffe“, fing er an, „Sie finden einen Weg, wie Sie mich angemessen für diese Unannehmlichkeit entschädigen können.“

„Natürlich werde ich das“, antwortete Goethe lächelnd, während er Schiller die Tassen abnahm und sie auf einem Tablett abstellte, um daraufhin die Hände des Blonden zu ergreifen und sie liebevoll zu drücken. „Was auch immer Ihnen dabei vorschwebt, Schiller, ich bin gerne bereit, alles zu tun, um meine Entscheidung wieder gutzumachen.“

„Dann“, fing Schiller mit gesenkten Lidern leise an, und es legte sich ein Grinsen auf sein Gesicht, als er das Nasenbein des Älteren mit seinem Zeigefinger hinabfuhr, „sollten Sie mich für diese Nacht in Ihr Gartenhaus einladen. Die Einzelheiten werden wir dann dort…besprechen.“

„Gerne…“, erwiderte Goethe, der von diesem Vorschlag der Wiedergutmachung mindestens genauso sehr angetan war, wie Schiller selbst. Mit einem Lächeln strich er dem Blonden eine Haarsträhne aus dem Gesicht und hauchte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange, bevor er flüsternd hinzufügte: „Schließlich gibt es kein Rettungsmittel, als die Liebe, nicht wahr?“

„Nur die Liebe.“, hauchte Schiller angetan und verschloss ihre Lippen zu einem Kuss.
 

Der gleichen Meinung waren wohl Heinrich und Alexander in diesem Moment, die eng umschlungen in ihrem nun gemeinsamen Zimmer standen und sich innig küssten.

„Mein Heinrich…“, brachte Alexander heraus, seine Hände tief in den schwarzen Haaren vergraben, „Ich bin so ein glücklicher Mensch, dich geschenkt bekommen zu haben.“

Ein zarter Rotton legte sich auf Heinrichs Wangen, als er mit großen Augen zu dem Älteren aufsah. „Nicht so g-glücklich, wie ich es b-bin, dich zu haben, Alexander“, flüsterte er und drückte sich fest an den anderen. „Ich k-kann gar nicht glauben, dass du nun auch h-hier wohnen wirst – hier, b-bei mir…“

Mit einem zärtlichen Lächeln sah ihn der Ältere an. „Ich bin aber hier, Heinrich, und solange mich Goethe nicht wieder rausschmeißt, werde ich nicht von deiner Seite weichen.“ Er gab dem Kleinen einen schmatzenden Kuss auf die Stirn. „Außer natürlich du dichtest mit Schiller an einem wunderbaren neuen Drama. Dann, denke ich, wird es mir genügen, mich zusammen mit Goethe mit den Naturwissenschaften zu beschäftigen.“

„Das hört sich w-wundervoll an…“, erwiderte Heinrich, auf dessen Gesicht sich ein sanftes Lächeln geschlichen hatte. „Und Goethe würde dich doch niemals rausschmeißen, d-dafür mag er dich viel zu sehr. Und Friedrich sah auch so aus, als könnte er sich an den Gedanken gewöhnen… schließlich weiß er ja, w-wie viel du mir bedeutest.“

„Das hoffe ich.“, meinte Alexander und strich ihm eine Strähne aus der Stirn. „Wollen wir mal nachsehen, ob wir den beiden mit dem Kaffeetisch helfen können?“

Heinrich nickte und folgte Alexander daraufhin in die Küche, wo sie Goethe und Schiller vorfanden, die bereits die Kaffeekanne und einige Tassen auf ein Tablett gerichtet hatten.
 

Während des Kaffeetrinkens, bei dem sich hauptsächlich Schiller und Heinrich über die Kekse hermachten, rückte Goethe mit dem Vorhaben heraus, dass er und Schiller den Abend und den morgigen Tag in seinem Gartenhaus zubringen würden, denn sie hatten noch einige unvollendete Xenien, die man doch der Welt nicht vorenthalten könnte.

„T-tasächlich?“, stieß Heinrich sogleich mit großen Augen aus und kam nicht umhin, seinen Alexander mit einem Grinsen anzusehen. Als ihm aber bewusst wurde, wie seine erfreute Reaktion auf die anderen wirken musste, wurde er augenblicklich rot im Gesicht und fügte stotternd hinzu: „D-Das sind n-natürlich wundervolle Neuigkeiten, d-dass Sie an w-weiteren Xenien arbeiten w-werden…“

„Ja, das“, Goethe räusperte sich, „finden wir auch.“

Schiller verbarg ein Kichern in seiner Kaffeetasse.

