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Die Reise eines Engels

von

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Neue Hoffnung(Kratos Sicht)

Es vergingen einige Jahre. Ich blieb in Welgaia. Folgte Mithos Befehlen. Der Schmerz und meine Trauer verschwanden nie so ganz. Trotzdem schaffte ich es mich irgendwie abzuschirmen. Zumindest während ich wach war. Allerdings hatte ich jede Nacht denselben Traum. Jede Nacht sah ich dieselben Bilder. Deswegen wachte ich auch jeden Morgen schweißgebadet auf. Irgendwann verzichtete ich einfach darauf zu schlafen. Dank meines Cruxis-Kristalls war das ja möglich. Auch essen tat ich nicht mehr regelmäßig. Wozu auch. Es war einfach nicht mehr dasselbe ohne Annas lächelndes Gesicht. Sie machte sich immer freudig übers Essen her. Auch Lloyd war ihr da sehr ähnlich. Der Kleine konnte auch essen wie sonst was. Bei jeden Gedanken an die beiden verspürte ich einen Stich in meinen Herzen. Das Loch welches ich in mir verspürte ließ sich auch durch nichts wieder füllen. Darum versuchte ich nicht an meine Familie zu denken. Allerdings verging kein Tag an dem ich das schaffte. Trotzdem hatte ich wieder einen halbwegs normalen Tagesablauf. Die ersten Wochen hatte ich nur in meinem Zimmer verbracht. Ich hatte nur im Bett gesessen und war vor mich hin vegetiert. Irgendwann schaffte ich es dann nach draußen. Auch mein Schwerttraining hatte ich wieder aufgenommen. Damit hatte ich am Anfang ziemliche Probleme. Ich konnte mein Schwert kaum ansehen geschweige denn es führen. Immerhin hatte ich damit Anna getötet. Jedes Mal sah ich noch ihr Blut an meinem Schwert kleben. Deswegen nahm ich ein anderes Schwert: ein stinknormales Stahlschwert. Es genügte.

Ich ging gerade durch die Gänge. Mithos hatte nach mir gerufen. Es handelte sich um einen Auftrag, den ich erledigen sollte. Meine Beziehung zu Mithos war nicht die beste. Ich tat was er verlangte, mehr aber nicht. Wir redeten nicht miteinander. Meine Unterhaltungen bezogen sich sowieso nur auf das Nötigste. Auch mit Yuan redete ich nicht. Der Blauhaarige sagte ebenfalls nicht viel.

Ich hatte nun Mithos Raum erreicht. Der Blonde wartete bereits auf mich.

„Ah Kratos. Ich habe einen Auftrag für dich.“, sprach der Anführer von Cruxis.

Ich kniete vor ihm nieder. Warum ich das tat, wusste ich nicht genau. Mithos hatte mich schon des Öfteren darum gebeten mich nicht vor ihm zu verneigen oder ihn mit Lord Yggdrasill anzusprechen. Trotzdem tat ich es Das war wohl der letzte Widerstand den ich noch hatte. Ich hatte weder die Kraft noch den Willen Mithos zu bekämpfen, aber trotzdem machte ich diesen stillen Protest. Etwas in mir widersetzte sich Mithos noch immer.

Die Besprechung dauerte nicht sehr lange. Mithos schickte mich auf eine Reise, um die Auserwählte zu begleiten. Ich sollte sie beschützen und dafür sorgen, dass sie nicht vom Pfad abkam.

Es war nicht, dass erste Mal, dass Mithos mich nach Sylvarant oder Tethe’alla schickte. Allerdings kümmerte es mich wenig. Dieser Auftrag war für mich wie jeder andere. Zumindest dachte ich das.

Ich zog mir andere Klamotten an. Meine anderen Klamotten trug ich nicht gern. Es verhielt sich damit genau wie mit meinem Schwert. Auch wenn sie sauber waren so könnte ich schwören, dass von ihnen noch der Geruch von Blut ausging. Annas Blut.

Ich zog mir stattdessen ein lila Gewand an. Dazu mein Stahlschwert, etwas Geld und Vorräte und ich war fertig. Außerdem hängte ich mir den Anhänger um, den ich Anna geschenkt hatte. Ich hatte ihn damals bei der Suche nach Lloyd unterhalb der Klippe gefunden.

