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Stalking

Dein Herz gehört mir!
von

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Prolog

Panik ist ein Gefühl, dass man keinem Wünscht. Es entsteht aus Angst und das Wort hat seinen Ursprung bei dem griechischen Gott der Hirten und des Waldes Pan. Dieser hatte einen menschlichen Oberkörper, den Rest jedoch von einem Ziegenbock. Dieses Aussehen wurde später von der Christlichen Kirche als Aussehen des Teufels übernommen. Doch das ist egal. Für mich zählt das alles nicht. Dies sind Nebensächlichkeiten, die ich mir angeeignet habe zu wissen. Ich weiß fast alles. Zumindest das, was mich interessiert. Und seit einiger Zeit liegt mein Interesse auf einem besonderen Menschen. Derjenige, den ich auserkoren habe, mein Geliebter zu werden, egal ob er will oder nicht. Ich weiß, dass er für mich bestimmt ist und ich werde ihn bekommen. Er kennt mich, er sieht mich immer an. Er zieht mich mit seinem Blicken förmlich aus. Ich weiß es. Ich sehe es. Ich spüre es. Ich träume es. Sein Name? Den wollt ihr doch bestimmt wissen? Ich verrate ihn nicht. Aber ich könnte euch Tipps geben, wenn ihr schört, dass ihr ihn nicht warnt oder ihn nicht selber wollte. Ja, er ist in der Band Panik, weswegen ich eben mein Wissen über das Wort euch preisgegeben habe. Ja, er ist einer derjenigen, die alle wollen. Doch bitte, er würde euch nicht mal wirklich ansehen. Habt ihr schon mal in den Spiegel geschaut? Oder ist er schon vorher freiwillig zerbrochen? Tss, als ob er euch nehmen würde. Ich gebe euch drei Tipps. Er ist nicht der Größte und nicht der Kleinste. Er kümmert sich viel um euch Anderen, auch, wenn nur ich in seinem Herzen bin. Und er steht auf der Bühne nicht hinten. Ich denke, das sollte euch als Tipps reichen. Ich wäre schon beim Zweiten auf ihn gekommen, aber ich bin ja nett und gebe euch, den Dummen, einen Dritten. Jedenfalls, wird er mir gehören. Eine Abfuhr wird es nicht geben, glaubt mir. Niemals. Ich gehöre zu ihm, wie Honig an ein Blatt! Niemals wird er mir entkommen. Alle seine Freundinnen werde ich vertreiben. Ich habe Mittel und Wege, die mir reichen um ihn zu bekommen. Welche? Nun, Berufsgeheimnis. Macht euch Sorgen um sie, denn er wird immer da sein. Und sobald ich ihn habe wird es die Band Panik nicht mehr so geben, wie ihr sie kennt. Egal ob er Gründungsmitglied ist oder nicht. Er wird mir gehorchen – weil er mich will.

Das was ich will, bist du!

Es ist ganz einfach, wenn man weiß wie. Ganz einfach. Man sucht im Internet, fährt ihnen nach, oder beobachtet sie einfach genau. Angefangen hat eigentlich alles damals mit Tokio Hotel, dass ich, weil es zu spät war, ans Hotel gefahren bin und somit ein Autogramm bekam. Dann hatte mich der Rausch gepackt. Ich war in Loitsche gewesen, ich kenne alle Handynummer unter denen die Band zu erreichen war und ist. Ich selbst, bin berühmt geworden in der Fans Szene. Und dann kamen sie, Nevada Tan. Am Anfang interessierte ich mich wenig für sie, zumal sie meiner damaligen Lieblingsband den Krieg ankündigten und ihre Musik fand ich zudem grauen voll. Ich wollte für immer ein treuer TH-Fan bleiben. Bis ich dann, als sie wieder Panik hießen, ihn auf einem Festival traf, auf das mich eine Freundin geschleppt hatte. Er war gegen mich gelaufen und hatte mich vor den Sturz bewahrt. „Entschuldigung, ich hab nicht hingesehen, tut mir Leid. Alles okay?“ Als ich ihm in die Augen sah, musste ich unweigerlich den Atem anhalten um nicht darin zu versinken. Hatte ich geglaubt, dass die Augen der Zwillinge wunderschön waren, so übertrafen diese blauen Augen alles, was ich je gesehen hatte. Ich war fasziniert von ihnen und wollte sie lesen. „Alles okay, Danke.“ Gott, konnte ich gut Schauspielern. Aber er hatte etwas geschafft, was bisher keiner konnte – er hatte mich gefangen.

Sah ich die Sache mit TH nur als Spiel, so wollte ich ihn ernsthaft. So ernsthaft, wie noch nie.
 

David Bonk.
 

Ich kriege schon Gänsehaut bei dem Namen. Ich will ihn – mit Haut und Haaren. Egal, was es mich kostet, über welche Leichen ich gehen muss, und was ich alles tun muss, um ihn zu bekommen. Keiner sagt nein zu mir – auch er nicht. Er wird mir gehorchen, darum betteln, an meiner Seite sein zu dürfen. Und ich werde ihm diese Gnade gewähren. Nett wie ich bin. Er liebt mich, ich weiß das. Und ich liebe ihn. Leute die behaupten, Liebe könne erst über Jahre entstehen lügen. Ich weiß das Gegenteil. Ich bin das Gegenteil, es ist mir begegnet. Liebe kennt keine Grenzen. Meine Motivation ist sein lächeln, mein begehr sein Körper. Was interessiert mich Geld, wenn ich ihn haben kann? Was interessiert mich die Welt, wenn er nicht da ist?
 

Leise, wie ein Panther, ging ich den kleinen Weg zu dem Spielplatz entlang. Es war ein harter Kampf bis hierher gewesen, doch ich hatte ihn bestanden. Es war wie eine Prüfung in der Schule. Und dann noch eine der leichtesten.
 

'Finde heraus wo er wohnt'
 

Einfach. Bemerkenswert einfach, obwohl Neumünster eine Kleinstadt ist und ich mir schon ernsthafte Sorgen gemacht hatte, wie lange ich wohl brauchen würde. Doch, dass es so leicht sein sollte, hätte ich nicht gedacht. Ich hatte ein paar Fans ausgefragt und schon eine Wage Adresse. Nun war ich hier, auf einem Spielplatz, wo er auch als Kind gespielt haben musste. Wunderbar, an so einem Ort sein zu können. Wenn ich die Augen schließe spüre ich seine Anwesenheit und sein Kindliches Lachen. Sein wunderschönes Lachen. Ich genieße die Stille bevor der Alltag wieder über mich herein bricht. Schule, Sorgen, Nöte, Probleme. All das, was ich nicht haben will und was ich hier vergessen kann. Meine Eltern sind kaum zu Hause und ich mache, was ich will. Wie ich will und wann ich will. In der Schule bin ich gut, da ich aufpasste, mir schnell Sachen aneignen kann und intelligent bin. Sehr Intelligent. Nur meine Klassenkameraden, die sehen das leider nicht so und beschimpfen mich als Streber. Was kann ich dafür, wenn die so doof sind? Ich könnte eine Königstochter sein und sie würden mich immer noch so behandeln. Ich könnte normal sein und wäre ihr Opfer. Ich bin normal und ihr Opfer. Können Menschen wirklich so grausam sein, dass sie einem unschuldigen etwas derartiges antun? David würde das nicht. Das würde er nie. Ich fing an leicht zu schaukeln und ließ meine Gedanken fließen. Er kam oft vor, aber wie sollte ich es schaffen, an ihn ran zu kommen? Wie sollte ich ihn auf mich aufmerksam machen? Was war es, auf der er aufmerksam wurde? Welche Farbe, welches verhalten? Viele, viele Fragen, welche ich wohl noch durch beobachten klären musste. Ich wollte Antworten auf Fragen, die ich nicht stellen sollte, aber stellen würde. David würde mich lieben. Egal, was kommen würde.
 

Manchmal denkt man, dass es einfach normal ist, wenn Mädchen sich so benehmen, wie sie sich benehmen. Doch, wenn man dann Mädchen sieht, die heulend und kreischend in der ersten Reihe stehen, während du auf der Bühne bist, fragst du dich automatisch – was wollen sie. Dich? Oder deine Musik? Was denken sie, was du bist. Ein Mensch? Oder ein Gott? Du willst diese Antworten nicht wissen und doch weißt du es nach einiger Zeit. Nur einige wenige, auch wenn du ihnen nicht traust, sehen dich als Mensch an. Dennoch fragst du dich manchmal, ob sie es wirklich tun. Aber im allgemeinen glaubt man ihnen. Und wenn du dann Angst kriegst um deine Freund und Familie, angst bekommst, weil einige nicht akzeptieren können, dass du auch nur ein Mann bist, dann wünschst du dir, du hättest diesen Weg nie betreten, denn du nun zu Ende gehen musst. Jeder Weg hat einen Vor- und einen Nachteil. Wie entscheiden wir, welchen wir gehen? Nach unseren Träumen und den Vorteilen. Denn die Nachteile verdrängen wir so brutal, dass sie uns einholen und uns das Messer in den Rücken rammen. Sie versperren den Weg zurück. 'Du kannst dich nur ein mal entscheiden, du kannst das, was daraus entstanden ist, nicht rückgängig machen. Damit musst du leben'

Entscheidungen sind in dem Moment richtig, wo du sie gefällt hast. Aber immer, wenn du raus gehst siehst du dich um, und wenn du dann Fans entdeckst fragst du dich, was du falsch gemacht hast.

"Jemand hat mir die Augen geöffnet"

Es gibt eine Gruppe auf einer Seite. „Amor gib mir deinen Pfeil, ich mach den Scheiß jetzt selbst“ So oder ähnlich konnte man das beschrieben, was ich vorhatte zu tun. Schicksal spielen konnte ich schon immer gut. Nicht umsonst waren drei Bekannte von mir schon mit Tom im Hotel zimmer gewesen, während ich das Geld bekam. Von beiden Seiten. So jedoch würde es bei David nicht laufen, dass hatte ich mir geschworen. Liebe ist ein zu kleines Wort für dass, was er mit mir macht. Zu klein um zu beschreiben, was ich mit ihm machen werde, wenn er erst verstanden hat, wem sein Herz gehört. Er weiß es. Ich bin mir sicher, dass er es weiß und genauso sieht. Er ist eine Person, die man aus der Reserve locken muss, die man erobern muss. Ich hab mir, nachdem ich ihn das erste Mal gesehen habe viele Fanfiktions durchgelesen und bin der Meinung, dass der größte Teil der Fans, oder besser gesagt die,die schreiben, ihn nicht kennen. In einer FF hat er was mit seinem Schutzengel angefangen, in einer anderen hat er es mit Dämonen zu tun bekommen. Bei der dritten würde er zu einem Wolf – wer tut ihm so etwas an? Wer kann so grausam sein, ihm so etwas an zu tun? Sollte ich diese Autorin oder eine andere anderen, deren schreckliche Geschichten, wo er andere Frauen als mich hatte, in die Finger bekommen konnte werde ich sie den TH-Fans vorwerfen. Bei den richtigen Mädchen, das richtige Gerücht gestreut und aus versehen die Handynummer der Autorin liegen lassen und sie würde nie wieder einen Stift in die Hand nehmen. Damit will ich jetzt nicht andeuten, dass die Fans von Tokio Hotel irre sind oder brutal. Sie mögen nur manche Sachen nicht. Aber die Panik-Fans stehen ihnen in nichts nach. Hat schon einmal wer die genau angesehen? Klein, hässlich und in dem glauben am aufwachsen, dass die Band sie kennt, schätzt, liebt und mag – wie heftig kann man sich selbst belügen? Wie sehr kann man die Wahrheit verleugnen, ehe man sie erkennt und dann zusammen bricht? Nun, ich habe wahre Meister darin gefunden, aber ich denke, irgendwann hole ich sie in die Realität zurück. Spätestens wenn die Bravo die ersten Bilder von David und mir bekommen. Gegen ein gewisses Entgelt versteht sich natürlich. Oder vielleicht doch die Yam, manchmal zahlen die mehr. Mein Konto ist schon öfters durch Bilder gut gefüllt worden. Ob gewollt oder nicht, ich hatte einige berühmte Persönlichkeiten in der Hand. Dass ich gut war, wusste ich. Wie gut ich war, hatte ich erst bemerkt, Bill mir ohne zu zögern Davids Handynummer besorgt hatte. Jedoch mit der Bitte ihn nicht zu zerstören.

'Wieso sollte ich ihn zerstören?' Hatte ich ihn gefragt

'Weil du es kannst und aus versehen tun könntest, auch, wenn du es nicht willst' Hatte er geantwortet.

Ehrlich gesagt habe ich nicht über seine Worte nach gedacht, sonder mir seelenruhig die Nummer ein gespeichert. Bin danach aus der Wohnung gegangen und habe die Fans draußen kühl angelächelt. Ein paar kannten mich und wussten wer ich was. Eine wusste weswegen ich hier war und beachtete mich nicht weiter. Die Blicke der anderen waren jedoch die besten Komplimente, die man als attraktive Frau haben konnte. Davon gibt es auch eine Gruppe. Ich mag beide nicht besonders, aber ihre Sätze haben mich geprägt. Ich habe durch sie die Liebe erst richtig verstanden. Erklären? Nein, dass kann ich sie nicht. Ich denke, dass ich etwas was jeder selber heraus finden sollte. Schönes Gefühl ja, mit viel Schmerz kommt sie daher und ich denke sie ist nicht das höchste aller Gefühle. Das ist die Einsamkeit. Aber das hier nun zu erklären wäre zu kompliziert. Und ich will mich nicht ablenken.

Den Spielplatz habe ich hinter mir gelassen und ich gehe aus der Richtung, aus der ich gekommen war. Irgendwann komme ich wieder in der kleinen Einkaufsstraße in Neumünster an und kann wieder in die Geschäfte blicken. Dann kann ich wieder spüren, wie die Stadt seine Anwesenheit schluckt, wie die Dunkelheit das Licht. Denn Licht kann nur die Dunkelheit verdrängen, wohin gegen die Dunkelheit das Licht schlucken kann. Eine Lebensweisheit, die sich selber erlernen musste. Was jeder tun muss. Meine Mutter hat einmal gesagt, man soll das Leben genießen. Nun, ich genieße es. Mit jeder Minute atme ich die Luft der Macht und mir jeder Sekunde schlägt mein Herz den Takt der Liebe. Ich bin die, vor der sich die anderen in acht nehmen müssen.

„Ach komm schon Timo. Trau dich.“ Ich erstarre in der Bewegung, als ich die Stimme höre, nach der mein Rhythmus lebt. David. Ich benutze das Schaufenster als Spiegel und sehe sie an einer Ecke stehen, wie sie jemanden hinterher schauen. Wer ist da lang gelaufen? Ich muss es wissen. Hinterher könnte David in Gefahr sein. Leise gehe ich näher und tue auffällig unauffällig. Darin war ich immer schon gut. Ich komme an der Straße gleich vorbei. „Nein, David. Was soll sie schon an mir finden? Ich bin ein nichts in ihren Augen.“ „Du solltest dich nicht immer so fertig machen. Trau dich.“ Ich sah, wie zwei Mädchen die Straße entlang gingen. Sie entfernten sich. Kennen tat ich sie nicht. Erleichterung durchströmte mich. „Bisher hast du mich vor ihr gewarnt – woher der Sinneswandel?“ Ich höre sein wunderbares lachen. „Jemand hat mir die Augen geöffnet.“ Ich wusste nicht wie lange ich noch an diesem Fleck gestanden hatte und den beiden Mädchen nach geschaut hatte. Ich wusste nicht wohin David und Timo gegangen war, aber ich wusste sein. Sollte ihm jemand anders als ich die Augen geöffnet haben, würde diese Person leiden. SO sehr, dass sie sich wünschte nie geboren worden zu sein.