„Ich hoffe, es geht in Ordnung, wenn wir Sie beide also schon jetzt, gerade in Ihrer ersten Nacht, Alexander, die Sie hier verbringen werden, im Hause alleine lassen?“

Da Alexander der Vorstellung, das Haus für eine ganze Nacht nur für sich zu haben, nicht weniger abgeneigt war, als sein geliebter Heinrich, konnte er Goethe versichern, dass er sich wegen ihm absolut keine Sorgen zu machen brauchte.

Deswegen waren die beiden Dichterfürsten am frühen Abend auch guter Dinge, als sie sich schließlich auf den Weg machen wollten.

„Dass du mir aber ja nichts anstellst, Heinrich…“, flüsterte Schiller dem Schwarzhaarigen mit einem Zwinkern zu, als er ihn zum Abschied umarmte.

„Ich werde so brav sein, wie du, Friedrich.“, entgegnete der Kleine mit einem schelmischen Grinsen.

„Was gibt es da zu flüstern?“, mischte sich Goethe amüsiert ein und legte Schiller besitzergreifend eine Hand an die Hüfte.

Mit einem vielsagenden Lächeln wandte sich der Blonde dem Älteren zu und bedachte ihn mit einem liebevollen Blick. „Es ging nur um…um das Verfassen der Xenien, Goethe.“, antwortete er mit einem Grinsen.

„So“, gab der Geheimrat schmunzelnd von sich, „Da Sie, wie ich Sie kenne, beim Verfassen von Xenien…unersättlich sein können, sollten wir schnellstmöglich aufbrechen.“

Schiller, dessen Wangen sich auf Grund dieser Aussage rot färbten, nickte nur zustimmend, und so machten sich die beiden Dichter, nachdem sie sich auch noch von Alexander verabschiedet hatten, auf den Weg.
 

Als sie schließlich am Gartenhaus ankamen, kam Schiller nicht umhin zu bemerken, wie sehr er diesen Ort vermisst hatte. Schon lange war er nicht mehr mit Goethe hier gewesen, obwohl er die Zeit, die er zusammen mit dem Älteren in dem kleinen Haus verbracht hatte, immer sehr genossen hatte.

„Es ist so schön hier…“, meinte er schließlich leise, als er an einem der Fenster stand und hinaus ins Grüne blickte.

Goethes Arme schlangen sich von hinten um ihn, und er spürte, wie sich der Ältere an ihn schmiegte. „Wissen Sie, was es immer wieder noch schöner macht?“, hauchte er und vergrub sein Gesicht in Schillers Rücken, „Ihre Anwesenheit.“

Mit einem zärtlichen Lächeln auf den Lippen drehte sich der Blonde zu Goethe um und lehnte seine Stirn sanft gegen die des Älteren. „Davon habe ich früher immer geträumt…“, flüsterte Schiller, während er seinem Gegenüber liebevoll mit den Fingerspitzen über die Wange strich, „…dass ich hier einmal mit Ihnen Zeit verbringen darf.“

„Aber…“, fing Goethe ein wenig irritiert an, „durften Sie das nicht bereits?“

„Natürlich…“, antwortete Schiller lächelnd und hauchte dem Älteren einen Kuss auf die Wange, „Es ist nur…als ich mich damals in Stuttgart wie ein Gefangener gefühlt habe, war der Gedanke, dass ich, wenn ich mich nur genug anstrengen würde, vielleicht einmal neben Ihnen ein berühmter Dichter sein würde, fast das einzig Positive in meinem Leben. Und dass ich…dass ich nun tatsächlich hier mit Ihnen stehe, dass ich sogar jeden Morgen neben Ihnen aufwachen darf, das kann ich manchmal gar nicht so recht glauben.“