Ich kam in der Nähe von Triet raus. Die Auserwählte lebte in Iselia. Der Ort bereitete mir Unbehagen. Allerdings ließ ich mir nichts anmerken.

Ich machte mich auf dem Weg. Als ich die Wälder vor Iselia erreichte, vernahm ich Vogelzwitchern. Es war ein schöner Tag. Anna hätte sich bestimmt gefreut. Ich verdrängte den Gedanken. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt.

Kurz bevor ich Iselia erreichte sah ich es: ein gleißender Lichtstrahl. Er erschien etwas südlich vom Dorf. Das war das Orakel. Ich hatte es noch nie mit eigenen Augen gesehen, aber Mithos hatte es so beschrieben. Als ich Iselia erreichte war das Dorf wie ausgestorben. So verlassen hatte ich es gar nicht in Erinnerung.

Bis auf einen Mann traf ich Niemandem. Der Mann hatte blonde Haare.

„Was ist hier geschehen?“, fragte ich ihn.

„Desians. Sie sind durch das Dorf gekommen. Sie wollen bestimmt Co…ich meine die Auserwählte angreifen.“, erklärte er.

Das passte nicht zusammen. Warum sollten die Desians die Auserwählte töten. Das war nicht in Mithos Sinne. Vielleicht waren es auch keine Desians.

Wie auch immer ich musste mich beeilen. Meine Mission war es immerhin die Auserwählte zu beschützen.

Ich bedankte mich bei dem Mann und eilte zum Tempel. Dort angekommen bemerkte ich, dass gekämpft wurde. Oben auf dem Platz waren mehrere Leute. Ich erkannte in der Tat Desians und ein paar Jugendliche. Ein blondes Mädchen ,ein kleinerer weißhaariger Junge und ein Junge mit braunen Haaren. Sie kämpften gegen einen kräftigen Desian. Dieser schleuderte einen Morgenstern umher.

„Dieser Typ ist echt stark.“, sprach der Weißhaarige. Die drei Kinder waren schon ziemlich angeschlagen.

„Mann, der ist echt knallhart.“, rief der Braunhaarige erschöpft. Er kniete vor dem Desian am Boden. Nun schwang der Desian seinen Morgenstern auf den Jungen. Ich musste eingreifen.

Also machte ich einen Satz nach vorne und blockte den Morgenstern mit meinem Schwert ab. Dank meines Cruxis-Kristall natürlich kein Problem.

„Wer bist du?“, fragte der Braunhaarige hinter mir.

„Geh mir aus dem Weg!“, befahl ich. Immerhin wollte ich nicht, dass die Kinder während des Kampfes verletzt wurden. Dann widmete ich mich dem Desian. Mit einem gezielten Schwerthieb, schleuderte ich ihm seinen Hammer aus der linken Hand. Dem Morgenstern wich ich aus, indem ich mich duckte. Nun stach ich mit meinem Schwert zu. Der Desian sackte zu Boden und blieb reglos liegen.

Nun sah ich zu den anderen Desians. Es waren noch vier weitere. Der eine hatte dunkelbraune Haare. Seine Klamotten deuteten darauf hin, dass er der Führer der Gruppe war.

„Mit dir habe ich nicht gerettet. Verdammt. Wir ziehen uns für heute zurück.“, sprach er.

Er schien mich zu kennen. Allerdings wusste ich nicht woher. Ich hatte ihn auf jeden Fall noch nie gesehen.

Nun ergriffen sie die Flucht.

Ich sondierte die Lage. Hier lagen einige Priester am Boden. Diese Desians hatten sie wohl getötet. Wahrscheinlich sollten die Priester die Auserwählte begleiten.

Am Eingang des Tempels sah ich noch eine alte Frau mit blonden Haaren.

„Einfach unglaublich.“, sprach das blonde Mädchen nun. Ich nahm an, dass es sich um die Auserwählte handeln musste.

„Dieser Typ ist unglaublich stark!“, sprach nun auch der Weißhaarige begeistert.

„Ja allerdings.“, hörte ich die Stimme des Braunhaarigen. Er schien beleidigt zu sein. Wahrscheinlich war er in seinem Stolz verletzt oder so.

Ich drehte mich zu den dreien um.