Am Ende des Tages beschloss ich etwas über das Mädchen herauszufinden, auf das offensichtlich Timo stand. Besser Informationen und zur Not handeln, als improvisieren.

Du weißt, dass ich will, dass du glücklich bist?

Ich hätte niemals gedacht, wie schwer es sein konnte zu flirten. Oder erstmal mit der Person Kontakt auf zu nehmen. Mein Unternehmen zumindest bis zu seinem Haus zu kommen, war gescheitert. Obwohl es mir dennoch wertvolle, vielleicht aber auch unwichtige Erkenntnisse gebracht hatte. Ich würde sehen. Und nun saß ich wieder in meinem Zimmer und starrte mein Handy an. Dort, wo seine Nummer war. Sollte ich ihn anrufen? Dann konnte ich meine Nummer unterdrücken. Sollte ich ihm eine SMS schreiben? Dann hatte er sie. Und wenn ich ihn anrief, konnte ich behaupten, ich hätte mich verwählt. Aber das konnte ich wieder rum nicht zu oft machen. Aber was sollte ich als ausrede für die SMS nehmen? Da wäre ach das 'falsche Nummer' Spiel. Und ich konnte bestimmt nicht von Bill oder jemanden anderen verlangen, dass sie mich David ankündigten. Nein, so sehr wollte ich ihn nun auch wieder nicht. Gut, der letzte Satz war gelogen gewesen, aber alle, die es hätten machen können hatten komischerweise ihr Handy aus oder gingen nicht dran. Dafür hasste ich sie gerade und meine Rache würde kommen. Ja, und wie sie kommen würde. Groß und Schrecklich wird sie sein, so, dass man nicht glauben wird, dass ich es war. Doch zurück zu meinem eigentlichen Problem. David. Wie sollte ich an ihn heran kommen?

Als mein Handy zu klingeln begann erschrak ich kurzzeitig. Doch es war nur eine Bekannte, dich mich in eine Disko einlud. Ich sagte zu.

Vielleicht konnte ich dann den Mut aufbringen mich bei David zu melden. Und vielleicht nebenbei etwas Spaß haben.

Es war nicht schwer sich fertig zu machen, wenn ich daran dachte, dass ich doch die Lösung meines Problems finden könnte – den Mut. Denn ich war mir sicher, dass ich Mut brauchen würde, um mich wirklich bei ihm zu melden. Und wenn ich betrunken war, kam das mit der Nummer verwählt authentischer. War ich nicht genial?
 

Es war ein dunkler Raum und es roch nach Alkohol und Rauch. Ich hatte inzwischen gut ein paar Bier intus, sowie ein paar Tequila. Und noch diverse andere Getränke – kurz um. Ich war total besoffen und ließ sogar Steffen, meinen Ex-Freund, wieder an mich ran. Wir waren mal kurzzeitig zusammen gewesen und ich musste sagen, dass David mich an ihn erinnerte. Oder erinnerte er mich nicht eher an David. Es war dunkel genug um das zu machen, was man machen wollte. Still sein musste man nicht. Er küsste mich. Ich stelle mir einfach vor, dass er David war und schon war ich Feuer und flamme. Selbst in unserer, wirklich kurzen, Beziehung, war ich nie so wild gewesen. Es schien ihm zu gefallen, denn er drückte mich stärker an die Wand. Er war scharf auf mich. Ich war scharf auf ihn. Wie jedes Mal, wenn wir es hier trieben, würden wir nicht unsere Namen stöhnen. Er würde an seine Freundin denken, die er liebt, aber die ihn sexuell nicht wirklich anmacht. Ich hatte bisher immer an unterschiedliche Kerle gedacht, doch heute, zum ersten Mal, würde ich vollkommen dabei sein, in unserem Spiel. Ich würde ihn mit mir reißen und wenn wir fertig waren, würde ich David anrufen. Und wenn ihm ich sagte, wie geil er gewesen war, das wäre mir so was von egal. Ich bemerkte wieder einmal, warum ich ihn damals wollte. Er war nicht nur ein netter Kerl, nein, er hatte auch Attribute, denen Frau einfach nicht nein sagen konnte. Und dieses spüre ich wieder mal gewaltig. Doch warum er immer noch mit mir schlief wusste ich nicht. Ich hatte keine Ahnung. Und eigentlich war es mir egal.
 

Der junge Mann legte verwirrt auf. Irgendeine Betrunkene hatte ihn angerufen und sich entschuldigt bei ihm. Wofür? Ein Blick auf die Uhr sagte ihn, dass es erst oder schon fast 5 Uhr morgens war. Die Frau musste wohl bis gerade feiern gegangen sein. Natürlich bekam er Briefe mit Liebesbekundungen – einer eine Entschuldigung per Anruf? Da wäre erstmal die Frage, woher hatte sie seine Nummer. Hatte sie sich vielleicht einfach nur verwählt? David wusste es nicht. Vielleicht wollte er es nicht wissen. Leise streckte er ich. Ein wunder, dass er Timo nicht geweckt hatte, sie war wirklich laut gewesen. Aber der konnte pennen wie ein Stein. Nur Lina sah ihn vorwurfsvoll von dem Bettende an. „Sorry, Süße. Schlaf weiter.“Sie schnurrte und schloss genüsslich die Augen, als er sie unter ihrem Kinn kraulte. Das es ihre Lieblingsstelle war, wusste er. Und er nutzte es immer wieder gerne schamlos auf. „Die Katze kraulst du und kuscheln tust du mit ihr. Und was ist mit mir?“ Verschlafen hatte sich der Ältere aufgesetzt. Er hatte ihn wohl doch geweckt. „Timo, Schlaf weiter.“ „Ich will auch kuscheln.“ Belustigt zog der Gitarrist eine Augenbraue hoch. „Mit mir?“ „Als Ersatz würde ich dich nehmen.“ Er lächelte und sagte nichts, als der Braunhaarige zu ihm ins Bett kroch. Zufrieden kuschelte dieser sich in Davids Bettzeug und murmelte etwas vor sich hin. Timo war wohl im Halbschlaf gewesen. David ließ Lina in Ruhe und ignorierte ihren Vorwurfsvollen Blick. Dann legte er sich neben seinen Besten Freund. Es war eng geworden. „Timo.“ „mhh.“ „Ich hab dich lieb.“ „mhh hmm mmh.“ Der Jüngere kicherte. Der andere war wirklich am schlafen. Er seufzte und Lina legte sich zwischen sie. Über die Jahre hatten beide es perfektioniert sich nicht zu bewegen, wenn seine Katze bei ihnen schlief. Er betrachtete seinen wieder schlafenden besten Freund. Er sah dann so sorglos aus. Als sie vorgestern das Mädchen, nein, die junge Frau wieder gesehen hatten, war er zuerst Misstrauisch geworden. Doch es hatte sich herausgestellt, dass ihre Freundin sie hier hingeschleppt hatte. Und David musste zugeben, dass die Luft hier oben ihr gut getan hatte. Sie sah wirklich gesund aus. Und Timo? Der war still und leise geworden und hatte einen verträumten Blick bekommen. „Du weißt, dass ich will, dass du glücklich bist? Mhh Großer.“ Timo murrte, kuschelte sich aber näher an David, als dieser in sanft umarmte. „Halt dich ran, Timo. Sonst wird es zu spät sein. Und das wirst du für immer bereuen.“ Langsam vielen ihm wieder zu die Augen zu. Ja, er würde alles tun, damit Timo glücklich wurde. Er würde das für alle seine guten Freunde tun.

Nur Lina lag noch wach und beobachtete Sorgenvoll ihr Herrchen. Irgendetwas braute sich dort zusammen. Etwas, was ihr ganz und gar nicht gefiel.

Entschluss

Den Tag nach dem feiern gehen, hatte ich einen Kater, der mich freundlich grüßte, als ich auch wachte und mir eine extra Portion Kopfschmerzen gratis dazu gab. Ich liebte ihn dafür, denn mein Gedächtnis hatte auch etwas gelitten. Aber ich war bei mir zu Hause. Alleine. So zumindest sah es aus. Und so war es auch, wie ich nach einer kurzen langen Begehung meine Wohnung feststellen konnte. Wenigstens etwas. Erleichtert, dass ich in der Richtung nichts schlimmes angestellt hatte, ging ich unter die Dusche. Das kalte Wasser tat mir gut, um meinen noch nicht ganz vorhandenen Kreislauf in Schwung zu bringen. Das letzte, was ich von gestern Abend noch wusste war, dass mit ein Bekannter nach Hause gebracht hatte. Was ich dann noch getan hatte, alleine in meiner Wohnung, war vollkommen weg. Nun, viel schlimmes konnte ich nicht angestellt haben, denn zum schreiben einer SMS war ich bestimmt nicht mehr Fähig gewesen. Ich Creme mich nach dem Duschen gründlich ein und beschloss in diesen Tag mal hinein zu leben. Musste ab und zu auch mal sein. Ich kochte was für mich und setzt mich anschließend nach dem essen an meinen Laptop. Bill hatte mir eine Mail geschrieben, deren Inhalt ich mir drei mal durchlesen musste, um ihn ganz zu begreifen. Die Kopfschmerzen taten ihr übriges, den leider hatte ich keine Schmerztablette mehr im Haus gehabt.

‚Hab gehört, du hast bei ihm angerufen?‘

Ich hatte WAS? Mit ihm konnte er nur David meinen. Ich sprang auf und suchte wie eine besessene mein Handy. Es lag unter meiner Kommode, wo ich es eine knappe halbe Stunde später fand. Und wie ich es mir schon gedacht hatte, hatte ich ihn wirklich angerufen. David musste sonst was von mir denken. Wie sollte ich seine Meinung über mich ändern? Erstmal würde ich meine Nummer wechseln. Und dann würde ich mich um dieses Problem kümmern. Vielleicht sollte ich es wie mit Tokio Hotel machen. Ich würde mich in sein natürliches Umfeld einschleichen.

Eine knappe Stunde später hatte ich eine neue Handynummer. Manchmal übertraf ich mich selbst. In einer SMS Versendung an alle, außer David, teilte ich meine neue Nummer mit, Bill bekam eine extra SMS mit dem Hinweis, dass er sich es nicht mit mir verärgern wollte. Nicht, dass Bill hinterher zu David rannte und ihm davon erzählte. Ich hatte einen Fehler gemacht – und den würde ich nun aus bügeln müssen. Und sollte mir Gott dabei in die Quere kommen, so würde ich ihn vernichtend schlagen. Keiner stellt sich zwischen mich und mein Ziel. Sollte er es doch tun, wird er mit den Konsequenzen leben müssen.
 

„Hast du noch mal was von der Anruferin von gestern Nacht gehört, David?“ grinsend sah der Braunhaarige den Jüngeren an. „Nein, ich denke mal, sie hatte sich verwählt.“ „Oder sie hat deine Nummer und ist ein Fan und hat sich betrunken um dich anzurufen.“ David überhörte den Spruch von Linke, welcher seinen Kaffee trank und versuchte wach zu werden. Timo grinste. „Das wäre natürlich auch denkbar, nur an seine Nummer zu kommen ist nicht gerade leicht.“ Der Älteste grummelte etwas und trank seine Tasse aus. Er brauchte Koffein Nachschub! David sah ihm leicht belustigt hinterher. „Vielleicht hatte sie sich aber auch einfach nur verwählt, so was kommt auch mal vor. Besonders wenn du betrunken bist.“ „Quatsch.“ Widersprach ihm der Rapper. „Komisch, dass ich mich an einen jungen erinnern kann, der sich immer total betrank und dann immer seinen besten Freund anrufen wollte. Wie viele Leute hast du da pro nach wach gemacht, weil du dich verwählt hattest? Fünf? Sechs?“ Timo stand auf und lief in Richtung der Kaffeemaschine. „Chris, lass mir ne Tasse übrig.“ „mich hast du auch mehrmals wach geklingelt. War richtig nervig.“ „Ach, halt die Klappe!“ Grummelte der Braunhaarige. So schlimm war er nun auch wieder nicht gewesen. Und so oft war es auch nicht vorgekommen, dass es hätte nennenswert sein können. Außerdem, war das schon Jahre her. „Kannst dich ja mal bei ihr melden, David. Vielleicht ist sie ja ganz nett.“ Sprach Linke das Thema weiterhin an. Der Gitarrist nickte geistesabwesend und schwelgte in Kindheitserinnerungen. Sie waren damals noch so anders gewesen. „Was machst du, wenn sie wieder anruft? Oder noch eine andere? Dran gehen?“ „Ich weiß nicht, ich denke mal ja. Aber dann würde ich sie direkt fragen, woher sie meine Nummer hat. Ich denke mal, das wird sich schon aufklären.“ Linke sah David besorgt an. „Und wenn sie eine Stalkerin ist?“ Der Gitarrist lachte auf. „Nie im Leben, wer würde mich schon stalken? Das war wenn ein Fan, der mal meine Stimme hören wollte. Wenn sie weiß, von wem die Handynummer ist.“ Der Jüngste ging aus der Küche. Die beiden anderen sahen ihm hinter her. „Ich hab kein gutes Gefühl bei der Sache, Timo.“ „Ich auch nicht, Chris. Ich auch nicht.“
 

Ich konnte es nicht fassen, zu was ich alles fähig war, wenn ich zu viel getrunken hatte. Langsam aber sicher realisierte ich, was ich getan hatte. Wenn ich richtig Pech hatte, hatte ich alles zerstört. Meine ganzen Hoffnungen, eine Träume. Mein Leben. Denn ein Leben ohne David, wollte ich nicht mehr leben. War das krank, oder war das einfach nur Liebe? Manchmal habe ich diese Gedanken, die irgendwie nicht mir gehören können. Dann finde ich, dass ich mich eigentlich kindisch verhalte oder dumm bin. Aber das bin ich nicht. Ich bin weder kindisch, noch dumm. Ich bin ich, und das wird auch immer so bleiben. Ich tat diese Gedankengänge, die ab und zu auftauchten, damit ab, dass ich immer alleine war und seelisch leicht instabil – wie jetzt. Die Vorstellung, David zu verlieren, war furchtbar. Das wollte ich auf keinen Fall. Ich würde dafür kämpfen, um mich von einer Seite zu zeigen, die er nicht kannte. Die er nicht kennen konnte. Ich würde alle meine Kraft dazu aufbringen und ihn dazu bringen, mich zu wollen.

Der (Un-)Sinn der Freundschaft

Das wichtigste im Moment ist, dass er mich sieht. Denn wenn er auf mich aufmerksam wird, weiß ich, dass ich recht hatte. Alle seine kleinen Mädchen, die auf ihn stehen, denen er zu lächelt. Sie sind nichts gegen mich. Man sieht ihm doch an, dass er sie anlügt. Er ist zu allen lieb und freundlich und nett. Aber insgeheim ist er der Macho, den ich zähmen muss. Ich weiß es. Ich weiß vieles, aber eines weiß ich nicht. Welche Rolle spielt Timo in seinem Leben?