Goethe, ganz gerührt von diesen Worten, schloss den Blonden in die Arme. Ganz fest zog er ihn an sich, das Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben, und wollte ihn nie wieder loslassen. „Schiller“, begann er, „Ich…ich schäme mich, jedes…jedes Mal, wenn ich zurückdenke, dafür, wie ich Sie zu Anfang behandelt habe, und es ist eine schwache…eine lausige Entschuldigung, dass ich nur zu…zu gefesselt von Ihnen war, dass Sie mir Angst bereitet haben, Angst, welch Einfluss Sie auf mich haben, Angst, dass ich mich in Ihnen verlieren könnte, dabei…dabei sind Sie das Beste, was mir jemals passiert ist.“

Einen Moment lang schwieg Schiller, unfähig auszudrücken, wie sehr ihn dieses Geständnis von Goethe berührte. Als der Ältere dann aber zu ihm aufsah, legte sich ein sanftes Lächeln auf die Lippen des Blonden und er beugte sich leicht hinab, um den anderen zärtlich zu küssen. „Es gibt keinen Grund…“, sagte er dann leise, „wieso Sie sich entschuldigen müssten, Goethe. Schließlich…schließlich habe ich mich Ihnen gegenüber oft nicht besser verhalten. Aber was…was wirklich zählt, ist doch, dass wir am Ende zueinandergefunden haben, nicht wahr?“

„Da haben Sie Recht“, murmelte Goethe und fuhr seinem Geliebten zärtliche durch die Locken, „Und weil wir schon so viel Zeit in unserem Leben ohne einander verschwendet haben, sollten wir unsere Zweisamkeit nun umso mehr genießen.“ Damit führte er ihre Lippen erneut zusammen, küsste den Blonden, und als dieser seinen Mund für ihn öffnete, meinte Goethe wieder, wie jedes Mal, wenn sie sich so innig küssten, Schiller würde ein Stück seiner Seele in ihn einhauchen, wie er auch ihm durch diesen Kuss ein Stück seiner Seele schenkte.

Als sie sich schließlich wieder voneinander lösten, bedachte Schiller den Älteren mit einem liebevollen Blick. „Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch, du bist so schön, dann magst du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zugrunde gehn“, flüsterte er daraufhin und musste lächeln. „Ist das fürchterlich, Goethe?“, fragte er leise, „dass mir dieses Zitat aus Ihrem Faust jedes Mal in den Sinn kommt, wenn wir uns so nah sind? Dass ich mir wünsche, dass diese Momente unseres Zusammenseins nie enden werden, dass die Zeit einfach stehen bleiben soll, damit ich für immer bei Ihnen sein kann?“

Goethe lachte leise und schmiegte seine Wange an die Schillers. „Nein, gar nicht fürchterlich. Ich kann Sie voll und ganz verstehen.“ Er schloss die Augen und es war einen Moment still, draußen vor den Fenstern dämmerte es.

„Goethe…“, hauchte Schiller, nachdem die beiden Dichter eine ganze Weile geschwiegen hatten, und er bedachte den Älteren mit einem liebevollen Blick. So viel wollte er ihm in diesem Augenblick sagen, wie sehr er ihn liebte, wie froh er war, dass er nun hier mit ihm Zeit verbringen, ihn umarmen, ihm nah sein durfte. Doch er schien einfach nicht die richtigen Worte zu finden, um auszudrücken, wie viel ihm dieser Moment ihres Zusammenseins bedeutete, und deshalb küsste er den anderen stattdessen sanft und zärtlich.

Goethe erwiderte den Kuss ebenso liebevoll und konnte spüren, wie viel dieser ihm über Schillers Gefühle sagen sollte. Er fühlte nicht anders, genauso intensiv. Seine Lippen wanderten an Schillers Hals, zu seinem Ohr, zwischen die wunderbar weichen Locken. „Ich liebe Sie.“

„Ich liebe Sie auch, Goethe“, erwiderte der Blonde, während er dem Älteren sanft mit den Fingerspitzen über die Wange fuhr. „Ich…ich liebe Sie so sehr…“. Noch einmal küsste er den anderen, diesmal noch viel inniger als zuvor. Als sie sich wieder voneinander lösten, musste Schiller unwillkürlich lächeln. „Das ist eine wundervolle Wiedergutmachung, die Sie sich für mich ausgedacht haben, Goethe…“

Goethe erwiderte das Lächeln. „Das meine ich aber auch.“, entgegnete er, „Obwohl ich doch ein wenig Bedenken dabei habe, unsere beiden Hausgenossen alleine zu lassen…nachdem, was mir Alexander über ihre Art der Bindung erzählt hat…“

Einen Augenblick lang sah Schiller den Älteren verwundert an. „Was…was genau hat Ihnen Alexander denn über seine Beziehung zu Heinrich erzählt?“, fragte er interessiert.