„Ist mit euch alles in Ordnung?“, fragte ich. Das schien der Fall zu sein. „Mhm …Niemand scheint verletzt zu sein.“

Der Braunhaarige sah mich nun mit großen Augen an. „Ist das ein Exphere?“

Er meinte sicherlich den Exphere an meiner Hand. Den hatte ich mir von Mithos geben lassen. Mein Cruxis-Kristall sah schon anders aus, als ein üblicher Exphere. Ich wollte ihn nicht offen zeigen, um nicht aufzufallen. Da mir der Cruxis- Kristall aber große Kräfte verlieh, würde es wohl auffallen. Daher trug ich einen Exphere als Täuschung. So gingen die meisten davon aus meine Kräfte kämen von dem Exphere.

Nun trat die ältere Frau vor.

„Wie kann ich ihnen nur danken. Sie haben die Auserwählte gerettet.“

Wie ich es mir gedacht hatte. Das blonde Mädchen war in der Tat die Auserwählte.

„Ich verstehe. Dieses Mädchen ist also die nächste Auserwählte.“, bemerkte ich und sah zu ihr.

„Eh ja das stimmt! Aber jetzt muss ich gehen und das Orakel annehmen!“, sprach sie nervös. Sie war wohl etwas durcheinander.

„Großmutter, ich werde mich nun der Prüfung stellen!“, rief sie aber dennoch entschlossen.

„Welche Prüfung?“, fragte der Braunhaarige.

„Ich nehme an sie meint die Monster. Der Tempel ist mit einer bösen Aura verseucht.“, erklärte ich. Das war vielleicht etwas übertrieben. Die Tempel der Siegel waren verlassen und normale Leute kamen meistens sowieso nicht hinein. Aus diesen Grund war es auch normal, dass sich dort Monster versammelten. Besonders die Energie, die vom Siegel ausging, aber auch von den Beschwörungsgeistern in den anderen Tempeln, zog die Monster an.

Die ältere Frau stimmte mir zu. Sie sagte auch, dass die Priester in der Tat die Auserwählte begleiten sollten.

„Dann werde ich Colette eben beschützen!“, sprach der Braunhaarige selbstsicher. Er war mutig. Das musste man ihm lassen. Oder auch nur dumm. Sich mit zwei Holzschwertern einer Horde Monster entgegen zu stellen, war lebensmüde.

„Lloyd? Ich wäre beunruhigt, wenn du sie ganz allein beschützt.“, rief die ältere Dame.

Der Name des Jungen traf mich wie ein Schlag. Hatte sie gerade Lloyd gesagt? Etwa mein Lloyd. Ich versuchte die Gedanken zu vertreiben. Das war sicher nur Zufall. Lloyd war ja nun nicht unbedingt ein unüblicher Name.

Trotzdem kam ich nicht drum herum den Jungen zu mustern.

Er hatte braune hochstehende Haare. Seine Augen waren ebenfalls braun. Seine Klamotten waren bis auf seine Hose rot.

„Dein Name ist Lloyd?“, versuchte ich mit ruhiger Stimme zu sagen. Das gelang mir auch irgendwie.

„Ja aber wer bist du, dass du nach meinen Namen fragst?“, kam eine freche Antwort zurück. Erinnerte mich an Anna. Besonders seine Augen.

Ich fantasierte schon. Wahrscheinlich würde ich meinen Sohn in jeden Jungen mit dem Namen sehen.

„Ich bin Kratos. Ein Söldner. Solange ihr mich bezahlen könnt, werde ich die Auserwählte beschützen.“, sprach ich etwas zu hastig. Ich musste mich etwas beruhigen. Hoffentlich war das Niemanden aufgefallen.

„Unter diesen Umständen habe ich wohl keine andere Wahl. Bitte helfen sie uns.“, bat die ältere Frau.

Anscheinend merkte man es mir nicht an, dass ich etwas neben der Spur war.

„Gut dann ist es abgemacht.“, erwiderte ich.

„Warte. Ich komme mit!“, unterbrach Lloyd uns.

Er hatte echt vor mitzukommen. Das gefiel mir nicht. Ich wollte ihn nicht in Gefahr bringen. Was wenn er wirklich…Nein das konnte nicht sein! Mein Sohn war tot. Wie hätte er überleben sollen?

„Lloyd du wärst uns nur im Weg. Sei ein guter Junge und warte hier.“, meinte ich, was irgendwie ziemlich hartherzig rüberkam. Was sollte ich auch sagen? Ich will nicht, dass dir was passiert. Warte lieber hier. Das würde total auffallen.