Ich habe es noch nie verstanden, was Freundschaft bedeutet. Natürlich habe ich Freunde, aber ich würde nie für sie mein Leben riskieren. Ich verstehe nicht, wie David so was könnte, aber ich weiß, dass er es tun würde. Ich versuche zu verstehen, was genau das ist, was Timo für ihn so wertvoll macht. Ich habe mit meinen Freunden telefoniert und bin auch mal mit ihnen weggegangen, aber über was haben wir nur geredet. Kleidung, Männer, Tokio Hotel. David habe ich verschwiegen, ebenso wie unwohl ich mich bei ihnen gefühlt habe. Braucht man den wirklich Freunde? Ich sehe doch, dass jeder in erster Linie an sich selbst denkt. Jemanden, der dies nicht tut, gibt es nicht. In der Liebe jedoch schon. Das weiß ich seit ich David kenne. Meine alte Bekannte hat einmal zu mir gesagt, dass man einen erst wirklich kennt, wenn er ein Freund ist. Vorher weiß man nur wer er ist. Aber ich weiß, dass ich David kenne und das wir niemals Freunde sein werden. Nur Liebende, die sich schlaftrunken und Sex süchtig gegenseitig helfen werden. Ohne Freunde.
 

Freundschaft ist etwas, was mir sehr am Herzen liegt. Das merke ich schon alleine, wenn ich bei Timo bin. Ich will für ihn nur das beste, wie ein Vater für seinen Sohn. Vielleicht ein komischer Vergleich, aber ich weiß, dass er das genauso sieht. Wir passen halt gegenseitig auf einander auf. Wie Schutzengel. Oder so ähnlich. Ich liebe ihn, wie einen Bruder. Und ich denke dass keine Frau etwas daran ändern wird, oder ändern kann. Egal wie sehr ich sie lieben sollte, Timo würde ich für sie nicht aufgeben. Freundschaft ist etwas so wunderschönes, dass will ich nicht verlieren. Man ist in einer Art Beziehung, einer besonderen. Es ist schwer zu beschrieben, aber jeder sollte es kennen. Man ist füreinander da, es ist wie Geschwister liebe – nur dass man nicht Bluts verwandt ist. Es macht einen Glücklich, wenn der andere Glücklich ist und man freut sich irgendwie, wenn der andere einem vertraut. Selbst wenn Timo heulend in meinen Armen oder in meinem Bett liegt, freue ich mich. Denn das ist der Beweis, dass er mir vertraut. Und dafür liebe ich ihn. Er ist eine der größten, vielleicht sogar die größte Stütze in meinem bisherigen Leben. Was wäre ich ohne ihn? Was wäre wenn – fragen die man sich in Beziehungen häufig stellt – in einer Freundschaft nicht. Dort ist es einfach so. Man streitet sich und man versöhnt sich. Je länger ich ihn kannte, desto mehr verstehen wir uns. Blind oder Stumm würden einige sagen, aber wir kennen eben einander. Wir wissen, wie der andere reagieren wird und er weiß, wie ich reagiere. Man kommt an einem Punkt, an dem man dort ist, wo man nicht zurück kann, weil die Person einem zu viel bedeutet. An diesem Punkt bin ich mit Timo schon lange vorbei. Wir könnten Wochen oder sogar Jahr lang keinen Kontakt haben – und ich würde ihn trotzdem noch erkennen und wissen, wie es ihm geht. Freundschaft ist wichtiger als Liebe – den Freundschaft ist eine festere Beziehung. Der Sinn der Liebe ist die Fortpflanzung. Der Sinn der Freundschaft ist das pflegen seiner Seele.
 

Ein klingeln ließ den Gitarristen hoch schrecken. Wann war er eingeschlafen? Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es noch mitten in der Nacht war. Er streckte sich und sah auf sein Handy, dass immer noch klingelte. Unbekannt. Müde ging er dennoch dran. „Bonk?“ Stille. Nichts. Nicht mal ein Hauchen. Vielleicht hatte sich einer verwählt. „Ich leg jetzt auf. Falls da jemand ist.“ sagte er. Der junge Mann hatte sich aufgesetzt und der Vollmond schien in sein Zimmer. Er schlief nur im Boxershorts und hatte vergessen die Vorhänge zu zuziehen. Als er aufstand um die Welt nicht mehr an seinem Zimmer Inhalt teilhaben zu lassen, blieb er noch eine kurze Weile am Fenster stehen. Er beobachtete die Sterne. Wie sie still da waren, an ihrem Platz. Ja, er wusste das es Planeten waren, Sonnen, teilweise viel viel größer als die Sonne, die er hier hatte. Und doch waren sie in diesem Moment nur Sterne. Etwas im Gebüsch hatte sich bewegt, zumindest dachte er, er hätte eine Bewegung aus den Augenwinkeln gesehen. Doch er blickte nur kurz hin. Vielleicht zu kurz, denn dann hätte er das blinken der Kamera bemerkt, die dort von ihr festgehalten wurde. Sie lächelte. Ja, das war nur der Anfang. Der Anruf, um ihn wach zu machen. Das ewig lange aufmachen seiner Vorhänge durch die kleine Spalte, die sie in sein Fenster gemacht hatte und die er nie bemerkten würde, da er nie genauer hinsah. Sein betrachten vom Mond. Nur das er dort im freien Oberkörper stand, hatte sie nicht bedacht – aber das war der I-Tüpfelchen ihrer harten Arbeit. „Meins.“

Liebe - Das Mittel der Natur um die Menschen zu verarschen

Wie niederschmettern kann die Liebe sein? Im ersten Moment freust du dich in den Himmel und könntest die ganze Welt umarmen. Im nächsten wünscht du dich in ein tiefes Loch zu fallen, und nie, nie wieder die Sonne und deren Fröhlichkeit sehen zu müssen. Die Liebe ist grausam. Ein Spiel der Natur, um die Menschen zu quälen und um einen Preis zu haben, den man durch die Liebe gewinnen kann – der Fortbestand der Art.

Immer und immer wieder musste ich es mir ansehen. Das Video und die Bilder, die ich von ihm bekommen hatte gestern Nacht waren atemraubend. Wirklich genial gemacht. Ich musste schon sagen, ich hatte Talent. Und verschwendet hatte ich es sicherlich nicht. Ich betrachtete ihn erneut, wie er da im Mondlicht stand mit freien Oberkörper. Ich konnte seine Muskeln bewundern und mein lächeln wurde breiter. Als ober gewusst hatte, das ich dort unten war, um ihn zu beobachten. Ich war verdammt gut. Seine helle Haut spiegelte das Licht wunderschön wieder und er sah einfach nur wie mein Engel aus. Wie ein Engel. Wie oft noch, wollte ich ihn nur bewundern? Dies war nur der erste Schritt zu einem leben mit ihm. Das wusste er, da war ich mir sicher. Er hatte mich schon bemerkt, aber er zeigte es nicht. Er schütze mich so. ich liebe ihn dafür. Wieder einmal halte ich mein Handy in der Hand, meine Nummer ist unter drückt. Es ist wieder mal Abends und ich bin hinter der Hecke und beobachte ihn. Ja, er ist alleine und spielt Klavier. Timo ist vor ein paar Minuten gegangen um nach Hause zu gehen. Besser für ihn, sonst hätte ich mein kleines Druckmittel verwenden müssen. Und das will er bestimmt nicht.
 

Es ist ein tolles Gefühl Macht zu haben, zu spüren, dass man der stärkere ist. Viele Menschen sind dann anders, aber sind sie wirklich sei selbst? Zeigen sie so ihr 'wahren Ich'? Fühlt sie das gerne? Unsere Stalkerin, die hinter der Ecke hockt? Die ihn beobachten, ihn, der nichts ahnt? Was fühlt sie und warum? Will man das wissen? Einerseits ja – andererseits nein. Man will nicht so werden wie sie. Man betrachtet sie. Man hält das Bild an und beschaut es sich von allen Seiten. Man überlegt. Man entscheidet. Man lässt es weiter laufen um zu zu gucken. Wird man eingreifen, wenn sie zu weiter geht? Oder guckt man lieber zu? Ist das nie wie wenn eine Person auf offener Straße schikaniert wird? Verprügelt wird? Wo ist unsere Courage hin?
 

Ich sehe, nein ich spüre die seine feinen Finger über die Tasten schweben und wie sein Kopf die Melodie schon vorher kennt. Ich öffne das Telefonbuch meines Handys und suche seine Nummer heraus. Ich beobachte ihn erneut. Ich sehe sein blaues Hand und die schwarze Hose die erträgt und wünschte mir, er würde nackt dasitzen. Ich wünschte mir, ich wäre bei ihm und er würde für mich spielen. Oder er würde auf mir spielen. Ich kann fühlen wie seine Finger meinen Körper entlang fahren, wie sie meinen Körper erkunden. Ich kann spüren, wie er mich küsst und schließe die Augen. Dann drücke ich auf den grüne hören und halte mir das Handy ans Ohr. Meine Augen sind noch immer geschlossen und ich sehe nicht wie er aufsteht um zu seinem Handy zu gehen.

Erwartungsvoll halte ich die Luft an.

„Hallo?“ mein Herz schlägt wie wild und wieder einmal spüre ich, wie sehr er mich gegangen hat. Dieser Mann, dem mein Herz gehört. Ich sage nicht, will seine Stimme öfter hören. „Hallo, ist da jemand?“ meine Augen öffnen sich und ich sehe ihn an seinem Klavier stehen. Lässig ist er dagegen gelehnt und telefoniert mit mir. Gänsehaut macht sich breit. „Timo, bist du das? Was soll der Scheiß?“ Ein laut des Ärgernisses entfährt mir. „Okay, du bist schon mal nicht Timo. Das klang weiblich. Soll ich raten wer du bist? Kenne ich dich überhaupt.“ Ein laut der Zustimmung kommt vom mir – egal, was er sagt nur bitte antworte mir. Er zählte eine Reihe von Namen auf, doch ich antworte ihm nie. Viel zu sehr bin ich in diesem Bild gefangen.
 

Ich lege auf und gehe. Für heute habe ich genug. Ich weiß nicht mehr, wie lange David Namen geraten hat. Aber meiner war nicht dabei. Und ich hasse ihn dafür. Er muss mich kennen, aber er tut es nicht. Oder wollte er mich nur ärgern? Dann sollte ich ihm besser zeigen, dass man das mit mir nicht tun kann! Aber zuerst wird Timo dran glauben müssen. Ich grinse. Ja, der Plan ist perfekt.
 

Als der Rapper am nächsten Morgen seine Post leerte war ein weißer Briefumschlag dabei. Ohne seine Adresse, ohne Absender. Leicht irritiert ging er hinein und öffnete ihn. Las ihn. Las ihn nochmal. Dann rannte er los. In der hand hielt er eine Foto einer jungen Frau.
 

Timo,
 

sollte dir etwas an dieser Frau liegen, dann würde ich dir raten, meine Anweisungen zu befolgen. Erzähle David ruhig davon, es soll ihm eine leere sein, nicht mehr mit mir zu spielen – und sich endlich meinen Namen zu merken! Das die Nacht war unerhört. Ich hasse ihn dafür, aber heiraten werde ich ihm trotzdem .Die Mutter seiner Kinder so wie so. Also gut, Pass auf, wenn du wirklich in sie verknallt bist. Ich weiß wo sie wohnt, ich weiß alles über sie. Ihre dunkelsten und schmutzigstes Geheimnisse. Willst du, dass die Bild über sie herzieht? Ich kann Gerüchte streuen ich kann sie zerstören?

Ich denke mal, dass du sie beschützen willst, also sorge gefälligst dafür, dass dein bester Freund ein besseres Gedächtnis bekommt! Kapiert?

Ich kann auch Gerüchte über dich streuen, die sie dann hört?! Vielleicht bringt dich das eher zum Nachdenken, Sonnenscheinchen.
 

„Von wem ist der?“ Der Gitarrist war ebenfalls leicht irritiert, als er den Brief in der Hand hielt. Das Foto lag auf dem Tisch. Der Ältere zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Aber ich mache mir Sorgen. Sie hat damit nichts zu tun!“ „Ruhig, Timo. Wir machen das schon. Ich weiß zumindest, wer es sein könnte, aber ich kenne weder ihren Namen, noch weiß ich, wie sie aussieht. Sie hat mich wohl gestern Nacht angerufen.“ „Okay – also kennst du zumindest ihre Stimme?“ Der Jünger schüttelte den Kopf. „Sie hat nicht geredet, sondern – wie soll ich sagen – laute von sich gegeben?“ Er sah seinen besten Freund an. „interessant – und was sollen wir tun? Abwarten?“ David lächelte. „Was willst du tun? Wir können auch zur Polizei, weil das hier.“ Er hielt den Brief hoch. „Ist auf jedenfall eine Drohung. Ob sie ernst zu nehmen ist, liegt in unserem Ermessen. Jedenfalls, die Nummer war unterdrückt. Ich hab zuerst gedacht, du spielt mir einen Streich, aber naja. Sie fand meine Vermutung nicht so toll und dann habe ich einfach mal Mädchennamen geraten, weil sie mir signalisiert hat, dass ich sie kennen müsste.“ „Oder sie glaubt, dass du sie kennst, David.“ Der Pianist zuckte mit den Schultern. „Wie auch immer – was willst du tun?“
 

„Menschen können grausam sein – so Grausam wie die Liebe“

Das wahre 'Ich' der Menschheit

„Du weißt, wie dunkel der Raum deiner Seele sein kann? Das er es eigentlich ist, egal wie hell, groß und farbenfroh ihn dir ausmalst? Das weißt du doch, nicht war Selina?“ „Ich weiß es, Großmutter.“ Eine alte Frau beugte sich kalt lächelnd zu ihrer vierjährigen Enkelin hinunter. „Und warum ist das so, Selina?“ „Weil jeder Mensch ein Egoist ist.“ „Und was ist ein Egoist?“ „Ein Egoist ist ein Mensch, der nur an sich denkt, der nur seinen Vorteil sieht. Jeder ist ein Egoist. Auch ich.“ „Genau wie ich, meine Kleine. In Anflügen von Hoffnung und Mitleid, denken wir immer doch nur an uns – weil wir alles wollen, warum sollten wir es dann auch verbergen? Weil die Menschen Angst vor ihrem wahren Gesicht haben! Sie verhängen ihren inneren Spiegel und reden sich ein, nobel und großzügig zu sein – doch das werden sie erst, wenn sie ihr wahren Ich erkennen, leben und es dann zerstören. Ich habe es zerstört, sonst würde ich dir das nicht erzählen, nicht war, meine Kleine?“ „ja Großmutter.“ Stolz und respektvoll blickte die kleine zu ihrer Oma hoch. „Eines Tages wirst du es auch schaffen, glaub mir. Nur bei dem Menschen, den du wirklich liebst, bist du dann der noble Mensch, der jeder sein will.“
 


 

Ich fuhr aus dem seltsamen Traum hoch. Eine längst vergessene Kindheitserinnerung – oder nur ein Alptraum? Wirklich wissen konnte ich es nicht. Ich hatte im Alter von 8 Jahren einen schweren Unfall und einen kompletten Gedächtnisverlust. Und mich seither nicht mehr erinnert. Ich wollte mich nicht erinnern, denn ich war mir sicher, dass es keine gute Zeit gewesen war, bis ich adoptiert wurde. Nun war ich reich, weil meine Adoptiveltern mir Geld schicken, jeden Monat. Sie selbst leben inzwischen im Ausland. Ich ziehe meine Beine ran und drücke auf die Fernbedienung meiner Anlage und schon erklingt ‚Bevor du gehst‘ und ich versuche mich zu entspannen. Nicht daran zu denken, wie ich mich in diesem Traum gefühlt hatte. Nicht mal annährend. Ich stellte mir David vor, wie er mich in den Arm nimmt und sagt, dass alles wieder gut wird. Das er für mich da sein wird. Und das er mich liebt, egal, was alle anderen sagen. Das ist die Wahrheit. Das muss die Wahrheit sein, denn sonst würde es nicht so sein, wie es jetzt ist. Sonst würde er mich nicht so ärgern und ansehen. Gut, vielleicht hatte ich mit dem Brief an Timo etwas übertrieben, aber ich war so wütend gewesen. So wütend. So verletzt. Bin ich den ein kaltes Wesen, dem alles egal ist? Nein, denn sonst könnte ich ihn nicht so lieben. Ich liebe ihn so sehr, ich würde alles für ihn tun. Alles. Wenn er sagt, dass wir springen müssen, so würde ich es tun. Denn ohne ihn ist ein leben sinnlos. So sinnlos. Ich merke, wie mir schon bei der Vorstellung, dass er nicht da ist, mir die Tränen kommen. Nie darf es so sein. Ich atme tief und fest durch, ehe ich zu meinem Handy greife und noch mal schaue, ob meine Nummer auch wirklich unterdrückt ist. Dann rief ich an.
 