„Nun“, begann Goethe und spielte mit Schillers Haaren, „Er sprach von… - Sie erzählten mir doch von der kleinen Flamme der Liebe zwischen ihnen. Alexander sprach in diesem Zusammenhang von einem Weltenbrand.“ Vielsagend blickte er den Blonden an und hoffte, nicht weiter ins Detail gehen zu müssen.

„Ah, dann…dann wissen Sie also auch davon…“, erwiderte Schiller vorsichtig und spürte, wie er bei dem Gedanken etwas rot wurde. „Heinrich hat es mir ebenfalls erzählt, er war ganz aufgelöst deswegen, weil er…weil er Angst hatte, wir würden nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen, nachdem er Alexander auch auf diese Weise näher gekommen ist…“

Goethe räusperte sich. „Naja, Sie…Sie hatten es ja schon befürchtet, dass…dass so etwas dabei herauskommen würde. Trotzdem denke ich, wir…“ Er nickte, um sich selbst zu bestätigen. „Wir werden gut damit zurechtkommen, schließlich wird sich ihr…ihre Zuneigung sicherlich in Grenzen halten. Sie werden es bestimmt nicht…ähm, übertreiben.“, endete er mit einem nervösen Lächeln.

„Bestimmt nicht…“, meinte Schiller zustimmend, auch wenn er nicht ganz davon überzeugt war. „Die beiden nutzen ihre…ihre Momente der Zweisamkeit sicher aus, wenn sie ungestört sind…und das würde ich nun auch liebend gerne tun.“ Erst als er den Satz bereits beendet hatte, fiel ihm auf, wie unglücklich er sich ausgedrückt hatte, weshalb er schnell noch hinzufügte: „Um…um an den Xenien zu arbeiten, meinte ich natürlich…“

Goethe musste bei diesen Worten schmunzeln. „Das halte ich für eine ganz wunderbare Idee.“, meinte er und zog Schiller vom Fenster weg, „Wollen wir uns an den Schreibtisch setzen, oder meinen Sie, im Bett ist es gemütlicher?“

„Ich glaube, im Bett ist es sogar viel gemütlicher…“, erwiderte Schiller lächelnd und zog Goethe sanft mit sich, nur um sich kurz darauf zusammen mit ihm in die weichen Kissen zu kuscheln. Liebevoll lehnte der Blonde seinen Kopf an die Schulter des Älteren, während er noch einmal ihre Notizen für die nächsten Xenien durchlas.

Goethe verteilte Küsse in Schillers Haaren und genoss dessen Nähe – bis der Blonde sich plötzlich auf die Ellenbogen aufrichtete. „Goethe, einen Bleistift! Mir kommt gerade eine vortreffliche Idee!“

Sofort sprang der Ältere auf, um vom Tisch das gewünschte Schreibutensil zu holen. Bevor er es seinem Geliebten überreichte, drückte er ihm einen Kuss auf die Lippen. „Ihre Augen leuchten so wunderschön, wenn Sie kurz vor einem schöpferischen Durchbruch stehen.“
 

Alexander drückte seinem Geliebten einen Kuss auf die Lippen. „H-Heinrich, deine A-Augen leuchten so wunderschön, wenn du kurz vor dem h-höchsten Gefühl der Lust stehst.“

Heinrich schaffte es nicht, darauf etwas zu erwidern, zu sehr überwältigten ihn die Gefühle, die ihm der Ältere in diesem Moment bescherte. „M-mein Alexander…“, hauchte er stattdessen und verwickelte den anderen in einen innigen Kuss, mit dem er versuchen wollte irgendwie auszudrücken, wie glücklich er darüber war, seinen Liebsten in diesem Augenblick bei sich zu haben.

Alexander keuchte in den Kuss hinein, sein Heinrich war ein wunderbarer Küsser, er brachte ihn jedes Mal wieder um den Verstand, dabei war er in diesem Moment doch schon hoffnungslos verloren. „A-ah, ich k-kann nicht mmh – Ha-Heinrich!“

Auch Heinrich konnte nicht mehr an sich halten, als er sah, wie leidenschaftlich sich sein Alexander ihm gegenüber verhielt. Noch einmal stieß er den Namen seines Geliebten aus, dann vergrub er das Gesicht in der Halsbeuge des Älteren, bis sich sein Herzschlag wieder beruhigt hatte. „A-Alexander…“, flüsterte er schließlich, als er wieder zu Atem gekommen war und hauchte dem anderen einen zärtlichen Kuss auf die Lippen.