„Was soll das denn heißen!“, schrie er mich an. Jetzt hatte ich ihn wohl ziemlich beleidigt. Meine Wortwahl war auch wirklich nicht die beste gewesen. Mit einer pampigen Antwort hätte ich wohl rechnen müssen. Anna hätte mich wohl auch angeraunt.

Jetzt dachte ich schon wieder an sie. Es tat mir nicht gut, wenn ich das ständig tat.

„Habe ich mich so unklar ausgedrückt?“, entgegnete ich schroff. Ich stand noch etwas neben mir. Außerdem wollte ich nicht, dass der Junge mitkam.

„Du bist nur ein Klotz am Bein. Geh nach Hause.“, machte ich ihn nieder. Hoffentlich hörte er auf mich.

„Ähm….Mister Kratos, kann Lloyd nicht mit uns kommen?“, mischte sich nun die Auserwählte in unseren Streit ein.

„Aber…“, wollte ich widersprechen.

Die Blonde ließ mich aber nicht weitersprechen: „Bitte ich werde nervös, wenn Lloyd nicht bei mir ist.“

„Wenn es dein Wunsch ist.“, sprach ich unzufrieden. Ich hatte mich da viel zu sehr hinein gesteigert. Was interessierte es mich, ob der Junge mitkam. Er war nicht mein Sohn.

Ich ging dann in den Tempel. Drinnen bekämpften wir einige Monster. Ich beobachtete ab und zu den Braunhaarigen. Er schlug sich recht gut gegen die Monster. Allerdings war er sehr rücksichtslos. Er stürzte sich Hals über Kopf in einen Kampf. Jetzt war er schon ziemlich aus der Puste. Erinnerte mich an Anna. Erst loslaufen und dann nicht mehr können.

Der Hellste schien er auch nicht zu sein. Er schien das Herz aber am rechten Fleck zu haben.

Nachdem Colette das Orakel angenommen hatte, gingen wir zurück nach Iselia. Der Bürgermeister und Phaidra, die Großmutter von Colette, besprachen was sie wegen der Reise zur Welterneuerung machen sollten. Auch Lloyd kam kurz vorbei und bestand darauf mitzukommen, was ich ihm aber versuchte auszureden. Der Bürgermeister war zum Glück auf meiner Seite.

Am liebsten hätte ich ihn wegen Lloyd befragt. Das würde aber auffallen. Doch dann kam Colette auf die Idee den Braunhaarigen zu besuchen. Da er etwas außerhalb der Stadt wohnte, bat Phaidra mich sie zu begleiten. Ich stimmte zu. Jetzt konnte ich meine Vermutungen endlich aus der Welt schaffen. Bestimmt traf ich auf Lloyds Familie und ich würde endlich sehen, dass er nicht mein Sohn war.

Auf dem Weg wunderte ich mich warum Lloyd außerhalb der Stadt wohnte. War bestimmt nicht gerade einfach so weit weg zu wohnen.

Nun erreichten wir eine Lichtung. Ich konnte das Haus nun sehen. Es war ein einfaches Holzhaus.

Ich hörte Schreie. Jemand im Haus schien zu brüllen.

„Du warrrst bei der Farrrm?!“ Das kam von einem Mann. Vielleicht Lloyds Vater.

„Ich es tut mir Leid. Es ist so viel passiert und…“, hörte ich Lloyds Stimme.

Er war also bei der Farm gewesen. Der Braunhaarige lebte echt gefährlich.

„Die Desians haben deinen Expherrrre nicht gesehen, oderrr?“, erklang die andere Stimme.

„Nein mach dir keine Sorgen. Darauf habe ich geachtet.“

Lloyd trug einen Exphere. Das war schon etwas ungewöhnlich. Sylveranti verwendeten eigentlich keine Expheres. Es war hier eigentlich nicht üblich.

„Aber warum ist es so wichtig ihn zu verstecken? Der Söldner, der heute ins Dorf kam, trägt seinen ganz offen.“

Das war eigentlich eine gute Frage. Ich war ja sicherlich nicht der einzige, der hier einen Exphere trug.

„Dein Expherrre ist etwas Besonderes.“

Inwiefern war Lloyds Exphere besonders? Der Braunhaarige stellte dieselbe Frage.