Als das Handy des Gitarristen klingelte, zuckte er zusammen. Er hatte sich so schnell wie möglich ein neues Handy besorgt, vorsichtshalber und hatte erwartet, dass das alte erstmal nicht klingeln würde. Er sah drauf. „Unbekannt.“ murmelte er. Seine Bankkollegen sahen ihn an. Sie waren zusammen gekommen um zu besprechen, was sie wegen dem Brief tun sollten. Er war rechtverwirrt geschrieben, so als ob die Person das eigentlich nicht wollte. Als ob sie sich nicht wirklich unter Kontrolle hatte. „Geh dran.“ Flüsterte der Rapper. Er hatte zwar Angst um seinen besten Freund, aber noch mehr hätte er, wenn er nicht wüsste, mit wem sie es zu tun hatten. So konnten sie es heraus finden. „Ja?“ Der junge Mann stellte das Handy auf laut und deutete den anderen an, leise zu sein. „David?“ „Ja.“ Stille an anderen Ende der Leitung. Die Band schätze die Stimme auf ein etwa 17 oder 18 Jahre altes Mädchen. „….Es tut mir Leid.“ Sprachlos starrte der Rapper das Handy an. Jan legte lautlos eine Hand auf die Schulter des Älteren. Dieser schüttelte sie ab und ging nach draußen. „Was tut dir Leid?“ „Das mit dem Brief. Zumindest, wenn ich dir Angst gemacht haben sollte.“ Stille. „Und was ist mit Timo?“ „Das werde ich nicht zurück nehmen.“ „Warum?!“ langsam wurde David wütend. Was dachte sich diese ihm noch Unbekannte Person eigentlich?! „Er ist dein bester Freund.“ „ja und?“ „Es kommt mir nur so vor, als ob ihr ein paar währt, sooft wie ihr zusammen klebt. Und diese Illusion will ich zerstören. Selbst wenn einige eurer Fans das gut finden.“ Sie rümpfte die Nase was Jan dazu brachte leise zu kichern. Gott sei Dank hielten ihm sowohl Linke als auch Frank sofort eine hand vor den Mund. „Ich bin bestimmt nicht mit Timo zusammen und wir sind nur Freunde!“ „Das wissen sowohl deine Fans als auch ich.“ unterbrach sie ihn. „Aber ich will nicht mehr, dass ihr so oft was zusammen macht. Du solltest dich auf wichtigere Dinge konzentrieren.“ Juri legte nun dem Gitarristen eine Hand auf die Schulter. Dieser zitterte vor Wut. „Und auf was?“ „Deine Musik, dein Aussehen, mich.“ „Auf dich?“ Unterbrach er sie etwas lauter. Juris Griff wurde fester und Jan, der sich wieder beruhigt hatte, deutete auf ein Bild von ihm und Timo. „Ja, auf mich. Das wirst du aber mit der Zeit schon hinkriegen, keine Sorge. Ah, ich muss noch einkaufen, entschuldige mich Liebling.“ Das nächste, das David hörte ein war regelmäßiges Tuten. „Auf sie? Wer glaubt sie verdammt noch mal, wer sie ist? Meine Freundin oder meine Geliebte?“ „Sieht wohl so aus. Du solltest sie lieber nicht reizen, David. Ich denke sie ist nicht sehr berechenbar.“ „Du meinst leicht durchgeknallt.“ grummelte der Ältere auf Linkes Aussage hin. „Ich hasse sie.“ „Nun, ich denke das beste ist, wenn du erstmal normal weiter machst. Wir überlegen uns was in der Zeit.“ Frank, der gesprochen hatte, legte ihm nun auch eine hand auf die Schulter. „Wir schaffen das, David. Keine Sorge.“ Der Jüngere nickte. „Ich geh nach Timo sehen.“

Erkenntnisse 1

Manchmal gibt es Momente, in denen kann man nicht mehr. Dann ist man schonungslos man selbst. Ohne Kompromis. Vielleicht merkt man dann selber, in diesen Momenten, wer man ist und wer einem wichtig ist. Man belügt sich nicht selbst. Man schießt sich die Wahrheit – die nackt und bodenlose Wahrheit – direkt ins Gesicht. Vielleicht gab es diese Momente nur im Traum oder dann, wenn man etwas Schreckliches erlebt und überlebt hatte. Vielleicht hatten aber auch nur die besonders frommen Menschen diese Erkenntnis. Manchmal wünscht man sich solche Erlebnisse zu haben – hat man sie würde man am Liebsten sterben.
 

„Hast du daran geglaubt, dass die Zeit still steht? Das dies rein physikalisch nicht geht? Denkst du, du kannst gewinnen? Und meinen Fängen entrinnen? Hoffst du, dass alles gut wird? Oder weißt du, dass deine Seele ohne mich stirbt?“ Ich flüsterte diese Worte wie in Trance vor mich hin. Wollte ich sie wahrhaben oder wollte ich mir selber Mut zu spreche?. Irgendwie hatte das Gespräch mit David gut getan. Ja, ich wusste, dass ich ihn verärgert hatte, aber ich hatte ihm gezeigt, wo seine Grenzen waren. Diese würde er lernen müssen einzuhalten. Gut, vielleicht war das, was ich wegen Timo gesagt hatte, wirklich etwas zu hart gewesen. Aber es stimmte – die Beiden heizten die Gerüchte der Fans doch wirklich ein! So etwas kotzte mich an. Alleine die Vorstellung mein David küsste jemand anderen – und dazu noch einen Mann – bereitete mir Übelkeit. Ich fand sie schrecklich und verstand nicht, wie man darüber Geschichten verfassen konnte – aber ich konnte auch nicht diese lesen, wo er eine Andere als mich bekam. Gab es etwas Schlimmeres als Eifersucht, so wollte ich dieses Gefühl niemals haben. Ich seufzte und rollte mich von meinem Bett herunter, auf dem ich bis gerade eben gelegen hatte. Vielleicht sollte ich mich ablenken. Im Moment in seine Nähe zu kommen war zu gefährlich. Doch wie? Vielleicht stand wieder mal irgendwas an wofür man Klamotten haben musste. Ich grinste, als ich mich daran machte, meine alten ‚Freunde‘ wieder mal anzurufen – wie viel mochte ich verpasst haben?
 

Manchmal gab es Momente, in denen wollte man am Liebsten schreiend wegrennen und sich in einer stillen, dunklen und kleinen Ecke verkriechen. Und dann gab es diesen Engel, der dort einem die Hand reichte und einen wieder hoch zog. Und dann traf man eine Entscheidung.
 

Als der Gitarrist seinen besten Freund fand, hatte sich dieser stumm auf die Treppe gesetzt. David bemerkte die Tränen, die seine Wangen herunter liefen, doch er sagte nichts. Den einen Arm legte er um die Schultern, den anderen um ihn herum, sodass er ihn umarmte. Timo lehnte sich an ihn, sagte jedoch nichts. Wie lange sie so da saßen und ab wann Timo anfing ihn zu halten, weil der Jüngere anfing zu weinen, aus Angst und Furcht, wusste keiner von Beiden. Wann die Anderen der Band gegangen waren hatten sie auch nicht mitbekommen. Es war mitten in der Nacht, als das erste Mal einer von beiden etwas sagte. „Ich werde sie vergessen, David. Ich muss es tun.“ Irritiert sah der Angesprochene ihn an. „Wen?“ Der Rapper lachte auf. „Wessen Foto lag bei dem Brief dabei?“ „Oh..“ Es folgten wieder Minuten der Stille. „Kannst du sie denn vergessen?“ Der Ältere zuckte mit den Schultern. „Es geht nicht darum, ob ich kann oder nicht. Ich muss es tun. Anders kann ich sie nicht schützen.“ „Dir ist schon klar, dass du dir damit wohl dein komplettes Leben verbaust und vielleicht nie wirklich glücklich wirst? Sie sieht nicht wie die Frau aus, die wartet.“ „Ja ich weiß, aber weißt du einen anderen Weg?“ Der Gitarrist schwieg. Nein, er wusste auch keine Lösung. „Warum musst du nun den Märtyrer spielen, Timo? Es geht hier doch um mich!“ „Und gerade deswegen muss ich es tun. Es war klar, dass die Verrückte mich angreifen wird, wenn sie nicht das bekommt, was sie will – ich will nicht, dass sie.“ Der Blick glitt auf das Foto, was er immer bei sich trug. „Auch dort hineingezogen wird – ohne zu wissen warum. Vielleicht opfere ich meine Zukunft, wie du sagst. Aber ich rette ihre. Wenn du an meiner Stelle wärst, was würdest du tun?“ David grinste. „Wohl dasselbe. Aber trotzdem – wenn es sich irgendwie vermeiden lässt.“ „Es lässt sich aber nicht vermeiden, David. Ich habe sie getroffen, diese Entscheidung. Und ich werde sie durchziehen. Lieber sehe ich sie glücklich mit einem Anderen, anstatt unglücklich mit dem Wissen, dass es meine Schuld ist und ich es aber hätte verhindern können.“ „Und wenn sie keinen anderen findet?“ „Dann hoffe ich, dass, sobald diese Sache vorbei ist, ich ihr alles erklären kann.“ „Dafür bist du doch viel zu schüchtern.“ „Ich weiß. Aber erstmal ist mir das egal. Erstmal müssen wir diese Verrückte loswerden. Sonst kann ich nachts nicht mehr schlafen, aus lauter Sorge um dich.“ „Sagt der, der Bedroht wird, zu dem, bei dem sie sich entschuldigt hat.“ „Aber mal ehrlich David, diese Person ist einfach nur krank. Ich meine sie denkt wohl, dass du sie liebst, heiraten willst und was weiß ich noch.“ „Ich weiß Timo. Aber was soll ich machen? Ich denke wir warten erstmal ab und besprechen es noch mal in Ruhe. Also morgen. Mit allen, auch unseren Eltern, was wir machen, okay? Und du schläfst heute Nacht bei mir. Ist sicherer.“
 

Manchmal gibt es Momente, in denen musst du dich entscheiden. Zwischen deinem Egoismus und zwischen deinem Wunsch, andere zu beschützen. Je nachdem wie du wählst, verletzt du oder rettest du. Und je nachdem wie du wählst, zeigst du, was für ein Mensch du bist. Wer du bist.

Myrja - der Zeitpunkt ist niemals gut

Ich war nervös, wie bei einem Date, als ich abends vor der Disko stand. Meine ‚Freunde‘ hatte ich überreden können hier feiern zu gehen, mit dem Wissen, dass David auch öfters hier war. Sie hielten nicht viel von ihm, aber sie schwiegen darüber. So, wie man darüber eben schweigen konnte. Natürlich lästerten sie, er habe kein Geld und sei nicht hübsch – aber wollte man das von einem Mann? War nicht die Liebe wichtiger als Reichtum und Aussehen? Es war mir egal, was sie über ihn sagten, solange sie es für sich behielten und er es nicht erfuhr, war mir alles egal. Sie sollten stillschweigen darüber bewahren wer ich war – denn ich wollte sehen, wie er mit anderen Frauen umging. Natürlich musste ich dazu so verborgen sein, dass er mich nicht bemerkte, sonst könnte ich nur das Spiel sehen, was er mir vorspielte. Aber ich wusste, dass er mich niemals betrügen würde. Außerdem würde Timo auf ihn aufpassen. Dachte ich zumindest noch, als ich in den stickigen Raum hineinging.