Alexander küsste ihn zurück, küsste seine Wange und schmiegte sich eng an ihn. Ein liebevolles Lächeln lag auf seinem Gesicht. „Du machst mich zu einem unglaublich glücklichen Mann, Heinrich, weißt du das?“

Ein zarter Rotton legte sich auf die Wangen des jungen Dichters, und einen Moment lang wusste er gar nicht, was er darauf erwidern sollte. Er war so froh, seinen Alexander bei sich zu haben, und die Tatsache, dass auch er ihn glücklich machte, löste ein unbeschreibliches Gefühl der Freude und Zufriedenheit in ihm aus. „Nicht so glücklich, w-wie du mich machst, Alexander…“, flüsterte er schließlich, während er dem anderen zärtlich durch die wunderschönen Locken strich.

Alexander lachte leise und stupste ihre Nasenspitzen aneinander. „Das kann gar nicht sein, weil du mich noch viel glücklicher machst.“

Ein liebevolles Lächeln erschien bei diesen Worten auf Heinrichs Lippen und er kuschelte sich noch näher an den Älteren. „Und von nun an leben w-wir sogar zusammen hier…“, flüsterte er, da er sein Glück immer noch nicht ganz fassen konnte.

„Hm, ja…“, murmelte Alexander und strich seinem Liebsten sanft durch die Haare, „Wobei die künftigen Nächte, in denen wir das Haus nicht mehr für uns alleine haben, sehr hart für mich werden“ Er musste grinsen. „wenn ich hier neben dir liegen und mich zurückhalten muss.“

Heinrich musste bei diesem Gedanken ebenfalls unwillkürlich grinsen, auch wenn er spürte, wie er gleichzeitig etwas rot wurde. „N-nun, da müssen w-wir uns eben noch etwas einfallen lassen…“, flüsterte er.

Alexander schmunzelte und fuhr die wunderschön geschwungenen, rosigen Lippen des Jüngeren mit seinen Fingern nach. „Oder wir müssen einfach ein wenig leiser sein.“, meinte er.

„D-das wäre natürlich auch eine Möglichkeit…“, erwiderte Heinrich lächelnd, bevor er Alexander einen Kuss auf die Lippen hauchte. „Oder aber…“, fügte er dann grinsend hinzu, „wir hoffen einfach, d-dass Friedrich auch in Zukunft noch ganze viele Einfälle für…f-für weitere…Xenien haben wird und er sich d-deshalb mit Goethe in das Gartenhaus zurückzieht…“

„Die hat er sicherlich.“, entgegnete Alexander und konnte ein Gähnen nicht unterdrücken. „Du hast mich ganz schön geschafft, Heinrich, ich könnte gleich einschlafen, in deinen Armen. Oder meinst du, ich sollte rüber in mein Bett gehen?“

„Nein, a-auf keinen Fall!“, entgegnete der Schwarzhaarige und zog seinen Geliebten fest an sich. „Bleib bei mir, Alexander…“, flüsterte er sanft, während er sich an den Älteren schmiegte und zärtlich durch dessen Locken strich.

Mit einem zufriedenen Lächeln schloss Alexander die Augen. „Gute Nacht, mein Schatz.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  cumberlady
2014-07-06T22:08:23+00:00 07.07.2014 00:08
also ich habe so etwas noch nie vorher gelesen, mir ist nicht einmal der Gedanke dazu gekommen aber das war unfassbar schön und genial und ich habe selten solche Hitzewallungen durch so....inexplizit beschriebene Szenen gehabt. Ich hoffe, da kommt noch mehr (no pun intended) Übrigens, kleiner Buchtipp am Rande, falls du es nicht schon gelesen hast: "Das Erlkönig-Manöver" und "das Hamlet-Komplott" von Robert Löhr-zwar nicht Goethe/Schiller, aber sehr....nun...ich denke es dürfte dir gefallen ;) Vielen Dank für dieses wunderbare Stück!


Zurück