„Dieserrr Expherrre ist ein Andenken an deine Mutterrr.“

Ich zuckte unmerklich zusammen. Das war nur Zufall. Vielleicht hatte seine Mutter einen Exphere gefunden oder so.

„Die Desian brachten deine Mutterrr um, weil sie diesen Expherrre haben wollten.“

Das konnte nicht sein oder. Das konnte nicht.

„Das haben sie getan?“

„Ich habe dirrr doch erzählt, dass ich dich unterhalb des Kliffs in der Nähe der Farrrm gefunden habe, oderrr?“

Nein das konnte nicht wahr sein. Nur Zufall.

„Deine Mutterrr war noch bei Bewusstsein und hat mirrr und hat mir alles erzählt. Es gibt keinen Zweifel.“

Doch es gab Zweifel. Bestimmt war das nur… Konnte er wirklich mein Lloyd sein. Sprach dieser Typ da von Anna. Es ergab alles Sinn. Lloyd war auch im richtigen Alter. Er könnte 17 sein. So wie mein Sohn. Der müsste jetzt auch 17 sein.

Den Rest des Gesprächs bekam ich nicht mehr mit. Lloyd kam dann hinaus gelaufen. Er begrüßte Colette, Genis und Raine, welche an mir vorbei gelaufen waren.

Ich sah mich um. Momentan konnte ich Lloyd einfach nicht ansehen. War er wirklich mein Sohn. Hatte er all die Jahre überlebt? Neben dem Haus erkannte ich ein Grab.

Wie von selbst bewegte ich mich darauf zu.

Mein Blick fiel auf die eingravierten Buchstaben.

„Anna“

Mein Kopf war wie leergefegt. Meine Beine fühlten sich ganz schwach an, gaben aber nicht nach.

Dann war Lloyd tatsächlich mein Sohn. Er lebte.

Ich wusste nicht wie ich fühlen sollte. Auf der einen Seite war ich natürlich unendlich froh, dass mein Sohn noch lebte. Andererseits hatte ich mich nicht um ihn gekümmert. Ich hatte ihn im Stich gelassen. Ich hätte es doch wissen müssen, wissen dass mein Sohn noch lebte. Ich hätte für ihn da sein sollen. Er kannte mich ja nicht mal. Wie auch. Er war noch zu klein gewesen.

„Hey eh Kratos?“, riss mich eine Stimme aus den Gedanken. Es war Lloyd. Der Braunhaarige sah mich an.

Ich wusste zunächst nicht was ich machen sollte. Ihn umarmen? Er war ja mein Sohn, aber das konnte ich nicht tun. Ihm zu sagen, wer ich war, würde die Dinge nur unnötig verkomplizieren.

„Wessen Grab ist das?“, fragte ich stattdessen.

„Das meiner Mutter. Stimmt ja, du hast ja alles mit angehört, nicht?“, rief er verlegen.

„Anna, mhm? Was ist…mit deinem Vater?“, fragte ich, wobei ich merkte, dass meine Stimme leicht stockte. Ich wollte wissen, was Lloyd wusste, woran er sich noch erinnern konnte. Was er wohl von mir dachte?

„Keine Ahnung, aber Dirk ist mein Vater.“, sprach er offen. Er meinte offensichtlich den Mann, der ihn aufgenommen hatte.

„Natürlich, wie taktlos von mir.“, gab ich von mir.

Lloyd sah mich lächelnd an. Dann ging er zu Colette.

Es war wohl besser, wenn ich mich aus seinem Leben raushielt. Ich würde ihn nur unnötig in Gefahr bringen. Ich würde meinen Auftrag erfüllen und dann zurück nach Welgaia gehen.

Nur leider war das nicht so einfach. Lloyd schloss sich nämlich der Reise an. Er wollte seiner Freundin helfen die Welt zu erneuern. Wie sollte ich ihn nun beschützen? Wie konnte ich einfach so weiter machen und ihn verraten?

Ich saß draußen und dachte nach. Was sollte ich tun? Die Welterneuerung war nur eine große Lüge. Ich wusste das. Aber alle setzten ihre Hoffnungen in diese Reise. Am Ende würde es bloß den Tod des Mädchens bringen. Nichts würde sich ändern. Nur ein weiteres sinnloses Opfer.

Ich war wütend. Allerdings konnte ich auch nichts ändern. Als ich es versucht hatte, musste Anna darunter leiden. Was sollte es also bringen sich gegen Mithos zu wenden?