Als ich heraus kam war ich wütend – nicht nur, dass David nicht da war, nein man hatte es auch gewagt mich anzumachen. Die eigentliche Krönung aber war, dass Timo – Timo! – mit einer ihm wildfremden Frau herum gemacht hatte. Dabei war ich mir 100 % sicher gewesen, dass er sich in die Eine verliebt hatte. Hatte er sie so schnell aufgegeben? Oder war das seine Reaktion, darauf, dass ich ihm gedroht hatte? War das seine Art zu sagen, dass er sich nicht unter kriegen ließ? Wenn, dann war er erbärmlich. Jemand hielt mich am Arm fest ich drehte mich um. Und dann blieben mir die bösen Worte, die ich sagen wollte, im Hals stecken. David. Wieso war er hier? „Sorry, hab dich wohl verwechselt.“ Er ließ mich los und drehte sich um. Ein Teil von mir wollte ihm nachrennen und ihn aufhalten. Der andere sagte mir, dass er mich ärgern wollte und ich ihn mit seinen eigenen Mitteln schlagen sollte – indem ich mich spielte. Ich drehte mich um und ging nach Hause. Herausforderungen muss man annehmen!
 

~~~Davids Sicht~~~
 

Es war ein Experiment, was ich machen wollte. Eine wahnwitzige Idee, die mir vielleicht helfen konnte, damit Timo nicht so leiden musste. Doch, war es das Richtige? Ich fühlte mich so dumm und so schäbig, als ich die ganzen Frauen antippte, und ihnen immer und immer wieder sagte, dass ich sie verwechselt hatte. Bei keiner fiel mir etwas auf, ob sie sich irgendwie merkwürdig oder auffällig verhielt. Aber mein Kopf war so wie so nicht bereit dazu, irgendetwas aufzunehmen. Natürlich blieben mir ein paar Gesichter in Erinnerung, aber mehr schemenhaft, als das ich diese wirklich sah. Dass Jan und Juri für mich mit beobachteten und Frank sich um Timo kümmerte, hatte ich vollkommen verdrängt, als ich mich auf eine Bank fallen ließ. Die Sterne funkelten und ich freute mich, dass man sie hier sehen konnte. Ich beobachtete sie. Könnte doch nur ein Stern einen Wunsch erfüllen, dann würde ich mir Wünschen, dass dieses Mädchen aufhört und das wir alle wieder normal leben können. Alle. Aber was war schon Wunschdenken. Ich schüttelte den Kopf und seufzte. Es machte mir Angst, dass dort draußen jemand war, der meine Nummer hatte und meinem besten Freund ernsthaft drohte. Jemand, der dachte, dass ich sie lleben würde. Waren Menschen oder Mädchen wirklich so beschränkt? Gab es denn nichts außer Hoffnung und falsche Gefühle? Warum klammerten sie sich in einem bestimmen Alter an ‚Stars‘? Ich war doch auch nur ein Mensch, mit Gefühlen. Der Angst hatte, der lieben wollte, der Leben wollte – ohne die Furcht jemandem weh zu tun, ohne es zu wissen. Ich schloss meine Augen. Aber wir hatten uns dieses Leben ausgesucht – hatten wir das? Wussten wir in unserem jugendlichen Leichtsinn überhaupt, was wir taten? Was wir da genau mit unserer Zukunft und unseren Leben machten? Hatten wir es weggeworfen? Oder hatten wir sinnvolle Erfahrung gesammelt? „Ist dir nicht kalt?“ Ich schaute auf. Eine junge Frau hatte neben mir Platz genommen – hatte ich sie eben angesprochen? Ich wusste es nicht mehr. Ich wusste gar nichts. „Nein.“ Ich log in diesem Moment nicht, denn die Kälte, die sie meinte, spürte ich schon längst nicht mehr. Ich war schon erfroren. Ihr besorgter Blick traf meinen. „Ich denke du erkältest dich noch, und ob das so gut wäre ist fraglich.“ Sie legte den Kopf leicht schief und lächelte mich unsicher an. Ich lächelte zurück. „Wie heißt du?“ „Myrja.“ Ich streckte ihr die Hand aus. „Angenehm, ich bin David.“ Vielleicht war es nicht der beste Zeitpunkt um eine Frau kennen zu lernen, aber in diesem Moment hätte ich alles vergessen. Ihre Augen hatten mich gefangen. Augen, diese funkelten, wie die Sterne, die ich so bewundert hatte.
 

Es gab Dinge im Leben, denen sollte man nicht trauen. Es gab Schafe im Wolfspelz ebenso wie es Wölfe im Schafspelz gab – jedoch unterschieden sie sich gewaltig. Die einen waren harmlos und wollten sich nur verstecken, die anderen waren gefährlich und wollten töten. Dennoch ging es bei beiden nur ums überleben. Nun stellt sich die Frage – wer hat mehr recht zu leben? Das Schaf, dass friedlich auf der Weide frisst, oder der Wolf, der das Schaf reißt. Die Antwort ist einfach – beide. Denn ohne sie wäre das Gleichgewicht nicht ausgeglichen. Und ein unausgeglichenes Gleichgewicht kippt zu einer Seite über und dann ist etwas zu viel da und das im Nachteil wird entweder komplett zerstört oder wehrt sich so heftig, das alles zerstört wird. Wer will schon in einer eintönigen Welt leben?

Der Sinn der Liebe

Es beginnt einfach so, ohne dass man es glauben mag. Ohne, dass man es merkt, ohne dass man es will. Es passiert einfach. Man kann es nicht verhindern – aber man kann es ignorieren. Wenn man das kann ist man praktisch schon Tod, denn der Schmerz wird größer, er wächst und gedeiht unter einem Mantel der Verdrängung. Und eines Tages ist er so groß, dass er diesen Mantel durchstoßt und hervor prescht. Dann stirbt man fast wirklich. Bis man einen neuen, stärkeren Mantel weben kann und dieser den Schmerz bändigt. Oder man lässt den Schmerz zu, erträgt ihn und setzt sich damit auseinander. Man nimmt sich der Liebe an und akzeptiert sie – und vielleicht bekommt man ein zartes Pflänzchen der Vernunft und der Zukunft, das man sorgsam hegen und pflegen muss– unter einem Mantel der Zuneigung und der Vorsicht. Irgendwann wird auch dieses Pflänzchen nicht mehr zu verbergen sein,aber diesen Mantel nimmt man meistens vorsichtig selber weg. Das alles kann in einem Augenblick angestoßen werden, wie so vieles. In jedem Augenblick entscheiden wir, immer denken wir und immer Hoffen und Bangen wir. Es gibt noch so viele ‚immer‘s, dass man Jahre bräuchte um sie aufzuzählen. Doch wer denkt daran?
 

Liebe kommt nicht ohne Sinn, denkt man. Sie muss einen Sinn haben, sonst wäre sie nicht da – oder? Diese Gedanken waren in dem Kopf des Gitarristen festgesetzt, als er in seinem Bett lag und durch das Fenster erneut die Sterne betrachtete. Er bekam ihre Augen nicht mehr aus dem Kopf, doch er wusste, dass er sie vergessen musste. Ihr Lächeln hatte ihn auf eine Art und Weise beeindruckt, die er nicht beschreiben konnte. Wenn sie nicht in Linke verliebt wäre, hätte er sich sogar noch eine kleine Chance bei ihr ausgerechnet, aber so war das Leben - ungerecht. Seufzend drehte er sich zur Seite und starrte die Wand an. Es war zum Kotzen. Timo wusste wenigstens, dass sein Interesse stark erwidert wurde – und er hatte direkt eine Abfuhr bekommen, als sie ihm erzählte, dass sie Linke mochte. Sie kannten sich wohl schon länger und David meinte, sich dunkel daran zu erinnern, dass Linke ihm vor ein paar Wochen total begeistert von einer jungen Frau mit außergewöhnlichem Namen erzählt hatte. Er umarmte sein Kissen. Wenigstens konnte der Bassist glücklich werden. Sein Kissen war weich und langsam spürte er, wie ihm die Augen zufielen. Bis ihn das Klingeln seines alten Handys aufschrecken ließ. Nicht schon wieder diese verrückte. Unbekannt – Nummer unterdrückt. Wenn er nicht abnahm, könnte es sein, dass sie Timo oder jemand anderem, der ihm wichtig war, weh tat. Wenn er abnahm konnte er sie genauso verärgern. Er drückte auf den grünen Hörer. „Ja?“ „Hallo, Daviliein“ Er verzog das Gesicht – diesen Spitznamen würde er niemals zulassen. „Bitte nur David.“ „Warum Schatz?“ „Weil ich ihn nicht mag.“ „Warum hast du das gemacht? Das eben.“ „Was eben?“ Sie schnaubte am anderen Ende der Leitung. „Erstmal hast du viele Frauen angesprochen, mich eingeschlossen und dann immer wieder verwechselt? Ich bitte dich. Ist dein Gedächtnis so kaputt?“ „Nein. Meinem Gedächtnis geht es super.“ Sie lachte hohl auf. „Interessante Sichtweise, Geliebter.“ David hatte das Gefühl sich gleich übergeben zu müssen, aber er ignorierte es. Jeden Hinweis, den sie ihm geben konnte, half dabei, sie unschädlich zu machen. „Ich habe dich mit dieser Frau reden sehen – wer war sie?“ „Eine Freundin von einem Freund.“ „Aha. Also nicht Linkes Fast-Freundin? Dann muss ich mich wohl versehen haben, ansonsten, hätte ich dafür gesorgt, dass Linke ihr kleines…Geheimnis erfährt.“ „Welches Geheimnis soll die Freundin von Linke denn haben?“ „Fast-Freundin. Du solltest genauer zuhören. Nun, was bekomme ich dafür, wenn ich‘s dir sage?“ „Was möchtest du haben?“ Stille. David wusste, dass er sehr hoch pokerte. Wirklich hoch. Aber vielleicht konnte ihm das helfen. „Linkes Fast-Freundin ist schon Mutter. Ihr Sohn ist 4 und ihre Tochter 2. Der Vater beider Kinder sitzt im Gefängnis. Und mit sowas will Linke sich einlassen? Du solltest ihn vielleicht warnen, andererseits – ihn ins Unglück rennen zu sehen ist bestimmt auch sehr amüsant.“ Mühsam konnte sich David zurückhalten. Wenn er jetzt etwas Unüberlegtes tat oder sagte, konnte er nicht einschätzen, was sie machen würde. „Nun denn, schlaf schön – wir sehen uns dann ja, mein Engel.“
 

Ich hauchte die letzten Worte ehe ich auflegte. Ich wusste, dass er mich bisher geärgert hatte – aber er hatte dazu gelernt. Die nächste Lektion werden die Spitznamen sein. Ich lächelte und legte mich in mein Bett. Es war schön zu wissen, dass er wusste, wer ich war. Also es nun endlich zu spüren und das ich ihn nebenbei über Linkes Fast-Freundin aufgeklärt hatte, war noch ein zusätzlicher Triumph, da er nichts dagegen gesagt hatte – zeigte das nicht, wie sehr er mich liebte und verstand, dass ich nur sein Bestes wollte?
 

Irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo dich das Leben ins kalte Wasser schmeißt und du plötzlich vieles begreifst, was du vorher als selbstverständlich angenommen hast. Du wirst in diesem Moment erwachsen und siehst wie kindlich und unwissend du warst. Wie dumm du warst und wie lächerlich dein Auftreten war, womit du dich ja so erwachsen gefühlt hast. Du denkst über Dinge nach, die dir vorher egal waren und willst darüber reden. Du tust es und verstehst nicht, warum andere noch nicht zu der Erkenntnis gekommen sind, die du auf einmal hattest. Es passiert einfach – ob es sich nun langsam entwickelt, oder einfach über Nacht da war, das ist egal. Du weißt es sowieso nicht mehr. Denkst du, du kannst mit dem Wissen leben, wenn du das Leben verstehst? Deinen Sinn dahinter? Das Leben besteht nur aus Sex – und Fortpflanzung. Simpel gesagt – doch eigentlich aus so viel mehr. Vielleicht ist das Leben nur eine Art Zwischenstation – oder es ist einfach nur sinnlos. Es nützt nichts darüber nachzudenken – wichtig ist, dass man lebt. Nicht ob es einen Sinn hat.

Liebe - das Mittel der Natur um die Menschen zu quälen

Manchmal muss man etwas tun, wofür man sich verabscheut. Man tut es, weil es richtig ist und weil es einem helfen kann. Aber ist diese Sache, die man tut, dann gut oder schlecht? Kann man sie dann vertreten, wo man sie doch verabscheut? Kann man wirklich so über seinen Schatten springen? Oder gibt es sowas nur im Märchen, wo alles immer gut endet?
 

Nervös fuhr er sich durch die Haare. Es war ja nicht so, dass es ihm etwas ausmachte, dass Myrja ihn nicht wollte. Er lächelte bitter. Natürlich machte es ihm etwas aus. Aber Linke war nun mal sein Freund. Ein guter Freund. Und vielleicht erhoffte sich der Gitarrist irgendwie, dass Linke sie vergessen würde. Er schloss die Augen und wünschte sich, dass er den Donner hören konnte, doch die Vögel zwitscherten und die Sonne lächelte ihm zu. Es war zum Kotzen. Nicht mal das Wetter passte sich seiner Stimmung an. David klingelte und atmete noch einmal tief ein. Dann wurde ihm die Türe geöffnet.
 

Als er in Linkes Zimmer ankam, saß dieser auf dem Bett und summte vor sich hin. Er schien glücklich und es schmerzte dem Gitarristen, dass nicht er an seiner Stelle war. Er wusste es bestimmt nicht zu schätzen. Er wusste es bestimmt zu schätzen, verbesserte er sich schnell. Ein fast lautloser Seufzer kam über seine Lippen, als er sich neben den Älteren setzt. „Was ist los David? Worüber willst du reden?“ „Myrja. Ich habe sie getroffen. Gestern Abend.“ Der Bassist lächelte. „Und?“ „Ich hab gehört sie ist deine Freundin?“ „Verliebt?“ „Verknallt. Sorry.“ „Das muss dir nicht leid tun – für Liebe kann man nichts. Es passiert einfach.“ „Ich weiß, aber.“ David brach ab und schaute weg. „Kein aber, David. Es ist wie es ist. Soll ich dir nun den Kopf abreißen?“ „Nein. Ich wollte nur, dass du es weißt. Und da die Stalkerin wieder angerufen hat. Sie hat mich mir ihr gesehen.“ „Und? Wann will sie Myrja umbringen?“ „Sie weiß, dass sie deine Freundin ist. Aber sie klang eifersüchtig. Ich finde das krank. Und sie hat erzählt, dass Myrja schon Kinder hat. Wie alt ist sie denn? 25?“ Neben ihm lachte der Ältere auf. „Sie ist etwas jünger als du, David und ja, sie hat schon Kinder. Allerdings ist die Geschichte nicht schön. Willst du sie wissen?“ „Es ist deine Freundin.“ „Aber du bist neugierig. Um es kurz zu sagen, die Väter der Kinder sitzen im Gefängnis, wegen Vergewaltigung und Freiheitsberaubung. Es sind Cousins. Ja, David. Sie wurde zweimal vergewaltigt und schwanger. Und ja, sie behielt die Kinder und erzieht sie nun. Nach dem ersten Mal erstattete sie Anzeige und der Täter konnte schnell gefasst werden. Sein Cousin schwörte Rache und ein knappes Jahr später fand er sie. Die Kinder sind süss, Leon ist nun 3 und Martina wird bald 2.“ „Wieso hat Sie sie behalten? Ich als Frau hätte sie wohl abgetrieben.“ Der Ältere lächelte. „Sie sind auch ein Teil von ihr, David. Könntest du einen Teil von dir so einfach töten. Ja, sie sind nicht gewollt gewesen, aber sie liebt sie. Und sie ist ehrlich zu ihren Kindern. Sie hat ihnen gesagt, dass ihre Väter im Gefängnis sind, weil sie ihr weh getan haben. Beide wissen, dass sie dadurch erst da sind, aber dennoch haben sie eine Abneigung gegen Männer. Mir gegenüber sind sie auch misstrauisch.“ „Sie akzeptieren dich nicht als ihren Freund und Ersatzvater?“ „Wer hat dir eigentlich erzählt, dass ich mit ihr zusammen bin?“ David schwieg. „Lass mich raten, David. Du hast es angenommen?“ „Naja….ja.“ „Interessant, denn die Tatsache, das ich mit ihr zusammen bin, war mir nämlich neu.“ „Du bist aber fast mit ihr zusammen.“ „Wenn du das sagst.“ „Moar. Ich geh wieder zu mir.“ Der Jüngere stand auf und ging zur Tür. „Wenn die Verrückte wieder anruft, sage ihr besser, dass ich mit Myrja zusammen bin. So kannst du sie am besten beschützen, wenn sie dir so wichtig ist.“ Die Türe fiel ins Schloss. Manchmal hasste David sein Leben wirklich.
 

Es hatte nicht zu regnen begonnen, als ich ihn aus Linkes Haus kommen sah. Er sah traurig aus und ich lächelte. Er war schön : Schöner als ich ihn von gestern Abend in Erinnerung hatte. Ich war zwar noch sauer auf ihn, weil er immer noch mit mir spielte und mich ärgerte, aber ich liebte ihn. Und meine Liebe war etwas besonders. Ich kannte ihn - ohne ihn je kennengelernt zu haben. Das war doch eine tolle Liebe. Oder? War es nicht schön zu wissen, dass da ein Mensch war, ein Mensch ist, der einen nicht kennt - aber einen kennt? So kompliziert sie doch war, so leidenschaftlich war sie auch. Meine Liebe. Ich wusste, dass David mich liebte und dass er zärtlich sein konnte. Das er zärtlich war. Er liebte Kinder und würde auch bestimmt in Elternzeit gehen. Manchmal fragte ich mich, was ich wohl getan hätte, hätte ich ihn nicht kennengelernt. Nun gut, kennengelernt war vielleicht der falsche Ausdruck. Aber ich wusste, dass er es war. War das komisch? Immerhin die anderen weiblichen Fans von ihm, himmelten ihn an. Aber dass sie gegen mich keine Chance hatten, wussten sie. Oder sie würden es noch wissen. Mir war es egal.
 

Liebe ist etwas Komisches. Es sind eigentlich nur Botenstofffe und chemische Reaktionen - und doch bezeichnen wir es als Gefühl. Alle unsere Gefühle sind das, was Liebe ist. Wir glauben, dass in unserer Seele, die Gefühle sind. Wir suchen nach ihr, um etwas über uns zu erfahren - gibt es so was wie eine Seele? Oder ist nicht der ganze Körper eine Seele? Sitzt sie, wie viele glauben, in unserer Brust? Ist sie im Gehirn? Was ist eine Seele überhaupt? Welcher Gegenstand? Hat sie eine Form?! Oder eine Farbe?

Meine Seele, ich wie Neben in einem hellen Rose gehalten.???? Sie ist weich und zärtlich und sie ist tief und doch kann sie nicht wachsen und nicht schrumpfen. Aber sie kann sich ausdehnen und zusammenziehen. In ihr gibt es viele Räume, mit Schubladen und Dinge, die mir wichtig sind. Jede Seele ist unterschiedlich. Jede Seele ist wertvoll - warum verletzten wir einander an unserem kostbarem so sehr?

Manchmal, aber nur Manchmal...

Es gibt Dinge, die wusste man, verdrängte sie aber. Lange, lange konnte man das, bis sie sich unweigerlich wieder in das Bewusstsein drängten. Durch ein Ereignis, durch eine Situation oder auch durch ein Foto, das einem zeigen kann, wer man wirklich ist.
 

Ich weiß nicht mehr genau, wie alt ich war, als ich meinen Eltern weggenommen wurde. Die ersten Zeit, an die ich mich erinnern konnte ist die, in der ich bei meinen Adoptiveltern war. Ich erinnerte mich nur Vage an das Kinderheim, in dem ich gewesen war. Lange war es nicht und somit sind die Erinnerungen eher verschwommen und fantasiereich, als Wirklichkeit. Warum ich dort gelandet war und ob ich direkt von meinen Eltern dahin kam, wusste ich nicht. Ich wollte es nie wissen. Nie hatte ich mich für meine Vergangenheit, meine Abstammung, interessiert. Wer mich weggibt, der hat mich nicht verdient, dachte ich immer. Doch, ob dies so gewesen war, hatte ich nie hinterfragt. Meine Mutter redete auch nicht mit mir darüber. Mein Vater ebenso wenig. Sie waren viel mit ihrer Arbeit beschäftigt und ich wuchs praktisch mit ihrem Sohn, meinem Bruder auf, der nur ein bisschen jünger war als ich. Er starb als ich 9 wurde bei einem Unfall. Ich hatte ihn wie einen eigenen Bruder geliebt und wünschte ihn mir zurück. Doch er kam nicht. Er würde nie wieder kommen, aber das begriff ich erst wirklich, viel, viel später. Meinen Eltern tat es noch mehr weh als mir. Ich konnte kein Ersatz für ihn sein. Ich wollte kein Ersatz für ihn sein. Ich war kein Ersatz für ihn. Und doch wusste ich, dass sie mich liebten, meine Adoptiveltern. Ich brauchte nicht zu wissen, wer meine genetischen Eltern waren. Ich hatte Angst davor. Aber dann passierte das, was passieren musste. Mir fielen meine Adoptionspapiere in die Hände. Ich weiß nicht genau, wie lange ich sie angestarrt hatte, aber ich war neugierig geworden. Keine Namen standen dort, nur Kontaktdaten. Ich hatte mich nicht durchringen können eine E-Mail hinzuschreiben, bis ich David kennen gelernt hatte. Nach und nach bekam ich mehr Mut und dann, zwei Tage nach der Disko, schrieb ich hin. Natürlich hatte ich Angst davor, was rauskommen konnte. Aber ich wollte es wissen. David wusste wer seine Eltern waren. Und ich beneidete ihn darum.
 

Der Gitarrist lag auf seinem Bett. Er schlief. Vielleicht träumte er, vielleicht schlief er aber auch traumlos. Vielleicht war es gut, dass er schlief, weil ihm sonst der Schmerz das Herz zerrissen hätte und die Tränen versiegen würden, weil er ausgetrocknet war. Liebeskummer ist etwas, was keiner jemandem wünscht. Was er, wenn er träumen sollte träumte, war nicht von belang. Wichtig war, dass er sich ausruhte, da er, sobald er Zuhause gewesen war, sofort seinen Gefühlen freien Lauf gelassen hatte. Seine Eltern hatten verwundert geguckt und waren besorgt gewesen. Doch er hatte sie nicht an sich rangelassen und abgeblockt. Dann war er weinend in sein Zimmer gegangen und hatte sich auf sein Bett geschmissen. Alle Anstrengungen, alle Ängste waren über ihn herein gebrochen. Er hätte in diesem Moment alles dafür gegeben, dass er niemals existiert hätte. Dann hätte er Myrja niemals getroffen. Die Verrückte hätte Timo niemals bedroht. Linke wäre glücklicher. Alle wären glücklicher. Mit diesen Gedanken, dem Teufelskreis, war er schließlich total erschöpft eingeschlafen. Keinem hatte er bescheid gesagt. Timo hatte schon genug eigene Probleme. Jan wollte er nicht mit reinziehen. Keinen wollte er mit reinziehen. Inzwischen zuckte er beim Telefonklingeln zusammen. Er sah sich auf der Straße um. War er nun paranoid? Oder hatte er einfach Angst, dass etwas Schreckliches passieren könnte. Dennoch wollte er nicht die Polizei einschalten. Obwohl der Spuk dann wohl relativ schnell beendet wäre. Aber etwas hielt ihn davon ab. Und so schlief David auf dem Bett ein.
 

Es ist schon hart, wenn man nicht weiß, wie man Gefühle ausdrücken soll. Man versteht es nicht und will es tun, aber kein Wort kommt über die Lippen und kein Finger krümmt sich um es aufzuschreiben. Es ist hart, wenn man nicht weiß, wie man etwas ausdrücken soll. Man fühlt sich fast ohnmächtig und würde am liebsten alles herausschreiben, weinen und lachen zu gleich. Doch man bleibt stumm und zeigt keine Mienenveränderung. Man ist gefangen in einer Welt, in der man nicht zeigen darf, was man fühlt, weil man sonst schwach ist und nicht mehr gut.
 

Als Timo seinen besten Freund schlafend vorfand, musste er lächeln. So wie David da schlief, sah er entspannt aus, als ob es keine Probleme gäbe. Als ob es keine Verrückte gäbe, die ihm Angst machte. Der Ältere setzte sich aufs Bett. Er stütze die Arme auf die Beine und beobachtete das Gesicht des Schlafenden. Wirklich, so friedlich hatte er ihn lange nicht mehr gesehen. Der Rapper seufzte. Er wusste, dass der Jüngere Angst hatte. Immer wenn das Telefon klingelte, zuckte David kaum merklich zusammen. Immer, wenn jemand plötzlich hinter ihm auftauchte, war da für einen kurzen Moment eine Panik im Gesicht des Gitarristen, die er niemals haben sollte. Es zerrte mehr an den Nerven aller, besonders an Davids, als alle zugeben wollten. Er strich ihm durchs Haar und der Jüngere grummelte etwas und drehte sich auf die andere Seite. Timo lächelte. Dann klingelte Davids Handy. Schnell nahm er es vom Nachttisch und ging dran, ohne zu sehen, wer es war. Es war gang und gäbe, dass sie ab und zu an das Handy des Anderen gingen. „Bei David?“ „Hallo Timo. Ich möchte, dass du David bitte in Ruhe schlafen lässt. Du beschmutzt die schönen Bilder.“ Innerlich stöhnte er auf. Die verrückte. „Bilder?“ Sie schnaubte am anderen Ende der Leitung. „Bleibe heute einfach erstmal zu Hause. Leg sein Handy wieder zu ihm und verschwinde. Ich habe dich schon viel zu lange in seiner Nähe toleriert. Außerdem – was war das in der Disko? Betrügst du so einfach die, die du liebst?“ „Ich..“ Sie unterbrach ihn. „Ich würde an deiner Stelle wirklich aufpassen, Timo. Ich kann dir mehr weh tun, als du glaubst. Und nun geh!“ „Was habe ich dir getan?“ Timo war angesäuert, beherrschte sich aber gerade noch um nicht zu schreien. Zum einen um David nicht zu wecken und zum anderen um ihn nicht zu gefährden. „Du? Nichts – außer dass du die Zeit von David stiehlst, ihm falsche Sachen einredest und erbärmlich bist. Die Liste ist lang. Keinen schönen Tag noch, Wetterfee.“ Ein Tuten ließ ihn erstarren. Aufgelegt. „Wetterfee?"

Die Erinnerung. Ich halt sie fest

Manchmal, fragt man sich, zu was Menschen alles in der Lage sind. Wenn sie normal sind. Wenn sie emotional sind. Oder wenn sie am Sterben sind. Zu etwas Außergewöhnlichem sagt man. Aber was ist gewöhnlich, wenn man in diesem Zustand ist, wo man etwas Außergewöhnliches macht?
 

‚Es gibt Tage da ist es schlimmer und es gibt Tage, da geht es besser...heute ist einer der schlimmeren Tage.‘ Immer wieder schossen dem Rapper diese Worte durch den Kopf, als er alleine Zuhause auf seinem Bett lag. David hatte er eine SMS geschrieben, mit dem, was vorgefallen war. Mit der Verrückten. Sie hatte ihm Angst gemacht. Nein, sie machte ihm immer noch Angst. Warum war sie so? Er hatte noch nie seine Fans verstanden, wenn sie kreischend in der ersten Reihe gewesen waren und ihn heulend anschrieen. Klar war er dann auf der Bühne und er war auch nur ein Mann. Es war geil, aber er fand es beängstigend. Irgendwann, nachdem sie bekannter gewesen waren, hatte er angefangen Groupies mit auf sein Zimmer zu nehmen. Er war jünger gewesen und hatte seinen Spaß haben wollen. Dann trat sie in sein Leben. Und er hatte aufgehört. War so weit erwachsen geworden, dass er über Kinder und Familie nachgedacht hatte. Timo hatte erkannt wie er gewesen war und ihm hatten die Mädchen leid getan. Alle hatten ihm Leid getan. Die Zweifel, die er unterdrückt hatte, waren alle wieder da gewesen. Was war an ihm so toll? Warum wollten ihn so viele haben? Wieso brachen sie vor Glück in Tränen aus, wenn er sie anguckte und lächelte. Wann hatte er angefangen eine Maske zu tragen, wenn es um seinen Beruf ging? Wollte er das überhaupt noch? War es nicht offensichtlich, dass er nicht mehr konnte? Immer öfters in der letzten Zeit waren ihm diese Gedanken gekommen. Immer häufiger hatte er geraucht und sich danach dafür geschämt. Wenn er nun schon rauchte, wann kam der Alkohol? Wann die Drogen? Timo wusste, dass wenn er nicht bald etwas tun würde – egal was – würde er etwas tun, was er später bereuen würde. Passten Drogen zu einem harten Rapper? Zu dem, was er nicht war? Was genau war ein ‚harter‘ Rapper? Er jedenfalls nicht. Wenn er in den Spiegel sah, sah er einen jungen Mann, der älter aussah, als er war. Der verzweifelt war und der nicht mehr konnte. Sahen seine Fans das nicht? Seine Freunde und seine Familie hatten ihn schon mehrmals darauf angesprochen und immer wieder hatte er gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen sollten. Doch, sie taten es, wie jeder, dem eine Person wichtig ist. Warum sollten sie sich um ihn keine Sorgen machen? Er machte sich ja auch Sorgen um David. Natürlich. David war wie ein Teil seiner Familie. Er war ein Teil seiner Familie, wenn sie auf Tour waren. Wie ein Bruder? Vielleicht eher wie ein Vater. Oder ein Onkel. Timo grinste in sich hinein, bei der Vorstellung, wie David gucken würde, wenn er ihm sagen würde, dass er wie ein Onkel für ihn war. Der Gitarrist würde ihn vermutlich für endgültig durchgeknallt halten. Aber er würde ihn genauso lieb haben.
 