„Hey Kratos?“, hörte ich Lloyd sagen. Mein Sohn kam zu mir. Er wirkte etwas nieder geschlagen. Vielleicht hatte er etwas vom Zustand der Auserwählten mitbekommen.

Ich sah ihn fragend an. Was wollte er von mir. Warum schwieg er jetzt. Er schien mit sich selbst zu kämpfen. Anscheinend war er sich nicht ganz sicher.

„Also ehm…weißt du…“, stammelte er.

„Nein weiß ich nicht. Was gibt es?“, fragte ich direkt.

„Also eh…ich muss es ja zugeben. Du bist echt stark und so erfahren.“, murmelte er.

Worauf wollte er jetzt hinaus. Klang nicht so als wollte er sich bei mir einschleimen. Bisher hatte es ihn eher immer gestört, dass meine Kampffertigkeiten besser waren als seine.

„Also ich…wollte dich fragen, ob du mich trainierst?“, kam nun eher kleinlaut von ihm. Er hatte sehr leise gesprochen. Trotzdem hatte ich ihn verstanden.

„Mir liegt nichts daran jemanden zu trainieren.“, gab ich von mir. Als Lehrer war ich wirklich nicht geeignet. Mithos war ja auch meine Schüler gewesen. Wenn ich sah, wie er jetzt war, so hatte ich ihm wohl nicht das Richtige beigebracht.

„Aber! Bitte. Ich könnte deine Hilfe gebrauchen. Meine Schwertechnik ist wirklich nicht besonders gut. So bin ich wirklich nur im Weg.“, machte der Braunhaarige sich nieder.

„Warum willst du stärker werden? Um deine Mutter zu rächen?“, fragte ich.

„Die Desians haben meine Mutter getötet.“, sprach Lloyd wütend. Sein Antrieb war also Rache. Verübeln konnte ich es ihm nicht. Ich selbst war wütend auf die Desians und mehr noch auf mich selbst, aber Rache war nie eine gute Motivation. Was passierte, wenn man aus Hass handelte, hatte ich bei Mithos gesehen. Er tat das alles auch wegen dem Tod seiner Schwester.

„Aber im Moment.“, sprach Lloyd weiter. „Im Moment ist es für Colette.“

Jetzt war ich überrascht. Er tat es für die Auserwählte?

„Ich möchte sie beschützen. Sie tut alles um die Welt zu retten. Sie muss so viel durchmachen. Ich will ihr helfen. Ich weiß auch wenn ich stärker werde, kann ich den Schmerz nicht von ihr nehmen aber…“, rief er schon fast verzweifelt, aber auch entschlossen.

Ich war erstaunt. Lloyd wollte Colette helfen. Er wollte nicht stärker werden, um Rache auszuüben oder andere zurechtzuweisen. Er wollte jemanden helfen. Dafür warf er sogar seinen Stolz weg. Er setzte sein Leben aufs Spiel.

„Mhm. Mit diesen Gefühlen wirst du garantiert stärker werden.“, rief ich ruhig.

„Heh?“, gab Lloyd verwirrt von sich.

„Also gut ich trainiere dich, aber vergiss niemals was du gerade fühlst.“, entgegnete ich und stand auf.

„Eh ok werde ich nicht!“, meinte Lloyd, auch wenn er wohl nicht ganz verstand.

Vielleicht gab es ja doch noch Hoffnung. Diese jungen Leute waren alle bereit für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Jeder einzelne. Die Auserwählte würde ihr Leben geben, um den Menschen zu helfen. Raine wirkte zwar streng, war aber nur besorgt. Sie wollte verhindern, dass die anderen sich in Gefahr begaben. Genis war noch jung, aber trotzdem mutig genug, um auf diese Reise zu gehen und Lloyd. Er wollte Leuten helfen, denen Unrecht getan wurde.

Er hatte einen ziemlich ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.

Wenn er und seine Gefährten es schafften zu kämpfen, vielleicht war es die ganze Sache dann doch Wert um dafür zu kämpfen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren verspürte ich wieder Hoffnung. Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Vielleicht war es wirklich an der Zeit etwas zu ändern. Diese Reise war vielleicht doch mehr als ich anfangs angenommen hatte. Wohin sie führen würde war noch ungewiss, aber sie war sicher bedeutend.

Ende



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