„Mama, Mama, Onkel Chris ist wieder da“ Mama, Mama!“ Ein kleiner Junge lief aufgeregt in die Küche, in der seine Mutter konzentriert vor dem Herd stand und kochte. „Hallo Myrja. Wie geht es dir?“ Sie drehte sich um. „Gut. Dir? Bist du gekommen um mir zu verraten, was das sollte?“ Er lächelte und ihr Sohn forderte wieder seine Aufmerksamkeit. Er hob ihn hoch. „Ich weiß nicht was du meinst.“ Sie schnaubte. „Natürlich weißt du nicht, was ich meine. Ist ja auch schon total lange her!“ „Myrja, jetzt sei nicht sauer. Ich kann es dir eben nicht sagen. Du könntest in Gefahr geraten und deine Kinder auch.“ Sie warf dem Bassisten einen vernichtenden Blick zu. Er überging ihn und spielte mit ihrem Sohn. „Ich hasse dich dafür, dass du mich mitgenommen hast, Linke.“ Sie deckte den Tisch. Auch für ihn. „So, so, du bist also noch total sauer. Ist was passiert, was ich nicht weiß? Was dich so aufregt?“ Sie schwieg und deckte den Tisch weiter. Er lächelte viel sagend. „Zum Beispiel, etwas mit einem jungen Mann, längere schwarze Haare, graue Augen?“ „Blaue Augen. Aber nichts, was dich anginge.“ „Willst du nicht wissen, woher ich das weiß“ „Nein.“ „Okay dann nicht.“ Sie fingen an zu essen. „Okay, sag's mir.“ „Wieso sollte ich, Myrja?“ „Du willst es doch offensichtlich loswerden?“ „Und du willst es offensichtlich unbedingt wissen – neugierig?“ Ihre Augen funkelten. „Sag es Christan Linke oder du bist so gut wie tot.“ Der Bassist lachte. „Ich weiß es von David. Oder zumindest weiß ich, dass er dich kennt und dass du ihm wohl den Kopf verdreht hast. Amüsanterweise denkt er, du würdest was von mir wollen. Und er weiß auch bescheid wegen deinen Kindern.“ „Wie viel weiß er.“ „Die Wahrheit. Also, willst du mir nicht erzählen, was vorgefallen ist?“ „Nur, wenn du mir erzählst, was das ganze eigentlich soll.“ Er seufzte auf. „Nur, wenn du mir versprichst dich nicht einzumischen. Du hast schon genug Probleme.“ Ihre Kinder hatten fertig gegessen und Myrja schickte sie zum spielen ins Wohnzimmer. Sicher war sicher. „Versprochen. Nun erzähl endlich.“ „Also, David ist ein guter Freund von mir. Ich kenne ihn schon ziemlich lange. Du weißt ja, dass ich Bassist in einer Band bin und er ist halt der Gitarrist. Der, wo du meintest, der könnte ja noch mal was üben.“ Sie errötete. Der Ältere fuhr fort. „Nun seit einiger Zeit wird er belästigt. Von einer Verrückten.“ „Einer Stalkerin?“ „So könnte man sie auch nennen. Sie hat Timo gedroht, ruft auf seinem Handy an und denkt, dass er sie liebt. Das ist übelst krank. Naja wir wissen bisher nicht sehr viel, außer, dass sie hier in der Nähe wohnen muss und dass sie wohl in dem Alter deiner Schwester ist. Vielleicht kennen sie sich sogar. Ich wollte, dass du gestern dabei bist, damit sie Angst um David bekommt und wir so herausfinden, wer sie ist.“ „Und ich Trottel hab natürlich David angesprochen, als er alleine auf der Bank saß.“ Sie stöhnte auf und legte ihre Hände auf ihr Gesicht. Linke grinste. „Ja, das muss sie wohl mitbekommen haben, denn sie hat David prompt angerufen, und ihm erzählt, dass du Kinder hast und mit mir fast zusammen wärst. Ich denke wir sollten sie in diesem Glauben belassen.“ „Ja, das wäre wohl besser.“ „Wie findest du David? Immerhin würde ich behaupten, dass er schwer verknallt ist in dich. Und ich denke, er würde dir gut tun.“ „Du weißt ja noch nicht mal, ob ich in ihn verknallt bin und sagst, er würde mir gut tun? Manchmal, Chris bist du echt komisch. Auch wenn ich dich erst seit Kurzem kenne.“ Er grinste. „Ja, aber ich glaube, dass du sauer auf mich warst, weil du dich nicht getraut hast nach seiner Handynummer zu fragen? Und die Wut darüber schiebst du auf mich, weil ich dich ja dahin geschleppt habe.“ „Klappe Linke. Spiel mit den Kindern.“ „Weißt du denn schon was neues über deine Schwester, Myrja?“ „Nein. Sie hat zwar Informationen eingeholt, und sollte über mich bescheid wissen. Aber bisher kam nichts.“

What is "Love"

Ich hatte mich immer gefragt, wozu ich fähig sein konnte. Dass ich schon bald an meine Grenzen stoßen sollte, wusste ich nicht. Wie auch, ich hätte nie gedacht, heute hier zu sein und so locker darüber reden zu können. Dabei ist es noch gar nicht so lange her. Ein paar Tage. Vor ein paar Tagen hat sich mein Leben schlagartig geändert. Ich musste aufwachen und das nachholen, was ich versäumt hatte. Ja, ich war ein dummes Kind. Bis zu diesem schicksalhaften Tag im Mai, als ich meine Schwester das erste Mal sah, ohne zu wissen, wer sie war. Was ich getan hatte, konnte ich nie wieder gut machen. Mein Denken sehe ich jetzt anders. wie ein Spiegel, der zerbrochen ist, liegt mein bisheiges Leben vor mir auf dem Boden.
 

Langsam aber sicher hatte ich die Schnauze voll. David war vollkommen verändert. Timo tauchte für sein Glück Gott sei Dank nicht mehr auf, aber David beachtete mich nun überhaupt nicht mehr. Meine Anrufe drückte er weg, er blieb im Haus, alles zu. Ich kochte vor Wut. War das ein neues Spiel? War das seine Art zu zeigen, dass er sauer auf mich war? Oder was wollte er damit erreichen? Das ich ihn in Ruhe ließ? Er hatte doch angefangen. Er hatte den Stein ins Rollen gebracht. Dieser Trottel, dieser Egoist, dieser Macho. Dieser Möchtegern Gitarrist. Ich würde wohl irgendwie herausfinden müssen, warum er so war. Egal wie. Und wenn ich all meine Kontakte anrufen musste, alles aufbieten musste, was ich hatte. Und wenn…wenn ich Timo benutzten würde. Oder noch viel besser. Linke. Da konnte ich ihm drohen, weil er ja eine Freundin hatte. Und die hatte Kinder. Eigentlich tat ich Kindern nie etwas, aber spezielle Situationen, erfordern spezielle Maßnahmen. Ein Anruf sollte genügen. Hoffte ich, oder ich würde noch gemeiner werden. Noch hinterhältiger. Ich grinste. Manchmal konnte ich richtig genial sein. Ich machte mich auf den Weg zu Timo. Vielleicht waren meine Schauspielkünste wirklich unübertroffen.
 

„Was denkst du, wird David tun, wenn er herausfindet, dass wir nur gute Freunde sind?“ fragte Myrja den Älteren. „Nun, ich denke er wird erst ungläubig gucken, mich dann mit Blicken töten wollen und dann wohl total schüchtern dir gegenüber werden. Zumindest bis er mitkriegt, dass er dich nicht ganz kalt lässt.“ Sie blickte hinaus. „Wer will schon eine alleinerziehende Mutter mit zwei kleinen Kindern von Männern, die nicht gut zu ihr waren. Keiner tut das.“ Sie lachte auf. „David würde das tun. Er liebt Kinder.“ Sie schwieg. Es klingelte an der Türe. Linke stand auf. „Weißt du schon was Neues wegen deiner Schwester?“ „Die haben meine Adresse und meinten gestern, dass meine Schwester danach gefragt hätte. Sie sollte heute oder morgen bei ihr sein.“ „Und dann?“ „Keine Ahnung.“ Sie kam ihm hinterher. Ihre beiden Kinder schliefen ruhig in ihren Betten. Er öffnete die Türe. Ein junges Mädchen, vielleicht 16 Jahre alt, stand davor. „Hallo, wie kann ich Ihnen helfen?“

„Christian Linke. DU. Bist. So. Gut. Wie. Tod.“ In diesem Moment wusste Linke mehrere Dinge. 1. Das Mädchen vor ihm, war äußert aufbrausend. 2. Sie hatte ein Messer dabei. 3. Sie wollte ihn verletzten. 4. Sie war nicht wegen ihm hier, denn als Myrja kam konnte er mehr Hass in ihren Augen sehen, als zuvor. „Du. Miese. Kleine. Schlampe. David gehört mir! Wegen dir hat er Liebeskummer.“ Sie schrie nicht mal. Sie war einfach nur wütend.
 

Im Nachhinein konnte ich mich nicht mehr erinnern, was genau ich getan hatte. Ich wusste es nur aus Erzählungen. Meine letzte Erinnerung wart, dass ich mit Timo geredet hatte und dieser mir erzählt hatte, dass David wegen einer Freundin eines Freundes Liebeskummer hatte und noch eine ‚Verrückte‘ am Hals hätte. Heute weiß ich, dass er damit Recht hatte. Dass er noch untertrieben hatte. Aber damals war ich einfach nur wütend. Richtig sauer. Ich war zu Myrjas Haus gegangen und hatte geklingelt. Ein Messer hatte ich grundsätzlich immer bei mir, falls ich mal in Gefahr geraten sollte. Eigentlich nicht schlecht, wenn man sieht, was mit meiner Schwester geschehen war. Aber dass ich jemals so etwas tun könnte, hätte ich niemals gedacht. Aber so ist das oder? Man hat eine große Klappe und dann tut man die Dinge doch nicht. Man sagt, dass man etwas nie tun würde, aber in manchen Situationen tut man es doch. Wie gut wir Menschen uns selbst belügen können ist wahrlich bewundernswert. Jedenfalls machte man mir die Türe auf. Es müsste Linke gewesen sein. Und dann sind die Erinnerungen verschwommen. Meine Schwester kam und ich sah nur noch Rot. Ich hatte wohl Linke, der sich vor sie gestellt hatte, mit dem Messer angegriffen. Und er hatte mich festgehalten und mir in die Augen geschaut. Ich weiß nicht, wie sehr ich ihn verletzt hatte und was genau passiert war, aber er ließ mich los und ich? Ich bin weggerannt. An meiner Kleidung Blut. Aus der Ferne hörte ich die Serenen des Rettungswagens. Ich stieg mit Kleidung unter die Dusche. Das Wasser färbte sich rot. Es tat weh und ich spürte, dass ich weinte. Ich hatte einen Menschen verletzt. Vielleicht sogar getötet. Aus Liebe. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mich gefragt, ob das wirklich Liebe ist, was ich für David empfinde.

Warum kann es kein Happy End geben?

Es ist wie ein Spiel, das Leben. Schatten gegen Licht. Schatten, Gegenlicht. Licht gegen Schatten. Licht Gegenschatten. Ein Spiel und wenn man es gut spielt, wird man belohnt, obwohl wir alle sterben werden – gibt es einen Unterscheid zwischen denen, die schlecht waren und denen, die gut waren? Oder gibt es einen Unterschied, wie man stirbt? Sind Selbstmörder schlechter als andere?
 

Als er das erste Mal richtig realisiert hatte, in welcher Situation er war, hatte der Gitarrist laut aufgelacht. Er hatte eine Verrückte am Hals, sich in Linkes Freundin verliebt und dieser fand das ganze auch noch witzig. Witz komm raus du bist umzingelt. Danach hatte er angefangen zu weinen und seine Mutter hatte besorgt nach ihm gesehen. Sie hatte ihm im Arm gehalten, so wie früher, als er noch ein Kind war und ihn einfach getröstet. Das Timo kurz da gewesen war, bekam er nur am Rand mit. Es war, als ob er in ein tiefes Loch gefallen war und er nicht mehr heraus kam. Er lebte vor sich hin. Am Abend hatte seine Mutter ihn gezwungen was zu essen und er hatte dies ohne Widerstand getan. Seine Augen waren nicht mehr so wie früher. Wo war er? Irgendwo in sich selbst, um eine Antwort zu finden, warum das Leben so war, wie es war? Oder war er nicht mal mehr dazu fähig? Als er wieder in seinem Zimmer war, setzte er sich auf sein Bett. Es war dunkel und in diesem Moment mochte er die Dunkelheit. Sie gab ihm Sicherheit, die er woanders nicht finden konnte. Er hatte keine Sicherheit.

Und dann war es wieder da, das volle Bewusstsein. Er spürte die Schmerzen wieder, die von all den Sorgen und Verletzungen der letzten Wochen und Tage da waren. Die Angst, dass seinen Freunden, seiner Familie, etwas zustoßen könnte. Die Angst, dass Timo etwas tat, was er später bereuen würde. Verzweifelt legte er seinen Kopf in seine Hände. Er erinnerte sich daran, wie er seinem besten Freund selber von ihr abgeraten hatte, weil sie nicht in der Nähe wohnte. Weil er nicht wollte, dass sie ihm weh tat. Weil er nicht wollte, dass Timo von ihm wegging. Weil er ein Egoist war. Und nun, hatte sich sein Wunsch erfüllt und er war traurig. Es zerriss ihm das Herz. Es tat fast so weh wie die Tatsache, dass Myrja Linke liebte und nicht ihn. Aber konnte man schon von Liebe reden? War er nicht ernst schwer verknallt? Was war Linke? Was war Myrja? Vielleicht konnte er sie noch für sich gewinnen – oder? Nein, das konnte er seinem Freund nicht antun. Dass man solche seelischen Qualen haben konnte, hätte er niemals vermutet. Und andere steckten das locker weg. Timo würde diesen Schmerz mit Würde tragen, oder? Was war das, dass er nicht mehr Leben wollte? Aber konnte er das denen antun, denen er wichtig war? Wollte er sich das selber antun?
 

Es gibt Dinge, die kann man nicht voraussehen, so gerne man es auch möchte. Es gibt Dinge, die sind da, obwohl sie sich unserem logischen Denken entziehen. Mystische, magische Dinge, die wir unbewusst wahrnehmen. Wer weiß. Vielleicht aber auch nur die ungeschminkte Wahrheit.
 

Wann er sich entschlossen hatte, es mit ihr aufzunehmen, wusste er nicht mehr. Aber er war nun hier, alleine im Park. Es war ein Tag vergangen, von dem er nicht mehr wusste, was er an diesem getan hatte. Überall war nur ein Schmerz präsent gewesen, den er nicht hatte spüren sollen. Ob sie wusste, dass er hier war? Vielleicht. Aber es machte dem Gitarristen nichts aus, wenn sie es nicht wissen sollte. Er war sich sicher, dass sie es heraus finden würde. Egal wie, egal wann. Sie würde vor Sonnenaufgang hier sein. Doch was dann? Konnte er dann noch was sagen, oder würde ihn die Angst lähmen? Das er Angst davor hatte, was passieren würde, wollte David nicht leugnen. Aber es musste getan werden. Der junge Mann konnte, wollte so nicht weiter leben. „David?“ Er sah auf. Linke. „Was willst du?“ Der Ältere lächelte. „Nun, dir sagen, dass es vorbei ist, David. Du hast keine Verrückte mehr, die dich belästigen wird.“ „Und woher willst du das wissen?“ Der Größere setzte sich. „Ich habe sie getroffen. Und sie hat es versprochen. Es ist eine komplizierte Angelegenheit. Interessiert?“ Der Jüngere hob eine Augenbraue. „Was ist passiert?“ „Nun, du kennst ja noch Myrja. Sie hat ihre kleine Schwester Selina gesucht, diese war als Kind entführt worden und wurde adoptiert. Das weiß Myrja auch erst seit Kurzemn.“ Dass ihm die Aussprache des Names schmerzte konnte man David ansehen. Doch er sagte nichts darauf. Linke musterte ihn und fuhr fort. „Selina hat vor Myrja herausgefunden, wer ihre Schwester ist. Und jetzt rate mal wer deine Stalkerin war?!“ „…“ „Selina bereut es, David. Sie hat sich selbst gestellt und alles gestanden. Ich denke mal, dass sie in Behandlung muss, aber eigentlich ist sie ganz nett. Glaub mir.“ Ein bitteres Lachen ertönte. "Wieso sollte ich dir das glauben." "Ich kann es dir beweisen. Willst du es?" Der Jüngere sah ihn an. "Wieso hat sie das getan? WARUM?" Er schrie, weil es ihm weh tat. Warum wusste er nicht. Aber er schrie. Allen Schmerz, allen Hass. Auf sie. Auf diese Situation. Auf Linke. Auf sich selbst. Auf Myrja. Aber am meisten Schrie er wegen seines Herzens und seiner Seele. Denn mindestens eines von beiden war zerbrochen.

Why can't it be a happy end?

Wenn man an einen Punkt kommt, an dem man still steht und nicht weiter kann – was tut man? Der Weg gerade aus ist versperrt – wodurch auch immer. Links? Rechts? Zurück? Oder bleibt man einfach stehen und wartet ab? Darauf, dass was passiert, dass jemand kommt und ihm hilft? Das plötzlich eine Karte erscheint und einem den Hinweis liefert, wie man am besten wieder aus dieser Situation heraus kommt?! Oder steht man weiter hin still da. Uneinsichtig. Stur. Starrköpfig. Oder vielleicht weinend. Traurig. Bewegungslos. Eingefroren. Kann man denn überhaupt still stehen?
 

Schmerzen konnte man überwinden. Das war klar. Auch alleine konnte man es schaffen. Wann er losgegangen war, wusste er nicht. Wohin er ging, hatte er erst erkannt, als es fast schon zu spät war. Nun stand er hier, an der Bank, an der er sie gesehen hatte. Zum ersten Mal. Als er gedacht hatte, sie vielleicht angesprochen zu haben und sich sehr dämlich vorgekommen war. Ein trauriges Lächeln schlich sich auf seine Züge. Wieder einmal meinte das Leben es nicht gut mit ihm. Was sollte er tun? Der Gitarrist wusste nicht mehr weiter. Ein Teil von ihm war unsicher und der andere Teil wollte einfach nur vergessen. Vergessen, dass sie da war, was geschehen war und dass er nicht glücklich sein konnte. War das nicht übertrieben? Myrja ging ihm nicht mehr aus dem Kopf, es tat ihm weh, sie mit einem Freund von ihm zu sehen und zu wissen, dass sie sich liebten. David gestand sich in diesem Moment ein, dass es wohl doch etwas wie die Liebe auf den ersten Blick geben musste. Ihn jedenfalls hatte es voll erwischt. Aber von Liebe wollte er nicht reden. Verknallt sein, ja. Verliebt sein eventuell. Aber Liebe? Noch nicht. Niemals.

Es hatte zu regnen begonnen und er setzte sich auf die Bank. Endlich passte sich das Wetter seiner Stimmung an. Seiner so traurigen Stimmung. Er schloss die Augen und genoss den Regen. Wie er sanft auf sein Gesicht prasselte und ihn streichelte. „Du erkältest dich noch, David.“ Eine ihm bekannte Stimme sprach ihn an. Er öffnete die Augen. Doch das Mädchen, das vor ihm stand, kannte er nicht. Woher kannte er die Stimme? „Ich weiß“, antwortete er. „Aber ich finde es gerade schön.“ Sie hob eine Augenbraue und setzte sich zu ihm. „Warum passt es?“ „Liebeskummer“ ,rutschte es ihm raus, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. „Oh…und wegen wem?“ Sie sah ihn nicht an, vielleicht weil der Regen sie sonst direkt ins Gesicht getroffen hätte. „Kennst du wahrscheinlich eh nicht.“ Aber es tat gut, mit einer völlig Fremden zu sprechen. Ohne Angst haben zu müssen. „Vielleicht ja doch.“ David schwieg und schloss die Augen. „Es ist egal, wer es ist. Ich weiß nur, dass ich keine Chance habe. Und das tut weh. Auf den ersten Blick verliebt und dann muss man erfahren, dass sie mit einem Freund zusammen ist. Aber sie soll glücklich werden.“ „Hast du denn keine Freundin?“ Als er sie lächelnd auf diese Frage ansehen wollte, blickte sie in die Ferne. „Nein. Ich habe schon länger keine me…was ist los?“ Sie hatte zu weinen begonnen. Nun schüttelte sie den Kopf. „Wirklich alles okay?“, fragte der junge Mann, ehe er sie in den Arm nahm. Sie weinte, wie der Regen weinte sie. Und er hielt sie fest. Ohne sie zu kennen. Ohne zu wissen, wer sie war.
 

Als er mich in den Arm nahm, musste ich noch mehr weinen. So fühlte es sich also an, wenn man etwas getan hatte, was einem Leid tat. Interessantes Gefühl, wirklich. Ich konnte nicht mehr. Ich hatte hoch gespielt und alles verloren. Alles. Meine Würde. Meinen Stolz. Mein Leben. Ab morgen würde ich David nie wieder belästigen. Als er sagte, dass er verliebt wäre, hatte ich mir doch noch irgendwo schwache Hoffnungen gemacht. Sie waren erloschen. Ich bereute es, dass ich Timo gedroht hatte. Ich bereute es, dass ich Linke fast verletzt hätte. Ich bereute es, dass ich beinahe meine eigene Schwester verletzt hätte. Wäre Linke nicht da gewesen, hätte ich wohl wirklich etwas Schlimmes getan. Was war ich für ein Mensch, der so grausam war, dass er so etwas tat? Wieso konnte man sich Gefühle einreden, oder Gefühle, die man hatte auf Menschen projizieren, die so ähnlich waren, wie das Idealbild, das man hatte? Meine Liebe zu David war nichts weiter als eine Lüge. Und was hatte ich dafür gemacht? Als er dann sagte, dass er schon länger keine Freundin mehr hatte, kamen diese Tränen. Unwillkürlich. Weil ich einerseits erleichtert war, dass ich in der Richtung nichts kaputt gemacht hatte, andererseits mich fragte, ob ich es verhindert hatte. Ich war kein Mensch. Ich war ein Monster. Eine Stalkerin. Wieso hatte ich das vorher nicht erkannt? „Es tut mir Leid.“ Sagte ich nach einer Weile, nachdem ich mich beruhigt hatte. „Was tut dir leid?“ Sagen? Ihm? Jetzt? Niemals. Das konnte ich nicht. Ich war feige, wie schon immer. Hatte mich hinter einer Maske versteckt. Ohne Verluste. Ohne Rücksicht. Nur an mich selbst gedacht. Egoistin. „Unwichtig. Das wirst du noch früh genug erfahren.“ Ich konnte ihn immer noch nicht angucken, ohne mich zu schämen. Ich sah zwar aus den Augenwinkeln heraus, dass er verwirrt war, aber er fragte nicht weiter nach. „Ach, Linke ist nicht mit Myrja zusammen. Das wollte ich dir eigentlich sagen.“ „Woher..?“ „Ich weiß es einfach. Entschuldige mich. Ich muss gehen. Es tut mir Leid. Verzeih mir irgendwann. Bitte.“ Er hielt mich am Handgelenk fest, als ich aufstand. „Darf ich wenigstens deinen Namen erfahren?“ „Selina.“ Er lächelte. Ehrlich. Freudig. Glücklich. Und das sah bei ich ihm das erste mal in den Augen. „Danke Selina.“ Er ließ mich los und schloss wieder die Augen. Ich ging. Ich weinte. Ich war mit meinem Nerven am Ende. Aber ich wusste, dass ich das richtige getan hatte. „Selina. Hier bist du. Was…keinen Schirm dabei und dann noch weinen. Komm her.“ Meine Schwester zog mich in eine Umarmung. Kurz ließ ich sie zu und damit auch, dass sie meine Trauer spürte. Es war ein tolles Gefühl. Dann löste ich mich. „Da hinten….da wartet jemand…auf dich.“ Ich verfluchte mein Schluchzen, weil ich dadurch so lange brauchte um die Worte heraus zu bringen. In der Zeit konnte David schon weg sein. Myrja sah mich verwundert an, nickte dennoch. „Da kann ich gleich no..“ „Nein. Jetzt.“ Ich unterbrach sie. „Aber..“ „Geh ruhig, Myrja. Ich kümmere mich um sie.“ Linke. Der Retter der Stunde – kümmern um mich? Um die Person, die ihn so verletzt hatte? Die mit einem Messer auf ihn losgegangen war? Warum? „Danke Chris, aber..“ „Geh Myrja. Sonst könnte es zu spät sein. Und ich denke dann würdest du deiner Schwester noch mehr wehtun. Geh.“

Unsicher sah sie uns noch an, ehe sie ihre Schritte in Davids Richtung lenkte. Bitte. Dachte ich. Bitte, bitte, lass ihn noch da sein. Lass ihn glücklich werden. Lass sie glücklich werden. „David ist dahinten, hab ich Recht?“ Ich nickte. Ihn konnte ich auch nicht mehr ansehen. Ob der Regen nun mehr wurde, oder meine Tränen konnte ich nicht sagen, aber Linke nahm mich in den Arm. Ich begann hemmungslos zu weinen. Wie ein Fels in der Brandung hielt er mich. „Du hast das Richtige getan, Kleine. Na komm. Ich bring dich Nachhause“ Den Weg zurück trug er mich. Wie lange er mich trug und wann wir ankamen wusste ich nicht mehr. Ich war zu erschöpft. Was immer ich auch angerichtet hatte, irgendwie musste ich es wieder gerade biegen.
 

In meiner Wohnung wartete Bill und hielt die Türe auf. Seid wann war er hier? Was machte er hier? Ich war doch ein Monster. „Ich kümmere mich um sie, wenn du nicht willst.“ Linke legte mich aufs Bett und wandte sich an Bill. „Danke, aber ich kann das auch. Du könntest etwas anderes tun.“ Sie gingen hinaus. Ich saß einfach nur da, in nassen Klamotten. Mein Neffe kam herein. „Tante Sel. Warum bist du so nass?“ „Weil ich im Regen war.“ „Dann musst du dich ausziehen, und was Warmes anziehen, sonst erkältest du dich. Warte, ich hol dir ein Handtuch und du ziehst dich aus, ja? Dann legst du dich solange unter die Decke.“ Und schon war er wieder weg. Ich tat wie mir befohlen und kuschelte mich in die Decke. Er kam mit meinem Handtuch. „Hier, für die Haare. Hat Onkel Chris mir gegeben.“ „Danke.“ „Du solltest was schlafen. Onkel Chris kommt gleich noch mal und Bill spielt gleich mit mir. Lego.“ „Schön.“ „Gute Nacht Tante Sel:“ Er ging. Und ich, das Monster, war wieder alleine. So war es richtig. So konnte ich niemanden verletzten. Ich schloss die Augen. Das Weinen und der Regen tat sein übriges. Ich war völlig erschöpft.
 

Ein Mann betrat den Raum. Er sah wichtig aus. Das Mädchen auf dem Stuhl beachtete ihn nicht. "Hallo Selina, wie ich hörte, sind sie freiwillig hier? Sie haben Selbstanzeige bei der Polizei erstattet wegen ein paar Dingen. Unter anderem Belästigung. Möchten Sie reden?" "Ich wolle meine eigene Schwester umbringen, ohne zu wissen, wer sie ist. Was wollen sie noch hören? Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass ich ein Monster bin, das nicht in die Freiheit darf:" Er räusperte sich. "Ich bin hier wegen Ihrer Verteidigung, junge Dame."

Epilog

„Ich habe seit dieser Zeit zwei goldene Regeln aufgestellt: Erstens: es kommt anders. Zweitens: Als man denkt. Manchmal hofft man, das dass, was man sich einredete wahr werden würde. Wohin hat es mich gebracht? Hierhin. Ja, ich bereue, aber ich misstraue mir selber. Ich will wieder leben, draußen, aber die Angst, dass ich rückfällig werden könnte ist groß. Ich bin nur froh, dass sie mich überlebt haben. Fast hätte ich ihn in den Tod getrieben.“ „Bereust du es?“ „Was ist tat? Ja, auf jeden Fall. Aber ich kann es nicht ungeschehen machen und ich stehe zu meinen Fehlern. Ich will die Konsequenzen tragen. Also sagen sie dem Gericht, dass ich vollkommen schuldfähig bin.“ „Selina. Du bist schuldfähig, aber du bist auch irgendwo noch ein kleines Mädchen.“ „Nein. Ich bin eine erwachsene Frau, die bisher geschlafen hat und nun aufgewacht ist. Sollen sie mich am Besten für immer hier wegsperren. Ich verdiene es.“ „Ich denke heute macht es keinen Sinn mehr an einer Strategie zur Verteidigung zu feilen. Du hast nach mir noch einen weiteren Besucher. Sei nett zu ihm.“ „Nur weil du mein Onkel bist, heißt es noch lange nicht, dass du so mit mir reden musst. „Wir haben uns auch lange nicht gesehen, Selina. Und ich kannte meine Mutter. Ich wusste, wozu sie im Stande war.“ „Geh.“ „Bis morgen.“ Die junge Frau sah zu dem vergitterten Fenster. Es war vorbei. „Du solltest nicht so ein Gesicht machen. Du wirst höchstens Bewährung bekommen.“ „Man sollte mich wegsperren. Für immer.“ „Nein, das denke ich nicht.“ „Du kennst mich nicht Linke. Du weißt nicht wer ich bin.“ „Ich kenne dich aus den Erzählungen deiner Schwester.“ „Tss. Lügen. Alles Lügen.“ Der Bassist musterte sie. „Du bist erwachsen geworden, Selina. Hätte ich damals gewusst, was los ist, hätte ich dir helfen können.“ „Du hättest mich nicht verstanden.“ „Ich bin stolz auf dich, dass du dich selber gestellt hast – was hat dich dazu verleitet?“ „Warum sollte mich das interessieren?“ Sie blickte auf und er lächelte. „Weil ich dich kennenlernen will. Und zumindest versuchen dich zu verstehen.“ „Sobald Männer Frauen verstehen, wird die Menschheit untergehen.“ „Wow, das hat sich sogar gereimt. Komm sag schon. Ich hab nicht ewig Zeit.“ „Liebe.“ „Liebe für wen? David?“ „Das war keine Liebe, Christian. Das war…was anderes.“ „Ich weiß.“ „Liebe für meine Schwester.“ „Hab ich mir schon gedacht. Du wirst wieder Tante, weißt du das schon?“ „Ich habe erst vor wenigen Tagen erfahren, dass ich Tante bin. Lass mich das erstmal verarbeiten.“ „Gerne. Ach, schöne Grüßen von den Anderen.“ „Danke. Auch wenn ich wirklich nicht weiß, warum sie mich noch grüßen sollten.“ „Sie schätzen es, was du getan hast. Das hier meine ich. Willst du nicht zurück grüßen, wie jeder höfliche Mensch?“ „Wer sagt, dass ich ein Mensch bin?“ „Und höflich wohl auch nicht wirklich. Hör zu. Vergessen werden wir es nie, verzeihen haben wir dir schon längst. Wir kennen deine Geschichte, wir wissen, was du getan hast und wie viel deine Schuld war. Ich persönlich will einen Neuanfang mit dir.“ „Warum?“ „Du gefällst mir:“ „Bitte? Tickst du noch ganz sauber? Ich habe einen deiner Freunde gestalkt! Ich habe dich bedroht! Ich hätte beinahe meiner eigenen Schwester was getan!“ „Und?“ „Sag mal, bist du irgendwie krank? Ich bin ein Monster!“ „Du bereust. Du bist kein Monster. Du bist eine Frau. Ein Mensch. Und ein äußerst attraktiver.“ „Hau ab.“ „Ich warte auf dich.“ „Verpiss dich.“ „Bis dann Süße.“ „Verschwinde!“ Die Türe fiel ins Schloss und mit ihr kamen die Tränen und die Frage, was das gerade sollte. Selina war seelisch am Ende. Komplett am Ende. Ausgezerrt. Und dann kam ein Möchtegern Bassist daher und sagt, dass er sie mochte. Kennenlernen wollte. Vielleicht lieben. Wirklich lieben. Wie konnte er das nur? Bei dem, was sie getan hatte? Sie war ein Monster in ihren Augen. In seinen jedoch, war sie ein junges Mädchen, das erwachsen geworden war.



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Kommentare zu dieser Fanfic (18)
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Von: abgemeldet
2010-04-04T13:59:02+00:00 04.04.2010 15:59
interessantes Ende XD

was mich etwas gestört hat war, dass du überhaupt keine Absätze dadrin hattest... dadurch lies es sich nur schwer lesen...
Von: abgemeldet
2010-04-02T16:27:21+00:00 02.04.2010 18:27
oh das ist so traurig... ich hoffe doch, dass David jetzt endlich glücklich ist?
David muss einfach glücklich sein...
Von: abgemeldet
2010-03-30T10:27:15+00:00 30.03.2010 12:27
oh nein David... da darf gar nichts von beindem gebrochen sein... das geht doch nicht...

Von: abgemeldet
2010-03-28T16:33:07+00:00 28.03.2010 18:33
oh man... die braucht eindeutig professionelle Hilfe... aber dringens!

mal sehen, was als nächstes passiert...
Von: abgemeldet
2010-03-22T19:37:43+00:00 22.03.2010 20:37
okay ich bin verwirrt...
also schreib weiter und klär mich auf...

mal sehen, was als nächstes passiert...
Von: abgemeldet
2010-03-20T11:08:15+00:00 20.03.2010 12:08
Wetterfee?
okay...
oh man das wird ja immer krasser...
David tut mir so leid...

mal sehen, was als nächstes passiert...
Von: abgemeldet
2010-03-17T20:59:42+00:00 17.03.2010 21:59
ich weiß nicht warum wir es tun... aber es ist doch total dumm...

mal sehen, was als nächstes passiert...
Von: abgemeldet
2010-03-16T13:32:37+00:00 16.03.2010 14:32
oh man die ist echt wahnsinnig...
aber David tut mir leid... jetzt hat er sich in jemanden verguckt und die ist fast mit Linke zusammen... das hat er nicht verdient...

mal sehen, was als nächstes passiert...
Von: abgemeldet
2010-03-11T14:15:57+00:00 11.03.2010 15:15
mach es doch nicht so spannend!
ganz schnell weiter bitte!

mal sehen, was als nächstes passiert...
Von: abgemeldet
2010-03-09T16:59:15+00:00 09.03.2010 17:59
woh solche Opfer wegen so ner verrückten Oo
unschön...
aber die Idee ist cool XD

mal sehen, was als nächstes passiert...


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